ES verhinderte den Meleander an seinem Einzuge nach Epeircte
nichts/ als daß man den Gebliebenen jhren letzten Dienst erzeigete.
Dann das
Heer war beydes auß eigener Bewegnüß/ vnd der Zeichen-
deuter Warnung zu diesem
guten Wercke geneiget/ vnd hielte an/
daß den Verstorbenen jhre Ehre
möchte erwiesen werden. Diese hie-
ben Bäwme ab/ die andern trugen sie herzu/
eines theiles machten
die Bette von erhabenem Rasen vnd Erde. Durch solchen
Fleiß
wor-
a
Als die Cörper nach Gebühr geleget waren/ gieng Meleander in
Trawerkleidern auß dem Läger. Das Heer folgte dem
Könige
nach/ mit vmbgekehrten/ vnd gegen der erden geneigeten Waffen.
Auff solche Weise giengen sie etlichemal vmb das Klagefeldt/
schrien eines vmb
das andere wie befohlen wardt/ vnd schwiegen
baldt stille/ welches nicht weniger
jämmerlich vnd schrecklich zu-
sehen war. Endtlich gieng der König zu dem
grössesten Holtz-
hauffen/ vnd hielt eine angezündete Fackel in der Handt/ biß
die
Soldaten jhre Spießgesellen/ die [407] baldt
brennen würden/ ange-
schrien. Als sie jhnen zum drittenmal geruffet/ warff er
mit be-
decktem Haüpte vnd gekehretem Rücken das Fewer vnter. Solches
that
Radirobanes bey einem andern Stosse/ vnd Archombrotus
wider bey einem andern. Die vbrigen worden von jhren Freunden
auch
geschwinde angesteckt. Am schrecklichsten aber war zusehen/
wie die erregeten vnd
wütenden Soldaten/ mit jhren Gefangenen
b
Als der Tumult auffhörete/ vnd das Fewer begundte zu sincken/
stiege Meleander auff einen erhabenen Ort. Daselbst lobte er als ein
König
mit kurtzen Worten die jenigen derer Leichbegängniß nun-
mehr geschehen
were; sagte/ daß sie dennoch [408] Vberwinder vnd
im Tode
glückselig weren/ das Leben mitten in bezeugung der Tu-
gendt dargesetzt/ vnd jhr
Lob durch keine Vnglückseligkeit oder
vnrühmliche That befleckt hetten. Sie
erlangten für jhre kurtze
Schmertzen eine reichliche Belohnung/ weren den Göttern
ange-
nehm/ vnd jhr Lob kundte auff Erden so lange nicht vntergehen/ so
lange man die wolverstorbenen rühmen würde. Hernach wandte er
sich die
Vmbstehenden zu loben/ danckte jhnen für jhren grossen
Fleiß vnd Trewe. Zwar die
Götter/ die Tugend/ das gute Gewissen/
vnd angenehme Gedächtnüß bey den
Nachkommenen/ weren auffge-
wackten ritterlichen Leuten gar genug zu jhrer
Belohnung: doch
wolte er im vbrigen auch nicht vnterlassen/ als ein danckbarer
Kö-
nig jhnen mit allen Gnaden beygethan zuverbleiben. Sie solten
nunmehr
das Leydt ablegen/ jhme in die Statt folgen/ vnd mehr frö-
lichem Gottesdienst
beywohnen. Auff diese Wort/ in dem der Prie-
ster das geweihete Wasser
herumb sprengte/ waren Leute angeord-
net/ die herzu tratten/ vnd jhme nach
abziehung deß Trawerkleids
einen TriumphHabit anlegten. Andere huben einen
SiegsGesang
an/ riessen Kräuter vnd Este von den Bäumen die einer guten Be-
deutung sind/ kröneten jhre Häupter/ vnd nam ein jeder etwas in
die
Hände.
Wie nun alles so zubereitet ward/ eilete der König nach Epeircte
wider vmbzukehren. Er mochte aber mit einem Triumph nicht
ein-
c
d
In dessen hatte das Volck die Thüren geschmücket/ vnd mit
Fackeln vnd Lorbeerzweigen bestecket. [411] Welche von jhnen
in
den Höffen Bildnüsse jhrer Vorfahren hatten/ machten alles auff
dieselben
anzuschawen/ vnd rufften zugleich den Bildern der Tod-
ten/ sich mit jhnen lustig
zumachen. Die Bürger waren auch in
Ordnung gestellt/ vnd kamen dem Meleander entgegen. Vornen an
giengen die Knaben Weiß
bekleidet/ welche vber jhrem einfältigen
Lobgesang mehr schrien als jhnen
befohlen ward. Dann folgten alle
Musicanten in der Statt/ vnd lobten den König
mit Stimmen/ Lau-
ten/ Geigen/ vnd andern Instrumenten. Auff diese waren die
Künst-
ler vnd Gewercken/ vnd bald hernach die Obrigkeit/ ein jeglicher
mit dem EhrenZeichen seines Ampts. Als diese den König mit
jhrem
glückwündschen lang auffgehalten/ liessen sie hernach die
Priester hinzu/ welche
zu dieser Ehr auffs letzte behalten worden.
Etliche von jhnen trugen alter Götter
vnformliche Bilder/ etliche
Kräntze/ vnd alle Fewer/ vnd redten gantz sicher/ mit
ohne Lachen
verständiger Leute/ von den guten Anzeigungen der Götter. Es
het-
ten die Vögel/ der Blitz/ vnd andere Wunderzeichen deß Lycogenes
Todt vorher gesaget. Vnter wehrendem solchem Auffzuge kam der
König an das
StattThor/ auff dessen Eingang das Bildnuß deß
Friedens in der Höhe stundt/
welchem Mars einen Oelzweig in die
Handt reichte. Von dem Thor auß
zohe der König in den grossen
Tempel Jupiters. Meno-[412]critus ward in Verhafftung
geleget/
vnd mit jhme Anaximander/ welchen die Catanenser kurtz zuvor
gefangen
eingebracht: aber jener ist von wegen empfangener
Wunden jnnerhalb vier Tagen/
der ander nicht lengst hernach auß
Trawrigkeit gestorben. Es worden auch
deß Lycogenes Bildtniß ab-
gebrochen/ vnd Befehl gethan/ daß sie
niemand zu Hause halten/
oder in seines Geschlechtes Ehren vnd Leichbegengnissen
zeigen
vnd führen solte. Nach vollbrachtem Heiligthumb/ begab sich Mele-
ander ins Schloß. Er war müde von gestriger Schlacht/ wie auch
von
den Sorgen/ vnd der Fröligkeit selbsten. Derhalben gieng er in
sein Zimmer/ ließ
sich nur vnter seinen gewöhnlichen Auffwärtern
e
f
Argenis aber/ welche durch vielfaltiges Vbel verwirret war/ hatte
Selenissen bey sich/ sie zutrösten; da sie dann sich beyde vber den
Poliarchus vnd Radirobanes beklagten. Warumb bliebe jener so
[414] lange aussen/ vnd dieser so lange zugegen? Meine
Mutter/
sagte Argenis/ wie schwer kömpt mich dieser Sieg an? Was hilfft es/
ob Lycogenes gewonnen hat/ oder Radirobanes? außgenommen
g
h
i
[416] Selenisse lobete den Anschlag/ entweder daß jhr der
Betrug
gefiel/ oder daß sie Müdigkeit halben nach solcher Quälung/ jr vnd
der Argenis die vbrigen Stunden der Nacht Rhue suchte; welche als
sie
fürüber war/ ruffte sie dem obristen Kämmerer/ vnd nach kurt-
zer Erwehnung deß
vmbgebrachten Lycogenes/ befahl sie vnge-
schewet den Archombrotus zufragen/ ob er diese Nacht der Wun-
den halben (dann
er war an vielen Orten/ aber nicht harte beschädi-
get) auch hette ruhen können.
Dann sie nam sich mit vleisse solcher
Freundtligkeit an/ weil sie jhm so schwere
Sachen aufflegen wolte.
Archombrotus/ gleichsam als ob er im Himmel were/ vnd nun mehr
nicht zweiffelte daß er geliebet würde/ sagte dem Kämmerer/ daß
wann
Meleander vnd Argenis wol auff weren/ jhm auch nicht
köndte vbel
seyn/ weil seine Gesundtheit in der jhrigen begriffen
were. O wie hassen die
Menschlichen Gemüter offtmals jhre Glück-
seligkeit/ vnd lieben jhr Elendt! Der
junge Mensche/ welcher der
Argenis Anschlag nicht wuste/ kränckte sich mit
vergebenen Ge-
dancken/ vnd wartete an der Princessin Thür/ sie bey jhrem herauß
gehen zubegrüssen. Sein Anwesen war auch nicht vnangenem; wie
sie dann den
gantzen Weg vber/ weil sie zum Meleander gieng/ mit
jhm redete/ deß Poliarchus aber noch nicht erwehnete; dann die
Sache war
noch nicht reiff vnd erfoderte auch eine geheime Vnter-
redung. Aber schawet
wiederumb einen newen Irrthumb. Radiro-
banes/ welcher der Lie-[417]be halben nicht mehr bey Sinnen war/
hatte Kundtschaffer mit Gelde
erkaufft/ welche jhm allen Verlauff
mit der Argenis vnd dem Meleander zutrugen. Derhalben wardt jhm
als er noch im Bette
lag/ gesaget/ daß Argenis sehr früh zum Ar-
chombrotus geschickt hette. Darauff
er dann baldt da gewesen/ vnd
mit der Princessin in vertrewliches Gespräche
kommen were. Als
baldt erbrandte er in Argwohn/ vnd wie in einer strittigen
Glückse-
ligkeit/ bereitete er sein Gemüte nicht anders zum lieben/ als vor-
mals zum streiten. Er gieng gantz ergrimmet mit dem Virtiganes
auff eine Seite/ sich zuberahten/ mit was für Kunst vnd Beschö-
nung
Archombrotus köndte fortgebracht werden. Es schickte sich
ja nichts
vbeler/ als daß sich ein König für einem Vnbekandten vnd
vatperson besorgen solte/ daß
dieselbte eben dieses was er
be-