ALs sie wider in das Läger kamen/ funden sie eine
Anzeigung/
welche den Zeichendeutern sehr wol gefiel. Dann als deß Meleanders
Leute sein Gezelt wegen vnbequemigkeit deß Orts etwas
höher set-
zen wolten/ vnd Gruben machten zu den Plöcken/ daran die Zelt-
leinen gebunden würden/ funden sie etliche Gebeine zwar/ wie man
sahe/ eines Menschen/ aber welche die gewöhnliche Grösse deren
so zur selbigen
Zeit lebten/ weit vbertraffen. Man zweifelte nicht/ es
müste einer auß dem
Geschlechte der Cyclopen gewesen seyn. Die
Zeigendeuter legten es bald auß/ alle
Kräfften Siciliens würden Me-
a
Vnter diesem reden kamen sie in den Ort/ wo die Gräber diese
Beine herauß gewonnen hatten. Radirobanes hielte denselben
Abendt mit dem Meleander Tafel/ vnd hierzu worden auch jhre
fürnemste Leute
erfodert. Indem sie nun von so vieler Vntertha-
nen/ die sich wieder zum Könige
geschlagen/ Busse/ vnd von dem
was sich sonst desnselbigen Tag guetes zugetragen
hatte/ im Ge-
spreche waren/ kömpt ein Soldate mit schreiben an den Meleander.
Er war vom Hauptmann zu Catana geschickt/ mit Zeitung eines
vngewönlichen Glückes. Dann
Anaximander deß Lycogenes
Schwester Sohn hatte deß Königes sehr getrewe Stadt Catana be-
lägert. Als er sie nun biß auffs euserste gedrungen/
hatt sich der
Berg Etna mit einem plötzlichen Wüten entzündet/ vnd ohne die
grossen Klüfften Steine/ vnd Last der Asche/ drey Ströme auß seinen
Flammen
gespeyet/ welche gleichsam als wann sie darzu ange-
dinget worden/ dem Anaximander richtig in sein Läger geflossen
sindt. Solcher Sturm
hat sich bey Nacht begeben/ Menschen/ Vieh/
Geschütze/ [381] Zelte/ Waffen vnd was die Fewerbach im Lauffe
angetroffen/
waren da verblieben/ Sie hat dreyhundert Soldaten
auffgeopffert. Anaximander/ welchen dieses Vbel auch betroffen/
weil er seine
nothwendigste Sachen hierzu verlohren/ ist folgenden
Tag abgezogen/ vnd als er
sich in einer Sänffte zum Lycogenes tra-
gen lassen/ sindt die Catanenser außgefallen/ haben alles was sich
zur Wehr
gesetzt/ nieder gehawen/ vnd jhn selbst gefangen ge-
nommen. An itzo fragten sie
beym Könige/ wessen sie sich mit jhm
zu verhalten hetten. Die vber der Tafel/ wie
ingleichem die so auff-
warteten/ als sie solche Zeitung ein mal oder zwey
gehöret/ worden
sie dermassen lustig/ daß sie jhr Schreyen vnd Frolocken nicht
las-
sen kunten. Die am Thore Wache hielten theten ingleichen/ so daß
diese fröliche Bottschafft das gantze Läger erfüllete. Es bedurffte
jetzundt
keiner Waffen noch Gewalt/ die Götter selber vnd die Ele-
mente stritten für die
Könige. Auff dieses ließ man die Bildtnisse
der Götter allenthalben mit Kräntzen
ziehren/ die Könige wurden
beyde mit Blumen bestrewet/ vnd viel Soldaten
drungen vnter ein-
ander/ nicht allein in deß Königes Zelt/ sondern auch in sein
Zimmer.
Als man die Frewde gestillete/ fragte Radirobanes mit grosser
Embsigkeit: Wie Etna wieder den Anaximander geholffen hette? ob
es auch möglich sey daß ein harter
Berg eine solche vberflüssigkeit
deß Fewers außwerffen könnne? was für Hitze
jnwendig [382] were?
was dieser Boden für eine Art
vnd natur hette? Darauff vnterrichtet
jhn Meleander kürtzlich/ dieser sey der höchste Berg in Sicilien/ der
von seinem Schwefel/ welchen die Natur in jhm würckete/ vnd von
dem Winde/
so sich in jhn dringe entzündet würde/ vnd die Flamme/
die er nicht erhalten
köndte/ durch die auffgerissenen Löcher seiner
Spitzen/ herauff stiesse.
Der Hügel dieses Berges aber/ sagte er/
brennet nicht täglich. Zum offtersten ist
nur ein schwartzer Rauch/
welcher sich weit vnd fernen an dem Himmel außbreitet/
vnd biß-
weilen kommen vnter diesem finsteren Dampffe etliche Funcken
geflogen. Gar selten aber kömpt ein solcher Sturm/ der wegen der
Flammen so herauff stossen/ die benachbarte Gegendt vmbher ver-
wüstet. Dann
das dickeste Fewer/ welches auß dem höchsten Hügel
rinnet/ pfleget gleichsamb als
eine Bach bergab zu schiessen/ vnd
reisset alles darnieder/ was er antriefft. Als
dann erhebet sich ein
grösser krachen vnd donnern/ als wann er vom Himmel käme/
daß
sich die Leute offtmahls besorgen/ daß nicht der Berg Etna/ so gros
als er ist/ zerberste/ vnd Sicilien vberfalle. Vnd
was nicht weniger
in solchem knallen wunderlich ist; es wirfft grosse Steine auß
den
Schrunden des Berges ringes vmb die Felder. Sie sindt noch berau-
chet/
vnd weisen an jhrer Farbe/ daß sie auß dem Fewer kommen.
Vber dies/ so
kömpt von dem Hügel eine solche menge Asche/ daß sie
erstlich etliche Meilweges
weit von sich selber/ hernach [383] vom
Winde herumb
gestrewet wirdt/ die Felder vberdäcket/ alle Früchte
hinbringt/ vnd den Boden
dermassen verderbet/ daß er zum seen
hernach nicht tauglich ist. Also werden
durch die Steine/ Asche/
vnd sonderlich die Fewerflammen nicht alleine
Vieh vnd Bawer-
hüten weggenommen: sondern dieses Vbel verheeret alle Wälder die
es antrifft. Es sindt zuweilen gantze Städte also eingangen. Catana
hatt einen Wall vmbher von sehr grosser Arbeit/ vnd kan sich doch
kaum
darfür erhalten. Es ist eine Stadt zwischen dem Berge vnd der
See/ gar wol
gelegen/ wann diese Gefahr nicht were. Lycogenes
Soldaten hatten sie belegert: aber/ wie jhr höret/ die Götter haben
i
Wie Meleander auffgehöret hatte/ kam man/ durch gegebene Ge-
legenheit/
vnd wegen Fröligkeit deß Bancketes/ von vnterschiede-
nen Sachen zu reden.
Es wardt alles erzehlet/ was in Sicilien denck-
würdiges sey/ vnd Frembde wissen
solten. Von den Historien ge-
rhiete man auff die Fabeln: Was das für Hunde weren/ welche Scyl-
len pflegten an zubellen?
Was Charybdis für einen Schlundt vnd
Rachen habe/ der mit keinem
Schiffbruch köndte erfüllet werden?
Hernach erwehnete man/ wie der
vnglückselige Liebhaber Acis auß
seiner warmen Wunden das allerkalteste Wasser springen
liesse;
Wie Galatee für dem Felsen deß Cyclopens fliehe/ [384] nicht ohn
Entsetzung
deren die es erzehleten. Ein anderer Liebhaber kam von
Elis in das Meer/ ohn
seine Verfälschung/ vnd eylete der geschwin-
den Arethusen nach. Erix fiel
vnter dem Hercules/ der jhme obsie-
gete/ vnd Venus fluchte auff die eyserne Streitthändschuch. Sie ka-
men auch
auff heilige Sachen/ wie man dann bey Gastereyn leicht-
lich an die Götter
gedencket. An welchem theil der Insel Pluto her-
auß kommen/ seine Gemahlin zu entführen? welche Zeichen
noch
vbrig weren von seinem schröcklichen Wagen? welche Felsen fort
geruckt weren für der Gewalt seiner Ankunfft? wo Proserpine ge-
raubet worden? wo jhr der Krantz/ vnd wo jhr der
Gürtel entfal-
len? auff welchem Rasen Cyane sich erstlich verwundert hette/ als
sie gesehen daß sie zu
einem Wasser würde? Daß die Eleusinier an-
derer Oerter denckwürdiger
Sachen sich vergebens anmasseten/ vnd
der Weg da der Hellische Gott seine Braut
hinein geführet/ sey bey
Sicilien/ vnd nicht bey Cephissus. Hernach redeten sie
von dem her-
umbreysen der Ceres/ vnd jhren Ceremonien bey Nacht: da die/
welche jhr geheiliget sind/ Fackeln tragen/ vnd sich in geheim kläg-
lich stellen. Solch Gespräch hatt sich vber der Tafel ein zimlich theil
in die
Nacht erstreckt/ biß man nach Abtrettung der ersten Wache/
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[386: Kupfer Nr. 9]