ALs er nach durchjrrung der Statt nicht ein geringe
Zeit mit dieser
Marter der Forchte zugebracht hatte/ vnd sich nun auff
etwas ent-
schliessen mußte/ begegneten jhm Stallknechte mit jhrer Herren
Rossen die sie zum Wasser ritten. Radirobanes gedachte jhnen
nachzufolgen/ ob er vielleicht
durch jhre Leitung zum Fluß kom-
men köndte. Die Statt aber war
also gelegen. Der Fluß lieff zwey
oder dreyhundert Schritte von der
Schantz gegen dem Meere zu/ wo
die Feinde auch jhr Läger auffgeschlagen
hatten. Auff der seiten
aber/ wo die Statt von den Sardiniern am meisten
entlegen war/
stundt längst den Stattmawern ein grosser See/ zum
wenigstens
sechs Stadien breitt/ vnd zwölffe lang. Es [813]
war auch ohn dieses
See kein Ort da man die Pferde hett
schwemmen/ oder träncken
können. Daselbst war keine Gefahr deß Feindes
wegen/ weil man
der Statt so grossen Wassers halben ohn allein auff
Schiffen/ nicht
beykommen kundte. An dem Strande deß Sees hatte es ein
Thor/ so
von etlichen Soldaten verwachet wardt/ welches man zweymal
deß
Tags öffnete/ wegen tränckung deß Viehs vnd anderer Notturfft der
Innwohner. Dahin kamen damals diese Knechte. Radirobanes men-
get sich vnter sie/ vnd als er die grösse
deß Wassers sahe/ das so viel
Felds vmbfangen hat/ ob er sich wol besorgte
daß wenig Hoffnung
were herauß zuschwimmen/ doch erholete er sich
gleichsam in sei-
ner letzten Angst/ vnd thet dem Neptunus (wie er nachmals den
seinigen erzehlet hat) ein
solches Gelübd: O du mächtigster vnter
allen Göttern welche einerley
Elementa mit den Menschen besitzen/
dessen Gabe die Flüsse/ Brunnen vnd
See sindt/ mache mir dieses
Wasser/ dem ich mein Leben vertrawe/
gütig vnd gelinde. Es trage
vnd bringe mich vnbeleydiget an das begehrte
Vfer. Verschaffe daß
dieses Roß (dann jhr stehet auch diesem Geschlechte
der Thier für/
vnd als jhr wider die Erde geschlagen/ ist ein Pferdt
herauß ge-
sprungen/) verschaffet/ bitte ich/ daß dieses mir in
meiner
eusser-
a
[815] Wie die Gefahr mit der Radirobanes von allen seiten vmb-
ringet war jhm
ängstlich machte/ also machte jhm sein starckes
Roß/ welches er mit
schreyen vnd regung zuweilen deß Zügels an-
mahnete/ wiederumb hoffnung.
Es halff jhm auch/ daß das Wasser
gantz stille stundt/ vnd sich weder da
noch dorthin bewegete. Dann
es flos nirgendts hin/ vnd damals war es gantz
Windtstille. Doch
fieng das Pferdt an etwas schwerer fort zusetzen/
vnd schiene nun-
mehr zuerliegen/ als es durch gutes Glück mitten in dem
Wasser
einen erhöheten Sandt antraff der nicht wieche/ vnd jhm im schwim-
men ein wenig Ruh liesse. Darumb blieb es stehen/ vnd als jhm
das
Wasser kaum biß vber die Schenckel gieng/ holete es Athem/ als
ob
es sich vber seiner außgestandener Arbeit verwunderte. Der Kö-
nig aber/
besorgendt/ es möchten jhm nach so grosser Bewegung die
Spanadern
verstarren/ ließ jhm gar wenige Zeit Athem zuschöpffen/
vermahnete es mit
den Sporen/ vnd machte sich wiederumb in das
See. Das mutige Ros erhielte
sich lange/ vnnd das Wasser sampt
In dessen als Poliarchus die Knechte so vber Nacht in der Stadt
verbleiben/ oder in der Schantzen halten solten abgetheilet/ vnd
mit der
Königin sich kürtzlich vnterredet hatte/ blieb er nicht bey
Hoffe/ sondern
ließ jhm im Lager sein Hauptgezelt aufschlagen/
damit jhm keine
Gelegenheit dem Feinde Abbruch zuthun auß den
Händen käme. Er hette auch
bey der Finsterniß nicht geruhet/
wann jhn nicht das Schreckniß der
Sardinier so den König suchten
sich zuhüten vnd Auffacht zuhaben vermahnet
hette. Man wuste
nicht/ warumb man in jhrem Lager ein solches Geschrey
hielte/
vnd so viel Fackeln durch das weite Feldt herumb trüge. Dann als
sich die Sardinischen Obristen/ so bey deß Königes Zelte versamlet
stunden/ vnter eineinander befragten/ ob er wiederumb kommen/
ob er auff eine andere seite deß Lägers gelanget/ wer im Kampffe
bey
jhm gewesen/ wer in seiner Begleitung als er auß der Schlacht
gewiechen
verblieben were/ vnd einer dieses der andere jenes sagte/
[817] fiengen sie an nichts gutes zugedencken. Sie
meineten er were
hingerichtet oder gefangen worden; zancketen sich
auch vnterein-
ander/ wer jhn hette schützen sollen/ oder wer zum
wenigsten et-
was gewisses nunmehr von jhm solte wissen. Sonderlich
liessen
sich die gemeinen Soldaten von den Befehlichshabern/ derer An-
sehen an dem Könige lieget/ ferner nicht regieren/ entweder für Sor-
gen vnd Verlangen nach jhrem verlohrenen Fürsten/ oder daß sie
gar von Sinnen kamen. Etliche lieffen auff die einsamen Felder
jhren
Fürsten zusuchen/ vnd jhn zuholen wo er auch were. Viel
zündeten
Windliechter an/ durchschaweten die blutige Wahlstadt/
besahen die todten
Cörper/ vnd fürchteten sie würden denjenigen
Im vbrigen/ weil die andern so bemühet vnd vnruhig sindt/ wirdt
plötzlich angemeldet/ Radirobanes sey zurück in sein Zelt kom-
men. Dann als er
an den Strandt deß Sees außgesetzt worden/ hat
er für angehender
finsterer Nacht sich wohl vmbgeschawet/ durch
welchen Weg er zu den
sei-[818]nigen gelangen köndte. Hernach
ist er an
der sumpffichten seitten deß Sees hergegangen/ daß er/
wann man jhm ja
nachsetzte/ in dem Schilff verborgen bliebe. Also
ist er lengst dem See
hergespatzieret/ hernach hat er sich ausser
dem gemeinen Wege durch
die Gräben oder umbzeunete Wiesen zu
seinem Läger gemacht. Dieses hat jhn
sonderlich erschrecket/ daß
die Soldaten mit Fackeln zerstrewet gegangen
sindt/ vnd die Lufft
mit jhrem Geschrey erfüllet haben. Weil er also nicht
gewußt/ daß
sie seinetwegen so fleissig weren/ ist er für eines jedwedern
Fewer
vnd Gesichte geflohen. Endlich kam er in sein Zelt/ vnd ließ
die Sol-
daten wissen/ sie möchten nun die vorgebene Nachsuchung/ so
auff nichts guts deutete/ vnterwegen lassen. Alsbaldt fiengen sie an
zu Frolocken/ vnd kamen den König zu begrüssen. Als sie jhn ge-
sehen/ vnd jhre Frewde gezeiget hatten/ waren sie vbel zu der Wacht
oder in jhr Zelt zubringen. Indessen kniete Virtiganes sampt den
fürnembsten Sardiniern für dem
Radirobanes nider/ ersuchten jhn
mit weinen/ zusagen durch
was für einen Fall oder Anschlag er so
lang von den seinigen aussen
verblieben were. Er erzehlete seine
Gefahr nach der länge/ mit Bestürtzung
vnd Forchte aller/ die jhr
gutes Hertz wolten spüren lassen. Viel
danckten den Göttern/ viel
schmeichelten dem Könige/ vnd hiessen jhn einen
Vberwinder deß
Glücks vnd deß Verhängnisses.