66. Sz 55 1624
Buch von der Deutschen Poeterey

Erstdruck A: In einem zusammengesetzten Rahmen von ± 169 ×
119 mm Außen- und 145 × 100 mm Innenmaß: MARTINI |
OPITII | Buch von der Deutschen | Poeterey. | In welchem alle
jhre eigen- | schafft vnd zuegehör gründt- | lich erzehlet/ vnd mit
exem- | peln außgeführet wird.
| [rechteckige Verzierung 11 × 22
mm] | Gedruckt in der Fürstlichen | Stadt Brieg/ bey Augustino |
Gründern
. | In Verlegung David Müllers Buch- | händlers in Breß-
law. 1624.

4°: A–I, K2, L2. Benutzte Exemplare: Breslau 4 V 645; Gö 8
Poet. Germ. I,5; U. B. Kiel; Wolfenbüttel; Yale University,
F. du F. 203 (Mikrof.) und Exemplar im Besitz des Hrsg.

Der Rahmen des Titelblattes wurde aus auch sonst häufig ver-
wendetem ornamentalen Kleinmaterial aus Typenguß herge

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stellt.
Es finden sich zwei verschiedene Einheiten: 1. Längsoval
zwischen zwei Perlen über einem Strich und 2. Rankenwerk. Die
Teilchen wurden zu Zierleisten zusammengesetzt. Das Muster 1,
mit dem Strich nach innen, stellt die vier Innenränder der Ein-
fassung; Muster 2, auf drei Seiten als einfache, am Fuß der Seite
jedoch als doppelte Leiste, ergibt die Außenränder. Dasselbe
Rankenornament findet sich in achtfacher Kombination zwischen
Zeile 8 und 9 des Titels und, als Doppelleiste von je 11,5 × 12 cm,
über und unter dem Horaz-Zitat auf Bl. [A1b]. (Verkl. Wiedergabe
von Bl. A in den Drucken S, T u. U.) Auf [A2a] beginnt der Text
mit der Initiale E, 25 × 25 mm, und auf [A4a] nimmt ein wuchtiges
Ornament (Gesicht in der Mitte, Tierköpfe links und rechts oben,
58 × 73 mm) fast ein Drittel der Kolumne ein. Zwei identische
kleine Röschenornamente von 7 × 19 mm erscheinen auf [K2b]
und [L2a]; [L2b] ist leer. Spitzkolumnen auf Bl. [A4a], [K2b] und
[L2a]. Auf Bl. [E2], [K2] und [L2] fehlen die Signaturangaben.

Die Kustoden nehmen (wie in andern Drucken dieser Zeit) häu-
fig nur einen Teil des Anschlußwortes voraus. Unregelmäßig sind
folgende Kustoden: [F2b] werd. [F3a] werde. [F4a] mag/ [F4b]
mag. Die Kustoden fehlen auf Bl. [I2b] und [K2b]. Kolumnen-
titel und Pagination sind nicht vorhanden. Peinlich wirkt es, daß
ein Teil der Überschrift (nämlich Das V. Capitel.) des auf [C4a]
beginnenden neuen Abschnittes noch als letzte Zeile von Bl. [C3b]
erscheint. Einen ähnlich ungeschickten Eindruck macht die An-
gabe Das VIII. Capitel. | Beschluß dieses buches. am Fuße von
[I4a], worauf der Text des neuen Abschnittes auf [I4b] anfängt.

Der Druck ist keineswegs sorgfältig. Für mangelhafte oder
gänzlich fehlende eigene Korrekturlesung macht Opitz [L1a]
seine Abwesenheit verantwortlich. Für die knappe Errataliste
wurde ein Halbbogen verwendet, dessen übriger Platz mit Ver-
legenheitsmaterial in großer Schrift (Fibel- oder Donatschrift)
ausgefüllt wurde. Die Größe des Druckspiegels (ohne die Signatur-
zeile) schwankt in der Höhe zwischen 15,1 bis 16 cm bei konstan-
ter Breite von 10,2 cm. Die Normalseite enthält im Widmungsteil
28 Zeilen (aus der Tertiafraktur), im Hauptteil 32 Zeilen (Mittel-
fraktur) und im Nachwort 20 Zeilen. Tertiafraktur und die ent-
sprechende Antiquagröße werden im Hauptteil als Zitiertype und
für die Anfangszeile jedes Kapitels benutzt; Donatschrift und
Tertiafraktur finden auch als Kapitelüberschriften Verwendung.

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Noch größere Schriften finden sich auf der Titelseite, in der ersten
Zeile der Widmungsanrede, über dem Gedicht von Iskra und in
der ersten Zeile von Bl. [B1a]. Hrsg. hat die Schriftgrade weit-
gehend normalisiert.

Laut Angabe auf [J4b] ist die Poeterey in fünf Tagen vollendet
worden; das wäre nicht möglich gewesen, wenn Opitz nicht mit
bereits vorhandenen Notizen und Exzerpten gearbeitet hätte.
Auf Bl. [A2] spricht er von der »enge der zeit« und »sonsten allerley
vngelegenheiten«, die ihn verhindert hätten, »weitleufftiger vnd
eigentlicher zue schreiben.« Das Manuskript wird gegen Ende
September 1624 fertig geworden sein: die hier wiederholte Ode
zur Hochzeit NüßlerGierlach deutet auf dies Datum, und Witk.
Arist. 37, Anm. 5, gibt weitere Anhaltspunkte aus dem Alexan-
drinergedicht ›An Nüßlern‹, Nr. 72.56; siehe auch die Einleitung
zu Nr. 63. Zuerst erwähnt wird das »unbedeutende Büchlein« von
der deutschen Poeterei im Breslauer Brief vom 5. Okt. 1624 an
Buchner; es ist der Brief, worin Opitz sich der Straßburger Samm-
lung gegenüber distanziert: »Nullum libellum de re poetica Ger-
manorum, quo de accentuum nostrorum, syllabarum et carminum
ratione disserui, typographis transmisi« (Geiger, Mitth. 32). Der
Druck hat sich dann ziemlich lange hingezogen, wozu die in [L1a]
erwähnte Abwesenheit des Autors, die Entfernung zwischen Au-
tor und Drucker, Differenzen zwischen Verleger und Drucker
über den Umfang etc. mit beigetragen haben dürften. Am 6. Nov.
schrieb Opitz aus Liegnitz an Zincgref, das Werk sei unter der
Presse und werde in den nächsten Tagen erscheinen (Rei 151,16);
aber noch am 28. Dez. macht er dieselbe Mitteilung aus Bunzlau
an Lingelsheim (Rei 156,30). Er verspricht, beiden Freunden ein
Exemplar zu schicken, aber erst am 16. Feb. 1625 sendet er eins
an Buchner (Geiger, »Ungedr. Briefe« 340). Etwa neun Monate
später (Straßburg den 12. Nov. 1625, Rei 182,44) berichtet
Bernegger, er habe vor kurzem die Trojanerinnen wie auch die
Poeterey durch Vermittlung des Buchhändlers (Zetzner) erhalten.
Im Frankfurter Meßkatalog wird das Werk im Frühjahr 1625 als
verkaufsbereit angezeigt; auf demselben Blatt, E1, stehen Opitz’
Achtbücher [!] Teutscher Poematum und die Trojanerinnen sowie
Barths Teutscher Phoenix.

Während für die Veröffentlichung von Gelegenheitsschriften
und kleineren literarischen Erzeugnissen (z. B. Aristarchus) die

[Seite 334]


Mühewaltung eines Druckers genügt hatte, wird für den Vertrieb
anspruchsvoller Werke ein Verleger unerläßlich. Zincgref hatte
für die Sammlung A Zetzner gewonnen. Um die Wende des Jahres
1623/24 sind in Breslau nur drei Verleger (die zumeist auch Buch-
händler sind) tätig: Johann Eyrings Erben; Johannes Perfert,
der bis 1629 aktiv war, und David Müller. Müller, mit dem Opitz
zunächst in geschäftliche Verbindung trat, war wohl der unter-
nehmungslustigste der drei. Zwischen ihm und Opitz kam es bald
zur Freundschaft. Weitere Einzelheiten über Müller in der Ein-
leitung zur Trostschrift, die Opitz 1628 für ihn schrieb.

Der Hauptanlaß für die Ausarbeitung der Poeterey war Opitz’
Befürchtung, daß sein dichterischer Ruf unter der Veröffentli-
chung der Straßburger Sammlung mit ihren »vielfältigen män-
gel[n] vnd irrungen« (Poeterey D3a) leiden würde. Ferner wollte
Opitz aber, wie es eine Anzahl von Dichtern und Theoretikern in
andern Sprachen getan hatten, seine Theorien darbieten, damit
andere die deutsche Dichtung in der neuen Art und Weise weiter-
führen könnten. »Juventuti consulere animus fuit et ostendere,
quam levi opera linguae nostrae decus instaurari possit,« schreibt
er in dem schon erwähnten Brief vom 16. Feb. 1625 an Buchner.
Daß Opitz in dieser Hinsicht erfolgreich war, ist durch die vielen
Nachahmungen der in der Poeterey gebrachten Mustergedichte,
durch Anklang an Opitzische Formulierungen in den zahlreichen
späteren Poetiken, und nicht zuletzt durch die vielen Neuauflagen
der Buches von der Deutschen Poeterey hinlänglich erwiesen. Merk-
würdigerweise kümmerte Opitz sich in keiner Weise um diese
Drucke, änderte nichts, fügte nichts hinzu. Für die Gründe dieser
Vernachlässigung eines seiner einflußreichsten Werke sind wir
auf Vermutungen angewiesen. In der Korrespondenz wird die
Poeterey nach 1625 nicht mehr erwähnt.

Unter Anschluß an die Siglen in Witk. Arist. 77–80 seien die
Neuauflagen sowie die kritischen Ausgaben in chronologischer
Folge angeführt. Der Titel der Drucke B bis N beginnt mit den
wahrscheinlich nicht von Opitz stammenden Worten Prosodia
Germanica
(B nennt erst den Namen des Autors mit Adelsprädi-
kat), worauf leicht variierte Formulierungen der deutschen
Komponente des Titels folgen; Einzelheiten bei Witk. Arist.
77–80; die Formate sind: B bis H, K sowie N bis S 8°; I, L und
M 12°, bei T ist Formatangabe bedeutungslos; siehe auch die Ein

[Seite 335]

leitung
von S, S. VII/VIII. In B fehlen Motto und Nachwort; in
C bis P fehlt (nur) das Nachwort.

B Sz 159 Alewyn (Druck S) 2, Frankfurt/M. und Breslau 1634,
David Müller, 94 S. C Sz 161 Alewyn 4, Wittenberg 1634, ohne Verlagsangabe, 56 S D Sz 162 Alewyn 5, Wittenberg 1634, ohne Verlagsangabe, 48 Bl. E Sz 172 Alewyn 6, Wittenberg 1635, Clemens Bergers Erben,
56 Bl. F Sz 160 Alewyn 3, Danzig 1634, Andreas Hünefeld, 60 Bl. Wit-
kowski, der kein Exemplar hiervon gesehen hatte, nahm 1635
als das Jahr der Veröffentlichung an; daher die leichte Un-
ordnung in der chronologischen Folge der Siglen. G Sz 202 Alewyn 7, Wittenberg 1638, Bergers Erben, 56 Bl. H Sz 245 Alewyn 8, Wittenberg 1648, ... zum Fünften Mahl auff-
geleget ..., Bergers Erben, 56 Bl. I Sz 256 Alewyn 9, Frankfurt/M. 1645, ... zum sechstenmahl ...
getruckt, Christian Klein. Enthält Zusätze von Enoch Hann-
mann und das Gedicht »Galathee«; 6 Bl., 204 S. K Sz 260 Alewyn 10, Wittenberg 1647, ... zum Sechsten mahl
auffgeleget ..., Bergers Erben, 56 Bl. L Sz 262 Alewyn 11, Frankfurt/M. o. J., ... zum siebenden mal ...
gedruckt, Klein, 6 Bl., 204 S., 11 Bl. Register. M Sz 267 Alewyn 12, Frankfurt/M. 1658, ... zum actenmal ... ge-
druckt, Klein, 5 Bl. 360 S., 11 Bl. Register. N Sz 278 Alewyn 13, Breslau o. J., Jesajas Fellgibel, 4 Bl., 266 S.,
12 Bl. Register. Mit Hannmanns Zusätzen. Identisch mit dem
entsprechenden Teil der Gesamtausgabe von 1689, 1690 und
1724. O Sz 286 Alewyn 14, Zürich 1745, Conrad Orell & Comp., in der
Ausgabe Lobgedichte von Bodmer und Breitinger, Teil I, 1–70;
Titelauflage 1755. P Sz 287 Alewyn 15, Frankfurt/M. 1746, Franz Varrentrapp,
in M. O. Teutsche Gedichte, Daniel Triller, Hrsg., Bd. I. Q Sz 300 Alewyn 16, Halle 1876, Max Niemeyer; Buch von der
deutschen Poeterei,
hg. von Wilhelm Braune (Neudrucke
deutscher Literaturwerke des XVI. und XVII. Jh.s, Nr. 1),
60 S. Mehrere Auflagen erschienen, die 6., 1955, hg. von Hen-
rik Becker, vi, 77 S. R Sz 301, Leipzig 1888; Witkowski, Aristarchus ... und Buch
[Seite 336]


von der Deutschen Poeterey, ix, 217 S. Umfangreiche Einleitung
und die bis dahin detailliertesten Anmerkungen. S Tübingen 1963, Max Niemeyer; Buch ..., neu hg. von Richard
Alewyn (Neudrucke deutscher Literaturwerke, n. F. 8), ix, 57 S. T Reinbeck bei Hamburg, 1968; »Buch ...« in Poetik des Barock,
hg. von Marian Szyrocki (Texte dt. Lit. 1500–1800, Rowohlts
Klassiker der Lit. u. Wissenschaft, Dt. Lit. 23), S. [7]–55. U Stuttgart 1970, Philipp Reclam jun.; Buch ... hg. von Corne-
lius Sommer (UB 8397/98), 112 S.

Erwähnt sei noch die Exzerptausgabe Compendium ex Martini
Opitii Prosodia ... in usum olim privatum excerptum a B. A. C.

p[iae]. m[emoriae]. Joh. Haken, Wittenberg 1646, 8°, 7 Bl.
(Alewyn in Ausgabe S, S. viii).

Von den älteren Arbeiten über die Poeterey sind mit gewissen
Einschränkungen immer noch wichtig: Joh. Heydtmann, Über
Enoch Hanmanns Anmerkungen zu M. O.ens Buch
..., Diss.,
Rostock 1882; Otto Fritsch, M. O.ens Buch ..., Diss., Halle 1884;
ders., »Zu Opitzens Deutscher Poeterey«, PBB X (1885), 591–98;
Karl Borinski, Die Poetik d. Renaissance u. die Anfänge d. lit.
Kritik in Deutschl.,
Berlin 1886, bes. S. 56–114; Christian W.
Berghoeffer, M. O.’ Buch ..., Diss., Göttingen 1888; die schon
oben als R erwähnte Ausgabe Witkowskis, Leipzig 1888; G. Wen-
deroth, »Die poet. Theorien d. frz. Plejade in M. O.’ dt. Poeterei«,
Euphorion XIII (1906), 445–68; K. Burdach, »Zur Geschichte d.
nhd. Schriftsprache«, in dess. Vorspiel, Bd. I, Teil 2, Halle 1925,
S. 34–69; A. Heusler, Dt. Versgeschichte, Bd. III, Berlin 1929 (Re-
print 1956), bes. § 935 u. § 969–85; Bruno Markwardt, Geschichte
d. dt. Poetik,
Bd. I, Berlin, bes. S. 29–46 u. 361–66. Siehe ferner
Rudolf Drux, M. O. u. s. poet. Regelsystem, Bonn 1976, passim,
und R. D. Hacken, The Relig. Thought of M. O., Stuttgart 1976,
S. 19–32.

Ronsard wird zitiert nach Œuvres complètes, hg. von Paul
Laumonier in der Serie Soc. des textes français modernes, Paris,
Hachette 1914ff. (= L). S bezeichnet die Ausgabe Les Œuvres de
Ronsard, Texte de 1587,
hg. von Isidore Silver, Chicago, University
of Chicago Press, 1966–70.

[Seite 337]

Descriptas servare vices operumque colores
Cur ego si nequeo ignoroque poeta salutor?
Cur nescire pudens prave quam discere malo?d
[Seite 338]

e

EHrenveste/ Wolweise/ Wolbenambte vnd Wolgelehrte insonders
günstige HErren/

Was bißanhero von einem vnnd dem andern/ auch vornemen
Leuten/ zum offteren an mich ist begehret worden/ das ich nem-
lich von vnserer Deutschen Poeterey/ derselben art vnd zuegehör/
etwas richtiges auffsetzen möchte/ habe ich vorwichene tage zue
wercke gebracht
f. Zwar erstlich/ solchem ehrlichen begehren wie
billich zue verhengen: nachmals aber/ die jenigen vor derer augen
diese vorneme wissenschafft ein grewel ist zue wiederlegen/ vnd
die/ so sie als ein leichte ding vor handen zue nemen vnbedacht sich
vnterstehen/ ab zue halten/ die gelehrten aber vnd von natur hier-
zue geartete gemüter auff zue wecken/ mir/ der ich dißfals bey
weitem nicht genung bin/ die hand zue bitten/ vnd den weg so ich
allbereit vmb etwas eröffnet vollendts zu bähnen. Weitleufftiger
vnd eigentlicher zue schrei-
[A2b] ben hat mich nicht allein die
enge der zeit/ sondern auch sonsten allerley vngelegenheit ver-
hindert/ die mir von denen zuegefüget wird/ welche/ wann es bey
jhnen stünde/ wünschen wolten/ das auch das gedächtniß der
Poeterey vnnd aller gutten Künste vertilget vnd außgerottet würde.
Ob mich nun wol dergleichen vnbilliche Wiederwertigkeit/ die ich
ohne meinen verdienst tragen muß/ offtermals kaum nicht
zwinget wie Nero zue sagen;
Vellem nescire literasg: jedoch habe h i j

[Seite 339]


ich/ in erwegung derer Vrsachen die mir etwas beßers rahten/ vnd
das die Zahl vieler grossen Männer die mir huldt sein die wenigen
abgünstigen weit hinwieget/ zwar ietzund in diesem geringen we-
sen den willen mit meinem schlechten studieren etwas zue fruchten
erweisen wollen: vnnd wil auch nachmals besten fleißes mich be-
mühen/ an größeren vnd mehr wichtigen sachen (denn ich gar wol
weiß/ das es mit der Poeterey alleine nicht außgerichtet sey/ vnd
weder offentlich noch Privatämptern mit versen könne vorge-
standen werden) durch beystandt Göttlicher hülffe alle mein heil
zue versuchen. Indeßen/ Großgünstige HErren/ wollen sie/ zum
pfande meiner künfftigen vorsorge wie mein geliebtes Vaterlandt
vnnd sie meiner je mehr vnd mehr ruhm vnd ehre haben mögen/
dieses buch auff/ vnd annemen/ vnd beynebenst geneiget erwegen
das ich auch darumb jhnen solches billich vor andern zueschreiben
sollen/ damit ich nicht/ wann ich
[A3a] sie in diesen vnd andern
meinen schrifften lenger mit stilleschweigen vbergienge/ von denen
die meinen künfftigen vorsatz nicht wissen für vndanckbar möge
gescholten werden. Welchen lasters ich nicht alleine anderwerts
frey vnd ledig bin/ sondern auch dißfals kühnlich sagen darff/ das
ich solche große liebe zue meinem Vaterlande trage/ dergleichen
zwar von allen erfordert/ aber bey wenigen erfunden wird. Ich muß
nur bekennen/ das ich nicht vnlengst auß weit abgelegenen orten/
da es mir an ehre/ föderung/ freundschafft vnd alle dem was ich
bedürffend nicht gemangelt hette/ mich mehrentheils darumb zue-
rücke gemacht/ vnnd meinen zuestandt in vngewißheit gesetzet/
das ich das verlangen/ daheime vnd bey den meinigen die zeit zue
verschliessen/ nicht lenger ertragen können
k. Welches ich sonsten
kaum so rundt herauß sagen wolte/ auß furchte/ das es mir von
andern für eine zärtligkeit vnd weichmuth möchte außgeleget wer-
den/ wenn mir nicht wißend/ das Vlyßes so sehr auff sein Ithaca zue
l m n o
[Seite 340]


geeilet/ als Agamemnon auff sein Mycene/ vnd der grosse mann
hertzlich gewünschet/ auch nur ein räuchlein so darauß auff-
gienge von fernen zue schawen
p. Der Vater der Musen Alfonsus in
Sicilien
q/ als jhm einer erzehlete wie Rom so gewaltig/ Venedig
so groß/ Florentz so reich/ Meilandt so Volckreich were/ gab er
jhm dieses gar gerne zue/ aber/ hub er darneben an/ ich wil
niergendts lieber sein als zue
Carioncilla: [A3b] welches ein
flecken war/ darinnen der löbliche vnnd tugendhaffte König ge-
bohren vnd auffgewachsen. Kan mir also niemand zue rechte vbel
deuten/ das ich mein Buntzlaw/ ohne ruhm zu sagen/ die erzie-
herinn vieler stattlichen berühmbten leute/ welche ich bey anderer
gelegenheit schon wil zue erzehlen wissen/ als ein Kind seine
Mutter ehre/ vnd bestes vermögens hand zue wercke lege/ wie
nicht alleine ich durch das Vaterland/ sondern auch das Vaterland
durch mich bekandter werde. Nebenst dieser gemeinen vrsache
hiesiger meiner zueschreibung habe ich nicht weniger in acht zue
nemen/ die grosse gunst vnd freundschafft/ mit welcher ein iet-
weder von den Herren mir bey aller vorgehenden gelegenheit zum
offtersten begegnet: ja das sie auch mir entweder mit Blutfreund-
schafft oder verwandtniß bey gethan sind/ oder/ worunter ich
Herren Sänfftleben
r verstehe/ mich zue alle dem was ich weiß
vnnd kan/ wie wenig es auch ist angewiesen vnd geleitet haben.
Werden also die HErren/ in betrachtung obgemeldeter vrsachen/
in guttem verstehen/ das ich Ihren namen hiesigen geringfügigen
buche/ das doch hoffentlich an seinem orte wird ersprößlich sein/
vorsetzen/ vnd dadurch/ weil anietzo nichts anders in meinem
s t
[Seite 341]


vermögen gewesen/ nur etzlicher maßen mein danckbares gemüte
vnd gutten vorsatz
[A4a] erweisen wollen. Befehle sie hiermit in
den schutz des Höchsten/ mich aber in jhre
beharliche gunst vnd liebe; der ich
gleichfalls jederzeit bin

E. E. W.

Dienstwilligster

Martin Opitz.

u
[Seite 342]

v INgenI nullus decor est, ineptis
Illitae chartis inimice venae
Martie Opiti, nisi patriae aptos
Vernet in usus.
5 Vivet extento venerandus aevo
Heinsiusx plectri genitor Batavi:
Illum aget prora metuente sisti
Gloria ad Indos.
Altius scandes patria canendo
10 Barbyto, quam si Latium peritae
Atticae jungas Syriaeque Peithus
Noveris artem.
Carminis multos cacoethes urit
Nec scit expelli, nisi mille vulgo
15 Finxerit versus peregrina jactans
Gutture verba.
Conditam Almanis numeris poesin
Exterae distans solio polorum
Inseret Phoebus populumque vernis
Instruet uti

Vocibus, laudem et sine nube nomen
Deferens illi viridemque laurum,
Teutonae ingenteis repolit loquelae
Quisquis acervos.

Augustinus Iskra Siles:y

z aa ab ac
[Seite 343]

ad


WIewol ich mir von der Deutschen Poeterey/ auff ersuchung vor-
nemer Leute/ vnd dann zue beßerer fortpflantzung vnserer spra-
chen/ etwas auff zue setzen vorgenommen; bin ich doch solcher
gedancken keines weges/ das ich vermeine/ man könne iemanden
durch gewisse regeln vnd gesetze zu einem Poeten machen. Es ist
auch die Poeterey eher getrieben worden/ als man je von derselben
art/ ampte vnd zuegehör/ geschrieben: vnd haben die Gelehrten/
was sie in den Poeten (welcher schrifften auß einem Göttlichen
antriebe vnd von natur herkommen/ wie Plato hin vnd wieder
hiervon redet
af) auffgemercket/ nachmals durch richtige verfassun-
gen zuesammen geschlossen/ vnd aus vieler tugenden eine kunst
gemacht. Bey den Griechen hat es Aristoteles vornemlich gethan;
bey den Lateinern Horatius; vnd zue vnserer Voreltern zeiten
Vida
ag vnnd Scaliger so außführlich/ das weiter etwas darbey zu
thun vergebens ist. Derentwegen ich nur etwas/ so ich in gemeine
von aller Poeterey zue erinnern von nöthen zue sein erachte/ hier-
vor setzen wil/ nachmals das was vnsere deutsche Sprache vornem-
lich angehet/ etwas vmbstendtlicher für augen stellen.

ah ai
[Seite 344]

DIe Poeterey ist anfanges nichts anders gewesen als eine ver-
borgene Theologie/ vnd vnterricht von Göttlichen sachen. Dann
weil die erste vnd rawe
[B1b] Welt gröber vnd vngeschlachter war/
als das sie hette die lehren von weißheit vnd himmlischen dingen
recht fassen vnd verstehen können/ so haben weise Männer/ was
sie zue erbawung der Gottesfurcht/ gutter Sitten vnd wandels er-
funden/ in reime vnd fabeln/ welche sonderlich der gemeine pöfel
zue hören geneigt ist/ verstecken vnd verbergen mussen
aj. Denn
das man jederzeit bey allen Völckern vor gewiß geglaubet habe/
es sey ein einiger vnd ewiger GOtt/ von dem alle dinge erschaffen
worden vnd erhalten werden/ haben andere/ die ich hier nicht mag
außschreiben/ genungsam erwiesen. Weil aber GOtt ein vnbegreiff-
liches wesen vnnd vber menschliche vernunfft ist/ haben sie vor-
gegeben/ die schönen Cörper vber vns/ Sonne/ Monde vnd Ster-
nen/ item allerley gutte Geister des Himmels wehren Gottes Söhne
vnnd Mitgesellen/ welche wir Menschen vieler grossen wolthaten
halber billich ehren solten. Solches inhalts werden vieleichte die
Bücher des Zoroasters/ den Man für einen der eltesten Lehrer der
göttlichen vnd menschlichen wissenschafft helt/ gewesen sein/
welcher/ wie Hermippus bey dem Plinius im ersten Capitel des
30. Buches bezeuget/ zwantzig mal hundert tausendt Verß von der
Philosophie hinterlassen hat
ak. Item was Linus/ wie Diogenes
Laertius erwehnet/ von erschaffung der Welt/ dem lauffe der
Sonnen vnd des Mondens/ vnd von erzeugung der Früchte vorge-
geben hat. Dessen werckes anfang soll gewesen sein:

[griechische Textstelle]
al am an
[Seite 345]

Es war die zeit da erstlich in gemein
Hier alle ding’ erschaffen worden sein.ao

Neben diesem haben Eumolpus/ Museus/ Orpheus/ Homerus/
Hesiodus
ap vnnd andere/ als die ersten Väter der Weißheit/ wie
sie Plato nennt
aq/ vnd aller gutten ordnung/ die bäw- [B2a] rischen
vnd fast viehischen Menschen zue einem höfflichern vnd bessern
leben angewiesen. Dann inn dem sie so viel herrliche Sprüche er-
zehleten/ vnd die worte in gewisse reimen vnd maß verbunden/
so das sie weder zue weit außschritten/ noch zue wenig in sich
hatten/ sondern wie eine gleiche Wage im reden hielten/ vnd viel
sachen vorbrachten/ welche einen schein sonderlicher prophe-
ceiungen vnd geheimnisse von sich gaben/ vermeineten die ein-
fältigen leute/ es müste etwas göttliches in jhnen stecken/ vnd
liessen sich durch die anmutigkeit der schönen getichte zue aller
tugend vnnd guttem wandel anführen. Hat also Strabo vrsache/
den Eratostehnes lügen zue heissen
ar/ welcher/ wie viel vn-
wissende leute heutiges tages auch thun/ gemeinet/ es begehre
kein Poete durch vnterrichtung/ sondern alle bloß durch ergetzung
sich angeneme zue machen. Hergegen/ spricht er Strabo im
ersten Buche
as/ haben die alten gesagt/ die Poeterey sey die
erste Philosophie/ eine erzieherinn des lebens von jugend auff/
welche die art der sitten/ der bewegungen des gemütes vnd
alles thuns vnd lassens lehre. Ja die vnsrigen (er verstehet die
Stoischen) haben darvor gehalten/ das ein weiser alleine ein
Poete sey. Vnd dieser vrsachen wegen werden in den Griechi-
schen städten die Knaben zueföderst in der Poesie
vnterwie- at au

[Seite 346]

sen:
nicht nur vmb der blossen erlüstigung willen/ sondern
damit sie die sittsamkeit erlernen. Ingleichem stimmet auch Strabo
mit dem Lactantius vnd andern in diesem ein/ es seyen die Poeten
viel älter als die Philosophen/ vnd für weise leute gehalten worden
av/
ehe man von dem namen der Weißheit gewust hat: vnnd hetten
nachmals Cadmus/ Pherecydes/ vnd Hecatéus der Poeten lehre
zwar sonsten behalten/ aber die abmessung der wörter vnd
[B2b]
verse auffgelöset: biß die folgenden nach vnd nach etwas darvon ein-
zogen/ vnd die rednerische weise/ gleichsam als von einem hohen
Stande/ in die gemeine art vnd forme herab geführet haben. Sol-
ches können wir auch aus dem abnehmen/ das je älter ein Scribent
ist/ je näher er den Poeten zue kommen scheinet. Wie denn
Casaubonus saget/ das so offte er des Herodotus seine Historien
lese/ es jhn bedüncke/ als wehre es Homerus selber
aw.

AVß oberzehlten sachen ist zue sehen/ wie gar vnverstendig die je-
nigen handeln/ welche aus der Poeterey nicht weiß ich was für ein
geringes wesen machen/ vnd wo nicht gar verwerffen/ doch nicht
sonderlich achten; auch wol vorgeben/ man wisse einen Poeten in
offentlichen ämptern wenig oder nichts zue gebrauchen; weil er
sich in dieser angenemen thorheit vnd ruhigen wollust so ver-
teuffe/ das er die andern künste vnd wissenschafften/ von welchen
man rechten nutz vnd ehren schöpffen kan/ gemeiniglich hindan
setze. Ja wenn sie einen gar verächtlich halten wollen/ so nennen
sie jhn einen Poeten: wie dann
Erasmo Roterodamo von groben
leuten geschahe. Welcher aber zur antwort gab: Er schätzte sich
ax ay

[Seite 347]


dessen lobes viel zue vnwürdig; denn auch nur ein mittelmässiger
Poete höher zue halten sey als zehen
Philosophastriaz. Sie wissen
ferner viel von jhren lügen/ ärgerlichen schrifften vnd leben zue
sagen/ vnd vermeinen/ es sey keiner ein gutter Poete/ er musse
dann zu gleich ein böser Mensch sein. Welches allerseits vnge-
gründetes vrtheil ich kaum einer antwort würdig achte; vnnd jhnen
alleine für das erste zue bedencken gebe/ wer Solon/ Pythagoras/
Socrates/ Cicero vnd andere gewesen/ die sich doch
[B3a] des
Poetennamens nie geschämet haben. Ich köndte auch sonsten viel
vortreffliche leute erzehlen/ die auff diese kunst (wo ich sie eine
kunst nennen soll) jhren höchsten fleiß gewendet haben/ vnd den-
noch den gemeinen nutze mit vnsterblichem lobe vorgegangen
sind. So ist auch ferner nichts närrischer/ als wann sie meinen/
die Poeterey bestehe bloß in jhr selber; die doch alle andere künste
vnd wissenschafften in sich helt. Apuleius
ba nennet den Homerus
einen viel wissenden vnnd aller dinge erfahrenen Menschen; Ter-
tullianus
von der Seele: einen Vater der freyen künste. Plato
bb/
welcher im Tragedien schreiben so weit kommen/ das er auch an-
dern kampf anbitten dörffen/ hat vermischet/ wie Proclus von
jhm saget/
τήν τε πυϑαγόϱειον και Σωκϱατικὴν ἰδιότητα, die
Pythagorische vnnd Socratische eigenschafft/ hat die Geometrie
vom Theodorus Cyreneus/ die wissenschafft des Gestirnes von den
Egyptischen Priestern erlernet/ vnd ist aller dinge kündig gewesen.
So hat man
bc vnsere Musen zue mahlen pflegen/ als sie mitt zue- bd
[Seite 348]

sammen
gehenckten händen in einem reyen tantzten/ jhnen auch
den namen
Μου̃σατ, gleichsam als ὁμου̃σαι, gegeben/ das ge-
meine bandt vnd verwandschafft aller künste hierdurch an zue deu-
ten. Wann auch die verse nur blosse worte sindt/ (wiewol das so
wenig möglich ist/ als das der Cörper ohne die Seele bestehen
könne) was ist es denn das Eratosthenes
be ein getichte von be-
schreibung der Welt/ so Hermus geheissen/ das Parmenides vnnd
Empedocles von natur der dinge/ das Seruilius vnd Heliodorus/
derer Galenus erwehnet/ von der ärtzney geschrieben haben?
Oder/ wer kan leugnen/ das nicht Virgilius ein gutter Ackersman/
Lucretius ein vornemer naturkündiger/ Manilius ein Astronomus/
Lucanus ein Historienschreiber/ Oppianus ein Jägermeister/ vnd
einer vnd der andere der Philosophie obristen sein/ da sie doch
nichts als Poeten sein. Es sey denn das wir glauben wollen/ Theo-
critus
habe Schaffe getrieben/ vnd Hesiodus sey hin-
[B3b] ter dem
Pfluge gegangen. Doch muß ich gleichwol bekennen/ das auch an
verachtung der Poeterey die jenigen nicht wenig schuldt tragen/
welche ohn allen danck Poeten sein wollen/ vnd noch eines theils
zum vberfluß/ ebener massen wie Julius Cesar seine kahle glitze/
sie jhre vnwissenheit vnter dem Lorbeerkrantze verdecken
bf. Ge-
wißlich wenn ich nachdencke/ was von der zeit an/ seit die Grie-
chische vnd Römische sprachen wieder sind hervor gesucht wor-
den/ vor hauffen Poeten sind herauß kommen/ muß ich mich
verwundern/ wie sonderlich wir Deutschen so lange gedult können
tragen/ vnd das edele Papir mit jhren vngereimten reimen be-
flecken. Die worte vnd Syllaben in gewisse gesetze zue dringen/
vnd verse zue schreiben/ ist das allerwenigste was in einem Poeten
bg bh bi
[Seite 349]


zue suchen istbj. Er muß εὐφαντασίωτοςbk, von sinnreichen ein-
fällen
bl vnd erfindungen sein/ muß ein grosses vnverzagtes gemüte
haben/ muß hohe sachen bey sich erdencken können/ soll anders
seine rede eine art kriegen/ vnd von der erden empor steigen. Fer-
ner so schaden auch dem gueten nahmen der Poeten nicht wenig
die jenigen/ welche mit jhrem vngestümen ersuchen auff alles was
sie thun vnd vorhaben verse fodern
bm. Es wird kein buch/ keine
hochzeit/ kein begräbnüß ohn vns gemacht; vnd gleichsam als nie-
mand köndte alleine sterben/ gehen vnsere gedichte zuegleich mit
jhnen vnter. Mann wil vns auff allen Schüsseln vnd kannen
haben/ wir stehen an wänden vnd steinen/ vnd wann einer ein
Hauß ich weiß nicht wie an sich gebracht hat/ so sollen wir es mit
vnsern Versen wieder redlich machen. Dieser begehret ein lied auff
eines andern Weib/ jenem hat von des nachbaren Magdt getrewmet/
einen andern hat die vermeinte Bulschafft ein mal freundtlich an-
gelacht/ oder/ wie dieser Leute gebrauch ist/ viel mehr außge-
lacht; ja deß närrischen ansuchens ist kein ende. Mussen wir also
entweder durch abschlagen jhre feindschafft erwarten/ oder durch
willfahren den würden der Poesie einen mercklichen abbruch thun.

[B4a] Denn ein Poete kan nicht schreiben wenn er wil/ sondern
wenn er kan/ vnd jhn die regung des Geistes welchen Ovidius
bn
vnnd andere vom Himmel her zue kommen vermeinen/ treibet.
Diese vnbesonnene Leute aber lassen vns weder die rechte zeit noch
gelegenheit: wie sich denn Politianus in einer epistel hefftig darüber
beschwäret
bo/ vnd Ronsardt/ wie Muretus meldet/ hat pflegen
[Seite 350]


zue sagen/ er empfinde nicht so grosse lust wann er seine eigene
Liebe beschreibe/ als er grossen verdruß empfinde/ wann er ande-
rer jhre liebe beschreiben muste
bp. Wiewol etliche/ gemeiniglich
aber die schlimmesten/ sich selber hierzue antragen/ vnd den leuten
jhre träwme fast einzwingen. Diese meinet sonderlich Aristoteles/

Eth. ad Nic. lib. 9. c. 7. da er saget/ das sie jhre getichtebq vber die
maße lieb haben/ vnd so hertzlich gegen jhnen geneiget sein: wie
die eltern gegen den kindern. Vnd
Cicero 5. Tusc.br spricht auch
fast auff diesen schlag:
In hoc enim genere nescio quo pacto magis
quam in aliis suum cuique pulchrum est. adhuc neminem cognovi
poetam, et mihi fuit cum Aquinio amicitia, qui sibi non optimus
videretur. Das ferner die Poeten mit der warheit nicht allzeit vber-
einstimmen/ ist zum theil oben
bs deßenthalben Vrsache erzehlet
worden/ vnd soll man auch wissen/ das die gantze Poeterey
bt im
nachäffen der Natur bestehe/ vnd die dinge nicht so sehr beschreibe
wie sie sein/ als wie sie etwan sein köndten oder solten. Es sehen
bu bv bw
[Seite 351]


aber die menschen nicht alleine die sachen gerne/ welche an sich
selber eine ergetzung haben; als schöne Wiesen/ Berge/ Felde/
flüße/ ziehrlich Weibesvolck vnd dergleichen: sondern sie hören
auch die dinge mit lust erzehlen/ welche sie doch zue sehen nicht
begehren; als wie Hercules seine Kinder ermordet/ wie Dido sich
selber entleibet/ wie die Städte in den brand gesteckt werden/ wie
die pest gantze Länder durchwütet/ vnd was sonsten mehr bey den
Poeten zue finden ist. Dienet also
bx dieses alles zue vberredung vnd
vnterricht auch ergetzung der Leute;
[B4b] welches der Poeterey
vornemster zweck ist. Die nahmen der Heidnischen Götter be-
treffendt/ derer sich die stattlichsten Christlichen Poeten ohne ver-
letzung jhrer religion jederzeit gebrauchet haben
by/ angesehen das
hierunter gemeiniglich die Allmacht Gottes/ welcher die ersten
menschen nach den sonderlichen wirckungen seiner vnbegreiff-
lichen Maiestet vnterschiedene namen gegeben/ als das sie/ wie
Maximus Tyrius
bz meldet/ durch Minerven die vorsichtigkeit/
durch den Apollo die Sonne/ durch den Neptunus die Lufft welche
die Erde vnnd Meer durchstreichet; zuezeiten aber vorneme Leute/
die wie Cicero im andern buche von den Gesetzen
ca saget/ vmb
jhres vordienstes willen in den Himmel beruffen sein/ zue zeiten was
anders angedeutet wird/ ist allbereit hin und wieder so viel bericht
darvon geschehen/ das es weiterer außführung hoffentlich nicht
wird von nöthen sein. Was auch der Poeten Leben angehet/ (damit
ich mich nicht zue lange auffhalte) ist es nicht ohn/ das freylich
cb
[Seite 352]


etliche von jhnen etwas auß der art schlagen/ vnd denen/ die in
anderer Leute mängeln falcken/ in jhren eigenen Maulwörffe sein/
anlaß geben jhnen vbel nach zue reden. Die Vrsache kan wol zum
theile sein/ das jhre Poetische gemüter vnterweilen etwas sicherer
vnd freyer sein/ als es eine vnd andere zeit leidet/ vnd nach des
volckes Vrtheil nicht viel fragen. Zum theile thut auch der wein
etwas; sonderlich bey denen/ welchen Horatius
cc besser gefellt da
er schreibet:

Prisco si credis, Maecenas docte, Cratino,
10 Nulla valere diu nec vivere carmina possunt,
Quae scribuntur aquae potoribus.
Mecenas/ wilt du mir vnd dem Cratinus gleuben/
Der der da wasser trinckt kan kein guet carmen schreiben;

als Pindarus/ der stracks im anfangecd seiner bücher saget: [C1a]
Ἄϱιστον μὲν ὕδωϱ, Das Wasser ist das beste das man findt.
Mit welchem es Alceus/ Aristophanes/ Alcman/ Ennius vnd
andere nicht gehalten hetten; auch Eschilus nicht/ dem Sophocles
vorgeworffen/ der wein hette seine Tragedien gemacht/ nicht er
ce.
Vnd zum theile thut auch zue dem etwas nachleßigen wandel man-
cher Poeten nicht wenig die gemeinschafft etlicher alten/ die jhre
reine sprache mit garstigen epicurischen schrifften
cf besudelt/ vnd
sich an jhrer eigenen schande erlustiget haben. Mit denen wir aber
cg ch ci cj

[Seite 353]


vmbgehen mußen wie die bienen/ welche jhr honig auß den gesun-
den blumen saugen/ vnd die gifftigen Kräuter stehen lassen. Doch
wie ehrliche/ auffrichtige/ keusche gemüter
ck (welche von den
auch keuschen Musen erfodert werden) derer die jhre geschicklig-
keit mit vblen sitten vertunckeln nicht entgelten können/ so sind
auch nicht alle Poeten die von Liebessachen schreiben zue meiden;
denn viel vnter jhnen so züchtig reden/ das sie ein jegliches ehr-
bares frawenzimmer vngeschewet lesen möchte. Man kan jhnen
auch deßentwegen wol jhre einbildungen lassen/ vnd ein wenig
vbersehen/ weil die liebe gleichsam der wetzstein ist an dem sie jhren
subtilen Verstand scherffen/ vnd niemals mehr sinnreiche gedan-
cken vnd einfälle haben/ als wann sie von jhrer Buhlschafften
Himlischen schöne/ jugend/ freundligkeit/ haß vnnd gunst reden.
Wie dann hiervon der Frantzösischen Poeten Adler Peter Ronsardt
ein artiges Sonnet geschrieben/ welches ich nebenst meiner vber-
setzung (wiewol dieselbe dem texte nicht genawe zuesaget) hierbey
an zue ziehen nicht vnterlassen kan
cl:

Ah belle liberté, qui me seruois d’escorte,
Quand le pied me portoit où libre ie voulois!
Ah! que ie te regrette! helas, combien de fois
Ay-ie rompu le ioug, que maulgré moy ie porte!
5 Puis ie l’ay rattaché, estant nay de la sorte,
cm Que sans aimer ie suis et du plomb et du bois,
Quand ie suis amoureux i’ay l’esprit et la vois,
L’inuention meilleure et la Muse plus forte.
Il me faut donc aimer pour auoir bon esprit,
10 Afin de conceuoir des enfans par escrit,
Prolongeant ma memoire aux despens de ma vie.
cn co cp cq cr
[Seite 354]

Ie ne veux m’enquerir s’on sent apres la mort:
Ie le croy: ie perdroy d’escrire toute enuie:
Le bon nom qui nous suit est nostre reconfort.
Du güldne Freyheit du/ mein wünschen vnd begehren/
Wie wol doch were mir/ im fall ich jederzeit
Mein selber möchte sein/ vnd were gantz befreyt
Der liebe die noch nie sich wollen von mir kehren/
5 Wiewol ich offte mich bedacht bin zue erweren.
Doch lieb’ ich gleichwol nicht/ so bin ich wie ein scheit/
Ein stock vnd rawes bley. die freye dienstbarkeit/
Die sichere gefahr/ das tröstliche beschweren
Ermuntert meinen geist/ das er sich höher schwingt
10 Als wo der pöfel kreucht/ vnd durch die wolcken dringt/
Geflügelt mitt vernunfft/ vnd mutigen gedancken/
Drumm geh’ es wie es wil/ vnd muß ich schon darvon/
So vberschreit’ ich doch des lebens enge schrancken:
Der name der mir folgt ist meiner sorgen lohn.cs

[C2a] Welchen namen wenn die Poeten nicht zue gewarten het-
ten/ würden viel derselben durch die boßheit der Leute/ die sie
mehr auß neide alß billicher vrsache verfolgen/ von jhrem löbli-
chen vorsatze zuerücke gehalten vnd abgeschreckt werden. Es wird
aber bey jhnen nicht stehen/ vnd ich bin der tröstlichen hoffnung/
es werde nicht alleine die Lateinische Poesie/ welcher seit der ver-
triebenen langwierigen barbarey viel große männer auff geholffen/
vngeacht dieser trübseligen zeiten vnd höchster verachtung gelehr-
ter Leute/ bey jhrem werth erhalten werden; sondern auch die
Deutsche/ zue welcher ich nach meinem armen vermögen all-
bereit die fahne auffgesteckt/ von stattlichen gemütern allso auß-
gevbet werden/ das vnser Vaterland Franckreich vnd Italien wenig
wird bevor dörffen geben.

ct cu cv cw cx cy
[Seite 355]

VOn dieser Deutschen Poeterey nun zue reden/ sollen wir nicht ver-
meinen/ das vnser Land
cz vnter so einer rawen vnd vngeschlachten
Lufft liege/ das es nicht eben dergleichen zue der Poesie tüchtige

ingenia könne tragen/ als jergendt ein anderer ort vnter der
Sonnen. Wein vnnd früchte pfleget man zue Loben von dem orte
da sie herkommen sein; nicht die gemüter der Menschen. Der weise
Anacharsis ist in den Scitischen wüsten gebohren worden. Die Vor-
nemsten Griechen sind in Egypten/ Indien vnd Franckreich ge-
reiset/ die weißheit zue erlernen. Vnd/ vber diß das wir so viel
Vorneme Poeten/ so heutiges tages bey vns erzogen worden/ vnter
augen können stellen/ erwehnet Tacitus von den Deutschen in dem
buche das er von jhnen geschrieben/ das ob wol weder Mann noch
Weib vnter jhnen zue seiner zeit den freyen künsten ob zue liegen
pflegeten
da/ faßeten sie doch alles was sie im [C2b] gedächtniß be-
halten wolten in gewisse reimen vnd getichte
db. Wie er denn in ei-
nem andern orte saget/ das sie viel von des Arminius seinen thaten
zue singen pflegeten
dc. Welches sie vieleichte den Frantzosen nach-
gethan haben/ bey denen/ wie Strabo im fünfften buche anzeiget
dd/
Dreyerley Leute waren/ die man in sonderlichen ehren hielt:
de

[Seite 356]


Bardi, Vates vnnd Druiden. Die Barden sungen Lobgetichte
vnnd waren Poeten; die
Vates opfferten vnd betrachteten die
Natur aller dinge; Die Druiden pflegten vber die Natürliche
Wissenschafft auch von gueten sitten zue vnterrichten. Wel-
ches auch Marcellinus
df im fünfften buche bekrefftiget: Die Barden/
saget er/ haben berümbter männer ritterliche thaten mit he-
roischen Versen beschrieben/ vnd mit süßen melodien zue der
leyer gesungen. Vnd
Lucanus im ersten buche des bürgerlichen
Krieges
dg:

10 Vos quoque, qui fortes animas belloque peremptas
Laudibus in longum vates demittitis aevum,
Plurima securi fudistis carmina, Bardi.

Das ich der meinung bin/ die Deutschen haben eben dieses im
gebrauche gehabt/ bestetiget mich/ vber das was Tacitus meldet/
auch der alten Cimbrer oder Dänen ebenmäßiger gebrauch/ die
von jhren Helden schöne vnd geistreiche Lieder ertichtet haben/
deren nicht wenig von alten jahren her in Dennemarck noch ver-
handen sind/ vnd von vielen gesungen werden
dh. So ist auch Hiar-
nes
di bey jhnen einig vnnd alleine deßentwegen zum Königreiche
kommen/ weil er dem vorigen Könige zue ehren ein solch grab-
getichte gemacht/ das vor allen andern den preiß behalten.

[C3a] Vnd vber diß/ sind doch eines vngenannten Freyherrens dj dk

[Seite 357]


von Wengendl/ Juncker Winßbeckens/ Reinmars von Zweter/
der ein Pfältzischer vom Adel vnd bey Keyser Friedrichen dem
ersten vnd Heinrichen dem sechsten auffgewartet hatt/ Marners
auch eines Edelmannes/ Meister Sigeherrens/ vnd anderer sachen
noch verhanden/ die manchen stattlichen Lateinischen Poeten an
erfindung vnd ziehr der reden beschämen. Ich wil nur auß dem
Walter von der Vogelweide/ Keyser Philipses geheimen rahte/ den
Goldast anzeucht/ einen einigen ort setzen; darauß leichtlich wird
zue sehen sein/ wie hoch sich selbige vorneme Männer/ vngeachtet
jhrer adelichen ankunfft vnd standes/ der Poeterey angemaßet:

Nun sende vns Vater vnd Suhn den rechten Geist heraben/
Das wir mit deiner suͤssen fuͤchte ein duͤrres hertze erlaben.
Vnkristenlichen dingen ist al al dui kristenheit so vol/
Swa kristentum ze siechhus lit da tut man jhm nicht wol.
5 Ihn duͤrstet sehre
Nach der lehre
Als er von Rome was gewon/
Der jhn da schancte
Vnd jhn da trancte
10 Als é da wurde er varende von.
Swas im da leides je gewar
Das kam von Symonis gar.
Vnd ist er da so fruͤndebar
Das er engetar
dm dn do dp dq dr ds dt du dv dw dx dy dz ea
[Seite 358]

eb 15 Nicht sin schaden genuͤgen.
Kristentum vnd Kristenheit
Der disuͤ zwei zusamne saeit
Gelih lanc/ gelih breit/
Lieb vnd leit
20 Der wolte auch das wir truͤgen
In kriste Kristenliches leben
Sit er vns vf eine gegeben
So suln wir vns nicht scheiden/ &c.

Das nun von langer zeit her dergleichen zue vben in vergessen
gestellt ist worden/ ist leichtlicher zue beklagen/ als die vrsache
hiervon zue geben. Wiewol auch bey den Italienern
ec erst Petrarcha
die Poeterey in seiner Muttersprache getrieben hat/ vnnd nicht
sehr vnlengst Ronsardus; von deme gesaget wird/ das er/ damit er
sein Frantzösisches desto besser außwürgen köndte/ mit der
Griechen schrifften gantzer zwölff jahr sich vberworffen habe; als
ed ee ef eg eh ei ej ek el

[Seite 359]


von welchen die Poeterey jhre meiste Kunst/ art vnd liebligkeit be-
kommen. Vnd muß ich
em nur bey hiesiger gelegenheit ohne schew
dieses erinnern/ das ich es für eine verlorene arbeit halte/ im fall
sich jemand an vnsere deutsche Poeterey machen wolte/ der/
nebenst dem das er ein Poete von natur sein muß/ in den griechischen
vnd Lateinischen büchern nicht wol durchtrieben ist/ vnd von
jhnen den rechten grieff erlernet hat; das auch alle die lehren/
welche sonsten zue der Poesie erfodert werden/ vnd ich jetzund
kürtzlich berühren wil/ bey jhm nichts verfangen können.

WEil die Poesie/ wie auch die Rednerkunst/ in dinge vnd worte
abgetheilet wird
eo; als wollen wir erstlich von erfindung vnd ein-
theilung der dinge
ep/ nachmals von der zuebereitung vnd ziehr der
worte/ vnnd endtlich vom maße der sylben/ Verse/ reimen/ vnnd
vnterschiedener art der
carminum vnd getichte reden.

eq er
[Seite 360]

Die erfindunges der dinge ist nichts anders als eine sinnreiche
faßung aller sachen die wir vns einbilden können/ der Himlischen
vnd jrrdischen/ die Leben haben vnd nicht haben/ welche ein
Poete jhm zue beschreiben vnd herfür zue bringen vornimpt: dar-
von in seiner Idea
et Scaliger außfürlich berichtet. An dieser er-
findung henget
eu stracks die abtheilung/ welche bestehet in einer
füglichen vnd artigen ordnung der erfundenen sachen. Hier mußen
wir vns besinnen/ in was für einem
genere carminis vnd art der
getichte (weil ein jegliches seine besondere zuegehör hat) wir zue
schreiben willens sein.

Ein Heroisch getichte (das gemeiniglich weitleufftig ist/ vnd von
hohem wesen redet) soll man stracks von seinem innhalte vnd der
Proposition anheben
ev; wie Virgilius in den büchern vom Acker-
bawe
ew thut:

15 Quid faciat laetas segetes, quo sidere terram
Vertere, Maecenas, ulmisque adiungere vites
Conveniat, quae cura boum, qui cultus habendo
Sit pecori, atque apibus quanta experientia parcis,
Hinc canere incipiam.


Vnd ich (wiewol ich mich schäme/ das ich in mangel ande- [C4b]
rer deutschen exempel mich meiner eigenen gebrauchen soll/ weil
mir meine wenigkeit vnd vnvermögen wol bewust ist) in dem ersten
buche der noch vnaußgemachten Trostgetichte in Wiederwertig-
keit des Krieges
ex:

ey
[Seite 361]

Des schweren Krieges last den Deutschland jetzt empfindet/
Vnd das Gott nicht vmbsonst so hefftig angezündet
Den eifer seiner macht/ auch wo in solcher pein
Trost her zue holen ist/ soll mein getichte sein.


Nachmals haben die heiden jhre Götter angeruffen/ das sie jhnen
zue vollbringung des werckes beystehen wollen: denen wir Christen
nicht allein folgen/ sondern auch an frömigkeit billich sollen vber-
legen sein. Virgilius spricht weiter an gedachtem orte
ez:

Vos, o clarissima mundi
Lumina, labentem coelo quae ducitis annum,
Liber et alma Ceres &c.

Vnd ich:

Diß hab ich mir anjetzt zue schreiben fürgenommen.
Ich bitte wollest mir geneigt zue hülffe kommen
15 Du höchster trost der welt/ du zueversicht in not/
Du Geist von GOtt gesandt/ ia selber wahrer GOtt.
Gieb meiner Zungen doch mit deiner glut zue brennen/
Regiere meine faust/ vnd laß mich glücklich rennen
Durch diese wüste bahn/ durch dieses newe feldt/
20 Darauff noch keiner hat für mir den fuß gestelt.fa

Wiewol etliche auch stracks zue erste die anruffung setzen. Als
Lucretius:

fb

Aeneadum genetrix, hominum divumque voluptas,
Alma Venus &c.fc


Vnd Wilhelm von Sallust in seiner andern wochefd:

[Seite 362]

Grand Dieu, qui de ce Tout m’as fait voir la naissance
Descouure son berceau, monstre-moy son enfance,
Pourmeine mon esprit par les fleuris destours
Des vergers doux-flairans, où serpentoit le cours
5 De quatre viues eaux: conte-moy quelle offence
Bannit de deux Edens Adam et sa semence.
Gott/ der du mich der welt geburt hast sehen lassen/
Laß mich nun jhre wieg’ vnd kindheit jetzt auch fassen/
Vnd meinen Geist vnd sinn sich in dem kreiß’ ergehn
Der gärte vol geruchs/ hier wo vier flüsse schön’
5 Hinrauschen mitten durch: erzehl’ vmb was für sachen
Sich Adam vnd sein sam’ auß Eden muste machen.fe

Doch istff/ wie hier zue sehen/ in der anruffung allzeit die pro-
position zuegleich begrieffen. Auff dieses folget gemeiniglich die
dedication; wie Virgilius seine
Georgica dem Keiser Augustus zue-
geschrieben
fg. Item die vrsache/ warumb man eben dieses werck
vor sich genommen: wie im dritten buche vom Ackerbawe
fh zue
sehen:

Cetera, quae vacuas tenuissent carmina mentes,

Omnia jam vulgata; vnd wie folget. Dem ich in den Trostge-
tichten
fi auch habe nachkommen wollen:

Das ander ist bekandt. wer hat doch nicht geschrieben
fj Von Venus eitelkeit/ vnd von dem schnöden lieben/
15 Der blinden jugendt lust? wer hat noch nie gehört
Wie der Poeten volck die grossen Herren ehrt/
Erhebt sie an die lufft/ vnd weiß herauß zue streichen
Was besser schweigens werth/ lest seine Feder reichen
fk
[Seite 363]

Wo Menschen tapfferkeit noch niemals hin
gelangt/

20 Macht also das die welt mit blossen lügen prangt?
Wer hat zue vor auch nicht von riesen hören sagen/
Die Waldt vnd Berg zuegleich auff einen orth ge-
tragen/

Zue stürtzen Jupitern mit aller seiner macht/
Vnnd was des wesens mehr? nun ich bin auch
bedacht

25 Zue sehen ob ich mich kan auß dem staube schwingen/
Vnd von der dicken schar des armen volckes dringen
So an der erden klebt. ich bin begierde voll
Zue schreiben wie man sich im creutz’ auch
frewen soll/

Sein Meister seiner selbst. ich wil die neun Göttinnen/
30 Die nie auff vnser deutsch noch haben reden können/
Sampt jhrem Helicon mit dieser meiner handt
Versetzen allhieher in vnser Vaterlandt.
Vieleichte werden noch die bahn so ich gebrochen
34 Geschicktere dann ich nach mir zue bessern suchen/
fl Wann dieser harte krieg wird werden hingelegt/
Vnd die gewündschte rhue zue Land vnd Meer
gehegt.

Das getichte vnd die erzehlung selber belangend/ nimpt sie es
nicht so genawe wie die Historien
fm/ die sich an die zeit vnd alle
vmbstende nothwendig binden mußen/ vnnd wiederholet auch
nicht/ wie Horatius
fn erwehnet/ den Troianischen krieg von der
Helenen vnd jhrer brüder geburt an: lest viel außen
fo was sich
nicht hin schicken wil/ vnd setzet viel das zwar hingehöret/ aber

[Seite 364]


newe vnd vnverhoffet ist/ vntermenget allerley fabeln/ historien/
Kriegeskünste/ schlachten/ rahtschläge/ sturm/ wetter/ vnd was
sonsten zue erweckung der verwunderung in den gemütern von
nöthen ist; alles mit solcher ordnung/ als wann sich eines auff das
andere selber allso gebe/ vnnd vngesucht in das buch keme.
Gleichwol aber soll man sich in dieser freyheit zue tichten vorsehen/
das man nicht der zeiten vergeße/ vnd in jhrer warheit irre. Wie-
wol es Virgilius
fp/ da er vorgegeben/ Eneas vnd Dido hetten zue
einer zeit gelebet/ da doch Dido hundert jahr zuevor gewesen/ dem
Keyser vnd Römischen volcke/ durch welches die stadt Carthago
bezwungen worden/ zue liebe gethan/ damitt er gleichsam von
den bösen flüchen der Dido einen anfang der feindschafft zwischen
diesen zweyen mächtigen völckern machte. Ob aber bey vns Deut-
schen so bald jemand kommen möchte/ der sich eines volkomme-
nen Heroischen werckes vnterstehen werde/ stehe ich sehr im
zweifel/ vnnd bin nur der gedancken/ es sey leichtlicher zue wünd-
schen als zue hoffen.

Die Tragedie ist an der maiestet dem Heroischen getichte ge-
meße/ ohne das sie selten leidet/ das man geringen standes per-
sonen vnd schlechte sachen
fq einführe: weil sie nur von König-
lichem willen
fr/ Todtschlägen/ verzweiffelungen/ Kinder- vnd
Vätermörden/ brande/ blutschanden/ kriege vnd auffruhr/ kla-

[D2b] gen/ heulen/ seuffzen vnd dergleichen handelt. Von derer fs ft

[Seite 365]


zugehör schreibet vornehmlich Aristoteles/ vnd etwas weitleuffti-
ger Daniel Heinsius
fu; die man lesen kan.

Die Comediefv bestehet in schlechtem wesen vnnd personen:
redet von hochzeiten/ gastgeboten/ spielen/ betrug vnd schalck-
heit der knechte/ ruhmrätigen Landtsknechten/ buhlersachen/
leichtfertigkeit der jugend/ geitze des alters/ kupplerey vnd sol-
chen sachen/ die täglich vnter gemeinen Leuten vorlauffen. Haben
derowegen
fw die/ welche heutigen tages Comedien geschrieben/
weit geirret/ die Keyser vnd Potentaten eingeführet/ weil solches
den regeln der Comedien schnurstracks zuewieder laufft.

Zue einer Satyrafx gehören zwey dinge: die lehre von gueten
sitten vnd ehrbaren wandel/ vnd höffliche reden vnd schertzworte.
Ihr vornemstes aber vnd gleichsam als die seele ist/ die harte ver-
weisung der laster vnd anmahnung zue der tugend: welches zue
vollbringen sie mit allerley stachligen vnd spitzfindigen reden/ wie
mit scharffen pfeilen/ vmb sich scheußt. Vnd haben
fy alle Satyri-
sche scribenten zum gebrauche/ das sie vngeschewet sich vor feinde
aller laster angeben/ vnd jhrer besten freunde ja jhrer selbst auch
nicht verschonen/ damit sie nur andere bestechen mögen: wie es
denn alle drey Horatius/ Juuenalis vnnd Persius meisterlich an
den tag gegeben.

fz ga
[Seite 366]

Das Epigramma setze ich darumbgb zue der Satyra/ weil die
Satyra ein lang Epigramma/ vnd das Epigramma eine kurtze
Satyra ist: denn die kürtze
gc ist seine eigenschafft/ vnd die spitz-
findigkeit
gd gleichsam seine seele vnd gestallt; die sonderlich an
dem ende erscheinet/ das allezeit anders als wir verhoffet hetten
gefallen soll: in welchem auch die spitzfindigkeit
ge vornemlich be-
stehet. Wiewol aber das Epigramma aller sachen vnnd wörter
fähig ist/ soll es doch lieber in Venerischem wesen/ vberschrifften
der begräbniße vnd gebäwe/ Lobe vornemer Männer vnd Frawen/
kurtzweiligen schertzreden vnnd anderem/ es sey was
[D3a] es
wolle/ bestehen/ als in spöttlicher hönerey vnd auffruck anderer
leute laster vnd gebrechen. Denn es ist eine anzeigung eines vnver-
schämten sicheren gemütes/ einen jetwedern/ wie vnvernünfftige
thiere thun/ ohne vnterscheidt anlauffen.


Die Eclogengf oder Hirtenlieder reden von schaffen/ geißen/
seewerck/ erndten/ erdgewächsen/ fischereyen vnnd anderem
feldwesen; vnd pflegen alles worvon sie reden/ als von Liebe/
heyrathen/ absterben/ buhlschafften/ festtagen vnnd sonsten auff
jhre bäwrische vnd einfältige art vor zue bringen
gg.


In den Elegiengh hatt man erstlich nur trawrige sachen/ nach- gi gj gk

[Seite 367]

mals
auch buhlergeschäffte/ klagen der verliebten/ wündschung
des todes/ brieffe/ verlangen nach den abwesenden/ erzehlung
seines eigenen Lebens vnnd dergleichen geschrieben; wie dann die
meister derselben/ Ouidius/ Propertius/ Tibullus/ Sannazar
gl/
Secundus
gm/ Lotichiusgn vnd andere außweisen.

Das ich der Echo oder des Wiederruffes zue ende der wörtergo ge-
dencke/ thue ich erstlich dem Dousa
gp zue ehren/ welcher mit et-
lichen solchen getichten gemacht hat/ das wir etwas darvon hal-
ten; wiewol das so Secundus geschrieben (wie alle andere seine
sachen) auch sehr artlich ist
gq: darnach aber/ weil ich sehe/ das sie
bey den Frantzosen gleichfalls im gebrauche sein
gr; bey denen man
sich ersehen kan. So sind jhrer auch zwey in meinen deutschen

Poematis, die vnlengst zue Straßburg auß gegangen/ zue findengs.
Welchen buches halben/ das zum theil vor etlichen jahren von mir
selber/ zum theil in meinem abwesen von andern vngeordnet vnd
vnvbersehen zuesammen gelesen ist worden/ ich alle die bitte denen
es zue gesichte kommen ist/ sie wollen die vielfältigen mängel vnd
irrungen so darinnen sich befinden/ beydes meiner jugend/ (an-
gesehen das viel darunter ist/ welches ich/ da ich noch fast ein
knabe gewesen/ geschrieben habe) vnnd dann denen zuerechnen/
die auß keiner bösen meinung meinen gueten namen dadurch zue
gt gu gv

[Seite 368]


erweitern bedacht ge- [D3b] wesen seingw. Ich verheiße hiermitt/
ehestes alle das jenige/ was ich von dergleichen sachen bey handen
habe/ in gewiße bücher ab zue theilen/ vnd zue rettung meines ge-
rüchtes/ welches wegen voriger vbereileten edition sich mercklich
verletzt befindet/ durch offentlichen druck jederman gemeine zue
machen
gx.

Hymnigy oder Lobgesänge waren vorzeiten/ die sie jhren Göttern
vor dem altare zue singen pflagen/ vnd wir vnserem Gott singen
sollen. Dergleichen ist der lobgesang den Heinsius vnserem erlö-
ser
gz/ vnd der den ich auff die Christnachtha geschrieben habe. Wie-
wol sie auch zuezeiten was anders loben
hb; wie bey dem Ronsard
ist der Hymnus der Gerechtigkeit/ Der Geister/ des Himmels/ der
Sternen/ der Philosophie/ der vier Jahreszeiten/ des Goldes
hc/ &c.

Sylven oder wälderhd sind nicht allein nur solche carmina, die
auß geschwinder anregung vnnd hitze ohne arbeit von der hand
weg gemacht werden/ von denen Quintilianus im dritten Capitel des
zehenden buches
he saget: Diversum est huic eorum vitium, qui
primum discurrere per materiam stylo quam velocissimo volunt,
et sequentes calorem atque impetum ex tempore scribunt: Hoc
sylvam vocant; vnd wie an den schönen sylvis die Statius ge-
schrieben zue sehen ist/ welche er in der Epistel für dem ersten
hf hg

[Seite 369]


buchehh nennet libellos qui subito calore et quadam festinandi
voluptate ipsi fluxerant: sondern/ wie jhr name selber anzeiget/
der vom gleichniß eines Waldes/ in dem vieler art vnd sorten Bäw-
me zue finden sindt
hi/ genommen ist/ sie begreiffen auch allerley
geistliche vnnd weltliche getichte/ als da sind Hochzeit- vnd
Geburtlieder/ Glückwündtschungen nach außgestandener kranck-
heit/ item auff reisen/ oder auff die zuerückkunfft von denselben/
vnd dergleichen.

Die Lyricahj oder getichte die man zur Music sonderlich ge-
brauchen kan/ erfodern
hk zueföderst ein freyes lustiges gemüte/
vnd wollen mit schönen sprüchen vnnd lehren häuffig geziehret

[D4a] sein: wieder der andern Carminum gebrauch/ da man son-
derliche masse wegen der sententze halten muß; damit nicht
hl der
gantze Cörper vnserer rede nur lauter augen zue haben scheine/
weil er auch der andern glieder nicht entberen kan. Ihren inhalt be-
treffendt/ saget Horatius
hm:

Musa dedit fidibus divos puerosque deorum
Et pugilem victorem et equum certamine primum,
Et iuvenum curas et libera vina referre.


Er wil so viel zue verstehen geben/ das sie alles was in ein kurtz
getichte
hn kan gebracht werden beschreiben können; buhlerey/
täntze/ banckete/ schöne Menscher/ Gärte/ Weinberge/ lob der
mässigkeit/ nichtigkeit des todes/ &c. Sonderlich aber
vermah

[Seite 370]

nung
zue der fröligkeit: welchen inhalts ich meiner Oden eineho/
zue beschliessung dieses Capitels/ setzen wil:

Ich empfinde fast ein grawen
Das ich/ Plato/ für vnd für
Bin gesessen vber dir;
Es ist zeit hienauß zue schawen/
5 Vnd sich bey den frischen quellen
In dem grünen zue ergehn/
Wo die schönen Blumen stehn/
Vnd die Fischer netze stellen.
Worzue dienet das studieren/
10 Als zue lauter vngemach?
Vnter dessen laufft die Bach
Vnsers lebens das wir führen/
Ehe wir es innen werden/
hp Auff jhr letztes ende hin;
15 Dann kömpt (ohne geist vnd sinn)
Dieses alles in die erden.
Hola/ Junger/ geh’ vnd frage
Wo der beste trunck mag sein;
Nim den Krug/ vnd fülle Wein.
20 Alles trawren leidt vnd klage/
Wie wir Menschen täglich haben
Eh’ vns Clotho fortgerafft
Wil ich in den süssen safft
Den die traube giebt vergraben.
25 Kauffe gleichfals auch melonen/
Vnd vergiß des Zuckers nicht;
Schawe nur das nichts gebricht.
[Seite 371]

Jener mag der heller schonen/
Der bey seinem Gold vnd Schätzen
30 Tolle sich zue krencken pflegt
Vnd nicht satt zue bette legt;
Ich wil weil ich kan mich letzen.
Bitte meine guete Brüder
Auff die music vnd ein glaß
35 Nichts schickt/ dünckt mich/ nicht sich baß
Als guet tranck vnd guete Lieder.
Laß ich gleich nicht viel zue erben/
Ey so hab’ ich edlen Wein;
Wil mit andern lustig sein/
40 Muß ich gleich alleine sterben.

NAch dem wir von den dingen gehandelt haben/ folgen jetzund die
worte
hq; wie es der natur auch gemeße ist. Denn es muß ein Mensch
jhm erstlich etwas in seinem gemüte fassen/ hernach das was er
gefast hat außreden. Die worte bestehen in dreyerley
hr; inn der ele-
gantz oder ziehrligkeit/ in der
composition oder zuesammensetzung/
vnd in der dignitet vnd ansehen.

Die ziehrligkeit erfodert das die worte reine vnd deutlich sein.
Damit wir aber reine reden mögen/ sollen wir vns befleissen deme
welches wir Hochdeutsch
hs nennen besten vermögens nach zue
kommen/ vnd nicht derer örter sprache/ wo falsch geredet wird/
in vnsere schrifften vermischen: als da sind/ es geschach/ für/
es geschahe/ er sach/ für/ er sahe; sie han/ für sie haben
ht hu hv hw

[Seite 372]


vnd anderes mehr; welches dem reime auch bißweilen außhelfen
sol als:

Der darff nicht sorgen für den spot/
Der einen schaden krieget hot.hx


So stehet es auch zum hefftigsten vnsauber/ wenn allerley Latei-
nische/ Frantzösische/ Spanische vnnd Welsche wörter in den
text vnserer rede geflickt werden; als wenn ich wolte sagen:

Nemt an die courtoisie, vnd die deuotion,
Die euch ein cheualier, madonna, thut erzeigen;
10 Ein’ handvol von fauor petirt er nur zue lohn/
Vnd bleibet ewer Knecht vnd seruiteur gantz eigen.

Wie seltzam dieses nun klinget/ so ist nichts desto weniger die
thorheit innerhalb kurtzen Jharen so eingeriessen/ das ein jeder/

[E1b] der nur drey oder vier außländische wörter/ die er zum off-
tern nicht verstehet/ erwuscht hat/ bey aller gelegenheit sich be-
mühet dieselben herauß zue werffen/ da doch die Lateiner eine
solche abschew vor dergleichen getragen/ das in jhren versen auch
fast kein griechisch wort gefunden wird/ das zwar gantz griechisch
ist. Dann Juuenalis setzet in einem orte
ξωὴ καὶ φυχή, eben die- hy hz ia ib ic id

[Seite 373]

selben
auß zue lachen/ die sich in jhren buhlereyen mit griechischen
wörtern behelffen
ie: in dem andern orte aber thut er es darumb/
das er die schändliche sünde/ daran Christen auch nicht gedencken
sollen/ lateinisch auß zuesprechen abschew treget
if: wiewol er
sonsten kein blat für das maul nimpt. Was aber die
nomina propria
oder eigentlichen namen der Götter/ Männer vnd Weiber vnd der-
gleichen betrifft/ dürffen wir nach art der Lateiner vnd Griechen
jhre casus nicht in acht nemen/ sondern sollen sie so viel möglich
auff vnsere endung bringen
ig. Als/ ich mag künlich nach der
Deutschen gebrauche sagen:

Der schnelle plitz/ des Jupiters geschoß/

vnd nicht/ des Jouis. Item/ der Venus pfeile/ nicht Veneris.
Wie es denn auch die Römer mit den griechischen wörtern machen.
Die Frantzosen gleichfals. Bartaß in seinem buche/ dem er den
titel die Herrligkeit
ih gegeben:

Vn grand Gymnosophiste, vn Druyde, vn Brachman.

Item die Hollender. Als Heinsius:

van daer is zij gegaen
By Thetis haer vrindin/ en sprack Neptunus aen.ii


Doch können wir anfanges/ weil es in vielen ohren noch etwas
harte lautet/ etliche lateinische endungen noch gebrauchen/ biß
ij

[Seite 374]


wir in die gewonheit kommen sind. Als wenn ich der Erinnen/ die
Stobeus anzeucht
ik/ verß geben wolte.

Χαι̃ϱέ μοι Ῥώμα ϑυγάτηϱ Ἄϱηος,

mag ich wol setzen:


[E2a] O Rom/ des Martis kind/ sey sehr gegrüßt von mir;
den im fall ich spreche/ O Rom/ du kind des Mars/ möchte es
vielen zu anfange seltzam vorkommen.

Die diphthongi oder doppeltlautenden Buchstabenil/ weil sie bey
vns nicht vblich/ dürffen nur mit dem selblautenden buchstaben
geschrieben werden/ dessen thon sie haben; als Enéas/ Eschylus/
Mecenas &c.

Newe wörter/ welches gemeiniglich epitheta, derer wir bald ge-
dencken werden/ vnd von andern wörtern zuesammen gesetzt
sindt/ zue erdencken/ ist Poeten nicht allein erlaubet
im/ sondern
macht auch den getichten/ wenn es mässig geschiehet/ eine son-
derliche anmutigkeit. Als wenn ich die nacht oder die Music eine
arbeittrösterinn/ eine kummerwenderinn/ die Bellona mit einem
dreyfachen worte kriegs-blut-dürstig
in/ vnd so fortan nenne.
Item den Nortwind einen wolckentreiber/ einen felssen stürmer vnd
meerauffreitzer: wie jhn Ronsardt (denn die Frantzosen nechst
io ip iq ir

[Seite 375]


den Griechen hierinnen meister sindt) im 202. Sonnet seines andern
buches der Buhlersachen
is heisset:

Fier Aquilon, horreur de la Scythie,
Le chasse-nue et l’esbransle-rocher,
5 L’irrite-mer.

Welches auß dem Ovidioit genommen ist.

Apta mihi vis est, hac tristia nubila pello,
Hac freta concutio, nodosaque robora verto.

Solches stehet auch an seinem orte bey den Lateinern nicht vbel;
als da Catullus saget in seinem vberauß schönen getichte vom Atys:

Ubi cerva sylvicultrix, ubi aper nemorivagusiu vnd Publius
Syrus
iv von dem storche:

Pietaticultrix, gracilipes, crotalistria,
Avis exulhiemis.


[E2b] In welchen erfindungen Joseph Scaligeriw zue vnserer zeit
meines bedünckens alle andere/ auch die alten selber/ vber-
troffen.

Darbey aber vns Deutschen diß zue mercken ist/ das das nomen
verbale, als treiber/ stürmer/ auffreitzer/ &c. allzeit/ wie bey den
Lateinern/ muß hinten gesetzt werden
ix; wieder der Frantzosen
gebrauch/ derer sprache es nicht anders mit sich bringt. So Hein-
sius
in dem Lobgetichte des Weingottes
iy/ welches er auch zum
theil von dem Ronsardt entlehnet:

iz ja
[Seite 376]

Nacht-looper/ Heupe-soon/ Hooch-schreeuwer/ Groote-
[springer/

Goet-geuer/ Minne-vrient/ Hooft-breker/ Leeuwendwinger/
Hert-vanger/ Herßen-dief/ Tong-binder/ Schudde-bol/
Geest-roerder/ Waggel-voet/ Staet-kruijßer/ Altijdt-vol.


Vnd nach meiner verdolmetschungjb:

Nacht-leuffer/ Hüffte-sohn/ Hoch-schreyer/ Lüfften-
[springer/

Guet-geber/ Liebes-freundt/ Haupt-brecher/ Löwen-
[zwinger/

Hertz-fänger/ Hertzen-dieb/ Mund-binder/ Sinnen-toll/
Geist-rhürer/ wackel-fuß/ Stadt-kreischer/ Allzeit-voll.


Wie denn auch sonsten die epitheta bey vns gar ein vbel auß-
sehen haben/ wenn sie hinter jhr
substantiuum gesetzet werden/ als:

Das mündlein roht/ der Weltkreiß rund/ die hände feinjc;
für: das rothe mündlein/ der
[E3a] runde Weltkreiß/ die
feinen hände/ &c. wiewol bey vnsern reimenmachern nichts
gemeiner ist.

So bringen auch die Frantzosen newe Verbajd herfür/ welche/
wenn sie mit bescheidenheit gesetzet werden/ nicht vnartig sind.
Als Ronsardt brauchet in einer Elegie an die Caßandra/ das wort

Petrarquiser, das ist/ wie Petrarcha buhlerische reden brauchen:

20 Apprendre l’art de bien Petrarquiser.je
jf jg jh ji jj
[Seite 377]

Vnd ich habe es jhm mit einem anderen worte nachgethan/ da
ich die Leyer anrede:

Jetzt solt du billich mehr als wol/
O meine lust/ Pindarisiren.jk


Ich darff aber darumb nicht bald auß dem Frantzösischen sagen:
approchiren, marchiren; oder auß dem Lateine: dubitiren, serui-
ren; gaudiren, wie zwar die zue thun pflegen/ die eher jhre Mutter-
sprache verterben/ als das sie nicht wollen sehen laßen/ das sie
auch was frembdes gelernet haben.


Wie nun wegen reinligkeit der reden frembde wörter vnnd der-
gleichen mußen vermieden werden; so muß man auch der deutlig-
keit halben sich für alle dem hüten/ was vnsere worte tunckel vnd
vnverstendtlich macht. Als wann ich sagen wollte: Das weib das
thier ergrieff. Hier were zue zweiffeln/ ob das weib vom thiere/
oder das thier vom weibe were ergrieffen worden: welches die
Griechen eine
ἀμφιβολίαν nennen.

Der πλεονασμός, da etwas vbriges gesaget wird/ verstellet auch
die rede zue weilen nicht wenig. Als wann ich spreche:

Ein schwartzes Kind das nicht war weiß;


weil es sich wol ohne diß verstehet. So wie Pansajl sagete: Das
Kind were von der Mutter zehen monat im leibe getragen worden:
fragete Cicero: ob andere weiber die kinder im rocke trügen
jm.
Doch hilfft bißweilen das was vbrig hinzue gesetzet wird auch zu

[E3b] auffmutzung der rede. So saget Virgilius:

25 Vocemque his auribus hausi.
Mit meinen ohren hab’ ich es vernommen;

zue mehrer bestetigung deßen das er erzehlet.

jn jo
[Seite 378]

Die ἀναστϱοφή oder verkehrung der wortejp stehet bey vns sehr
garstig/ als: Den sieg die Venus kriegt; für: Die Venus
kriegt
jq den sieg. Item: Sich selig dieser schätzen magjr; für:
Dieser mag sich selig schätzen. Vnnd so offte dergleichen ge-
funden wird/ ist es eine gewiße anzeigung/ das die worte in den
verß gezwungen vnd gedrungen sein.

Auff die außlesung der worte/ sagen wir nun billich auch von
jhrer zuesammensetzung; wie wir nemlich die buchstaben/ sylla-
ben vnd wörter aneinander fügen sollen.


Weil ein buchstabe einen andern klang von sich giebet als der
andere/ soll man sehen/ das man diese zum offteren gebrauche/
die sich zue der sache welche wir für vns haben am besten
schicken
js. Als wie Virgilius von dem berge Etna redet/ brauchet er
alles harte vnd gleichsam knallende buchstaben:

15 Vidimus undantem ruptis fornacibus Aetnam
Flammarumque globos liquefactaque volvere saxajt
wie Etna/ wenn er strewet
Die flammen in die lufft/ vnd siedend’ hartz außspeyet/
Vnd durch den holen schlund bald schwartze wolcken bläßt/
20 Bald gantze klüfften stein’ vnd kugeln fliegen lest.

Heinsius saget:

ju
[Seite 379]

Gelyck als Etna schiet vyt haere diepe kolcken
Een grondeloose zee van vlammen in de wolcken.jv

So/ weil das L vnd R fließende buchstaben sein kan ich mir [E4a]
sie in beschreibung der bäche vnd wäßer wol nütze machen/ als:

5 Der klare brunnen quilt mitt lieblichem gerausche &c.

Wie nun bißweilen eine solche zuesammenstoßung der buchsta-
ben recht vnd guet ist; soll man sie doch sonsten mitt einander so
wißen zue vermengen/ das nicht die rede dadurch gar zue raw oder
zue linde werde. Eben dieses ist es auch/ wann eine syllabe oder
wort zue offte wiederholet wird; als: Die die dir diese dinge
sagen.

Item/ Es siehet nicht wol auß/ wenn ein Verß in lauter eynsylbi-
gen wörtern
jw bestehet. Deßen exempel Ronsard giebet:

Ie vy le ciel si beau, si pur et net.


Wiewol wir deutschen/ wegen der menge der einsylbigen wörter
die wir haben/ es zuezeiten kaum vermeiden können
jx.

Hergegen sollen die verß/ sonderlich die Masculini (wie wir sie
im folgenden Capitel nennen werden) sich nicht mit viel sylbigen
wörtern enden
jy.

20 Ich wil euch williglich mit vnterthänigkeit
Zue dienste sein/ Hertzlieb/ bey der gelegenheit.
jz
[Seite 380]

Dann die verß gar zue grob vnd harte dadurch gemacht werden.

〈Was〉 das ansehen vnd die dignitet der Poetischen rede anlangt/
bestehet dieselbe in den
tropis vnnd schematibus, wenn wir nemb-
lich ein wort von seiner eigentlichen bedeutung auff eine andere
ziehen. Dieser figuren abtheilung/ eigenschafft vnd zuegehör all-
hier zue beschreiben/ achte ich darumb vnvonnöthen/ weil wir im
deutschen hiervon mehr nicht als was die Lateiner zue mercken
haben/ vnd also genungsamen vnterricht hiervon neben den
exempeln aus Scaligers
ka vnnd anderer gelehrter leute büchern
nemen können. Dessen wil ich nur erinnern/ das für allen dingen
nötig sey/ höchste möglichkeit zue versuchen/ wie man die
epi-
theta, an denen bißher bey vns grosser mangel ge- [E4b] wesen/
sonderlich von den Griechen vnd Lateinischen abstehlen/ vnd vns
zue nutze machen möge: Dann sie den Poetischen sachen einen
solchen glantz geben/ das Stesichorus
kb für den anmutigsten
Poeten ist gehalten worden/ weil er derselbigen zum füglichsten
sich gebraucht hat.

Sie mussen aber so gemacht werden/ das sie entweder die dinge
von denen wir reden von andern vnterscheiden
kc; als da der Poet
spricht:
nigra hirundo, die schwartze Schwalbe/ oder sie vermeh-
ren/ als:
frigida bello Dextera, eine handt die im kriege nicht
viel außrichtet.

kd ke kf kg kh ki kj
[Seite 381]

Sie mussen auch wahrhafftig sein/ vnd etwas nicht anders be-
schreiben als es ist. Zum exempel:
florida Hyblakk; weil viel Blu-
men darauff wachsen sollen:
Parnassia lauruskl, aestuosa Cala-
briakm, vnd dergleichen. Strabo rhümet den Homerus/ das er die
eigenschafft eines/ ietwedern dinges sehr genaw in acht genom-
men/ vnd jhm vnfehlber sein gehöriges
epitheton allzeit gegeben
habe
kn. Die Poeten/ denen mehr freyheit als den Oratoren einge-
räumet ist/ können auch wol den schnee weiß/ vnnd den wein
feuchte nennen: wie Aristoteles im dritten buche der Rhetoric
ko
vnnd Quintilianus im sechsten Capitel des achten bucheskp saget.
Wiewol Virgilius nicht ohne vrsache setzet:

caeduntque securibus humida vina;kq

Denn in dem er spricht/ das man in den Mitternächtischen Ländern
den gefrorenen Wein/ der doch von natur sonst naß ist/ mit äxten
zuehawen muß/ macht er das man desto mehr der vngewöhnlichen
kälte nachdenckt.

Letztlich haben wir in vnserer sprache dieses auch zue mercken/
das wir nicht vier oder fünff
epitethakr zu einem worte setzen/ wie
die Italiener thun/ die wol sagen dürffen:

20 Alma, bella, angelica, et fortunata donna;
Du schönes/ weisses/ englisches/ glückhafftes/ edles bildt;
ks kt ku
[Seite 382]

kv Denn solches bloß zue außfüllung des verses dienet.

Dieses sey nun von der allgemeinen zuegehör der Poetischen
rede: weil aber die dinge von denen wir schreiben vnterschieden
sind/ als gehöret sich auch zue einem jeglichen ein eigener vnnd
von den andern vnterschiedener Character oder merckzeichen der
worte. Denn wie ein anderer habit einem könige/ ein anderer einer
priuatperson gebühret/ vnd ein Kriegesman so/ ein Bawer anders/
ein Kauffmann wieder anders hergehen soll: so muß man auch
nicht von allen dingen auff einerley weise reden; sondern zue niedri-
gen sachen schlechte/ zue hohen ansehliche/ zue mittelmässigen
auch mässige vnd weder zue grosse noch zue gemeine worte brau-
chen.

In den niedrigenkw Poetischen sachen werden schlechte vnnd ge-
meine leute eingeführet; wie in Comedien vnd Hirtengesprechen.
Darumb tichtet man jhnen auch einfaltige vnnd schlechte reden
an/ die jhnen gemässe sein: So Tityrus bey dem Poeten/ wenn er
seines Gottes erwehnet/ redet er nicht von seinem plitze vnd
donner/ sondern

Ille meas, sagt er/ errare boves, ut cernis et ipsum
20 Ludere quae vellem calamo permisit agresti.
Du siehst/ er leßt mein Vieh herumb gehn ohne ziehl/
Und mich auff meiner flöt’ auch spielen was ich wil.

Wie Theocritus sonsten inn dem paß wol jederman vberlegen/ so
weiß ich doch nicht wie sein Aites mir sonderlich behaget: in-
massen ich denn auch halte/ das Heinsius gleichfals grossen gefal-
len daran treget/ der dieses Idyllion Lateinisch vnnd Hollendisch
gegeben
kx. Weil ich jhm aber im deutschen nachgefolget/ vnd den ky kz la

[Seite 383]


niedrigen Character/ von dem wir jetzo reden/ nicht besser vorzue-
stellen weiß/ wil ich meine übersetzung hierneben fügen
lb.

lc Bist du gekommen dann/ nach dem ich nun gewacht
Nach dir/ mein liebstes Kind/ den dritten tag vnnd Nacht?
Du bist gekommen/ ja. doch wer nicht kan noch mag
Sein lieb sehn wann er wil/ wird alt auff einen tag.
5 So viel der Früling wird dem Winter vorgesetzt/
Vor wilden pflaumen vns ein Apffel auch ergetzt/
Das Schaff mit dicker woll’ ein Lamb beschämen kan/
Die Jungfraw süsser ist als die den dritten Man
Bereit hat fort geschickt; so viel als besser springt
10 Ein rehbock als ein Kalb/ vnd wann sie lieblich singt
Die leichte Nachtigall den Vogeln abgewint/
So ist dein beysein mir das liebste das man findt.
Ich habe mich gesetzt bey diesen Buchbawn hin/
Gleich wie ein Wandersman thut im fürüber ziehn/
15 In dem die Sonne sticht. ach/ das die liebe doch
Vns wolte beyderseits auch fügen an jhr ioch/
An jhr gewündtschtes Joch/ vnd das die nach vns sein
Von vns mit stettem rhum erzehlten vberein:
Es ist ein liebes par gewesen vor der zeit/
20 Das eine freyte selbst/ das ander ward gefreyt:
Sie liebten beyde gleich. ward nicht das volck ergetzt
Wie liebe wiederumb mit liebe ward ersetzt!
Ach Jupiter/ vnd jhr/ jhr Götter/ gebt mir zue/
ld Wann ich nach langer zeit schon lieg’ in meiner rhue/
25 Das ich erfahren mag/ das dem der mich jtzt liebt
Vnd meiner trewen gunst ein jeder zeugniß giebt;
Doch mehr das junge volck. nun diß muß nur ergehn/
Ihr Götter/ wie jhr wolt. es pflegt bey euch zue stehn
Doch lob’ ich dich zwar hoch/ so hoff’ ich dennoch nicht
30 Das jrrgend jemand ist der etwas anders spricht.
le
[Seite 384]

Dann ob dein grimm mir schon offt’ etwas vbels thut
So machst du es hernach doch doppelt wieder gut.
O volck von Megara/ jhr schiffer weit bekandt/
Ich wündsche das jhr wol bewohnt das reiche landt
35 Vnd vfer bey Athen/ weil jhr so höchlich liebt
Dioclem der sich auch im lieben sehr geübt:
Weil allzeit vmb sein grab sehr viel liebhaber stehn/
Die lernen einig nur mit küssen vmb recht gehn/
Vnd streiten gleich darumb/ vnd wer dann Mundt an
mundt

40 Am aller besten legt/ dem wird der krantz vergunt/
Den er nach hause dann zue seiner Mutter bringt.
Ach/ ach/ wie glücklich ist dem es so wol gelingt
Das er mag richter sein. wie offte rufft er wol
Das Ganymedes jhm den Mund so machen sol
45 Als einen Stein durch den der goldschmiedt vrtheil spricht
Ob auch gewiß das Goldt recht gut sey oder nicht.

[F2b] Hergegen in wichtigen sachen/ da von Göttern/ Helden/
Königen/ Fürsten/ Städten vnd dergleichen gehandelt wird/ muß
man ansehliche/ volle vnd hefftige reden vorbringen
lf/ vnd ein
ding nicht nur bloß nennen/ sondern mit prächtigen hohen worten
vmbschreiben
lg. Virgilius sagt nicht: die oder luce sequenti; son-
dern:

vbi primos crastinus ortus
Extulerit Titan radiisque retexerit orbem.lh
Wann Titan morgen wird sein helles liecht auffstecken/
10 Vnd durch der stralen glantz die grosse welt entdecken.

Die mitteleli oder gleiche art zue reden ist/ welche zwar mit jhrer
ziehr vber die niedrige steiget/ vnd dennoch zue der hohen an

[Seite 385]


pracht vnd grossen worten noch nicht gelanget. In dieser gestalt hat
Catullus seine Argonautica
lj geschrieben; welche wegen jhrer vn-
vergleichlichen schönheit allen der Poesie liebhabern bekandt sein/
oder ja sein sollen. Bißhieher auch dieses: nun ist noch vbrig das
wir von den reimen vnd vnterschiedenen art der getichte reden.

EIn reim ist eine vber einstimmung des lautes der syllaben vnd
wörter zue ende zweyer oder mehrer verse/ welche wir nach der art
die wir vns fürgeschrieben haben zuesammen setzen
lk. Damit aber
die syllben vnd worte in die reimen recht gebracht werden/ sind
nachfolgende lehren in acht zue nemen.

Erstlichll/ weil offte ein Buchstabe eines doppelten lautes ist/
soll man sehen/ das er in schliessung der reimen nicht vermenget

[F3a] werde. Zum exempel: Das e in dem worde ehren wird wie
ein griechisch
ε/ in dem worte nehren wie ein η außgesprochenlm:
kan ich also mit diesen zweyen keinen reim schließen. Item/ wenn
ich des Herren von Pybrac
Epigrammaln wolte geben:

Adore assis, comme le Grec ordonne,
20 Dieu en courant ne veut estre honoré,
D’vn ferme coeur il veut estre adoré,
Mais ce coeur là il faut qu’il nous le donne.
lo lp
[Seite 386]

Zum beten setze dich/ wie jener Grieche lehret/
Denn GOtt wil auff der flucht nicht angeruffen sein:
Er heischet vnd begehrt ein starckes hertz’ allein;
Das hat man aber nicht/ wann er es nicht bescheret.


Hier/ weil das e in lehret wie ε/ das in bescheret wie η ge-
lesen wird/ kan ich vor bescheret das wort verehret setzen. So
schicken sich auch nicht zusammen entgegen vnd pflegen; ver-
kehren vnd hören weil das ö von vnns als ein
ε/ vnnd 〈die〉
mitlere sylbe in verkehren wie mit einem
η gelesen wirdt. So kan
ich auch ist vnd bist wegen des vngleichen lautes gegen einander
nicht stellen
lq.

Das e/ wann es vor einem andern selblautenden Buchstaben zue
ende des wortes vorher gehet/ es sey in wasserley versen es wolte/
wird nicht geschrieben vnd außgesprochen/ sondern an seine statt
ein solches zeichen’ darfür gesetzt
lr. Zum exempel wil ich nach-
folgendes Sonnet
ls setzen/ weil diese außenlaßung zue sechs malen
darinnen wiederholet wird:

Ich muß bekennen nur/ wol tausendt wündtschen mir/
lt Vnd tausendt noch darzue/ ich möchte die
doch meiden

Die mein’ ergetzung ist/ mein trost/ mein weh
vnd leiden

Doch macht mein starckes hertz’/ vnd jhre
grosse ziehr/

5 An welcher ich sie selbst dir/ Venus setze für/
lu lv lw
[Seite 387]

Das ich/ so lang’ ein Hirsch wird lieben püsch’
vnd Heiden/

So lange sich dein Sohn mit threnen wird be-
weiden/

Wil ohne wancken stehn/ vnd halten vber jhr.
Kein menschlich weib hat nicht solch gehn/ solch
stehn/ solch lachen/

10 Solch reden/ solche tracht/ solch schlaffen vnnd
solch wachen:

Kein Waldt/ kein heller fluß/ kein hoher Berg/
kein Grundt

Beherbrigt eine Nymf’ an welcher solche gaben/
Zue schawen mögen sein; die so schön haar kan
haben/

Solch’ augen als ein stern/ so einen roten mund.

Hiervon werden außgeschlossen/ wie auch Ernst Schwabelx in
seinem Büchlein erinnert/ die eigenen namen/ als: Helene/ Eu-
phrosine; darnach alle einsylbige wörter
ly/ als: Schnee/ See/
wie/ die/ &c.


Zue ende der reimen/ wann ein Vocalis den folgenden [F4a]
verß anhebet/ kan man das e stehen lassen oder weg thun. Stehen
bleibt es:

wie rufft er vor dem ende
Vns seinen Kindern zue.lz


Weg gethan aber wird es:

Ihr hölen voller moß/ jhr auffgeritzten stein’
Ihr felder/ &c.ma
mb mc md me mf mg
[Seite 388]

Wann auff das e ein Consonans oder mitlautender Buchstabe
folget/ soll es nicht aussen gelassen werden: ob schon niemandt
bißher nicht gewesen ist/ der in diesem nicht verstossen. Ich kan
nicht recht sagen:


Die wäll der starcken Stadt vnnd auch jhr tieffe Graben;
Weil es die Wälle vnd jhre Graben sein soll. Auch nicht wie
Melißus:

Rot rößlein wolt’ ich brechen/mh

für/ Rote rößlein.


Gleichfals nicht:

Nemt an mein schlechte reime/

für: Meine.

Es soll auch das e zueweilen nicht auß der mitten der wörter ge-
zogen werden; weil durch die zuesammenziehung der sylben die
verse wiederwertig vnd vnangeneme zue lesen sein
mi. Als/ wann
ich schriebe:

Mein Lieb/ wann du mich drücktst an deinen lieblchen
Mundt/

So thets meinm hertzen wol vnd würde frisch vnd gsundt.


Welchem die reime nicht besser als so von statten gehen/ [F4b]
mag es künlich bleiben lassenmj: Denn er nur die vnschuldigen
wörter/ den Leser vnd sich selbst darzue martert vnd quelet. Wie-
wol es nicht so gemeinet ist/ das man das e niemals aussenlassen
möge: Weil es in Cancelleyen (welche die rechten lehrerinn der
reinen sprache sind
mk) vnd sonsten vblich/ auch im außreden nicht
verhinderlich ist. Vnnd kan ich wol sagen/ vom für von dem/
zum für zue dem/ vnd dergleichen. So ist es auch mit den

verbis. Als:

ml
[Seite 389]

Die Erde trinckt für sich/ die Bäwme trincken erden/
Vom Meere pflegt die lufft auch zue getruncken werden/
Die Sonne trinckt das Meer/ der Monde trinckt die Sonnen;
Wolt dann/ jhr freunde/ mir das trincken nicht vergonnen?mm


Hier/ ob gleich die wörter/ trincket/ pfleget/ wollet inn eine
sylbe gezogen sind/ geschiehet jhnen doch keine gewalt. Hiesige
verß aber sindt in Griechischen bey dem Anacreon:

[griechische Textstelle],
[griechische Textstelle],
[griechische Textstelle],
[griechische Textstelle],
5 [griechische Textstelle].
[griechische Textstelle],
[griechische Textstelle];mn

Welche oden ich sonst auch in ein distichon gebracht; weil ich
zue den lateinischen Anacreonten weder lust noch glück habe.

mo 10 Terra bibit, terram plantae, auras aequor, amici,
Aequor Sol, Solem Luna; nec ipse bibam?

Stehet das h zue anfange eines wortes/ so kan das e wol geduldet
werden; als:

mp mq mr ms mt mu mv mw
[Seite 390]

Vnd was hilfft es das mein spiel
Alle die es hören loben/
Du hergegen/ o mein licht/
Die ich lobe/ hörst es nicht?mx


Oder auch aussen bleibenmy; als:

Was kan die künstlich’ hand?

Ferner soll auch das e denen wörtern zue welchen es nicht ge-
höret vnangehencket bleiben; als in
casu nominatiuo:

Der Venus Sohne. Item/ wie Melißus sagt:
10 Ein wolerfahrner helde.mz

Vnd:

Dir scheint der Morgensterne;na

Weil es Sohn/ Held/ Stern heisset.

Vber diß/ die letzte sylbe in den männlichen/ vnd letzten zwo
inn den weiblichen reimen (wie wir sie bald abtheilen werden) sol-
len nicht an allen Buchstaben gleiche sein; als/ in einem weiblichen
reime:

Wir sollen frembdlingen gar billich ehr’ erzeigen/
Vnd so viel möglich ist/ ein willig hertze zeigen.


Es ist falsch; weil die letzten zwo sylben gantz eines sindt: kan
aber so recht gemacht werden:

Wir sollen frembdlingen gar billich ehr’ erzeigen/
Vnd/ wann es müglich ist/ die Sonn’ auch selbst zueneigen.

Wiewol es die Frantzosen so genaw nicht nemennb. Dann in
[G1b] nachfolgender Echo/ welche vom tantze redet/ alle verß
gleiche fallen:

nc nd ne
[Seite 391]

Qui requiert fort et mesure et cadance? Dance.
Qui faict souuent aux nopces residence? Dance.
Qui faict encor filles en abondance? Dance.
Qui faict sauter fols par outrecuidance? Dance.
5 Qui est le grand ennemy de prudence? Dance.
Qui met aux frons cornes pour euidence? Dance.
Qui faict les biens tomber en decadence? Dance.nf

Gleichfals begehet man einen fehler/ wann in dem rythmo
foeminino die letzte sylbe des einen verses ein t/ des andern ein d
hat; weil t harte vnd d gelinde außgesprochen wird. Als im
23. Psalme:

Auff einer grünen Awen er mich weidet/
Zum schönen frischen wasser er mich leitet.ng

So auch/ wann das eine u ein selblautender/ das andere ein dop-
peltlautender Buchstabe ist/ vnd fast wie ein i außgesprochen
wird. Als in 42. Psalme:

Bey jhm wird heil gefunden/
Israel er von sünden.

Dann in dem worte sünden ist das u ein diphthongusnh.


Vnd letzlich wird der reim auch falsch/ wann in dem einen verse
das letzte wort einen doppelten
consonantem; vnnd das in dem an-
dern einen einfachen hat; als: wann der eine verß sich auff das
wort harren; der andere auff das wort verwahren/ oder der eine
ni nj nk nl

[Seite 392]


auff rasen/ der andere auff gleicher massen endete. Denn es
eine andere gelegenheit mit der Frantzösischen sprache hatt/ da
zwar zweene
consonantes geschrieben/ aber gemeiniglich nur einer
außgesprochen wird.


[G2a] Das wir nun weiter fortfahren/ so ist erstlich ein jeglicher
verß/ wie sie die Frantzosen auch abtheilen/ (denn der Italiener
zarte reimen alleine auf die weibliche endung außgehen) entweder
ein
foemininus, welcher zue ende abschiessig ist/ vnd den accent in
der letzten sylben ohne eine hat/ Als:

10 Er hat rund vmb sich her das wasser außgespreitet/
Den köstlichen pallast des Himmels zue bereitet;nm

Oder masculinus, das ist/ männlicher verßnn/ da der thon auff der
letzten sylben in die höhe steiget; als:

Den donner/ reiff vnd schnee/ der wolcken blawes zelt/
15 Ost/ Norden/ Sud vnd West in seinen dienst bestelt.no

Nachmals ist auch ein jeder verß entweder ein iambicus oder
trochaicus; nicht zwar das wir auff art der griechen vnnd lateiner
eine gewisse grösse
np der sylben können inn acht nemen; sondern
das wir aus den
accenten vnnd dem thone erkennen/ welche sylbe
hoch vnnd welche niedrig gesetzt soll werden. Ein Jambus ist die-
ser:

Erhalt vns Herr bey deinem wort.nq

Der folgende ein Trochéus:

nr ns
[Seite 393]

Mitten wir im leben sind.nt

Dann in dem ersten verse die erste sylbe niedrig/ die andere
hoch/ die dritte niedrig/ die vierdte hoch/ vnd so fortan/ in dem
anderen verse die erste sylbe hoch/ die andere niedrig/ die dritte
hoch/ &c. außgesprochen werden. Wiewol nun meines wissens
noch niemand/ ich auch vor der zeit selber nicht/ dieses genawe in
acht genommen/ scheinet es doch so hoch von nöthen zue sein/
als hoch von nöthen ist/ das die Lateiner nach den
quantitatibus
oder grössen der sylben jhre verse richten vnd reguliren. Denn es
gar einen übelen klang hat:

[G2b] Venus die hat Juno nicht vermocht zue obsiegen;

weil Venus vnd Juno Jambische/ vermocht ein Trochéisch
wort sein soll: obsiegen aber/ weil die erste sylbe hoch/ die andern
zwo niedrig sein/ hat eben den thon welchen bey den lateinern der

dactylus hat/ der sich zueweilen (denn er gleichwol auch kan ge-
duldet werden/ wenn er mit vnterscheide gesatzt wird
nu) in vnsere
sprache/ wann man dem gesetze der reimen keine gewalt thun wil/
so wenig zwingen leßt/ als
castitas, pulchritudo vnd dergleichen
in die Lateinischen
haxametros vnnd pentametros zue bringen
sind. Wiewol die Frantzosen vnd andere/ in den eigentlichen na-
men sonderlich/ die accente so genawe nicht in acht nemen wie ich
dann auch auff art des Ronsardts in einer Ode
nv geschrieben:

Bin ich mehr als Anacreon/
Als Stesichór vnd Simonídes/
25 Als Antimáchus vnd Bion/
Als Phílet oder Bacchylídes?

Doch/ wie ich dieses nur lust halben gethan/ so bin ich der ge-
dancken/ man solle den lateinischen accenten so viel möglich nach-
kommen.

nw nx ny nz oa
[Seite 394]

Vnter den Jambischen versen sind die zue föderste zue setzen/
welche man Alexandrinische/ von jhrem ersten erfinder/ der ein
Italiener soll gewesen sein
ob/ zue nennen pfleget/ vnd werden an
statt der Griechen vnd Römer heroischen verse gebraucht
oc: Ob
gleich Ronsardt die
vers communs oder gemeinen verse/ von denen
wir stracks sagen werden/ hierzue tüchtiger zue sein vermeinet;
weil die
od Alexandrinischen wegen jhrer weitleufftigkeit der vnge-
bundenen vnnd freyen rede zue sehr ähnlich sindt/ wann sie nicht
jhren mann finden/ der sie mit lebendigen farben herauß zue strei-
chen weiß. Weil aber dieses einem Poeten zuestehet/ vnd die vber
welcher vermögen es ist nicht gezwungen sind
[G3a] sich darmit zue
ärgern/ vnsere sprache auch ohne diß in solche enge der wörter wie
die Frantzösische nicht kan gebracht werden/ mussen vnd können
wir sie an statt der heroischen verse gar wol behalten: inmassen
dann auch die Niederländer zue thun pflegen.

Der weibliche verß hat dreyzehen/ der männliche zwölff sylben;
wie der
iambus trimeter. Es muß aber allezeit die sechste sylbe
eine
caesur oder abschnitt haben/ vnd masculinae terminationis,
das ist/ entweder ein einsylbig wort sein/ oder den accent in der
letzten sylben haben
oe; wie auch ein vornemer Mann/ der des of og oh

[Seite 395]


Herren von Bartas Wochen in vnsere sprache vbersetzt hat/ er-
innert
oi. Zum exempel sey dieses:

Dich hette Jupiter/ nicht Paris/ jhm erkohren/
Vnd würd’ auch jetzt ein Schwan wann dich kein schwan
gebohren/

Du heissest Helena/ vnd bist auch so geziehrt/
Vnd werest du nicht keusch/ du würdest auch entführt.oj

Hier sind die ersten zweene verß weibliche/ die andern zweene
männliche: Denn mann dem weiblichen in diesem
genere carminis
gemeiniglich die oberstelle leßt; wiewol auch etliche von den männ-
lichen anfangen.

Bey dieser gelegenheit ist zue erinnern/ das die caesur der sech-
sten syllben/ sich weder mit dem ende jhres eigenen verses/ noch
des vorgehenden oder nachfolgenden reimen soll; oder kürtzlich;
es soll kein reim gemacht werden/ als da wo er hin gehöret: als:

Ein guet gewissen fragt nach bösen mäulern nicht/
Weil seiner tugend liecht so klar hereiner bricht
Als wie Aurora selbst/ &c.

Dann solches stehet eben so vbel als die reimen der lateini- [G3b]
schen verse; deren exempel zwar bey den gutten Autoren wenig zue
finden/ der Mönche bücher aber vor etzlich hundert Jahren alle
voll sindt gewesen
ok.

So ist es auch nicht von nöthen/ das der periodus oder sententz
allzeit mit dem verse oder der
strophe sich ende: ja es stehet zier-
lich/ wann er zum wenigsten biß zue des andern/ dritten/ vierdten
verses/ auch des ersten in der folgenden strophe
caesur behalten
wird
ol. Zum exempel:

[Seite 396]

1. nein nein/ wie bleich ich bin/
Nicht vom studiren nur/ so bleibt doch wie vorhin
Mein vorsatz vnbewegt; 2. ich wil mein glücke tragen
So lang’ ich kan vnd mag; wil setzen auff den wagen
5 Der grawen ewigkeit durch meiner Leyer kunst
Die braune Flauiaom: 3. an stat der Musen gunst
Ist jhrer augen glut: 4. das sternenliechte fewer
Kömpt/ wie der schöne Nort den Schieffen/ mir zue
stewer
on.

Item:

1. Ja wir gedencken vns wie meister fast zue werden
Des grossen Jupiters/ vnd donnern auff der erden
Durch des Geschützes plitz; 2. die Berge zittern
auch/

Die wolcken werden schwartz von vnsers Pulvers
rauch’/

5 Vnd lauffen schneller fort. 3. verhaw’ vns zue dem strande
Des meeres weg vnd steg/ wir segeln auch zue lande/
Vnd schiffen ohne see. 4. veriag’ vns aus der welt/
oo Wir haben eine new’/ in welcher Gold vnd Geldt
Nicht minder häuffig ist. 5. wilt du vnns gifft beybringen/
10 Die Porcellane wird vns in der hand zuespringen/op
Vnd sagen was du thust. 6. wie schlecht die Bügel
sein/

So setzen wir vns doch mit jhnen fester ein/
Vnd lassen vnns so bald nicht auß dem sattel heben.
7. Es pflegt die Sonnenvhr vns vnterricht zue geben
15 Vmb welche zeit es sey. 8. Der köstliche Magnet
Zeigt wo das schwache Schiff auch bey der nacht hin-
geht/

Vmbringt mit wind’ vnnd flut. 9. wir kennen hier von
fernen

Durch eines glases liecht den Monden vnnd die Sternen/
[Seite 397]

Als stünden wir darbey/ vnd sind zue krieges zeit
20 Vor einem einfall auch viel mehr als sonst befreit.oq

Die reimen deren weibliche verß eilff sylben/ vnd die männlichen
zehen haben/ nennen die Frantzosen
vers communs oder gemeine
verse/ weil sie bey jhnen sehr im brauche sind. Wie aber die
Alexandrinischen verse auff der sechsten sylben/ so haben diese
auff der vierdten jhren abschnitt
or. Als:

Im fall du wilt Was Göttlich ist erlangen.
So laß den leib in dem du bist gefangen/
Auff/ auff/ mein Geist/ vnd du mein gantzer sinn/
Wirff alles das was welt ist von dir hin.os


Weil die Sonnet vnnd Quatrains oder vierversichten epi- [G4b]
grammata fast allezeit mit Alexandrinischen oder gemeinen versen
geschrieben werden/ (denn sich die andern fast darzue nicht
schicken
ot) als wil ich derselben gleich hier erwehnen.

Wann her das Sonnet bey den Frantzosen seinen namen habe/
wie es denn auch die Italiener so nennen/ weiß ich anders nichts
zue sagen/ als dieweil
Sonner klingen oder wiederschallen/ vnd
sonnette eine klingel oder schelle heist/ diß getichte vielleicht von
wegen seiner hin vnd wieder geschrenckten reime
ou/ die fast
einen andern laut als die gemeinen von sich geben/ also sey ge-
tauffet worden. Vnd bestetigen mich in dieser meinung etzliche
Holländer/ die dergleichen
carmina auff jhre sprache klinc- ov

[Seite 398]

getichteow
heissen: welches wort auch bey vnns kan auffgebracht
werden; wiewol es mir nicht gefallen wil.

Ein jeglich Sonnet aber hat viertzehen verse/ vnd gehen der
erste/ vierdte/ fünffte vnd achte auff eine endung des reimens auß;
der andere/ dritte/ sechste vnd siebende auch auff eine. Es gilt aber
gleiche/ ob die ersten vier genandten weibliche termination haben/
vnd die andern viere männliche: oder hergegen. Die letzten sechs
verse aber mögen sich zwar schrencken wie sie wollen; doch ist am
bräuchlichsten/ das der neunde vnd zehende einen reim machen/
der eilffte vnd viertzehende auch einen/ vnd der zwölffte vnd drey-
zehende wieder einen
ox. Zum exempel mag dieses sein/ welches ich
heute im spatzieren gehen/ durch gegebenen anlaß/ ertichtet.

Sonnet.

Du schöne Tyndaris/ wer findet deines gleichen/
Vnd wolt’ er hin vnd her das gantze landt durch-
ziehn?

Dein’ augen trutzen wol den edelsten Rubin/
4 Vnd für den Lippen muß ein Türckiß auch ver-
bleichen/

oy Die zeene kan kein goldt an hoher farb’ erreichen/
Der Mund ist Himmelweit/ der halß sticht Att-
stein hin.

Wo ich mein vrtheil nur zue fellen würdig bin/
Alecto wird dir selbst des haares halber weichen/
Der Venus ehemann geht so gerade nicht/
10 Vnd auch der Venus sohn hat kein solch scharff
gesicht;

oz pa pb pc
[Seite 399]

In summa du bezwingst die Götter vnnd Göttin-
nen.

Weil man dan denen auch die vns gleich nicht sindt
wol/

Geht es schon sawer ein/ doch guttes gönnen
soll/

So wündtsch’ ich das mein feind dich möge lieb
gewinnen
pd.

Oder/ im fall dieses jemanden angenemer sein möchte; Welches
zum theil von dem Ronsardt entlehnet ist
pe:

Ihr/ Himmel/ lufft vnnd wind/ jhr hügel voll
von schatten/

Ihr hainen/ jhr gepüsch’/ vnd du/ du edler Wein/
Ihr frischen brunnen/ jhr/ so reich am wasser sein/
Ihr wüsten die jhr stets mußt an der Sonnen braten/
5 Ihr durch den weissen taw bereifften schönen
saaten/

Ihr hölen voller moß/ jhr auffgeritzten stein’/
Ihr felder welche ziehrt der zarten blumen schein/
Ihr felsen wo die reim’ am besten mir gerhaten/
pf Weil ich ja Flavien/ das ich noch nie thun
können/

10 Muß geben guete nacht/ vnd gleichwol muth vnnd
sinnen

Sich fürchten allezeit/ vnd weichen hinter sich/
So bitt’ ich Himmel/ Lufft/ Wind/ Hügel/
hainen/ Wälder/

Wein/ brunnen/ wüsteney/ saat’/ hölen/ steine/
felder/

Vnd felsen sagt es jhr/ sagt/ sagt es jhr vor mich.

Item diß/ von gemeinen versenpg:

ph pi
[Seite 400]

Au weh! ich bin in tausendt tausendt schmertzen/
Vnd tausendt noch! die seufftzer sind vmbsonst
Herauff geholt/ kein anschlag/ list noch kunst
Verfängt bey jhr. wie wann im kühlen Mertzen
5 Der Schnee zuegeht durch krafft der Himmels
kertzen/

Vnd netzt das feldt; so feuchtet meine brunst
Der zehren bach/ die noch die minste gunst
Nicht außgebracht: mein’ augen sind dem hertzen
Ein schädlich gifft: das dencken an mein liecht
10 Macht das ich irr’ vnd weiß mich selber nicht/
Macht das ich bin gleich einem blossen scheine/
Das kein gelenck’ vnd gliedtmaß weder krafft
Noch stercke hat/ die adern keinen safft
Noch blut nicht mehr/ kein marck nicht die gebeine.

Vnd letzlich eines/ in welchem die letzten sechs verse einer umb
den andern geschrencket ist
pj:

Ich machte diese verß in meiner Pierinnen
pk Begrünten wüsteney/ wie Deutschland embsig war
Sein mörder selbst zuesein/ da herdt vnd auch altar
In asche ward gelegt durch trawriges beginnen
5 Der blutigen begiehr/ da gantzer völcker sinnen
Vnd tichten ward verkehrt/ da aller laster schar/
Mord/ vnzucht/ schwelgerey vnd triegen gantz vnd
gar

Den platz der alten ehr’ vnd tugendt hielten innen.
Damit die böse zeit nun würde hingebracht/
10 Hab’ ich sie wollen hier an leichte reime wenden.
Mars thut’s der liebe nach das er der threnen lacht:
Mein krieg ist lobens werth/ vnd seiner ist zue
schenden:

pl pm pn
[Seite 401]

Denn meiner wird gestilt durch zweyer leute schlacht/
Den andern können auch viel tausend noch nicht
enden.

Quatrains oder quatrini, wie auß dem namen zue sehen/ sind
vierverßichte getichte oder
epigrammata; derer hat der Herr von
Pybrac
po hundert vnd sechs vnd zwantzig im Frantzösischen ge-
schrieben; von welchen ich nur dieses setzen wil:

5 En bonne part ce qu’on dit tu dois prendre,
Et l’imparfaict du prochain supporter,
Couurir sa faute, et ne la rapporter:
Prompt à louër, et tardif à reprendre.
Was man dir sagt solt du zum besten wenden/
10 Vnd wie du kanst des nechsten seine schuldt
Beseite thun/ vnd tragen mit gedult:
Zum loben schnell’/ vnd langsam sein zum schendenpp.

[H2b] Hier reimen sich der erste vnd letzte verß so weiblich sind
zuesammen/ vnd die mitleren zwey männlichen deßgleichen zue-
sammen. Wiewol man auch einen vmb den andern schrencken
mag/ oder lauter männliche oder weibliche setzen:

Als:

An meine Venus.
Du sagst/ es sey der Spiegel voller list/
20 Vnd zeige dich dir schöner als du bist:
Komm/ wilt du sehn das er nicht lügen kan/
Vnd schawe dich mit meinen augen an.pq
pr ps
[Seite 402]

Welch epigramma im lateinischen bey dem Grudiopt, sonsten
einem bösen Poeten/ wiewol er eines gueten Poetens bruder ist/
gefunden wird.

Die andern versepu mag ein jeder mit sieben/ acht/ fünff/
sechs/ auch vier vnd drey sylben/ vnd entweder die männlichen
oder die weiblichen lenger machen nach seinem gefallen.

Die reimen der ersten strophe sind auch zue schrencken auff
vielerley art/ die folgenden strophen aber mussen wegen der Music/
die sich zue diesen
generibus carminum am besten schicken/ auff
die erste sehen
pv. Ein exempel einer Trocheischen Ode oder Liedes
ist in dem fünfften Capitel zue finden
pw. Wil ich derhalben einen
Jambischen gesang hieher schreiben.

Ode.px

Derselbe welcher diese nacht
Erst hat sein leben hingebracht/
Ist eben auch wie die gestorben
Die lengst zueuor verbliechen sein/
5 Vnd derer leichnam vnd gebein
Vor vielen Jharen sind vertorben.
Der Mensch stirbt zeitlich oder spat/
py So baldt er nur gesegnet hat
[Seite 403]

So wird er in den Sandt versencket/
10 Vnd legt sich zue der langen rhue.
Wenn Ohr vnd Auge schon ist zue/
Wer ist der an die Welt gedencket?
Die Seele doch allein vnd bloß/
Fleugt wann sie wird des Cörpers loß/
15 Zum Himmel/ da sie her gerhüret.
Was diesen schnöden leib betrifft/
Wird nichts an jhm als stanck vnd gifft/
Wie schön’ er vormals war/ gespüret.
Es ist in jhm kein geist mehr nicht/
20 Das fleisch felt weg/ die haut verbricht/
Ein jeglich haar das muß verstieben;
Vnd/ was ich achte mehr zue sein/
Die jenige kömpt keinem ein/
Die er für allem pflag zue lieben.
25 Der todt begehrt nichts vmb vnd an:
Drumb/ weil ich jetzt noch wündtschen kan/
So wil ich mir nur einig wehlen
Gesunden leib vnd rechten sinn:
Hernachmals/ wann ich kalt schon bin/
30 Da wil ich Gott den rest befehlen.
Homerus/ Sappho/ Pindarus/
Anacreon/ Hesiodus/
Vnd andere sind ohne sorgen/
pz Man red’ jetzt auff sie was man wil:
35 So/ sagt man nun gleich von mir viel/
Wer weiß geschieht es vber morgen.
Wo dient das wündtschen aber zue/
Als das ein Mensch ohn alle rhue
Sich tag vnd nacht nur selbst verzehret?
40 Wer wündtschet kränckt sich jeder zeit/
Wer todt ist/ ist ohn alles leidt.
O wol dem/ der nichts mehr begehret.

Zue zeiten werden aber beydes Jambische vnd Trocheische verse

[Seite 404]


durch einander gemenget. Auch kan man Alexandrinische oder
gemeine vor vnd vnter die kleinen setzen
qa. Als:

Ihr schwartzen augen/ jhr/ vnd du/ auch schwartzes
Haar/

Der frischen Flavia/ die vor mein hertze war/
Auff die ich pflag zue richten/
Mehr als ein weiser soll/
5 Mein schreiben/ thun vnd tichten/
Gehabt euch jetzundt wol.
Nicht gerne sprech’ ich so/ ruff’ auch zue zeugen an
Dich/ Venus/ vnnd dein kindt/ das ich gewiß hieran
Die minste schuldt nicht trage:
10 Ja alles kummers voll
Mich stündlich kränck’ vnd plage
Das ich sie lassen soll/ &c.qb

Die Saphischen gesänge belangendt/ bin ich des Ronsardts mei-
nung/ das sie/ in vnseren sprachen sonderlich/ nimmermehr kön-
nen angeneme sein/ wann sie nicht mit lebendigen stimmen
[H4a]
vnd in musicalische instrumente eingesungen werden/ welche das
leben vnd die Seele der Poeterey sind. Dann ohne zweiffel/ wann
Sappho hat diese verse gantz verzucket/ mit vneingeflochtenen
fliegenden haaren vnnd lieblichem anblicke der verbuhleten au-
gen/ in jhre Cither/ oder was es gewesen ist/ gesungen/ hat sie
jhnen mehr anmutigkeit gegeben/ als alle trompeten vnd paucken
den mannhafftigen vnnd kühnen versen/ die jhr Landtsmann
Alcéus/ als er ein Kriegesoberster gewesen/ ertichtet hat
qc. Zum qd qe qf qg

[Seite 405]


exempel gleichwol wil ich zwey Strophen des Ronsardts herschrei-
ben: Dann ich dergleichen nie vor mich genommen.

Belle dont les yeux doucement m’ont tué,qh
Par vn doux regard qu’au cœur ils m’ont rué,
5 Et m’ont en vn roc insensible mué
En mon poil grison:
Que i’estois heureux en ma ieune saison
Auant qu’auoir beu l’amoureuse poison!
Bien loin de souspirs, de pleurs et de prison
10 Libre ie vivoy, &c.

Eine ander solche Ode hebet er also an:

Mon âge et mon sang ne sont plus en vigeur:qi
Les ardents pensers ne m’eschauffent le cœur,
Plus mon chef grison ne se veut enfermer
15 Sous le ioug d’aimer, &c.

In den Pindarischen Odenqj/ im fall es jemanden sich daran zue
machen geliebet/ ist die
στϱοφή frey/ vnd mag ich so viel verse
vnd reimen darzue nemen als ich wil/ sie auch nach meinem ge-
fallen eintheilen vnd schrencken:
ἀντιστϱοφή aber muß auff die
στϱοφήν sehen/ vnd keine andere ordnung der reimen machen:
ἐπῳδός ist wieder vngebunden. Wan wir dann mehr strophen
tichten wol-
[H4b] ten/ mussen wir den ersten in allem nachfolgen:
wiewol die Gelehrten/ vnd denen Pindarus bekandt ist/ es ohne diß
wissen/ vnd die andern die es aus jhm nicht wissen/ werden es auß
diesem berichte schwerlich wissen lernen. Ich vor meine person/
bin newlich vorwitzig gewesen/ vnd habe mich vnterwinden dürffen
auff Bernhardt Wilhelm Nüßlers
qk/ meines gelehrtesten freundes/ ql qm

[Seite 406]


vnd statlichen Poetens/ es sey in vnserer oder lateinischer sprache/
hochzeit eine dergleichen Oden vnd eine andere auff absterben eines
vornemen vom adel zue schreiben; mit welchen ich/ ob sie schon
auff der eile weg gemacht sindt/ dieses Capitel beschlissen wil.

STRO. I.

O Die selig’ edle Seele/
Die sich in die wahre rhue
Nach dem hohen Himmel zue
Auß des Leibes finstern höle
5 Frewdig hat hienauff gemacht;
Da sie dann/ wie bey der nacht
Vor den andern kleinen Sternen
Phebe selber/ gläntzt von fernen/
Da sich Gott jhr vmb vnd an
10 Zeigt zue sehn vnd zue geniessen/
qo Da sie mit nicht-menschen-füssen
Das gestirne tretten kan.

ANTISTRO. I.

Wie die vlmen durch die reben
Mehr als sonsten lieblich sein;
15 Wie der Lorbeerbawm den schein
Seinen wäldern pflegt zue geben/
qp qq
[Seite 407]

Also war auch deine ziehr.
Pallas weinet für vnd für/
Ceres voll von weh vnd zehren
20 Leget jhren krantz von ähren
Vnd die sichel hinter sich:
Profen/ deine lust vnd frewde
Lieget gantz vertiefft im leide/
Vnd gedencket nur an dich.

EPOD. I.

25 Das auch betrübte graß beklagt dich bey den brunnen/
Für das reiche korn
Wächset tresp’ vnd dorn;
Es trawret selbst das große radt der Sonnen/
Vnd hüllet vmb sich her der wolcken schwartzes kleidt;
30 Tranck vnd eßen
Wird vergeßen
Von aller herd’ vnd vieh’ ohn vnterscheidt.
Berg’ vnd thäler hört man ruffen
Bibran/ Bibran/ tag vnd nacht;
Aber nein/ des todes macht
35 Lest sie gantz vergebens hoffen.
Wird der klee zue winterszeit
Durch das eiß gleich abgemeyt/
Sehen wir jhn doch im Lentzen
qr Nachmals auff den awen gläntzen:
40 Täglich fellt die Sonn’ in’s meer/
Scheinet aber morgen wieder:
Legt ein mensch ein mal sich nieder
Er kömpt nimmer zue vns her.
Wil derwegen vns gebühren
45 Wie es möglich nur mag sein
qs qt
[Seite 408]

Sein begräbniß vnd gebein
Allenthalben außzueziehren
Mit dem frembden tulipan
Tausendtschön vnd maioran/
50 Mit violen vnd narcißen/
Vnd den blumen bey den flüssen
Die vom Mertzen sind genannt.
Sonderlich soll jhm sein leben
Auff das newe wiedergeben
55 Der Poeten weise handt.
Ihr keuschen Lorbeersträuch’/ an denen gäntzlich lieget/
Das ein mensch der schon
Muß allhier darvon
Doch in der grub’ ein ewiges lob kriget/
60 Schawt das jhr für den todt dem edlen cörper hier
Gleichfalls rahtet/
Vnd vmbschatet
Mit grüner lust sein’ asche für vnd für.
qu

[I4b] SO viel ist es/ was ich von vnserer Poesie auffsetzen wollen.
Wiewol ich keinen zweiffel trage/ es sey noch allerseits eines vnd
das andere zue erinnern/ welches nicht weniger notwendig seyn
mag/ als etwas von denen sachen/ derer ich erwehne. Es kan auch
wol sein/ das mir in dem eilen (denn ich vor fünff tagen/ wie meine
freunde wissen/ die feder erst angesetzt habe
qv) diß vnd jenes mag
einkommen sein/ das entweder gar außengelassen/ oder ja im
minsten verbeßert sollte werden. Ich hoffe aber/ es wird mir der
guethertzige Leser/ in betrachtung der kurtzen zeit so ich hierbey
verschloßen/ etwas vbersehen/ vnd bedencken/ Rom sey nicht
qw

[Seite 409]


auff einen tag gebawet worden. Was noch vbrig ist/ wil ich entwe-
der inkünfftig selbst gründtlicher verführen/ oder denen lassen/
die mir an liebe gegen vnsere sprache gleiche/ vnd an geschicklig-
keit vberlegen sein. Von denselben zue lernen bin ich so begierig/
als ich willig gewesen bin/ andere/ die auch dieses nicht gewust
haben/ zue vnterrichten. Welche meine
qx geringschätzige arbeit bey
statlichen auffgeweckten gemütern/ wo nicht mehr/ doch so viel
verfangen wird/ das sie gleichsam als durch einen sporen hiermit
auffgemuntert/ vnserer Muttersprache die hand bietten/ vnd jhrer
Poesie den glantz/ welchen sie lengest hette kriegen sollen/ geben
werden. Welches aber alsdenn vollkömlich geschehen kan/ wenn
zue dem was hiebevor in diesem buche erzehlet ist worden/ die vor-
nemlich jhren fleiß werden anlegen/ welche von natur selber hier-
zue geartet sein/ vnnd von sich sagen können was Ovidius:

15 Est Deus in nobis, agitante calescimus illo.qy
Es ist ein Geist in vns/ vnd was von vns geschrieben/
Gedacht wird vnd gesagt/ das wird durch jhn getrieben.

Wo diese natürliche regung ist/ welche Plato einen Göttli-[K1a]
chen furorqz nennet/ zum vnterscheide des aberwitzes oder blödig-
keit/ dürffen weder erfindung noch worte gesucht werden; vnnd
wie alles mit lust vnd anmutigkeit geschrieben wird/ so wird es
auch nachmals von jederman mit dergleichen lust vnd anmutigkeit
gelesen. An den andern wollen wir zwar den willen vnd die be-
mühung loben/ der nachkommenen gunst aber können wir jhnen
nicht verheißen.

Wiewol wir die vbung vnd den fleiß nicht verwerffen: dann im
fall dieselbigen mit der natur vereiniget werden/ muß etwas folgen
das böse mäuler leichtlicher tadeln können als nachmachen.

Einera guete art der vbung aber ist/ das wir vns zueweilen auß den rb

[Seite 410]


Griechischen vnd Lateinischen Poeten etwas zue vbersetzen vor-
nemen: dadurch denn die eigenschafft vnd glantz der wörter/ die
menge der figuren/ vnd das vermögen auch dergleichen zue erfin-
den zue wege gebracht wird. Auff diese weise sind die Römer mit
den Griechen/ vnd die newen scribenten mit den alten verfahren:
so daß sich Virgilius selber nicht geschämet/ gantze plätze auß
andern zue entlehnen; wie sonderlich Macrobius im fünfften vnd
sechsten buche
rc beweiset. Wir sollen vns auch an vnserem eigenen
fleiße nicht genügen laßen; sondern/ weil viel augen mehr sehen
als eines/ vber die sachen welche wir an das liecht zue bringen ver-
meinen/ berühmbter männer vrtheil ergehen laßen
rd. Welches inn-
gleichen die Römer so wol verstanden/ vnd in acht genommen/ das
sie nicht leichtlich etwas offentlich außkommen laßen/ das nicht
zuevor von einem vnd dem andern geschätzet vnd durchgezogen
worden. Ja/ wie man keinen ringer oder fechter in offentlichen
schawplatze auffführete/ er mußte vorher seinen namen geben/
vnd eine probe thun: welches sie
ἀπογϱάφεοϑαι vnnd ἐγκϱίνεσϑαι,
einschreiben vnnd approbiren hiessen: so gaben auch die/
welche in der zahl der Poeten wolten gerechnet werden/ jhre ge-
tichte anderen Poeten zue vbersehen/ vnd erkündigten sich dar-
über jhrer meinung: dieses war
[K1b] jhre ἀπογϱαφή vnnd
ἔγκϱιοις, wie Casaubonus vber den Persiumre erinnert/ vnd auß
einer alten Inscription zue sehen ist:

HIC · CVM · ESSET · ANNORVM ·
25 XIII · ROMAE · CERTAMINE ·
IOVIS · CAPITOLINI · LVSTRO ·
SEXTO · CLARITATE · INGENI ·
CORONATVS · EST · INTER ·
rf rg rh
[Seite 411]

POETAS · LATINOS · OMNIBVS ·
SENTENTIIS · IVDICVM ·ri

Plinius der Jüngere/ welcher vber alle seine sachen gelehrter
freunde guet achten erfodert/ saget in der 17. Epistel des 7. Bu-
ches/ das jhn diese gewohnheit gar nicht rewe. Denn er bedächte/
welch ein grosses es sey/ durch der leute hände gehen/ vnd könne
jhm nicht einbilden/ das man dasselbe nicht solle mit vielen vnd
zum offtern vbersehen/ was man begehret/ das es allen vnd immer
gefallen solle.
rj Welches denn der grösseste lohn ist/ den die Poeten
zue gewarten haben; das sie nemlich inn königlichen vnnd fürst-
lichen Zimmern platz finden/ von grossen vnd verständigen Män-
nern getragen/ von schönen leuten (denn sie auch das Frawen-
zimmer zue lesen vnd offte in goldt zue binden pfleget) geliebet/ in
die bibliothecken einverleibet/ offentlich verkauffet vnd von jeder-
man gerhümet werden. Hierzue kömpt die hoffnung vieler künffti-
gen zeiten/ in welchen sie fort für fort grünen/ vnd ein ewiges ge-
dächtniß in den hertzen der nachkommenen verlassen. Diese glück-
seligkeit erwecket bey auffrichtigen gemüttern solche wollust/ das
Demosthenes sagete/ es sey jhm nichts angenemers/ als wenn auch
nur zwey weiblein welche wasser trügen (wie zue Athen bräuchlich
war) einer den andern einbliesse: Das ist Demosthenes
rk. Welcherrl
ob er zwar als der vornemeste redener in hohen ehren gehalten
worden/ ist doch der rhum nicht geringer denn Homerus erlanget.
rm rn ro

[Seite 412]


Vnd wie der Autor des gespreches von den Oratorenrp sagetrq/ des
Euripidis [K2a] oder Sophoclis berhümbter name ist so weit er-
schollen als des Lysiæ
rr oder Hyperidisrs; vnd viel begehren we-
niger den rhum des
Ciceronis alß Virgilii. Es ist auch kein buch
des
Asiniirt oder Messallæru so beschrieen/ als des Ovidii Me-
dearv, oder Variirw sein Thyestes. Vnd/ redet er weiter/ ich schewe
mich nicht den zuestand der Poeten vnd jhr glückhafftes wesen
mit dem vnruhigen vnd sorglichen leben der Redner zue verglei-
chen. Ob zwar diese durch streitsachen vnnd gefahr zue dem
Bürgermeister ampte sind erhoben worden; so wil ich doch
lieber
Virgilii sichere vnnd geheime einsamkeit/ in welcher es
jhm weder an gnade bey dem Keyser Augusto/ noch an kund-
schafft bey dem Römischen volcke gemangelt hat.

Nebenst dieser hoheit des gueten namens/ ist auch die vnver-
gleichliche ergetzung/ welche wir bey vns selbst empfinden/ wenn
wir der Poeterey halben so viel bücher vnnd schrifften
durch

[Seite 413]

suchen:
wenn wir die meinungen der weisen erkündigen/ vnser
gemüte wieder die zuefälle dieses lebens außhärten/ vnd alle
künste vnnd wissenschafften durchwandern. So war ich dieses für
meine grösseste frewde vnd lust auff der Welt halte/ so war
wündsche ich/ das die die in ansehung jhres reichthumbs vnnd
vermeineter vberflüssigkeit aller notdurfft jhren stand weit vber
den vnserigen erheben/ die genüge vnd rhue/ welche wir schöpffen
auß dem geheimen gespreche vnd gemeinschafft der grossen hohen
Seelen/ die von so viel hundert ja tausendt Jharen her mit vns
reden/ empfinden solten; ich weiß/ sie würden bekennen/ das es
weit besser sey/ viel wissen vnd wenig besitzen/ als alles besitzen
vnd nichts wissen. Vber dieser vnglaublichen ergetzung haben
jhrer viel hunger vnd durst erlitten/ jhr gantze
[K2b] vermögen
auffgesetzt/ vnd fast jhrer selbst vergessen. Zoroaster/ welcher/
wie oben erwehnet
rx/ alle seine gedancken Poetisch auffgesetzt/
soll zwantzig Jhar in höchster einsamkeit zuegebracht haben/ da-
mit er in erforschung der dinge nicht geirret würde. Vnd da alle
andere wollüsten vns vnter den händen zuegehen/ auch offtermals
nichts von sich vbrig lassen als blosse rewe vnd eckel; so begleitet
vns diese vnsere durch alle staffeln des alters/ ist eine ziehr im wol-
stande/ vnd in wiederwertigkeit ein sicherer hafen. Derentwegen
ry
wolle vns ja niemandt verargen/ das wir die zeit/ welche viel durch
Fressereyen/ Bretspiel/ vnnütze geschwätze/ verleumbdung ehr-
licher leute/ vnd sonderlich die lustige vberrechnung des vermö-
gens hinbringen/ mit anmutigkeit vnsers studierens/ vnd denen
rz sa sb sc sd se sf
[Seite 414]


sachen verschliessen/ welche die armen offte haben/ vnd die rei-
chen nicht erkauffen können. Wir folgen dem/ an welches vns
Gott vnd die natur leitet/ vnd auß dieser zueversicht hoffen wir/ es
werde vns an vornemer leute gunst vnd liebe/ welche wir/ nebenst
dem gemüte vnserem Vaterlande zue dienen/ einig hierdurch
suchen/ nicht mangeln. Den verächtern aber dieser göttlichen
wissenschafft/ damit sie nicht gantz leer außgehen/ wollen wir
inn den Tragedien so wir künfftig schreiben möchten die Personen
derer geben/ welche in dem Chore nach erzehlung
trawriger sachen weinen vnd heulen mussen:
da sie sich denn vber jhren vnverstand
vnd grobheit nach der lenge
beklagen mögen
sg.

sh si
[Seite 415]

sj

Lit. A. fac. 8. inimice venae.

B. f. 2. [griechische Textstelle].

f. 3. heutiges tages f. 5. ἰδιότητα. ibid. Manilius.

C. f. 1. μὲν. ib. genawe. ib. d’escorte. f. 6. habe


D. f. 4. die kürtze.

E. f. 2. Ζωὴ και. f. 3. nechst. ib. L’irrite-mer.

f. 7. Ie vy le ciel. ib. auff eine andere. f. 8. abstehlen.

ib. machen möge.

F. f. 7. stehen lassen. f. 8. ϑάλασσα. ib. ϑάλασσα. ib.


distichon. ib. anacreonten.

G. f. 3. das die Lateiner nach. f. 4. Lateinischen haxametros.

ib. vers communs oder. f. 7. jhren abschnitt.

H. f. 1. der mundt ist Himmelweit. ib. In summa.

I. f. 6. STRO. II.


K. f. 1. ἐγκϱίνεσϑαι.

Das vbrige/ dessen ich vieleichte nicht gewahr worden; wollet jhr
vnbeschweret selber zu rechte bringen.

[L1b] Hierneben habe ich auch nicht sollen vnerwehnet lassen/
das mir vnlengst eines gelehrten mannes in der frembde schreiben
sk
zuekommen/ welcher der meinung ist/ wann wir die eigentlichen
namen der Götter vnd anderer sachen/ als Jupiter/ Orpheus/ Phe-
bus/ Diana vnnd dergleichen in vnsere sprache brächten/ würde
sie nicht von allen verstanden werden/ vnd solte man sich dieselben
Deutsch zue geben befleissen. Wie aber solches vnmöglich ist
sl/ vnd sm sn so

[Seite 416]


gleichwol von dieser art namen ein grosses theil der Poeterey be-
stehet/ also wissen wir/ das es eben die gelegenheit mit den Latei-
nern zum ersten gehabt/ welche diese wörter mehrentheiles von den
Griechen vnd sonsten empfangen/ vnd sie jhnen/ wie hernachmals
auch in der Italienischen/ Frantzösischen/ Spanischen vnd andern
sprachen gesche-
[L2a]hen/ durch stetten gebrauch so gemeine
gemacht haben/ das sie sie nicht weniger als jhre eigene wörter
verstanden. Indeßen aber köndte es wol nicht schaden/ das ein lieb-
haber vnserer schönen Muttersprache jhm so viel zeit neme/ vnd
in derselben ein sonderlich
Dictionarium oder Namenbuch der
Völcker/ Leute/ Götter/ Länder/ örter/ städte/ flüße/ porten/
gebirge/ vnd sonsten auß den geistlichen vnd weltlichen scribenten
zuesammen trüge. Wie dieses nun bloß an einer bemühung gelegen/
weil
Caroli Stephanisp vnd anderer bücher nur dörfften auffgesucht
vnd vmbgesetzt werden; also würde jhm ein solcher doch sehr
guetes Lob vnd rhum/ welchem die edelsten gemüter
nachtrachten/ bey männiglich zu wege
bringen. Gott befohlen.

sq sr

Fußnotenapparat

a am Rand: b

Titel; siehe Einleitung.

c
b am Rand: [A1a]
c am Rand: [A1b]
d Epist. II 3 (Ars poetica), 86ff.; Ronsard hatte diese Zeilen am Ende
seiner Préface zur Franciade zitiert.
e am Rand: [A2a]
f Das »Auffsetzen« von Schriften durch den Wunsch anderer zu recht-
fertigen ist traditionell; Opitz wiederholt die Floskel am Anfang von
Kap. I. Der eigentliche Anlaß war das Erscheinen der Straßburger Aus-
gabe seiner Gedichte.
g Sen. De clemen. II 1, 2; aus Joh. von Wowerius’ De polymathia tracta-
tio,
Basel 1604, S. 29. (Von jetzt ab als Wower und Seitenzahl zitiert.)
h verhengen = nachkommen,
habenas remittere
i eigentlicher = genauer
j kaum nicht = beinahe
k Hier betont Opitz wieder seine Heimatliebe; ähnlich in dem Ab-
schiedsgedicht ›Als er aus Siebenbürgen sich zurücke anheim begab‹,
Nr. 72. 165, in der Vorrede zu Zlatna, Nr. 53 und sonst passim.
l hinwiegen = aufwiegen
m außgerichtet Trennungszeichen
am Zeilenende ist in A wegen
Platzmangels ausgefallen.
n erfordert, erfunden = gefor-
dert, gefunden
o verschliessen = verbringen
p Od. I 57ff.; ebenfalls verwendet in Nr. 14,4, ›Hipponax‹, sowie in dem
in Anm. 3 genannten Abschiedsgedicht.
q Alfons der Großmütige (1396–1458), König von Aragon, Sizilien und
Neapel, gründete die erste humanistische Akademie, errichtete eine Bi-
bliothek und förderte Gelehrte und Dichter. Er wurde in Medina del
Campo unweit Carrion de Medina (= Carrioncillo) bei Valladolid geboren.
Die Quelle der Anekdote konnte bisher noch nicht gefunden werden.
r Über Valentin Sänftleben siehe Bd. I, 14, Anm. 2 u. das Register. Er
war 1623 Bürgermeister gewesen; Bürgermeister des J.s 1624 war Joh.
Seiler (Wernicke 651).
s Ruhm = Ruhmredigkeit
t gemein = allgemein
u E〈wer〉 E〈hrenfesten〉 W〈ol-
weisen〉
v am Rand: [A4b]
w Mehr oder weniger geglückte Übersetzung von Vorlage und Nach-
dichtung befindet sich in Beckers Ausgabe der Poeterey, Q; die Parodie
allein ist in Ausgabe S übersetzt.
x Über Daniel Heinsius siehe Einleitung zu Nr. 16 u. Register.
y In seinem Brief vom 20. Nov. 1626 an Colerus (Rei 221; sowie in
Z. f. dt. Philol. XXI [1889], 26) berichtet Opitz, er kenne Iskra nicht;
obiges Gedicht – er lobt es als »notae non malae« – sei ohne sein Wissen
seinem Büchlein vorangeschickt worden. Über Iskra siehe E. Fuhrmann,
»Augustinus Iskra Silesius«, Schles. Geschichtsblätter Nr. 2 (1912), 32–34.
Fuhrmanns Vermutung, Dornavius oder der Drucker Gründer hätten das
Gedicht bestellt, ist wenig wahrscheinlich, eher schon der Verleger
Müller.
z Überschr. 3 aedentem = edentem
aa Parodia: Nachdichtung (ohne
abwertende Nebenbedeutung)
ab Ged. 2 inimice venae] Aus Dkf
inimicae vene (Err.liste)
ac Siles: = Silesius
ad am Rand: [B1a]
ae 1 Es sei hier auf die Diss. von Berghoeffer und die Ausgabe der Poeterey
von Witkowski hingewiesen. Weiteres siehe auf S. 336.
af Plat. Phaedr. 245 a.
ag M. H. Vida (1490–1566), De arte poetica lib. III, 1520; J. C. Scaliger
(1484–1566) verfaßte Poetices lib. VII, posthum 1561 erschienen, Fac-
simile Neudruck, Stuttgart 1964.
ah fortpflanzung = Ausbreitung,
propagatio
ai verfassung = zusammenfas-
sende Darstellung
aj Rons. XIV, 4: »Car la Poësie n’estoit au premier aage qu’une Theolo-
gie allegoricque ... .« Siehe R. Bachem, Dichtung als verborgene Theologie,
Bonn 1956, S. 88f.
ak Nat. hist. XXX 4.
al der gemeine pöfel = die große
Menge
am Völckern] Aus Dkf Volckern
verbessert; Gri. Wb. zitiert
ohne Umlaut.
an [griechische Textstelle]Hv] Spiritus u. Circumfl.,
doch in anderer Ordnung, nach
Err.liste eingefügt
τοι] Aus
Dkf σοι
ao Diog. Laert. Prol. 4. Diese wie die Pliniusstelle hat Opitz aus Casau-
bons Ausgabe von Diogenes Laertius’ De claror. philos. vitis (mit der lat.
Übersetzung des Aldobrandini), Genf 1616, S. 3; dort auch das griech.
Zitat. Die Übersetzung ist Opitz’.
ap Rons. XIV, 4: »On dict qu’Eumolpe Cecropien, Line maistre d’Her-
cule, Orphée, Homere, Hesiode ... .« Für den schon vorher erwähnten
Linus tritt hier Musäus ein.
aq Plat. Lys. 214a.
ar Strab. I 2, 3; Opitz folgt der lat. Übersetzung von W. Xylander in
Casaubons Ausgabe, [Genf] 1587, S. 5 a 4; siehe auch Wower 66.
as ibid., S. 10 b 58; dort auch der Hinweis auf die stoische Einstellung
Strabos.
at tages] Aus Dkf tagen (Err.-
liste)
au sey.] Punkt fehlt in manchen
Exemplaren.
av Lact. Divin. inst. V 5, 1: »... poetae ..., qui priores multo fuerunt et
ante natum philosophiae nomen pro sapientibus habebantur.« Casaubon.
12 b 38; zu Strab. I 2, 6. Opitz fährt fort mit seiner Übersetzung bis »ge-
führet haben.«, Z. 10.
aw Casaubons Kommentar zu Strabo, S. 11 b e/f: »Ac mihi quidem
persaepe, Herodotum cum lego, Homerum aliquem videor legere.«
ax einzogen] Aus enzogen, ver-
mutl.
Dkf. geändert; einziehen
= auslassen, omittere, sub-
trahere (Casaub. subtrahentes)
ay verteuffen = vertiefen
az Die Quelle dieses (apokryphen?) Ausspruchs ist bisher noch nicht ge-
funden worden. Der zugrunde liegende Gedanke wird in dem Empfeh-
lungsgedicht auf Zincgrefs Apophthegmata wiederholt: ›An Herrn Zinc-
grefen‹ (1630), Z. 22–25.
ba Apul. Apol. 31; bei Tert. De anim. c. 33, 8: »Pater habitus liberalium
artium [scil. Homerus].« Opitz hat diese Angaben aus Wower 17 über-
nommen.
bb Plato/ welcher ... kündig gewesen.] »Plato ... et Tragoedis ac Dithy-
rambis operam dedit, adeo ut iam confidentia poetices elatus certatorem
se profiteri ausus sit. Proclus in Timaeum [p. 3b]: Platonem miscuisse
τήν τε πυϑαγόϱειον και Σωκϱατικὴν ἰδιότητα ... Geometriam a Theo-
doro Cyrenaeo, Astrologiam ab Aegyptis Sacerdotibus didicit.« Wower
259.
bc So hat man ... deuten.] »Hinc Mythica Theologia Musas implicato
amplexu illigatas choros ducere tradidit, tanquam si imaginem huius con-
junctionis exhiberent. Et Musae ipsae quasi ὁμου̃σαι.« Wower 204.
bd ἰδιότητα,] Aus Dkf ἰδιοϱητα,
(Err.liste)
be Eratosthenes ... geschrieben haben?] »Extabat item Eratosthenis
poema, cuius index Hermes sive de mundi descriptione ... Parmenides
ac Empedocles de rerum natura versibus scripserunt. ... Damocratis
Servilii et Heliodori poetae medici Galenus meminit.« Wower 66.
bf Sueton. ›Div. Iul.‹ 45, 2.
bg Hermus] Fehlerhaft statt Her-
mes; siehe S. 324, Z. 111
bh Manilius] Aus Dkf Marcilius
(Err.liste) 19 glitze = Glatze
bi gesetz = Abschnitt eines
Reimgedichts, Strophe
dringen = zwingen
bj Dieser Gedanke geht auf Hor. Serm. I 4, 39–44 zurück. Er findet sich
ähnlich bei Rons. XIV, 16: »Car la fable et fiction est le subject des bons
poëtes ... et les vers sont seulement le but de l’ignorant versificateur ... .«
Opitz drückt ihn nochmals in dem in Anm. 1 erwähnten Gedicht ›An
Herrn Zincgrefen‹ aus, Z. 29–37.
bk εὐφαντασίωτος] Nach Quint. Inst. or. VI 2, 30.
bl einfällen ... steigen.] Rons. XIV, 5: »Or, pour ce que les Muses ne
veulent loger en une ame, si elle n’est bonne, saincte et vertueuse ... .
Tu auras en premier lieu les conceptions hautes, grandes, belles, et non
trainantes à terre.«
bm Die hier von Opitz ausgesprochene Idealforderung konnte zu seiner
Zeit noch nicht erfüllt werden, da die Gelegenheitsdichtung eine wichtige
Einkommensquelle darstellte.
bn Ov. Fast. VI 5; die Stelle wird am Anfang des VIII. Kapitels zitiert.
bo A. Poliziano (1454–94), Omnia opera, Venedig 1498, ›Epist. lib. II‹,
Brief vom 22. April 1490 an Hieron. Donatus, Bl. c4a; Polizian klagt
u. a. »si quis breve dictum, quod in gladii capulo vel in anuli legatur em-
blemate, si quis versum lecto aut cubiculo, si quis insigne aliquod non
argento dixerim sed fictilibus omnino suis desiderat, illico ad Politianum
cursitat; omnesque iam parietes a me quasi a limace videas oblitos ... .
Ecce, alius bacchanalibus fescenninorum argutias, ... alius citharae
miserabiles naenias ... efflagitat. ... Ille symbolum poscit, quod suae
tantum pateat, caeterorum frustra coniecturas exerceat. ... Quid ple-
beculam dicam, ... quae me tota urbe ad suum negocium quasi naso
bubalum trahit. Ergo dum proterve instantibus negare nihil audeo ... .«
bp Rons. XIII, 252: »Douce beauté qui me tenez le cœur«. Die Anm.
des Muretus dort oder in Silvers Ausg. I, 174: »Le Poëte m’a quelquefois
dit, que ce Sonnet n’est fait representer sa passion, mais pour quelque
autre dont il fut prié, desirant infiniment n’estre point recherché de tels
importuns, qui luy font plus de desplaisir en luy communiquant leurs
amours, qu’il n’a de plaisir à chanter les siennes.«
bq das sie jhre getichte ... kindern.] Eth. Nic. 1168 a 1.
br Cic. Tusc. V 22, 63.
bs Am Anfang von Kapitel II.
bt die ganze Poeterey ... solten.] Scal. 1 b B: »Hanc autem Poesim
appellarunt, propterea quod non solum redderet vocibus res ipsas quae
essent, verumetiam quae non essent, quasi essent, et quo modo esse
possent vel deberent, repraesentaret. Quamobrem tota in imitatione sita
fuit.« Ähnlich bei Rons. XIV, 13: »... le but .... du Poëte est d’imiter,
inventer, et representer les choses, qui sont, qui peuvent estre ... ou que
les anciens ont estimé comme veritables.« Ferner Rons. XVI, 338.
bu muste.] Punkt eingefügt
bv träwme = Phantastereien
bw fast ... schlag = durchaus in
dieser Art und Weise
bx Dienet also ... zweck ist.] Scal. 1 b B, Fortsetzung des Zitates in
Anm. 17: »Hic enim finis est medius ad illum ultimum, qui est docendi
cum delectatione.« Die Quelle ist letzten Endes Horaz’ »Aut prodesse
volunt aut delectare poetae.« Epist. II 3, 333.
by Opitz hatte dies Problem schon 1621 im Vorwort ›An den Leser‹ zur
Übersetzung von Heinsius’ Lobgesang Christi erwähnt; Bd. I, 273–76.
bz Max. Tyr. IV 8h; wahrscheinlich benutzte Opitz Heinsius’ Ausgabe
(mit lat. Übersetzung), Leiden 1607 u. 1614: »Minervam prudentiam,
Apollinem solem, Neptunum spiritum, qui terram simulac mare pererrat.«
1614 p. 207.
ca De leg. II 8, 19: »Divos et eos, qui caelestes semper habiti sunt,
colunto et ollos, quos endo caelo merita locaverint, Herculem, Liberum,
Aesculapium, Castorem, Pollucem, Quirinum, ast olla, propter quae datur
homini ascensus in caelum, Mentem, Virtutem, Pietatem, Fidem, earum-
que laudum delubra sunto, nec ulla vitiorum.«
cb es ist nicht ohn = es stimmt
schon
cc Epist. I 19, 1 ff.; heutige Lesung ist »Nulla placere ...«.
cd Ol. I, 1.
ce Scal. 5 a B, spricht von zwei Arten Inspirierter, den wahren und sol-
chen, denen »meri exhalatio« das Werkzeug geschärft habe. »Talem ait
Ennium Horatius: talem nos Horatium. De Alcaeo atque Aristophane
idem memoriae proditum est. Nec Alcman caruit ea calumnia. Sophoclem
quoque Aeschylo id obiecisse: Vinum, non ipsum, esse illius authorem
Tragoediarum.«
cf Dieser Ausbruch gegen Epikur entstammt Maximus Tyrius, der
kurz nach der in Anm. 20 zitierten Stelle schreibt: »Oratione enim Epi-
curus utitur, sed quae omnem fabulae absurditatem superet.« 1614, p. 209.
cg sicher = frei von Verantwor-
tung, geschützt
ch u. 14 es ist zu lesen: ... besser
... als Pindarus/ ...
ci stracks = unmittelbar als]
Aus Als geändert u. Paragra-
pheneinzug beseitigt.
cj μὲν] Aus [griechische Textstelle] (Err.liste) ὕδωϱ.]
Aus Dkf ὓδωϱ,
ck Rons. XIV, 5: »Or, pour ce que les Muses ne veulent loger en une
ame, si elle n’est bonne, saincte, et vertueuse, tu seras de bonne nature
... .«
cl Rons. XVII, 282.
cm am Rand: [C1b]
cn entgelten (mit Gen.) = für je-
manden büßen
co Gedicht
cp d’escorte] Aus Dkf d, escorte
(Err.liste; richtig in manchen
Exemplaren
)
cq l’ay] Aus Dkf l,ay
cr Prolongeant] Aus Dkf Pro lon-
geant
cs Wiederholt in Sammlung B, Nr. 72.107; dort Weiteres.
ct Gedicht
cu 12/13 Die Apostrophe bei geh’ und
vberschreit’ sind nicht in allen
Exemplaren klar ausgedruckt.
cv Relativische Anknüpfung:
Wenn die Poeten diesen Na-
men (= Ruhm) nicht zu ge-
warten hätten, ...
cw die vertr. langw. barbarey
Zeit vor der Renaissance
langwierig = lang gewährt
habend
cx außgeübet wäre die deutlichere
Schreibung
cy bevor ... geben = Vorsprung
einzuräumen nötig haben wir
cz vnser Land ... zue erlernen.] »Age vero, quis praetextus relinquitur
ignaviae nostrae? Num elementa mutata aut haec mundi vertigo solitos
motus reliquit? Num perpetua rerum continuatio aliqua sui parte disso-
ciata est, ut similia antiquis ingenia emergere non possint? Nisi dixeris
ubique terrarum ea non oriri. Olus et vinum commendatione soli, non in-
genia aestimantur, quae omnibus gentibus varia provenire solent. Ana-
charsis sapiens in Scythiae desertis natus est. Clarissimi Graeciae Philo-
sophi preciosas sapientiae merces ad usque Aegyptum, Indias, Galliam
petitum iverunt.« Wower 261.
da Tac. Germ. 19, 1: »Litterarum secreta viri pariter ac feminae igno-
rant.«
db ibid. § 2: »... carminibus antiquis, quod unum apud illos memoriae et
annalium genus est.«
dc Tac. Ann. II 88, 3: »... canitur [scil. Arminius] adhuc barbaras apud
gentes.«
dd Strab. IV (!) 4, 4.
de tragen = hervorbringen, ferre
df Amm. XV 9, 8; wie die Angabe des Buches schon bei Strabo irrig war
(Anm. 5), so ist sie bei Ammian völlig verkehrt. Casaubon zitiert Ammia-
nus Marcellinus ohne Stellenangabe auf S. 79 des Kommentars seiner
Strabo-Ausgabe. Scaliger schreibt, p. 53 a D, ähnlich über die Barden der
Gallier und weist auf Lucan hin.
dg v. 447ff.
dh Opitz, der sich den Winter 1620/21 über in Dänemark aufgehalten
hatte, war mit der Materie aus persönlicher Erfahrung vertraut und
kannte die Ausgabe des dänischen Hundertliederbuches von A. S. Vedel
(1591); siehe Bd. I, 198, Anm.
di Die Sage von dem Skalden Hjarne erwähnt Opitz auch in dem der
Ausgabe der Trostgedichte vorausgehenden Lobgedicht auf den Herzog
Ulrich, Z. 157–59. Die Quelle ist Saxo Grammaticus, Gesta Danor. lib. VI
i, 1–2.
dj u. 14 vber = über ... hinaus
dk ebenm. = gleichartiger
dl Freyherrens von Wengen ... Goldast anzeucht/] Wie im Aristarchus
Bd. I, 65ff.) bedient Opitz sich auch hier des Juristen Goldast für Hin-
weise auf die mhd Literatur. In der Replicatio pro sac. caes. et regis Fran-
cor. maiestate,
Hanau 1611, erwähnt Goldast, S. 280, den Baron von
Wengen als Verfasser eines Briefes an den Papst; ibid. Reinmar von
Zweter, »qui in Aula Friderici I. et Henrici VI. Imperatorum vixit «– der
Zusatz ist Opitz’ eigener. Junker Winsbeck, mit Verweis auf Paraeneticor.
vol.,
wird auf S. 281 genannt; dort wird auch Walther als »popularis meus
et Caesaris Philippi Consiliarius domesticus« erwähnt und ›Nu sende vns‹
zitiert. Marner – schon im Arist. angeführt – und Meister Sigeher kommen
auf S. 289–90 vor. Die Gedichte zitiert Goldast nach der Manesseschen
Hs. in seinem Kap. ›De Ottonis I. Synodo Romana ...‹.
dm Prosa
dn angemaßet = angenommen
do Ged.: Nur hier wurde zw.und ü
unterschieden.
dp Goldasts Formen:
dq vnnd Sun
dr diner
ds Vnkristenlicher Kristenheit
dt Kristentům tůt im niht
du dürstet sere
dv lere
dw in
dx in
dy Dkf varmde Lachmann
varnde
dz ie
ea fründebar
eb am Rand: [C3b]
ec bey den Italienern ... bekommen.] D. Heinsius, Nederduytsche
Poemata,
ed. Petrus Scriverius, Amsterdam 1616, ›Voor-reden‹, S. 4/5:
»De Italiaenen sijn de eerste, die in onsen tijdt de geleertheyt ende ...
sprake der Romeinen opgebout ... hebben: maer hebben daerentusschen
niet vergeten haer eygen. De geleerte Petrarcha ... heeft driemael groter
eer in zijn moederstale behaelt ... In Vrancrijck ... is Petrus Ronsardus
ten lesten voortgecomen; den welcken men segt dat twaelff geheele jaren
besich ist geweest om hem in de Griecsche tale te oeffenen: (van waer alle
geleertheyt ende wetenschap ontspruijt: maer insonderheyt de Poësy
haeren eersten oorspronc, konste, aerdt ende soeticheyt ontleent:)
alleenlicken om in zijn eygen tale te schrijven ...«
ed Niht
ee Kristentům
ef disü zesamne sueit (Lachm.
sneit)
eg leit/
eh ouch
ei Kriste
ej njht scheiden. Es folgen noch
10 Zeilen.
ek auswürgen = auswirken (con-,
perficere), ausdrücken; Gr. Wb
»herauswürgen« ist abwegig.
el sich überwerfen = s. gründ-
lich beschäftigen; ndl. bezig
zijn
habe] Aus Dkf hate (Err.liste)
em Vnd muß ich ... verfangen können.] ibid., S. 7: »Doch gelijck de
Poësy geen verstant en kan beminnen, dan dat hemelsch ende vol viers is;
niet en behoorde by de handt genomen te werden, dan van yemandt die
by nae in alle wetenschap ervaren, ende in de Roomsche ende Griecsche
teenemael thuys is ...« Du Bellay drückt denselben Gedanken mehrmals
in seiner Deffence aus.
en am Rand: [C4a]
eo Scal. 80 a B: »Igitur universum negotium nostrum in Res et Verba
quum dividatur ...«; ibid. 55 a A: »Nunc quum Poesis duabus constet
partibus substantialibus, materia et forma: de utraque nobis dicendum
est.« u. 299 a B: »Quum igitur Poesis, uti dicebamus, ex rebus ac verbis,
quemadmodum omnis quoque oratio, constituta sit ... .«
ep In der Einleitung zu seinem zweiten Buche bemerkt Scaliger, 55 b A:
»Quocirca de Poeseos materia in hoc libro scribendum erit, in tertio de
forma, in quarto de ornamentis. Ac quanquam a Grammaticis partes illae
sunt tractatae, haud tamen exacte quod ad nostram operam pertinere
possit. nam syllabarum quidem quantitates et observare et docere decuit:
pedes vero, et numeros, et versuum genera quum tractant ... . Nos igitur
de his exactius.«
eq Poeterey] Aus Dkf Pceterey
er durchtr. = erfahren
es Die erfindung ... vornimpt:] Rons. XIV, 12: »L’invention n’est autre
chose que le bon naturel d’une imagination concevant les Idées et formes
de toutes choses qui se peuvent imaginer tant celestes que terrestres,
animées ou inanimes (sic), pour apres les representer, descrire et imiter.«
et ›Idea‹ ist der Titel des 3. Buches von Scaligers Poetice.
eu henget ... erfundenen sachen.] Rons. XIV. 14: »... la disposition
despend de la belle invention, laquelle consiste en une elegante et parfaicte
collocation et ordre des choses inventées ... .«
ev von ... innhalt ... anheben] = mit Angabe des Themas und der Ab-
sicht beginnen
ew Georg. I 1ff.
ex Siehe Nr. 44, Buch I, 1ff. (Bd. I, 192).
ey unausgemacht = unveröffent-
licht
ez Georg. I 5 ff.
fa Trostgedichte I, 5 ff; siehe die Varianten unter Nr. 44.
fb am Rand: [D1a]
fc De rer. nat. I 1f.; Scaliger erwähnt diese Invocatio 293 b B, ohne sie
zu zitieren; Rons. XIV, 6 zitiert unter andern Beispielen auch die ersten
zwei Wörter dieser ›anruffung‹.
fd Guillaume de Saluste, Seigneur du Bartas (1544–90), La seconde se-
maine,
I, 1ff.
fe Indem Opitz hier seine eigene Übersetzung bringt, übergeht er still-
schweigend die ihm bekannte Tatsache, daß Tobias Huebner schon 1622
eine Übersetzung der Sec. sem. herausgebracht hatte.
ff Doch ist/ ... begrieffen.] Diese Erklärung wird gegeben, weil Scaliger
293 b A feststellt, daß die Griechen die invocatio mit der propositio ver-
binden, die Lateiner sie dagegen getrennt halten.
fg Keiser Augustus zuegeschrieben.] Vers 24ff.
fh Georg. III 3f.; der Sinn erfordert die bessere Lesung carmine.
fi Trostg. I, 13ff.
fj am Rand: [D1b]
fk zuschreiben = widmen
fl am Rand: [D2a]
fm Diese schon bei Arist. Poet. cap. 9 (1451 a 36ff.) gemachte Feststel-
lung drückt Ronsard in der ›Préf.‹ wie folgt aus: »Il a pour maxime
tresnecessaire en son art, de ne suivre jamais pas à la verité, mais la vray-
semblance et le possible ... laissant la veritable narration aux Historio-
graphes.« XVI, 336.
fn Epist. II 3, 147: »Nec gemino bellum Troianum orditur ab ovo.«
fo lest viel außen ... in das buch keme.] Scal. 144 a C: »Reliquus tractus
aequabilis, sed interruptus rerum novitate: quae tamen aut partes sint
argumenti, aut ad ipsum pertineant.« Es folgt ein Hinweis auf die Aethio-
pica
des Heliodorus.
fp Die eingeschränkte Warnung vor Anachronismen entstammt Rons.
›Préf.‹, XVI, 337: Historiker wie Dichter sollten sich an die Wahrheit
halten, was Vergil nicht getan habe, »lequel a faict Didon fille de Belus
estre du temps d’Aenee, encore qu’elle fut cent ans devant pour le moins:
mais il inventa telle ruse pour gratifier Auguste et le peuple Romain vain-
queur de Carthage donnant par les imprecations de Didon commence-
ment de haine et de discorde mortelle entre ces deux florissantes nations.«
fq Scal. 144 b B: »Tragoedia, quantum huic Epicae similis est, eo tamen
differt, quod raro admittit personas viliores.«
fr Scal. 144 b C: »Res Tragicae grandes, atroces, iussa Regum, caedes,
desperationes, suspendia, exilia, orbitates, parricidia, incestus, incendia,
pugnae, occaecationes, fletus, ululatus, conquestiones, funera, epitaphia,
epicedia.«
fs gemeße = ebenbürtig
ft ohne daß sie selten leidet: au-
ßer daß sie nur gelegentlich
verträgt 20 schlechte Sachen:
schlichte Angelegenheiten,
Verhältnisse
fu Arist. Poet. c. 6; die Poetik war von Heinsius herausgegeben und ins
Lateinische übersetzt worden. Angehängt erschien Heinsius’ De tragoediae
constitutione liber, in quo inter cetera tota de hac Aristotelis sententia
dilucide explicatur,
Leiden 1611.
fv Die Comedie ... vorlauffen.] Scal. 144 b D: »In Comoedia, lusus,
comessationes, nuptiae, repotia, servorum astus, ebrietates, senes de-
cepti, emuncti argento.«
fw Haben derowegen ... laufft.] Scal. 144 b B: »Contra, in Comoedia
nunquam Reges, nisi in paucis.«
fx Zue einer Satyra ... scheußt.] I. Casaubonus, In Persii satiras lib.
commentarius,
Paris 1615, ›Prolegomena‹, Bl. a2a: »Satiram Romanam
duo ista praecipue constituunt: doctrina moralis, urbanitas et sales. ...
anima vero et ὅϱος τη̃ς οὐσίας eius carminis est vitiorum insectatio et
ad virtutem cohortatio: ad quae perficienda salibus et iocis tanquam telo
utitur.«
fy Vnd haben ... gegeben.] Scal. 149 b B: »... commune autem omnibus
[sc. Juvenal, Persius, Horaz] est profiteri sese omnium pene hostem,
paucissimorum parcissimum laudatorem, se quoque vulnerare, ut alios
interficere liceat, nam ne amicis quidem parcunt.«
fz eingeführet/] Satzzeichen un-
leserlich; Virgel eingefügt
ga bestechen = mit Stichwaffe
angreifen
gb darumb ... weil] Opitz ist bisher der Aufstellung der Gattungsarten
in Scaligers Buch III, ›Idea‹, gefolgt. Nach der Satyra kämen die Pastora-
lia, doch nimmt er hier das Epigramm vorweg.
gc Scal. 170 b A: »Epigrammatis duae virtutes peculiares: brevitas et
argutia.«
gd ibid. a B: »Brevitas proprium quiddam est. Argutia anima ac quasi
forma.« »spitzfindigkeit« darf also nicht negativ aufgefaßt werden.
ge ibid. b. A: »... inexpectata aut contraria expectationi conclusione.«
gf Die Eklogen ... feldwesen;] Scal. 150 a A: »Pastoralia continent ...
Bucolica, Arationes, Messes, Foenisecia, Lignatoria, Viatoria, Capraria,
Ovilia, Holitoria, quibus ... Sanazarus ... addidit Piscatoria: nos etiam
Villica.«
gg vnd pflegen ... zue bringen.] Scal. 150 a A: »Commune autem illud
habent, ut cuiuscunque generis negotium semper retrahant ad agrorum
naturam.«
gh Scal. 52 a C hatte eine Charakterisierung der Elegien gebracht. Die
von Opitz aufgezählten Themen stehen bei Scaliger teils auf S. 52 a, teils
auf 169 b.
gi kürtze] Aus Dkf kurtze (Err.-
liste
)
gj auffruck = Vorwurf, expro-
bratio
gk seewerck = aratio, Säen
gl Iacopo Sannazaro (1456–1530) schrieb außer seinem Hirtenroman
noch fünf ›Eclogae piscatoriae‹ (siehe Anm. 33) und drei Bücher Elegien.
gm Johannes Secundus (Janus Nicolai Everardi, 1511–36) neulat. Dich-
ter aus Den Haag, bekannt durch seine Elegien (an Julia) und die Basia.
gn Petrus Lotichius (Secundus, 1528–60); Opitz nennt ihn in der Vor-
rede zur Lust des Feldbawes »Fürst aller deutschen Poeten«; siehe Nr. 54.
go zue ende der wörter] Wörter am Ende der Verszeile.
gp Scaliger erwähnt das Echo nur kurz, 72 b C und 170 b D. Jan van der
Does (Dousa, 1545–1604), Verteidiger von Leiden, erster Prokurator der
Universität, Archivar und Dichter, ließ 1603 seinen Band Echo sive lusus
in Den Haag erscheinen; 30 der 248 Seiten dieses Buches enthalten Echo-
gedichte.
gq Dies Echogedicht steht in Gruters Anthologie Delit. poetar. Belgicor.,
Bd. IV, Frankfurt 1614, S. 336.
gr Siehe das Beispiel in Kapitel VII, Bl. G1b, S. 391.
gs Siehe Nr. 59.11 u. 59.135; Texte unter 72.46 u. 28. 7.
gt Wiederruf (Lehnübersetzung)
= responsio, repetitio
gu artlich = anmutig, lepidus,
bellus
gv sich ersehen = nachlesen
gw Dadurch daß Opitz seine Unzufriedenheit mit der Straßburger
Sammlung in der Poeterey ausdrückte, wurde dieser Mißmut weithin be-
kannt; ähnlich sprach er sich in der handschriftlichen Widmung eines
Exemplars von Sammlung A an den Fürsten Georg Rudolf aus (Rei 771)
sowie in dem Brief vom 5. Okt. 1624 an Buchner (Geiger, Mitth., Brief
Nr. 1).
gx Hinweis auf die Sammlung B, unsere Nr. 72.
gy Scal. 48 a B: »Hymni, qui ad aras diis dicebantur ...« und 162 a C:
»Ac Dei quidem laus semper in toto animo universaque cogitatione nostra
versari debet.«
gz Siehe Nr. 45, die Übersetzung Opitz’.
ha Nr. 55.
hb Scal. 162 b B erwähnt die verschiedenen Arten von Lobgedichten.
hc Rons. VIII; die dort fehlenden vier Hymnen an die Jahreszeiten be-
finden sich XII, 27–86. In den posthumen Ausgaben, wovon Opitz eine
benutzt hat, stehen die Hymnen in obiger Reihenfolge.
hd Scal. 150 a D: »Poematia ergo quaedam, ut docet Quintilianus,
subito excussa calore sylvas nominaverunt veteres ...«
he § 17; am Schluß haben die Hss. hanc statt hoc.
hf Gerücht = guter Ruf, fama
hg gemeine = allgemein zugäng-
lich
hh Stat. hat fluxerunt statt fluxerant.
hi Opitz will den Begriff etwas anders als Scaliger ableiten. Scal. 150
a C: »Materiam ὕλην dixerunt Graeci, inde sylva nobis: innumeris enim
pene vel operibus vel officiis suppeditatur a lignis materia.« Die dann fol-
gende Anordnung in der Besprechung der Themen ist dieselbe bei Opitz.
hj Scal. 47 a B: »Neque enim ea sine cantu atque Lyra pronuntiabant.
unde et Lyricorum appellatio.«
hk Scal. 169 a C: »Amat autem poema hoc animi libertatem. ... Poscit
vero frequentiam sententiarum.«
hl Rons. XVI, 334: »... si les sentences sont trop frequentes en ton
œuvre Heroique, tu le rendras monstrueux, come si tout ton corps
n’estoit composé que d’yeux et non d’autres membres ...«
hm Epist. II 3, 83ff.; Opitz ist auf dies Zitat wohl durch das Vorwort zu
den Oden Rons. I, 59, aufmerksam geworden.
hn Scal. 169 a C: »Quaecunque in breve Poema cadere possunt, eas
Lyricis numeris colligere ius est.« Bei der Aufzählung der Inhaltsmöglich-
keiten entnimmt Opitz die Themen z. T. Scaliger, z. T. Ronsard I, 59 und
fügt vier aus eigener Wahl hinzu: Weinberge, Gärte, schöne Menscher und
nichtigkeit des todes.
ho Nachdichtung der ›Odelette‹, Rons. VI, 105: »J’ay l’esprit tout
ennuié«, wiederholt als ›Ode XV‹, Nr. 72.72; dort Weiteres.
hp am Rand: [D4b]
hq Opitz folgt der zu Anfang von Kap. V angekündigten Disposition.
hr Diese Dreiteilung entstammt nicht Scaliger, bei dem sich im IV.
Buche eine weit differenziertere Besprechung der verba findet.
hs In seinem Brief vom 4. Mai 1628 aus Breslau an Venator schreibt
Opitz, was er mit Hochdeutsch meint. (Venator hatte anscheinend poeto-
logische Fragen aufgeworfen; Opitz vertröstet ihn auf eine ausführlichere
Antwort später.) »... hoc tamen nunc habe, veluti ego Silesiaca dialecto
non utor, ita neque vestra Alsatica uti posse. Est quoddam quasi Atticum
apud Graecos genus, quod Lutheranum vocitare per me potes: hoc nisi
sequaris, erres necesse est. Et ad cancellarias quas nominant, provoco,
scriptionis nostrae, si Gallicae, Italicae aut Latinae etiam nugae omittan-
tur, magistras.« Rei 262, 84–89; (mit Änderung der Interpunktion in
Z. 66 und 87.
ht satt] Aus Dkf saat nach B→
geändert; E. Martins Versuch
(A. f. dt. Alt. XIV [1888], 287)
saat als berechtigte Nebenform
zu retten, überzeugt nicht.
hu weil = derweil, so lange
hv sich letzen = s. d. Durst lö-
schen
hw außreden = aussprechen
hx Siebenbürgisch-sächsisches Sprichwort: »De den Schaden hot, | Hôt
auch den schpôt.« Burkhard Waldis, Esopus III, 46,25: »Wer schaden vnd
den Vnfall hat, | Der darff nit sorgen für den Spot.« Beide in Wander,
Dt. Sprichw.-Lex., IV, 43 u. 47.
hy reime] Aus Dkf reine
hz welsch = italienisch
ia erwuscht = sich gemerkt
ib da] Aus Dkf Da geändert
ic das zwar = wenigstens soweit
es, quod quidem
id ξωὴ καὶ] Aus Dkf τωὴ ὴ
(Err.liste, wo aber wegen Zei-
lenanfangs
Ζωὴ steht) φυχὴ,]
Aus φυχὴ,
ie VI 195.
if Dieser Passus ist nicht ganz klar. Die Ausführung fußt auf Scal.
149 b D: »An vero liceat Graeca Latinis interserere? ... Interposuit tamen
Iuvenalis semel atque iterum. verum semel, ubi referebat amantium
lenocinia: qui putidula ac Graecula uterentur oratione. ξωὴ καὶ φυχή.
Iterum autem prudentissime. nam recte Ausonius. Dicere enim Latine
flagitia neutiquam decet.« Man könnte z. B. an ein Wort wie pathicus
Juv. II, 99 denken.
ig Rons. XIV, 9: »Si tu te sers des noms propres des Grecs et Romains,
tu les tourneras à la terminaison Françoise, autant que ton langage le
permet.« Ähnlich Rons. XIV, 32 und Du Bellay, Deff. II, c.6.
ih du Bartas, ›La magnificence ou seconde partie du quatriesme jour de
la seconde sepmaine,‹ 1186.
ii ›Aen Leyden‹ 107f., Nederd. Poem., S. 10.
ij Veneris] Aus Dkf veneris be-
richtigt
ik Stob. III 7, 12; O. benutzte wohl H. Grotius’ Ausg. der Dicta poetar.,
Paris 1623. Die Übersetzung ›Rom‹ ist Flüchtigkeitsfehler.
il Opitz verwischt hier den Unterschied zwischen Doppellaut und Um-
laut. Hier ist die Schreibung æ, œ gemeint; die Regel wurde kaum be-
achtet. Siehe auch die Anm. 24 zu Kap. VII.
im Rons. XIV, 31: »Tu composeras hardiment des motz à l’imitation des
Grecs, et Latins pourveu qu’ilz soyent gratieux et plaisans à l’oreille ...«
Die Anweisung geht auf Hor., Epist. II 3, 52f. zurück.
in In dem Gedicht ›Auff Herrn Johann Seilers Hochzeit‹ nennt Opitz
die Nacht die »Arbeit-trösterin«: Nr. 59. 77 Z. 4. »Die Kummerwenderin
die Nacht« erscheint in Z. 4 von ›An Nüßlern‹, Nr. 72.46. Die dritte
Fügung kommt im Corpus des Werks bis auf diese Zeit nicht vor; mög-
lich, daß sie in der Urfassung der Trostg. enthalten war. Im Lob des Krie-
ges-Gottes
(1628) wird Bellona dargestellt »mit blutgefärbten Haaren«,
Z. 565.
io geben = (in Übersetzung) wie-
dergeben
ip Ῥώμα] Aus Ῥώμα Ἄϱηος,]
Aus Αϱηος,
iq den = denn; diese Schreibung
findet sich gelegentlich.
ir nechst] Aus Dkf echst (Err.-
liste
)
is Muretus’ Anm. zu Amours I, Nr. 175 (!), zitiert nach Si I, 296, lautet:
»Ces trois mots chasse-nue ... sont heureusement composez à la maniere
Grecque: pour signifier les effects du vent Borée, desquels il se vante luy-
mesme en Ovide, disant ainsi.« Es folgt das Ovidzitat; aus robora wurde
rocher.
it Met. VI 690f.
iu 63, 72.
iv Zitiert bei Petron. 55,6.
iw Joseph Justus Scaliger (1540–1609); seine Poemata, 1598 erschienen,
wurden 1615 von Petrus Scriverius neu herausgegeben.
ix Die Forderung ist überflüssig, da das Deutsche kaum Composita mit
vorangestelltem Verbalteil aufweist.
iy Lof-Sanck van Bacchus 1614, der auf die bedeutend kürzere Hymne
de Bacchus
(La VI, 176; Si VI, 214) zurückgeht. Siehe die Einl. zu Nr. 48;
Z. 637ff.
iz das erste Komma eingefügt
ja L’irrite-mer] Aus Dkf L irrite-
mer (Err.liste; in manchen
Exemplaren ist Apostroph vor-
handen.
)
jb Z. 637ff.
jc »der Weltkreiß rund« ist Zitat aus Schedes ›Sonnet Jörgen von
Averli und Adelheiten von Grauwart‹, *59.9, Z. 1. Die zwei andern Fü-
gungen stehen dem Sprachgebrauch Schedes nahe, z. B. *59.5, Z. 20
»die Augen fein«.
jd Siehe Anm. 12 oben; ferner Rons. XVI, 348: »Davantage je te veux
bien encourager de prendre la sage hardiesse, et d’inventer des vocables nou-
veaux ...«
je Rons. VI, 57, ›Elegie à Cassandre‹, Z. 44; man beachte Laumoniers
Anm.
jf Hooch-schreeuwer/ Groote-
springer/] Erste Virgel aus feh-
lerhaftem Bindestrich geändert
jg Altijdt-vol.] Aus Dkf Altijet-
vol. geändert
jh verdolmetschung] Aus Dkf
vordolmetschung verbessert
ji Liebes-freundt/] Bindestrich
eingefügt.
Haupt-brecher/
Löwen-zwinger/] Erste Virgel
aus Bindestrich geändert
jj bescheidenheit = Unterschei-
dungsvermögen, Maß
jk Siehe S. 321 ›Du güldne Leyer meine Zier‹, Z. 21. Weckherlin hatte
dies Verb schon 1615 benutzt: ›An Herren Craften Grafen von Hohen-
lohe‹, Werke I (BLVS 199), Nr. 48, Z. 38.
jl Pansa] C. Vibius Pansa nahm bei Cicero Unterricht in Rhetorik; er
war Mitkonsul von Hirtius, wurde oft mit ihm zusammen erwähnt und
ist hier mit ihm verwechselt worden.
jm Die Warnung geht auf Quint. Inst. or. VIII 3, 53 zurück, wo das
Beispiel von dem Kinde angeführt wird und wo auch das Vergilzitat
(Aen. IV 359f.) steht.
jn verstehet.] Punkt fehlt in man-
chen Exemplaren.
jo auffmutzung = Ausschmük-
kung, ornatus
jp verkehrung der worte] Rons. XVI, 342: »Tu ne transposeras jamais
les paroles ny de ta prose ny de tes vers: car nostre langue ne le peult por-
ter, non plus que le Latin un solecisme.« Es folgt ein Beispiel.
jq Man beachte, daß dür Opitz das Verb kriegen noch nicht auf das
umgangssprachliche Niveau abgesunken war.
jr Sich ... mag;] Leicht abgewandeltes Zitat aus Schedes ›Brautlied an
Juncker Otto Cland ...‹, *59.8, Z. 34.
js Rons. XVI, 347: »Je veux bien t’advertir, Lecteur, de prendre garde
aux lettres, et feras jugement de celles qui ont plus de son et de celles qui
en ont moins. Car A, O, U, et les consonnes M, B, et les ss finissants les
mots, et sur toutes les rr, qui sont les vrayes lettres Heroïques, font une
grande sonnerie et baterie aux vers. Suy Virgile qui est maistre passé en
composition et structure des carmes ...«
jt Georg. I 472f. In der Übersetzung zitiert Opitz sein eigenes Gedicht
›Elegie‹, Samml. A, Nr. 59.4, Z. 25ff.
ju Auff die außlesung der worte/
sagen wir ... = Nach den Aus-
führungen über die Wortwahl
sprechen wir ...
jv Lof-Sanck van Iesus Christus, 1616, Z. 453f.; Opitz’ Übersetzung,
Nr. 45, Z. 553f.
jw Rons. XIV, 22: »Tu eviteras aussi l’abondance des monosyllabes en
tes vers, pour estre rudes et mal-plaisans à ouyr. Exemple, Je vy le ciel
si beau si pur et net.
«
jx Opitz selbst schrieb manche Zeile, die vorwiegend oder ganz aus
Einsilblern besteht.
jy Rons. XVI, 349: »Tu te donneras de garde, si ce n’est par grande con-
trainte, de te servir des mots terminez en ion, qui passent plus de trois ou
quatre syllabes, comme abomination, testification: car tels mots sont
languissants, et ont une trainante voix, et qui plus est, occupent languide-
ment la moictié d’un vers.«
jz ciel] Aus Dkf liel (Err.liste)
ka Scaliger handelt von den Figuren in Buch III, c. 29–95 und IV,
c. 25–43.
kb Stesichorus, griech. Lyriker um 500 v. Chr. Das Urteil in bezug auf
die Epitheta geht auf Hermog. De ideis 2, 4 zurück.
kc Scal. 118 a A: »Distinguit igitur epithetum ambigua: ut apud Poetam
nigra hirundo, ad differentiam Ripariarum, quae species est hirundinis
non nigrae neque aedibus assuetae ... . Auget, ut pius Aeneas. Minuit,
Frigida bello dextera.« Das erste Beispiel entstammt Aen. XII, 473; das
zweite passim; das dritte Aen. XI 338. Scaliger fand sie bei Vida, Poet.
II, 186; siehe auch Scal. 201 b A.
kd das] Wegen der editorischen
Einfügung aus
Das geändert
ke schematibus] Aus Dkf fche-
matibus
kf eine andere] Aus Dkf einan-
dere (Err.liste)
kg höchste möglichkeit = mög-
lichst
kh abstehlen] Aus Dkf abstehen
(Err.liste)
ki möge:] Aus Dkf mögen (Err.-
liste
)
kj derselbigen] Aus desselbigen
geändert
kk Ov. Trist. V 6, 38.
kl Verg. Georg. II 18.
km Hor. Carm. I 31, 5.
kn Strab. I 2, 3, Casaubonus ed. 1587, S. 11: »Itaque Homerum et quae
... auditu percepisset, suo poemati inseruisse ... neque omnino ullam
frustra eum locis adiicere appellationem.«
ko Rhet. III 1406 a 11ff.
kp § 40; hier findet sich der »feuchte Wein«, aber »weiß« hat Aristoteles
als Epitheton der Milch; Quintilian spricht von »weißen Zähnen«.
kq Georg. III 364.
kr Rons. XIV, 17: »Tu fuiras aussi la maniere de composer des Italiens
en ta langue, qui mettent ordinairement quatre ou cinq epithetes les uns
apres les autres en un mesme vers, comme alma, bella, angelica e fortunata
dona
: tu vois que tels epithetes sont plus pour empouller et farder les vers
que pour besoing qu’il en soit.«
ks exempel:] Aus Dkf erempel:
kt dergleichen.] Punkt eingesetzt
ku ietwedern] Aus Dkf etwedern;
cf. Bl. A3b.
kv am Rand: [F1a]
kw In den niedrigen ... agresti.] Scal. 193 a D: »Generis infimi materia
nota est: Humiles personae, pastores et alii, quales in Comoediis. Quod si
de regibus aut de diis loquuntur, eorum officia operave quanto sunt
tenuiora, tanto huic generi propiora. Itaque de suo semper deo quum
loquitur Tityrus, non attribuit ei fulminum aut bellorum potestatem,
sed ...« Es folgt das Zitat aus Verg. Ecl. I 9, das auch Opitz bringt.
kx Heinsius’ lat. Version steht zuerst in seiner Theokrit-Ausgabe, Hei-
delberg 1603; sie ging in alle Poemata-Ausgaben über. Die Übertragung,
›Oversetting van het XII. Idyllium Theocriti‹, findet sich in Nederd.
Poem.
1616, S. 38–40.
ky schlecht = schlicht
kz wil.] Punkt eingefügt
la paß = Punkt, Fall
lb Dieses Gedicht wurde unter dem Titel ›Theocriti vnd Heinsii Aites‹
in die Sammlung B aufgenommen; siehe Nr. 72.54. Dort Weiteres.
lc am Rand: [F1b]
ld am Rand: [F2]
le mir] Aus Dkf nur
lf Scal. lib. IV c. 2 ist ›Grandiloquus‹ überschrieben (S. 183 b B ff.):
»Est igitur Altiloquum Poeseωs genus, quod personas graves, Res ex-
cellentes continet. .... Personae graves sunt Dii, Heroes, Reges, Duces,
Civitates.«
lg Ähnlich Rons. XVI, 333, aber mit andern Beispielen.
lh Aen. IV 118f.
li Die mittele ... sollen.] Scal. 193 b C: »Aequabile dicendi genus est,
quod mediocres sententias lectiore sermone designat. neque respuit
figuras, quibus tenuem formam superet, neque multum figuratum est,
quo citra sublime subsidat.« 194 a A: »Talis stilus in Catullo ... . Argo-
nautica dico eiusmodi esse confecta oratione, ut sine ineptiis raro quispiam
possit imitari.«
lj Carm. 64, meist als ›Epithalamium Pelei et Thetidis› bezeichnet.
lk Rons. XIV, 18: »La ryme n’est autre chose qu’une consonance et
cadance de syllabes, tombantes sur la fin des vers ... .«
ll Opitz schließt sich der Reihenfolge einiger Kapitel in Ronsards
Abbregé an: De la ryme; de la voyelle E; de l’H.
lm Epsilon wird wie ein deutsches geschlossenes e ausgesprochen, Eta
wie ein offenes; Länge bleibt unberücksichtigt. Opitz übernimmt also die
erasmische Aussprache des Eta als ä.
ln Guy de Faure, Seigneur de Pibrac (1529–84), schrieb die von Opitz
1634 zu Danzig in vollständiger Übersetzung herausgebrachten Quatrains
sowie Les paisiers de la vie rustique. Von letzterem flocht Opitz Teile in
die Zlatna ein; siehe Nr. 53. Obiges Epigramm wurde in Sammlung B
(Nr. 72.111) mit den vorgeschlagenen Änderungen wiederholt; cf. dort.
lo gelanget.] Punkt eingefügt
lp Kustos werd.
lq Auf ist reimt Opitz kiest, liest, sihst und blühst; auf bist, Frist, List,
frißt, gegrüßt usw.
lr Diese Regel schon im Aristarchus; siehe Nr. 17, S. 72. Rons. XIV, 19:
»Toutesfois et quantes que la voyelle e est rencontrée d’une autre voyelle
ou diftongue, elle est toujours mangée, se perdant en la voyelle qui la suit,
sans faire syllabe par soy ... .«
ls Opitz’ Nachdichtung von »Mille vrayment, et mille voudroyent bien«,
Rons. V, 118: ›Amours‹, 1553, Nr. 52; wiederholt als Nr. 72.102. Dort
Weiteres.
lt am Rand: [F3b]
lu (2×), 9 in] Aus im
lv ö] Aus Dkf ὂ
lw erstes es] Aus Dkf cs
lx Bibliographische Hinweise auf Schwabe, Bd. I, 70, Anm. 44; sein
›Büchlein‹ ist verschollen.
ly Wahrscheinlich sollte dieser Teil der Regel eine allzu mechanische
Apostrophierung verhindern.
lz Leicht verändertes Zitat aus Nr. 72.4, Z. 82f.
ma Z. 6f. des unten auf Bl. H 1a gebrachten Sonetts »Ihr/ Himmel/ lufft
vnnd wind.«
mb Sonnet 7 sich beweiden = sich
weiden an
mc halten = wachen
md heller] Aus Heller geändert
me Prosa 6 stehen] Aus Dkf sehen
(Err.liste)
mf es:] Aus es. geändert
mg felder] Aus Dkf felber (Err.-
liste
)
mh Z. 1 von Nr. *59.6.
mi Rons. XIV, 22 erlaubt mehr Spielraum bei der Synkopierung von
Verbformen.
mj Du Bellay, Deff. II, 17, 16ff.: »Mais la rythme de notre poëte sera
voluntaire, non forcée ... autrement, qui ne voudroit reigler sa rythme
comme j’ay dit, il vaudroit beaucoup mieux ne rymer point ...«.
mk »... alle Reichsstädte, Fürsten-Höfe schreiben nach der sächsischen
und unsers Fürsten Canceley, darum ists auch die gemeinste (»commu-
nissima«, Nr. 27 586) deutsche Sprache.« Luther, Tischreden, Weimarer
Ausg., Bd. I), Nr. 1040.
ml lehrerinn: Plural!
mm Witk. Arist., S. 179, Anm. 2, bemerkt, daß sich in diesen vier Zeilen
drei Härten und Verstöße gegen Opitz’ eigne Regeln befinden. Unver-
ändert wiederholt als Nr. 72.115.
mn Carm. Anacr., Preisendanz ed., Nr. 21; auch Rons. VI, 256.
Weckherlin und Colerus haben dies beliebte Gedicht übersetzt oder bear-
beitet. Opitz’ lat. Übersetzung dürfte der Freude am Spiel mit dem Mo-
tiv entsprungen sein. Siehe Helm. Lischner, Die Anakreontik, Diss. Bres-
lau 1932, S. 28ff. u. H. Zeman, Die dt. anakreont. Dichtung, Stuttgart
1972, S. 39–41.
mo am Rand: [G1a]
mp Gedicht
mq Ἡ] Aus Η
mr ϑάλασσα] Aus Dkf ϑάλασσα
(Err.liste) αὔϱας,] Aus αὔϱας
ms Ὁ] Aus O Ο ϑάλασσα,] Aus
Dkf ϑάλ ασταν(mit Stigma,
Err.liste
)
mt Τί] Aus Τὶ 7 αὐτῷ] Aus ἀυτῷ
mu Prosa
mv distichon] Aus Dkf distichion
(Err.liste)
mw Anacreonten] Aus Dkf An-
careonten (Err.liste); besser
wäre
Anacreonteen. noch
glück] Spatium eingefügt
mx ›Galathee‹, Nr. 72.57, Z. 63ff.
my Bei dieser für das Deutsche bedeutungslosen Regel dachte Opitz an
die klassischen Sprachen und das Französische.
mz ›Brautlied an Juncker Otto Cland‹, Nr. *59.8, Z. 53.
na Z. 43 ibid.
nb Auch im Frz. wird der Monoreim fast nur in scherzhaften Dichtungen
benutzt.
nc u. 4 licht/ und nicht?] Aus
licht? und nicht. nach
Sammlung
B geändert
nd heisset.] Aus der Zitiertype in
Normalgröße transponiert
ne zuneigen = einem etwas als
Gabe zuwenden Gr. Wb.
nf Guillaume Bouchet (1513–93), Les Sérrées, Reprint Genève 1969,
Roybet ed., 32. Sérée, S. 310.
ng Lobwassers Psalmenübersetzung, zuerst 1573, Ps. 23, Z. 3f.
nh Siehe Anm. 11 zu Kap. VI. Da im Druck oft u für ü eintrat, sollte
man in manchen Fällen an Augenreim denken; schlesische Aussprache
erlaubte es Opitz, trotz der Regel sünden auf binden, finden, überwinden
usw. zu reimen. Auch verwundt – kündt findet sich. Die Psalmenüber-
setzung, der dies Beispiel entnommen ist, bleibt unidentifiziert.
ni 23.] Punkt eingefügt
nj ein selblautender] Spatium ein-
gefügt

doppeltlautender] Aus Dkf
doppeltlaudender geändert
nk wird.] Punkt eingefügt
nl der andere] Aus Dkf das ande-
re geändert
nm ›Auff den Anfang des 1621. Jahres‹, Nr. 72.2, Z. 25f.
nn Rons. XIV, 8: »Apres, à mon imitation, tu feras tes vers masculins et
fœminins tant qu’il te sera possible ... .« Die Phrase »den accent in der
letzten sylben ohne eine« in Z. 9 ist identisch mit »der accent in der letzten
Sylben ohne eine« auf Bl. )?(3a von Tobias Huebners Vorrede von Du
Bartas Seconde Sepmaine, Cöthen 1622.
no ›Auf den Anfang ...‹, Nr. 72.2, Z. 27ff.
np größe wird als Quantität verstanden; thon = Betonung; hoch = be-
tont, niedrig = unbetont. Stillschweigend setzt Opitz lat./griech. lang
mit dt. betont gleich, niedrig mit unbetont.
nq Luther, Werke, Weim. Ausg., Bd. 35, Lied Nr. 32, Z. 1.
nr abschiessig = fallend (im Ton)
ns letzte sylbe ohne eine: vor-
letzte Silbe
nt ibid., Lied Nr. 24, Z. 1.
nu Anfänglich hielt Opitz eine gelegentliche Verwendung »daktylischer«
dreisilbiger Wörter (jedoch nicht in Reimposition) noch für möglich, aber
schon 1625 merzte er Dreisilbler dieser Art aus.
nv Nr. 72.69, Z. 37ff.; Rons. I, 138, Z. 37ff.
nw vierdte] Aus Dkf vierde
nx nach] Aus Dkf noch (Err.liste)
ny Venus ... obsiegen;] Editoriell
in eigne Zeile versetzt
nz mit vnterscheide = mit Vor-
behalt, Einsicht
oa Lateinischen] Aus lateini-
schen (Err.liste) vnd vor
hexametros getilgt (Err.liste)
ob Schon im Arist. hatte Opitz diese unzutreffende Erklärung gegeben:
Bd. I, 68, Z. 13.
oc Rons. XIV, 23: »Les alexandrines tiennent la place en nostre langue,
telle que les vers heroïques entre les Grecs et les Latins ... .«
od weil die ... weiß.] Rons. XIV, 25: »La composition des Alexandrins
doibt estre grave, hautaine, et ... altiloque, d’autant qu’ilz sont plus
longs que les autres, et sentiroyent la prose, si n’estoyent composez de
motz esleus, graves et resonnans, et d’une ryme assez riche, afin que telle
richesse empeche le stille de la prose, et qu’elle se garde tousjours dans les
oreilles, jusque à la fin de l’autre vers.« Siehe ferner den Anfang der Pre-
face von 1587 zur Franciade, Rons. XVI, 331: »Au reste, ils ont trop de
caquet, s’ils ne sont bastis de la main d’un bon artisan, qui les face
autant qu’il luy sera possible hausser, comme les peintures relevees, et
quasi separer du langue commun ... .«
oe Diese Vorschriften bei Rons. XIV, 24.
of heroische verse: Hexameter
og vers] Aus Vers oder] Aus der
(beide Err.liste)
oh abschnitt] Aus Dkf abschritt
(parallel S. 397 Z. 5
oi Huebner in seiner ›Vorrede‹ (siehe Anm. 26 oben) stellt Bl. )?(3b fest,
daß »Allezeit die sechste Sylbe in jedem Verß oder Reim den Abschnitt
oder Caesur macht vnd helt/ derwegen allein Masculinae terminationis,
das ist/ entweder ein einsylbig Wort seyn/ oder den Accent in der letzten
Sylbe haben muß.«
oj Opitz, ›Epigramm IV‹, Nr. 72.114.
ok Der lat. Endreim ist festes Kunstmittel der lat. akzentuierenden
Dichtung des Mittelalters; vgl. auch in der quantitierenden Metrik den
sog. leoninischen Hexameter.
ol Rons. XVI, 342: »J’ay esté d’opinion, ... que les vers qui enjambent
l’un sur l’autre, n’estoient pas bons en nostre Poesie: toutefois j’ay cognu
depuis le contraire par la lecture des bons Autheurs Grecs et Romains
... .«
om Zu Flavia siehe Janis L. Gellinek, »Liebesgedichte und Lebensge-
schichte bei Martin Opitz«, Dt Vjs XLII (1968), 174–81.
on Opitz, ›An Nüßler‹, Nr. 72.56 Z. 175ff.
oo am Rand: [G4a]
op Nach dem Volksglauben zersprang eine Porzellanschale, worin Gift
gereicht wurde. Zum Segelwagen siehe S. 158 oben.
oq ›Vber Herren Andreas Hindenbergers newerfundenen Zehltisch‹.
Nr. 58A, Z. 21ff. Siehe die Lesarten und weitere Anmerkungen dort.
or Rons. XIV, 26: »Les vers communs sont de dix à onze syllabes, les
masculins de dix, les fœminins d’onze, et ont sur la quatriesme syllabe
leur repos ou reprise d’aleine, ainsi que les vers Alexandrins sur la fin des
six premieres syllabes.«
os ›Auff die Weise des hundert vnd vierdten Psalms‹, Nr. 72.6, Z. 3/4
u. 1/2.
ot Nicht in Alexandrinern geschriebene Sonette waren in der Tat die
Ausnahme. Bei Opitz kommen davon nur zwei vor.
ou hin vnd wieder geschrenckte reime] nichtpaarige Reimanordnung.
Opitz meint nicht nur die »verschränkten« (umarmenden) Reime der
Quatrains, sondern auch die der Terzette; gemein (in diesem Zusammen-
hang) = paarig gereimt.
ov abschnitt.] Aus Dkf abschrit.
(Err.liste)
ow ndl. klinkdicht; ferner wurden z. T. später verwendet: Klinglied,
-reime, -gesang und -satz.
ox Wie aus diesem Beispielsonnet ersichtlich, folgt Opitz Ronsards
sonettistischen Gepflogenheiten; siehe dazu H. Welti, Gesch. des Sonettes,
Leipzig 1884, S. 72–76.
oy am Rand: [H1a]
oz hergegen = umgekehrt
pa Sonett:
pb Himmelweit/] Aus Dkf him-
melront/ (Err.liste) hinste-
chen = übertreffen Att-
stein = Bernstein
pc Alekto: eine der Furien; sie
hatte Schlangen auf dem
Kopf 9 Vulkan war lahm.
Amor war blind.
pd Als ›Sonnet XI‹ in B wiederholt; Nr. 72.85. Dort Weiteres.
pe Nach Rons. IV, 59: »Ciel, air et vents«; Nr. 72.103. Dort Weiteres.
pf am Rand: [H1b]
pg Nach Rons. IV, 37: »Las, je me plain«; Nr. 72.101. Dort Weiteres.
ph Siehe die Änderung, die Opitz in
B machte. In] Aus Iu (Err.liste)
pi Son. »Ihr/ Himmel/ ...«: 10 muth]
Aus Dkf mundt nach B 221 ver-
bessert;
siehe dort Weiteres.
pj Nach Rons. XVII, 336: »Je faisois ces Sonnets«; Nr. 72.110. Dort
Weiteres.
pk am Rand: [H2a]
pl Son. »Au weh!«: 9 liecht] Aus Dkf
liechc
pm Son. »Ich machte ...«: 8 platz] Aus
platz/ nach B geändert
pn schenden = tadeln, schändlich
finden
po Siehe Anm. 4 oben; Quatrain Nr. 124.
pp In obiger Form als Nr. 72.112 wiederholt; 1634 als Alexandriner-
quatrain Nr. 124.
pq Wiederholt in B als ›Epigramm VI‹; Nr. 72.116. Die Vorlage lautet:
Ad Laeliam.
Accusas speculum mendacis crimine formae,
Tam bellam dum te, Laelia bella, negas.
Vis speculum verax? Vis quam sis bella videre?
Luminibus tete, Laelia, cerne meis.
pr Couurir] Aus Dkf C’ouurir
ps weibliche] Aus Dkf weiblich
pt Daß Nicolaus Grudius († 1571) der Bruder von Johannes Secundus
war, erfuhr Opitz wahrscheinlich durch den Zusatz zur Vorlage des obigen
Epigramms; Gruterus brachte es in Delit. poetar. Belgicor., Bd. 2, 592,
Frankf. 1614. Grudius erfreute sich sonst als Dichter eines guten Rufes;
siehe Van der Aa, Biogr. Woordenb. VI, 498.
pu Rons. XIV, 27: »... les autres (d. h. nicht Alexandriner und vers
communs) marchant d’un pas licencieux, et se contentent seulement d’un
certain nombre que tu pourras faire à plaisir, selon ta volonté, tantost de
sept à huict syllabes, tantost de six à sept, tantost de cinq à six, tantost de
quatre à trois, les masculins estant quelquefois les plus longs, quelque-
fois les fœminins, selon que la caprice te prendra. Telz vers sont mer-
veilleusement propres pour la Musique ... .«
pv Rons. XIV, 9: »Si de fortune tu as composé les deux preminers vers
masculins, tu feras les deux autres fœminins, et paracheveras de mesme
mesure le reste de ton Elegie ou chanson, afin que les Musiciens les puis-
sent plus facilement accorder.«
pw ›Ich empfinde fast ein grawen‹, S. 370.
px Nach Rons. VII, 281: »Celuy qui est mort aujourdhuy«; wiederholt
als ›Ode XVI‹, Nr. 72.73. Dort Weiteres.
py am Rand: [H3a]
pz am Rand: [H3b]
qa Rons. XIV, 27: (Auf den in Anm. 59 zitierten Passus folgend) »... et
pour ce, quand tu les appelleras lyriques, tu ne leur feras point de tort,
tantost les allongeant, tantost les accoursissant, et apres un grand vers
un petit, ou deux petitz, au choix de ton oreille ... .«
qb Wiederholt als ›Ode XIV‹, Nr. 72.71; es folgen dort zwei weitere
Strophen.
qc Rons. XVII, 396: Anm. 1, »Les vers Sapphiques ne sont, ny ne
furent, ny ne seront jamais agreables, s’ils ne sont chantez de voix vive,
ou pour le moins accordez aux instruments, qui sont la vie et l’ame de la
Poësie. Car Sapphon chantant ces vers ou accommodez à son Cystre, ou à
quelque Rebec, estant toute rabuffee, à cheveux mal-agencez et negligez,
avec un contour d’yeux languissants et putaciers, leur donnait plus de
grace, que toutes les trompettes, fifres et tabourins n’en donnoient aux
vers masles et hardis d’Alcee, son citoyen et contemporain, faisant la
guerre aux Tyrans.« Dazu P. Derks, Die sapph. Ode, Diss., Münster 1970,
Kap. I.
qd Gedicht 2 vor = früher, zuvor
qe Prosa 5 nicht] Aus Dkf nchit
qf vneingeflochtenen] Aus Dkf
vneigeflochtenen
qg alle] Aus allc
qh Rons. XVII, 396.
qi Rons. XVII, 398; der Anfang nach Œuvres 1587.
qj Opitz hält sich bei den pindarischen Oden an Ronsards Praxis; weder
Ronsard noch Scaliger stellen darüber Regeln auf. Siehe E. R. Keppeler,
Die pindar. Ode, Diss. Tübingen 1911, passim, u. Vietor, Ode, S. 185.
qk Zu B. W. Nüßler siehe Bd. I, 30–32 sowie die Einleitung zu Nr. 63 u. 64.
ql Sous] Aus Dkf Solus
qm /vnd] Aus; vnd
qn Adam von Bibran (oder Bebran), 20 Jan. 1572 bis 13. Jan. 1624,
wurde am 8. März zu Damsdorf (früher Kr. Neumarkt) beerdigt. Es exi-
stiert eine Leichenschrift, SSLS 6184, die aber keinen Beitrag von Opitz
enthält. Die ital. Vorlage dieser Ode ist bisher nicht gefunden worden.
Ein weiteres Epicedium, ›Ergo nulla dies‹, steht in Silvae 15.
qo am Rand: [I3b]
qp Capitel] Aus Dkf Capittl
qq Gedicht Aus Normal- in Zitiertype
transponiert
qr am Rand: [I4a]
qs Trespe = Unkraut im Ge-
treide (Eselshafer etc.)
qt STRO.II.] Aus Dkf STRO.
I. in manchen Exempl. (Err.-
liste
)
qu Märzblume: Name mehrerer
Vorfrühlingsblumen – Schnee-
glöckchen, Narzissen, Ane-
monen usw.
qv Rons. XIV, 31: »... ce petit abbregé, lequel en faveur de toy a esté en
trois heures commencé et achevé.«
qw verschließen = verbringen
qx Welche meine ... werden.] Cf. Du Bellay, Deff. II, 1, 14ff.: »Cela cer-
tainement est de trop plus grand scavoir et loysir que le mien: et pen-
seray avoir beaucoup merité des miens, si je leur montre seulement avec-
ques le doy le chemin qu’ilz doyvent suyvre pour attaundre à l’excellence
des Anciens, ou quelque autre (peut estre) incité par nostre petit labeur
les conduyra avecques la main.«
qy Fast. VI 5.
qz Der Begriff des furor divinus oder poeticus war nach Plat. Ion 534 a
und Phaedr. 245 a allgemein bekannt.
ra Eine ... wird.] Nach Plin. Epist. VII, 9, 2; F. Rener, »Zur Übersetzungs-
kunst im 17. Jh.«, Acta neophilol. VII (1974), 3–24, bes. S. 14.
rb verführen = ausführen, vollbringen
rc Nämlich der Saturnalia.
rd Rons. XIV, 7: »Tu converseras doucement et honnestement avecque
les poëtes de ton temps. ... et leur communiqueras tes escritz: car tu ne
dois jamais rien mettre en lumiere qui n’ayt premierement esté veu et
reveu de tes amis, que tu estimeras les plus expers en ce mestier ... .« Ähn-
lich Du Bellay, Deff. II, c. 11.
re I. Casaubonus, In Persii sat. lib. commentar., Paris 1615, Anm. zu
v. 7 im Prologgedicht des Persius.
rf durchziehen = durch die
Hechel ziehen, kritisch be-
trachten
rg ἐγκϱίνεσϑαι,] Aus Dkf
ἐνκϱίνεσϑαι. (Err.liste);
Punkt in Komma geändert
rh einschr. approb.] Vom Hrsg.
in die Zitiertype transponiert
ri Diese Inschrift auf den i. J. 106 errungenen Sieg des 13jährigen
L. Valerius Pudens in dem von Domitian gestifteten, alle vier Jahre auf
dem Capitol stattfindenden Dichterwettkampf entnahm Opitz wahr-
scheinlich Wower 133. Sie findet sich auch in Gruterus’ Inscriptiones 332;
siehe CIL IX 2860.
rj § 14f.: »Proinde non paenitet me consuetudinis meae. ... cogito,
quam sit magnum dare aliquid in manus hominum, nec persuadere mihi
possum non et cum multis et saepe tractandum, quod placere et semper
et omnibus cupias.«
rk Cic. Tusc. V 36, 103.
rl Welcher ... erlanget.] Es kommt Opitz darauf an, den Ruhm des
Dichters über den des Rhetors zu erheben; er folgt dabei Tacitus’ Dial.
12, 5: »... non minorem honorem Homero quam Demostheni apud
posteros ...«
rm das] Aus Dkf des verbessert
rn verlassen = hinterlassen
ro einblasen = zuflüstern
rp Tacitus gilt heute als der Autor des Dialogus de oratoribus. An-
knüpfend an Beatus Rhenanus (1519) hatte Lipsius in seinen Tacitus-
Ausgaben von 1574 und 1585 sich für die Autorschaft Quintilians aus-
gesprochen, und Gruterus hatte ihm beigepflichtet. Daher Opitz’ vor-
sichtige Formulierung.
rq Opitz setzt den Gedanken des in Anm. 11 begonnenen Satzes aus
De orat. fort: »nec angustioribus terminis famam Euripidis aut Sophoclis
quam Lysiae aut Hyperidis includi. plures hodie reperies, qui Ciceronis
gloriam quam qui Vergilii detrectent; nec ullus Asinii aut Messallae liber
tam inlustris est quam Medea Ovidii aut Varii Thyestes. [c. 13] Ac ne
fortunam quidem vatum et illud felix contubernium comparare timuerim
cum inquieta et anxia oratorum vita. licet illos certamina et pericula sua
ad consulatus evexerint, malo securum et quietum Vergilii secessum, in
quo tamen neque apud Divum Augustum gratia caruit neque apud
populum Romanum notitia.«
rr Lysias, attischer Redner, ca. 440–ca. 380 v. Chr.
rs Hyperides, attischer Redner und Politiker des 4. Jh.s v. Chr.
rt C. Asinius Pollio, Redner, Schriftsteller u. Kritiker mit Beziehungen
zu Horaz, Catull u. a.
ru M. Valerius Messalla Corvinus, Redner, versammelte ebenfalls einen
Dichterkreis um sich, dem u. a. Tibull und Ovid angehörten.
rv Von Ovids Tradödie Medea sind nur zwei Zeilen erhalten.
rw L. Varius Rufus, älterer Freund Vergils und Horaz’, war ein viel-
seitiger Dichter. Seine Tragödie Thyestes, 29 v. Chr. aufgeführt, ist bis auf
geringe Reste verloren.
rx Siehe Kap. II, Anm. 2; Plin. Nat. hist. XI 242: »tradunt Zoroastren
in desertis caseo vixisse annis xx ita temperato, ut vetustatem non sen-
tiret.
ry Derentwegen ... können.] Scal. Bl. (recte) a3b: »Quare porro danda
est opera nobis, ut dum illi ad aleam aetatem transmittunt, aut inbiant
auro, aut captant magistratus, aut mensarum asseclae de bellorum summa
disputant inter patinas: nos neque illorum voluptates contempsisse, neque
ambitiones carpsisse, sed studiorum nostrorum nobilitatem, animorum
magnitudinem simul, et simplicitatem perstringi noluisse videamur.«
rz erkündigen = erkunden
sa durchwandern.] Aus durch-
wandern?
sb vberflüssigkeit aller notdurfft
= der über das Lebensnot-
wendige hinausgehende Über-
fluß
sc besitzen] Aus Dkf besetzen
sd auffsetzen = einsetzen, aufs
Spiel setzen
se Staffeln = Stufen
sf vberrechnung = das Zusam-
menrechnen, Berechnung
sg Wahrscheinlich angeregt durch den Passus, worin den Grammati-
kern eine ähnliche Rolle zugewiesen wird; Heinsius, De tragoed. constit.
(1610). p. 249: »Caeterum, ut qui locum in theatro ubi sedeat non habet,
eum stare oportet: ita cum est scena occupata iam omnis, inter eiulantes
eos collocabimus, ut plorent. nam hic semper est quod agant ... .«
sh gemüt = Absicht
si nach der lenge = lang und
breit, ausführlich
sj am Rand: [L1a]
sk Auch dieser Brief ist nur Vorwand, die nach Abdruck der Errataliste
noch leeren Seiten zu füllen. Die im Originaldruck benutzte größere
Schrift wurde auf die Normalschrift der Ausgabe reduziert.
sl In seiner Adriatischen Rosemund (1645) benutzt Zesen u. a. folgende
Verdeutschungen klassischer Götternamen und erklärt sie im Nachwort:
Pallas–Kluginne, Diana–Weidinne, Mars–Heldreich, Vulcanus–Gluth-
fang, Venus–Lustinne, Libinne, Lachmund oder Schauminne. Im 3. Teil
des Hoch-deutschen Helikons (1649) dagegen rät er (unter Bezugnahme
auf obige Stelle) von »Verdeutschungen der eigenen nahmen der götter
und göttinnen« ab.
sm Lit. = littera, Signatur, Bogen
fac. = facies, Seite
sn σοι] Siehe S. 344, Z. 28.
so vnerwehnet] Aus Dkf unver-
wehnet
sp Carolus Stephanus (Charles Estienne, 1504–64) hatte 1553 ein Dictio-
narium historicum ac poeticum
herausgebracht. Sein Bruder Robert hatte
dazu 1545 schon den Grundstock gelegt mit seinem Elucidarius poeticus.
Siehe D. Starnes, Rob. Estienne’s Influence on Lexicography, Austin 1963,
besonders Kap. VI.
sq (der) Port = Hafen
sr vmbgesetzt = übersetzt
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