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44. Sz 154 1621
Trostgedichte in Widerwertigkeit
deß Krieges

Einzeldruck X:

TrostGedichte | In Widerwertigkeit | Deß Krieges; | In vier Bücher
abgetheilt/ | Vnd vor etzlichen Jahren von einem | bekandten
Poëten anderwerts | geschrieben. | In verlegung David Müllers
Buchhendlers | in Breßlaw. | Leipzig/ | Gedruckt bey Henning Kö-
lern
/ | [Strich, 60 mm] | Anno M DC XXXIII.

4°: A–N. Exemplare: Breslau 355 124 (= 4 E 515/62), Marburg
UB. XVI B 157 n u. Staatsbibl. Pr. Kulturbesitz Yh 9408 R.

Gliederung und Inhalt: [A1a] = S. [1] Titel wie oben; S. [2] leer.
S. 3–5 Widmung »Serenissimo Principi ULDERICI ...«; S. 6 Das
1633 entstandene Gedicht ›Si justas mediter‹, fünf Distichen; es
wird unter 1633 mit dem Einzeldruck ›An den Durchlauchten ...
Herren Uldrichen ... Lobgetichte‹ abgedruckt. S. 7–[14]: An eben
Ihre Fürstl. Durchlauchtigkeit. 212 Zeilen. (Auch dies Gedicht
kommt, mit ›Si justas mediter‹ zusammen, unter 1633 zum Ab-
druck.) S. [15]–102 Zwischentitel, Inhaltsangaben und Text der
vier Bücher des Trostgedichts.

Einzelheiten zum Druck X: Dasselbe dreieckige Zierstück von
42 × 56 mm steht auf S. [14] (am Ende des deutschen Widmungs-
gedichtes), S. 36 und S. 102 (Ende des 1. und 4. Buches). Am
Ende der Bücher 2 und 3 steht ein Typenornament aus zwei
Blättern, die mit den Spitzen nach außen gerichtet sind. Über den
Inhaltsangaben jeweils breite Kopfleisten; über den Buchanfängen
schmälere Kopfleisten von 103 mm Länge. Oben auf jeder Seite,
unmittelbar nach der Seitenzahl, ein Strich; er fehlt auf allen un-
paginierten Seiten und auf S. [14]. Seitenziffern von 3 bis 16 in
der Mitte; von 17 bis 102 links und rechts außen. Der Kolumnen-
titel über dem Text des Gedichts auf S. 17 und S. 36 lautet: Der
Trost-Getichte Erstes Buch; von 18 bis 102 in geteilter Anord-
nung: (l.) Der Trost-Getichte (r.) Erstes (Anderes, Drittes, Vierdtes)
Buch. Keine Kolumnentitel auf Seiten mit Zwischentiteln und
auf S. [80]. Satzspiegel 155 × 105 mm.

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Die Unstimmigkeit in der Seitenzählung rührt daher, daß das
leere Blatt H2b und der Zwischentitel auf H3a ohne Seitenzahl
blieben und auch nicht gezählt wurden. Die leere Seite L1b wurde
mitgezählt als S. 80. N3 ist fälschlich als A3 signiert; Kustos auf
S. 53: 0/ sagt; Seitenanfang 54: O! sagt.

Der Zweitdruck befindet sich in Sammlung E (1638), Geistliche
Poemata,
S. 334–408, und ist wie folgt gegliedert: S. 334 Sonder-
titel; (die Seitenzahl erscheint hier, wie auch bei den Zwischen-
titeln der einzelnen Bücher, als Bestandteil des Titels und ist so
aufgenommen) 334 | Martin Opitzen | Trostgedicht | In Wider-
wertigkeit | Deß Kriegs: | In vier Bücher abgetheilt/ | Vnd vor et-
lichen Jahren anderwerts | geschrieben. S. 335/36 Unter einer
Kopfleiste von 7 × 73 mm die lateinische Prosawidmung an Ul-
rich
. S. 337–408 Text; jeder Zwischentitel nimmt eine Seite ein,
auf deren Rückseite der Inhalt des folgenden Buches steht. Vor
Buch I fehlen Zwischentitel und Inhaltsangabe. Für Buch II ste-
hen sie auf S. 353/54; für III, S. 373/74; und IV, S. 391/92. Kopf-
leisten vor jeder Inhaltsangabe und vor jedem Buchanfang. Der
Kolumnentitel von 338 bis 407 mit Ausnahme der Zwischentitel-
seiten lautet: Der Trost-Gedichte | | Erstes (Anderes, Drittes,
Vierdtes) Buch. Unregelmäßig (Der Trost-Gedicht) S. 344, 366,
370; S. 408: Der Trostgedichte/ vierdtes Buch. Das Ende jedes
Buches wird unter der Kolumne mit Ende deß ersten (andern,
dritten, vierdten) Buchs. bezeichnet. Siehe den Neudruck 1966.

Der Druck in E bietet einige grundsätzliche Änderungen gegen-
über X: Zusammenschreibung von zu + Infinitiv, wofür Raum-
not verantwortlich ist; desgl. kanst du] wird zu E kanstu etc.;
genung] genug E; Deutschland, dringen etc.] Teutschland, tringen
etc., doch wird gelegentlich auch Tenuis zu Lenis: tapffer] dapffer;
ferner erscheint Vater, treten] als Vatter, tretten; Finsternis] als
Finsternüß; Städte] Stätte; fodert] fordert; Segel] Sägel; weis]
weiß. Diese Unterschiede sind NICHT in die Lesarten aufgenom-
men worden. (Siehe auch die Einleitung zu Sammlung E unter
1638.)

Zeilenzählung ist weder in X noch in E vorhanden.

Im siebzehnten Jahrhundert wurde unser Gedicht nur noch
einmal gedruckt: in den beiden Fellgibelschen ›Gesamtausgaben‹
von 1689 und 1690, Abteilung Geistliche Poemata, der dritte
Teil, S. 263–324. Die Ausgabe ist kritisch ohne Wert.

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Zwei moderne Ausgaben – von Julius Tittmann, S. 203–266 in
Ausgewählte Dichtungen von Martin Opitz, Leipzig 1869 und von
H. Oesterley, S. 270–324 in DNL Bd. 27: Martin Opitz, Berlin
1889 – benutzen den Zweitdruck, modernisieren die Schreibung
und bringen Anmerkungen, die z. T. hier mitbenutzt wurden.
Auch auf den Auszug in Schönes Barock-Anthologie sei verwie-
sen.

Das Werk, eines der wichtigsten unseres Dichters, entstand in
der Zeit von gegen Ende 1620 bis in den Frühling 1621 hinein in
der winterlichen Abgeschiedenheit des dänischen Archipels,
wahrscheinlich auf dem der Familie Buchwald gehörigen Gute
Gram bei Hadersleben, wo sich Opitz sieben Monate lang auf-
hielt.a Der Plan zu dem Trostgedicht geht in die Heidelberger Zeit
zurück. Opitz erwähnt das Gedicht in der Vorrede zur Überset-
zung von Daniel HeinsiusLobgesang Jesu Christi, Nr. 43, und auf
Bl. C4b und D1 des Buches von der Deutschen Poeterey, wo er aus
Buch I die Zeilen 1–36 zitiert. (Die wenigen Lesarten daraus sind
mit der Sigle P bezeichnet). Die Veröffentlichung unterblieb aus
politischen Gründen bis 1633. Die Einordnung dieses Werkes
unter 1621, dem Datum der Entstehung, verursacht nun gewisse
Schwierigkeiten: das deutsche und das lateinische Gedicht an
den Prinzen Ulrich, die beide zuerst in einem andern Einzeldruck
1633 veröffentlicht wurden, fielen hier weg; dagegen mußte die
Prosawidmung als integraler Teil des Trostgedichts stehen bleiben,
obgleich sie auch erst kurz vor der Veröffentlichung des Trost-
gedichtes am 21. August 1633 geschrieben wurde, einen Tag vor
dem Tode des Prinzen. Siehe Szyrocki S. 102.

Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang noch auf folgende
Schriften Opitz’: die Einleitung zur Übersetzung von Heinsius’
Lobgesang Jesu Christi, Nr. 45, ›An den Leser‹; das Gedicht ›Gala-
thee‹ Sammlung B (1625), Nr. 72. 57; ›De reditu ex Chersoneso
Cimbrica suo ...‹, Silvarum libri III., S. 41; und ›An seiner
Freunde einen ...‹, Sammlung B. Nr. 72. 24. Während derselben
Zeit entstanden, aber ohne wörtliche Beziehungen, ist auch das Ge-
dicht ›Auff den Anfang des 1621. Jahres.‹ Sammlung B, Nr. 72. 2.

[Seite 190]

b

TRedecim ferme anni sunt, Princeps Serenissime, cum has in ad-
versitate belli consolationes perscripsi, ea quidem aetate mea, qua
tu nunc oculos jampridem omnium ac expectationem in te conver-
tisti. Itaque libelli hi vel ideo dedicandi tibi erant, ut, quoties
juventutem tuam perpendes, simul cogites et illud, clementiam
divini Numinis non stirpem tibi magis regiam dedisse, quam indo-
lem, cujus beneficio aequales omnes tuos majori virtutum inter-
vallo post te relinquis, quam generis, isto licet maximo. Hanc
eruditionem certe, haec memoriae miracula, hoc tam acre exac-
tumque judicium, ingentes hae, quibus imbutus es, [4] artes, ut
omnem facundiae conatum excedunt. Ita modestia tua, sobrie-
tas, contemptor voluptatum animus, virtus bellica inprimis, cu-
jus in tot periculis tanta hactenus specimina dedisti, novas te ge-
neris humani delicias fore spem Orbi faciunt amplissimam. Mar-
tem togatum si quis te dicat, mea sententia non erret; minus ille,
qui Phoebum armatum: adeo prorsus et securitatem oppressae
aut dominandi libidine, aut aemulationis mutuae studio fraudi-
busque domesticis Germaniae polliceris, et Musarum decora omnia
sic exprimis, ut, qui D. Julio fortitudine vix futurus es inferior,
par ei jam videaris esse doctrina. Caeterum et in Chersoneso Cim-
brica, regni paterni provincia, natus est hic foetus; adeo ut jure
ad eum redeat, cujus quasi auras primum hausit. Tu, Princeps
Indulgentissime, eo illum ut vultu excipias, quo me illius aucto-
rem, nullo equidem merito tibi commendatum, vel Poeticus te
scripti character, in quo et ipse versatus es egregie, vel argumen- c d e f

[Seite 191]

tum invitabit, cujus pars dexteritate armorum ac fortitudine feli-
cissima esse jamdudum cepisti. Si quid insubidum illic ac hiul-
cum, si quid auribus tuis indignum erit, illud vix excuso: Cum et
censorem te norim benignissimum, et sine ullo [5] librorum sub-
sidio, eaque hiemis durissimae inclementia libellos hos depropera-
verim, ut nihil eos aut a jejunitate studiorum, aut a frigore loci
traxisse, impossibile sit. Addidi et carmen ad te nuper conscrip-
tum; quod, cum publice jam legatur, excusare serum est. Vale,
Princeps Florentissime, ac patriae meae libertatisque tutelam in-
victo, quod facis, animo suscipe. E. Museo, XI. Kal. Septembres.

g h

[S. 6–14, siehe Einleitung.]

i

Trost-Getichte
in
Widerwertigkeit des
Krieges.
Das Erste Buch.

j

Inhalt des ersten Buches.

DEr Poet hat hier der beredten Leute Gebrauch nicht nachfolgen
können/ welche dessen Vnfall/ den sie trösten wollen/ auff das
beste als müglich verkleinern: sondern er beklaget weitleufftig in
diesem ersten Buche den jetzigen vnglückseligen Böhmischen
Krieg/ der grösser vnd mehr bekandt ist/ als daß er mit scheinbaren
Worten möge geringer gemacht/ vnd mit stillschweigen verdeckt
werden. Darneben beweiset er/ es geschehe diß alles nicht ohn son-
derbare schickung GOttes/ vnd setzet die Vrsachen/ warumb er sei-
ner Kirchen solches Creutz vnd Trübsal zusende.

k
[Seite 192]

l DEs schweren Krieges Last/ den Deutschland jetzt
empfindet/

Vnd daß GOTT nicht vmbsonst so hefftig angezündet
Den Eyfer seiner Macht/ auch wo in solcher Pein
Trost her zu holen ist/ sol mein Getichte seyn.
5 Diß hab ich mir anjetzt zu schreiben vorgenommen:
Ich bitte/ wollest mir geneigt zu hülffe kommen/
Du höchster Trost der Welt/ du Zuversicht in Noth/
Du Geist von GOtt gesandt/ ja selber wahrer GOtt.
Gib meiner Zungen doch mit deiner Glut zu brennen/
10 Regiere meine Faust/ laß meine Jugend rennen
Durch diese wüste Bahn/ durch dieses newe Feld/
Darauff noch keiner hat für mir den Fuß gestellt.
Das ander ist bekandt; wer hat doch nicht geschrieben
Von Venus Eitelkeit/ vnd von dem schnöden Lieben/
15 Der blinden Jugend Lust? wer hat noch nie gehört
Wie das Poeten-Volck die grossen Herren ehrt/
Erhebt sie an die Lufft/ vnd weis heraus zu streichen
Was besser schweigens werth/ lest seine Feder reichen
Wo Menschen-Tapfferkeit noch niemals hingelangt:
20 Macht also/ daß die Welt mit blossen Lügen prangt?
Wer hat zuvor auch nicht von Riesen hören sagen/
Die Wald vnd Berg zugleich auff einen Ort getragen/
Zu stürtzen Jupitern mit aller seiner Macht/
Vnd was des Wesens mehr? Nun ich bin auch bedacht
25 Zu sehen/ ob ich mich kan aus dem Staube schwingen/
Vnd von der grossen Zahl des armen Volckes dringen/
m So an der Erden klebt; Ich bin Begierde voll
Zu schreiben wie man sich im Creutz’ auch frewen sol/
Seyn Meister seiner selbst. Ich wil die Pierinnen/
30 Die nie auff vnser Teutsch noch haben reden können/
n o p q r s t u v w x
[Seite 193]

Sampt jhrem Helicon mit dieser meiner Hand
Versetzen biß hieher in vnser Vaterland.
Es wird in künfftig noch die Bahn so ich gebrochen
Der so geschickter ist nach mir zu bessern suchen/
40 Wann dieser harte Krieg wird werden hingelegt/
Vnd die gewündschte Ruh zu Land’ vnd See gehegt.
Da aber ich vielleicht mich höher möchte wenden/
Als daß mir müglich sey recht wieder anzulenden/
So sey es doch genung was ich zu thun begehrt:
40 In grossen Sachen ist auch wollen lobens werth.
Doch nein; der/ den ich mir erkohren anzuflehen/
Wird seiner Gnaden Wind in meine Segel wehen/
So das mein kühnes Schiff/ das jetzund fertig steht/
Vnd auff die Höhe wil/ nicht an den Boden geht.
45 Wann dieser Stewermann das Ruder vns regieret/
Wann dieser sanffte West wird auff der See gespüret/
Da kömpt man wol zu Port/ es ist kein stürmen nicht/
Kein Kieß/ kein harter Grund an dem das Schiff
zerbricht.

Die grosse Sonne hat mit jhren schönen Pferden
50 Gemessen dreymal nun den weiten Kreiß der Erden/
Seit daß der strenge Mars in vnser Deutschland kam/
Vnd dieser schwere Krieg den ersten Anfang nahm.
Ich wil den harten Fall/ den wir seither empfunden/
Vnd männiglich gefühlt (wiewol man frische Wunden
55 Nicht viel betasten sol) durch keinen blawen Dunst
Vnd Nebel vberziehn/ wie der Beredten Kunst
y Zwar sonsten mit sich bringt. Wir haben viel erlidten/
Mit andern vnd mit vns selbst vnter vns gestritten.
Mein Haar das steigt empor/ mein Hertze zittert mir/
60 Nehm’ ich mir diese Zeit in meinen Sinnen für.
Das edle Deutsche Land/ mit vnerschöpfften Gaben
Von GOtt vnd der Natur auff Erden hoch erhaben/
z aa ab ac ad ae af ag
[Seite 194]

Dem niemand vor der Zeit an Krieges-Thaten gleich’/
Vnd das viel Jahre her an Friedens-Künsten reich
65 In voller Blühte stund/ ward/ vnd ist auch noch heute/
Sein Widerpart selbselbst/ vnd frembder Völcker Beute.
Ist noch ein Ort dahin der Krieg nicht kommen sey/
So ist er dennoch nicht gewesen Furchte-frey.
Das Land hat grawsamlich von Reuterey erklungen/
70 Der vbergrossen Last zu weichen fast gedrungen.
Kein Vorgebürge hat sich weit genung erstreckt/
Kein weiter Wald die Zahl des Heeres gantz bedeckt.
Was hilfft es/ daß jetzund die Wiesen grüne werden/
Vnd daß der weisse Stier entdeckt die Schoß der Erden
75 Mit seiner Hörner Krafft/ daß aller Platz der Welt
Wie newgeboren wird? Das Feld steht ohne Feld/
Der Acker fraget nun nach keinem grossen bawen/
Mit Leichen zugesäet; er fragt nach keinem tawen/
Nach keinem düngen nicht: Was sonst der Regen thut/
80 Wird jetzt genung gethan durch feistes Menschen-Blut.
Wo Tityrus vorhin im Schatten pflag zu singen/
Vnd ließ von Galathee Wald/ Thal vnd Berg erklingen/
Wo vor das süsse Lied der schönen Nachtigal/
Wo aller Vogel Thon biß in die Lufft erschall/
85 Ach! ach! da hört man jetzt die grawsamen Posaunen/
Den Donner vnd den Plitz der fewrigen Carthaunen/
ah Das wilde Feldgeschrey: wo vormals Laub vnd Graß
Das Land vmbkrönet hat/ da ligt ein faules Aas.
Der arme Bawersmann hat alles lassen ligen/
90 Wie wann die Taube siht den Habicht auff sich fliegen/
Vnd giebet Fersengeld; er selbst ist in das Land/
Sein Gut ist weg geraubt/ sein Hoff hinweg gebrandt/
Sein Vieh hindurch gebracht/ die Schewren vmbgeschmissen/
Der edle Rebenstock tyrannisch außgerissen/
95 Die Bäume stehn nicht mehr/ die Gärten sind verheert;
Die Sichel vnd der Pflug sind jetzt ein scharffes Schwerdt.
ai aj ak al
[Seite 195]

Vnd dieses ist das Dorff: Wer aber wil doch sagen
Der Städte schwere Noth/ den Jammer/ Weh/ vnd Klagen
So männiglich geführt/ das vnerhörte Leid/
100 Des Feindes Vbermuth vnd harte Grawsamkeit?
Das alte Mawerwerck ist worden auffgesetzet/
Die Thore starck verwahrt/ die Degen scharff gewetzet/
Die Waffen außgeputzt/ die Wälle gantz gemacht/
Die Pässe weit vmbher verhawen vnd bewacht.
105 Ein jeder ist verzagt: eh’ als der Feind noch kommen
Da hat die Furchte schon viel örter eingenommen/
Vnd Oberhand gehabt. Mir schuttert Haar vnd Haut/
Wann daß ich dencken wil/ was ich nur angeschawt.
Das Volck ist hin vnd her geflohn mit hellem hauffen/
110 Die Töchter sind bey Nacht auff Berge zugelauffen/
Schon halb für Schrecken todt/ die Mutter hat die Zeit/
In der sie einen Mann erkandt/ vermaledeyt.
Die Männer haben selbst erbärmlich müssen flehen/
Wann sie jhr liebes Weib vnd Kinder angesehen.
115 Die kleinen Kinderlein/ gelegen an der Brust/
So noch von keinem Krieg’ vnd Kriegesmacht gewust/
am Sind durch der Mutter Leid auch worden angereget/
Vnd haben allesampt durch jhr Geschrey beweget;
Der Mann hat seine Fraw beweynt/ die Fraw den Mann/
120 Vnd was ich weiter nicht aus Wehmuth sagen kan.
Viel minder werd’ ich nun des Feindes harte Sinnen
Vnd grosse Tyranney genung beschreiben können/
Dergleichen nie gehört: Wie manche schöne Stadt/
Die sonst das gantze Land durch Pracht gezieret hat/
125 Ist jetzund Asch vnd Staub? Die Mawren sind verheeret/
Die Kirchen hingelegt/ die Häuser vmbgekehret.
Wie wann ein starcker Fluß/ der vnvorsehens kömpt/
Die frische Sääte stürtzt/ die äcker mit sich nimbt/
Die Wälder nieder reißt/ läufft ausser seinen Wegen/
130 So hat man auch den Plitz vnd Schwefelichte Regen
an ao ap aq ar
[Seite 196]

Durch der Geschütze Schlund mit grimmiger Gewalt/
Daß alles Land vmbher erzittert vnd erschallt/
Gesehen mit der Lufft hin in die Städte fliegen:
Des Rauches Wolcken sind den Wolcken gleich gestiegen/
135 Der Fewer-Flocken See hat alles vberdeckt/
Vnd auch den wilden Feind im Lager selbst erschreckt.
Das harte Pflaster hat geglüet vnd gehitzet/
Die Thürne selbst gewanckt/ daß Ertz darauff geschwitzet;
Viel Menschen/ die der Schaar der Kugeln sind
entrant/

140 Sind mitten in die Glut gerathen vnd verbrant/
Sind durch den Dampff erstickt/ verfallen durch die Wände:
Was vbrig blieben ist/ ist kommen in die Hände
Der ärgsten Wüterey/ so/ seit die Welt erbawt
Von GOtt gestanden ist/ die Sonne hat geschawt.
145 Der Alten grawes Haar/ der jungen Leute Weynen/
Das Klagen/ Ach vnd Weh/ der grossen vnd der kleinen/
as Das Schreyen in gemein von Reich vnd Arm geführt
Hat diese Bestien im minsten nicht gerührt.
Hier halff kein Adel nicht/ hier ward kein Stand geachtet/
150 Sie musten alle fort/ sie wurden hingeschlachtet.
Wie wann ein grimmer Wolff/ der in den Schaffstall
reißt/

Ohn allen Vnterscheid die Lämmer nieder beißt.
Der Mann hat müssen sehn sein Ehebette schwächen/
Der Töchter Ehrenblüht in seinen Augen brechen/
155 Vnd sie/ wann die Begier nicht weiter ist entbrandt/
Vnmenschlich vntergehn durch jhres Schänders Hand.
Die Schwester ward entleibt in jhres Bruders Armen/
Herr/ Diener/ Fraw vnd Magd erwürget ohn Erbarmen:
Ja die auch nicht geborn/ die wurden vmbgebracht/
160 Die Kinder so vmbringt gelegen mit der Nacht
In jhrer Mutter Schoß: Eh sie zum Leben kommen/
Da hat man jhnen schon das Leben hingenommen:
at au av aw ax
[Seite 197]

Viel sind/ auch Weib vnd Kind/ von Felsen abgestürtzt/
Vnd haben jhnen selbst die schwere Zeit verkürtzt/
165 Dem Feinde zu entgehn. Was darff ich aber sagen/
Was die für Hertzenleid/ so nachgelebt/ ertragen?
Ihr Heyden reicht nicht zu mit ewrer Grawsamkeit:
Was jhr noch nicht gethan das thut die Christenheit.
Wo solcher Mensch auch kan den Christen-Namen haben.
170 Die Leichen haben sie/ die Leichen auffgegraben/
Die Glieder so die Erd’ vnd die Natur versteckt/
Sind worden vnverschämt von jhnen auffgedeckt.
Mehr hat mich Graw vnd Schew nicht schreiben lassen
wollen/

Vnd derer wegen auch die nach vns kommen sollen
175 (Wo daß die schlimme Welt noch länger kan bestehn)
Wil ich vnd muß auch viel mit schweigen vbergehn.
ay Ey! ey! du werthes Land/ was kanst du doch erfahren
Daß nicht genugsam schon in diesen kurtzen Jahren
An dir verübet sey? Wie hat dein alter Stand
180 In solcher kurtzen Zeit so sehr sich vmbgewandt?
Du warest sonst der Marckt vnd Schawplatz aller Sachen/
Dadurch ein schöner Ort sich kan beruffen machen:
Du giengest vberhoch den andern Ländern für;
Was allenthalben ist das sahe man bey dir.
185 Diß Lob ist jetzt dahin: die Kirchen sind beraubet/
Die Cammern sind erschöpfft/ das Gold ist auffgeklaubet/
Viel Weiber jhrer Ehr’ vnd Männer quit gemacht/
Sehr vielen Kindern sind die Väter vmbgebracht;
Vnd nicht nur durch das Schwert: die Lufft ist schädlich
worden/

190 Hat auch das Feld geräumt/ vnd jämmerliches Morden
Durch strenge Pestilentz vnd Kranckheit angestellt.
Wie mancher kühner Mann/ wie mancher freyer Held/
Der hohes Lob gehofft mit streiten zu erwerben/
Hat müssen ohne Blut des faulen Todes sterben/
az ba bb bc
[Seite 198]

195 Hat seinem Mörder nicht entgegen können gehn/
Vnd/ wie ein Krieger sol/ zu seinem Ende stehn.
So ist die Gottesfurcht auch mehrentheils verschwunden/
Vnd die Religion gefangen vnd gebunden/
Das Recht ligt vnterdruckt/ die Tugend ist gehemmt/
200 Die Künste sind durch Koth vnd Vnflat vberschwemmt/
Die alte Deutsche Trew hat sich hinweg verlohren/
Der Frembden Vbermuth der ist zu allen Thoren
Mit jhnen eingerannt/ die Sitten sind verheert/
Was GOtt vnd vns gebührt ist alles vmbgekehrt.
205 Wer hier nicht wird bewegt/ wer sonder Weh vnd Schmertzen
Diß vngerechte Recht des Krieges kan behertzen/
bd Der ist aus hartem Stahl vnd Kieselstein erzeugt/
Es hat ein Tyger jhn an seiner Brust geseugt.
Daß aber jemand nun vermessen wolte meynen/
210 Wir weren ausser Schuld/ vnd vnbedacht verneinen
GOtt habe seinem Volck vnd Kirchen dieses Leid
Vergeblich zugeschickt/ der jrret trefflich weit.
Der HErr von Anbeginn ein Richter aller Sachen/
Der alles siht vnd hört/ der Augen hat zu wachen/
215 Dem niemand kan entgehn/ der kräfftig vmb vnd an
In allem ist was ist/ was war vnd werden kan/
Der schickt vns alles zu/ der ordnet alle Dinge
Im Himmel vnd bey vns/ wie groß vnd wie geringe
Sie jmmer mögen seyn; Glück/ Vnglück/ Leben/ Todt
220 Krieg/ Fried’ vnd Einigkeit kömpt alles her von GOtt.
Was suchen wir viel nach? was darff man Zweiffel tragen?
Wie lange sol er auch durch Wunderzeichen sagen
Diß komme nicht ohn jhn? hat nicht die hohe Lufft/
Hat nicht der Himmel selbst vns deutlich zugerufft?
225 Hat der Comete nicht sich grawsam außgestrecket?
Hat nicht der Fewerschwantz die Sternen selbst erschrecket/
Daß sie verblasset sind? der Monde stund verzagt/
Vnd meynt’ er würde nun aus seiner Bahn verjagt:
Der weisse Bäer hat fast die Flucht von dar genommen/
230 Aus Furchte/ Phaeton der were wieder kommen/
be bf
[Seite 199]

Vnd hette wie zuvor durch seinen Vnverstand
Den Himmel vnd sein Dach gesteckt in newen Brand.
Den scharffen Prediger/ den schrecklichen Propheten/
Der niemals sonder Blut/ der niemals sonder tödten/
235 Der niemals sonder Krieg vnd Enderung entsteht/
Den Boten hat vns GOtt ja hoch genug erhöht.
bg So seyn auch/ wie man sagt/ die vnglückhafften Seelen
Der Abgestorbenen aus den betrübten Hölen
Gedrungen an das Liecht. was niemand hören mag
240 Ohn Abschew/ Furcht vnd Graus/ ist kommen an den
Tag/

Hat sichtbarlich bey vns vnd vnter vns gejrret.
Die Ordnung der Natur ist worden gantz verwirret:
Die Waffen haben selbst aus heimlicher Gewalt/
Von niemand angerührt/ geklungen vnd erschallt:
245 Das Wasser ward verkehrt/ der vnbefleckten Brunnen/
Ihr reines Silberquell ist blutig fürgeronnen:
Der Flüsse Vater/ auch/ der sonsten schöne Rhein/
Hat seine Last gefühlt/ daß nun für klaren Wein
Das grosse Kriegesheer der scheußlichen Maranen
250 An seinem Vfer sey/ daß jhre stoltze Fahnen
Nun stünden auffgesteckt wo vor Thriambus war/
Vnd wo man jetzund noch kan sehen sein Altar.
Er hat/ der schöne Rhein/ aus Scham sich fast verlohren/
Ist weit vnd breit vmbher durch kaltes Eiß verfrohren;
255 Wo vor das Segel pflag auff Niederland zu gehn/
Da kunte man jetzund mit Roß vnd Wagen stehn.
Nun laufft/ Ihr/ welche man nur also muß erweichen/
Laufft hin vnd saget jetzt/ es mangelt euch an Zeichen.
GOtt/ GOtt treibt dieses Werck/ des grossen Zornes
Brunst

260 >Vnd Rache greifft vns an: vnd solches nicht vmbsunst.
Wir alle sind befleckt mit Schanden vnd mit Sünden
bh bi bj bk bl bm bn
[Seite 200]

Von Adams Zeiten her; Nicht einer ist zu finden
Der sonder Boßheit sey: Wir sind aus GOttes Huld
Entfallen durch vns selbst vmb vnsrer Laster schuld.
265 Die Welt lebt in den Tag/ begehret nicht zu wissen
Von Zucht vnd Frömmigkeit/ ist trotzig außgerissen
bo Wie eine wilde Bach/ thut was jhr selbst behagt/
Lacht wann man jhr von GOtt vnd GOttes Eyfer sagt.
Vnd darumb lest er sich an seiner Kirchen sehen/
270 Schützt loß des Zornes Strom/ verstopfft für jhrem flehen
Die Ohren seiner Gunst; doch nur auff kleine Zeit:
Sein Grimm ist nicht so groß als seine Gütigkeit.
Wir können nicht vorbey/ vnd müssen alle sagen/
Er gebe billich vns das schwere Joch zu tragen;
275 Er straffe billich vns durch Fewer/ Krieg vnd Schwerdt/
Weil wir auch vns von Ihm zum Bösen abgekehrt.
Wie lange hat er doch die Heucheley geduldet?
Was kan er vns doch thun/ das wir nicht wol verschuldet?
Ob auch der Sünden Zahl noch grösser wachsen kan?
280 Klagt das Gewissen sich vnd vns nicht selber an?
Das Gute fliehen wir das wir doch solten fassen/
Das Böse lieben wir das wir doch solten hassen:
Dann kömpt es daß der HErr diß Schrecken in vns jagt/
Dann kömpt es daß er vns mit solchem Jammer plagt.
285 Drumb sind die Felder jetzt gantz weiß von Todten-Beinen/
Drumb hört man vberall Brand/ Mordgeschrey vnd Weynen/
Drumb sind zugleiche wir vnd vnser schönes Land
Des Feindes Tyranney gegeben in die Hand.
Doch wird der grosse Zorn nicht nun vnd ewig wären;
290 Er wird sich wiederumb gar gnädig zu vns kehren
Der Vater seiner Schar: Nicht einen den er liebt
Den leßt er vngestrafft vnd allzeit vnbetrübt.
So lange dir es hat nach deinem Wundsch ergangen/
So lange hast du auch noch niemals angefangen
295 Ein rechtes Gottes Kind/ ein rechter Christ zu seyn.
Creutz/ Vnglück/ Angst vnd Qual ist vnser Prüfestein.
bp bq br bs
[Seite 201]

bt So ist der Frommen Feind der Teuffel auch nicht stille/
Sucht allzeit wie er sich vnd seinen Haß erfülle/
Macht Gruben in den Weg/ hebt Groll vnd Streiten an/
300 Stöst Ruh vnd Frieden vmb/ thut alles was er kan/
Siht wie er wider vns den gantzen Rüstzeug bringet.
Als wie ein Rosenknopff von Dörnern ist vmbringet/
Gepresset vnd gedrückt/ so muß die Kirche stehn/
So pflegt sie zwischen Noth vnd Trübsal auffzugehn.
305 GOtt wil vns also auch die rechte Strasse lehren/
Die Sünden abzuthun/ den Glauben zu vermehren/
Zu werden new vnd rein: Bey Frewden/ Lust vnd Ruh
Verdirbt der Ehren Lob/ die Laster nehmen zu.
Wann alles vmb vns scheint/ geht wie wir vns gedencken/
310 So schlägt man aus der Art/ so pflegt man sich zu lencken/
Kömpt auff die breite Bahn die zu der Wollust trägt/
Vnd Vppigkeit für Zucht/ für Tugend Laster hegt.
Ein Pferdt das jmmerzu bey vollem Futter stehet/
Das nie geritten wird/ nie an dem Wagen gehet/
315 Wird wilde/ beißt und schlägt/ trägt keinen Reuter nicht;
So reißt der Mensch auch aus wann jhn der Haber sticht.
Das Gute wächst durch Noth: Ein Quell das stille stehet/
Das nie geräumet wird/ verstopfft sich vnd zergehet/
Wird Schlamm vnd fauler Koth: Je mehr es wirdt
gerührt/

320 Je grösser wird sein Fluß/ je klärer auch gespürt.
Es ist der Kirchen Art/ ja auch die Art der Heyden;
Durch Arbeit/ Zwang vnd drang/ durch leiden vnd durch
meiden

Steigt jederman empor: Durch jmmer glücklich seyn
Schleicht vnser Vntergang mit bösen Sitten ein.
325 So kundte Cyrus nicht die Sarder besser straffen
Als nur durch diß Gebot/ sie solten bloß mit Schlaffen/
bu Mit freyer Gasterey/ mit Spiel vnd Fröligkeit/
Mit Tantzen vnd mit Lust bestatten jhre Zeit.
Der Römer grosses Lob hat schöner nie geglissen
330 Als wie sie Krieg geführt/ sich Ritterlich geschmissen/
bv bw bx by
[Seite 202]

Wie alles alber war/ wie jhre Weißheit noch
Nach alter Mässigkeit/ nach Brey vnd Knobloch roch:
Alsdann stund alles wol: Die vnverzagte Jugend/
Die Blum vnd Zier der Stadt gieng aller Krieges-Tugend/
335 Gieng Ruhm vnd Ehren nach: Ein wolgeputztes Pferd/
Ein Küriß vnd sein Helm/ ein Schild vnd scharffes
Schwerdt

War jhnen weit mehr lieb/ war mehr in jhren Augen
Als Huren/ die das Geld vnd Kräfften aus vns saugen/
Als Schwelgerey vnd Wein/ als Worte voller Pracht/
340 Als Fluchen vnd Geschrey/ das keinen Krieger macht.
Da ward Sicilien in jhre Macht verbunden/
Carthago außgebrandt/ Corinthus vberwunden/
Numantia zerstört; kein Feind/ kein Schrecken kam/
Das jhnen jhren Muth vnd hohe Sinnen nahm.
345 Da ließ sich Mutius/ da ließ sich Cocles blicken/
Da hielt Fabritius der gantzen Stadt den Rücken;
Da trat Camillus auff/ schlug die Frantzosen aus;
Da stackte Mutius die Hand nicht ohne Graus
Des Feindes in die Glut: Kein Ort war jhnen gleiche/
350 Es hieß nur alles Rom/ es gieng in jhrem Reiche
Zu Abend in die See der gülden Sonnen Lauff/
Vnd stund zu Morgen auch in jhrer Herrschafft auff.
Was nun die grosse Stadt durch Schweiß vnd Blut erworben/
Das ist hernach durch Glück vnd Wollust gantz verdorben.
355 Dann wie kein Hannibal nicht mehr verhanden war/
Wie alles stille lag/ vnd sicher für Gefahr/
bz Da musten endlich sie mit jhren Lastern kriegen/
Die keinem zuvorhin nicht konnten vnter ligen/
Verhiengen vber sich den Sünden jhren Zaum/
360 Vnd gaben falscher Lust vnd Vppigkeiten Raum.
Da durffte Marius vnd Cinna sich erregen/
Da durffte Cesar Rom zu seinen Füssen legen:
Die Stadt so alles zwang/ so allzeit vnverzagt/
Ward durch den Ehrgeitz zahm/ ward jhres Bürgers
Magd.

ca cb cc cd ce
[Seite 203]

365 Die Stadt die aller Welt für diesem vorgeschrieben
Vollbrachte was hernach jhm einer ließ belieben.
Es halff kein Cicero/ noch tausend Zungen Schar;
Es halff kein Cato zu/ wie sawer er auch war.
Die Freyheit gieng nur fort: Nun dieser wird erstochen/
370 Bezahlet mit der Haut; nicht aber vngerochen:
Octavius wacht auff/ vnd nimbt sich seiner an/
Macht was noch ledig ist jhm vollend vnterthan.
Da ward kein Scipio/ kein Fabius gehöret/
Kein Bürgermeister mehr noch Rathesherr geehret.
375 Da war kein Cassius/ kein Brutus in der Stadt/
Der feindlicher Gewalt frey vnter Augen trat.
An Tugend stat kam Mord/ Neid/ List vnd Hofepossen;
Wie sich Tiberius im Hurenhaus’ entschlossen/
Was Claudius befahl/ was Nero/ was das Schwein
380 Domitianus hieß/ das ließ man Amen seyn.
So hat die schöne Stadt zusehend abgenommen/
Vnd ist je mehr vnd mehr biß auff die Neige kommen:
Die sonst in Leidenszeit den Wolcken gleiche stund/
Sanck in der Wolfahrt hin in aller Schanden Grund.
380 Es ward nach Gottesdienst jetzt weiter nicht gefraget/
Der Raub der gantzen Welt ward vbel durchgejaget.
cf Es muste die Natur gantz werden vmbgewandt/
Aus Thälern Berg gemacht/ aus Bergen glattes Land.
Was wir zu dieser Zeit gar vbel glauben können/
390 Das durfft’ ein schlechter Mann durch Vbermuth beginnen:
Kein Laster war zu groß: Zwey Tonnen Goldes werth
Vnd mehr/ ward durch ein Weib auff einen Trunck
verzehrt.

Diß thut der Vberfluß. Was wil man aber sagen
Von Sachen welche sich mit Heyden zugetragen?
395 Ob billich wol ein Christ jhm diese gantze Welt
Vnd aller Völcker Heer für seinen Spiegel helt.
Der Edle grosse Mann von Isai geboren/
Zum König’ Israel vom Himmel selbst erkohren/
cg ch ci
[Seite 204]

Wie wird er zum Gebet’ vnd Andacht angeregt/
400 Als GOtt jhn wegen Mordt vnd schnöder Vnzucht schlägt?
HErr/ spricht er/ wasche mich von meinen Missethaten:
Ich muß es nur gestehn; Ich bin zu sehr gerathen
In schwerer Sünden wust; Es ist von mir gethan
Was dir zugegen läufft/ vnd ich nicht leugnen kan.
405 Ich bin in Vbelthat empfangen vnd erzeuget/
Es hat die Mutter mich mit Sünden-Milch geseuget.
Du hast die Warheit lieb/ vnd bist den Lügen feind/
Du weissest alles wol/ wie sehr man es verneint.
So scheine mir nun zu mit deiner Gnaden-Sonne/
410 Laß den zerknirschten Geist empfinden Frewd’ vnd Wonne.
Nimb mich doch wieder an/ erquicke mein Gebein/
Heb meine Glieder auff die gantz zerschlagen seyn.
Laß nicht dein Angesicht auff meine Sünden schawen;
Gib mir ein newes Hertz/ ein newes Zuvertrawen.
415 Verwirff nicht deinen Knecht/ verstoß mich nicht von dir;
Laß deinen guten Geist mich trösten für vnd für.
cj Vnd wie die Worte sind. So heisset Nothdurfft beten/
So heisset Vnglück vns für GOttes Augen treten/
Den Himmel anzusehn/ auff den man wenig siht/
420 An den man wenig denckt/ wann alles grünt vnd blüht.
Diß was versehrt das lehrt: Je mehr man Saffran reibet/
Je stärcker schmeckt er auch: Je mehr man Tugend treibet/
Je höher schlägt sie aus: Die Widerwertigkeit
Sol wie ein Fechtplan seyn/ vnd wie ein steter Streit
425 In welchem GOtt vns zeigt/ wie vnd mit was für Wegen
Vns müglich sey die Macht der Sünden zu erlegen/
Wie wir der Seelen Feind bestehen nach Gebür/
Vnd kommen dann mit Ruhm/ Ehr vnd Triumph
herfür.

Es müssen vber diß der Kirchen Qual vnd Plagen
430 Ein klares Zeugnis seyn/ es sey nach diesen Tagen
Ein Tag der grösser ist/ da diese gantze Welt
Dem Richter vber vns wird werden fürgestellt.
O wol dann dem so hier auff Christus Wort ist kommen/
Gedültig seine Last/ die sanffte Last/ genommen!
ck cl cm cn
[Seite 205]

435 Wer dieses Joch erträgt/ der sieget vnd besteht:
Wer jetzt nicht höret: Kompt/ wird endlich hören: Geht.
O wol dem welchen GOtt hier als ein Vater quelet/
Der wird hernach gantz frey/ gantz quit vnd loß gezehlet!
Den GOtt mit Trewen meynt/ den er von Hertzen liebt/
440 Wird von den Bösen hier gepresset vnd betrübt.
Die jetzt mit Sicherheit im Rosengarten sitzen/
Die werden anderswo mit Schrecken müssen schwitzen.
Wer hier der Christen Schar durch Schwerdt vnd Fewer
jagt/

Wird künfftig durch den Wurm der nimmer stirbt
genagt.

445 So sol die Welt auch sehn daß keine Noth vnd Leiden/
Daß keine Tyranney GOtt vnd sein Volck kan scheiden/
co Vnd daß ein solcher Mensch/ der die Gewissen zwingt/
Vergeblich vnd vmbsonst die Müh vnd Zeit verbringt;
Daß wir für vnser Maul kein Blat nicht dürffen nehmen/
450 Daß wir für keinem vns nicht schewen oder schämen/
Er sey auch wer er wil; daß vnsers Hertzen Grund
Nicht falsch/ nicht anders sey als etwan Red’ vnd Mund.
Kein Würgen/ keine Schlacht/ kein Martern vnd kein
Pressen

Zwingt vns der Frömmigkeit vnd GOttes zu vergessen.
455 Der Zweck der Christenheit muß GOttes Name seyn/
Nicht Eitelkeit der Welt/ nicht eusserlicher Schein
Vnd gleissend’ Heucheley: Wir müssen kundtbar machen/
Daß Christen Noth vnd Todt verhönen vnd verlachen;
Wir müssen lassen sehn gantz richtig/ klar vnd frey
460 Daß die Religion kein Räubermantel sey/
Kein falscher Vmbhang nicht. Was macht doch jhr Tyrannen?
Was hilfft/ was nutzet euch das Martern/ das Verbannen/
Schwerdt/ Fewer/ Galgen/ Radt? gezwungen Werck
zerbricht:

Gewalt macht keinen fromm/ macht keinen Christen
nicht.

465 Es ist ja nichts so frey/ nichts also vngedrungen
Als wol der Gottesdienst: so bald er wird erzwungen/
cp
[Seite 206]

So ist er nur ein Schein/ ein holer falscher Thon.
Gut von sich selber thun das heist Religion/
Das ist GOtt angenehm. Laßt Ketzer Ketzer bleiben/
470 Vnd gleubet jhr für euch: Begehrt sie nicht zu treiben.
Geheissen willig seyn ist plötzlich vmbgewandt/
Trew die aus Furchte kömpt hat mißlichen Bestand.
Ein Mensch kan seinen Sinn wol für den andern schliessen;
Der Glauben liget tieff. GOtt kennet die Gewissen/
475 Sucht alle Nieren durch/ siht aller Hertzen Raht/
Vnd weis was ich vnd du/ vnd der verschuldet hat.
cq Mehr sollen Christen nicht/ wo daß sie Christen heissen/
Vnd in der Warheit sind/ von Hertzen sich befleissen
Zu tragen jhre Noth/ wie jhr HErr Christus trug/
480 Da Ihn des Vaters Grimm von vnsert wegen schlug.
Das Lamb/ das reine Lamb von Anbeginn geschlachtet/
Der Fürst der Seligkeit/ hat seiner nicht geachtet/
Hat willig vber sich genommen frembde Schuld/
Mit Liebe/ Niedrigkeit/ Gehorsam vnd Gedult.
485 Des wahren GOttes Sohn/ der GOtt von allen Zeiten/
Der auff der hohen Lufft vnd Wolcken pflegt zu reiten/
Der Wasser/ See vnd Meer vmbgreifft mit seiner Hand/
Die grossen Hügel wiegt/ den Himmel vberspannt/
Der kam zu vns herab/ ward Mensch der Menschen willen/
490 Des Vaters grossen Zorn/ der vns betraff/ zu stillen;
Nahm auff sich Hunger/ Durst/ Frost/ Hitze/
Schmach vnd Spott/

Stund alle Marter aus/ gieng endlich in den Todt.
Der König aller Welt ließ sich mit Dörnern krönen;
Für dem die Erde bebt/ ließ schimpfflich sich verhöhnen;
495 Durch den die Sonne siht der ward als blind verdeckt/
Der vnbegreifflich ist ward an das Holtz gestreckt.
Den aller Engel Schaar mit jhren Stimmen ehren/
Der muste Schimpff vnd Hohn der Lästermäuler hören;
Der Plitz vnd Donner schickt der ward nur außgelacht/
500 Der Todt vnd Leben gibt ward schändlich vmbgebracht.
Sein Haar war voller Blut/ der Rücken voller Striemen/
Die Hände blaw vnd schwartz durch Zwang der harten
Riemen:

cr cs
[Seite 207]

Kein Glied ist nicht an jhm das nicht gelidten hat/
Die Zunge schließ ich aus mit der er für vns bat.
ct Hier vnser Creutz ist schlecht/ vnd wegen Sünd’ vnd
Schanden;

506 Der nichts verschuldet hat/ hat mehr noch außgestanden/
Mehr Qual vnd Pein gehabt als jemand leiden kan/
Vnd seinen Mund doch nicht dargegen auffgethan.
Er muß der Spiegel seyn in den wir schawen sollen/
510 Wo daß wir nach der Zeit auch mit jhm herrschen wollen.
Wer Christus Ebenbild zu werden nicht begehrt/
Wer jhm nicht folgen wil ist seiner auch nicht werth.
Der Kirchen Eigenschafft ist dulden hier auff Erden;
Ihr Acker muß durch Blut der Frommen feiste werden:
515 Ihr allererster Grund ist Morden/ Blut vnd Pein/
Ihr Fortgang der ist Blut/ Blut wird jhr Ende seyn.
Vnd letzlich müssen wir durch dieses Mittel schawen
Daß GOtt sey vnser Schild/ daß unser Zuvertrawen
Allein auff jhm beruht/ daß er die seinen liebt/
520 Daß er bey jhnen ist/ vnd trewe Hülffe giebt.
Ach! lasse niemand doch so schändlich sich betriegen
Er wolle für gewiß durch Menschen-Beystand siegen.
Wann alles lustig steht/ sind Freunde mannigfalt;
Kömpt nur ein kleiner Wind so wird die Liebe kalt.
525 Da fällt viel Kummer für/ da hat man sehr zu fragen
Wie dieses vnd wie das sich habe zugetragen;
Da geht es langsam her eh’ als man retten wil.
Wie jener arme Tropff/ der in den Brunnen fiel/
Solt’ erst/ wie sich es doch verlauffen/ Antwort geben/
535 Vnd stund biß an den Hals/ trug Sorge für sein Leben:
Ach mein Freund/ rieff er/ schawt vnd springt mir
jetzund bey/

Hernach fragt wie der Fall doch zugegangen sey.
Hilfft aber jemand ja/ so ist doch sein Vermögen
Viel minder noch als nichts/ wann GOtt nicht ist zugegen/
cu Vnd jhm den Rücken helt: Der Mensch ist nur ein Raub
536 Der nimmer-stillen Zeit/ ist Asche/ Koth vnd Staub;
cv
[Seite 208]

Sein wehren bawt doch nichts; die Krafft der Menschen
Hände/

Vnd auch der Mensch mit jhr/ läufft stündlich zu dem Ende
Das allen ist bestimmt. Drumb setzt vns GOtt so zu/
540 Auff daß man sehen sol/ daß er vns Vorschub thu/
Wo Menschen-Rettung fehlt/ vnd alle von vns lauffen;
Daß er allein vns schützt/ steht für den kleinen Hauffen/
Fengt Spieß vnd Degen auff; daß kein Feind weiter
kömpt

Als wo er jhm sein Maß vnd letztes Ziehl bestimmt.
545 Wir tichten Tag vnd Nacht/ wir jagen/ lauffen/ traben/
Wir brauchen grossen Fleiß/ mit schantzen/ bawen/
graben/

Wir nehmen hier vnd da die besten Vortheil ein/
Jetzt dünckt vns dieser Ort/ jetzt jener besser seyn.
Da ligt das Dorff nicht gut/ da steht der Wald im wege/
550 Aus Sorge daß der Feind sich nicht darhinter lege:
Man krieget diß vnd das wol durch Verrätherey;
Wer fragt ob Krieges-Kunst List oder Tugend sey?
O arme Creatur mit deinem viel Erfahren/
Mit deiner Embsigkeit! Der Fürst der Himmelsscharen/
555 Der Wagen Israels sitzt vber vns vnd lacht/
Siht auff den Erdenkreiß; Ihn jammert deiner Macht
Vnd viel zu schwachen Krafft. Nach allem Thun vnd Rennen/
Auff so viel Schweiß vnd Blut/ da muß man doch erkennen/
Daß aller Menschen Witz/ daß alle Macht der Welt
560 Nichts sey als Kinderwerck; daß er den Platz behelt.
Laß kommen Pharaon mit seinen Reutereyen/
Laß alle Teuffel aus/ laß Pfeil vnd Kugeln schneyen;
Wann Raht vnd That erligt/ wann alles ist gethan/
Kömpt GOtt doch in das Spiel/ vnd nimbt sich vnser an.
cw Er nimbt sich vnsrer an/ Er wird sein Volck erhören/
566 Wird schlagen die so vns/ vnd jhn in vns/ versehren/
Wird darthun/ daß doch der so vns jetzt thut Verdruß/
Hier zeitlich/ vnd hernach dort ewig büssen muß.

Ende des ersten Buches.

cx cy
[Seite 209]

cz

Trost-Getichte
in
Widerwertigkeit des
Krieges.
Das Andere Buch.

[Seite 210]

da

Inhalt.

HIer hebet der Poet an zu erzehlen/ wie jhm ein Mensch in dieser
langwierigen Verfolgung des Vaterlandes die Trawrigkeit aus dem
Gemüthe solle schlagen; Vnd saget Erstlich von der Göttlichen Ver-
sehung: Es müsse so seyn/ vnd were nur das beste/ Gehorsamb lei-
sten/ vnd bedencken/ Wer der vber vns sey; Nemlich das jenige
vnd höchste Gut/ von welchem alle Dinge zu gutem Ende gerichtet
werden. Hernach leitet er vns von der Eitelkeit dieser Welt auff den
Weg der Tugend/ vnd lehret wie ein weiser Mann in aller Anfech- tung vnd Gefahr sicher vnd vnbewegt stehen könne.

db dc
dd BIßher nun sey der Krieg/ vnd auch vmb wessen wegen
Er vnser Land betrifft: jetzt/ hilfft mir Gottes Segen/
So wil ich weiter gehn auff dieser newen Bahn/
Vnd zeigen wie man sich hinwieder trösten kan.
5 Die schöne Poesie/ als die von oben kommen/
Vnd aus dem Himmel selbst jhr erstes Quell genommen/
Hat allzeit mir behagt: Ich trage freylich Gunst
Von meiner Kindheit an zu dieser edlen Kunst:
Doch gleichwol kan vnd wil ich nimmermehr verneinen/
10 Es sey nicht gar vmbsonst was viel Gelehrte meynen;
Sie wird von manchem nicht zum besten angelegt/
Der als ein schädlichs Gifft vnd Pest sie bey sich trägt.
Poeten sollen mir Bericht von Weißheit geben/
Vnd sagen wie ich doch in diesem armen Leben
15 Die bösen Lüsten fliehn/ das Creutze tragen sol/
So sind sie Eitelkeit vnd falscher Meinung voll:
Hier sitzt der grosse Fürst Achilles der Vertrawten
In jhrer zarten Schoß/ spielt eines auff der Lauten/
Leßt Troja Troja seyn/ helt diese Schlacht für gut
20 Die ohne Todes-Angst den Feinden Abbruch thut.
Da fasset Jupiter sein Weib bey jhren Füssen
Vnd henckt sie in die Lufft/ des Zornes Lust zu büssen.
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[Seite 211]

Da steht der weise Mann Vlysses/ seufftzt vnd klagt/
Er werde gar zu weit vom Vater weggejagt/
25 Vnd wolte gerne heimb: Da ligt der Kern der Helden
Ihr starcker Hercules/ vnd fluchet/ wie sie melden/
Auff seiner Frawen List/ vnd das vergiffte Kleid
Durch das er sterben muß/ weynt/ seufftzet/ heult
vnd schreyt.

dg O weg mit solcher Kunst/ weg/ weg mit solchen Sachen/
30 So die Gemüther nur verzagt vnd weibisch machen/
Die leichtlich wie man wil durch der Getichte Schein
Vnd eusserlichen Glantz zu vberreden seyn.
Ich lasse dieses mal die Zuckerworte bleiben/
Wil auff mein Deutsches hier von Deutscher Tugend
schreiben/

35 Von Mannheit welche steht; wil machen offenbar
Wie keiner vnter vns in Nöthen vnd Gefahr
Die jetzt für Augen schwebt/ so gäntzlich sey verlassen/
Daß er nicht wiederumb ein Hertze solle fassen.
Es ist noch Trost genung auff dieser weiten Welt/
40 Durch welchen sich ein Mann vnd Christ zu frieden
stellt.

Laßt uns zuföderst doch erkennen vnd bedencken/
Wie diß darumb wir vns so grämen/ martern/ kräncken/
Nicht anders gehen muß; daß GOttes weiser Raht/
Der nicht zurücke weicht/ es so geordnet hat.
45 Der GOtt von Ewigkeit sitzt auff des Himmels Vesten/
Streckt seine starcke Hand von Osten biß in Westen;
Von seiner Weißheit Macht/ die nimmer vnrecht wil/
Hat diese gantze Welt jhr Wesen/ Lauff vnd Ziel.
Diß müssen wir gestehn: Kein Volck ist so verblendet/
50 Kein Landt so gar von Zucht vnd Erbarkeit gewendet/
So wild’ vnd ungezähmt/ daß nicht erkennen kan
Es sey was vber vns dem alles vnterthan.
Sie müssen der Natur sich ja gefangen geben/
Wo daß sie Vnterricht vnd Lehren widerstreben.
dh di dj
[Seite 212]

60 Wohin sie jmmer sehn/ hoch/ niedrig/ nah’ vnd weit
Da ist ein Vberweiß vnd Bild der Göttligkeit.
Schawt jemand vber sich/ da geht der Sonnen Wagen/
Kömpt weiter nicht herab den Monden zu verjagen
dk Von seiner kalten Bahn; Hier steht der weisse Bäer/
60 Helt seinen Platz vor sich/ fällt nimmer in das Meer.
Der schöne Lucifer verkündigt vns den Morgen/
Vnd Hesperus zeigt an/ die Linderung der Sorgen
Die Nacht sey bey der Hand/ die andern Sternen auch/
Die Augen in der Lufft/ behalten den Gebrauch
65 Nach dem sie biß jetzund von Anfang her gelauffen/
Gehn allzeit jhren Weg/ vnd kommen nicht zu Hauffen/
Vnd werden nicht vermengt: Ihr Sitz wird nie verwandt/
Man spürt an jhnen nichts/ als Ordnung vnd Bestand.
Nun wann wir weiter auch bey vns betrachten werden
70 Der Elementen Art: Lufft/ Fewer/ Wasser/ Erden/
Wie Naß vnd Trucken sich/ wie Kalt vnd Warm
begehn/

Da wird man der Natur Verbündnis wol verstehn.
Auff daß wir aus der Lufft nun auch herunter steigen/
Wer kan den schönen Lauff der Dinge doch verschweigen?
75 Was aus der Erden wächst lebt durch der Wurtzel
Safft/

Ein jedes hat sein Thun/ ein jedes seine Krafft.
Schaw auch den Thieren zu/ wie allesampt sich paaren/
Wie alle sind bedeckt mit Schuppen/ Federn/ Haaren:
Diß hat ein starckes Horn/ diß einen scharffen Zahn/
80 Diß Klawen; jedes was mit dem es fechten kan.
Diß kreucht/ diß fleucht/ diß schwimmt/ diß geht auff
seinen Füssen;

Ein jedes kan der Speis’ als wie es sol geniessen.
Wer dieses ohngefehr so zuzugehen spricht/
Der lebet ohngefehr/ hat seine Sinnen nicht.
85 Wann daß wir aber dann auch auff vns selber kommen/
Da können wir nicht fort/ da müssen wir verstummen:
Des Menschen schöner Leib/ sein himmlischer Verstand
Der zeigt auff GOttes Macht wie gleichsam mit der Hand.
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[Seite 213]

do Diß ist das grosse Buch der armen blinden Heyden;
90 Wir Christen haben mehr: Wir können vns bescheiden
Von Adams Zeiten her: Wir wissen aus der Schrifft
Was GOtt/ so viel ein Mensch zwar wissen sol/
betrifft.

Was wollen wir dann nun vns wider jhn erheben/
Vnd seiner weisen Macht Befehl vnd Ordnung geben?
95 Was kümmern wir vns dann? Was klagen wir dann
viel/

Weil GOtt das höchste Gut es also haben wil?
Was heisset trotzig seyn/ vnd mit dem Himmel streiten/
Wie Mimas vnd sein Volck gethan vor alten Zeiten/
Wann dieses nicht so heißt? Es hilfft doch kein Verdruß;
100 >Am besten gerne thun: Dann wer nicht wil der muß.
GOtt wil/ sich außgesetzt/ nichts lassen jmmer wären:
Es sol ein Wechsel seyn/ es sol sich alles kehren:
Was war/ was ist/ was wird hat seinen rechten Lauff.
Wann eines niederfällt so geht ein anders auff.
105 Wie Fäuligkeit das Holtz/ Rost Eisen pflegt zu fressen/
So ist sein Zweck/ Maß/ Tag vnd Stunde zugemessen
Dem alles was hier ist: Ein jedes Ort vnd Land/
Ein jedes Königreich hat seinen Stillestand.
Die Vrsach ist zwar auch in eusserlichen Wercken:
110 Wann Vntrew wird erregt/ wann sich die Laster stercken/
Wann weiser Raht gebricht/ wann frembdes Volck
einschleicht/

Wann Obrigkeit von Art der alten Rechte weicht/
Vnd was noch weiter ist: Doch eigentlich zu schreiben/
Der erste Quell ist GOtt; der thut diß alles treiben/
115 Der stellet alles an/ der hat ein jedes Haar
Der Menschen abgezehlt/ geschweige Zeit vnd Jahr.
Er dancket Fürsten ab/ setzt ander’ an die stelle/
Da hilfft nun nichts dafür/ wie sehr man widerbelle/
dp Wie seltzam man auch thu/ wie offt man sage Nein:
120 Es ist der alte Lauff/ vnd wird auch noch so seyn.
dq dr ds dt du
[Seite 214]

Des Himmels schöner Baw muß wie ein Kleid veralten/
Kan seine Zierligkeit nicht jmmerzu behalten;
Das Firmament gibt nach/ vnd vnsrer Erden Kreiß
Nimbt ab je mehr vnd mehr/ wird wie ein alter Greiß.
125 Hoch/ niedrig/ klein vnd groß wird alles fortgerissen/
Kein Regiment/ kein Stand vermag sich außzuschliessen/
Wie prächtig er auch ist/ wie hefftig er sich wehrt.
Die Städte fallen vmb/ kein Stein bleibt vnversehrt.
Wo ist der Perser Krafft? Wo ist die Macht der Griechen?
130 Wo ist doch jhr Athen/ wo Sparta hin gewichen?
Wo manches edles Reich vnd altes Regiment?
Ach GOtt! sie werden kaum in Büchern noch genennt.
Wo sind die Wunderwerck’ in solcher Pracht gebawet
Daß einem welcher sie betrachtet gleichsam grawet?
135 Stehn alle Pfeiler noch? Wo ist die schöne Grufft
So Artemisia erhöhet in die Lufft?
Hat der Dianen Kirch’ auch ewig mögen tawren?
Wo ist doch Babylon mit jhren dicken Mawren?
Wo ist das grosse Bild der Sonnen zu Rhodis
140 Daß seinen Daumen auch gar kaum vmbklafftern ließ?
Wo ist der Jupiter den Phidias gegossen?
Hat Cyrus noch sein Haus? Sie sind wie Schnee verflossen/
Auff den zu Frühlingszeit die heisse Sonne fällt.
Sie wusten nicht wohin/ sie brachten Gold vnd Geld
145 Tieff aus der Erden her/ vnd schmierten es mit menge
Auch wiederumb darauff: Diß Wesen war zu enge/
Sie hinderten der Lufft fast jhren Tages-Schein/
Der Himmel schiene selbst für sie zu niedrig seyn.
dv Jetzt ist die hohe Pracht/ so die Natur verworren/
150 Vnd jhre Zier beschämt/ der Erden gleich geschorren.
dw dx dy dz ea eb ec
[Seite 215]

Wo dieser Hoffart vor kein Mensch noch Thier genaß/
Da weydet man nun Vieh/ da wächset Laub und Graß.
Wo ist das schöne Rom/ dem nichts auff Erden gleiche/
Nichts nähst gefunden ward/ die Göttinn aller Reiche/
155 Der Außzug der Natur/ das Haupt der gantzen Welt?
Ihr Aaß ist noch zu sehn/ sie selber ist gefällt.
Wo ist jhr grosser Stoltz/ wo sind die Wassergänge/
Wo sind die Gassen doch so vnerhörter Länge/
Das Capitolium/ die Tempel allzumal/
160 Vier hundert/ wie man sagt/ vnd mehr noch an der
Zahl?

Wo Fabius vorhin/ wo Scipio gegangen/
Wo Julius den Raub der Völcker auffgehangen/
Wo Cicero der Faust mit Worten widerstrebt/
Wo Maro/ wo sein Fürst Octavius gelebt/
165 Wo mancher thewrer Held/ wo so viel hohe Seelen
Erzogen vnd geborn/ da sind jetzt alte Hölen/
Da ist jetzt Mord vnd Raub. Ihr Königlicher Raht/
Vnd sie darzu ist hin die vberreiche Stadt;
Ihr Wesen hat mit jhr nur müssen gantz verschwinden/
170 Die Laster nehm’ ich aus/ die sind noch da zu finden
So viel man jhrer wil; Dann auch die alte Schaar
Wird noch auff diesen Tag vermehret Jahr auff Jahr.
Nichts ist so vberhoch da nicht das Glück hin reiche
Mit seiner langen Hand; Das Schwerdt macht offters gleiche
175 Die schon nicht gleiche sind: Das gantze Vaterland
Steht mehrmals besser nicht als in gewehrter Hand.
Der Krieg ist GOttes Zeug/ mit welchem er zertrete
Was nicht mehr stehen sol; die allerbesten Städte
ed Sind wie ein grosser Baum der wächset lange Zeit/
180 Vnd wird auff einen Tag hernachmals abgemeyt.
So muste Tyrus auch gantz eingeäschert werden/
So ward Jerusalem geleget auff die Erden/
ee ef eg eh ei
[Seite 216]

Die GOtt sonst liebe Stadt/ sein außerwehltes Haus
So ist kein Platz so gut er hat noch endlich aus.
185 Was wollen wir vns dann von dessentwegen grämen
So andern widerfährt/ vnd der Natur vns schämen?
Die Welt kann nicht bestehn/ die Länder nicht in jhr/
In Ländern keine Stadt/ in keinen Städten wir.
Das Feld wird durch das Jahr begabt mit reichem Segen/
190 Auch wiederumb verdeckt durch Kälte/ Frost vnd Regen:
Der Himmel giebet vns des schönen Tages Pracht/
Er bringt hergegen auch die schwartze trübe Nacht.
Zu Zeiten ligt die See gantz stille/ glatt vnd eben/
Zu Zeiten pflegt sie sich mit Wellen zu erheben/
195 Zu stürmen in die Lufft: Wie dann begehren wir
Daß vns das gute Glück ersehe für vnd für?
Diß ist sein altes Thun; Es steht auff einem Rade:
Was newlich oben war/ erfüllt mit Gunst vnd Gnade,
Das ist jetzt vnten an/ vnd was vor vnten war/
200 Das steht jetzt oben auff/ ist ausser der Gefahr.
Vermeynest du/ du seyst nicht glückhafft dieser Stunden/
Weil das was glücklich war ist allbereit verschwunden/
So meyne gleichfalls nicht du seyst jetzund in Pein/
Weil das was schmertzlich ist auch muß fürüber seyn.
205 Des Winters Sonnen-Glantz/ des Mondens stillestehen/
Des Sommers kühler Wind pflegt eilends zu vergehen/
Viel eher noch das Glück/ als wie ein Weibesbild/
Die jhres Fleisches Lust bald hier vnd da bald stillt/
ej Begehrt den der sie haßt/ vnd haßt der sie begehret/
210 Liebt keinen jmmerfort; So wird es auch verkehret/
Schlägt augenblicklich umb. Es ist der Lauff der Welt/
Diß fällt vnd jenes steigt/ diß steigt vnd jenes fällt.
Die auff dem Schiffe sind/ sie schlaffen oder wachen/
Sie gehen oder stehn/ sie machen was sie machen/
215 Führt doch der Wind sie fort: Wer hier zu Schiffe geht
Muß folgen der Natur die nimmer stille steht.
Viel besser ist es ja sich beugen als zerbrechen;
Es heisset närrisch thun an GOtt sich wollen rechen.
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[Seite 217]

Ist auch ein kluger Mensch der nicht der Psiller lacht/
220 Die/ wie man lesen kan/ sich an den Sudt gemacht/
Dieweil er vmb jhr Land vnd Gegner/ härter bliesse
Als jhnen gut vnd lieb; Sie nehmen Schild vnd Spiesse/
Vnd auff das Vfer zu; Da kömpt ein Sturm daher/
Bedeckt das tolle Volck durch Sand vnd wüstes Meer.
225 Was ist des Menschen Macht vnd seine grosse Thaten?
Ein Stäublin: was sein Liecht? Ein Traum von einem
Schatten.

Sein Geist? ein blosser Rauch: Sein Leben? Müh vnd
Leidt:

Er selbst des Glückes Spiel/ ein Raub der schnellen
Zeit/

Des Wanckelmuthes Bild: Das andre Schleim vnd Galle/
230 Geboren daß er hier in Vngewißheit walle/
In Zwang vnd Kummer sey. Das Thier/ das edle Thier/
Das alle Thiere zwingt/ der Erden Lob vnd Zier/
Kömpt bloß vnd arm hieher: Sein erstes Thun ist Zagen/
Ist grosse Dürfftigkeit/ ist Weynen/ Noth vnd Klagen.
235 Die andern Thiere zwar kennt jedes seine Krafft/
Vnd weis auch von Natur von seiner Eigenschafft;
Der Mensch allein jhr Haupt vnd Herr so vieler Sachen
Muß alles was er thut von andern lernen machen/
en Vnd daß er jßt vnd trinckt/ redt/ sitzt/ steht/ geht
vnd ligt

240 Kömpt nur durch Vnterricht; schläfft auch nicht
vngewiegt;

Kan nichts nicht von sich selbst/ das Weynen
außgenommen;

Wird/ alsobald er nur aus Mutterleibe kommen/
Gefangen vnd gepreßt/ geknüpfft an Hand vnd Fuß:
Sein Anfang der ist Qual/ vnd Qual ist sein Beschluß.
245 Wie thöricht handeln denn die jhnen lassen grawen
Für dem was menschlich ist/ die nicht zurücke schawen
Was sie doch selber sind/ vnd leben Furchte voll
Für dem was keiner nicht vermeiden kan noch sol.
eo ep eq er
[Seite 218]

Wer seine Zuversicht dem Wesen hat ergeben
250 Das nur den Leib betrifft/ der kan nicht ruhig leben/
Der muß in ängsten stehn. Kein Glück ist also frey
In dem nicht etwas noch von Angst vnd Kummer sey:
Man findet allzeit was das man nicht haben wolte/
Vnd allzeit mangelt was das nicht gebrechen solte.
255 Was ist das schnöde Geld? Was bringt es vor Gewinn?
Raubts nicht wer stärcker ist dem Schwachen allzeit
hin?

Vermag es mir den Durst vnd Hunger auch zu stillen?
Vermag es mich vor Frost vnd Kälte zu verhüllen?
Ja/ sagstu/ gib nur Geld so wird auch wol gethan
260 Daß Hunger/ Durst vnd Frost vertrieben werden kan.
Wol gut/ ich kan so Rath für meine Nothdurfft finden;
Sie aber selbst vermag ich nicht zu vberwinden;
Sie fordert allzeit was/ jhr Glück ist nimmer gar/
Ihr Geitz hört nimmer auff/ jetzt mangelt hier/ jetzt
dar.

265 Gib einem so viel Land als hundert Ochsen pflügen/
So viel ein Habicht jhm getrawt zu vberfliegen
Auff einen Sommertag: Gib einem so viel Geld
Als Spanien bißher bringt aus der newen Welt;
es Doch wirst du jhm die Lust zu mehren nicht erwehren;
270 Je mehr er haben wird/ je mehr er wird begehren.
Ist schon das Armut weg so bleibt doch die Begier.
Bin sonst ich auch betrübt kein Reichthumb hilfft dafür.
Laß einen krancken Mann in Seid’ vnd Sammet ligen/
Heng’ allen Schmuck vmb jhn daß sich die Stollen biegen/
275 Er bleibt doch siech vnd schwach: So einen krancken
Muth/

Ein Hertze voller Pein/ macht Gold vnd Geld nicht gut.
So ist es gleichfals auch beschaffen mit den Ehren:
Kan auch ein hohes Ampt mir meine Tugend mehren?
Wird meiner Laster Zahl durch Würden zugedeckt?
280 Macht Hoheit einen fromm? Wird Cato auch erschreckt
et eu ev ew
[Seite 219]

Vmb daß Vatinius/ der Abschaum aller Thoren/
Ins Bürgermeister-Ampt für jhm wird außerkohren/
Vnd sitzet oben an? Der Glantz der Herrligkeit
Ist nur ein blosser Glantz vnd ein Betrug der Zeit:
285 Er wird viel leichter noch gefunden als behalten
Wann er gefunden ist; Die Gunst kan bald erkalten
Von der er hergerührt. Wer darauff Hoffnung setzt/
Vergleicht sich dem der Glaß für gantz beständig schätzt.
Nun grosser Herren Macht/ wie bald wird die verkürtzet?
290 Sie werden offtermals gantz plötzlich abgestürtzet
Von jhrer Majestät: Wie hoch jhr Sitz auch sey
So ist er dennoch nicht von Angst vnd Sorgen frey.
Wie nichtig ist doch auch den Adels-Namen führen?
Ist dieses nicht sich nur mit frembden Federn zieren?
295 Wann Adel einig heist von Eltern Edel seyn/
So putzet mich heraus ein angeerbter Schein/
Vnd ich bin der ich bin. Kan gleich von vielen Zeiten
Dein Stamm bewiesen seyn/ vnd dir zu beyden Seiten
ex Kein Wapen an der Zahl/ kein offen Helm gebricht/
300 Du aber bist ein Stock/ so hilfft die Ankunfft nicht.
Was sol ich ferner nun auch von der Wollust sagen?
Ist nicht jhr Anbeginn voll Furchte/ Leid vnd Zagen/
Ihr Ende voller Rew? Was kömpt nicht vor Beschwer
Vor Siechheit/ Qual vnd Pein von jhrer Vbung her?
305 Bringt sie auch grosse Lust/ wie wir zu meynen pflegen/
So sind die Thiere weit den Menschen vberlegen/
Die bloß auff Geiligkeit vnd Leibeswartung gehn/
Vnd allesampt sich sonst auff anders nichts verstehn.
So ist ja also klar daß nichts von diesen Dingen
310 Mir rechte Sicherheit vnd Ruh vermag zu bringen:
Sie haben nicht Bestand/ sind vber vnser Recht/
Vnd welcher sie beherrscht der ist des Glückes Knecht.
ey ez fa fb
[Seite 220]

Kein Kluger liebt ein Mensch von jhrer Kleidung wegen/
Die sonsten grewlich ist: Wilt du zur Wage legen
315 Des Wesens Nichtigkeit darumb man hier so kriegt/
So wirstu sehn daß nichts als Koth darhinter ligt.
Diß was wir vnser Gut mit seinem Namen nennen
Ist kein Gut eigentlich/ wie sehr wir nach jhm rennen/
Wie sehr wir nach jhm thun. Wer sein am meisten hat/
320 Der hat am meisten auch zu sorgen früh vnd spat.
Je mehr man Holtz legt zu/ je mehr die Glut sich breitet;
Je mehr das Glücke sich mit seinen Gaben spreitet/
Je mehr wird nachmals dann durch Vnglück
vmbgekehrt:

Wo viel verhanden ist/ da wird auch viel verzehrt.
325 Wil aber jemand Gut das jmmer wäret finden/
Das weder durch Gewalt noch Waffen sol verschwinden/
Der binde nur sein Schiff der Tugend Ancker an/
Die nicht zu boden sinckt/ die nicht vergehen kan.
fc Sie thut es nur allein/ sie/ sie die schöne Tugend/
330 Des Alters Auffenthalt/ die Nährerin der Jugend/
Der Reichen bester Schatz/ des Adels Zier vnd Pracht/
Ja die das Armut reich/ den Pöfel edel macht.
Laß kommen wer da wil/ laß schnarchen/ brausen/ toben/
Laß wüten alle Welt/ sie schwimmet allzeit oben/
335 Sie wird nicht vnterdruckt: Kein Feind ist so versucht
Der nicht durch jhre Krafft gebracht wird in die
Flucht.

Führt newe Felsen auff/ macht Meilen-dicke Wälle/
Vmbringt euch mit der See/ grabt ein biß in die Hölle;
Kein Bollwerck ist so gut/ kein Thurm so hoch gebawt/
340 Kein Graben so geführt/ für dem der Tugend grawt.
Laß einen Edelstein mit Kot vnd Mist vmbschmieren/
Er wird doch seinen Glantz vnd Kräfften nicht verlieren:
Stoß einen edlen Sinn in Kummer vnd Gefahr/
Thu mit jhm was du wilt/ er bleibt doch wie er war.
345 Treib einen weisen Mann von allen seinen Sachen/
Heiß jhn ins Elend ziehn/ er wird dich nur verlachen.
fd fe ff fg
[Seite 221]

Schleuß Ketten vmb jhn her/ verbirg jhn in ein Schloß
Da niemand zu jhm kan/ sein Geist geht allzeit loß.
Ein Fels in tieffer See/ ob schon die starcken Wellen
350 Mit Stürmen vnd Geräusch’ jhm sich entgegen stellen/
Helt vnbeweget aus/ wie sehr das Wasser springt/
Wie sehr die scharffe Lufft von Norden pfeifft vnd
klingt:

So wird ein hoher Muth auch nimmermehr gezwungen/
Durch keine Dürfftigkeit/ durch keine Noth verdrungen:
355 Solt’ alles was hier ist zu grund’ vnd boden gehn/
So bleibt er jmmerzu auff freyem Fusse stehn.
Kein Harnisch/ kein Gewehr/ kein Spieß/ kein scharffer
Degen

Kann einen Weiber-Sinn zur Tapfferkeit bewegen:
fh Vergeuß jhn gantz in Stahl/ so wird er doch gejagt:
360 Ein freyer Sinn ist bloß vnd nackend vnverzagt.
Ein grosser starcker Wurm reißt an der Spinnen Weben
Baum/ Garn vnd Stangen durch/ die Fliege muß nur
kleben/

Bezahlet mit der Haut. Stöst Vnglück an die Thür/
So bleibt ein feiges Hertz: Ein Mann steht für vnd für.
365 Die Freyheit wil gedruckt/ gepreßt/ bestritten werden/
Wil werden auffgeweckt; (wie auch die Schoß der Erden
Nicht vngepflüget trägt:) sie fodert Widerstand/
Ihr Schutz/ jhr Leben ist der Degen in der Hand.
Sie trinckt nicht Mutter-Milch; Blut/ Blut muß sie ernehren;
370 Nicht Heulen/ nicht Geschrey/ nicht weiche Kinder-Zähren:
Die Faust gehört darzu: GOtt steht demselben bey
Der erstlich jhn ersucht/ vnd wehrt sich dann auch frey.
Ist Friede durch das Land/ ist niemand zu bestehen/
So streicht man müssig hin/ aus vielem Müssiggehen
375 Kömpt sicher Leben her/ vnd endlich mit der Zeit/
Auff gar zu sicher seyn/ erfolget Dienstbarkeit.
Die Tugend liget nicht in einem zarten Bette:
Das harte Feld-Geschrey/ die Paucken/ die Trompette/
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[Seite 222]

Des Feindes Angesicht/ der Grimm/ das rote Blut/
380 Diß ist jhr rechter Sporn/ von dannen nimbt sie Muth.
Wann diese Wächter vns sind aus den Augen kommen/
Da wird vns auch der Sinn zur Munterkeit genommen:
Wird einmal dann das Hertz vmbringet von der Nacht/
Gewiß es ist so bald nicht wieder auffgewacht.
385 Nun unser weiser Mann gewohnet nicht zu wancken/
Gewohnet durch zu gehn mit fewrigen Gedancken/
Zu stehn als eine Wand/ der wird von nichts versehrt/
Sein Reichthumb blühet stets/ bleibt gantz vnd
vnzerstört.

fo Er leßt den Feind das Geld vnd sonsten zeitlichs Wesen
390 Gleich wie Caligula die Muscheln/ zu sich lesen/
Das beste bleibet jhm: Er weis wol/ Gold vnd Geld
Sey nichts als thewrer Koth/ vnd Tockenspiel der Welt.
Er stehet hoch empor/ weit von des Pöfels Hauffen/
Siht diesen hier/ den da/ vnd jenen sonsten lauffen/
395 Verlacht die Eitelkeit/ verhöhnet Schmach vnd Spott/
Schawt seinem Glücke zu/ erschrickt vor keiner Noth.
Er weis daß im Gemüth’/ in Sinnen vnd Verstande
Der rechte Mensch besteh’/ vnd daß nur einem Bande
Der Leib zu gleichen sey das vns zusammen helt
400 Biß anser Stündlein kömpt/ vnd reißt vns von der Welt.
Vnd darumb schätzt er auch des armen Leibes Güter
Vor keine Güter nicht; Was angeht die Gemüther/
Was den Verstand betrifft/ das heisset er allein
Nach seinem rechten Werth gut oder böse seyn.
405 Drumb leßt er williglich des Glückes Sachen fliehen/
Wann der sie wiederholt der jhm sie nur geliehen/
Der gantz gerechte GOtt/ der wie es jhm beliebt
Dem etwas/ jenem nichts/ dem viel/ dem wenig giebt.
Drumb saget er auch nicht daß Krieg/ Verfolgung/ Leiden/
410 Flucht/ Kranckheit/ Geldverlust/ vnd was man nicht kan
meiden

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[Seite 223]

Zum höchsten böse sey: Er weis woher es kömpt/
Vnd daß es muß so gehn nachdem es ist bestimmt.
So tritt er frölich hin/ begehrt nicht abzuweisen
Was auff jhn dringen wil/ bringt wider Stahl vnd Eisen
415 Den Muth der Eisern ist/ lernt warten auff sein Ziel/
Nicht wündschen daß es jhm gelinge wie er wil.
Seht was Vlysses thut/ sein Schiff wird durch die Winde
Vnd Wellen angerant/ gestossen auff die Gründe/
fu Geführet in die Lufft/ geworffen hin vnd her;
420 Es legt sich wider jhn der Himmel vnd das Meer.
Was richten sie doch aus? Die andern frembden Waaren/
Gefehrten/ Ruder/ Raub/ Gold/ Silber/ leßt er fahren/
Zeucht auch die Kleider aus/ vnd wirfft sie willig hin;
Diß was sein eigen ist kan niemand jhm entziehn.
425 Wie wol die Stimme klingt der listigen Sirenen/
Vermag sie doch für jhm so lieblich nicht zu thönen/
Er segelt noch darvon: Was Circe thut vnd macht/
So wird er dennoch nicht aus seiner Art gebracht.
Der Cyclops wil jhm zu/ der grosse Menschenfresser/
430 Die Zähne wässern jhm; Vlysses weis es besser:
Wo sonst kein Waffen hilfft/ da zwingt er durch den Wein/
Vnd stößt der Bestien das Stirnen-Fenster ein.
Sein vnverzagter Geist/ sein Geist erzeugt zu Kriegen/
Zu Ehren angewehnt/ der kan nichts als nur siegen/
435 Als jmmer oben seyn: Er schöpfft kein Wasser nicht/
Er bleibet wer er ist wann Mast vnd Boden bricht.
Du kanst/ Fortune/ ja den werthen Helden zwingen
Hin in die tieffe See biß an den Hals zu springen;
Du kanst ja wieder jhn vermischen Lufft vnd Fluth/
440 Kanst fodern/ wilstu so/ sein Leben/ Gut vnd Blut.
Daß aber er für dir die Knie auch solle beugen/
Viel weynen/ kläglich thun/ sich wie ein Weib erzeigen/
Sein Leben/ seine Zeit verdammen für vnd für/
Sein Hertze lassen gehn/ das stehet nicht bey dir.
445 Er weis wol/ daß das Meer auff das er sich gewaget/
Der strenge kalte Nord/ durch den er wird gejaget/
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[Seite 224]

Die Klippen vnd der Sturm in GOttes Handen stehn/
Drumb lest er jhm auch es nach GOttes Willen gehn.
fz O! sagt er/ schwimme fort/ was nicht wil bey mir halten;
450 Mein Hertze/ mein Bestand sol doch mit mir veralten:
Mein vnerschöpffter Muth/ mein guter trewer Raht/
Der nicht ein kleines Theil gethan vor Troja hat/
Der bleibt so lang’ als ich: Laß alles von mir lauffen
Bunt vber Ecke gehn/ Freund/ Gut/ Knecht/ Schiff
ersauffen:

455 Es muß seyn außgelegt/ diß ist der Reyse Zoll;
Vmb mich vnd meinen Sinn steht alles recht vnd wol.
Das Vnglück hat mir ja von aussen was genommen/
Zum Hertzen aber ist es mir so wenig kommen/
So wenig als das Meer/ das leichter diese Welt/
460 Als mein Gemüthe mir wird haben vmbgefällt.
So bricht der grosse Mann/ der Held zur Pracht geboren/
Zur Tugend rechter Pracht/ vom Himmel außerkohren/
So bricht er endlich durch/ behelt die Oberhand/
Siht was vns allen lieb sein liebes Vaterland.
465 So thut ein Kecker seyn; Er kan nicht vnten ligen/
Er hat sich nicht gewehnt zu schmügen vnd zu biegen/
Er leßt gar willig gehn was jhm nicht zugehört/
Vnd was sein eigen ist das bleibet vnversehrt.
Des Donners harte Krafft/ wie die Gelehrten sagen/
470 Pflegt in den Lorberbaum gar nimmer einzuschlagen:
So ist auch für der Macht des Glückes jeder Zeit
Der Tugend grünes Laub versichert vnd befreyt.
Sie leßt sich sonderlich im Creutz vnd Vnglück sehen:
Wann alles knackt vnd bricht/ wann alle Winde wehen/
475 Wann Sturm vnd Wetter kömpt/ da tritt sie dann
herein/

Macht daß ein jeder schawt auff sie vnd jhren Schein.
Die Sternen pflegen sich bey Tage nicht zu rühren/
Bey Nachte siht man sie den gantzen Himmel zieren:
ga So ist die Tugend auch wann sie zu schaffen kriegt/
480 Die sonst zu guter Zeit wie gleich vergraben ligt.
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[Seite 225]

Sie helt des Glückes Zorn für lauter Schimpff vnd Schertzen/
Sie wird durch keine Qual/ durch keine Leibes-Schmertzen
Aus jhrer Burg verjagt: Sie gibt sich nimmer bloß/
Kein Streit noch Widerpart ist jhrer Macht zu groß.
485 Wie solte sie auch nicht Gedult in Leiden haben?
Wir wissen ja gar wol von den Spartaner-Knaben
Wie sehr man jhnen hat mit Schlägen zugesetzt/
Noch gleichwol haben sie kein Auge nicht genetzt.
Die Frawen pflegten auch in Indien vorzeiten/
490 Nachdem jhr Mann verschied/ selbst vnter sich zu streiten/
Die vor die Liebste dann von allen ward erkandt/
Sprang zu jhm in die Glut/ vnd ward mit jhm verbrandt.
Wie sol doch manches Weib in jhren Kindesnöthen
So vbermännlich seyn/ vnd auch gar kaum erröthen
495 In jhrem Angesicht’/ ob schon die Last sie dringt;
Da jhr Geschlechte doch verzagt seyn mit sich bringt/
Was sihet man auch nicht die wilden Thiere leiden?
Wie lauffen sie herumb in allen dicken Heyden/
Durch Hecken/ Pusch vnd Berg? Was Hunger stehn
sie aus?

500 Wie schlägt Reiff/ Eiß vnd Schnee zu Winter in jhr
Haus?

Was dulden sie doch nicht von wegen jhrer Jungen?
Wie werden sie von vns nicht ohne Blut bezwungen?
Diß helt die Stirne für/ das schärffet seinen Zahn/
Das spitzt sein starckes Horn/ das spricht die Klawen an:
505 Was schwach vnd furchtsam ist behilfft sich mit dem Lauffen:
Die Löwen halten Fuß: So ist es mit dem Hauffen
Der Menschen auch bewandt: Wer schew ist/ sucht
den Steg

Auff den der Feind nicht kan/ vnd wirfft den Schild
hinweg.

gg Gleich wie der Wind die Sprew biß in die Lufften führet/
510 Vnd strewt sie hin vnd her/ den Weitzen nicht berühret:
So nimbt ein feiger Mensch gar leichtlich das Panier
Das auch ein Hase sucht; Ein Heldt steht nach Gebür/
Thut nichts das schändlich ist/ vnd das sich nicht geziemet/
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[Seite 226]

Weicht von der Tugend nicht. Ist Cato gleich berühmet/
515 So fällt er endlich doch in Vngerechtigkeit/
Vmb daß er aus der Welt sich reisset vor der Zeit.
Es ist wol Lobens werth daß er den greisen Haaren/
Den Augen die für nichts noch je erschrocken waren
Zur Schmach/ dem Cesar nicht zu Fusse fallen wil
520 Vnd vberwunden seyn/ das Ander’ ist zu viel.
Er sticht sich erstlich selbst/ vnd als man jhn verbunden/
Muß doch das Pflaster fort/ er reisset in die Wunden/
Wirfft wie ein toller Hund die Därmer in die Schoß/
Vnd leßt den stoltzen Geist aus seinem Kercker loß.
525 Ein Kriegsmann darff nicht fort/ es sey dann zugegeben
Durch seinen Capitäin; Wir sollen aus dem Leben/
Es gehe wie es wil/ auch eher nicht entfliehn
Biß vns des Lebens Herr erlaubet fortzuziehn.
Muß Tullius nicht auch mehr als jhm ansteht klagen/
530 Nachdem jhn Clodius wil aus der Stadt verjagen?
Wie weibisch stellt sich doch der sonsten grosse Mann?
Er zeucht so seltzam auff/ hat alte Kleider an/
Ist bleich/ er seufftzet/ weynt/ fällt allen zu den Füssen/
Daß/ die er beugen wil/ der Kleinmuth lachen müssen.
535 So stürtzt den tapffern Sinn die eigene Gefahr/
Der vor so vnverzagt in frembden Fällen war.
Was sol/ du wahres Bild der wolberedten Zungen/
Was sol doch dieses seyn? Wo wirst du weg gedrungen?
gj Von meinem Rom: von Rom? Ist Rom die gantze Welt?
540 Ist nicht noch hier vnd dar genugsam Land vnd Feld?
Was spricht dein Socrates/ nach dem er sol bekennen/
Von welcher Gegendt er sich pflege her zu nennen?
Ich? sagt er: von der Welt. Ein witziger Verstand
Helt alles was hier ist vor unser Vaterland/
545 Ist nirgend frembder Gast/ ist vberall daheime:
Kein Platz ist weit vnd breit dahin er sich nicht reime.
So fahren sicherlich jetzt hin jetzt wieder her
Die Vögel durch die Lufft/ die Fische durch das Meer.
gk gl gm gn go
[Seite 227]

Ist aussen-seyn so viel? Was thun wir die wir reysen?
550 Wir pflegen vns gewiß gutwillig zu verweisen.
Ist nicht der schöne Baw der Erden das Gemach
Vnd stoltze Haus für vns? der Himmel vnser Dach?
Ist nicht die Sonne gut zu spiegeln die Gesichter/
Muß ja ein Spiegel seyn. Sind vns nicht helle Liechter
555 Am Himmel auffgesteckt/ viel tausend an der Zahl?
Ist nicht das grüne Feld ein wolgeputzter Saal
Mit Blumen außgewirckt/ mit Bäumen schön vmbringet?
Ist nicht die volle See die reichlich Speise bringet/
Die Brunnen klaren Tranck? Ist Mittag/ Mitternacht/
560 Ist Auffgang/ Niedergang nicht weit genung gemacht?
Ein enger Sinn lest sich an einen Winckel binden/
Vnd meynt es sey kein Ort mehr in der Welt zu finden
Da auch gut wohnen ist; Daselbst ist Noth vnd Pein
Wo Tugend/ wo Gedult/ wo Langmut nicht kan seyn.
565 Der Freunde wegen auch sich kräncken vnd betrüben
Daß die genommen sind/ das heisset also lieben
Wie einer den ein Weib erquicket vnd ergetzt
Der alle seine Lust auff die Berührung setzt.
gp Der liebet seinen Freund/ der/ wann er schon muß scheiden/
570 Ihn gleichwol bey sich hat/ vnd durch Gefahr vnd Leiden
In seinem Hertzen trägt/ sich da mit jhm bespricht:
Den nimbt kein Abschied weg/ der Todt auch selber
nicht.

Kömpt nun das Vnglück her/ vnd heißt vns Vrlaub nehmen/
Wir wollen gerne gehn/ vnd vns mit nichten grämen;
575 Es zeucht doch diesen fort der lange widerstrebt.
Wer ist ein Pilgram hier? Ein jeder so da lebt.
Hinauff vnd vber vns sol vnsrer Sinn sich richten/
Sol lernen Haß vnd Neid vnd allen Fall vernichten/
Sol jmmer eines seyn/ nicht zittern vnd nicht flehn/
580 Wie kleine Kinder thun/ wann daß sie Larven sehn.
Es sind auch anders nichts als Larven alle Sachen
Vmb welcher willen wir vns Leid vnd Kummer machen:
gq gr gs gt
[Seite 228]

Des leichten Glückes Gunst ist wie des Meeres Schaum/
Der brauset vnd zergeht; ist wie ein süsser Traum/
585 Der ehe man erwacht entwischet aus den Sinnen.
Laß etwas vnser seyn das wir behalten können/
Das nicht verlohren wird/ das jmmer eigen bleibt/
Das keine Fewersbrunst/ kein Schiffbruch von vns treibt.
Der Feind hat dir dein Schloß/ dein Haus hinweg gerissen;
590 Fleuch in der Mannheit Burg die wird er nicht beschiessen.
Er hat den Tempel dir verwüstet aus vnd aus:
GOtt schleust sich nirgend ein/ sey du sein reines Haus.
Er hat dich von der Lust der Bücher weggetrieben:
Schaw ob du in das Buch des Lebens bist geschrieben.
595 Er hat den Acker dir verheeret weit vnd breit:
Der Acker des Gemüts trägt auch bey Winterszeit.
Er hat die Tochter dir durch Noth vnd Zwang geschändet:
Gut/ daß er diß nur nicht mit jhrer Gunst vollendet.
gu Er hat dein Weib erwürgt: Viel wündschen jhnen das.
600 Er hat dein Kind entleibt: Der Mensch ist Hew vnd Graß.
Er hat das Vieh hinweg: Das Brot ist doch verblieben.
Er hat das Brot auch fort: Der Todt wird keinen Dieben.
Er hat dein Geld geraubt: Behalt du nur den Muth.
Er hat dich selbst verwundt: Die Tugend gibt kein Blut;
605 Man mag sie wie man wil/ verfolgen/ neiden/ hassen/
Sie helt jhr grosses Wort: Sich nicht bewegen lassen:
Ist einer Eichen gleich/ je öffter man sie schlägt/
Je mehr man sie behäwt/ je mehr sie äste trägt.
Sie ist wol ausgeübt sich hoch empor zu schwingen/
610 Mit Flügeln der Vernunfft/ von diesen schwachen Dingen;
Dient GOtt/ ehrt jhn allein/ thut nur was jhm behagt/
Ist vber alle Macht/ wird keines Menschen Magd.
Sie steht vnd wird auch stehn. Im Hertzen ligt verborgen
Was nicht genommen wird/ was frey ist aller Sorgen:
615 Diß was hieraussen ist/ was niemand halten kan/
Mag fliehen wann es wil; es geht vns gar nicht an.

Ende des andern Buches.

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[Seite 229]

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Mart. Opitii
Trost-Getichte
in
Widerwertigkeit des
Krieges.
Das Dritte Buch.

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[Seite 230]

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Inhalt.

IN diesem Buche wird geredet von der Vnschuld vnd gutem Ge-
wissen: Welch eine veste Mawer/ vnd Zuflucht es sey/ jhm wol
bewust seyn/ vnd vmb GOttes/ der Religion/ vnd der Freyheit
willen Gewalt leiden. Darneben wird auch angezeigt/ Was unver-
zagte Ritterliche Helden/ welche gute Sache mit grossem Muthe
vnd Beständigkeit schützen/ für vnsterbliches Lob vnd Ruhm bey
den Nachkommen zu gewarten haben.

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hf OB wol der Tugend Trost/ von dem wir jetzt gehöret/
Ein Männliches Gemüth’ auff alle Fälle lehret
Behertzt vnd frewdig seyn/ in dieser letzten Zeit
Da nichts als Elend ist/ als Krieg vnd schwerer Streit;
5 Doch ist diß nicht genung: Wir müssen ferner wissen
Wie eine gute Sach vnd heiliges Gewissen
Das Leid vnd Kümmernis des Hertzens wenden kan/
Was Vbel vnd Gewalt vns auch wird angethan.
Ist etwas auff der Welt bequem vnd gut zu nennen/
10 Nach dem man früh vnd spat sol trachten/ lauffen/ rennen/
Vmb das den HErren sol ersuchen groß vnd klein/
So wird es wol gewiß der edle Friede seyn.
Wo er sein Lager hat wird Gottesfurcht geübet/
Gerechtigkeit erbawt/ Scham/ Erbarkeit geliebet/
15 Die Künste fort gepflantzt/ die Güter nehmen zu/
Land/ Stadt/ Mensch/ Vieh vnd Feld geneust der süssen
Ruh.

Erwacht der strenge Mars/ da bleibt nichts vnversehret/
Gar keine Gesetze gilt/ kein Recht wird mehr gehöret/
Weil Waffen vnd Gewehr zu groß Getümmel macht:
20 Die Frömmigkeit reißt aus/ die Zucht gibt gute Nacht.
Was können aber doch die armen Künste machen?
Was kan Apollo thun bey solchem wilden Krachen?
hg
[Seite 231]

Dringt auch der Musen Thon vnd lieblicher Gesang
Durch solches Feld-Geschrey/ vnd durch der Paucken
Klang?

25 Die starcke Schwefelglut/ der Schall von den Geschützen/
Von denen Jupiter auch könte lernen plitzen/
Macht daß die Vögel sich begeben in die Flucht/
Daß Fisch vnd Wild entrinnt/ vnd newe Wohnung
sucht.

hh 30 Es kehrt sich alles vmb/ muß vber Hauffen fallen;
Vnd was am schlimmsten noch ist vnter diesen allen/
Der fühlet offtermals am meisten in der That/
Der an dem Wesen selbst am minsten Theiles hat.
Tisiphone wird loß/ kömpt an den Tag gegangen/
Gefärbt mit Pech vnd Rauch/ vmbkrönt mit schwartzen
Schlangen/

35 Leßt jhren Acheron den brennenden Morast/
Hat Zwietracht/ Grambschafft/ Neid/ Haß/ Zanck
vnd Mord gefaßt/

Vnd wirfft sie auff den Plan: Es rotten sich zu hauffen
Auch manche die zuvor dem Hencker kaum entlauffen.
Wer Güter/ Haus vnd Hoff verschlemmt/ verpraßt/
verzehrt/

40 Wer nirgend sicher ist/ wen grosse Schuld beschwert/
Wer keine böse That für sich zu viel seyn schätzet/
Wer an des Landes Fall’ Hertz/ Augen/ Sinn ergetzet/
Wem alles gleiche gilt ob der ob jener siegt/
(Dann fromme Völcker man so leichte nimmer kriegt)
45 Der kömpt vnd trägt sich feil: vnd diese sollen finden
Was vor verlohren ist/ die sollen vberwinden/
Die legt man in die Stadt/ die legt man auff das Feld/
Die werden als ein Bild der Tugend fürgestellt.
So folgt gemeiniglich ein grosser Krieg dem kleinen/
50 Vnd was noch weiter ist/ es bleibt nicht bey dem einen/
Es schiessen mehr hernach: So ist das tieffe Meer;
Bald kömpt allhier ein Fluß/ bald da noch einer her.
hi hj hk
[Seite 232]

Diß alles vnd noch mehr ist starck vns zu bewegen/
Daß niemand vnbedacht sol Kampff vnd Streit erregen:
55 Gar leichtlich kan das Schwerdt aus seiner Scheiden
seyn/

Es steckt sich aber nicht so leichtlich wieder ein.
Ein Christlicher Herr weis daß der auff den er trawet
Hoch aus den Wolcken her auff alle Menschen schawet/
hl Vnd daß er endlich jhm/ der keinem Vnrecht thut/
60 Sol geben Rechenschafft für jeden Tropffen Blut.
Er schaffet was er kan die Zwietracht zu vermeiden/
Er wil an seinem Recht’ auch lieber Vnrecht leiden
Eh als durch jhn der Krieg/ der Streit/ der Mord/ der
Brandt/

Diß Jammer sol entstehn/ nur vmb ein stücke Land.
65 Der König herrschet recht/ regiert am allerbesten/
Erweitert wol sein Reich/ der nach des Himmels Vesten/
Nach GOttes schönen Stadt bestellt sein Regiment/
Da nichts als stete Ruh/ als Huld vnd Freundschafft
brennt.

Der Wille den der Fürst der Fürsten vns verschrieben/
70 Sein letztes Testament das heißt: Einander lieben/
Heist Fried’ vnd Einigkeit: Diß ist der letzte Zoll/
Das Loß durch welches man die Kirche kennen sol.
Ein hohes Hertze lest den Krieg sich nicht erschrecken/
Erfordert es die Noth; Pflegt doch jhn nicht zu wecken/
75 Im fall er jmmermehr verhütet werden kan:
Ein wildes grimmes Thier läufft alle Menschen an.
Dergleichen Obristen zwar hat es wol gegeben/
Die nichts so sehr gesucht als Auffruhr zu erheben/
Vmb das man von der Kunst vnd grossen Tapfferkeit
80 Mit welchen sie begabt nur sage weit vnd breit.
Ein schändlicher Gebrauch! Ist auch ein Artzt zu loben/
Der wündschet daß die Pest doch solte grawsam toben/
Daß vberall von jhm die Sage möchte gehn:
Der Mann könn’ auff die Chur sich sonders wol
verstehn?

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[Seite 233]

85 Wer wolte den Patron nicht in der See ertrencken/
Der sich/ wann Sturmwind kömpt/ mit fleisse dürffte lencken
Auff Stein vnd Klippen zu zu kriegen das Geschrey/
Wie sehr bescheiden er im Schiff-regieren sey?
hp 90 Wil aber sonsten ja kein Raht vnd Weg erspriessen/
Wil vnsrer Nachbar gar von keinem Frieden wissen/
Wird vns das harte Joch vnd Dienstbarkeit zu schwer/
So sucht man billich dann das Schwerdt vnd FaustRecht
her.

Diß hat ja die Natur die Bestien gelehret/
Nicht vns nur die Vernunfft; Wann eines wird versehret/
95 So thut es was es kan; Kein Würmlein ist so schwach
Es giebet der Gewalt nicht/ als bezwungen/ nach.
Was kan nun besser seyn dann für die Freyheit streiten
Vnd die Religion/ wann die von allen Seiten
Gepreßt wird vnd verdruckt/ wann die kömpt in Gefahr?
100 Wer sol nicht willig stehn für Herdt und für Altar?
Der Zweck ist recht vnd gut: Vom Teuffel ist der kommen/
Der auch dem Teuffel selbst (wie offtmals wird vernommen)
Vmb seinen guten Sold getrewlich dienen wil.
O weg dergleichen Sinn! O weg das böse Ziel!
105 Ein solches Lästermaul ligt dort vnd hier darnieder.
Wer GOttes wegen kriegt für den kriegt auch GOtt wieder/
Dem reicht er seine Hand/ dem springt er trewlich bey/
Zu trutze dieser Welt vnd aller Tyranney.
Was hat man jener Zeit in Franckreich doch gewunnen/
110 Wie hin durch gantz Pariß die newen Hochzeit-Brunnen
Gequollen sind durch Blut/ durch Christen-Blut/
gemacht/

Wie auch der Bräutigam fast selbst ward vmgebracht?
Was ward für Wüterey vnd Toben nicht getrieben?
Der streitbare Colin ward erstlich auffgerieben/
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[Seite 234]

115 Auff Erden fortgeschleppt/ ins Wasser eingesenckt/
Mit Fewer halb verbrandt/ in Lüfften auffgehenckt.
Die andern folgten nach; Da wolte nichts erschiessen/
Wie sehr man sich verkroch: Es worden fort gerissen
hw Hoch/ Niedrig/ Reich vnd Arm; Ein Mann/ ein blosser
Mann

120 Hat/ wie er sich gerühmt/ vierhundert abgethan.
Ich meyne daß man sey den Alten nachgegangen/
Busiris nemlich hat die Gäste so empfangen/
Vnd Diomedes auch der gute milde Mann/
Nahm frembde Leut’ also mit seinen Rossen an.
125 Nun diß war in Pariß: Was anderswo geschehen
Ist vber Menschen-That: Kein Bitten/ Seufftzen/ Flehen/
Kein Klagen ward erhört: Man vbte solche Pein
Daß auch der Hencker sol darvor erschrocken seyn.
Kein Hugenoten-Haus/ kein Winckel ward vergessen/
130 Der armen Leute Fleisch von Hunden auffgefressen/
Theils auch der feisten Schmeer von ärtzten auffgekaufft.
Der Rhodan selber stund der sonst so strenge laufft:
Der Leichen grosse Zahl ist häuffig fürgeschossen/
Vnd hat jhn zugestopfft/ so daß er nicht geflossen/
135 Biß endlich noch das Blut das aus den Cörpern trat/
Das Wasser auffgeschwellt vnd fortgeführet hat;
Vnd als das todte Heer so starck nach Tours geschwommen/
Hat fast die gantze Stadt die Flucht von dar genommen/
Alarm/ alarm gerufft: Zu Arles tranck man nicht/
140 Dieweil ohn diesen Fluß sonst Wasser dar gebricht.
O Schande dieser Zeit! Wer hat vor Zeit vnd Jahren
Auch in der Heydenschafft dergleichen doch erfahren?
Noch ward auch Geld gemüntzt/ vnd gar darauff
gepregt:

Die wahre Gottesfurcht hat Billigkeit erregt.
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[Seite 235]

145 O schöne Gottesfurcht durch Menschen-Blut besprenget!
O schöne Billigkeit/ da alles wird vermenget/
Da nichts nicht als Betrug/ als Falschheit wird gehört/
Da der Natur Gesetz’ auch selber wird versehrt!
if Was halff der Meuchelmord? Die Kirch’ ist doch
verblieben/

150 Grünt mehr jetzt da als sonst/ vnd sie sind auffgeschrieben
In GOttes Rechte Hand/ der wird auff jenen Tag/
Da niemand aussen bleibt/ da nichts sich bergen mag/
Sie zieren allesampt mit einer Ehren-Kronen/
Die nicht verlohren wird/ wird reichlich sie belohnen/
155 Die thewren Märtyrer; Sie werden nach der Zeit
Für allen herrlich seyn dort in der Ewigkeit.
Nun was sich nach der That mit Carlen zugetragen/
Wie wol er drauff geruht/ beliebt mir nicht zu sagen:
Es bleibet einmal wahr: Gewalt vnd Tyranney
160 Sind auch noch auff der Welt nicht jhrer Straffe frey.
Sie tragen für vnd für den Hencker in dem Hertzen/
Der beißt vnd naget sie/ der lescht die Marter-Kertzen
Nicht aus zu Tag vnd Nacht/ er streckt sie ohne Ruh/
Da hilfft kein Seytenspiel vnd kein Orlandus zu.
165 Sie müssen hier noch sehn die höllischen Göttinnen/
Die machen jhnen warm/ die geisseln jhre Sinnen;
Diß ist Ixions Stein der allzeit sich bewegt/
Der Gast den Tityus auff seiner Leber trägt.
Der Leib wird offte zwar mit Kranckheit vbergangen
170 Durch einen leichten Fall/ kan aber Hülff’ empfangen:
In böser Leute Sinn scheußt GOtt den harten Pfeil
Der gar zu tieff verletzt/ an dem man nicht wird heil.
Die Träume in der Nacht/ das Schüttern in dem Schlaffe/
Das hin vnd wieder sehn ist schon ein Schmack der Straffe
ig ih ii ij ik il im in
[Seite 236]

175 Die nochmals kommen sol wo Rhadamantus wohnt
Vnd allen wie gehört mit Pech vnd Schwefel lohnt.
Wie schreibt Tiberius/ wie muß er selbst bekennen/
Er pflege Tag für Tag mit grosser Qual zu brennen?
io Wie still vnd sicher auch die Ziegen-Insel war
180 So ließ jhn doch nicht frey die Furchte für Gefahr:
Vnd nicht vmbsonst; Sein Geist ward schändlich auffgegeben.
So pflegt es zuzugehn mit der Tyrannen Leben:
Nicht viel ziehn so hinab biß an Cocytus Schlund/
Vnd sehen ohne Blut den schwartzen Hellenhund.
185 O wol hergegen dem der wider sein Gewissen
Nichts denckt/ nichts redt/ nichts thut! Er kan der Ruh
geniessen

Wann alles mißlich ist: Er triumphirt vnd steht/
Was Vnrecht vnd Beschwer jhm vnter-handen geht.
Wer frisch ist vnd gesund kan ruhig ligen bleiben/
190 Biß sich der helle Tag dringt durch die Fenster-Scheiben/
Auff einer harten Banck: Ligt einer an der Gicht/
Er schläfft gewißlich auch in weichen Betten nicht.
So hat ein schlimmer Mensch auch gar zu guten Zeiten
Genungsam mit sich selbst zu fechten vnd zu streiten.
195 Thut einer was er sol/ vnd ist jhm wol bewust/
Er bleibt in aller Noth vnd Trübsal bey der Lust/
Wird nimmer vmbgestürtzt/ ist allezeit derselbe/
Vnd fiele schon herab das himlische Gewölbe/
Daß alle Winckel hier gantz würden vmbgestört/
200 So stünde doch sein Sinn getrost vnd vnversehrt.
Drumb/ sind wir schon jetzund bedrengt an allen Enden/
So kan die Vnschuld doch vns allen Kummer wenden;
Dieweil wir ja das Schwerdt genommen in die Hand/
Durch Nothdurfft angereitzt/ für GOtt vnd vnser Land.
205 Diß/ diß ist vnser Zweck; Wer vmb Gewinn sonst krieget
Bringt wenig Ehre weg/ wie trefflich er auch sieget.
Wann (wie es mißlich steht) der Feind den Platz behelt/
So lest er seinen Leib nur vmb das schnöde Geldt.
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[Seite 237]

is Es ist ein schöner Spott/ für gute Sachen sterben;
210 Diß liegt vns nunmehr ob/ diß/ diß hat zu erwerben
Wer sonsten vnter vns durch Krieg/ durch Blut/ durch
Streit

Erlangen wil den Ruhm vnd Lob der Tapfferkeit.
Jetzt steht die Freyheit selbst wie gleichsam auff der Spitzen/
Die schreyt vns sehnlich zu/ die müssen wir beschützen:
215 Es mag das Ende nun verlauffen wie es kan/
So bleibt die Sache gut vmb die es ist gethan.
Wann die Religion wird feindlich angetastet/
Da ist es nicht mehr Zeit daß jemand ruht vnd rastet.
Viel lieber mit der Faust wie Christen sich gewehrt/
220 Als daß sie selbst durch List vnd Zwang wird vmbgekehrt.
Es thut zwar nicht sehr wol sich feindlich lassen jagen/
Verlieren Haab vnd Gut: Doch die Gewissen plagen
Das dringt noch weiter durch als nur durch Marck vnd
Bein:

Sie wollen nicht bedrengt/ nicht vberladen seyn.
225 Der Leib ist vnterthan/ der Geist ist nicht zu zwingen/
Geht ledig/ frey vnd loß/ pflegt sicher sich zu schwingen
So weit es jhm gefelt/ verlest sein enges Haus/
Fleugt dieses grosse Rund auch augenblicklich aus.
Die güldne Freyheit nun lest kein Mann eher fahren
230 Als seine Seele selbst: Dieselbe zu verwahren/
Derselben Schutz zu thun/ ist allzeit gut vnd recht;
Wer sie verdrücken lest wird billich auch ein Knecht.
Wer kan sein Vaterland auch wüste sehen stehen/
Daß er nicht tausend mal muß einen Tag vergehen?
235 Die Gunst die jederman zu jhm von Hertzen trägt
Wird selbst durch die Natur von Kindheit an erregt.
Wie weit wir von jhm seyn/ wie wol es vmb vns stehet/
Wie glücklich es vns auch bey frembden Leuten gehet/
it Brennt seine Liebe doch in vns bey Tag vnd Nacht/
240 Vnd kömpt vns ewiglich nicht gäntzlich aus der acht.
Das liebe Vaterland hat erstlich vns erzeuget/
Vnd auff die Welt gebracht/ hat erstlich vns geseuget.
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[Seite 238]

Von dieser Mutter kömpt vns alles Gut vnd Nutz/
Drumb sucht sie wiederumb bey uns auch billich Schutz:
245 Vnd ist derselbe Mann verständig vnd bescheiden/
Der lieber für sie wil/ als mit jhr/ Schaden leiden.
Die vns das Leben gibt/ erfordert es die Noth/
Für die gehn billich wir hergegen in den Todt.
Ich wil mich lieber ja von wegen jhr ergeben/
250 Zu sterben als ein Mann/ als hier in Schanden leben.
Ich lasse nimmermehr mit besserm Lobe hin/
Das was ich der Natur doch sonsten schuldig bin.
Dergleichen Krieg pflegt GOtt vnd Menschen gut zu heissen/
Vnd pfleget selten auch zum ärgsten aus zu reissen:
255 Ob erstlich zwar der Lauff was mißlich gehen wil/
So kömpt doch endlich GOtt vnd thut das Widerspiel.
Wer wundert sich doch nicht/ der Niederland betrachtet/
Der Spanschen Hoffart Zaum? wie war es so verachtet?
Noch hat der kleine Platz so viel nechst GOtt/ gethan/
260 Was warlich die Vernunfft gar vbel fassen kan:
Philippus war nun Herr wo Phebus auff zu stehen/
Das grosse Liecht der Welt/ vnd nieder pflegt zu gehen;
Er hatte mehrentheils fast vnter seine Macht
Der Amphitrite Strom vnd grosses Reich gebracht:
265 Noch risse Holland loß: Die Marter/ Pein vnd Plagen
Der grimmen Tyranney war länger nicht zu tragen:
Das sehr bedrengte Volck ward endlich auffgehetzt/
Nachdem sein Blut genung das gantze Land genetzt/
ix Vnd Alba solchen Grimm vnd Wüterey begangen
270 Dergleichen nie gehört; Die Ritterschafft gefangen/
Den Edlen Helden Horn sampt Egmund weggerafft/
Die Städte leer gemacht/ die Leute fortgeschafft
In Wald vnd Wüsteney Mann/ Weib vnd Kind vertrieben/
Gejaget auff die See: Jedoch sind sie geblieben;
275 So wenig haben sich der grossen Macht erwehrt/
Vnd jhren harten Dienst in Freyheit vmbgekehrt.
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[Seite 239]

Durch alles dieses Blut/ durch so viel tausend Cronen
Aus Peru her geholt durch hundert Millionen/
Vnd hundert noch darzu/ kam Spanien so weit
280 Daß jetzund Niederland der Herrschafft ist befreyt/
Das werthe Niederland: Sie haben zugenommen
Durch solchen Zwang vnd Drang/ sind in die Schlösser kommen
Verborgen in ein Schiff mit Wasen zugedeckt/
Gleich wie Vlysses sich in Trojens Pferd versteckt.
285 Ist je des Feindes Heer zu starck auff sie gezogen/
So haben sie jhn doch mit Krieges Kunst betrogen/
Sich sicher eingeschantzt/ vnd Wälle fürgemacht/
Darhinter seinen Zorn vnd Wüten außgelacht.
Er schlug sein Lager auff die Städte weg zu bringen:
290 Vergebens vnd vmbsonst; Sie waren nicht zu zwingen
Wie sehr man sie auch trieb: Er faste Leyden an/
Ließ keinen ein noch aus/ verrannte Weg vnd Bahn/
Von aussen zu stritt’ er/ der Hunger war darinnen:
Doch er vermochte nicht die Mawren zu gewinnen;
295 Der Hunger zwang den Leib/ die Hertzen blieben stehn.
Man sahe groß vnd klein wie blosse Schatten gehn;
Das Kind noch an der Brust (wer denckt doch ohn Erbarmen/
An solche grosse Qual!) fiel aus der Mutter Armen/
je Die Mutter auff das Kind/ vnd blieben beyde todt:
300 Noch hielten sie doch aus auch sonder Speis’ vnd Brodt/
Vnd blieben hungrig starck/ biß daß die wüsten Wellen
Vnd Thetis selber kam sich für sie dar zu stellen:
Da gieng Baldeus weg/ sein Hauffen gab die Flucht/
Vnd hat den nassen Ort bißher nicht mehr besucht.
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[Seite 240]

305 Jetzt wohnt Apollo da mit seinen Pierinnen/
Die wunderschöne Stadt hat alle hohe Sinnen/
Hat alle Wissenschafft in jhren Kreiß gebracht/
Vnd an des Krieges stat der Künste Sitz gemacht.
Ostende wo bleibt diß? Das hat der Feind gewonnen/
310 Wo das gewonnen heißt mit so viel Goldes-Tonnen/
Durch so viel Schweiß vnd Blut da haben angesiegt
Da nichts nicht als ein Heer verfaulter Cörper ligt/
Da Sandt erobert wird. Ach! also Lob erwischen/
So triumphiren heißt mit güldnen Netzen fischen:
315 Vnd war das minste doch das hier der Spanjer that;
Die Kälte legte sich im Winter für die Stadt/
Im Sommer kam die Pest: Nach dreyen gantzen Jahren
Da giengen sie darvon die noch bey Leben waren/
Die andern hielten aus: Was also sich ergab
320 Das war ein Todtenfeld vnd stinckicht Leichengrab.
So thun sie Widerstand/ das Volck zu Stahl vnd Eisen
Von Wiegen an gewehnt: Sie dürffen auch wol reysen
Biß an die Gades hin/ wie Hemskerck hat gethan
Der vnbewegte Held: Der vnverzagte Mann
325 Schlug nicht/ wie Hercules/ an eben diesem Orte
Den grossen König Todt; Er kam fast an die Pforte
Bey der die Sonne schläfft/ vmbschloß das weite Meer
Mit Fewer vnd Metall/ vnd schlug das grosse Heer/
jn Biß daß man jhm den Fuß vom Leibe weg geschossen/
330 Noch stund sein strenger Sinn; sein Leben ward
beschlossen/

Der Sieg noch lange nicht: Die seinen stritten fort/
Vnd donnerten mit Plitz vnd Hagel vmb den Port:
Die See ward heiß darvon/ die Menschen auff dem Lande
Vergiengen halb vor Furcht’/ vnd sturben halb vor Schande:
335 Sie stackten Fahnen aus/ doch leider allzuspat/
Der trawrig’ Admiral fand gar zu schlechten Raht.
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[Seite 241]

Hier sahe nun der Feind aus diesem grossen Wercke/
Da ward er recht gewahr/ das Todt vnd Höllen-Stärcke/
Daß Phlegethon auch nicht dem Sinne Wage helt
340 Der vor sein Land vnd Recht sich zu der Wehre stellt.
So pflegt das edle Volck die Freyheit zu beschützen/
Geboren vmb die Flut vnd vmb die rawen Pfützen/
Gehärtet durch den Wind/ daß niemals wird bewegt/
Das/ wann es nötig ist/ die Häuser mit sich trägt.
345 O Feind (so sagen sie) nimb alles wo wir leben/
Wir wollen ohne schew vns in die See begeben/
Wir wollen ohne schew/ wo jetzt die Schiffe gehn/
Die bloß zu Hohne nur/ befreyt vnd sicher stehn.
So weit der Himmel reicht/ vnd da die Wolcken treiben/
350 Ist eben wo man wohnt/ ist wo wir können bleiben
Vnd vnser Weib vnd Kind/ gar weit von deiner Hand:
Wo du nicht bist/ allda ist vnser Vaterland.
Ach/ Deutschland/ folge nach! Laß doch nicht weiter
kommen

Die so durch falschen Wahn so viel schon eingenommen/
355 Zu Schmach der Nation; Erlöse deinen Rhein/
Der jetzund Waffen trägt/ vor seinen guten Wein.
GOtt/ die Religion/ die Freyheit/ Kind vnd Weiber/
Sol dieses minder seyn als vnsre schnöde Leiber
jt Die gleich so wol vergehn? Was Nothdurfft bey vns thut/
360 Es gehe wie es wil/ das bleibet recht vnd gut.
Der Nutz ist offenbar: Die Freyheit zu erwerben/
Für GOttes Wort zu stehn/ vnd ob man müste sterben/
Zu kriegen solches Lob das nimmer vntergeht/
Das hier mit dieser Welt wie in die Wette steht.
365 Diß/ diß ist der Gewinn vnd süsse Lohn der Zeiten/
So allen Helden bleibt die rittermessig streiten.
Sie werden wiederumb von fornen an geborn/
Vnd weren sie zuvor auch hundert mal verlohrn.
So ward der Hercules vor einen GOtt erwehlet/
370 Vnd sein Gestirne wird auch noch von uns gezehlet/
Vmb daß er unverzagt viel Thaten auff sich nahm/
Vnd dem bedrengten Volck in Noth zu hülffe kam.
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[Seite 242]

Des Menschen Leben ist vmbzäunt mit engen Blancken/
Hat wenig Platz vnd Raum; sein Lob fleugt sonder
Schranken/

375 Wird nirgend eingesperrt/ vnd bricht sich an den
Tag/

So weit der Sonnen Glantz die Welt bestrahlen mag.
Vmb dieses pflegte ja Themistocles zu wachen/
Sich wie Miltiades durch Ruhm bekandt zu machen
Mit grosser Tapfferkeit; Diß ist das Seytenspiel
380 Vnd schöne Klang der jhm für allen wolgefiel.
Es ists nach welchem noch viel hohe Seelen streben/
Vnd sterben auch mit Lust auff daß sie jmmer leben.
Ein auffgewachtes Hertz’ vnd prächtiger Verstand
Begehrt gerühmt zu seyn durch die gelehrte Hand
385 Die nicht verschwinden kan: Die Städte zwar veralten/
Die Mawren fallen vmb: kein Stein kan jmmer halten:
Was ein sinnreicher Geist mit seiner Feder pflantzt
Ist vor der Zeit Gewalt versichert vnd verschantzt.
jv Wem aber für den Todt durch jhn nicht wird gerathen/
390 Der bleibet jederzeit sampt allen seinen Thaten
Verdeckt mit hoher Nacht: Die Art hat Lethes Fluß
Daß/ welcher aus jhm trinckt/ vergessen werden muß.
Es haben jhrer viel in nunmehr alten Zeiten
Wol grossen Ruhm verdient vmb jhren Muth vnd Streiten/
395 Sie ligen aber jetzt versteckt vnd vngeehrt/
So daß man gantz vnd gar von ihnen nicht mehr hört.
Was hilfft es daß ein Mann durch Tugend/ Witz und Kriegen
Weit vber alle steigt/ vnd bleibt hernach verschwiegen?
Was gutes man von jhm bey seinem Leben spricht
400 Geniessen seiner doch die nach jhm kommen nicht.
Was der Poeten Volck vnd sonst gelehrten Sinnen
In jhre Fäuste kömpt/ da wircken keine Spinnen
Ein Webe drüber her: Ihr grünes Lorbeer-Laub
Kehrt alles sauber ab/ vnd leidet keinen Staub.
405 Durch sie bleibt nichts hindan/ durch sie wird angezündet
Das Liecht mit welchem man sich aus dem Tunckeln findet:
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[Seite 243]

Durch sie wird sonderlich das Kleinod auffgelegt
Das manchen Rittersmann zu Wettelauff’ erregt.
Der Alexander selbst pflag neben seinem Degen
410 Homerus weises Buch jhm zu der Hand zu legen/
Auch wann er lag vnd schlieff: Diß war ein schönes Bild
Das jhm der Tugend Ruhm stets vnter Augen hielt.
Es ward jhm auch zur Zeit Achillens Grab gewiesen/
Den der Poete hat mit solcher Art gepriesen;
415 O Jüngling/ hub er an/ wie wol stehts doch mit dir/
Vmb daß Homerus dich erhalten für vnd für!
Vnd recht/ dann were nicht die hohe Kunst gewesen
Durch welche wir noch jetzt des Helden Mannheit lesen/
jz So were mit dem Grab’ in das er ward gestreckt
420 Auff eine Zeit sein Leib vnd Name zugedeckt.
Der Bücher Gutthat ists/ daß viel noch wird gefunden
Was längst hat fort gemust: Ist nicht Athen verschwunden/
Der freyen Künste Marckt? Wo ist jetzt Griechenlandt?
Wo ist der Musen Quell/ durch alle Welt bekandt?
425 Wo sind die Musen selbst? sie haben müssen stertzen/
Ihr Sitz ist vmbgekehrt: In der Gelehrten Hertzen/
In ihren Hertzen steht was allzeit vbrig bleibt/
Was keine Feindes-Macht vnd Raub der Zeit vertreibt.
In Büchern wird jetzund noch Socrates gehöret/
430 Vnd die Academie wo Plato saß geehret:
In Büchern bleibt noch jetzt des Phebus Tempel stehn
Da Aristoteles pflag auff vnd ab zu gehn.
In Büchern streitet auch Lysander noch zu Lande/
Themistocles zur See/ ligt Cimon in dem Bande:
435 Die Stelle selber ist vom Türcken abgestrickt/
Parnassus der ist gantz in Barbarey erstickt.
Durch dieses wilde Volck/ durch diese Pest der Erden
Hat Kunst vnd Wissenschafft gedämpffet müssen werden/
Hat eine grosse Schar der armen Christenheit
440 Nun müssen dienstbar seyn so trefflich-lange Zeit.
ka kb kc
[Seite 244]

Des wüsten Heeres Haupt/ der blutige Tyranne
Denckt täglich wie er doch sein Thun noch höher spanne:
Siht vns mit Frewden zu/ sitzt an der Port’ vnd lacht
Daß Deutschland durch sich selbst wird feindlich hin
gebracht.

445 Sein Wundsch gelinget jhm: Da vns doch wil gebüren
Mit höchster Einigkeit die Macht auff jhn zu führen/
Mit welcher/ leider! wir vns selber schädlich seyn:
Vmb dieses seufftzen jetzt die Christen groß vnd klein
kd Die vnter seinem Joch gar kaum sich können wenden/
450 Sie schreyen auff vns zu mit auffgereckten Händen:
Zerreiß/ O werthes Volck/ doch nicht dein eignes Land/
Greiff dieses lieber an/ beut lieber vns die Hand:
Nimb dieses schöne Reich doch aus des Feindes Rachen/
Das einig durch Gewalt vnd vngerechte Sachen
455 Ist worden hingeraubt/ nimb wieder deine Stadt
Die vor der Zeit mit Rom so weit regieret hat.
Judea bittet auch mit vnerschöpfftem Flehen/
Reicht seine Palmen her/ die häuffig da zu sehen/
Das Zeichen des Triumffs/ zeigt auff den edlen Ort/
460 Da GOttes Sohn für vns geschlachtet vnd durchbohrt
So schwer gelidten hat/ vnd wo er ist gelegen;
Es seufftzet vnd begehrt/ wir wollen doch erwegen
Wie dieser Christen-Feind vnd Bluthund sonder Ruh
Gedencke wie er auch mit vns dergleichen thu/
465 Vnd vnter glattem Schein’ hieher sich könne dringen;
Das jhm dann leichte sey anjetzund zu vollbringen/
In dem jhm Thür vnd Thor von vns steht auffgethan/
So daß er wann er wil kan geben dritte-Mann.
Nun wieder auff den Zweck vnd rechtes Ziel zu kommen/
470 Darvon mich Griechen-Land mit sich hinweg genommen:
Die Ehre die ein Mann durch Krieg zu hoffen hat
Bewegt jhn billich auch zu ritterlicher That.
Was kan doch schöner seyn/ als vnter vielen Helden/
Von derer Tapfferkeit die Bücher ewig melden/
ke kf kg kh
[Seite 245]

475 Auch auffgeschrieben stehn mit Schrifft die nicht
verlischt/

Die gar kein Regen nicht noch schwartzer Staub
verwischt?

Es wird zwar offtermals was würdig ist zu schawen
Auff Holtz/ Stein/ Ertz vnd Gold geschnitzt/ gemahlt/
gehawen

ki Durch grosser Künstler Fleiß: Gehn hundert Jahr’ herbey
480 So siht man kaum worauff das Werck gestanden sey.
Was die Geschickligkeit auff jhrem Amboß schläget/
Mit jhrem Eisen gräbt/ von jhrem Golde präget/
Das gläntzt je mehr vnd mehr: Der Todten-bleiche Neid
Kömpt nur biß an das Grab/ thut keinem weiter leid.
485 So viel von Lügen auch durch falsche Läster-Zungen
Der Sachen Billigkeit kan werden auffgedrungen
Hat mißlichen Bestand/ bleibt in die länge nicht:
Die blosse Warheit dringt doch endlich an das Liecht/
Reißt durch der Boßheit Dampff/ gleich wie der Sonnen
Wagen

490 Durch aller Wolcken Dunst pflegt vnverletzt zu jagen/
Vnd treibt den Nebel fort: Wie sehr man sie versteckt/
So bleibt sie von der Zeit doch nicht vnauffgedeckt/
Die nach vns kommen wird/ die nichts weis von
Schmarotzen/

Die nicht bestochen wird/ die weder Gunst noch Trotzen
495 Noch sonst Practicken hört dadurch wol mancher Mann
Betreugt vnd wiederumb betrogen werden kan.
Da wird der gantzen Welt ohn alle schew verkündet
Was sonst vertuschet wird/ die Fackel angezündet
Die klärlich offenbart was beydes schlimm vnd gut
500 Gehandelt worden sey/ die keinem Vnrecht thut.
Dann wird die Tyranney durch stete Schmach bezahlet/
Mit jhrer rechten Farb’ auffs Leben abgemahlet:
So wird Caligula nach solcher langen Zeit/
So wird noch Nero jetzt sampt andern angespeyt.
kj kk kl
[Seite 246]

505 Dann werden außgestellt zu aller Menschen Hassen
Die die Religion im Stiche sitzen lassen/
Der Freyheit abgesagt/ vnd wo der Wind geweht
Vmb zeitlichen Gewinn den Mantel hingedreht.
km Auch dieser Schande kan nicht vnvergessen bleiben
510 Die jhnen nicht begehrt den Vnfall ab zu treiben/
Die/ wann sie schon gekunt/ der Armen Creutz vnd Pein
Mit trewem Raht’ vnd That nicht beygesprungen seyn.
Wir Menschen sind geborn einander zu entsetzen/
Vnd keinen durch Gewalt gestatten zu verletzen.
515 Wer dem/ der vnrecht stirbt/ nicht beyspringt in der
Noth/

Vnd seinem Feinde wehrt/ der schlägt jhn selber todt.
Der aber ist vor wahr den Göttern zu vergleichen
Vnd weit mehr als ein Mensch/ der seine Hand wil reichen
Der vnterdruckten Schar/ die Rettung by jhm sucht
520 In Widerwertigkeit/ vnd nimbt zu jhm die Flucht:
Der aller Leute Zorn wil lieber auff sich laden/
Der seiner Nutzbarkeit wil selber lieber schaden/
Als seines GOttes Ruhm’/ vnd was des Nechsten Nutz/
In eusserster Gefahr verlassen ohne Schutz.
525 Was dann jhm jmmermehr für Trübsal widerfähret
So hat er seinen Trost zu welchem er sich kehret/
An dem er sich erhelt/ spricht sein Gewissen an/
Den Zeugen der nicht fehlt/ vnd nicht betriegen kan.
So richtet er sich auff/ so bleibt er sicher stehen/
530 Ja solte schon die Welt zu tausend trümmern gehen/
So wird er doch nicht bleich/ erligt nicht durch den Fall/
Laufft seiner Vnschuld zu/ der vesten Wand von Stahl.
O werthes Volck/ wolan/ das du durch dieser Zeiten
Gewitter/ Wind vnd Sturm/ durch so viel Müh vnd Streiten
535 Der rechten Sachen hilffst/ gib ja den Muth nicht auff/
Halt veste/ wancke nicht/ vollende deinen Lauff.
Hilfft ja nichts anders zu/ vnd muß es seyn gestorben/
So weichet der Verlust doch dem was wird erworben.
kn ko kp kq
[Seite 247]

kr Das Lob dem Neid vnd Zeit gar keinen Schaden thut/
540 Wird wolfeyl eingekaufft vmb eine Hand voll Blut.
Laßt doch den frembden Stoltz vns nicht mit Füssen treten/
Der auch der Sonnen Bahn gedenckt mit einer Ketten
Zu schliessen in sein Reich: Befreyet vnser Recht
Von solcher Hoffart doch der eine Welt zu schlecht.
545 Laßt vns doch hertzhafft seyn/ den Namen vnsrer Alten/
Der vnvergänglich ist/ auch jetzund zu behalten/
Die ewigen Triumff mit jhrer Macht ereilt/
Vnd vnter sich den Raub der Völcker außgetheilt:
Von denen man hernach viel Lieder hat ertichtet
550 Auff vnser MutterDeutsch/ wie Tacitus berichtet/
Vnd wie man auch jetzund in Cimbrien hier find/
Da sehr viel Reimen noch von alters vbrig sind.
Ey folgt/ ey folget nach/ begebt euch bey die Helden
Von derer kecken Sinn’ auch noch die Schrifften melden:
555 Bewahrt der Eltern Ruhm vnd werthen Namen rein/
Daß wir von Deutscher Art vnd Alle-Männer seyn.
Daß ewre Tapfferkeit die jetzt vnd künfftig leben
Biß an den Himmel sich bemühen zu erheben/
Vnd das Gerüchte sey weit vber Meer vnd Land:
560 Noch hat die gute Sach’ am letzten Oberhand.

Ende des dritten Buches.

[80: unbeziffert, leer.]

ks
[Seite 248]

kt

Trost-Getichte
in
Widerwertigkeit des
Krieges.

Das Vierdte Buch.

[Seite 249]

[82] Inhalt.

DAs vierdte Buch/ nach kurtzer Berührung noch vierer anderer
Mittel sich zu trösten/ saget/ daß/ im Fall ja sonst keine Besserung
hier zu gewarten were/ so könne doch alles Vnglück niemanden
weiter verfolgen/ als biß zum Grabe; Der Außgang alles mensch-
lichen Elendes sey der Todt/ welcher nirgends leichtlicher zu erlangen
als im Kriege. Ferner wird auch gehandelt von der Belohnung der
Standhafftigen/ vnd Straffe der Verfolger Göttlichen Namens auff
jenen grossen Tag/ wann der HErr der Herrligkeit/ der grimmige
Löw aus Juda wird wieder kommen mit den Wolcken/ vnd alle
Augen jhn sehen werden/ auch die jhn gestochen haben/ vnd alle
Geschlechter der Erden von seinetwegen auff jhre Brust werden
schlagen/ vnd das schreckliche Gerichte mit Zittern vnd Angst an-
schawen. Letzlich folget ein ernstliches Gebet zu GOtt vmb Christ-
liche Bestendigkeit vnd Frieden/ welchen vnser Seligmacher in
seinem letzten Testament/ als den höchsten Schatz auff Erden/ den
seinigen einig vnd allein hinterlassen.

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lc NVn wil ich kürtzlich auch von andern Mitteln schreiben
Die vns der Sorgen Last vermögen ab zu treiben/
Biß meine Rede sich zum letzten Troste kehrt/
Zum letzten an der Zahl/ vnd ersten an dem Werth.
5 Ich weis nicht wie wir doch sind von Natur geneiget/
Daß jederman von vns sich leidlicher erzeiget/
So er Gesellen hat die gleiche Noth vnd Pein
Empfinden als wie er/ vnd mit jhm trawrig seyn.
Man lest viel sparsamer die schweren Thränen fliessen
10 Wann andere so wol jhr Theil darzu vergiessen.
Bloß aus Vergleichung kömpt den Leuten aller Harm:
Thu nur die Reichen weg/ so bleibet niemand arm.
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[Seite 250]

Wann einer gar allein im weiten Meere fähret/
Vnd jhm der Nachen wird von Winden vmbgekehret/
15 So klagt er trefflich sehr: Zerschlägt die wilde See
Ein wolbesetztes Schiff vnd mächtige Gallee/
Daß hier ein stücke Mast/ da Benck/ da Ruder-Stangen/
Da Bret von allen wird mit hauffen auffgefangen
Zu schwimmen an den Port/ so wird der doch erfrewt
20 So andre mehr mit jhm siht auff der Flut zerstrewt.
Wir haben gleichfalls auch in diesen wüsten Wellen
Vnd See der tieffen Noth mehr als zu viel Gesellen/
Wo dieses auch das Leid vns lindern sol vnd kan.
Schawt weit vnd breit herumb/ seht alle Winckel an/
25 Wo ist der tolle Mars nicht leider außgelassen?
Ist gantz Europa durch nicht Krieg vnd Kriegs-Verfassen?
Ist inner dem Revier der gantzen Christenheit/
Vnd ausser jhr darzu nicht ein gemeiner Streit?
le 30 Ist einer vnter vns dann besser als der ander?
Vnd wer wil Zollfrey seyn? Wir leyden miteinander/
Es geht vns sämptlich an: Wer nun an dieser That
Vnd Auffruhr vnter vns am minsten Vrsach hat/
Der ist am besten dran/ vnd kan gedültig leyden
Was weder der/ noch der/ noch jener nicht vermeiden.
35 Der hat den Krieg jetzund/ der hat jhn jetzt gehabt:
Hier kömpt er erst hernach/ da ist er vorgetrabt.
Nun die Gewonheit auch kan viel bey allen Sachen:
So pflegt ein Weydemann die gantze Nacht zu wachen/
Fengt Schloß vnd Regen auff/ vnd hat sich angewehnt
40 Daß er viel Stunden sich nach keinem Essen sehnt/
Vnd allen Durst verträgt/ steigt auff den hohen Spitzen
Vnd Klippen vmb vnd vmb/ der Sonnen Glantz mag hitzen
So sehr er jmmer wil. Nichts ist so leicht vnd gut
Das nicht beschwerlich sey dem der es erstlich thut.
45 Ein Mensch der offters wird mit Prügeln vbergangen
Wird endlich schläge-faul. Nur muthig angefangen/
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[Seite 251]

Die Zeit bringt Linderung/ verjaget Furcht vnd Graus/
Vnd härtet vnsern Leib zu allen Streichen aus/
Vnd auch den Sinn darzu. Was dann vns widerfähret/
50 Was Vnglück/ Creutz vnd Noth vns jmmermehr beschweret/
So haben wir Gedult/ vnd sagen ohne schew/
Diß wusten wir zuvor: Es ist bey vns nicht new.
Was vnvorsehens kömpt/ das pfleget mehr zu krencken/
Drumb sol ein jeglicher bey gutem Glücke dencken
55 Mit was für Tapfferkeit er wolle widerstehn/
Wann jhm was widriges zu Handen möchte gehn.
Ein weiser Mann sagt nicht: Ich hett’ es nicht vermeynet/
Es kömpt mir frembde für: Was andern Leuten scheinet
ll Gar wunder-seltzam seyn/ das sieht er an vnd lacht/
60 Dieweil er zuvorhin schon längst darauff gedacht.
Noch hab’ ich nicht gesagt wie die Gelehrten können
Durch jhrer Bücher Raht erfrischen jhre Sinnen
Fellt etwas böses für. Die edle Wissenschafft
Schmückt aus das gute Glück/ vnd gibt in Vnglück
Krafft:

65 Sie zeigt den rechten Weg bestendig außzuhalten/
Vnd lest in keiner Noth die Hertzen nicht erkalten.
Sie führt den der sie liebt weit von des Volckes Schar
Das an der Erden klebt/ vnd leßt jhn in Gefahr
Nicht weich vnd zaghafft seyn/ nicht zweiffelhafftig leben/
70 Vnd wie der meiste Theil in steten Furchten schweben.
Wen diese Wärtherin erzeucht in ihrer Schoß
Der ist zu aller Zeit von allen Sorgen loß.
Leßt Eitel eitel seyn/ vnd wieget alle Dinge/
Vmb die wir so sehr thun/ für nichtig vnd geringe/
75 Reißt aus/ fleugt durch die Welt/ betrachtet vmb vnd an
Was jrgend ist vnd war/ vnd künfftig werden kan:
Steigt auch biß in die Lufft/ begierig zu erwegen
Woher der kalte Schnee/ das Eiß/ der süsse Regen/
Der Plitz/ des Donners Schall/ der trawrige Comet/
80 Thaumantis Tochter Schweiff/ so wol gemahlt/ entsteht:
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[Seite 252]

Kömpt höher dann hinauff vnd lehrt den Himmel kennen/
Vnd einen jeden Stern mit seinem Namen nennen/
Tritt wo der weisse Beer vnd sein Bootes stehn
Die niemals in die See mit jhrem Wagen gehn.
85 Besieht das Bild so kniet bey Ariadne Kronen
Die Bacchus hingesetzt/ kan bey der Leyer wohnen
Die vormals Wild vnd Wald beweget vnd gerührt/
Jetzt des Gestirnes Schar mit jhren Hörnern ziert;
ls Sucht bey dem Monden nach/ wie doch des Meeres Wellen/
90 Durch seinen Lauff regiert/ sich hoch vnd nieder stellen/
Sie fliehen täglich weg/ verlassen jhren Rand/
Vnd kommen wiederumb auch täglich an das Land;
Folgt auch der Sonnen nach/ vnd wird mit jhr gerissen
Vmb dieses grosse Rund/ siht vnter seinen Füssen
95 Der Erden Eitelkeit: so hoch als Phaeton/
Vnd bleibt doch vnversehrt/ kömpt weiser noch darvon:
Ja diese gantze Welt vermag jhn nicht zu fassen/
Ist noch nicht weit genung: Sie wird von jhm verlassen/
Vnd er schwingt sich hinauff/ von heisser Flammen voll/
100 Siht GOtt so weit ein Mensch jhn sehen kan vnd sol:
Der Weißheit tieffer Grund der wird von jhm erstiegen;
Was Thales hat bedacht/ Pythagoras geschwiegen/
Vnd Socrates gesagt/ vnd die gelehrte Welt
Durch himlischen Verstand auff das Papier gestellt/
105 Das suchet er herfür/ vnd lest es mit jhm schwätzen/
Bedenckt bey sich was gut vnd ehrlich sey zu schätzen/
Was recht vnd vnrecht sey/ wie jederman allhier
Mit Leuten vmb sol gehn/ vnd leben nach Gebür.
Das kan die Göttliche Philosophie vns weisen.
110 O wol dem der sich lest an jhrer Taffel speisen/
Ihr Himmelbrot geneußt/ trinckt jhren süssen Wein
Vnd schläfft an jhrer Brust/ der lernt zu frieden seyn
Was Vnfall jhn betrifft: Wornach die Welt gelüstet
Das stellt er vnter sich/ ist allzeit außgerüstet
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[Seite 253]

115 Die Widerwertigkeit mit Ehren zu bestehn/
Kan rittermessig auch dem Tod’ entgegen gehn.
Dich brachte Bias weg aus seinem Vaterlande/
O Mutter der Vernunfft! da alles von dem Brande
lv Sonst auffgieng in der Lufft: Du hast sehr viel erfrewt
120 Im Elend’/ in Gefahr vnd höchster Dürfftigkeit.
Dir danck’ ich es allein/ du Meisterin der Tugend/
Mit welcher ich bißher in dieser meiner Jugend
Vnd fast von Wiegen an getrewen Raht gehabt/
Vnd allzeit meinen Geist erquicket vnd gelabt/
125 Dir danck’ ich es allein/ dir ist es zu zu schreiben
Daß ich noch biß hieher bestendig können bleiben/
Da dieser schwere Krieg nicht wenig mich vexirt/
Vnd durch so manche Noth weit vber Meer geführt/
Beraubet aller Freund’/ vnd aller derer Sachen
130 Die vns zu Leidenszeit das Leben leichter machen/
Getrieben vnd verjagt/ schier ohne Geld vnd Pfand/
In diß jetzt durch den Frost vnd Schnee bedeckte Land/
Da niemand weder mich noch mein Studieren kennet.
Nun daß ich/ ob mich gleich viel Trübsal angerennet/
135 Viel Kümmernis beschwert/ vnd auch noch jetzt kein
Ziel

Zu meiner Linderung sich sehen lassen wil/
Doch nie erlegen bin/ vnd wil auch nicht erliegen/
Das messe dir ich zu; Es mag mich auch bekriegen
Lufft/ Wellen/ Wind vnd See/ Haß/ Vnruh/ Noth vnd
Pein/

140 So wirst du allzeit doch mein freyer Hafen seyn.
Nun wieder auff den Weg: Ists dann schon so beschaffen
Daß wir vns weiter nicht vermögen auffzuraffen/
Vnd ist es allbereit so weit mit vns gethan
Daß vns durchaus nicht mehr gerathen werden kan?
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[Seite 254]

145 O nein! wann sonsten gantz kein Trost mehr vberblieben
So muß die Hoffnung her; die Hoffnung lehrt vns lieben
Was sonst verdrießlich ist/ die Hoffnung bawt das Feldt/
Die Hoffnung gibt es an daß man den Vogeln stellt/
mb Die Hoffnung wirfft das Garn vnd Angel in die Flüsse/
150 Die Hoffnung vnterhält auch den dem beyde Füsse
An Ketten sind gelegt; wie schlechte Lust vnd Ruh
Er in dem Stocke hat doch singt er noch darzu.
Das Glück fleucht offters zwar von einer guten Sache/
Die Hoffnung nimmermehr: Man spotte gleich vnd lache
155 Deß Armen wie man wil (diß ist der alte Lauff)
So richtet doch jhr Trost jhn allzeit wieder auff.
Ey solle sie dann vns in diesen Läufften fehlen?
Wir sind ja/ GOtt sey Lob/ nocht nicht so gar zu zehlen
Für gantz-geschlagen Volck; Es ist für diese Pest
160 Ja Artzney bey der Hand/ die vns nicht sincken leßt.
Wie wann der starcke Löw im Felde wird beschlossen
Von Jägern/ oder auch in seinen Leib geschossen/
Dann rührt er erst den Schwantz die Vrsach seiner
Macht/

Ist stärcker als zuvor/ ergrimmet vnd erwacht/
165 Sein heisser Rachen schäumt/ die Augen sind voll Flammen/
Die Mahne steht empor/ sein Muth kömpt gantz zusammen/
Wie sehr man jhn bescheust/ wie sehr man zu jhm sticht
Von allen Seiten her/ so giebt er doch sich nicht:
So lasset vns auch thun: wir sind ja teutsch gebohren/
170 Ein Volck das nimmermehr sein Hertze hat verlohren/
Das vor der Zeit so viel den Kürtzern hat gejagt/
Das nach der Römer Macht zum minsten nicht gefragt/
Von dem viel Käyser auch den Frieden musten käuffen/
Das noch auff diesen Tag jhr keiner an darff greiffen/
175 Als wenn es ohn gefehr felt in sein eygnes Haar/
Wie Carlen vor der Zeit dem fünfften wissend war.
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[Seite 255]

Dann ob schon dieser Heldt mit allen denen Sachen
Die einen Obristen vnd guten Kriegsmann machen
mk Genung versehen war/ Ob schon der Spanjer Krafft
180 Vnd Welschen bey jhm stund/ doch hett’ er nichts
geschafft

Wenn er die Hertzen nicht hett’ vnter sich verbittert/
Vnd diesen starcken Baum durch Zanck vnd Neyd gesplittert:
Wiewol der gantze Krieg/ vmb den so manche Nacht
Vnd Tag verschwendet ward/ jhm nicht viel eingebracht.
185 Es bleibet nur gewiß; jhr wird nicht angesieget
Der Teutschen Nation wann daß sie friedlich krieget/
Vnd bey einander helt/ wie vbel thun dann die
So jhrer Feinde Heer mit grossem Fleiß’ vnd Müh
Auch an den blossen Leib des Vaterlandes hetzen?
190 O last die Mißgunst doch vns jetzt bey Seite setzen/
Räumt ja der Heucheley so grossen Platz nicht ein/
Vnd trawt dem Schmieren nicht: wie süsse pflegt zu seyn
Des Stellers LockeLied den Vogel auffzufangen
So gar Nichts Vbels denckt? kan nur der Wolff erlangen
195 Daß jhm der Riede wird zum ersten weg gethan/
Gewißlich muß das Schaf hernachmals auch daran.
O flieht des Neydes Gifft/ reicht doch die trewen Hände
Einander Brüderlich vnd steht als veste Wände
Die kein Gewitter fellt/ so wird in kurtzer Zeit
200 Der stoltze Feind/ nechst Gott/ durch vnser’ Einigkeit
Zurücke müssen stehn: Ey last anjetzt erscheinen
Daß Ihr’s vor diesem nicht habt pflegen falsch zu meynen
Wie ewrer Nachbar noch in gutem Wesen stundt.
Im Vnglück wird geprüfft des Hertzens tieffer Grundt.
205 Ich meyn’ es ist auch fast der Rede wehrt zu nennen
Bißweilen mießlich stehn/ auff daß man kan erkennen
Wie trew ein jeder sey. Die Schwalbe macht jhr Hauß
Im Sommer zu vns her/ fleugt aber wieder aus
ml mm mn mo mp mq mr
[Seite 256]

ms So bald der Winter kömpt: So sind auch falsche Leute.
210 Wann gutes Wetter ist sucht jedermann die Beute/
Sind alle Worte Gold: Ergreifft ein Vnfall dich/
Kömpt Kummer/ Creutz vnd Noth/ so gehn sie hinter
sich.

Diß heißt nicht seinen GOtt von gantzer Seelen lieben/
Den Nechsten als sich selbst/ wie Christus vorgeschrieben:
215 Diß heißt nicht Bruder seyn/ die wahre Freundschafft
steht/

Spricht nicht die Schenckel an/ GOtt gebe wie es geht.
Sie dringet sich nicht ein/ was gutes zu geniessen/
Wird weder durch Gefahr noch Furchte weggerissen:
Sie ist wie guter Wein/ je länger dieser liegt/
220 Je lieblicher er wird/ je bessern Schmack er kriegt.
Kein grössers Vbel ist als wann ein Mann in Schaden
Auff gute Freunde trawt/ die doch jhn lassen baden/
Vnd machen sich darvon. Diß thut die Liebe nicht/
Sie bleibet wer sie war/ gleich wie der Sonnen Liecht
225 Durch alle Nebel scheint: Sie ist der Alten Jugend/
Der Krancken Linderung/ der Vngelehrten Tugend/
Der Reichen Gnad’ vnd Gunst/ der Armen Gut vnd Geld:
Das Wasser ist vns nicht so nützlich in der Welt.
Ach! seyd mit diesem Schmuck vnd Kleinod auch gezieret/
230 Ihr die jhr gleich wie wir den Christen-Namen führet/
Vnd Brüder mit vns seyd: Springt doch dem Nechsten bey/
So bleibet er jetzund vnd jhr inkünfftig frey.
Nun jhr deßgleichen auch/ jhr ehrlichen Soldaten/
In denen Liebe steckt zu Ritterlichen Thaten/
235 Laßt jetzt/ laßt jetzt doch sehn den rechten Deutschen
Muth/

Vnd schlagt mit Frewden drein: Der Feinde rothes Blut
Steht besser vber Kleid vnd Reuterrock gemahlet
Als köstlich Posament/ das thewer wird bezahlet/
mt mu mv mw mx my
[Seite 257]

mz Ziert einen Kriegesmann: Ein schöner Grabestein
240 Der bringt der Leichen nichts/ ist nur ein blosser Schein:
Das Feld/ das blancke Feld/ in dem viel Helden liegen
So vor jhr Vaterland vnd Freyheit wollen kriegen
Steht Männern besser an: Was ist doch nur der Todt
(Daß ich von jhm nun red’)? ein stiller Port der Noth
245 An dem der Kummer ruht/ vnd giebet sich zu Rande/
Ein Thor durch das der Geist kömpt aus des Leibes Bande/
Der Ewigkeit Beginn/ der schnöden Welt Beschluß/
Ein Weg den in gemein’ ein jeder treten muß
Er sey auch wer er wil. Hierauff nun last vns dencken
250 Wann dieser herbe Streit wil vnser Hertze krencken;
Hier wird das Ende seyn: Drumb fliehe niemand nicht
Vor dem das alle Pein vnd alles Creutze bricht:
Du trinckest Gifft in dich vnd wunderliche Sachen
So wider die Natur/ den Leib gesund zu machen/
255 Was schewst du dann den Todt durch den du jederzeit
Hernachmals für Artzney vnd Kranckheit bist befreyt?
Was zuckest du doch viel? Sol GOtt von deinet wegen
Die Ordnung dieser Welt jetzt auff die Seite legen?
Das Leben muß dir seyn wie wann du einen Gast
260 Vnd guten werthen Freund in deinem Hause hast:
Da thust du was er wil: Geliebet jhm zu bleiben/
So kanst du jhn auch nicht mit Ehren von dir treiben;
Gedenckt er dann hinweg/ so stellst du jhm es frey/
Vnd reissest jhm darumb den Mantel nicht entzwey.
265 Es hat uns die Natur nur einen Weg zu leben/
Zu sterben aber viel vnd mancherley gegeben:
Der fällt vnd bricht den Hals: Der beugt dem Tode für/
Vnd bringt sich selber vmb: Den frißt ein wildes Thier:
na Der muß die Fisch’ im Meer/ vnd der die Vögel speisen:
270 Der pfleget so von hier/ der anders weg zue reysen:
Es stirbt ein jederman so hier auff Erden wohnt;
Wol aber stirbet der so seiner selbst nicht schont
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[Seite 258]

Vnd diese Welt vorlest/ vor Gott vnd gute Sache:
Wie bitter man jhm auch die letzte Stunde mache/
275 Ist doch jhm nicht also: Wer Kriegestodt erkiest
Der hat den schönsten Todt der auff der Erden ist.
Wer fragt auch viel darnach kein Grab vnd Grufft zue
krigen?

Vermeynen wir man kan im Sarche weicher ligen
Als vnter freyer Lufft? Wen geht es auch was an
280 Daß er zu Hause nicht verschorren werden kan?
Es ist ja gleich so weit hier vnd an jenem Orte
Biß an des Himmels Thor vnd Acherontens Pforte.
Was weynt jhr Mütter viel vmb daß euch durch den Streit
Die Söhne sind erlegt in jhrer jungen Zeit?
285 Es pfleget so mit vns wie Aepffeln zu zu gehen/
Viel reist man jung noch weg/ viel so zu lange stehen
Die fallen selber ab/ ein jeder hat sein Ziel
Zue welcher Stunden jhn der Gärtner haben wil.
Wie wol sagt jenes Weib/ nach dem sie hat vernommen
290 Daß in der Schlacht jhr Sohn sey umb das Leben kommen:
Ich/ als ich jhn gebohrn/ so wust’ ich wol den Lauff
Er müste sterblich seyn/ drumb zog’ ich jhn auch auff:
Vnd da ich jhm gebot’ auff Troja hin zu reysen/
Sein werthes GriechenLand zu schützen mit dem Eysen/
295 Verstund ich daß ich jhm in Kampff vnd KriegesNoth
Befiele fort zue ziehn/ nicht in ein Gastgebot.
Was wollen wir auch viel der Jugend Todt beklagen?
Der Leib beschwert vns nur mit dem wir vns hier tragen:
nf Jetzt thut das Häupt vns weh/ jetzt ligt es vmb die
Brust/

300 Jetzt haben wir zue Tranck vnd Speise keine Lust:
Bald hat man zu viel Blut/ bald fallen scharffe Flüsse/
Bald kocht der Magen nicht/ bald schwellen vns die Füsse/
Bald sticht es hier bald da/ wie sehr man seiner schont:
So geht es dem der nicht auff seinen Gütern wohnt.
ng nh ni nj nk nl nm nn
[Seite 259]

305 Diß Wirthshauß ist vns nur auff kurtze Zeit geliehen/
Drumb sol man stündlich auch geschickt seyn auß zu
ziehen/

Gleich wie ein fertigs Schiff das an dem Vfer steht/
Vnd wartet einig nur wann guter Wind angeht.
Was ists doch für Gewinn wie viel man Jahre zehlet?
310 Ein Alter ist gewiß nur mit sich selbst gequälet/
Muß augenblicklich sehn ob sein Termin nicht kömpt/
Vnd ob der bleiche Todt jhn auß dem Hauffen nimpt.
Je weiser einer ist/ je williger er gehet
Den Steg den alle gehn; er weiß wol vnd verstehet
315 Es müsse nur so seyn/ er weiß daß nach der Zeit
Ein anders Leben sey dort in der Ewigkeit.
Wie wann man etwan vns durch einen schwartzen Mohren
Sehr schöne Gaben schickt/ so hat auch Gott erkohren
Den vngestallten Todt/ mit dem er vns schickt zu/
320 Nach vieler Müh vnd Angst/ die stete Lust vnd Ruh
So allen Frommen wird. Wer den vermeynt zue tödten
Der seinem Schöpffer trawt in allen seinen Nöhten/
Vnd auff den Himmel denckt/ der schaffet gleich so viel
Als der so einen Fisch im Zorn erseuffen wil/
325 Vnd schmeist jhn in den Fluß: Wie wol wird doch diß Leben/
Der Schawplatz aller Noth für jenes hingegeben?
Gewißlich hetten nur die Kinder den Verstand/
Ihr Weynen würde bald in Lachen vmbgewand
no Wann sie auff diese Welt von Mutter-Leibe kommen/
330 Dieweil sie aus dem Schleim’ vnd Finsternis genommen
Die schöne Sonne sehn; So geht mit vns es auch;
Wir lassen durch den Todt den schwartzen Dampff vnd
Rauch

Der schnöden Eitelkeit/ vnd kommen an die Sonne
Die nimmer vntergeht/ das Liecht der steten Wonne:
335 Was trawren wir dann viel daß der vnd jener stirbt/
Vnd kömpt der Sorgen ab? Wer sagt Metall verdirbt
np nq nr ns nt
[Seite 260]

Im fall es in ein Bild wird künstlich vmbgegossen?
Vns gleichsfalls die wir nur von Leim vnd Schleim
entsprossen/

Wann wir den schwachen Lauff der Sterbligkeit erfüllt/
340 Verwandelt auch der Todt in GOttes Ebenbild/
Vnd macht vns wieder new. O wol! O wol doch denen
Die vor jhr Land vnd GOtt sich auffzuopffern sehnen/
Vnd schewen nicht das Schwerdt! Laß hin der Römer
Pracht/

Ihr Graß/ jhr Eichen Laub/ vnd was sie mehr gemacht
345 Von Kräntzen vieler Art; Sie mögen tiumphiren
Mit jhrer güldnen Kron’: Vns Christen wird noch zieren
Der Krantz so nicht verwelckt/ den keine Lufft verletzt/
Der Krantz der Ewigkeit: der wird vns auffgesetzt
Auff jenen grossen Tag/ wann der vns wird erwecken
350 Für dessen Antlitz hier diß alles muß erschrecken
Für dem man sonst erschrickt: Wer diesen Trost recht
fast/

Hat mitten in der Pein vnd Marter Ruh vnd Rast/
Leßt dieses Leben stehn/ streckt willig beyde Hände
Nach seinem Stündlein aus/ vnd eilet auff sein Ende
355 Wann GOtt nur wincket zu/ ist lustig vnd erfrewt
Wo daß er sehen kan Fug vnd Gelegenheit
Von hinnen weg zu ziehn/ vnd diese Welt zu lassen/
Da nichts als Creutz vnd Noth/ als Zorn/ Neid/ Mord vnd
hassen

nu In vollem schwange gehn/ da diese gantze Zeit
360 Nichts ist als Kümmernis/ als steter Kampff vnd Streit.
Der Todt bringt Stillestand; Das Grab wird nicht beschossen/
Verstört vnd vmbgekehrt; Ists einmal zugeschlossen
So nützt der Cörper nicht/ wird keines Feindes Raub/
Die Würmer nehm ich aus/ ist Asche/ Koth vnd Staub:
365 Die Seel’ ist frey vnd loß. Die hier sich wol gehalten
In dieser Sterbligkeit/ gehn droben mit den Alten
Berühmten Helden vmb/ sehn von der hohen Lufft
Wie jederman allhier läufft/ trabet/ denckt vnd hofft
nv nw
[Seite 261]

Auff vnbeständigs Thun/ die aber in dem Bande
370 Des Leibes sich befleckt mit Lästern/ Sünd’ vnd Schande/
Vnd Vppigkeit geliebt/ vnd wider Recht gekriegt/
Die müssen durch das Thor da Plutons Wächter ligt
Der schwartze Cerberus mit seinen dreyen Rachen
Vnd Schlangen vmb den Hals/ nachdem sie Charons Nachen
375 Hat vber See geführt/ vnd ohne Tagesschein
In steter Finsternis vnd dicken Wäldern seyn/
Biß daß die Himlische Trompette wird erschallen/
Für der die Sonne fliehn/ die Felsen werden fallen/
Der Himmel furchtsam seyn/ der Erden tieffer Grund
380 Zerbersten mit Gewalt biß an Cocytus Schlund/
Da sämptlich alles Fleisch wird aus den Gräbern steigen/
Sich für der Vrtheil-banck des Richters zu erzeigen
Der nicht betrogen wird/ den weder Geld noch Gunst/
Wie hier bey uns geschieht/ noch Zungendrescher-
Kunst/

385 Ja kein Erbarmen auch die Augen wird verblenden.
Was Schrecken/ Furcht vnd Angst wird seyn an allen Enden?
Zur rechten Hand der Schuld vnd Laster grosse Zahl/
Zur Lincken die Gespenst vnd Geister allzumal/
nx Zun Füssen der Morast vnd FewerSee der Höllen/
390 Zun Häupten Christus selbst den letzten Spruch zu fellen/
Hier des Gewissens Qual vnd da der Erden Glut/
Dem Frommen werden auch entfallen Hertz vnd Muth;
Was wird der Böse thun? vnmöglich ists zu weichen/
Vnleydlich zu gestehn: Ein König wird verbleichen
395 Der Grawsamkeit geliebt: Wird nackend/ arm vnd bloß
Ohn alles Zepter gehn in Acherontens Schloß/
Von gar viel andern zwar als wol bey vns vmbringet.
Der Bluthund der sich hier zu Krieg vnd Streiten dringet/
Der Hertze/ Geist/ vnd Sinn an Meutterey ergetzt/
400 Wird einen ärgern Feind sehn auff sich angehetzt/
Als er gewesen ist/ der stündlich jhn wird jagen/
Der Augenblicklich jhn wird ängsten/ martern/ plagen
ny nz oa ob
[Seite 262]

Mit vnerhörter Pein. Was der Verdampten Schaar
Am meisten in der Welt allhier behäglich war/
405 Wird einem jeglichen nach dem ers fürgenommen/
Dort in den heissen Pful’ auch pflegen einzukommen/
Ihn quälen Tag vnd Nacht: die Geitzigen jhr Gut/
Die Hurer Liebesbrunst/ Tyrannen Rach vnd Blut;
Den diß vnd jenen das. Wie nun diß grosse Leyden
410 Nicht auß zu sprechen ist/ so seynd die HimmelsFrewden/
So allen Seligen noch werden zuerkand/
Auch vber Englische Gedancken vnd Verstand.
Was vmb vnd vmb wird seyn wird alles Frieden heissen;
Da wird sich keiner nicht vmb Land vnd Leute reissen/
415 Da wird kein Ketzer seyn/ kein Kampff/ kein Zanck
vnd Streitt/

Kein Mord/ kein Städte-brand/ kein Weh vnd
Hertzeleid.

Dahin/ dahin gedenckt in diesen schweren Kriegen/
In dieser bösen Zeit/ in diesen letzten Zügen
oc Der nunmehr-krancken Welt; Dahin/ dahin gedenckt
420 So läßt die Todesfurcht euch frey vnd vngekränckt.
Wie thewer pflegt man doch die Müntzen einzukauffen
Von langen Jahren her? Wie würde man doch lauffen
Wann Caesar oder sonst ein hochberühmter Held
Jetzt käme wiederumb zu vns her auff die Welt?
425 Wer wolte nicht von vns auch mehr als hundert Meilen/
Vnd hundert noch darzu/ ohn alles Säumniß eylen/
Nur Abraham zu sehn? Wem ist der Todt nun schwer
Zu reysen an den Orth da alles Himmel-Heer/
Da alle heiligen versamlet frölich leben/
430 Da vmb das hohe Hauß die schönen Geister schweben
Die Gott zu Dienern hat/ ja mehr/ da vmb vnd an
Gott selber sichtiglich beschawet werden kan/
Der vnbegreifflich ist/ in keinen Orth zu bringen/
An allen Orten doch/ der war für allen Dingen/
435 Vnendtlich/ vnbekand/ von keinem je erkiest/
In dem/ auß dem/ durch den ist alles was da ist:
od
[Seite 263]

Keusch/ ewig/ gut/ gerecht/ frey/ loß/ in nichts
beschlossen/

Der Vater von sich selbst/ der Sohn aus jhm entsprossen/
Der heilige Geist auch von allen beyden her/
440 Die drey allein ein Gott: Mehr ist vor mich zu schwer.
Was niemand suchen sol/ begehret nicht zu finden/
Vnd steiget nicht zu hoch/ es möchte sonst verschwinden
Diß was jhr suchen sollt: Wer Gottes Heimligkeit
Vermessentlich erforscht/ der segelt gar zu weit/
445 Vnd schifft in einer See durch die er nicht kan kommen/
Muß wieder auff den Weg den er zuvor genommen/
Kömpt vnverrichtet heim: Diß was vns selig macht
Wird durch die Schrifft genug in Augenschein gebracht/
oe Vnd deutlich außgelegt. Drumb hier/ weil meine Sinnen/
450 Vnd diese schwache Hand nicht höher steigen können/
Hier wil ich bleiben stehn: Das höchste Gut allein
So vor mein Anfang war/ sol jetzt mein Ende seyn.
Für dich HErr/ kommen wir dein armes Volck getreten/
Mit eyfrigem Gemüth vnd fewrigen Gebeten/
455 Du/ du bist vnser Hort/ du starcker Capitäin
Für dem die Könige der Erden Asche seyn/
Vnd weniger als Staub: Wir kommen vnd erscheinen
Für deiner Majestät: Du hast die Noth der deinen
Von allen Zeiten her genädig abgekürtzt
460 Vnd jhrer Feinde Macht bestritten vnd gestürtzt.
Durch dich hat Abraham vier Könige geschlagen/
Vnd Loth zurück gebracht: Durch dich ward Roß vnd Wagen
Die grosse Reuterey des Pharaones Heer
Vnd Pharao darzu geworffen in das Meer:
465 Durch dich stund Josue für seinen Feinden allen/
Auff die du Hagel auch vom Himmel hiessest fallen:
Die Sonne mußte selbst vmb seinet willen stehn/
Vnd einen gantzen Tag zu langsam vntergehn.
Für deiner Stärcke kam der Midjaniter Hauffen
470 Mit greßlichem Geschrey vnd Furchtsamkeit gelauffen/
of og oh
[Seite 264]

Fiel durch sein eygnes Schwerdt. Durch dich griff
Jonathan

Mit einem Knechte nur ein gantzes Lager an:
Du hast den Schleuderstein auff Goliath gewendet
Als David jhn erschlug: die Syrier verblendet/
475 Daß Eliseus nicht kam vnter jhre Macht:
Dem stoltzen Sanherib erwürget in der Nacht
Sein kühnes Kriegesheer: Du grosser Vberwinder
Nimb auch dich vnser an: Ach! siehe deine Kinder
oi Vnd kleiner Hauffen kömpt/ fällt nieder vnd begehrt
480 Du wollest doch nicht mehr der Feinde scharffes
Schwerdt/

Die gantz vns willens sind zu dempffen/ lassen wetzen:
Du Zuflucht Israels/ laß doch dem wilden Metzen
Nach solcher Angst vnd Noth/ nach dieser langen Pein
Vnd schweren KriegesLast einmal ein Ende seyn;
485 Nimb deine Rute weg. Wir armen Niniviten
Bekennen vnd gestehn/ wir haben vberschritten
Das Ziel von dir gesetzt: So viel des Meeres Rand
Bestritten durch den Ost hat kleine Körner Sand/
So manche Missethat beschwert vns das Gewissen.
490 Wo sollen wir doch hin/ wo daß wir nicht geniessen
Der grossen Gütigkeit die mitten in der Glut
Deß Eyffers deinen Grimm gantz freundlich/ milde/ gut
Vnd wolgeneiget macht? Wo sollen doch wir Armen/
Wo sollen wir hinauß? dich Väterlich erbarmen
495 Ist ja dein eygnes Thun: Ach! Vater/ laß doch nicht
Der Kirchen schwaches Schiff das jetzund knackt vnd
bricht

In dieser wilden See/ in diesen wüsten Wellen/
Bestritten von der Macht vnd Grausamkeit der Höllen!
Laß vns nicht länger seyn der Götzendiener Spott
500 So ruffen ohne Schew: Wo ist der Ketzer Gott?
Du aber/ lieber HErr/ du pflegest nicht zue schlaffen;
Dein Auge schlummert nicht; Du bist bey deinen Schafen
oj ok ol om on
[Seite 265]

Auch mitten in der Noth/ du grosser FriedeFürst/
Wie sehr du vber Sünd’ vnd Laster zornig wirst/
505 So wärt dein Grimm doch nicht: So weit die blawe Decke
Der Wolcken vber vns sich streckt von einer Ecke
Biß zue der andern hin/ so weit wird auch die Schuldt
Deß Menschens der dich liebt mit Sanfftmuht vnd Gedult
oo Von dir hinweg gethan: Du wilst vns nur probiren
510 Auff diesem Musterplatz/ vnd auff den Fechtplan führen
Zu zeigen daß in vns gar keine Heucheley/
Kein Murren wider dich noch Vngehorsam sey.
Du wilst vns eyfriger hinfüro beten lehren/
Vnd wahre Busse thun/ du wilst die Andacht mehren
515 So noch zu FriedensZeit vnd ausser der Gefahr
Durch Sicherheit vnd Stoltz in vns erkaltet war.
Nun/ Vater/ schicke doch vns deinen Geist hernider/
Den Geist der Besserung/ erwärme diese Glieder
Sonst böse von Natur mit seiner Weißheit Brunst:
520 Ohn jhn ist vnser Thun vnd Wille gantz vmbsonst;
Ohn jhn vermag man nichts. Laß vnsre Sinnen fegen
Durch seiner Liebe Glut/ auff daß wir von vns legen
Das alte SündenTuch/ ziehn an das reine Kleidt
Der Vnschuldt/ Gottesfurcht vnd newen Frömmigkeit.
525 Vnd da wir ja forthin noch länger müssen tragen
Die Bürde deines Zorns/ so laß vns nicht verzagen/
Gib vns den Muth der Noth vnd Todt verachten kan/
Bind’ vns mit deiner Hand starck an den Himmel an.
Auff daß wir nicht vergehn; Gib vns in diesem Schmertzen
530 Ein frewdiges Gemüth vnd Königliche Hertzen/
Damit wir wider Grimm/ Gewalt vnd Vberlast
Mit kräfftiger Gedult vnd Hoffnung seyn gefaßt.
Schenck vns des Glaubens Helm/ den Sinn der allzeit wache
Für dich/ für vnser Land vnd für gerechte Sache;
535 Laß vns der Tyranney frisch vnter Augen gehn/
Vnd also lange wir den Athem haben stehn.
op Ein Mensch der dir vertrawt/ der dir sich hat ergeben/
Was kan er weniger verlieren als sein Leben?
oq or
[Seite 266]

Den Trostspruch wirff vns zu wann wir im Streiten sind
540 Vnd Geist vnd Blut zugleich vns aus dem Leibe rinnt.
Sey du der Obriste/ verschaffe kundt zu werden
Daß keine Tapfferkeit/ daß keine Krafft der Erden
Dir widerstehen mag/ daß keine Kunst noch List
Dem Volcke schaden kan/ wo du zugegen bist.
545 Hilff doch den bösen Raht der jenigen vernichten
Die alle Müh vnd Witz nur einig darauff richten
Wie vnsrer Sachen Recht durch einen falschen Schein
Der gantzen weiten Welt verhasset möge seyn.
Laß ja die Obrigkeit zu keiner Zeit sich lencken
550 Von deiner Zuversicht: Ihr Wollen vnd Gedencken
Steht gantz in deiner Hand; von dir kömpt Fried vnd
Krieg/

Von dir/ du Schirm vnd Schild der Frommen/ kömpt der
Sieg.

Gib gleichfals auch den Sinn den andern Potentaten
Die vnsers Glaubens sind daß sie auch helffen rahten
555 Vnd trewlich Beystand thun; daß sie auch keinen Fleiß
Nicht lassen vngespart für deinem Ruhm vnd Preiß:
Zwar nicht daß dir/ O GOtt/ vnmüglich sey zu siegen/
Wie starck der Feind auch ist/ wann sie nicht helffen kriegen
Vnd streiten; sondern nur daß von vns allesampt
560 Recht werde fortgepflantzt der Christen wahres Ampt/
Daß keiner vnter vns sey künfftig außzuschliessen
Von denen die jhr Blut gantz Ritterlich vergiessen
Vor dich vnd vor das Recht/ vnd die sich durch das
Schwerdt

Wie Teutschen angehört/ biß auff den Todt gewehrt.
os Diß thue/ O höchster Gott/ vmb deines Sohnes willen/
566 Des Mittlers dieser Welt/ der deinen Zorn zue stillen
Vor uns gelidten hat/ das letzte Theil der Zeit/
Jetzt lebet vnd regiert mit dir in Ewigkeit.

Ende des vierdten Buches.

ot ou ov

Fußnotenapparat

a Siehe Carl Roos, ›Das erste Bekanntwerden der dänischen Kaempe-
oder Folkeviser im Ausland‹, Orbis litterarum VI (1948), 100–104; dort
sind alle vorhandenen Unterlagen und Hilfsmittel angegeben und aus-
gewertet worden.
b am Rand: [3]
c Hanc eruditionem] Haec eru-
ditio E
d D[ivus]. Julius: der vergötterte
Julius Caesar
e Chersone Dkf E
f commendatum, charumque E
g Addidi ... est.] Nicht in E, da
die Gedichte dort nicht gebracht
werden.
h XI.] Dkf XL. E In E folgt auf
Septembres: M. DC. XXXIII
i am Rand: [15]
j am Rand: [16]
k Diese Inhaltsangabe fehlt E; siehe Einleitung.
l am Rand: [17]
m am Rand: [18]
n E 290 Unbezeichnete Lesarten be-
ziehen sich darauf.
o fürgenommen. P (= Buch v. d.
D. Poeterey, C4b bis D 2a)
p laß ... Jugend] vnd laß mich
glücklich P
q ander’
r Lieben/] Virgel nach P einge-
fügt
s der Poeten volck P
t Lufft: Himmel sie]sich Dkf E
u Nun bin ich
v grossen Zahl] dicken schar P
w Pierinnen/] neun Göttinnen/
P
x deutsch P auf vnser Teutsch]
nach Teutscher Art
y am Rand: [19]
z biß hieher] allhieher P
aa Vieleichte werden noch P
ab Geschicktere dann ich nach P
ac hingelegt = beendigt (bellum
deponere)
ad Land vnd Meer P
ae höher = weiter auf die hohe
See hinaus
af lenden = landen
ag Nem
ah am Rand: [20]
ai Widerbart Dkf E; cf. II, 484.
aj Stier: Die Sonne tritt etwa am
20. April in das Zeichen des
Stiers ein. entdecken = auf-
decken
ak Vögel
al fort geraubt
am am Rand: [21]
an verhauen = durch Verhaue ge-
sichert
ao schüttert E schüttern = er-
beben, zittern
ap erkennen = geschlechtlich ver-
kehren
aq hingelegt = niedergelegt, zer-
stört
ar Saate
as am Rand: [22]
at verfallen = verdorben, zu Tode
gefallen
au Schaffstall] Saffstall Dkf X
nach E verbessert
av schwächen = entehrt werden
aw Ehrenblüht’
ax Ehe Dkf E
ay am Rand: [23]
az nachleben = weiterleben
nachgelebt] noch gelebt
ba Dardurch So meist E
beruffen = berühmt
bb Cammer = Vorratsraum, Kasse
aufgeklaubet = (stückweise)
geraubt
bc geräumt = leer gemacht
bd am Rand: [24]
be Volck’
bf der weiße Bär: das Sternbild
des Bären, fürchtend Phaëton
habe nochmals die Sonne aus
der Bahn gelenkt, ...
bg am Rand: 25
bh vnglückhafften] abgeleibten
bi In jhrer Menschen-Art aus
bj angerührt/] Aus angerürht;
nach E verbessert. Dort Dkf an-
gerüht/
bk der] Aus die XE emendiert
bl scheußlichen] prächtigen
Maranen = Spanier; Opitz
übernahm ndl. »Maraen«.
bm Thriambus = Bacchus
bn jetzt/] Aus jetzt; X jetzt E
geändert
bo am Rand: [26]
bp die Bach (wie mancher andere
Genuswechsel) entstammt dem
Schlesischen.
bq schützt los = läßt schießen
br lang Dkf E
bs seine Dkf E
bt am Rand: [27]
bu am Rand: [28]
bv scheint = glänzt
bw bestatten = zubringen
bx geglissen: part. perf. von glei-
ßen = glänzen
by geschmissen = geschlagen
bz am Rand: [29]
ca alber = einfach
cb Bley Dkf E
cc stäckte
cd Gefahr/] Aus Dkf Gefahr.
nach E geändert
ce dürffte Dkf E
cf am Rand: [30]
cg ward] war
ch verzehrt: Kleopatra trank eine
kostbare, in Wein zerstoßene
Perle.
ci Isai = Jesse; die folgenden
Zeilen berichten von König
David; siehe II. Samuel 12.
cj am Rand: [31]
ck Frewd
cl schmeckt = riecht
cm (Fecht)plan = ebener Ort
cn Seelenfeind Dkf E
co am Rand: [32]
cp gleissend
cq am Rand: [33]
cr glaubet
cs schliessen = verschliessen
ct am Rand: [34]
cu am Rand: [35]
cv eh’ als = bevor
cw am Rand: [36]
cx dichten wir] wie Dkf E
cy vnsrer
cz am Rand: [37]
gezählt aber unbeziffert
da am Rand: [38]
db Gemüht
dc er] Aus Er nach E geändert
dd am Rand: [39]
de gar vmbsonst] gäntzlich nichts
df nicht] kaum
dg am Rand: [40]
dh weisse Dkf X nach E ver-
bessert
di Gedichte
dj nicht] Aus nich Dkf X nach E
verbessert
dk am Rand: [41]
dl Überweiß = Beweis
dm verwandt = abgewandt, durch
Windung verzerrt
dn sich begehn = sich vertragen
do am Rand: [42]
dp am Rand: [43]
dq sich bescheiden = sich Be-
scheid holen, sich unterrichten
dr Mimas: Ein von Zeus oder Ares
erschlagener Gigant
ds ausgesetzt = ausgenommen
dt ander
du nun] Aus nur nach E geändert
dv am Rand: [44]
dw vnversehrt.] vnverhert.
dx Artemisia: Erbauerin des nach
ihrem Gemahl, Mausolus von
Halikarnaß, benannten Grab-
mals.
dy der Dianen Kirch’: Der Diana-
tempel zu Ephesus wurde 356
v. Chr. von dem Brandstifter
Herostratus zerstört, »damit
sein Name auf die Nachwelt
komme.«
dz Bild der Sonnen: Der Koloß
zu Rhodos
ea vmklafftern = mit den Armen
umklammern
eb Tageschein
ec geschorren: part. perf. von
scharren = der Erde gleich-
machen
ed am Rand: [45]
ee gleich(e) ist Adjektiv
ef nächst E nähst = nahezu
(gleich)
eg Außgang Dkf E Außzug =
Inbegriff
eh mit] Aus mir Dkf X nach E
verbessert
ei abmeien = abmähen, nieder-
schneiden
ej am Rand: [46]
ek aushaben = zu Ende gehn
el ersehen = sehend wahrnehmen
em heischet
en am Rand: [47]
eo Psiller: Die Psyller, ein Volk in
Lydien, wurden nach Herodot
vom Wüstensand begraben.
ep Sudt = Süd(wind)
eq Liecht: Dkf E
er dann
es am Rand: [48]
et nimmer] Aus Dkf immer nach
E verb. gar = vollkommen
eu Reichthumb] Aus Dkf X
Keichthumb verbessert
ev Stollen = Tragbalken
ew Hochheit
ex am Rand: [49]
ey Vatinius: Publius Vatinius, ein
Günstling Cäsars, wurde als
Kandidat der Triumvirn gegen
M. Cato, dem Kandidaten der
Optimaten, zum Praetor ge-
wählt. Später wurde er von
Cicero wegen seiner Verbrechen
so heftig angegriffen, daß der
Name sprichwörtlich wurde.
ez Wappen offen] blanker
fa Ankunfft = Abstammung
fb Früchte Dkf XE
fc am Rand: [50]
fd das Mensch = weibliche Per-
son; keineswegs pejorativ
fe legt zu/] zulegt/
ff versucht = erprobt, bewährt
fg Thurn
fh am Rand: [51]
fi loß = unbehindert
fj Dürfftigkeit? Dkf E 358 zu
fk vergießen = mit Guß umge-
ben, einhüllen
fl Wurm = (fliegendes) Insekt
fm Baum, Garn, Stange: Tech-
nische Ausdrücke der Weberei
fn wielem Dkf E 375 sichers
fo am Rand: [52]
fp Caligula ließ seine Soldaten am
Strande gegenüber England
Muscheln sammeln, um sie in
Rom den Göttern als Beute
aus dem Ozean darzubringen.
fq Tockenspiel = Puppenspiel
fr im Gemüth’/] Emendiert nach
E aus ein Gemüth’
fs gut] arg böse] köstlich
ft sich (Dkf E) wieder holt
fu am Rand: [53]
fv Wie wol] Nach E aus Wiewol
geändert
fw zuwollen = nachstellen
fx ja fehlt Dkf X nach E verb.
fy lassen] Aus Dkf lasse nach E
verbessert
fz am Rand: [54]
ga am Rand: [55]
gb Händen
gc Bestand = Beständigkeit, con-
stantia veralten = alt werden
gd ausgelegt = bezahlt
ge im] durch
gf Macht schawen jederman auff
gg am Rand: [56]
gh Püsch 502 bezwungen. zu wanken
gi Fuß halten = sich stellen ohne 509 Lüfften
gj am Rand: [57]
gk Lobens] Aus Lebens Dkf X
nach E verbessert
gl wan Dkf E
gm die eigene] Aus die einige
emendiert nur einig die E
gn Halt Dkf E
go sich reimen = hineinpassen
gp am Rand: [58]
gq verweisen = ausweisen, ver-
bannen
gr fehlt in E
gs Das grüne Feld ein Saal/ mit
Bäumen schön vmbringet?
d. h. 556/7 sind kombiniert.
gt damit Dkf E
gu am Rand: [59]
gv diß] Aus Dkf des nach E ver-
bessert
gw Dieben = (heimlich wie ein
Dieb) entführen
gx ausgeübt = geschult
gy am Rand: [Nach der unpaginierten leeren Seite, Blatt H2b, steht auf dem unsignierten, unpaginierten
und ungezählten Blatt H3a:]
gz 1 Mart. Opitii] fehlt E
ha am Rand: [60]
hb Buch geredt
hc jhm] Aus Ihm nach E geändert
hd Muht
he Nachkommenen
hf am Rand: [61]
hg groß] viel
hh am Rand: [62]
hi Tisiphone: Rächerin des Mor-
des, eine der drei Furien
hj Völcker = Soldaten kriegt =
bekommt
hk noch einer] ein andrer
hl am Rand: [63]
hm Land.] Punkt nach E eingefügt
hn Fried
ho soll.] Nach E aus soll/ verändert
hp am Rand: [64]
hq Geschrey = Ruf
hr bescheiden = Bescheid wis-
send, erfahren
hs nicht als = außer wenn; nur
ht verdruckt, verdrückt = unter-
drückt
hu Hochzeit-Brunnen: Die Füh-
rer der Calvinisten, die zur
Feier der Hochzeit zwischen
Margarete von Valois und dem
König von Navarra in Paris
waren, wurden in der Bartho-
lomäusnacht (24. August) 1572
ermordet.
hv Colin = Coligny
hw am Rand: [65]
hx erschiessen = ersprießlich sein,
helfen 119 Keich Dkf E
hy Busiris: König von Ägypten,
der Fremde ermordete; Her-
kules erschlug ihn.
hz Diomedes: Sohn des Mars; er
fütterte seine Pferde mit Men-
schenfleisch. Herkules erschlug
auch ihn.
ia Rhodan(us) = die Rhone
ib grossen Dkf E
ic Zours Dkf X; nach E berichtigt
id ohn] an Dkf E
ie Hervorhebung erst in E
if am Rand: [66]
ig Carlen: Karl IX.
ih Wie wol] Aus Wiewol XE ge-
ändert
ii strecken = auf die Folter
spannen, quälen
ij Orlandus: Orlando Lasso, ca.
1530–1594, Komponist, bes.
von Vokalmusik. Man könnte
auch an Bojardos Orlando inna-
merato oder an Ariosts Orlando
furioso
denken.
ik Tityus: Riese, der sich an Leto
vergriff und gefesselt in die
Unterwelt geworfen wurde;
ein Geier frißt an seiner Leber.
il übergehen = heimsuchen
im in] bey
in Schmack = (Vor)geschmack
io am Rand: [67]
ip Rhadamantus: Sohn Jupiters,
Richter in der Unterwelt
iq Ziegen-Insel: Capri, wo Tibe-
rius die letzten Tage seines
Lebens verbrachte.
ir Cocytus] Aus Dkf Cocylus XE
verbessert.
is am Rand: [68]
it am Rand: [69]
iu schöner Spott = (spott)billiger
Kauf
iv noch weiter durch] viel weiter
noch/
iw auch] dann
ix am Rand: [70]
iy ausreißen = abreißen, enden
iz endlich] erstlich Dkf E
ja noch = dennoch
jb fast = fest
jc der A. Strom = die Ozeane
jd Wüsteney] Aus Wüsterey
XE emendiert
je am Rand: [71]
jf Wasen = Rasenstücke
jg wegbringen = gewinnen
jh Leiden erhielt die Universi-
tät als Belohnung für helden-
haften Widerstand. Die Stadt
wurde am 2. Oktober 1574 mit
Durchstechung der Deiche bei
einer Springflut von der Be-
lagerung befreit.
ji verrannte = versperrte
jj Z. T. wörtlich übersetzt aus
Heinsius’ Gedicht ›Aen Leyden
Vytgegeven met zijn beschrij-
vinge door Ian Orlers ....‹,
Zeile 49 ff.
jk ohn] Aus Dkf an X nach E ver-
bessert
jl Thetis: Gemeint ist Tethys,
Schwester und Gemahlin des
Okeanos; sie ist das personifi-
zierte Meer.
jm Baldeus: Francisco de Valdés,
der spanische Befehlshaber vor
Leiden
jn am Rand: [72]
jo Nach Heinsius’ ›Op ...
Oostende.‹
jp Geldes-Tonnen Dkf E
jq Gades = Cadix Hemskerck:
Jan van Heemskerck, 1567 bis
1607. Opitz benutzt hier des
Heinsius’ Gedicht ›Op de Doot
... van ... Iacob Heemskerck
...‹, z. T. in wörtlicher Über-
setzung, bes. 333/6.
jr Schlacht bei Gibraltar, 25. Ap-
ril 1607
js davon Doch cf. I, 182.
jt am Rand: [73]
ju ohne] sonder
jv am Rand: [74]
jw Vnd] Der der]/ so
jx beschantzt.
jy verschwiegen = verborgen,
unbekannt
jz am Rand: [75]
ka stertzen = umstürzen, fallen
kb Lysander, Themistocles, Ci-
mon: Bedeutende Feldherrn
und Staatsmänner im alten
Griechenland. Bande: etwa
Bund, Verbindung; siehe IV,
246 (S. 257).
kc abgestrickt = abgeschnitten,
besetzt
kd am Rand: [76]
ke seinem Joch] seiner Last
kf Wie] Daß
kg leichter
kh den dritten Mann geben = sich
hinzugesellen, sich einmischen
ki am Rand: [77]
kj grosser] guter
kk auffdringen = aufbürden
kl vnauffgedeckt/] ohnauffge-
deckt/
km am Rand: [78]
kn Vnfall = Unheil, Schaden ab-
treiben = abwehren
ko entsetzen = helfen
kp fürwar
kq zu/] Virgel nach E eingefügt
kr am Rand: [79]
ks Hinweis auf die noch zur Zeit
von Opitz’ Aufenthalt gesun-
genen sog. Kaempevise. Opitz
kannte A. S. Vedels Sammlung,
das Hundertliederbuch, von
1591; siehe Carl Roos, ›Das
erste Bekanntwerden der däni-
schen Kaempe- oder Folkevise
im Auslande‹, Orbis litterarum
VI (1948), 100–114.
kt am Rand:

[81: unbeziffert]

ku sagt:
kv alles] deß
kw Elends/
kx Krieg.
ky jenem
kz Ihn (zweimal)
la Gericht
lb vnd solchen Frieden/
lc am Rand: [83]
ld leidlich = geduldig
le am Rand: [84]
lf Banck
lg mit hauffen = in Menge
lh außgelassen = entfesselt
li Kriegs-Verfassen = Kriegszu-
stand
lj gedultig
lk übergehen = bedecken
ll am Rand: [85]
lm aushärten = abhärten
ln es nicht] es nie
lo sieht’ Dkf E
lp nicht] Aus nie XE emendiert
lq gibt jhn Dkf E
lr Thaumantis Tochter Schweif:
Der Regenbogen
ls am Rand: [86]
lt Bär, Bootes: Nördliche Stern-
bilder
lu Siehe die Parallele in Zlatna
485; die Zeilen 102–104 sind
wörtlich übersetzt aus Hein-
sius’ Gedicht ›Aen de eerbare
ende konstrijcke Ionckvrou
Anna Roemer Visschers‹, 21/3.
lv am Rand: [87]
lw Bias: Einer der Sieben Weisen
Griechenlands. Gefragt, war-
um er bei der Belagerung sei-
ner Vaterstadt keine Vorkeh-
rungen treffe, soll er geant-
wortet haben: »Omnia mea
mecum porto.«
lx Dürfftigkeit = Armut
ly Da] Aus Dkf Daß nach E ver-
bessert
lz ich dir
ma dann so wol beschaffen
mb am Rand: [88]
mc mehr] wer Dkf E
md Vögeln
me Stock = Block für Gefangene
mf gantz-geschlagen] gantz er-
legtes
mg Aus Heinsius’ ›Aen Leyden
...‹, 61/8; siehe oben, S. 239.
mh den Kürzern jagen = den
Unterlegenen verfolgen
mi Das] Aus Doch nach E verändert
mj wann
mk am Rand: [89]
ml mit] Aus Dkf nicht X nach E
verbessert
mm Wann
mn Zwanck Dkf E
mo jemandem ansiegen = über
jemand siegen
mp helt/ wie] helt: Wie
mq schmieren = schöne Worte ge-
ben
mr Riede = Rüde, Hetzhund
ms am Rand: [90]
mt Leute.] Punkt eingefügt
mu hinter sich gehen = zurück-
weichen hinter sich
mv Brüder Freudschafft Dkf E
mw die Schenkel ansprechen =
Reißaus nehmen
mx baden lassen = ausbaden las-
sen, böse Folgen allein tragen
lassen
my köstlich] köstlichs Posament
= Sammelname für Borten,
Litzen, Tressen, Schnüre, Fran-
sen an Bekleidung
mz am Rand: [91]
na am Rand: [92]
nb Ziert einen Kriegesmann:]
Durch abgeraubtes Geld:
nc red’) ?] Aus end’) nach E ge-
ändert
nd sich zu Rande geben = zu Ende
gehen
ne so auff der Erden
nf am Rand: [93]
ng vorlest/] verläßt/
nh auch] dann
ni verschorren = verscharrt
nj erlegen = niederlegen, töten
nk Wiewol Dkf E
nl zoh’ Dkf E
nm scharpffe E der scharfe Fluß
= Rheuma, Gicht
nn kochen = verdauen
no am Rand: [94]
np augenblicklich = jedenAugen-
blick
nq Mohr = Maure, nicht Neger;
daher auch nicht tautologisch
nr mit dem er vns schickt] den
schickt er auff vns
ns die stete] mit stäter Dkf E
nt geht es mit vns auch;
nu am Rand: [95]
nv gleichfalls Leim = Lehm
nw (Die ... auß)
nx am Rand: [96]
ny Enden?] Nach E aus Enden/
geändert
nz Zun] Aus Dkf Zum nach E
verbessert
oa Glut/] Aus Glut? nach E geänd.
ob unleydlich = nicht zu erleiden,
unerträglich gestehen =
standhalten
oc am Rand: [97]
od einkommen = zustoßen
oe am Rand: [98]
of Gemüht’
og weniger] minder noch/
oh Da Pharao Dkf E
oi am Rand: [99]
oj an? Dkf E
ok Metzen = Metzelei, Schlachten
ol Niniviten: Ninive, die Haupt-
stadt von Assyrien, fiel 612 v.
Chr. unter dem vereinten An-
griff der Meder und Babylonier.
om manche = viel; cf. engl. many a
on wo daß] wann daß
oo am Rand: [100]
op am Rand: [101]
oq fegen = reinigen
or Gemüth’
os am Rand: [102]
ot verschaffe zu werden = be-
wirke, daß es werde
ou s. lenken l. v. = sich ablenken
lassen weg von
ov dir/] wir/ Dkf E
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