NAchdem alles zum fortschiffen bereitet war/
nam Archombrotus
von der Argenis Abscheidt/ vnnd entschüldigte sich seines verrei-
sens wegen. Es kränckte auch dieses die armselige Princessin nicht
wenig/ daß er nicht verstehen wolte wie wenig sie jhn achtete; vnd
daß sie wegen der Einblidung so man von jhrer Liebe gegen jhm
führete/ jhren Feindt zu solchen Gütern vnd Zuneigung der
Sicilier
gebracht hette. Derhalben gab sie vnwillig zur Antwort/ sie liesse
es jhr gefallen/ daß er zu seiner Mutter gedächte. Dann es were
nie-
manden jrgend besser als in dem seinigen. Die außdrücklich
herben
Worte biessen den Archombrotus; welche durch jhre Geberden vnd
saweres Gesichte noch scheinbarer worden. Aber die Zeit vnd der
Ort mochten kein Klagen noch Einwenden leiden. Vielmehr/ als er
nicht merckete/ daß man seiner Wiederkunfft nicht begehrte/ gab er
zur Antwort; man hielte das Vatterland in dem die liebste gebohren
worden viel höher/ vnd were jhm auch mehr verpflich-[872]tet als
seinem eigenen. Vnter diesen Worten
kam Meleander. Als Argenis
jhn sahe/ ließ sie etwas von
jhrer harten Rede nach/ vnd machte
dem Archombrotus wider jhren Willen ein Hertze; der auff
voll-
brachte Opfferung am Vfer sich mit dem gantzen Heer auff die
See machte. Nachdem er sich mit den Herren in seiner Gallere ge-
nugsamb beredt hatte/ gieng er in sein Zimmer/ als ob er
ruhen wol-
te/ vnd machte sein Gemüth den anklopffenden Sorgen
auff. Dann
der Argenis Rede war jhm wider einkommen. Wannher aber
mußte die Princessin auff solche Härtigkeit gerahten seyn? Ob die
lächerliche Warnung/ er solte zu Hause ruhen/ jhm zum Auffruck
geschehen were/ daß er gantz hinweg reisete/ oder ob sie
schlecht
a
b
c
Archombrotus legt also bey sich selbst seine vnbesonnene
An-
schläge auß/ vnd zuweilen thet es jhm wehe/ daß er sich
dermassen
vber den Poliarchus/ der für diesem sein Freundt gewesen/
erzürnen
muste. Der Windt hatte jhm Sicilien noch nicht auß den
Augen ge-
nommen/ als Gobrias nicht weit von Syracuse Ancker warff/ vnd
durch Abfertigung eines Herolds sich an dem Lande erkündigen
ließ/ wo der König anzutreffen. Als jhm angesagt worden/ daß er
auff einer Vestung an dem Vfer deß Namens Epeircte zu diesem mal
Hoff hielte/ schiffte er
gleichsam Proviant einzuholen mit einer eini-
gen Gallere
nach Syracuse. Von dannen schickte er etliche der sei-
nigen/ dem
König zuvermelden/ es were ein grosse Flotte der Gal-
lier/ so in
Griechenland vnd von dannen in Asien segeln wöllen/
durch
Vngestümmigkeit in der See zerstrewet worden. Von dersel-
ben
erwartete ein Theil jhrer Mitgesellen in dem Sicilischen Meere/
ob sie vielleicht durch jrrung auch dahin möchten verworffen
wer-
den. Er der Obriste thete Ansuchung/ der König wolle jhn für
sich
lassen. [875] Wann er das Glück hette
einen solchen grossen Fürsten
zuschawen/ so wolte er dieses
Vngewitter/ das jhn hieher verschla-
gen/ noch für einen Gewinn
halten. Meleander/ wie er dann sehr
Leutselig war/
wiewol er zweiffelte/ was doch eine so grosse Flotte
in Grecien
thun wolte/ dennoch schlug er es nicht ab jhn zuhören.
Derhalben
kam Gobrias mit zwantzigen seiner Freunde vnd Diener.
Als er nach Epeircte kam/ wardt jhm Eurimedes entgegen geschickt/
der jhn in sein Hauß zu sich nam/ vnd dem Meleander/ weil er son-
derliche Höffligkeit
an jhm spürete/ zum besten anbefahl. Auff den
folgenden Tag wie man
jhn nach Hofe brachte/ that er dem zuver-
trawen/ welches Eurimedes
jhm gemacht hatte/ in allem ein Genü-
gen; ohn daß Meleander dafür hielt/ als er jhn gefragt zu was Ende
Gallien diese Schiffsmacht abgefertiget/ daß er nicht
gerade herauß
vnd vnvordächtig geredt hette. Derwegen/ weil
er sich besorgete/
er möchte etwan ein Kundtschaffer seyn/ bestalte
er heimlich als ob
es Ehren halben geschehe eine Wache/ die auff
alles thun/ ohn
f
Gobrias aber war in höheren Gedancken/ durch was mittel
vnd
Hülffe er sich heimlich mit der Argenis bereden könte. Letzlich
er-
innerte er sich das Purpur/ der nirgend köstlicher als in
Gallien die
farbe an sich nimpt/ in seinen
Schiffen were/ welchen Poliarchus jhr
machen lassen: schickte er also
darnach hin/ als [876] ob er jhn
der
Princessin gleichsamb zur Dancksagung für die erzeigte Wol-
that in
diesem Lande verehren wolte. Sie aber war allbereit nicht in
geringern Sorgen/ vnd gedacht bey sich selbst/ ob sie wol glauben
dörffte daß diese Schiffe vom Poliarchus/ der etwan ein grösser
Heer zusammen
brächte/ voran geschickt worden. Doch weil sie in
diesem Trost nit
genugsamb gegründet war/ ließ sie jhre gewöhn-
liche Trawrigkeit
baldt darnach auff wenig gutes gedencken: daß
sie auch jhrer
selbst spottete/ wegen der geringen Fröligkeit vber der
Hoffnung
welche sie geschöpft hatte. Warumb bliebe aber Arsidas
aussen? Were daß Saümniß an jhm/ oder an dem Glück gelegen?
Die bestimmten Monat zu der Widerkunfft waren verlauffen. Sie
lebte nur noch nicht durch seine Hülffe/ sondern durch deß Archom-
brotus Vnglück/ der krieges wegen in Africa verreisen müssen. Ach/
Poliarchus! der jhr beständig/ weise vnd werth zu lieben
seydt mir
zum Schmertzen; warumb habe ich euch gesehen? Warumb habt
jhr mich allein außerkohren/ mich mit so vielfaltigem Tode hinzu-
richten? Von mir zu sagen/ wann ich euch niemals gekandt hette/
so were ich zwar dessentwegen vnglückselig; aber doch würde
ich
solches auch nit empfunden haben. Es hette auff der Welt an an-
dern Personen nicht gemangelt/ die jhr mit besserm Glück lieben
können. Ich muß die Straffe ewerer Tugenden vnschuldig tragen/
deren eine jegliche mich zur Verzweifflung treibet/ wann ich von
euch zertren-[877]net/ oder auch
wol verachtet leben sol. Wehe mir!
was weiß ich/ ob jhr euch an
jetzo nicht eben so sehr beklaget? wie
wann jhr vberfallen lieget
von dem Schmertzen den jhr fühlet/ vnd
in dem jhr mich zu seyn
vermeinet? wie wann jhr vber dieses alles
förchtet/ daß ich mich
mehr vber euch als vber das Glück erzürne/
vnd die Schuldt
euch zumesse/ welche dem Verhängniß zuzuschrei-
ben ist? O
glückselige Leute/ deren Heyrath entweder geschwinden
Fortgang hat/
oder die durch einen schnellen Todt der Götter Vn-
barmhertzigkeit
vnd jhrem Elendt entgehen!
Wie sie ohngefehr in diesem klagen war/ vnd Gobrias etliche Tage