VBer solchem Reden worden sie durch der Argenis Diener einen
verhindert/ welcher Selenissen in der Princessin Nahmen anzeigete/
daß sie
wiederkommen/ vnd/ wann es jhr geliebte/ den Radirobanes
mit sich bringen solte. Gehet/ gab sie zur Antwort/ vnd sagt/ daß
wir
bald wöllen bey jhr seyn. Als der Trabant weg war/ Gnädigster
König/ sagte
sie/ Argenis wartet ewer. Ich weiß nicht was sie an
jhrem Anschlage
zu vns zukommen/ mag verhindert haben. In dem
wir aber zu jhr gehen/ so
lasset euch das vbrige erzehlen. Derhalben
erklärete sie kürtzlich/ es
were vnter wehrender solcher deß Poliar-
chus Glückseligkeit Krieg
[561] in Sicilien entstanden/ in dem Ly-
cogenes/ nach
erlangtem mächtigen Anhange/ starck wider den
König angezogen were;
da dann Poliarchus sich mit Raht vnd That so
wol erwiesen/ daß jhn
die Feinde nicht weniger als den König sel-
ber gehasset hetten; an
welchen er sich auch im ersten Kampffe
dermassen gerochen/ daß der Sieg
durch jhn auff deß Königs seitte
gebracht worden. Sie erwehnte auch seines
Vnglücks/ wie er deß
Lycogenes Abgesandten/ die zu Vnterhandlung deß Friedens abge-
schickt worden/ vmbgebracht hette. Vnd damals zwar were er auß
Sicilien gezwungen entwiechen/ würde aber von der Argenis täg-
lich
erwartet. Dieser ists/ sprach sie/ Gnädigster König/ damit jhr
a
Radirobanes erschrack vber der Frawen Boßheit: lobte doch jhren
Fürschlag/ vnd kam also in der Argenis Spatziergang/ in welchem
sie nach Fortlassung deß Poliarchus/ mit ernstem Gesichte/ auff vnd
ab gieng; weil
sie der newe Schmertzen sonderlich reitzete. Nichts
destoweniger kam sie
dem Radirobanes entgegen/ hieß jhn ruhen/
vnd setzte sich
selbst auch auff einen Sessel. Er aber voll von Hoff-
nung welche
jhm die Alte gemacht hatte/ gab der Princessin sein
Begehren vnd Liebe
zuverstehen/ vnd satzte alles dasjenige hinzu/
was beydes der wahren oder
falschen Liebe Reitzungen gleich eines
zuseyn pfleget. Argenis/ so weniger
beweglich war als er zwar ver-
hoffet/ gab jhm nichts nach seinem Willen
zur Antwort. Vnd solches
kam jhm desto schmertzlicher für/ daß er
jhm gewisse Rechnung
gemacht/ der Princessin Gemüt were allbereit
vberwunden. Sele-
nisse verbleichte gleichsfals/ als sie der König nach
mißschlagender
Verheissung ansahe; vnd besorgte sich/ daß jhn seine
betrogene
b
c
d
[563] Als er auß dem Spatzierplatz kommen/ vnterstundt sich die
Alte sich vber die Argenis zubeklagen. Dann auß was für Vrsach
hette sie jhren Willen wiederumb verändert? oder die Hoffnung/
welche
sie jhr vorigen Tages gegeben/ zu nicht gemacht? Zum
wenigsten warumb
bedächte sie nicht die Wolfahrt jhres Landes/
welche darauff beruhete daß
Radirobanes nicht erzürnet würde? Die
Princessin aber/ so
jhren Vnwillen kaum kundte an sich halten;
Höret auff/ sagte sie/
was böses vns zuverkündigen. Die Götter
werden jhnen Sicilien lassen
befohlen seyn; durch derer Macht die
Meineydigen newlicher Zeit/ wie jhr
gesehen habt/ gestürtzet wor-
den sindt. Die Alte erzitterte vber diesen
zweiffelhafftigen Worten/
vnwissendt ob sie nicht auff sie gehen möchten.
Dieses waren die
ersten Furien/ welche jhr Hertze jhrem Verdienste
nach besassen.
Aber sie wuste/ daß jhre Verbrechen nur allein mit andern
newen
kundten geschützet werden. Derwegen gedachte sie in solcher Vn-
gewißheit jhrer Sachen ängstiglich/ auff was für Art sie den Radiro-
banes zur Gewalt anreitzen/ vnd jhm die Argenis lieffern möchte.
Damit sie auch bey jhr vnterdessen nicht in Argwohn geriehte/ nam
sie allgemach solchen Schein an/ als ob sie dem Radirobanes weiter
nicht beyfiehle; vnd beklagte zuweilen
mit Fürgebung eines Schmer-
tzens die Abwesenheit deß Poliarchus. Argenis aber/ nicht zwei-
ffelnd daß es nur
eine [564] Falschheit were/ geriethe in grössern
Haß gegen sie/ nachdem jhr Gesicht so wenig mit dem Hertzen
vberein stimmete.
Bey wehrendem Zustandt ließ Radirobanes seine böse Meinung/
welche er noch zur zeit
etwas angehalten/ destofreyer blicken/ je
mehr vnd länger sie von der
beschönung zu Kräfften kommen wa-
ren: in Meinung/ Meleander kündte jhm die Hülffe/ damit er jhn
entsetztet/
nach Verdienst nicht vergelten/ vnd hielte sich nicht an-
ders/ als ob er
durch beystandt seiner Waffen Sicilien sampt der Ar-
genis thewer genug
erkaufft hette. Darumb vberlieff er auch den
König wegen verheyratung
seiner Tochter sehr vngestümm/ vnd
fieng an allen Siciliern verdrießlich zuwerden. Sonderlich war sein
vbermässiger Ehrgeitz den obristen Häuptern vnerträglich. Mele-
ander
aber kam auff vnterschiedliche Gedancken/ auß Forcht/ daß
solche Liebe
nicht auff eine Vneinigkeit hinauß lauffen/ vnd er bey
seinem ermüdeten
Alter vnversehens zu newem Krieg gerahten