Bearbeitung der digitalen Edition. Janina Kühner
Bearbeitung der digitalen Edition. Janina Kühner
Ziel der digitalen Edition ist die Bereitstellung von Transkriptionen sechs ausgewählter Briefe der württembergischen Prinzessin Sibylla an Johann Valentin Andreae aus dem Zeitraum von Februar bis Juni 1643.
Der am 17. August 1586 in Herrenberg geborene Johann Valentin Andreae gilt als bedeutender Theologe, christlicher Utopist, Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft sowie als Naturforscher und Kunstsammler.
Sein Werk wurde in der literaturwissenschaftlichen, theologischen und historischen Forschung immer wieder beachtet. Ihm wird eine, später von Andreae selbst verleugnete, Beteiligung am Rosenkreuzertum zugesprochen. Im Gegensatz zu Andreaes Werk ist seine Korrespondenz in der Forschung zunächst kaum berücksichtigt worden. Erst die Studie von Martin Brecht brachte in dieser Hinsicht einen Fortschritt, indem er die unterschiedlichen Briefpartner Andreaes differenzierte. Sein Fokus liegt hierbei primär auf der Korrespondenz zwischen Andreae und Herzog August, die Brecht vor dem Hintergrund der zeitgenössischen theologischen Debatten und literarischen Diskurse betrachtet.1 Erstmals erschlossen, digitalisiert und in Form eines gedruckten Inventars herausgegeben, wurde die umfangreiche Korrespondenz Andreaes im Rahmen des an der Herzog August Bibliothek angesiedelten DFG-Projekts "Erschließung des Briefwechsels von Johann Valentin Andreae".2
Die sechs edierten Briefe der württembergischen Prinzessin Sibylla, der späteren Herzogin Sibylla Württemberg-Mömpelgard, an Johann Valentin Andreae, die sie über den Zeitraum vom Februar bis Juni des Jahres 1643 an ihn verfasste, sind Teil dieser Korrespondenz, aus der 4827 Briefe in der Herzog August Bibliothek überliefert sind.3 Der überwiegende Teil der von Andreae verschickten und an ihn gesendeten Briefe ist in lateinischer Sprache verfasst. Etwa ein Drittel ist deutschsprachig, so auch die sechs Briefe Sibyllas. Sie finden sich in der HAB unter der Signatur Cod. Guelf. 236.11 Extrav. in einem Band mit Fürstenbriefen an Andreae aus der Zeit von 1640 bis 1654.4
Andreae lernte Sibylla (1620–1707) und ihre beiden Schwestern Antonia (1613–1679) und Johanna (1619–1679) in seiner Zeit als Hofprediger und Konsistorialrat in Stuttgart am Hof Herzog Eberhard III. (1614–1647) kennen. Die häufig als die „drei Grazien“ bezeichneten Schwestern waren künstlerisch und musikalisch interessiert, was sich auch in den Briefen Sibyllas an Andreae widerspiegelt.
Am 23.10.1642 hatte Andreae eine Komposition Sibyllas am Hofe Augusts eingereicht und mit Augusts dritter Frau Herzogin Sophia Elisabeth, eine Musikkennerin gefunden, die zum Vorbild für Sibylla wurde.5 So erklärt Andreae in einem undatierten Brief an den Herzog und seine Gemahlin, Sibylla "wunschet von Herzen. bei einer so perfecten Maisterin, eine Schulerin vnd aufwärterin zu sein [und] noch vil zu Erlehrnen."6 Hinsichtlich der eingereichten Komposition betont er, dass sie durch Sibyllas "aigene hand, vnd Composition, so ohne einiges Menschen hulf beschehen" sei.7 Johann Heinrich Boedecker, "hof Organist, Ein sehr guter Musicus in allen Jnstrumenten“, habe ihm die Komposition mit der Beteuerung überreicht, "daß es nicht mehr als einige notam, wie zusehen Corrigiert, eingehändiget."8 Herzog August bedankte sich am 15.11.1642 für "das liebliche, vierfach aufgesetzte Musicalische Stücklein" der Prinzessin.9 Für die Übersendung eines Stückes durch Sophie Elisabeth bedankt sich wiederum Sibylla und bittet Andreae am 02.03.1643 darum, diesen Dank an die Herzogin weiterzuleiten, wodurch ihr "der herr Großßen gefallen Erweisen würdt". Jedoch fürchtet sie, ihr Stück könne mit den durch Andreae übersendeten nicht verglichen werden.10 Andreae sendet ihren Dankesbrief am 08.03.1643 mit und erklärt dem Herzog und der Herzogin, Sibylla "erkennet […] sich in arte musica, gegen dem vberschikhten Kunstlichen stukh. gar zu schwach, vndt hat seidt der Zeit keine ruw. Etwas mehrers zu erlehren. woher nur zu wunschen. daß sie ihr ingenium mit allzu Vilem oder Vilerlei zumuten, nicht distrahiert. oder oneriert. damit sie zuvor in einem, perfection erlanget […]."11 Sibylla selbst äußert sich in ihrem Brief vom 29.02.1643 wie folgt dazu: "Was das beligenden Stückh anlangt muß Ich bekennen wie micht dünckht das es perfect, sehr Gurtt vndt Stattlich Ist, Sollte aber zwar nicht vihl daruon schreiben dan Ich es nicht recht verstehe vnd Inn dißer schönen kunst noch ein kündt."12
Wolfenbüttel, September 2020, Janina Kühner