DEr König schwieg ein wenig stille/ als ob er in tieffe
Gedancken
gefallen were; wie wir auß seinem Gesichte kundten abnemmen.
Endlich kehret er sich gegen deß Jupiters Bildniß/ welches nicht
weit von da auff einem Hauß
Altare stundt: Höchster Jupiter/ sprach
er/ wann jhm also ist wie ich vermeine/ so
bestättige meinen Glau-
ben mit deiner Gottheit. Es ist auß Himmels Gunst
geschehen/ daß
ich den Waffen der losen Leute entrunnen bin. O Theocrine/ wann
ich euch noch jetzt mit disem Namen
nennen darff/ welchen jhr
bey vns habt angenommen; jhr seydt keine
sterbliche Jungfraw/
vnd kein gemeine Göttin. Ihr seyd die heiligste
Pallas/ die Fürstehe-
rin der Waffen/ die jenige welche jhr
Geburt allein dem Jupiter zu
dancken hat. Ich bete euch an/ O jhr mächtigste
vnter den Göttinen;
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Wie Meleander also redete/ erhub sich vnter den Vmbstehenden
ein grosses Gemürmel. Ihr wisset daß die Gemüter der Menschen/
bevorauß die Menge/ grosse vnd vngewöhnliche Sachen leichtlich
den
Göttern zuschreibet/ vnd daß sie der Aberwitz in einer gehlingen
Hitze einnimbt. Vber diß war es Sicilien auch rühmlich/ daß die
Götter
selber für Beschützung der Könige gestritten hetten. Der-
halben fiengen
die Soldaten auff deß Königs Wort anzuschreyen/
rufften die Tritonische
Minerve an mit alle denen Nahmen/ welche
man jhr nach den Künsten die sie
erfunden/ oder nach den Ortern
in denen man sie geehret hat/
zugeben pfleget. Etliche auß Aber-
glauben/ etliche dem Könige zu
Gefallen/ vnd die andern für Frew-
den/ welche sie mochten außschütten.
Wie vermeinet jhr wol/ daß
Argenis vnd ich vnter der Bewegung der
betrogenen Leute heimlich
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Indessen hatte Cleobulus den Stiffter vnd die verfahrung der
Vbelthat auß
dem Gefangenen bringen wöllen. Als er nun die Mar-
ter nicht vberstehen
können/ hat er vom Lycogenes alles bekandt/
vnd gesagt/ wie er auff der Seiten
deß Meeres einen Weg zum
Schlosse gefunden/ vnd ich weiß nicht was für
einen Hacken an die
Mawer geworffen hette/ welcher bald hangen
blieben; daran ein
Strick gebunden gewesen/ daß er vnwanckende hienauff
steigen
können. Allhier vermeinen alle verständige Leute/ daß der König
sehr geirret habe. Dann an statt daß er den Lycogenes plötzlich
[547] sollen vberfallen/ hat er lieber auff sein Gut
senden/ vnnd jhn
zu sich erfordern wöllen. Er war in den Gedancken
gewesen/ er
möchte zum Kriege schon gefast seyn/ daß man jhn also nicht
leichtlich fangen köndte; oder hatte ja gemeinet/ er würde seiner
grossen Vermessenheit nach/ vngeachtet der Gefahr/ sich einstellen.
Aber er ist vnter dem Schein einer Jagt in Begleitung seiner mäch-
tigsten Freunde/ die er den Tag zuvor den Außgang zuerwarten/
wieder etlicher Wissen von diesen Sachen/ zusammen gebracht
hatte/
auff seinem schönen Schlosse/ welches im Leontinischen Ge-
biete lag/
angelanget. Von da auß machte er dem Könige durch
Schreiben zuwissen/ wie
er vnter so viel seiner Feinde zur Rechtfer-
tigung der Sache nicht
kommen köndte/ also were es billich/ daß
man jhn vor verhör nicht
verurtheilete. Man solte den Mördern nicht
glauben geben/ welche auff
seinen Anschlag jhm zum Verderben
weren angestifftet worden. Indessen
hatte er sich mit Anhange vnd
Kräfften gestärcket/ so daß der König den
Rhat/ welchen er wegen
zu vieler Gütigkeit vorhin gehabt hatte/
jetzundt auß Noth ergreif-
fen mußte: nämlich von dem Laster zu schweigen/
vnnd jhm als
einem vnschuldigen Antwort zu schreiben; wie jhn dann Cleobu-
lus sonderlich warnete/ wann er nicht mit Gewaldt das Vnrecht
straffen wolte/ so solte er sich zum [548] wenigsten stellen/ nicht
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