Einzeldruck X: Salomons | Des Hebreischen Königes | Hohes
Liedt; |
Vom Martin Opitz | in deutsche Gesänge ge- | bracht.
| [Zierstück,
4,1 × 3,4 cm; darunter eine Linie, 8,2 cm] | Gedruckt zu Breßlaw/ |
In Verlegung David Müllers
Buch- | händlers/ im Jahr
1627. [Kolophon, Bl. E4a:] Gedruckt zu Breßlaw/ durch
|
Georg Baumann. | [Dreieckiges Zierstück; Linie, 7 cm] | Im Jahr
1627.
40: A–E: Exemplare: Breslau 4 E 515/25; Berlin SB (PK) Yh
9001 u. Yh. 9101; München SB, P.o.
germ. 160; Göttingen UB,
Poet. Germ. II 5129; Kiel UB, Cb 1650; Yale
UL, FdF 209.
Gliederung, Inhalt etc.: [A1]
Titel, Rückseite unbedruckt. A2a
bis A4a Widmung; A4b die Zeugnisse des Augustinus und Theodore-
tus; Bl. A4b (= S.
1) bis S. 30 (= Bl. E3b) der Text der Paraphrase;
E4a Kolophon; E4b unbedruckt. Der Druck ist sorgfältig und mit
Bezug auf
typographisch-künstlerische Gestaltung ausgeführt wor-
den. Die
Arabeske auf dem Titelblatt bildet dazu den Auftakt. Der
Anfang der
Widmung zeigt gezielte Anordnung des Schriftgutes:
massive Kopfleiste,
verschiedene Schriftgrade, zwei Zeilengruppen
mit symmetrischen
Einzügen, Hervorhebung des Namens durch
große Antiqua, Zierformen
einiger Lettern, dazu eine Initiale von
ca. 5 Zeilen im Geviert. Auf
Bl. A4a eine dreieckige Arabeske,
3,8
× 5,6 cm, die sich genau so auch auf S. 10, 24 und Bl. E4a findet.
Die beiden Testimonia auf A4b werden durch Kopfleiste,
1,1 × 9,8
cm, größere Schrift und eine rechteckige Arabeske,
3,4 × 6,9 cm,
hervorgehoben. Ein allerdings zu großes und darum
klobig wirkendes
Dreiecksornament, 7,1 × 10,5 cm, findet sich auf
S. 13 und 27.
Die Initiale L auf S. 1 mißt 4 Zeilen im Geviert. Am
Schluß, S. 30
unten, ein kleines Arrangement aus (o) und 2 Eicheln,
die nach l. und
r. weisen. Keine Kolumnentitel über der Widmung u.
S. 1; von S. 2 bis
30 lauten sie Martin Opitzen || Hohes Liedt.
Seitenzahlen ohne Punkte, in derselben Zeile wie die Kolumnen-
titel an
den Außenrändern oben; nur auf S. 1 steht die Seitenzahl in
der Mitte;
auf jeder numerierten Seite oben eine Linie, 10,8 cm.
Keine
Zeilenbezifferung.
In Sammlung C eröffnet dieses Werk den zweiten Teil; darauf
folgt Nr.
73, Die Klage-Lieder
Jeremia. Die Anordnung ist: Bl.
Auch in E steht das Werk (nach der Bandwidmung) an erster
Stelle, auch
hier folgt ihm die Nr. 73. Bl. A4a (= S. [7]) enthält
den
Sondertitel nach C (aber Deß in Z. 3 und Von in
Z. 4– endlich!). Die
Widmung, S. 8 bis 11, ist jetzt An den Le-
ser. überschrieben, leicht
abgeändert, undatiert und ohne Un-
terschrift. S. 12 bringt die
Testimonia, wiederum aus einer größeren
Schrift gesetzt. Die Lieder
erstrecken sich von S. 13 bis 34. Kolum-
nentitel: S. 9 bis 11 Vorrede.
S. 14 bis 33 Martin Opitzen ||
Hohes Lied(t). Punkt hinter Opitzen auf
S. 18, 20, 24, 26 u.
28. Auf S. 34 lautet der Kolumnentitel Martin
Opitzen/ Hohes
Liedt. Initialen: G S. 8 und L S. 13 wie in C. Tren-
nungslinien von 6,9 cm zwischen den einzelnen Liedern. Kopfleiste
S. 8 mißt 1,1 × 7,1 cm; S. 12 u. 13 weisen dieselbe Kopfleiste
auf,
0,7 × 7,9 cm; in deren Mitte finden sich zwei
übereinanderstehende
Doppelpunkte. Die Seitenzahl fehlt erwartungsgemäß
auf dem Zwi-
schentitel, doch sind Signatur und Kustos, A4 und An,
vorhanden.
Seitenzahlen in der Mitte oben auf S. 8, 12 u. 13; sie
stehen sonst 1. u.
r. über der Kolumne. Auch hier keine Zeilenzählung.
Die Texte der
Lieder sind aus drei verschiedenen Schriftgraden gesetzt:
S. 13–16
aus der Mittel-Fraktur, S. 17–20 aus der Cicero, S. 21 bis Mitte 22
Das Werk erscheint in allen von Opitz nicht (mehr) autorisierten
Ausgaben des 17. Jahrhunderts. In den späteren bringt Triller es in
Bd. III/IV, S. 5–30, ohne wichtigere
editorische Zusätze. Bei Bod-
mer und Breitinger bleibt es sachgemäß ausgeschlossen; auch
Titt-
mann bringt es nicht. Oesterley, DNL 27, druckt
es ohne die Wid-
mung (bzw. Vorrede). Auszüge bringen J.-D. Müller in Martin
Opitz, Gedichte, Reclam UB, Stuttgart 1970, S.5–11; und
A. Schöne, Die dt. Lit., Texte u.
Zeugnisse, Metzler, Stuttgart,
Bd. III, 1968, S. 165–66.
Komponiert wurde die Opitzische Versparaphrase von Andreas
Hammerschmidt (1611?–1675) unter dem Titel
Geistlicher | Dia-
logen | Ander Theil | Darinnen | Herrn Opitzens |
Hohes Lied Salo-
monis | in 1. und 2. Vocal-Stimmen/ 2. Violinen/ einem
In- | strumen-
tal- vnd General-Baß componiert/ | Von Andrea
Hammerschmie-
den. | Dreßden/ | Gedruckt vnd verlegt durch Gimel
Bergens ...
Erben/ | Im M DC XLV. Jahre (Sz 255, Dü 82, a–b). Eine
zweite
Auflage, aus dem Jahre 1658, ist autoptisch nicht nachgewiesen.
Einzelne Lieder wurden von Heinrich Schütz vertont; siehe die Ein-
leitung zu Dafne, Werk Nr. 85. Auch ein Schüler von Schütz,
Cas-
par Kittel (1603–1639), vertonte zwei Lieder, das
4. und das 7.:
Arien und Kantaten, Dresden 1638.
Die poetische Bearbeitung des HLs fällt in die turbulente Zeit
nach
Vollendung der Argenisübersetzung, deren Abschluß am 30.
August 1626 an
Buchner berichtet wird (Geiger 36). Nach einer
Schätzung von Anton Mayer (»Zu Opitz’ Dafne«, Euphor. 18
[1911], 756) dauerte die Ausarbeitung etwa sechs
Wochen. Der
Dichter befand sich in Breslau im Hause Dohnas und genoß den
ersten der musischen
Winterurlaube, die sein Dienstherr ihm ge-
währte und bei deren
Ausbedingung der Rat Fornus ihm tatkräfti-
gen Beistand geleistet hatte. Mit
der Zueignung des Werkes an For-
nus trägt Opitz also eine Dankesschuld
ab (Widmung, Bl. A3a). In
der Korrespondenz
aus dieser Zeit wird die Entstehung des Werkes
kaum erwähnt. In den
beiden Briefen vom 20. November, dem kür-
zeren an Coler (Rei 221) und
dem ausführlicheren an Gruterus (Rei
222), auch im Buchnerbrief (etwa vom 25.
Nov., Geiger Nr. V) steht
kein Wort davon. Der terminus ad quem ist
jedenfalls im Datum der
Widmung gegeben, dem 31. Dezember 1626. Am 23.
Januar 1627
Opitz erwähnt das HL zuerst in der »Vorrede an den Leser« zur
Sammlung
A, also vor Oktober 1620. Dort wird es in einer vierglied-
rigen
Praeteritio namhaft gemacht mit Worten, die z. T. in der Wid-
mung an
Fornus wiederkehren: die Poesie des HLs sei göttlich und
weit erhaben über alle weltliche Dichtung. (Anschließend verteidigt
Opitz die Verwendung heidnischer Mythologeme in christlichen Zu-
sammenhängen; dieser aus Heinsius stammende Gedanke sollte ihn
noch lange
beschäftigen.) Vor der Bearbeitung des HLs hatte Opitz
sich mit der
einschlägigen Literatur bekannt gemacht. Aus den in
der Widmung
angeführten Namen können wir mit ziemlicher Ge-
wißheit auf die
Durchsicht der seinerzeit umfangreichsten Samm-
lung patristischer
Schriften schließen, M. de La Bignes
Magna bi-
bliotheca veterum patrum, Köln
1618–22, 20 in 15 Bänden. Ein wei-
teres
Werk, in dem die »Rabinen« enthalten sind, schließt sich an:
Canticum Canticorum Salomonis, versibus et commentariis
illu-
stratur Gilb. Genebrardo ... auctore, adversus trochaicam Theo-
dori Bezae paraphrasim. Subjuncti sunt trium rabbinorum Salo-
monis, Jarhii, Abrahami Abben Ezrae et innominati cujusdam com-
mentarii, eodem interprete, Paris 1585.
Die genaue textliche Vorlage ist bisher nicht bestimmt worden;
Goebel vermutet, der Dichter habe eine mit Lesarten
versehene Po-
lyglotte verwendet. Daß er mit Vorbehalt auf Luthers Version zu-
rückgriff, läßt sich aus
sprachlichen Parallelen unschwer erweisen
(Goebel 114)a.
Bemerkenswert ist, daß Opitz sich bei seiner Bear-
bietung nicht
bemüßigt fühlte, nach holländischem Muster gelehrte
Anmerkungen
mitzuliefern, wie er es vorher bei Zlatna getan
hatte
oder wenig später bei Jona, dem Lob des Krieges-Gottes und Vesu-
vius tun würde. Hier verleibte er die Verdeutlichungen
unauffällig
Zu korrigieren ist die Feststellung Goebels (er mißversteht eine
Angabe
Guttmanns, Programm Ratibor 1850, S.
9, und H. Max
schreibt Goebel aus), daß nämlich Opitz in den von Goebel
mit c, g
und k bezeichneten Ausgaben, das HL der Gräfin Sibylle Marga-
rethe von Dönhoff gewidmet habe. Ihr
gilt die Widmung der gesam-
ten Geistlichen
Poemata, d. h. der Sammlung E (1638). In dieser
Sammlung wurde
die Widmung dem Horatius Fornus entzogen und
der leicht veränderte
Prosatext nun An den Leser. überschrie-
ben. Ferner herrscht bei Goebel
Unklarheit über Hugo Grotius’
Einwirkung auf Opitz’ HL. Grotius hat sich dichterisch nicht mit
dem HL beschäftigt; seine Erklärungen dazu erschienen erst 5
Jahre
nach Opitz’ Tode. Sie sind in den Annotationes in Vetus
Testa-
mentum (1644) enthalten und durch den Reprint der Opera omnia
theologica von 1679 bei Frommann,
Stuttgart 1972, Bd. I, S. 267–70
leicht zugänglich.
Zur Kritik an Opitz’ Bearbeitung des HLs siehe Martin Goebel,
Die Bearbeitungen des Hohen Liedes im 17.
Jahrhundert, Diss.
Leipzig, Halle 1914, besonders S. 35–38 und 113–21. H. Max,
der
die Opitzische Bearbeitung S. 22–42 unter der Rubrik »Dramatisie-
rungen« bespricht, stützt sich weitgehend auf Goebel. Seiner Sum-
mierung, S. 40, ist zuzustimmen: »Die Paraphrasierung ... durch
Opitz bedeutet die offizielle Einführung des biblischen Buches in die
deutsche Bildung und Dichtung des 17. Jahrhunderts. Opitzens
Deutungs- und Behandlungsweise ist typisch, vorbildlich, bestim-
mend für das Schicksal dieser Schrift, ... selbst dann, wenn nicht
Anklänge oder Abhängigkeiten anderer von ihm sich nachweisen lie-
ßen«. Arnold Oppel (Das HL Salomonis,
Berlin 1941, S. 43) meint,
am HL habe Opitz vor allem
das Formale gereizt. Opitz’ Umdich-
tung sei sprachlich fließend und
mit ihren pastoralen Akzenten leite
sie über zur geistlichen
Schäferpoesie, die dann von Zesen weiterge-
führt wurde. Man beachte ferner Szy S.
80f. (in der 2. Auflage,
S. 76f., leicht geändert); Hacken S. 57–62 u.
89 sowie Irmgard
Scheitler, Das geistl. Lied
im dt. Barock, Berlin 1982, S. 180–91.
GEstrenger Herr/ Von dem hohen oder Hauptgesange Salomons
ist beydes die alte vnd jetzige Zeit vnterschiedener Gedancken ge-
wesen. Etliche haben vermeinet/ es sey dieses Liedt nichts als ein
Gespräche des Königes mit seinem Reiche/ welches er aus gnädi-
gem vnd Leutseligem Gemüte seine Liebste/ seine Braut vnd
Schwester nenne. Andere halten es für ein [A2b] Buhlergetichte/
darinnen er seine vnd seiner Gemahlinn (ich weiß nicht was für
eines Pharaons Tochter) oder der Sulamithinn Abisag jrrdische
Brunst feyre vnd erhebe. Aber es ist so gar kein zweiffel/ es müsse
hierdurch viel eine heiligere vnd höhere Liebe verstanden wer-
den/ daß auch ohn die gutheissung des Canonis oder der Richt-
schnur der heiligen Bücher/ viel Lehrer vnd grosse Männer der
Alten Kirchenc/ Bernhardusd/ Originese/ Gregorius Nyßenusf/
g
h
i
j
k
[A3a] Diesen herrlichen
Lobgesang nun habe ich meines be-
dünckens nicht vnbefugt in
deutsche Lieder bringen wollen: Weil
er für eines in seiner eigenen
Sprache Poetisch gesetzt sein soll/
wie Arator so vnter dem Käyser Justinian gelebet/ erwehnet
Vnd dann/ weil ich jetzund das dreyßigste Jahr des Alters/
für wel-
chem nach der Hebreer gutachten dieses tunckele Getichte
zu le-
sen keinem vergönnt ward/ hinter mich gebracht habe. Ich bin
dem rechten Sinne des allerweisesten Königs/ so viel meine wenig-
keit zu thun vermag/ nachgegangen/ vnd habe mich einer solchen
Deutligkeit befliessen/ die an vielen Orten an statt einer Erkle-
rung sein kan. Wil jemand vermeinen/ eine vnd andere rede sey
etwas zu buhlerhafftig vnd weltlich/ der erwege daß hiesige Lieder
nichts sind als eine Historie der allerkeuschesten Liebe/ die Salo-
mon/ nach ablegung der verführerischen üppigen Begierden (wie
gelehrte Theologen darfür halten) zu bezeugung seiner Busse auß
Göttlicher regung dermassen herauß streichet/ daß seine zierliche
Worte so weit vber andere gehen/ so weit zeitliche Wollust von
der
z
aa
ab
ac
ad
ae
Also eilet die Salomonische Buhlschafft jhrem Freunde
nach/ fra-
get wo er weide/ wo er zu Mittage liege. Corydon sagt/
Alexis solle
seiner weissen Farben nicht zu viel zumessen/ dann
auch die
schwartze jre anmuth habeag: vnsere gleichfals fengt an: ich bin
Schwartz/ aber lieblich: dann die Sonne hat mich gefärbet. Gallus
beym Virgilius klagt/ daß Lycoris geflohen seyah: die Salomoni-
sche Jungfraw deßgleichen/ daß jr
liebster/ als er nicht baldt
eingelassen worden/ darvon gegangen.
Derowegen folget sie jm
bey nachte/ sucht jn durch alle Gassen/ vnd
als sie nachmals von
den Wächtern darüber beschädigt wirdt/ lest
sie jhrem Buhlen
andeuten/ wie sie nit von den Wunden/ sondern von
der liebe
kranck sey. Welches alles mit gehörigen worten
außgedruckt muß
werden. CE〉 Scheinet
ferner jrgendt einer vnd der andere Verß
was harte vnd genötigt zu
sein/ so [A3b] wisse
man/ daß auch der
Adler zuweilen schlaffe/ vnd diese art zu
schreiben schwerer sey
als die jenigen glauben/ die von andern
vrtheilen/ vnd weder
ai
aj
ak
al
[A4a] So neme nun mein
Hochgeehrter Herr dieses wenige
Pfandt meines dienstwilligsten
Gemütes mit denen Augen an/ mit
welchen er mich allzeit von sich zu
lassen pfleget/ vnd lese die
Liebe dessen/ den ich von Hertzen
bitte/ daß er E. Gestr. auff
dieses newe Jahr newes Glück vnd
Fortgang in allen sachen verlei-
hen/ vnd jhre gedancken wie
bißhero auch ferner darauff richten
wolle/ wodurch des gantzen
Landes Schlesien wolfarth in vorigen
werth gebracht vnd
aufferbawet werden möge. Breßlaw den letz-
ten Tag deß 1626.
Jahres
E. Gestr.
Diener
Martin Opitz.
Das hohe Liedt ist eine Geistliche Wollust heiliger
Gemüter/ in der
Heyrath des Königes vnd der Königinn/ welches
Christus vnd
die Kirche sind.
Auß dieser vrsachen wird hiesiges Buch der Hauptgesang
aller Ge-
sänge genannt/ weil die anderen Gesänge dessen Gesanges
we-
gen gemacht sind/ vnd auff diesen Zweck ziehlen.au
Kolophon
diunbedruckt
dj dk