Meleander war noch nicht genugsamb versichert/ in
besorgung
Radirobanes möchte anderwerts mit seiner Schiffsmacht an
einem
vnverwahrten Vfer abstossen. Aber kaum nach zweyen Tagen
brachten die abgefertigten Außspeher Bericht ein/ daß sie in alle
wege nach Sardinien [640] schifften.
Alsdann/ weil er vermeinete/
daß die Gefahr nicht fürüber/
sondern nur auffgeschoben were/ ge-
dachte er in seinem Hertzen
auff Mittel/ wie er Sicilien schützen/
vnd sich an dem Feinde/ der
sonder zweiffel zurück käme/ rechen
möchte. Es war schon lange
Zeit/ daß Eurymedes/ als ein ritter-
licher Mann vnd der Lust
zum Kriegeswesen trug/ dem Könige ge-
saget hatte/ man könne
ein Land in sicherem Zustande besser nicht
halten/ als wann man
allezeit ein Heereskrafft in Bereitschafft vnd
zu Felde hette. Vnd
damals wolte gleichsam das Glück den Nutzen
seines Rhatschlages
zuerkennen geben; dann als Meleander zwi-
schen jhm vnd dem Dunalbius in der Mitten gieng/ vnd sich mit
jhnen wegen Eintheilung der Besatzungen an die Vfer gegen die
Sardinier vnterredete/ fieng er also an zusagen; Wann jhr dem-
jenigen/ was ich euch zu Anfange der Empörungen deß Lycogenis
gerahten habe/ weret nachgegangen/ so dürffte euch entweder
Radirobanes jetzund nicht antasten/ oder jhr würdet jhm
alsbald
begegnen können. Wann jhr es auch an jetzo
vnterwegen lasset/ so
wird nach seiner Abtreibung das Glück andere
finden/ welche euch
weder den Argwohn noch die Waffen lange werden
lassen beyseite
Was werdet jhr euch aber durch solche stethe
Kriegsbestallung/ so
auff ewer Wincken fortzuziehen bereitet ist/
bey außländischen
Nationen für Forcht nit machen? Sie werden sehen/
daß jhr Friede
Werden auch ferner die/ so newlich geschworen haben/ mit
sol-
cher Trew vnd Eyfer streiten/ als diejenigen/ welche
mit eingewurt-
zelter Zuneigung nicht mehr als Soldaten/ sondern
als tägliche
Auffwärter/ den Fürsten/ der jhnen Kleidung vnd
gleichsam den
Athem selbst zugeben gewohnet ist/ zu dem sie sich
auch nicht
allein in diesem Kriege/ sondern auch in jhrem gantzen
Leben ge-
sellet haben/ mit darsetzung jhres Blutes
schützen? Mit Beyheff-
tung dessen/ daß der Krieg/ wie alle Cörper/
in Lebhafftigkeit
gleichsam seiner Glieder vnd Empter bestehe/ vnd
man allein
durch die Erfahrung empfinden könne/ ob einer zu diesem
Wesen
geartet sey. Etlichen mangelt es an Gesundtheit/ etlichen am
Hert-
zen; welche Gebrechen die Gestalt deß Leibes vnd das
Antlitz der-
massen verdecket/ daß man durch nichts als die
Erfahrung dar-
hinter kommen kan. Derhalben eröffen sich diese
Mängel in Zeiten
vnd ohngefehr bey steter Vbung der Waffen/ vnd
wehrendem fried-
lichem Kriege/ daß man also ein Heer/ entweder mit
steter Vnter-
richtung solcher Personen/ oder mit endtlicher
Außmusterung/
vollkommen kan machen. In plötzlicher Werbung aber/
wann man
die Companien voll [644] haben/
vnd vnerfahrne Leute wie man sie
krieget/ bewehren sol/ weiß man
offtermals nicht/ ob man einen
Mann oder ein geschnitztes Bild
außrüstet; so daß ich der Meinung
bin/ es sey zwischen einem
newgeworbenen vnd einem außgevbten
a
b
c
Man möchte aber einwenden/ daß auff die Vnkosten müsse ge-
sehen werden; weil es gleichwol ein grosses sey/ wann so
viel Be-
fehlichshaber vnd Soldaten/ von anderer Leute sawrem
Schweisse
sollen erhalten werden. Gewiß es 〈were〉
eine schöne Fürsorge/ daß
wir vns befürchten/ wann ein Feind vns
plünderte/ er möchte
nicht genug volle vnd reiche Häuser finden.
Wir wöllen ein wenig
zurück gedencken auff die Verheerungen/
Raubereyen vnd Ver-
derbung/ so bey einheimischer Vneinigkeit
fürgelauffen sind. Wie
vieler Jahre Sold/ mit welchem man zu
Verbietung solchen Vbels
ein genugsam starckes Heer begnügen
können/ hatt die Wahn-
sinnigkeit etzlicher wenigen Monate
auffgefressen? Nebenst dem
was man an Personen für Mutwillen
verübet/ wie man die Häuser
in Brand gesteckt/ vnd mehr dergleichen
begangen hat/ wie in sol-
chen Fällen/ wiewol vngestrafft/ niemals
aussen bleibet. Solches vn-
recht kan das Volck mit einem geringen
von sich weg kauffen/
wann es sich mit [645] steter Kriegesmacht schützet.
Dunalbius war im Policeywesen sehr erfahren/ auch von
Natur
vnd Vnterrichtung aller Regiementssachen kündig/ wie derent-
wegen Eurymedes also redete/ verwandelte er offtmals das Ge-
sichte vnd Augen/ vnd gab durch Zeichen zuverstehen/ daß er bald
seiner Meinung were/ hergegen es auch bald mit jhm nicht hielte.
Als nun Eurymedes kaum auffgehöret hatte/ fieng Dunalbius auff
des Königes Begehren also an: Wann
Eurymedes der anderen
Trew nicht nach der seinigen
schätzte/ so würde er den Soldaten
niemals so viel zugeschrieben
haben/ daß er der Fürsten vnd deß
Vatterlandes Wolfahrt nicht
allein in jhrem Dienste/ sondern auch
nur in der Ruhe vnd
gleichsam dem Schatten eines Heeres zube-
stehen gemeinet hette.
Von mir zusagen/ wiewol meine Gelegenheit
vnd geistlicher Stand
mich zu Kriegesämptern nicht gelangen läs-
set/ so wil ich doch
kein Bedencken tragen meine Meinung zuer-
öffnen/ weil allhier
nicht die Frage ist was die Waffen dem Men-
schen schaden/
sondern was sie dem Frieden für Beschützung
d
e
f
vielSchwachheiten/ wie viel Tode haben wir gesehen derer
Menschen/
so durch solche Artzneyen die vnauffgerührten
Feuchtigkeitten/
welche fast vergessen hatten zu schaden
erwecket haben? Eben
also kommen mir auch diese für/ die bey
friedlichem Zustande we-
gen künfftigen Vngewitters solche
schädliche Mittel suchen/ so
mit zweiffelhafftigem Außgange die
Gesundtheit deß gemeinen
Wesens gleich schier verderben als
erhalten kan. Vnter die Vnge-
wissen Mittel der Gefahr aber
rechne ich fürnemlich die stete Vn-
terhaltung der Soldaten. Dann
im Fall die Knechte sich schon
nicht im Harnisch halten/ im Fall
sie auß Hoffart oder Thorheit
den Gehorsam außschlagen werden/ so
werden sie die Anschläge
deß Friedens wegen/ vnd den Fürsatz jhrer
Obristen/ welche sie zu
abwendung deß Auffstandes geworben
haben/ weit hindan setzen.
Ihr wisset wie die Companien vnnd Regimenter vnter jhren
Ob-
risten vnd Befehlichshabern so eine starcke Gemeinschafft
machen:
jedennoch können sie jhre Kräfften entweder kümmerlich
erken-
nen/ oder jhnen eine stoltze Einbildung/ welche auß solcher
Be-
trachtung herkömpt/ fassen/ im Fall sie einen munteren
Feindt
für sich sehen/ vnd jemandt ist den sie fodern oder fürchten
müssen.
Wann sie aber jhnen mit jhrer Faust frieden geschafft
haben/ vnnd
sie niemandt mit einer newen Gefahr jhres Sieges
[647] erinnert/
alsdann/ gleichsam ob sie dem Könige
oder Lande jhren Beystandt
auffrückten/ erwegen sie bey sich
selbst/ was man durch jhr
Kämpffen erlanget habe: Sie weren die
einigen Beschützer deß
Volckes; an jhnen sey der Zustandt aller
Sachen/ ja die Wolfart
deß Vatterlandes vnd Fürstens selber
gelegen. Solche Einbildungen
fallen jhren Sinnen nit bald vnd vber
einen Hauffen/ sondern all-
gemach mit der Zeit/
Zusammenstimmung vnnd Gewohnheit ein.
g
h
Ihr möchtet einwenden/ man hette diese Vngelegenheiten/
von
denen ich zuvor ansage/ nur alsdann zu förchten/ wann das
gantze
Heer beysammen lege. Ihr wöllet aber solchem Vbel fürbiegen/
vnd
diese grosse Verfassung zertheilen/ damit der Soldat sich nicht
mit
Verwunderung beysammen sehen/ vnd einer den andern durch sein
Rasen anstecken könne. Wo wöllet jhr sie dann so zertrennet hin
schicken? [651] In Festungen vnd
Stätte? Schawet wie bequem es
an beyden Orten seyn würde. Zwar wie
es von nöthen ist/ daß man
Schlösser mit genugsamer Besatzung
verwahre/ also können sie
wegen jhrer Enge eine grosse Anzahl
Soldaten nit behalten/ vnd
hören auch auff sicher zuseyn/ nachdem
sie von so vielen Augen
im hin vnd wider reysen sindt
beschawet worden. Dann vermeinet
jhr die Knechte daselbst als im
Gefängnüsse zu halten? Werden jhre
Freunde sie nicht besuchen?
Zugeschweigen jhre Weiber/ jhre Ver-
wandten/ jhre Droß vnd Jungen.
Es kan seyn daß jhr sie lieber in die
Stätte als zu einem
jmmerwehrenden Winterläger schicken wöllet.
Als ob euch
nicht bewußt were/ wie vbel sich die Soldaten mit dem
andern Volck
vertragen. Welches den vnbewehrten Bürgern/ vnd
die sich vmb jhre
Arbeit bekümmern/ zu Kriegszeiten am beschwer-
lichsten ist/ wöllet
jhr jhnen im Frieden mit stethem Verdruß auff-
legen; daß sie
nämlich in jhrem Hause frembde vnd gewaffnete Leu-
te hegen
müssen/ daß Tempel vnd offentliche Plätze von Sitten der
Soldaten
voll seyn/ vnd die angenehmste Ruh der PrivatHäuser in
dergleichen
vngestümmes Leben verkehrt sol werden? Es wirdt
niemandt seyn der
sich nicht vber die Last beklagen/ vnd mit euch
vbel wirdt
zufrieden seyn: wann sie auch sich auffzulehnen werden
einen
Fürsatz nemmen/ was wirdt jhnen schwerer zu ertragen für-
kommen/
weil sie allbereit so harte Dinge/ die Stewren vnd Be-
satzung
[652] erdulden müssen? Wann auch gleich das Volck also
zertrennet vnd eingetheilet wirdt/ so kan doch der Nutz davon
Eurymedes sagte nicht erfolgen. Dann man wirdt doch in
den Stät-
ten die KriegsDisciplin nicht halten/ noch die
vnerfahrnen Knechte
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Als Eurymedes auff diese deß Dunalbius Einwürffe geantwortet/
vnd er sich
hergegen vertretten hatte/ als ob sie in einem Kampffe
gegeneinander gestanden/ versöhnete sie Meleander also/ daß er das-
selbige billichte/ was
einer in deß andern Meinung lobete/ nämlich
daß eine grosse Werbung
schädlich were. Doch muste man ohn die
Besatzungen in
notwendigen örtern sich vmb eine Anzahl von
Schiffen bekümmern/ vnd
das Vfer Siciliens mit zwantzig Galleren
belegen; deren sie
etzliche auff der See/ die andern an den fürnemb-
sten Porten
auffhielten/ biß zu nötiger Verordnung. So würde man
auch
[653] die Guardie theils mit außerlesener Jugendt/ theils
mit
andern so lange gedienet hetten/ stärcken sollen. Vnd
darzu köndte
man jhrer Acht tausent werben. Der halbe Theil solte
den König all-
zeit begleiten/ so daß die Soldaten Sechs Monat zu
Hause/ vnd das
vbrige vom Jahr im Läger verblieben. Dann also
würden sie weder
bey solcher Trennung genugsame Kräfften zur
Empörung haben/
noch wegen zu langer vnd vberflüssiger
Säumung zu Hause deß
Kriegswesens vergessen. Die/ so bey dem König
verblieben/ solten
nicht vnordentlicher weise beysammen liegen;
sondern je Tausendt
zusammen entweder in ein Läger/ oder in die
Theile der Statt dar-
innen der König seyn würde/ einquartirt
werden. Dann es würde
denen Bürgern/ welche deß Nutzens von
seinem königlichen Hofe
vnd Begleitung geniessen köndten/ nicht
beschwerlich seyn/ wann
sie schon die Leibwache als zu jhren
Mitwohnern einnemmen
müßten. Man solte sie reichlich vnd
vnverzüglich außzahlen; auch
destoschärffer im Zwang halten: jhren
Muthwillen/ Diebstal vnd
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