DIe Frewde war nicht geringer vnter den Schiffleuten vnd
Knech-
ten auff den Schiffen/ vnd der Schlaff vberfiel sie nachmals
dermas-
sen/ daß jhre eigene Gefahr vnd fast Verwunderung sie
hernach auff-
weckten. Dann eben dieselbige Nacht kam
Radirobanes an/ ließ
seine Schiffe auß der See in
den Fluß einlauffen/ hieb die Wache/ so
wegen der Schlaffenden
geringe war/ nieder/ vnd bemächtigte sich
deß gantzen Vfers. Die in
Besatzung der Schiffe waren flohen für
Schrecken auff das Lager/
oder die Stadtthore/ so damals jhnen so
wol als dem Feinde
geschlossen stunden/ zu. Andere begaben sich
mit den Galleren
weiter in das Meer auff die seite wo es still war/
vnd man keinen
Feind merckete. Radirobanes satzte alsbald viel der
seinigen an das
Landt/ in Meinung die Stadt würde nach eingejagter
Furchte nichts
zuthun vermögen/ stellte die Soldaten in Ordnung/
theilte
sie ab welche am Strande bleiben/ vnd welche die
Stadt
Baldt auff den Morgen beruffte Poliarchus/ der wegen schädt-
licher Einbüssung
verwiechener Nacht sehr ergrimmet war/ seine
Leute vnnd die
[803] Mohren zusammen. Daselbst nach Beklagung
vber
Vbelthat derjenigen/ so die See verhüten sollen/ hieß er mit
Niederlegung der Waffen alle die Gallier herfür tretten/ so von den
Schiffen die
Flucht gegeben/ vnd den Zehenden auff welchen das
Loß fiele am
Leben straffen. Dessen Ernstes gebrauchte sich auch
die Königin
gegen jhre Mohren. Als man sie aber zum Gerichte
führte/ bate sie
für die Gallier/ vnd Poliarchus für die Mohren. Also
daß mit
einer geringeren Schmach (dann solches Verbrechen muste
vngenossen
nicht hingehen) Kriegesgebrauche nach einem ein we-
nig Blut auß
dem Arme gelassen/ der andere halb nackendt zum
Schantzen geführt/
andere gleichfals also dem Volcke zum Spec-
tackel auff den Platz
gestellet worden. Vnd ob man zwar damals der
Soldaten
bedurffte/ worden sie dennoch selbigen Tag in solchem
a
b
c
Poliarchus/ der einen Reitrock von Scarlat angeleget
hatte/ saß
auff einem Numidischen Pferde/ mit blossem Häupte/ vnd
machte
allen Soldaten einen Muth mit seinem Ansehen vnd der
Hoffnung
zu siegen. Hernach hinderließ er etwas von Volcke zu
Verwahrung
deß Schlosses/ vnnd Beschützung der Mawren vnd
Stadtthore/ vnd
machte sich mit den vbrigen ins Läger/ als
Gelanor gleich das Volck
in Ordnung [804] stellete. Dann es war schon beyderseits zum Vor-
trab deß Kampffs ein leichtes Scharmützel fürgegangen/ vnd
Radi-
robanes macht ein volle Schlachtordnung/ mit grösserer
Erhitzung
deß Hertzens vnd Gesichts als zuvor/ nachdem er von einem
Ge-
fangenen verstanden/ daß ein König auß Gallien zur Stell were/ vnd
Poliarchus genennet würde. (Dann er wolte diesen Namen/
der jhn
in angemaßtem geringern Standt bey den Außländern so
berühmbt
gemacht/ damals behalten.) Radirobanes erinnerte sich stracks/
daß der junge
Mensch/ wegen dessen Liebe Argenis seine Heyrath
außgeschlagen
hette/ also hiesse. Ob es aber eben derselbige sey/
zweiffelte er
nit vnbillich; weil nicht allein viel eines Namens seyn
köndten/ sondern er auch Selenissen seiner als eines Königs nie-
mals
erwehnen gehört. Im Fall er auch schon ein König were/
wannher käme
er damals in Africa? Welch Gott hett diese zween
gegeneinander
zu kämpffen geschickt? oder was für eine Art
hette jhr Zwispalt/
daß eben dieser mit einnehmung deß Gemüths
der Argenis seine
Hoffnung in Sicilien zunichte machen/ vnd nun
eben/ als ob er jhm
fürgenommen sich seinen Anschlägen zu wider-
setzen/ in Mauritanien angelangen müssen?
Aber die instehende Schlacht verwandte seine vielfältige
Ge-
dancken in einen Zorn. Es war eine kleine Fläche von dem Ort da
Radirobanes sein Läger hatte zu deß Poliarchus Schantzen. Diese
war zum Kampffe
bestimmet/ vnd gläntzete allenthalben [805] von
den Fahnen vnd Waffen. Beyde Könige hielten auff der rechten
Handt jhres Heeres. Virtiganes war auff der lincken Seiten der Sar-
dinier; Poliarchus aber hatte den Mohren zu Ehren dem alten
Micipsa/ der bey diesem Volcke in grossem Ansehen war/
den Befehl
vber die Lincke gegeben; doch jhm auch den Gelanor zugeordnet/
durch die Lebhafftigkeit der
Jugendt dasjenige/ was dem Micipsa
sein Alter hinweg genommen/ zu ersetzen. Man hat es für eine
grosse Versicherung deß Sieges gehalten/ daß sehr wenig von
den
Es war allbereit viel Blut vergossen/ vnd das Verhängnüß
wolte
ein grösser würgen anrichten/ als die Götter es zuverhindern
schie-
nen. Dann der Tag wardt dermassen mit finstern
Wolcken be-
decket/ daß etliche sich förchteten als bey trüber
Nacht. Hernach
erhub sich solche plitzen vnd Donnern/ daß diese
Wahnsinnigkeit
einander hinzurichten in Andacht vnd Schrecken
verkehret wardt.
Als sie aber noch vbereinander waren/ vnd
gleichsamb im Zweiffel
stunden ob sie den Göttern gehorchen
solten/ worden sie zertren-
net durch die wütenden Elephanten/
welche Hyanisbe mit jhren
Stirnwaffen/ Federpüschen vnd Thürnen in
die Schlacht zuschicken
befohlen hatte. Etliche/ so nicht längst
auff der Jagt gefangen wor-
den/ vnd fast vnabgerichtet waren/
hatten jhrer Freyheit vnd wil-
den Art noch nicht vergessen.
Man kandte noch damals in Europa
diese Art nicht. Ein grosses vnd
vngehewres Thier/ dessen Glieder
fast in einem Klumpen vermenget
sindt. Das Haupt ligt zwischen
den Schultern/ einer Kugel nicht
sehr vngleich/ außgenommen wo
der Rüssel auff die Erde hanget/ der
jhm abschewlich von der Nasen
herunter gehet/ vnd/ wann die
Farb fehlte/ einer langen vnd dicken
Schlange ähn-[807]lich ist/ mit so vielen Adern vnd Spannadern
d
e
Vber dieser frembden Gestalt worden nicht allein die
Sardinier in
Schrecken gebracht/ vnter welche man die Bestien
lauffen ließ;
sondern die Gallier selber kundten diese jhre Mitgehülffen ohne
Forcht nicht anschawen. Als aber der Himmel vnversehens
finster
wardt/ wurden die Elephanten/ welche so leichtlich zu
erschrecken
als zu erzörnen sindt/ durch das vngewöhnliche krachen
in den Wol-
cken forchtsam gemacht/ vnd fiengen an denen die sie
regierten
strenger zu werden. Es kam ein grosser Plitz/ der jhnen
fast in die
Augen schlug/ vnd erschreckte den grössesten
dermassen/ daß er
plötzlich anhub zu toben vnd außzureissen den
nechsten Weg wo er
zukam. Die andern machen sich auch fort/ werffen
jhre Meister
herunter/ vnd folgen jhm hernach. Baldt raseten sie
noch hefftiger/
als sie niemand regirte/ beschädigten nicht allein
das eine/ sondern
auch das andere [808] Theil/ lieffen in dem Streitte durch die Waffen
vnd
das Getümmel mit hefftigem wüten/ vnd/ weil sie nicht sahen/
wie
sie durch so viel Hauffen kommen kundten/ suchten sie herauß
zu
dringen/ als ob sie im Garn bestrickt weren. Viel von den Galliern
tranneten die Ordnung; die Sardinier hielten ingleichen nicht
Standt. Die Bestien zertratten mit Füssen alle die jhnen
auffstiessen/
etliche vmbschlingeten sie mit dem Rüssel/ vnd
wurffen sie zu bo-
den. Die Newigkeit/ jhre grösse vnnd vngehewere
Stärcke/ nam
den Soldaten das Hertze. Sie vermeineten/ der Götter
Zorn were
vber sie gerhaten/ oder die Thiere weren erst damals zu
Trennung
der Schlacht erschaffen worden. Etliche lieffen
wann sie sie nur sa-
hen. Die von fernen stunden/ wurden durch
jhrer Mitpursch
schrecken bestürtzt gemacht. Die Pferde erschracken
sonderlich/
vermochten den vngewönlichen Geruch der Bestien nit
zuertragen/
vnd lieffen mit jhren Herren wieder allen jhren Danck
entweder in
abschiessige gefährliche Oerter/ oder mitten
vnter die Feinde.
Es war ein Spiel deß Glückes/ daß dreyzehen Thiere (dann
jhrer
waren mehr nicht) zwey so grosse Heere getrennet hatten; zu
be-
zeugen/ daß die Kräfften deß Leibes nicht mehr Stärcke haben/
als
die Zuneigungen der Gemüter/ vnd daß die Furchte nicht weniger
ein Volck zwinge als die Waffen. Poliarchus besorgete sich einer
Hinterlist/ vnd
sahe daß die seinigen/ so zerstrewet waren/ nicht so
baldt
[809] würden zusammen kommen/ da eine newe Gewaldt für-
lauffen solte. Eben dessen befahreten sich die Sardinier. Derhalben
worden auff anmahnen der Obristen vnd LeutenAmpte die so das
Schrecken von zweyen Hauffen vermenget hatte algemach von
einander geschieden. Dann viel waren entweder durch jhre eigene
oder durch der Rosse Flucht so weit in die Feinde gerhaten/ daß sie
im zurückkehren Beysorg tragen musten/ sie würden erkandt vnd
niedergemacht werden. Wie man nun gemeiner Soldaten Fälle auß
dem Gedächtnisse gelassen hatt/ also ist dem Radirobanes was
denckwürdiges auffgestossen. Er saß
auff einem Rosse das zwar
zum Kriege sehr gut war/ aber sich gantz
nicht halten ließ/ vnnd
zu wüten vnnd toben anfieng wann es schew
gemacht worden. Als
nun die Elefanten vnter den erschrockenen
Hauffen eine Trennung
anrichteten/ vnd alle Pferde für
Forchte wiegerten vnd schnaweten/
wardt es gantz rasende/ wolte
sich nicht wenden lassen; sondern
bemächtigte sich wieder den
Zügel/ vnd rannte mitten vnter die
Feinde. Indessen wieche die
Reuterey auff Anordnung deß Poliar-
chus gegen der Statt/ sich
hienein zubegeben. Die so vmb den Radiro-
banes stritten/
hatten jhn allein gelassen/ vnd gläubeten bey sol-
cher verwirrung
der sinnen/ er hette sich auch zurück gemacht. Als
er sich der
wegen allein vnnd ferne von den Sardiniern befandt/
veränderte er
die Frechheit seines Ge-[810]mütes in eine
hefftige
Furchte. Solte er fliehen/ da jhn so viel Pfeile vnd
Waffen vmbrin-
geten/ oder solte er sein Leben zu fristen
sich fangen lassen? Oder
weil man jhn schwerlich auff Rantzon loß
würde lassen/ solte er sei-
nen Geist mit verwegenem vnd vngleichem
Kampffe auffgeben? Er
sahe sich nach seinen Fahnen vmb; sie waren
ferren von jhm. Solte
er allgemach zurückweichen? es folgete jhm ja
hinder dem Rücken
eine grosse Menge nach. Weil er in dem
Zweiffel standt/ vnd er ra-
sende das Glück verfluchte/ hatte sich
die Gefahr gemehret. Der
Tropp vnter dem er stackte kam an die
Thore der Stadt/ vnd war zu
i
j
So lange nun diese wenige Troppen auff dem Platze
verblieben
(denn sie waren daselbsten zusammen kommen der
Obristen Be-
fehl anzuhören) war er wegen der Menge leichtlich
sicher. Aber
nicht längst hernach, kam einer vom Poliarchus/ der die Reuter in
der Stadt in jhre
Losamenter einkehren/ vnd zu Bewachung der Kö-
nigin vber Nacht
verbleiben hieß. Radirobanes wardt fast ohnmäch-
tig von
solchen Worten. Dann die Reuterey begab sich von einander/
vnd ein
jeglicher machte sich in sein bewustes Hauß. Die Wirthe
vnd Drosse
verrichteten jre Geschäffte. Er/ als ob er ein Hauß suche-
te/
vmbritte alle Gassen/ vnwissendt für wem er am meisten fliehen
solte/ ohn daß jhn ein jeglicher der jhm begegnete zu höchster
Furchte trieb. Weil jhm alle Feindt waren/ vnd/ da man jhn
fienge/
er sich vielleicht mit der eintzigen Rantzon loß kauffen
möchte/
kundte er seine Angst vnd häuffigen Zorn kaum anhalten. Er
war
etliche mal gesonnen sich für Feindt anzugeben/ vnd durch die
Wache am Thore zudringen/ daß er entweder mannlich stürbe/ oder
sich vnerschrocken rettete. Dann es wardt in wehrendem
Tumult
nur eines für Wagen vnd [812] Pferde
offen gehalten/ vnd stärcker
als sonsten verwachet. Es nahete sich
niemandt vnterwegs seinem
Pferdt zum Zügel/ oder sahe jhm vnter
Augen/ den er nicht ver-
meinete jhn anzusehen; vnd erschrack so
allzeit auff das newe.