DErhalben fertigte Hyanisbe das versprochene Schreiben an
Mele-
andern auß/ vnd vberantwortet es jhrem Sohn nebenst dem Käst-
lein das Poliarchus den Räubern wider genommen hatte; mit Ver-
mahnung/ er solte es als einen thewren Schatz verwahren/ vnd
dem Meleander vbergeben. Im vbrigen/ sprach sie/ bildet euch
ein/
daß Pallas euch den Erichthon vbergibt. Wann jhr es auffmachet/
wann
jhr sehet was drinnen ist/ so könnet jhr euch vielleicht ne-
benst allem meinem Fleisse selber verlieren. Werdet jhr aber das
Kästlein Meleandern vnerbrochen vbergeben/ vnd sehen daß ewer
Glück herauß gezogen wirdt/ so werdet jhr auch Vrsach haben dem
Poliarchus zu dancken/ der es vns auß der Räuber Händen/
von de-
[988]nen es gestolen worden/ errettet hat. Hernach
wardt gehan-
delt/ ob sie beyde auff einer Galleren schiffen
solten. Aber die Ho-
heit/ vnd daß einer nicht gern wolte vnter dem
andern seyn/ erfor-
derte mehr sicheren Rahtschlag. Man sahe es für
das beste an/ daß
a
Indessen theilte man deß Archombrotus Leuten gewisse Namen
vnd Aempter
wie bey königlicher Hoffhaltung gebräuchlich ist ein.
Er wardt mit
königlichen Kennzeichen außgezieret/ vnd von der
Mutter
Sardinischer König genennet/ damit er an Würden nicht
geringer als
seine Gegenpart erschiene. Ingleichen erinnerte sich
Hyanisbe/ wie
sie durch Mannheit der Gallier were erhalten worden/
vnd theilete
deß Poliarchus Soldaten für jhrem Abreisen von Mann
zu
Mann Geschencke auß. Nach auffgekündigtem Auffbrechen
machte sich
ein jeglicher fertig. Die Schiffe waren mit Mohrischen
Herren/
welche jhren Fürsten begleiten solten erfüllet. Die Sicilier
so mit dem Archombrotus kommen waren/ wurden vnter einander
auffständig. Dann viel worffen jhre vorige alte Gunst
widerumb
auff den Poliarchus. Seine sonderliche Tugendt/ vnd die Stärcke
so
gemach vnd gemach vnter der Theocrinen Namen außgebreitet
wardt/ wie auch die
anmuhtigen Sitten vermochten nunmehr [989]
am meisten zuthun/ als sie jhn ein König zuseyn sahen. Hergegen
hatte jhm Archombrotus durch seine ritterliche Thaten nicht ge-
ringes Ansehen gemacht; vnd weil sie seinetwegen auß Sicilien ver-
reiset waren/ schämeten sie sich jhn zuverlassen/ vnd dem an-
dern Theil beyzufallen. Dann die Verheyrahtung mit der Argenis/
welche für allen andern Dingen sie hette anhalten sollen/ war der-
massen vngewiß/ daß sie dieser Vrsachen halben jhren
Zuneigun-
gen destoweniger verhiengen/ vnd dermassen auff die
andere seitte
schaweten/ damit/ wann dieselbe Oberhandt behielte/
es jhnen nicht
hernach an Hoffnung sich zu entschuldigen/ vnd
widerumb in
Gnade zu bringen mangeln dörffte.
Es stundt ein altes Altar am Vfer; darvon man
nicht wußte/
welcher König es auffgerichtet hette: wardt aber in
grossen Ehren
gehalten/ angesehen daß die Andacht darbey durch so
viel vndänck-
liche Zeiten mehr vnd mehr gewachsen war. Daselbst
opfferten die
armen Schiffleute im Abstossen oder nach glücklicher
Zurück-
kunfft dem Neptunus mit Weyrauch/ oder einem Schlachtopffer.
Zu diesem führte Hyanisbe den Poliarchus vnd jhren Sohn wie sie
gleich wolten zu
Schiffe gehen/ vnd: Ich zweifele wol nicht/ sagte
sie/ jhr werdet
beyde dem was jhr mir verheissen vnverbrüchlich
nach leben. Aber
ich hab nur bißher wegen ewerer vergangenen
Endlich führte man deß Gastrechtes wegen den Poliarchus erst-
lich in seine Schiffe; wie jhn
dann Archombrotus selber biß an das
Wasser begleitet. Es
wurden dem Gebrauch nach Opffer
ge-
b
Es waren schon etlich Tag vergangen/ daß Arsidas in Sicilien
mit deß Poliarchus vnd Timonides Schreiben an Meleandern vnd
die Argenis kommen war. Nicht viel
langsamer war auch der Hya-
nisben vnd deß Archombrotus Gesandter [993] Bocchus angelanget.
Aber das Geschrey/ so
geschwinder als alle beyde gewesen/ vnd her-
nach durch gewisse
Leute bestättiget wardt/ hatte allbereit in
Sicilien außgebracht/
Poliarchus der fürnembste Gallier König
hette in Mauritanien mit dem Radirobanes gestritten/ vnd jhme
das Leben
genommen. Dieses brachten die Kauffleute/ welche nach
deß
Radirobanes Niderlage/ doch ehe als Archombrotus mit der
Sicilischen Flotte zu seiner
Mutter kam/ auß Africa abgesegelt wa-
ren. Meleander/ so durch der Sachen Newigkeit beweget worden/
ließ den fürnembsten von den Handelsleuten für sich fordern; fragte
also fleissig/ ob er es nur gehöret/ oder selbst gesehen hette.
Der
Argenis war nicht weniger bestürtzt/ (dann sie hatte eben
derglei-
gleichen von diesem Kaufmann/ den sie für sich gelassen/
verstan-
den) vnd blieb vber jeglichem Wort stutzen/ davon
sie zwar frö-
lich wardt/ aber doch in allerley Argwohn geriethe.
Sonderlich
nam sie es Wunder/ was doch Poliarchus für ein Vernehmen mit
deß Archombrotus Mutter haben mußte/ daß er Sicilien
verachtete/
vnd mit seiner Hülff nicht ankäme. Er führte ja diesen
Krieg seinem
abwesenden Widersacher; were seiner Trew vnd
Zurückkunfft
nicht jnngedenck/ vnd liesse seine stetsseufftzende
Liebste in Kum-
mer/ Trübsal vnd Einsamkeit verschmachten. Sie
hassete den Ar-
chombrotus der sie liebte/ vmb keiner andern
Vrsachen willen/ als
dieweil er sie dem Poliarchus hinweg nehmen wolte. Er aber leistete
diesem seinem Feinde/ mit vergessung der Liebe vnd deß
Zornes/
dermassen 〈Hülffe〉/ daß er hernach desto
glückseliger in Sicilien
sie zu heyrathen wider käme. Aber die
verwirreten Gedancken die-
ser Princessin wurden durch deß
Radirobanes Todt gesänfftiget/
daß sie den
Poliarchus hernach entschuldigte: Es kan seyn/ sagte
sie/ daß er mehr für mich als für Hyanisben gekämpffet hat; vnd
nicht so sehr dem
Archombrotus helffen/ als den Radirobanes hat
hin-[995]richten wöllen. Ich wündschete nichts mehr als deß Radi-
robanes
Todt. Die Götter haben mir zu solcher Wolthat noch diese
Gnad
gethan/ daß er durch deß Poliarchus Schwerdt gestrafft ist
worden.
Indessen tröstete sich jhr Gemüte mit dem grossen Siege/
dessentwegen Poliarchus gepriesen wardt/ vnd hoffete ehist
Schrei-
c
d