IN deß Lycogenes Läger gieng es gar anders her. Dann als man deß
Radirobanes vnd der grossen Hülffe Ankunfft für gewiß erfahren
hat/ sind viel auß Forcht erst klug worden. Damals bedachten sie
sich
erst/ wessen sie sich gegen dem Könige vnterfangen. Sie stell-
ten jhnen mit
Schrecken für Augen/ daß die Götter auffwachten/ die
Majestät jhres
Herrns/ an welcher sie sich vergriffen hetten/ zu-
rechen: auch gemeine
Sachen erweckten in jhren Hertzen böse An-
zeigungen. So machte sie die
Frewdigkeit der Könige/ vnd das Ver-
trawen auff jhre Stärcke/ noch
verzagter. Dann sie schämeten sich
länger in der Statt zuligen/ als ob sie
belägert weren. Derowegen
schlugen sie jhr Läger von der seite deß
Bergs fort/ näher gegen dem
Feinde/ damit sie jhn/ wann er sich zu keiner
Schlacht verstehen
wolte/ entweder auß den Schantzen trieben/ oder mit Graben
vmb-
ringten. Das Recht/ vnd die Majestät der Feldherrn vnd Obristen/
haben im Kriege viel zu bedeuten. Die Waffen der Königreiche deß
Melean-[366]ders vnd Radirobanes/ welche vber jhren Gezelten
gläntzende herfür
rageten/ machten jhnen ein grössere Ehrerbie-
tung/ vnd den Soldaten eine
bessere Hoffnung; weil sie fürnämlich
auch sahen/ daß die Feinde wegen deß
geringen Ansehens jhres
Heeres/ die Hertzen allbereit sincken liessen. Vber
diß wuste Lyco-
genes/ daß er nichts mehr wündtschen solte/ als sein
Heil durch eine
Schlacht zuversuchen/ ehe die Furcht in den Gemütern seiner
Leute
tieff einwurtzelte; vnd frewte sich/ daß die Könige eben dieses be-
gehreten. Dann es begunte kaum etwas zutagen/ als jhm durch die
Kundtschaffer angezeiget wardt/ daß die Regimenter allbereit auß
den Königlichen Lägern zum Kampffe geführet würden. Darumb
ließ er/ wie er
dann ein geschwinder Mann war/ vnd damals auch
nicht der letzte seyn wolte/
einen Scharlachin Wapenrock/ zum
Zeichen eine Schlacht zuliefern/ auff die
Spitze seines Gezeltes
hengen. Hernach gieng er im Läger hin vnd wieder/
vermahnete
baldt die Knechte/ baldt die Befehlichshaber/ vnd sprach
jhnen mit
seinem Hertzen/ Gesichte/ Worten vnd Geberden Trost zu/ für was
wolten sie sich fürchten nach so vielen siegen? Für Meleander? der
Als er dieses gesaget hatte/ vnd die Soldaten auß jhren
Schantzen
geruckt waren/ opfferte er dem Mars
Enialius/ wie die Lacedemonier
in dem Brauch hatten (dann
er wolte die Soldaten hierdurch jhrer
Ankunfft erinneren) einen kleinen
Hundt; vnd der Zeichendeuter/
welcher Geschencke genommen/ gab vnter den
Rotten auß/ als
hetten die Ingeweyde auff alles gutes gezeiget. Die
Schlachtordnung
wardt aber also gemacht. Die rechte Spitze führte Menocritus/ deß
Oloodemus Bruder/ der dem König beydes auß Zuneigung gegen
diesem Theile/ vnd wegen seiner eigenen Sache feind war. In die
Lincke/
welche mit Sümpffen verwahret war/ hatte Lycogenes die
junge Knechte/ [368] vnd
verdächtigen Söldner gestellet/ vnter dem
Obristen Nabis/ damit er sie von der Flucht zurück halten/ vnd zu
fechten treiben köndte. Er selber hielt mit seinem außerlesenen
Volcke in
der mitten/ auff einem hohen Rosse/ vnd mit frechem
Gesichte/ welches von
wegen vngewisser Gedancken deß Scepters
oder deß Todes gleichsam brandte. Er
wartete/ biß der Feindt/ wie es
sich ansehen ließ/ erstlich/ zu treffen
herbey rückte. Man sahe aber
einen auß deß Meleanders Hauffen geritten kommen/ hinter dem
etzliche wenige
Soldaten gleichsam als zur Beschützung folgeten.
Dieser nach dem er vber die
helffte deß Feldes kommen/ hielt er weit
a
b
Aber die Soldaten waren vbel daran zubringen. Er
sahe/ daß sie
heimlich mit einander Sprache hielten/ vnd viel den Muth anzu-
greiffen hatten sincken lassen/ weil sonderlich Acegoras zum aller-
ersten sich ergeben/ vnd beym Könige vmb
Gnade Ansuchung
thun dürffen. Ein berühmter Mann/ mächtig von Freunden/ vnd
hohen Geschlechtes/ der nicht so sehr seiner eigener als der Zeit
schuldt wegen/ dem Lycogenes beygepflichtet hatte. Weil er der-
wegen wuste/ daß
der/ so den Weg zeigete/ sehr angenehm seyn
würde/ so riesse er fast mit
viertzig Soldaten/ sampt etlichen seinen
Freunden auß/ vnd als er vber das
Feldt/ welches zwischen beyden
Heeren lag/ kommen war/ legte er bey
der ersten Schildtwache deß
Königes die Waffen nieder. Als er darauff zum
Könige geführet
ward; Herr/ sagte er/ ich fürchte nicht/ daß man mich dieser
meiner
That halben für einen Abtrünnigen Mann schelten werde. Dann ich
entweiche von einem falschen Kriegesdienste vnter einen ordent-
lichen Befehl/ vnd habe diesen Trost wegen meines Fehlers [371]
gegen euch/ daß ich zu den Auffrührern am langsamsten kommen/
vnd am ersten von jhnen gefallen bin. Der König/ als er jhn mit
wenigen
Worten gelobet/ vndt wegen dessen/ daß er den andern mit
gutem Exempel
fürgegangen/ jhn nicht vnbelohnet zulassen ver-
heissen/ ließ er jhn
beym Archombrotus vnterstellen. Demselben
war befohlen/ er solte
zuschawen/ daß vnter dem Scheine der Ver-
söhnung/ nicht etwas ärgers möchte
verborgen sein. Derhalben
führte er sie auff das freye Feldt/ welches zu dem
Königlichen Läger
gehörte/ ließ sie daselbst schweren getrew zu bleiben/ vnd
machte
sie wehrloß. Gleichwol gab man dem Acegoran/ vnd sonsten noch
zweyen/ in Betrachtung jhrer Ankunfft/ die Waffen wieder/ vndt
nam sie
nicht weit vom Könige vnter die Räthe.
Im vbrigen/ so schienen beym Lycogenes Soldaten vnd Befeh-
lichshaber zuwancken. Viel
verlieffen sich durch Vmbschweiffe.
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Mit diesen Worten stieg er herunter/ vnd gab einem jeden Er-
laubnuß wer nur wolte. Solche grosse Freyheit welche jhnen jhr
Feldtherr/ den sie zuvor so hoch geliebet/ zuließ/ machte daß sich
viel
anfiengen zu schemen. Derhalben blieben jhrer viel verstocket
auff
seiner Seiten; sonderlich aber die jenigen/ welche ohn die all-
gemeine
Rebellion/ sich noch anderer Verbrechen schüldig wüsten/
oder derer Armut
sich anstatt der Straffe eines dürfftigen Friedens
besorgete. In dessen
riessen andere von jhren Fahnen auß vndt
giengen entweder durch Vmbwege/ oder
offentlich vnd gerade auff
deß Königes Läger zu. Derer die sich
ergaben waren nicht weniger
als Fünfftzehen tausendt; so daß Meleander offtmals bethewret hat/
er hette den Sieg durch so
vieler Vnterthanen todt/ als sich denselbi-
gen Tag wieder einstelleten/
nicht erkäuffen wollen. Lycogenes
kehrete gantz erschrocken wegen solchen Abfalls in das Läger vmb/
sampt denen/ derer Bestendigkeit auß der anderen Trennung war
offenbar
[374] worden. Die Könige aber waren erfrewet/ daß sie
ohne
alles Blutvergiessen solche gluckseligkeit erlangt/ vnd kund-
ten deren kaum
genugsamb abwarten/ welche zu bezeigung jhrer
Fröligkeit jhnen die Hände/ den
Rock/ auch die Fußstapffen selbst/
ein jedweder seinem Standt vnd
Wesen gemäß/ küsseten.