ALso ist der Krieg in wenig Tagen vollendet worden/ der
beyde
Theil mit grosser Macht vnd Verweilung würde außgesogen
haben/
wann es nicht so begierige Fürsten/ die jhre
Privatsachen zu einer
allgemeinen Angelegenheit machten/ betroffen
hette. Wie die Sar-
dinier wichen/ war es jhnen nicht gefährlich in
das Läger wider
vmbzukehren; weil sie beydes nicht vnordentlich
flohen/ vnd Poli-
archus/ der seine Wunden empfandt/ in die
[840] Statt zukommen
eylete. In dessen
gleichwol/ weil die ärtzte mit einem geschwinden
Mittel das Blut
stilleten/ ließ er einen Ast von einem Baume hawen/
hieng zum
Siegeszeichen deß Radirobanes Rüstung daran/ vnd
nahm jhn auff seine
Achsel. Mit solcher Zier saß er auff einen
Wagen/ daran weisse
Rosse giengen/ vnd fuhr in schönem Spec-
tackel/ vmbringet
von den Soldaten/ vnd mit der rühmlichen Beute
beladen/ zu dem
Tempel deß Gottes Mars: dann der Feretrische
Jupiter wardt in Africa nit geehret. Das Volck hatte alle Strassen
erfüllet/ vnd sich auff das beste als in solcher Eyle möglich war
auß-
gezieret; etliche trugen Zweige/ die sie zum ersten
ergrieffen/ an-
dere streweten sie auff die Strassen wo der
Triumph gehalten ward.
Man hörte von allen seiten das grosse Lob
deß Siegenden/ vnd die
Glückwündtschungen vber den Wolstandt deß
Landes Africa.
Hyanisbe wartete im Eingange deß Tempels
auff den Poliarchus/
welchen sie bey seinem absteigen vom
Wagen also anredete; Ihr
grosser König/ ehe jhr diesen Raub
dem Mars liefert/ so wil ich euch
a
b
Derhalben begab er sich in begleitung der Hyanisbe vnd
vmbrin-
gung vieler Soldaten/ welche noch eben so herein giengen
wie sie in
der Schlacht gewesen/ nach Hofe. Sie waren aber noch
nicht in dem
Eingange/ als angesaget wardt/ daß Gesandten von den
Sardiniern
kommen weren. Dann es kam jhnen vber auß
schmertzlich für/
daß sie jren König lebendig nit beschützet/ oder
zum wenigsten
todt jhm die Ehre angethan/ daß er in die Begräbnisse
seiner Vor-
fahren hette beygesetzt werden können. So besorgten sie
sich nach-
mals auch/ der Feind möchte vielleicht mit dem Cörper
spöttlich
verfahren. Derhalben kleideten sich in wehrendem
Tumult Viere
von den fürnembsten Herren/ mehr auß eigenem dann
gemeinem
Rhatschlage/ wie wol sie solches zuvor mit etlichen
Befehlshabern
abgeredt/ als Gesanden auß/ vnd kamen im Namen aller
Sardinier
nach Lixa. Poliarchus ließ sie auff gutbedüncken der Königin als-
baldt für sich/ vnd hörete sie vnter dem Eingang deß
Pallasts; als
ob er solcher Absendung die Ehr nit geben
möch-[843]te/ daß er sie
mit dergleichen
Herrligkeit wie sonsten zugeschehen pflegt/ ver-
nemen möchte. Es
war einer von den Abgeordneten/ dem die an-
dern zureden
aufferleget hatten. Dieser warnete den Poliarchus
mit füglichen Worten/ er wolte sich deß Glücks glimpflich
ge-
brauchen/ vnd die Götter Siciliens als vberwundene nicht
beleidigen/
noch die seinigen wegen scharffer Verfahrung wieder den
vmbge-
brachten Feindt erzürnen. Sie weren kommen deß Königes
Cörper
zubegehren. Der Haß welcher auch nach dem Tode wehrete hette
wenig rhum hintersich. Es würde nicht ein geringer Lob
seyn dem
vberwundenen zuvergeben/ als jhm zuvor im Kampffe das
Leben
genommen zuhaben. Er würde gedencken/ daß Radirobanes der
königlichen Hoheit halben zum
wenigsten deß Begräbnisses nicht
solte beraubet werden. Wann er dem
Theseus nachfolgete/ so würde
er nicht
zulassen/ daß seines Feindes Geist vnbedecket herumb jrrete.
Were
er aber Achilles/ als solte dem Sardinischen Volcke kein Geldt
so
lieb seyn weder der Cörper seines Fürstens. Letztlich bath er/ vnd
beschloß seine mannliche Rede mit seufftzen. Poliarchus gab ver-
ächtlich zur Antwort/ er wolte
eben die Götter im Rhatschlage zu
Regierung seines Sieges
haben/ die er in Erlangung desselben ge-
habt hette. Im vbrigen/ so
verdieneten die jenigen welche das Le-
ben jhrer Laster wegen
zuverlieren verschuldeten/ daß sie auch deß
ruhigen Todes
[844] Mangel litten. Es sey dann daß die Götter
selbst/
f
Als sie solches mit lachendem Munde gesagt/ kehrte sie
sich von
den Gesandten/ welchen auff Befehl deß Poliarchus der entwaff-
nete Cörper/ wie er war/
gegeben wardt. Er/ nach verrichtung all-
gemeiner Sachen/ als er
nicht mehr gehen kundte/ wardt er von der
seinigen Händen in
sein Zimmer geführet; da er kaum erwartete
biß man jhm den Küriß
ablegen kundte/ vnd sich auff das Betthe
warff. Wiewol er selbst
Aertzte mit sich gebracht/ dennoch/ weil er
wußte daß die in der
Hyanisben Hofe berühmet weren/ wie er dann/
als er
von den Seeräubern beschädiget worden/ vnd daselbst kranck
Endtlich gieng ja Hyanisbe noch/ auff der jhrigen
nötigung/ vnd
weil die Nacht zu ende kam/ in [848] jhr Schlaffgemach. Sie hatte
nicht lange geruhet/
als sie von den Herren jhres Hofes auffgewe-
cket wardt/ die jhr
Glück wündtschen wolten/ vnd fragten/ was bey
dem newen Wesen
zuthun were. Dann nachdem man die gantze
Nacht in dem Sardinischen
Läger ein Getümmel gehöret hatte/ wor-
den deß Morgens früe
weder jhre Schiffe im Flusse/ noch einige Wa-
che oder Volck vmb
die Schantze gesehen. Man schickt hernach
etliche von Micypsa auß
der Gelegenheit sich zuerkündigen/ die be-
richteten/ daß die
Sardinier fort weren/ vnd zwar die köstlichsten
Sachen mit sich
genommen/ doch auch nicht wenig hinderlassen
hetten. Als es
besser liechte worden/ sahe man die Flotte der flie-
genden: weil
Virtiganes vnd die andern Obristen nach verlierung
deß Königes nicht allein keine Hoffnung deß Sieges gehabt (dann
wem/ oder vnter wessen Befehl solten sie siegen/ nachdem sie nun
gezwungen worden mehr als einerley zu wöllen oder zu fürchten?)
sondern sich auch besorget/ sie möchten dem Anlauffe deß
Feindes
in selbigem Orte nicht genugsamb wiederstehen können. Vber
diß
muste das Volck wegen entstehenden einheimischen Krieges zurück
geführet werden. Dann es waren nach dem Radirobanes zwene so
der Kron begehreten/ zweyer
deß Radirobanes Vattern Brüder Söh-
ne: von
denen einer deß jüngeren Sohn Harsicora/ der aber elter
war/ sein Alter angesehen
wolte haben: der andere/ so Cornias hieß/
nicht sein sondern seines
Vat-[849]ters Alter anzohe. Die vermu-
tung
solchen Vbels/ ohn daß die Soldaten auch jhre Hoffnung vnnd
Hertzhafftigkeit sincken liessen/ brachte die Befehlshaber darzu/
daß sie ohn Trompettenklang durch das gantze Läger
befehlen lies-
sen sich bereit zumachen/ vnd hinter der Africaner Wissen auß dem
Hafen
abzustossen.
Solches Glück der Königin zuverkündigen/ waren viel Herren
zu-
sammen kommen. Welches als sie verstundt: Ach/ sagte sie/
köndte
[851] Als man aber deß Poliarchus Wunden besichtigen solte/ vnd
sie auffs
newe verbinden/ stunden die fürnemsten Freunde vmb das
Bette/
vnd schaweten die Aertzten erbärmlich an. Der jenige so den
vorigen
Tag das Blut zulassen gerahten war zur Stelle: der lösete
das
Bandt/ so vmb die tieffeste Wunde war auff. Dann die Medicin
war zu
selbiger Zeit noch in dreyerley Art nicht eingetheilet; son-
dern
die welche Artzney ordneten/ machten sie auch/ vnd gebrauch-
ten sich jhrer Hände an den Gliedmassen vnd Wunden der Kran-
cken. Es schiene damals ein Wunderwerck zuseyn/ daß sich das ver-
derbte Geblüt schon zum schweren anließ. Den Göttern sey ge-
danckt/ schrie Temison. Leget dem Himmel ewer Gelübde ab/ wann
jemandt vnter euch eines für Wolfahrt deß Königes versprochen
hat. Dann ich habe noch biß auff diesen Tag kein gewisser
vnnd ge-
schwinder Zeichen der Gesundtheit gesehen. Es ist kein
Feber für-
handen; Es hitzen nicht allein die Wunden nicht/ sondern
das vn-
beschädigte Theil sondert auch/ wie in Wunden so durch die
Zeit
gelindert sindt/ das todte ab vnd zertreibet es. Sie nahmen
diese
Worte sämptlich an/ als von einer Warsagung der
Götter. Etliche
weineten für vnmässiger Frewde; andere vmbfiengen
einander. Viel
fielen auff den Boden/ vnd baten den Apollo/
Esculapius vnd Hygien
solchen glücklichen [852] Anfang ferrner fortzustellen. Niemandt
aber war
lustiger als die Königin. Sie verhiesse der Carthaginischen
Celeste ein Opffer von hundert Ochsen/ und fieng damals erst recht
an die Wollust deß Sieges zu empfinden.