ABer es hat ein grosses Vnglück solchen vnsern
Anschlag gantz zu
nichte gemacht. Dann es waren kaum drey
Tage nach der Zeit wie
die Königin jhren Sohn gesehen
hatte/ als Cerovist der Sicambre
Mann in mein Hauß kam/ mit zerrissenen Kleydern/ vnd Anzei-
gung einer schmertzlichen Widerwärtigkeit. Als
er mich sahe/
schlug er sich ohn Anhaltung seines
Kümmernisses mit beyden
Händen auff die Brust: Die Götter/
sagte er/ haben vns gestürtzet/
Gobrias; Astioristes ist diese Nacht von den Räubern
entführet
worden. Man weiß nit wo er ist/ oder ob er lebet.
Ein gerüsteter
Arsidas wardt noch mehr verwirret; Es bedüncket
mich/ sagte er/
als ob ich im Trawme eine zubereitung eines
grossen Hauses gese-
hen hette/ welches mir hernach/ wann
es durch handtanlegung der
Bawleute gewachsen/ vnd
mit schönen Marmorn vnnd Bildern ge-
ziehret worden/ vom
Getümel der Leute so mich auffgeweckt/ ver-
schwunden were.
Also/ nach dem jhr den Knaben erhalten/ nach
dem jhr jhn zu
den Jahren gebracht habet/ da er sehen ließ/ daß
man
[712] jhn nicht vergeblich erzogen hette/ so
nehmet jhr mir jhn
plötzlich auß den Augen. Vnter
diesen Worten war er bey sich sel-
ber sehr vnwillig/ vnd
verhönete auch stillschweigend deß Gobrias
Vnverstand/ der mit so vielen Worten einen solchen
Schawplatz ge-
bawet hette/ vnd hernach nichts darauff
sehen liesse. Gobrias
merckte wol/ daß er vbel zufrieden war. Derwegen/ damit er
jhn
wiederumb lustig machte; wann jhr/ sagte er/
euch bey dem Essen
wol seyn lasset/ so wil ich den Knaben
nachmals wiederbringen/
vnd jhn vnverletzt seiner Mutter
zustellen. Solche Worte befriedig-
ten den Arsidas/ der diesem Wesen einen glücklichen
Außgang
mit grösserer Hoffnung/ als Gobrias gläubete/
gewündschet hatte.
Als man zu Tische solte/
entschüldigte sich Gobrias gegen dem
Gaste/ daß er den
fürnemsten ort einen von den Druiden liesse; in
fürwendung/
der Gallier Religion befiele diesen Leuten bey
Schaw-
spielen vnd Gastgeboten die Stelle zugeben.
Arsidas saß neben jhm/
vnd Gobrias vnten an. Vber dem Essen ward viel von
den Druiden
geredet; daß auch Gobrias zweifelte ob Arsidas grössere Lust zuler-
nen/ oder der
Druide zu vnterrichten hette. Dieser erzehlte vnter
andern
daß jhr Orden nit allein vber die Heiligen/ sondern auch
vber die Justitzsachen gesetzet were/ die Jugend
vnterrichtete/ vnd
sonderlich auff die Poeterey/ als eine
göttliche Wissenschafft/ viel
hielte. Vnd solches
sagte er mit langsamen vnd prächtigen Worten/
war auch
darvon sehr weitschweiffig/ damit man jhn ersuchte/ et-
[713] was von seinen Versen herfür
zubringen. Als es Arsidas
merckte/ nötigte er jhn mit bitten/ wiewol es keiner
nöhtigung be-
durffte; darauff er folgendes Gedichte
erzehlte/ so er nicht vnlängst/