Meleander war noch nicht genugsamb versichert/ in besorgung
Radirobanes möchte anderwerts mit seiner Schiffsmacht an einem
vnverwahrten Vfer abstossen. Aber kaum nach zweyen Tagen
brachten die abgefertigten Außspeher Bericht ein/ daß sie in alle
wege nach Sardinien
[640] schifften. Alsdann/ weil er vermeinete/
daß die Gefahr nicht fürüber/ sondern nur auffgeschoben were/ ge-
dachte er in seinem Hertzen auff Mittel/ wie er Sicilien schützen/
vnd sich an dem Feinde/ der sonder zweiffel zurück käme/ rechen
möchte. Es war schon lange Zeit/ daß Eurymedes/ als ein ritter-
licher Mann vnd der Lust zum Kriegeswesen trug/ dem Könige ge-
saget hatte/ man könne ein Land in sicherem Zustande besser nicht
halten/ als wann man allezeit ein Heereskrafft in Bereitschafft vnd
zu Felde hette. Vnd damals wolte gleichsam das Glück den Nutzen
seines Rhatschlages zuerkennen geben; dann als Meleander zwi-
schen jhm vnd dem Dunalbius in der Mitten gieng/ vnd sich mit
jhnen wegen Eintheilung der Besatzungen an die Vfer gegen die
Sardinier vnterredete/ fieng er also an zusagen; Wann jhr dem-
jenigen/ was ich euch zu Anfange der Empörungen deß Lycogenis
gerahten habe/ weret nachgegangen/ so dürffte euch entweder
Radirobanes jetzund nicht antasten/ oder jhr würdet jhm alsbald
begegnen können. Wann jhr es auch an jetzo vnterwegen lasset/ so
wird nach seiner Abtreibung das Glück andere finden/ welche euch
weder den Argwohn noch die Waffen lange werden lassen beyseite

[Seite 387]


legen. Haltet derwegen Volck im Felde/ welches eweren Feinden
ein Schrecken einjage/ vnd zu Friedens vnd Kriegeszeiten vnter-
halten werde. Diese Furchte wird die Vnterthanen in Gehorsam er-
halten/ vnd alte Freundtschafften vnd Bünd-
[641]nisse der Auß-
länder bestättigen/ wie in gleichem newe finden. Dann einheimi-
scher Auffstandt schleichet entweder auß Ehrgeitze vnd zusam-
menrottung der fürnembsten Häupter ein/ oder/ welches so offte
nicht fürläufft/ entspinnet sich auß dem einhelligen Vernemen deß to-
benden Volckes. Es ist aber für beyde diese Kranckheiten deß gemei-
nen Nutzens nichts gesünders noch kräfftigers/ als solche Waffen.
Dann die Bündtnisse der Vermögenden sindt zu Anfange vnd
gleichsam in jhrer Wiegen schwach vnd furchtsam; so daß sol-
ches Vbel/ im Fall man Volck in Bereitschafft hat/ mit ruhm vnd
Ehren gedämpfft/ vnd diese Brunnen durch plötzliche Macht/ als
mit einem hitzigen Donner erschöpfft können werden; die hergegen/
wann mann jhnen nicht stewret/ kurtz hernach mit vollem Bache
außreissen. Im Fall aber die schnelle Wahnsinnigkeit deß rebelli-
renden Volckes (dessen sich verständige Leute darumb allzeit besor-
gen sollen/ weil es zu der Vorfahren Zeiten etlich mal sich also be-
geben hat) eine grosse Menge Soldaten wieder den König auffstellen
wirdt/ so ist wieder solchen Brandt keine andere Hülffe/ als daß man
jhnen beständige Regimenter/ die im Kriegswesen durchtrieben
sindt/ entgegen stelle. Dann daß gemeine Volck/ welches bloß im er-
sten Anlauffe behertzt ist/ es sey so starck an der Anzahl wie es
wölle/ so wirdt es doch gegen die nicht stehen/ welche jhrem wüten
begegnen/ Ordnung halten/ Obristen gehorchen/ Ort vnd Gele-
[642]
genheit zum Läger vnd Kampffe erwehlen können. So daß bey aller
Gelegenheit/ zu beschützung deß Lands/ vnd entweder fürbiegung
oder vnterdruckung deß Auffruhrs der Soldat/ den man nicht erst
werben vnd vnterweisen darff/ sondern der mit empfangung der
Besoldung seines Feindes erwartet/ höchlich nütze vnd ersprößlich.
Solche Regimenter werden euch ewerer Person versichern wohin
jhr auch verreiset/ vnd/ wofern auß Empörung deß Volcks/ oder
Abfall der Obristen deß Lands/ je eine Statt oder Festung von euch
solte abtretten/ solche newe vnd noch vnkräfftige Verrätherey als-
baldt vnterdrucken.

Was werdet jhr euch aber durch solche stethe Kriegsbestallung/ so
auff ewer Wincken fortzuziehen bereitet ist/ bey außländischen
Nationen für Forcht nit machen? Sie werden sehen/ daß jhr Friede

[Seite 388]


an euch gelegen sey; daß euch vngerochen niemand beleydigen/
oder verachten könne; daß jhr gleichsamb als ein Schiedsherr vber
die andere Könige/ welche zu jhrer Verwahrung dergleichen Waffen
nicht halten/ sitzet. Man weiß daß vnsere Nation das Lob habe/ als
ob sie von Natur zum Krieg geneigt vnd dienstlich sey. Wie viel
mehr/ wann die Vnterweisung zu der Natur kommen wirdt/ vnd
die Feinde sehen werden/ daß jhr nicht vnerfahrne/ sondern auß-
geübte Knechte vnter euch habt? Es dienet auch dieses nicht
allein zu Ehren. Die jenigen/ so euch vielleicht reitzen mögen/ wer-
den im Außgang erfahren/
[643] daß es weit ein anders sey/ ein new-
geworbenen Soldaten in die Schlacht zustellen/ als versuchte Leute/
vnd die jhre Jahre mehr auß der Vnterhaltung als auß dem Calen-
der her rechnen können.

Werden auch ferner die/ so newlich geschworen haben/ mit sol-
cher Trew vnd Eyfer streiten/ als diejenigen/ welche mit eingewurt-
zelter Zuneigung nicht mehr als Soldaten/ sondern als tägliche
Auffwärter/ den Fürsten/ der jhnen Kleidung vnd gleichsam den
Athem selbst zugeben gewohnet ist/ zu dem sie sich auch nicht
allein in diesem Kriege/ sondern auch in jhrem gantzen Leben ge-
sellet haben/ mit darsetzung jhres Blutes schützen? Mit Beyheff-
tung dessen/ daß der Krieg/ wie alle Cörper/ in Lebhafftigkeit
gleichsam seiner Glieder vnd Empter bestehe/ vnd man allein
durch die Erfahrung empfinden könne/ ob einer zu diesem Wesen
geartet sey. Etlichen mangelt es an Gesundtheit/ etlichen am Hert-
zen; welche Gebrechen die Gestalt deß Leibes vnd das Antlitz der-
massen verdecket/ daß man durch nichts als die Erfahrung dar-
hinter kommen kan. Derhalben eröffen sich diese Mängel in Zeiten
vnd ohngefehr bey steter Vbung der Waffen/ vnd wehrendem fried-
lichem Kriege/ daß man also ein Heer/ entweder mit steter Vnter-
richtung solcher Personen/ oder mit endtlicher Außmusterung/
vollkommen kan machen. In plötzlicher Werbung aber/ wann man
die Companien voll
[644] haben/ vnd vnerfahrne Leute wie man sie
krieget/ bewehren sol/ weiß man offtermals nicht/ ob man einen
Mann oder ein geschnitztes Bild außrüstet; so daß ich der Meinung
bin/ es sey zwischen einem newgeworbenen vnd einem außgevbten
a b c

[Seite 389]


Volck ein solcher Vnterscheidt/ als zwischen einem Schiffe das von
erlesenen Bäumen gebawet ist/ vnd dem andern zu dem man vnzei-
tig gefälltes vnd bresthaftiges Holtz genommen hat.

Man möchte aber einwenden/ daß auff die Vnkosten müsse ge-
sehen werden; weil es gleichwol ein grosses sey/ wann so viel Be-
fehlichshaber vnd Soldaten/ von anderer Leute sawrem Schweisse
sollen erhalten werden. Gewiß es 〈were〉 eine schöne Fürsorge/ daß
wir vns befürchten/ wann ein Feind vns plünderte/ er möchte
nicht genug volle vnd reiche Häuser finden. Wir wöllen ein wenig
zurück gedencken auff die Verheerungen/ Raubereyen vnd Ver-
derbung/ so bey einheimischer Vneinigkeit fürgelauffen sind. Wie
vieler Jahre Sold/ mit welchem man zu Verbietung solchen Vbels
ein genugsam starckes Heer begnügen können/ hatt die Wahn-
sinnigkeit etzlicher wenigen Monate auffgefressen? Nebenst dem
was man an Personen für Mutwillen verübet/ wie man die Häuser
in Brand gesteckt/ vnd mehr dergleichen begangen hat/ wie in sol-
chen Fällen/ wiewol vngestrafft/ niemals aussen bleibet. Solches vn-
recht kan das Volck mit einem geringen von sich weg kauffen/
wann es sich mit
[645] steter Kriegesmacht schützet.


Dunalbius war im Policeywesen sehr erfahren/ auch von Natur
vnd Vnterrichtung aller Regiementssachen kündig/ wie derent-
wegen Eurymedes also redete/ verwandelte er offtmals das Ge-
sichte vnd Augen/ vnd gab durch Zeichen zuverstehen/ daß er bald
seiner Meinung were/ hergegen es auch bald mit jhm nicht hielte.
Als nun Eurymedes kaum auffgehöret hatte/ fieng Dunalbius auff
des Königes Begehren also an: Wann Eurymedes der anderen
Trew nicht nach der seinigen schätzte/ so würde er den Soldaten
niemals so viel zugeschrieben haben/ daß er der Fürsten vnd deß
Vatterlandes Wolfahrt nicht allein in jhrem Dienste/ sondern auch
nur in der Ruhe vnd gleichsam dem Schatten eines Heeres zube-
stehen gemeinet hette. Von mir zusagen/ wiewol meine Gelegenheit
vnd geistlicher Stand mich zu Kriegesämptern nicht gelangen läs-
set/ so wil ich doch kein Bedencken tragen meine Meinung zuer-
öffnen/ weil allhier nicht die Frage ist was die Waffen dem Men-
schen schaden/ sondern was sie dem Frieden für Beschützung
d e f

[Seite 390]


bringen können. Vnd zwar dieses nicht so sehr/ Eurymedes/ euch
zuwiederstreben/ als von ewerer Verständigkeit dasjenige was ich
nicht weiß/ oder woran ich zweiffele/ zufragen. Ich habe niemals an
denen Gefallen getragen/ welche einem gesunden Cörper für zu-
künfftige Kranckheiten Artzney eingiessen/ vnd die noch stillen Vr-
sachen der Vn-
[646]päßligkeit reitzen/ welche sich niemals ärger
entzünden/ als wann sie so vnnötiger weise gereget werden.

vielSchwachheiten/ wie viel Tode haben wir gesehen derer Menschen/
so durch solche Artzneyen die vnauffgerührten Feuchtigkeitten/
welche fast vergessen hatten zu schaden erwecket haben? Eben
also kommen mir auch diese für/ die bey friedlichem Zustande we-
gen künfftigen Vngewitters solche schädliche Mittel suchen/ so
mit zweiffelhafftigem Außgange die Gesundtheit deß gemeinen
Wesens gleich schier verderben als erhalten kan. Vnter die Vnge-
wissen Mittel der Gefahr aber rechne ich fürnemlich die stete Vn-
terhaltung der Soldaten. Dann im Fall die Knechte sich schon
nicht im Harnisch halten/ im Fall sie auß Hoffart oder Thorheit
den Gehorsam außschlagen werden/ so werden sie die Anschläge
deß Friedens wegen/ vnd den Fürsatz jhrer Obristen/ welche sie zu
abwendung deß Auffstandes geworben haben/ weit hindan setzen.

Ihr wisset wie die Companien vnnd Regimenter vnter jhren Ob-
risten vnd Befehlichshabern so eine starcke Gemeinschafft machen:
jedennoch können sie jhre Kräfften entweder kümmerlich erken-
nen/ oder jhnen eine stoltze Einbildung/ welche auß solcher Be-
trachtung herkömpt/ fassen/ im Fall sie einen munteren Feindt
für sich sehen/ vnd jemandt ist den sie fodern oder fürchten müssen.
Wann sie aber jhnen mit jhrer Faust frieden geschafft haben/ vnnd
sie niemandt mit einer newen Gefahr jhres Sieges
[647] erinnert/
alsdann/ gleichsam ob sie dem Könige oder Lande jhren Beystandt
auffrückten/ erwegen sie bey sich selbst/ was man durch jhr
Kämpffen erlanget habe: Sie weren die einigen Beschützer deß
Volckes; an jhnen sey der Zustandt aller Sachen/ ja die Wolfart
deß Vatterlandes vnd Fürstens selber gelegen. Solche Einbildungen
fallen jhren Sinnen nit bald vnd vber einen Hauffen/ sondern all-
gemach mit der Zeit/ Zusammenstimmung vnnd Gewohnheit ein.
g h

[Seite 391]


Sie halten beyeinander/ als ob sie eine absonderliche Policey auff-
richteten: werden hernach geyl auß Müssiggange/ welches so viel
von den Kräfften mindert/ als es der Leichtfertigkeit zusetzet. Baldt
wann sie vermeinen daß man sie nicht genugsam belohne/ vnd
jhrem Begeren nicht stracks statt giebet/ so entbrennen sie/ blasen
sich auff/ vnnd werden vnwillig/ daß man für jhren Waffen nicht
mehr Furcht habe. Wie aber/ wann sie von jhren Hauptleuten/
oder von Auffwieglern angefrischet/ vnnd jhnen höhere Besoldun-
gen/ Plünderungen/ Auffruhr/ vnd Freyheit zu sündigen einge-
bläuwet werden? Ach jhr Götter/ last ja solches Vbel auff der Feinde
Kopff kommen! Dann ich bin dieser Gedancken nicht wie jhr für-
gabet/ Eurymedes/ als liebeten sie darumb den König höchlich/
weil sie auß seiner Kammer besoldet würden. Sie halten jhre Be-
fehlichshaber viel höher/ theils weil sie von jhnen in Bestallung ge-
nommen worden sindt; (als ob die Besoldung von jhrer Gunst/ vnd
nicht von dem Könige herrührete)
[648] theils weil sie jhnen als
den Obristen auß jhrer gemeine/ vnd als Handhabern der Knechte
günstig sindt. Bevorauß aber/ weil sie gemeiniglich vnter jhnen
mehr Krieges Freyheit als vnter dem Könige haben. Wöllet jhr fer-
ner vber dieses Heer das zu Friedenszeiten in Waffen seyn wird einen
General Leutenampt setzen/ oder sollen etzliche von vnterschied-
lichen Theilen gleiche Verwaltung haben? Wann jhr dieses Ampt
vielen gebet/ so wird das Kriegswesen vbel bestellet seyn; in dem
die Befehlichshaber einander neiden/ vnd die Soldaten wegen der
Obristen Vneinigkeit niemals jhre Krafft beysammen haben werden.
Gedencket jhr die gantze Macht einem einigen anzutragen/ wer
wird dieser wol seyn/ welchem jhr solches ansehen/ vnd zwar auch
vber euch selber/ vertrawen wöllet? Ewere Regierung vnd Leben
wird bey jhm stehen. Wann er die Kräfften deß Reiches/ vnd die
Adern deß Vermögens wird in seinen Händen sehen/ wird er auch
den Stacheln deß Hertzens die seine Trew versuchen/ vnd jhn hoch-
mütiger weise zur Rebellion auffmahnen werden/ wiederstehen
können? Wolten die Götter daß alle/ denen Könige jhre Wolfahrt
anvertrawen/ ewrem Eurymedes gleiche weren: wiewol ich nicht
vermeine/ daß er sich selber zu der Mißgunst/ die bey dergleichen
Gewalt jmmer fürläufft/ auß zustellen gesonnen sey. Ihr wisset was
i j
[Seite 392]


für Könige durch fast eben solche Gewonheit vmb jhre Scepter kom-
men sindt; welche/
[649] in dem sie den Obristen Hoffmeistern den
höchsten Befehl im Kriege hingelassen/ sich allgemach vmb das
Recht vber jhre Vnterthanen vnd Soldaten gebracht haben. Die-
jenigen/ so Königreiche vernünfftig auffzurichten/ oder standhaff-
tig zumachen sich befleissen/ halten diese für die fürnemsten zwey
Sachen; erstlich/ daß die Vnterthanen sich nicht leichtlich wieder
den Fürsten aufflehnen können; hernach wann sie ja durch das
Garn deß Gehorsambs reissen wolten/ daß es jhnen doch an tüchti-
gen Rädelsführern/ welche durch Mittel der Waffen jhre vmb-
schweiffende vnd vnordentliche Wahnsinnigkeit stärcken vnd an-
führen möchten/ mangele. Nun würden wir diese Warnungen alle
beyde mit dem Rhate wegen Vnterhaltung steten Kriegesvolckes
vmbstossen. Dann saget mir/ was wird für ein Vnterscheid seyn
zwischen dem Volcke vnd so viel Companien/ so vielen Leuten
allerley Standes vnd Wesens/ denen wir gutwillig die Waffen in die
Faust geben? Alle Auffwiegelung/ so dem Pöfel in den Sinn kom-
men kan/ wird auch diese einnehmen können; vnd zwar vmb so viel
destoeher/ daß sie nach jhrem Auffstande zum allerersten die Augen
auff jhre Waffen/ welche sie vermessen machen können/ werffen
werden? Zu solcher Empörung nun können sie kein näher Haupt
finden als eben diesen/ dem jhr die obriste Gewalt im Läger verlie-
hen hettet. Dann wird auch einer euch gedencken Trew zuverblei-
ben/ wann er so viel Sachen die jhm zum
[650] Abfall reitzen/
haben wirdt? Das Erkändtnüß seiner Kräfften/ die Süssigkeit deß
Königreichs/ welche er allbereit schmäcket/ die Wündsche der
Heuchler/ die Beschützung wehrhaffter Leute/ die Beschönungen
den Fehler zu bedecken/ vnd/ wann die Sach vbel außschlüge/ die
verwegene Entschuldigung vnter so vielen Verbrechern. Hernach/
würde er/ ohn erwartung biß seine Sach zum ärgsten steht/ fast
auff gleiche Bedingung mit dem König/ der noch an dem Sieg
zweifelte/ handeln. Aber gesetzt/ daß solches Obriste Haupt von Na-
tur oder auß sonderbahrer Tugendt für der Meuterey Abschew tra-
ge/ vnd mit anfeindung der Laster niemahls ausser der Pflicht
schreitte: was vermeinet jhr von so vielen Officirern vnter jhm?
Solte keiner von jhnen auffgeblasen/ vnbedacht/ vnd leichtfertig
seyn? Solten die Knechte keinen von seiner Kriegsbescheidenheit/
k
[Seite 393]


oder verwegenen Gemüts halben lieben? Machet euch nicht so ver-
gebene Hoffnung. Es wirdt bey solcher Rebellion an denen nicht
mangeln/ welche den Fahn darzu schwingen werden.

Ihr möchtet einwenden/ man hette diese Vngelegenheiten/ von
denen ich zuvor ansage/ nur alsdann zu förchten/ wann das gantze
Heer beysammen lege. Ihr wöllet aber solchem Vbel fürbiegen/ vnd
diese grosse Verfassung zertheilen/ damit der Soldat sich nicht mit
Verwunderung beysammen sehen/ vnd einer den andern durch sein
Rasen anstecken könne. Wo wöllet jhr sie dann so zertrennet hin
schicken?
[651] In Festungen vnd Stätte? Schawet wie bequem es
an beyden Orten seyn würde. Zwar wie es von nöthen ist/ daß man
Schlösser mit genugsamer Besatzung verwahre/ also können sie
wegen jhrer Enge eine grosse Anzahl Soldaten nit behalten/ vnd
hören auch auff sicher zuseyn/ nachdem sie von so vielen Augen
im hin vnd wider reysen sindt beschawet worden. Dann vermeinet
jhr die Knechte daselbst als im Gefängnüsse zu halten? Werden jhre
Freunde sie nicht besuchen? Zugeschweigen jhre Weiber/ jhre Ver-
wandten/ jhre Droß vnd Jungen. Es kan seyn daß jhr sie lieber in die
Stätte als zu einem jmmerwehrenden Winterläger schicken wöllet.
Als ob euch nicht bewußt were/ wie vbel sich die Soldaten mit dem
andern Volck vertragen. Welches den vnbewehrten Bürgern/ vnd
die sich vmb jhre Arbeit bekümmern/ zu Kriegszeiten am beschwer-
lichsten ist/ wöllet jhr jhnen im Frieden mit stethem Verdruß auff-
legen; daß sie nämlich in jhrem Hause frembde vnd gewaffnete Leu-
te hegen müssen/ daß Tempel vnd offentliche Plätze von Sitten der
Soldaten voll seyn/ vnd die angenehmste Ruh der PrivatHäuser in
dergleichen vngestümmes Leben verkehrt sol werden? Es wirdt
niemandt seyn der sich nicht vber die Last beklagen/ vnd mit euch
vbel wirdt zufrieden seyn: wann sie auch sich auffzulehnen werden
einen Fürsatz nemmen/ was wirdt jhnen schwerer zu ertragen für-
kommen/ weil sie allbereit so harte Dinge/ die Stewren vnd Be-
satzung
[652] erdulden müssen? Wann auch gleich das Volck also
zertrennet vnd eingetheilet wirdt/ so kan doch der Nutz davon
Eurymedes sagte nicht erfolgen. Dann man wirdt doch in den Stät-
ten die KriegsDisciplin nicht halten/ noch die vnerfahrnen Knechte
l m n

[Seite 394]


bey solchem Müssigange außvben vnd vnterrichten können. Die
Versuchten selber werden voll Schläffrigkeit vnd Fäule in den Stät-
ten liegen/ vnd nebenst jhrer Kriegsbestallung sich auff jhre Häuß-
liche Sorgen vnd Gewonheit legen. Folgends wann sie die Besol-
dung ohn alle Verrichtung zu empfangen werden gewohnet seyn/
so wirdt man sie viel schwerlicher von jhrer Ruhe zu der Gefahr an-
führen können/ als ob man erst newe werben müßte/ welche
wißten/ daß sie von deß Königs Vnkosten ohne Arbeit vnd gebrau-
chung der Waffen nicht köndten enthalten werden.


Als Eurymedes auff diese deß Dunalbius Einwürffe geantwortet/
vnd er sich hergegen vertretten hatte/ als ob sie in einem Kampffe
gegeneinander gestanden/ versöhnete sie Meleander also/ daß er das-
selbige billichte/ was einer in deß andern Meinung lobete/ nämlich
daß eine grosse Werbung schädlich were. Doch muste man ohn die
Besatzungen in notwendigen örtern sich vmb eine Anzahl von
Schiffen bekümmern/ vnd das Vfer Siciliens mit zwantzig Galleren
belegen; deren sie etzliche auff der See/ die andern an den fürnemb-
sten Porten auffhielten/ biß zu nötiger Verordnung. So würde man
auch
[653] die Guardie theils mit außerlesener Jugendt/ theils mit
andern so lange gedienet hetten/ stärcken sollen. Vnd darzu köndte
man jhrer Acht tausent werben. Der halbe Theil solte den König all-
zeit begleiten/ so daß die Soldaten Sechs Monat zu Hause/ vnd das
vbrige vom Jahr im Läger verblieben. Dann also würden sie weder
bey solcher Trennung genugsame Kräfften zur Empörung haben/
noch wegen zu langer vnd vberflüssiger Säumung zu Hause deß
Kriegswesens vergessen. Die/ so bey dem König verblieben/ solten
nicht vnordentlicher weise beysammen liegen; sondern je Tausendt
zusammen entweder in ein Läger/ oder in die Theile der Statt dar-
innen der König seyn würde/ einquartirt werden. Dann es würde
denen Bürgern/ welche deß Nutzens von seinem königlichen Hofe
vnd Begleitung geniessen köndten/ nicht beschwerlich seyn/ wann
sie schon die Leibwache als zu jhren Mitwohnern einnemmen
müßten. Man solte sie reichlich vnd vnverzüglich außzahlen; auch
destoschärffer im Zwang halten: jhren Muthwillen/ Diebstal vnd
o p q

[Seite 395]


Frechheit härtiglich straffen: Vnd/ damit sie durch Müssiggang nit
ärger würden/ sie in jhrem Kriegswesen außüben; so daß sie zu-
weilen in beywesen der Befelchshaber vmb eine Verehrung das
Schäffelein werffen/ oder mit der Picke spielten; bißweilen in der
Rüstung reiseten/ damit es jhnen nicht schwer fiele/ wann sie
künfftig für den Feindt mußten. Sie solten keine andere Haupt-
leute noch Officirer haben/ als die so der Kö-
[654]nig ernennen
wirdt. Deren zu Roß solten Zwey tausendt seyn. Die andern möch-
ten nach Kriegesvortheil mit Bogen/ Lantzen vnd Helleparten
bewehret werden. Mit diesen Companien/ sagten sie/ daß man eine
plötzliche Auffruhr genugsamb dämpffen/ vnd also auch new-
geworbene Soldaten/ da es die Noth erhiesche/ vnterweisen köndte.
So meinete Eurymedes/ daß seine Gedancken auff was mehrers/
vnd Dunalbius/ daß die seinigen auff was wenigers gegangen we-
ren; außgenommen daß sie sämptlichen für rahtsam befunden/
die Kriegsverfassung etwas zu stärcken/ wann man sich je eines
Kriegs von Sardinien zu besorgen hette.


Fußnotenapparat

a gelegen sein an = abhängig
sein von (Suam pacem ex te
pendere intillegent; leur paix ne
despendra que de vous)
b Vnterhaltung = Sold (ex stipen-
diis; par leurs montres)
c Beyhefftung = Hinzufügung
(Haud omiserim; Ioint)
d bresthaftig = schadhaft, krank
(de bois de rebut)
e 〈were〉 Editioriell eingefügt (ce
seroit)
f Policeywesen = Staatsverwal-
tung (civilium rerum scientissi-
mus erat; estoit tres sage politi-
que)
g Gemeinschafft] Aus Dkf Ge-
meinschfft
h auffrücken = zum Vorwurf ma-
chen (exprobrent; reprochoient)
i Policey = Staatsordnung (rem-
publicam; Republique). Siehe
Anm. S. 389.
j kommen!] Aus kommen? ge-
ändert
k Bescheidenheit = Bescheid-
wissen
l Verfassung = durch geordnete
Herrichtung entstandenes Gan-
zes (corpus; corps)
m Droß vnd Jungen = Troß und
Stallknechte (lixae et calones;
leurs valets, leurs goujats)
n gewaffnete] Aus Dkf vngewaff-
nete nach armatos verbessert.
o außvben = ausbilden; die
Vorlagen etwas anders:
tirones
probari; esprouuez; also: prü-
fen.
p die Versuchten = die erfahrenen
[Soldaten] (veterani; les vieux
soldats)
q enthalten = erhalten, unterhal-
ten
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