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Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714
DVrchleuchtiger Hochgeborner Fürst / Gnädiger Herr / Auch Durchleuchtige
Hochgeborne Fürstin / Gnädige Fraw. E. E. F. F. Gn. Gn. vberreiche ich in
Vnderthänigkeit gegenwärtige Apostolische Auffmunterung / nach dem Sinn der
gewohnlichen Episteln durch GOttes Gnade von mir auffgesetzet / wolte Gott das
viele dadurch zur Beweisung deß lebendigen Glaubens möchten auffgemuntert werden
/ wie dann ich zu GOTT die Hoffnung trage / er werde sein Werck gesegnen. Daß
ich nicht tüchtig bin / von mir selbst etwas zugedencken oder herfür zu bringen
/ das zur seligen Auffmunterung der Seelen dienet / das habe ich wol erfahren /
doch haben wir ein gutes Vertrawen
Ich erinnere mich hiebey / der herrlichen Verheissung / die Christus vns gegeben
hat / beym Johanne / Ich will die Wüsten zu Wasser Seen machen / vnnd das dürre
Land zu Wasser quellen. Dann ich will Wasser giessen auff die rufft: Wem
dürstet / der komme zu mir; dieses spricht der HERR JEsus mit ruffen aus / vnd
begehrts niemand zu verhelen / was wir an jhm haben. Darauff folget die
vorgesetzte Verheissung: Wer an mich glaubet / von deß Leibe sollen Ströme deß
lebendige Wassers fliessen; damit so viel gesagt ist / wer
durch den Glauben zu mir kompt / vnnd zu seiner Seelen Erquickung deß Lebens
Wasser auß mir schöpffet / der soll nicht allein erlabet / sondern also mit dem
Wasser deß Lebens erfüllet werden / daß ein Strom deß lebendigen Wassers auß jhm
fliesse.
Bey solcher Verheissung ist zubedencken / was das lebendige Wasser sey / vnnd
welches die Quelle sey / darauß es fliesse. Das lebendige Wasser ist ins gemein
nichts anders / als die erquickende vndstärckende Krafft deß heyligen Geistes.
Wann dieselbige wie ein
Die Quelle anlangent / zeyget vns Christus dieselbige nit ausser vns / sondern in
vns. Wer an mich glaubet / von deß Leibe werden Ströme deß lebendigen Wassers
fliessen. Laut dieser Verheissung hat ein jeglicher wahrer Christ in jhm die
Quelle deß lebendigen Wassers. Christus ist selbst die Quelle / wer durch den
Glauben Christum in sich gezogen / der hat die Quelle in jhm / wie der HERR
spricht / Johannis am 4. Das Wasser das ich jhm geben
Wie vbel thun die Leuthe / die Trost vnd Lust ausser jhnen suchen / die sie ohne
Mühe in jhnen selbsten finden köndten? Wie vbel sehen sich für / die so reich an
lebendigem Wasser seyn köndten / daß es wie ein Strom möchte von jhnen fliessen
/ vnd doch in jhrem gantzen Leben keinen Tröpfflein geistlicher Erquickung
geschmecket haben? Wie vnglückselig seynd / die an statt deß lebendigen Wassers
deß Geistes / das todte Meer deß sündlichen Fleisches in jhnen quillen vnd
lauffen lassen. Wer Christum in jhm hat / der ist seines Geistes theylhafftig /
der lebt in jhm / tröstet jhn / vnnd ersättiget seine Seele mit himlischen Gütern / daß er auch andere vnterweisen / auffmuntern vnd trösten kan.
Dahin gehet das anmuthige liebliche Wort / Esaiaeam 5 8. Capitel. wie
eine Wasser quelle auff das dürre Land außlauffen / vnd viel gutes schaffen
kan.
Wann aber diese Krafft deß H. Geistes sich allermeist herfür thut / bey dem Ampt
daß die Versöhnung predigt / haben Christliche Lehrer billig eine solche
Zuversicht zu Gott / daß jhre Lehre werde ein Auffmunterung seyn allermeist /
wan sie selbst dem Geist Christi jhr Hertz eingeräumet haben
/ vnd denselbigen in jhnen vnd durch jhnen predigen lassen. Wann von Stephano
die
In solcher Hoffnung laß ich nun auch im Nahmen GOttes lauffen die Strömlein der
Apostolischen Auffmunterung / wie dann ein jeglicher Christ schuldig ist / nach
der Vermahnung deß weisen Königes:
Es ist meine Gewohnheit nicht / Predigten auffzuschreiben / weil ich aber gesehen
/ daß viele einfältige getrewe Christen begierig gewesen auch zu lesen / was sie
vorhin auß meinem Munde gehöret / habe ich mir gefallen lassen die Vermahnungen
/ so ich über die gewöhnliche Episteln zu Rostock / mehren Theyls im Anfang
meines Predig-Ampts gehalten / auffzusetzen / auff daß auch nach meinem Abscheid
von dieser Welt ich meinen JEsum preisen könne; in welchem Vornehmen ich
gestärcket bin / nach dem durch GOttes Schickung ich von meiner lieben Gemeine
zu Rostock habe weichen müssen / vnnd viele fromme Hertzen hinterlassen / die
begierig seynd / etwas von dem daß ich jhnen gepredigt zu sehen vnnd zu hören.
Ich köndte noch etwas anders herfür bringen / daß mich anfänglich zu diesem
Fürnehmen bewogen: Aber ich verschweige es / damit es nicht das Ansehen habe /
als wolte ich mich selbst rühmen / da ich doch nur das Lob meines GOttes zu
rühmen begierig bin. Ich gestehe gern / daß die Welt dieser Arbeit wol entbehren
kan / vnnd bereyts
Dem Christlichen Leser zur Nachricht / verschweige ich hie nicht / daß an etzlichen Orthen / ich nicht so sehr auff den gewohnlichen teutschen Text / als auff die Grund-sprach deß heyligen Geistes gesehen / welches ein guthertziger Christ mir nicht übel außdeuten wolle / alldieweil mein Vorhaben in diesen Predigten gewesen / den Text nach dem Zweck deß heyligen Geistes / so viel nur GOTT Gnade verliehen / gründlich zu erklären / vnd die Seelen Speise darin begriffen dem schwachen Verstande vorzukawen / vnd dann alles zur Erbawung vnnd Auffmunterung in der Gottsehligkeit zu richten.
Wo auch jemandt ist / der Lust hat etwas genawer die Ordnung in acht zu nehmen /
so wol in den
Daß aber Gnädiger Fürst vnd Herr / auch Gnädige Fürstin vnnd Fraw / diese
Bächlein Geistlicher Auffmunterung zuforderst zu E. E. F. F. Gn Gn. ich
außfliessen lasse / als das erste Werck meiner Geistlichen Arbeit / dar zu
nöthiget mich dero vielfältige grosse Gnade vnnd Fürstliche Wolthaten / auff daß
ich etlicher massen in schuldiger Vnterthänigkeit mich offentlich danckbar
erzeygen möge. Vnnd weil durch GOTTES Schickung auch bey E. E. F. F. Gn. Gn.
Hoffstatt ich vnwürdig zum Seelsorger gesetzet / halte ich darfür / daß alles
was ich kan vnnd vermag / nach der Gnade die GOTT in mir würckt / zuforderst
GOtt vnnd den E. E. F. F. Gn. Gn. zugehöre /
Geben in E. E. F. F. Gn. Gn. Residentz Statt vnnd Vestung Wolffenbüttel / den 20. Januarij. Anno 1652.
E. E. F. F. Gn. Gn.
Vnderthäniger vnd Getrewer Diener vnd Vorbitter zu Gott.
JOACHIMUS Lütkeman / D.
V. 11. WEil wir solches wissen / nemblich die Zeit / daß die Stunde da ist / auffzustehen vom Schlaff / (sinteinmahl vnser Heyl jetzt näher ist / denn da wirs gläubten.
V. 12. Die Nacht ist vergangen / der Tag aber herbey kommen. So lasset vns ablegen die Werck der Finsternüß / vnd anlegen die Waffen deß Liechts.
V. 13. Lasset vns ehrbarlich wandeln / als am Tage / nicht in fressen vnd sauffen / nicht in kammern vnd Vnzucht / nicht in Hadder vnd Neid.
V. 14. Sondern ziehet an den HERRN JEsum Christ / vnd wartet deß Leibs / doch also / daß er nicht geil werde.
GEliebte in Christo Jesu. Der liebreiche Apostel vnd Evangelist Johannes gibt von
dem ewigen Wort deß Vatters / vnserm Heyland Christo JEsu / ein solches
Gezeugnüß am 1. Cap. seines Evangelij: In Ihm war das Leben / vnd das Leben war
das Liecht der Menschen / vnd das Liecht scheinet in der Finsternüß / vnd die
Finsternüß habens nicht begriffen. Damit zeuget Er
2. Zeiget vns Johannes das Liecht auff diesem Wege / Christum / daß Er sey das Liecht der Menschen / das da scheine in der Finsternüß / das warhafftige Liecht / welches alle Menschen erleuchtet / die in diese Welt kommen. Denn Christus ist ein offentliches Liecht allen fürgesetzet / vnd so viele jemals erleuchtet seyn / die seyn alle durch das Liecht erleuchtet. Er hat geleuchtet in den Tagen seines Fleisches durch seine Lehr vnd heiliges Leben. Nachmals erleuchtet Er die Welt durch seine Apostel vnd Diener / allermeist wann Er mit seiner Gnaden-Zukunfft vnser Hertz erfüllet.
3. Gibet auch der Evangelist ein Zeugnüß / von der Welt
Hierumb muß der Christen höchster Fleiß seyn / wann Christus esse luce.
ESredet in dieser Lection der Apostel Paulus nicht mit denen die noch im
Vnglauben stecken / sondern mit denen / die schon glaubig geworden waren / vnd
lehret nicht was Glaube sey / sondern was er wircke. Vorhin hat er die Römische
Christliche Gemein ermahnet zu der Liebe / darauff setzet er jetzo einen
allgemeinen Grund von der Erleuchtung der Christen / wann er gelehret: Ihr solt
in der Liebe bleiben; setzet er hinzu: Vnd dasselbe /
Vom ersten spricht der Apostel / Ihr wisset die Zeit / daß die Stunde da ist auffzustehen vom Schlaff / sintemahl vnser Heil jetzt näher ist / denn da wirs glaubeten. Die Nacht ist vergangen / der Tag aber herbey kommen.
Hie müssen wir vor allem wissen / was Nacht vnd Tag sey. Die Nacht ist lauter
Vnwissenheit von dem Heil Christi / vn wärs auch sonst köstliche
Weißheit. Denn ausserhalb der Erkäntnüß Christi ist keine heilwärtige Lehre /
sondern eitel Finsternüß.
Wie die Nacht ist / die ordentliche Zeit deß Schlaffes / also
Nicht anders gehet es den Kindern der Finsternüß / das ist / allen die da nicht
seyn in der lebendigen Erkäntnüß Christi / die schlaffen geistlich im Finsternüß
/ empfinden nicht die geistliche himlischen Güter / die vns im Evangelio
angebotten vnd fürgeleget werden / denn sie mangeln deß Liechtes / dadurch sie
solche Güter ersehen können. Die Güter seyn geistlich vnd himlisch / vnd seynd
verborgen in Christo / darumb können sie auch nicht anders als durch den Glauben
in Christum ersehen werden. Vnd ob schon das Liecht in der Welt auffgangen ist /
so wird es doch nicht gesehen in jhrem verfinsterten Hertzen. Vnterdessen aber
ergetzen sie sich mit den vergänglichen Gütern / mit jrrdischer Wollust vnd Ehre
/ halten das falsche Gut für das warhafftige Gut / weil sie das warhafftige Gut
nicht sehen. Ein Geldgeitziger achtet es für köstlich ding viel Geld ansehen /
ein Ehrgeitziger kützelt sich in seiner Ehre / ein Hoffärtiger erfrewet sich
über leibliche Zierd vnd Gab / einem
Das will die Welt wol nicht glauben. Aber höret was die
Esai. 29. stehet geschrieben: Wie ein Nachtgesicht im Traum / so soll seyn die menge aller Heyden. Denn gleich wie einem Hungerigen träumet daß er esse / wenn er aber auffwacht / so ist seine Seele noch leer / vnd wie einem Durstigen träumet daß er trincke / wenn er aber auffwachet / so ist er matt vnd durstig; Also soll seyn die menge aller Heyden / die wider den Berg Zionstreiten. Ist so viel: Wann die mächtige Völcker auff Erden meynen / sie haben grosse Kräffte vnd Stärcke / vnd haben die Sach wol vnd klüglich angefangen / sihe so haben sie geträumet; Nicht anders ist es mit aller Herrligkeit der Welt.
Das Büchlein der Weißheit am 5. Cap. macht es gering
Was der 39. Psalm von den Geitzigen saget / mag billich
Man predige aber was man will / so bleibet die Welt bey jhren fünff Sinnen / vnd muß jhnen köstlich seyn / was sie vor köstlich halten / sie werden solche Narren nicht werden / daß sie die Herrligkeit der Welt solten halten für einen nichtwertigen Schatten / was soll man jhnen thun? Sie schlaffen / vnd sehen das Liecht im Glauben nicht / soll sie aber Christus erwecken / vnd jhre Augen öffnen durch sein seligmachendes Erkäntnüß / als denn würden sie auch sehen das warhafftige Gut / welches jhnen bißher verborgen ist / vnd erkennen / daß das vergängliche ding / welches sie so hoch gehalten / nichts sey.
Wir haben etwas geredet von der Nacht / vnd von denen die in der Nacht schlaffen
/ wir müssen auch den Tag beschawen: Der Tag ist das Liecht deß H. Evangelij /
wann es geprediget wird / daß es Hertz vnd Seel erleuchtet. Die Sonne an diesem
Tag ist Christus
Wann wir wissen was Tag vnd Nacht ist / so wissen wir auch was das gesagt ist:
Die Nacht ist vergangen / der Tag aber herbey kommen. Wann die Nacht bald zu
ende kompt / so nahet sich der Tag / vnd je mehr der Tag sich nahet / je mehr
die Nacht vertrieben wird / vnd das ist die Morgenröthe: Also auch wann das
Liecht deß Evangelij in vns anfanget zu leuchten / gehet vns auff die geistliche
Morgenröthe / da Tag vn Nacht sich scheiden. Drum
wird auch in H. Schrifft die tröstliche vnd lebendige Predigt deß Evangelij
verglichen einer Morgenröthe.
Also legts der Apostel selbst auß / wann er spricht: Vnser
Wann diese geistliche Morgenröthe anbricht / vnd den Tag
So müssen wir auch nun weiter 2. mercken auff den Gebrauch deß Liechts / daß wir
wissen / wie wir im Liecht wandeln
Die erste Regel: Lasset vns ablegen die Wercke der Finsternüß / vnd anlegen die
Waffen deß Liechtes. Wercke der Finsternüß seynd in gemein das gantze Leben
eines Menschen ausserhalb Christo / vnd alle Werck die auß einem verfinsterten
Hertzen herfliessen: Denn wie der Glaube ist das Liecht der Menschen: Also ist
die Finsternüß der Vnglaub: Wie nun Wercke deß Liechtes seynd Wercke deß
Glaubens: Also seyn Wercke der Finsternüß Wercke deß Vnglaubens. Daher seynd
absonderlich für Wercke der Finsternüß zu schätzen / Erstlich die Wercke aller
Heyden / wann sie noch so herrlich scheinen / denn es ist kein Mittel zwischen
Liecht vnd Finsternüß. Man hat auch herrliche tugendreiche Wercke bey Heyden
gefunden / die möchte man
Diese Wercke der Finsternüß müssen in dem Reich Christi abgeleget werden / nicht
daß ein Christ keine Finsternüß vnd Sünde mehr fühlen solt; sondern daß er
keinen Willen darin gebe. Zu solchem ende muß er behutsam seyn / nicht allein
über das eusserliche Leben; sondern auch über die Gedancken / daß dieselbe in
dem bösen sich nicht belüstigen. Sünde fühlen machet keinen un Christen /
sondern Sünde lieben / vnd mit willen behalten. Denn auch
Den Wercken der Finsternüß seynd entgegen gesetzt die Waffen deß Liechtes. Wann hie der Waffen gedacht wird / werden wir erinnert / daß es ohn Streit / Mühe vnd Arbeit nicht abgehe / wann man die Wercke der Finsternüß will ablegen / vnd im Liecht wandeln / da wird erst der Teuffel / als ein Fürst der Finsternüß / vnser Feind werden / der nicht wol leiden kan / daß seinem Reich ein Abbruch geschehe: das Fleisch ist auch nicht zu frieden / denn es ist der Brunn der Finsternüß / vnd will nicht gern getödtet werden.
Die Waffen deß Liechtes / die ein Christ muß anlegen / seyn nichts anders als die
Rüstung Gottes / da wir stehen im Glauben vnd gutem Wandel / vnd tragen das
Schwerdt deß Worts / den
Die böse Werck seynd auch Waffen / aber nicht für vns / sondern wider vns / wie
gemeldet wird zun Röm. am 6. daß die Gottlosen
Die 2. Regel. Lasset vns ehrbarlich wandeln / als am
Die 3. Regel machet namhafftig etzliche Wercke der Finsternüß
Die 4. Regel zeiget art vnd weise anzuziehen die Waffen deß Liechts: Ziehet an den HERRN Jesum Christ. Christus wird auff zweyerley weise angezogen. Eins / durch den Glauben: Hernach / durch ein heiliges Leben / vnd das ist allezeit bey einander. Habe ich Christi Gerechtigkeit durch den Glauben angezogen / so ist auch sein Geist in mir / vnd erleuchtet mein Thun vnd Gedancken; vnd richtet es nach Gottes Wort / vnd dem heiligen Leben Christi. Wann Christus also wird angezogen im Glauben vnd heiligen Leben / seyn wir mit Waffen deß Liechtes wol verwahret. Da findestu an statt Fressen vnd Sauffen / Mässigkeit vnd Casteyung deß Leibes: mit fasten / Arbeit / predigen vnd den Leuten wolthun. An statt der Vnzucht findestu Reinigkeit vnd Keuschheit: An statt deß Zorns vnd Zancks findestu Liebe / Demuth / Sanfftmuth / Süssigkeit / Barmhertzigkeit. Da haben wir einen Rock / darein wir vns offentlich am Tage wol dürffen sehen lassen. Bey hellem Tage wandert man nicht nacket herumb. Im Reich Christi schickets sich auch nicht / daß wir bloß erfunden werden / das Kleid aber ist Christus im Glauben vnd heiligem Wandel.
Die letzte Regel zeiget vns ein Mittel zu meiden vnd abzulegen die Wercke deß Fleisches: Wartet deß Leibes / doch also / daß er nicht geil werde / oder vielmehr / wartet deß Leibes nicht zur Geilheit. Denn weil das Fleisch der Brunnquell ist der Finsternüß / müssen wir das Fleisch wol hüten vnd im Zaum halten / damit es nicht außrichte / was es für hat. Es begehret Gott nicht / daß wir deß Fleisches vns gar nicht solten annehmen / vnd jhm seine Ehr nicht anthun; doch soll es nicht zu sehr gepfleget werden. Drumb ist die Wartung deß Leibes zweyerley; die eine zur Notturfft / die andere zur Geilheit. Essen vnd Trincken kan er nicht entbehren / doch muß man jhn damit nicht mesten / daß er geil werde. Schlaff vnd Ruhe kan man jhm auch nicht wehren / wo aber Faulheit darzu kompt / vnd durch langes schlaffen die Wercke deß Liechts verhindert werden / gehört es mit zur Finsternüß. Es ist das Fleisch gleich einem vngehaltenen Pferde / entziehestu jhm die Speise / so mag es den Herrn nicht tragen; reichestu jhm zu viel / so wirffts den Herrn / das ist / den Geist zu boden. Drumb ist zum besten / den Leib also regieren / daß er bleibe vnter dem Gehorsam deß Geistes.
Also haben wir gesehen / wie der Geist Gottes durch den
Bey der ehrbaren Welt stehets nicht wol / wann ein gesunder Mensch Tag vnd Nacht
faulentzet / vnd deß Tages Liecht nicht recht gebrauchet. Bey dem Anbruch deß
geistlichen Tages / wann
Ist jemals der geistliche Tag in dir auffgegangen / so sihestu vnd hast ergriffen
das wahre Gut vnd die Seligkeit in Christo / denn das ist der Seelen Tag. Vorhin
erkantestu kein wahres Gut / viel weniger mochtestu es besitzen. Nun sihestu es
/ vnd hast es.
Ists vns denn ernst / wann das Liecht auffgegangen ist / desselbigen
Ich wolte auch rathen / daß ein Christ in allem Thun vnd Lassen wol bedächte / was deß Liechtes würdig wäre. Vornemblich / wann man eben nicht weiß / was übel / oder wol gethan ist. Da denn bey vns soll eine Schande seyn / mehr fürchten die Augen deß Menschen / als Gottes. Es seyn / leider! wenig Christen / die leiden können / daß alle jhre Wercke an deß Tages Liecht kommen: aber was hilfft jhnen das / weil sie doch müssen offenbahr seyn für den Augen Gottes vnd aller Engel; vnd am Jüngsten Tag auch für allen Menschen all jhr Thun muß offenbahr werden. Ein Christ soll also leben / daß er seines Lebens hie wol mag bekant seyn / vnd soll auch in Vbung deß Christenthumbs dahin sehen / daß er allezeit in allem sich also verhalte / wie er will am Tag deß Gerichts für jederman erfunden werden. Der also gesinnet ist / der hat ein gutes Zeichen / daß der Tag in seinem Hertzen angebrochen.
Es ist wol wahr / der frische tapffere Glaube hat gnung zu
Bey welchem Menschen das Wort nicht mehr gilt / der stürtzet sich in Finsternüß; denn die Liebe der Finsternüß hat sein Hertz also eingenommen / daß er das Liecht verachtet / vnd sich vom Liecht nicht will leiten lassen. Die Weltkinder gedencken: so der Welt Wollust / Fressen / Vnzucht / Zorn etc. nicht mügen das Liecht leiden / begehren wir deß Liechts nicht: Also vnd nicht anders reden sie in jhren Hertzen. Soll ich das vnd diß nicht haben / so frag ich nicht groß nach Gott. Also vnd nicht anders nimpt GOtt jhr Thun auff / laut deß 10. Psalms: Der Gottlose rühmet sich seines Muthwillens / vnd der Geitzigesegnet sich / (hält sich für glückselig) vnd lästert den HERRN. Der Gottlose ist so stoltz vnd zornig / daß er nach niemand fraget / in alle seinen Tücken hält er Gott für nichts. Das ist die Macht der Finsternüß / vnd kompt daher / daß die blinde Leute die blosse Bildnüssen deß guten / die Welt vnd was in der Welt ist / als grosse Güter im Hertzen beliebet haben. Aber sie träumen im Finsternüß / was soll man denn von jhnen sagen? seyn sie im finstern / so ist der Satan / der Fürst vnd Herr jhres Lebens / vnd ist nur schad / daß sie jhrem Herrn die Schande anthun / daß sie sich seiner schämen / in dem sie sich mit frembdem Nahmen Christen nennen.
GOTT erleuchte vnsere Augen / daß wir beydes die Nichtigkeit der Welt / vnd das wahre Heyl in Christo erkennen / vnd in solchem Liecht / als am Tage / für GOTT ehrbarlich leben / AMEN.
V. 1. WIr aber / lieben Brüder / die wir starck sind / sollen der Schwachen Gebrechligkeit tragen / vnd nicht Gefallen an vns selber haben.
V. 2. Es stelle sich aber ein jeglicher vnter vns also / daß er seinem Nechsten gefalle / zum guten / zur Besserung.
V. 3. Dann auch Christus nicht an jhm selber Gefallen hatte / sondern / wie geschrieben stehet / die Schmach deren / die dich schmähen / sind über mich gefallen.
V. 4. Was aber zuvor geschrieben ist / das ist vns zur Lehre geschrieben / auff daß wir durch Gedult vnd Trost der Schrifft Hoffnung haben.
V. 5. GOtt aber der Gedult vnd deß Trosts gebe euch / daß jhr einerley gesinnet seyd vnter einander / nach Jesu Christo.
V. 6. Auff daß jhr einmütiglich mit einem Munde lobet Gott den Vatter vnsers HErrn Jesu Christi.
V. 7. Darumb nehmet euch vnter einander auff /
V. 8. Ich sage aber / daß Jesus Christus sey ein Diener gewesen der Beschneidung / vmb der Warheit willen Gottes / zu bevestigung der Verheissung den Vättern geschehen.
V. 9. Daß die Heyden aber GOTT loben vmb der Barmhertzigkeit willen / wie geschrieben stehet: Darumb will ich dich loben vnter den Heyden / vnd deinen Namen singen.
V. 10. Vnd abermal spricht er: Frewet euch jhr Heyden mit seinem Volck.
V. 11. Vnd abermal: Lobet den HErrn alle Heyden / vnd preiset jhn alle Völcker.
V. 12. Vnd abermal spricht Esaias: Es wird seyn die Wurtzel Jesse / vnd der aufferstehen wird zu herrschen über alle Heyden / auff den werden die Heyden hoffen.
V. 13. Gott aber der Hoffnung erfülle euch mit allerley Friede vnd Frewde im Glauben / daß jhr völlige Hoffnung habt / durch die Krafft deß H. Geistes.
ES hat der Apostel Paulus in der Epistel an die Römer vns hinterlassen eine
reiche Vnterweisung / vom Glauben vnd guten Wercken; zu Ende aber derselbigen
Epistel setzet er eine Ermahnung die Einigkeit zu erhalten / so wol im Glauben /
als im Fleiß guter Werck / daß darin keiner was sonders zu seyn gedencke; Zu
solchem Ende hebet er weg die Vrsachen der
DIe Haupt Regel bestehet in diesen Worten: Wir / die wir starck seyn / sollen der Schwachen Gebrechligkeit tragen / vnd nicht gefallen an vns selber haben. Es stelle sich aber ein jeglicher vnter vns also / daß er seinem Nechsten gefalle / zum guten / zur Besserung. Diese Regel handelt von der Gedult der Starcken gegen die Schwachen / wie dieselben die starck seyn / sollen vmbgehen mit denen / die schwach seyn.
Hie müssen wir erstlich wissen / welche denn die Schwachen seyn. Schwach seyn / nicht allein die Vnverständige / welche die Christliche Freyheit noch nicht recht verstehen / sondern sich ein Gewissen machen / da es nicht von nöthen ist. Alle / die da jrren im Glauben oder Leben / seyn auch für schwach zu halten / so lange sie nicht mit Muthwillen oder Boßheit alle Christliche Vermahnungen verachten. Denn etzliche jrren vnd sündigen auß Einfalt vnd auß Vnvermögen den Sünden zu widerstehen: Andere aber sündigen vorsetzlicher weise / vnd seyn Spötter.
2. Ist zu wissen / welche die Starcken seyn. Es seyn Leute die sich starck fürkommen: als wann ein fürnehmer Mann reputirlich mit der Welt lebet / vnd sihet einen andern / der sein Leben begehret anzustellen / auffrichtig nach Gottes Wort in allen Stücken / vnd strebet nach der wahren Heiligkeit in Christo: so spricht der Welt-Christ in seinem Hertzen: Welch ein Narr ist das / der will sonderlich heilig seyn: Also gefällt jhm der Welt-Christ selber / vnd kompt jhm recht starck für. Hernach seyn Leute / die / gegen andere zu rechnen / in jhrem Christenthumb in der Warheit starck seyn: die verständig seyn in der Christlichen Lehr / vnd verstehen die Christliche Freyheit / vnd seyn erfüllet mit der Erkäntnüß deß Willens Gottes / daß sie wissen / was gut oder böse sey. Also seyn auch für starck im Glauben zu halten / die durch Gottes Geist gestärcket werden / den groben wissentlichen Sünden zu widerstreben.
3. Müssen wir wissen das Ampt der Starcken gegen
Diß ist die gemeine Regel für die / so da wollen starck seyn / daß sie nicht
vngedültig vnd stoltz werden über die Schwachheit deß Nechsten / nicht alles
eifern / vnd mit Vngestüm verdammen / sondern sich so gegen jhm stellen zum
guten vnd zur Besserung / daß der Nechster ein Wolgefallen daran tragen kan. Diß
gilt dem gemeinen Hauffen der Christen / vnd zeiget / wie im gemeinen
Wie aber im gemeinem Leben die Schwachen zu ertragen /
Hiezu ziehet der Apostel einen Spruch / auß dem 69. Psalm:
Durch diese Gelegenheit gibt Paulus eine gemeine Regel / die Schrifft nützlich zu
lesen: Was vorher geschrieben ist / das ist vns zur Lehr geschrieben / auff daß
wir durch Gedult vnd Trost der Schrifft Hoffnung haben. Als wolt er sagen: Ob
schon dieser Spruch im 69. Psalm von Christo redet / vnd von Ihm schon erfüllet
ist / so ist er doch / wie auch die Historien der Altvätter / vnd die gantze
Schrifft / Vns zur Lehr geschrieben / nicht Christo vnd den Heiligen zu Trost.
Christus bedarff es nicht / die Heiligen seyn nicht mehr verhanden; Vns aber muß
es zur Lehr dienen. Daher ist es 1. vnser Lehr-Buch: Hernach auch vnser
Trost-Buch. Es setzet Paulus bey einander / Gedult / Trost vnd Hoffnung. Denn
die H. Schrifft nimpt nicht weg Widerwertigkeit vnd Leyd: sondern verkündiget
es. Weil auch das gantze Leben eines Christen nicht anders ist / als eine
Tödtung deß alten Menschen. Hingegen / das gute / das wir haben sollen / sehen
wir nicht / da ist Gedult vnd Trost von nöthen / daß wir Hoffnung haben vnd
behalten. Das wircket aber die Schrifft / vnd stärcket den Menschen mit Trost
mitten im Leiden. Denn / wenn die leidende / betrübte Seel höret vnd recht ins
Hertze fasset nur ein Wort von jhrem Gott / wie derselbe bey anderen gestanden
sey / wie der auch bey jhr stehe / vnd jhr außhelffe / vnd was sie von Ihm zu
erwarten habe / so schwinget sie sich durch die Hoffnung zu getrost / das kan die Schrifft wircken. Das solte billich
alle Christen bewegen / dieses Buch die H. Schrifft täglich im Gebrauch zu haben
/ daß es vnser Lehr- vnd Trost-Buch sey / denn also legt sie vns der H. Geist
allhie für / daß wir darein fleissig studieren.
Wie nun alle Schrifft Gottes / also auch / was von der Sanfftmuth Christi geschrieben / wie Er die Sünder ertragen / muß vns nicht allein Trost geben / wider die Sünde / sondern muß vns auch zur Lehr dienen / daß wir Ihm in der Sanfftmuth nachfolgen / vnd gleich wie Christus vnsernt wegen viel erduldet hat / wir auch nach seinem Exempel mit Gedult deß Nechsten Gebrechen tragen.
Weiter 2. was der Apostel mit Christi Exempel erkläret /
Soll aber das geschehen / so muß 1. keiner in dem Gottesdienst vnd im Glauben was
sonders seyn / nicht mehr / noch höher für Gott / denn ein ander / vnd nach
seinem eignen Geduncken jhm nicht selbst wolgefallen. 2. Muß einer dem andern
können fugen / daß / wo ein jeglicher auff seinen Sinn will halßstarrig dringen
/ vnd keiner weichen / da entspriessen Zwytracht vnd Secten. Darumb so die
Schwachglaubige in der Erkäntnüß vnd Freyheit noch nicht mögen folgen / sollen
die Starcken sie nicht treiben / oder verachten / sondern mit Sanfftmuth
vnterrichten / wo aber solches nicht fortgehet / sollen sie sich den Schwachen
gleich halten / mit den Schwachen schwach seyn / sollen jhnen jhren dünckel
lassen / vnd jhre Weise lassen gut seyn / biß sie auch einmal starck werden.
Deßgleichen so einer im Wandel gebrechlich ist / verwirfft die Liebe jhn auch
nicht fort als einen Heyden / sondern thut das an jhm / was Christus an vns
gethan hat. Hierzu aber gehöret göttliche Krafft /
3. Wieder holet der Apostel die Haupt-Regel / doch mit anderen
Weil nun Christus die Juden so werth geachtet / daß Er jhr Diener vnd Lehrer geworden / darumb ob sie schon die Christliche Freyheit nicht verstehen: sollen die Christen auß den Heyden sie doch nicht verlachen / als vnverständige Thoren. Hinwieder hat auch Christus die Heyden angenommen auß Barmhertzigkeit / darumb sollen die Christen auß den Juden dieselben nicht verachten / als Frembdling. Also in allen dingen sollen wir Christo darin nachfolgen / daß wir vns vnter einander auffnehmen / wie Christus vns Sünder nicht verstossen hat / ob wir schon GOtt mit vnsern Sünden geschmähet haben; sondern zu sich gezogen / vnd vns mit seiner Heiligkeit geholffen / daß wir ein Lob Gottes würden. Also sollen wir vns auch vnter einander auffnehmen / keinen Schwachen verstossen / sondern jhm mit zum guten behülfflich seyn. Finden wir einen / der sich leicht ein Gewissen macht / in einem freyen Dinge / sollen wir jhn darumb nicht verlachen: seynd wir aber selbst schwach im Gebrauch der Freyheit / vnd halten ein freyes Ding für Sünde / müssen wir vns nicht selbst für heilig halten / vnd den anderen / der der Freyheit gebrauchet / verdammen.
Es ist hie zu mercken / wie zweyerley Vrsachen angedeutet werden / die vns zur Freundligkeit gegen die Schwachen anreitzen. Erstlich das Exempel Christi / weil derselbe vns nicht verachtet / noch verworffen / sondern hat vns auff genommen / daß wir von der Schmach erlöset würden. Die andere Vrsache bestehet in dem Nutz: denn wenn wir vns vnter einander auffnehmen / vertragen / forthelffen / vnd ein jeglicher lässet deß Nechsten Sach seine eigene seyn / werden die Schwachen zum Glauben gereitzet vnd gestärcket / daß GOtt auch durch sie gepreiset werde: Also geschichts da / daß / gleich wie Christus / also auch wir vns vnter einander auffnehmen zu Gottes Preiß.
Es beschliesset der Apostel seine Vermahnung mit diesem Wunsch. GOtt aber der Hoffnung erfülle euch mit aller Frewde vnd Friede im Glauben / daß jhr völlige Hoffnung habt durch die Krafft deß H. Geistes. In diesem Wunsch weiset er vns auff die recht geistliche Stärck / so wir ja starck seyn wollen / daß wir nicht darauff sehen / wie wir andere wollen meistern vnd verachten: sondern wie wir im Glauben mit Fried vnd Frewd erfüllet werden.
Das ist entgegen gesetzet 1. dem Zweifel / da wir vnserer Sachen nicht gewiß seyn
/ ob vnser thun GOTT gefällt oder nicht. 2. Der Vnruh / wann das Hertz seine
Frewde nicht einig an Gott suchet. Denn / was ist Frewd vnd Fried im Glauben
anders / als / daß wir in vnserm Glauben vnsers Wandels gewiß seyn / es gefalle
Gott wol / vnd dann vnsere Frewd vnd Lust allein an GOtt haben. Worzu dienet
aber diese geistliche Frewd vnd Fried im Glauben? Darzu / daß wir eilige
Hoffnung haben. Wo Zweifel ist vnd Vnruh / wird die Hoffnung schwach / wo aber
im Glauben zunimpt Frewd vnd Friede / wird auch die Hoffnung gestärcket. Woher
kompt aber dieses Gut? Freylich haben wirs nicht mit der Muttermilch eingesogen
/ sondern es kompt her auß der Krafft deß H. Geistes. Drumb muß es auch vom GOtt
der Hoffnung erbeten werden / von dem GOtt / der durch sein Wort vns lehret /
auff daß wir durch Gedult vn Trost der Schrifft Hoffnung haben.
Wer dieses Wunsches theilhafftig wird / der ist starck genug.
Wir haben bey Erklärung deß Texts gesehen / wie das Exempel der Bescheidenheit
Christi gegen die Sünder vns vom Geist Gottes fürgestellet sey zur Nachfolg vnd
zu Vbung gleicher Bescheidenheit / vnd wäre zu wünschen / daß auch in diesem
Stück wir Christo nachfolgen / vnd von jhm lerneten / wie mit Schwachen
vmbzugehen. Denn es ist ein nötig Stück der Liebe. Wann ein
Es kan ein jeglicher bey sich nachsinnen / was er hierinnen
Befinden sich fromme Christen in einem vnd anderem schuldig / die werden solches
erkennen / auch sich befleissigen es zu änderen / also / daß der sich starck
düncket / den andern / der jhm schwach vorkompt / ertrag. Machstu dir leicht ein
Gewissen in zweifelhafftigen Sachen / verwirff vnd verdamme nicht leicht den
anderen / der sich kein Gewissen darüber macht. Der du aber deiner Freyheit
gebrauchest / verlache ja nicht den Einfältigen: Also ertrage einer den andern
in zweifelhafftigen Sachen. Wann aber eine Sünd offenbahr vnd ohnstreitig ist /
daß man wisse / wie es warhafftig vnrecht sey / muß man dennoch Bescheidenheit
Darauß mercken wir / daß in warhafftigen Sünden vnd Irrthumen ein Vnterscheid zu
machen sey / vnter schwachen vnd
Es muß auch ein Vnterscheid gemacht werden darein / daß wir sehen / ob die Sünde schon offenbar vnd bekant sey / oder ob sie noch im verborgen ist. Durch offentliche bekante Sünde wird eine Gemeine öffentlich geärgert: Darumb wer öffentlich sündiget / muß auch öffentlich gestrafft werden. Wo aber einer im verborgen in eine Sünde gefallen / ob sie auch schwer ist / vnd er auch GOtt gelästert hätte / vnd solches nicht offenbar ist / solstu vielmehr arbeiten / daß du den Betrübten auff richtest / als daß du jhn offentlich zu Schanden machest. Merckestu aber / daß er halßstarrig ist / vnd noch recht darzu haben will / alsdenn brauch das / was Paulus sagt: Wer böse ist / den stoß von dir hinauß.
In Summa / in allen Straff- vnd Vnterweisungen müssen wir nichts thun auß Hoffart oder Vngedult / sondern sollen vnserm Nechsten gefallen zum guten / zur Besserung / das ist / wollen wir vnseren Nechsten bessern vnd zum guten führen / so müssen wir vns in allem also verhalten / daß er sehe / es komme auß Liebe / daß er ein gefallen an vns trage / vnd vns folgen könne: mit nichten aber sollen wir das für vnsern Ruhm achten / so wir vnsern Nechsten zu Schanden machen.
Daß wir befagter massen mit Schwachen vmbgehen / seyn
Insonderheit haben wir vns wol fürzusehen / wann wir in dem Willen Gottes erfahren seyn / daß wir nicht verachten die schwache Einfältige / die an einem falschen Wahn stecken / vnd in freyen Dingen jhnen ein Gewissen machen. Denn es soll vns noch an vnserm Nechsten gefallen die Einfalt / zu meiden alles / was wider Gott ist / weil es in zweyfältigen Sachen viel besser ist / viel lieber von der Freyheit abstehen / als sich in Gefahr stecken / wider Gottes Willen zu handeln.
Es ist / schließlich / wohl zu betrachten die Regel Pauli zun
Wer in dieser Bescheidenheit gegen seinem schwachen Nechsten sich recht vnd
redlich üben will / der muß für allem auß seinem Hertzen außwurtzeln eigene
Liebe / vnd die Verachtung deß
V. 1. DAfür halte vns jederman / nemblich für Christi Diener vnd Haußhalter über Gottes Geheimnüß.
V. 2. Nun suchet man nicht mehr an den Haußhaltern / denn daß sie trew erfunden werden.
V. 3. Mir aber ists ein geringes / daß ich von euch gerichtet werde / oder von einem menschlichen Tage / auch richte ich mich selber nicht.
V. 4. Ich bin mir wol nichts bewust / aber darumb
V. 5. Darumb richtet nicht vor der Zeit / biß der HERR komme / welcher auch wird ans Liecht bringen / was im finstern verborgen ist / vnd den Rath der Hertzen offenbaren. Alsdann wird einem jeglichen von Gott Lob wiederfahren.
IN voriger Epistolischer Lection hat der Apostel vns gewarnet für die hochmütige
Vngedult gegen schwache Christen. In der gegenwertigen ziehet er vns ab von dem
vnzeitigen richten. Beyde Stück haben ein Verwantnüß mit einander / wer gerne
richtet / der kan auch nicht wol andere / als schwache Christen / ertragen.
Beyde Stück kommen auß dem Hochmuth / denn wenn einer sich selbst gefällt / so
will er anderer Leute Thun nicht gerne groß gelten lassen / daher kompt die
Verachtung. Beydes gehet dahin / daß Spaltung vnter den Christen angerichtet
werde. Da mercke / wie der Teuffel der Einigkeit so sehr zu wider ist / vnd
dieselbige durch eigene Liebe gedencket zu schwächen. Denn gleich wie im Anfang
deß Newen Testaments Zwyspalt entstanden vnter den Christen über dem
Fleischessen / in dem ein theil sich schewete allerley Fleisch zu essen / was
auff dem Marckt verkauffet ward / dann sie beforchteten sich / es mochte
Götzen-Opffer seyn; vnd diese wolten Gewissenhafftig vnd heilig gehalten seyn:
Das andere theil verachtete diese / als einfältige Leute. Also wurd auch
Zwiespalt angerichtet / über die Gaben vnd Hoheit der Apostolischen Lehrer /
denn es scheinet / als wenn die Corinther Tauff vnd Evangelium nach der Person
gerichtet / in dem ein jeder seinen Apostel auffgeworffen / von welchem er
getauffet oder gelehret war. Daher kam / daß einer sich rühmete für Paulisch;
ein ander für
Diesem Vnheil setzet sich der Apostel entgegen / vnd will nicht / daß man
vnzeitig von Lehrern vnd Predigern vrtheilen soll / einen verachten / oder zu
sehr erheben. Welches denn billich in gemein auff alles vnzeitige richten der
Menschen gezogen wird / daß kein Christ den andern soll verurtheilen / keinen
Christen für den andern höher oder würdiger schätzen / wie auch Christus
ermahnet / Luc. 6. Richtet nicht / so werdet jhr nicht gerichtet. Damit
Es ist bekant / wie gemein diß Laster ist vnter Christen / darnach man einem gewogen ist / darnach lobet oder lästet man sein Thun / vnd wie offt geschichts / wann zwey oder drey versamblet seyn / daß nicht eins oder ander von jhnen getheilet werde / vnd wenn solches geschicht / gedencket niemand daran / daß er böses thut / da es doch starck wider die Liebe ist. Also ist richten eine von den Sünden / die gemeiniglich nicht für Sünde gehalten werden.
Darumb soll vns nun auch der Apostel zeigen in dem
ES bleibet der Apostel bey einem Exempel / nemblich den Lehrern vnd Predigern / vnd zeiget in demselben / wie kein Christ den andern vnzeitig richten solle. Darumb haben wir bey Erklärung deß Texts auff zweyerley zu sehen. 1. Auff das Ampt trewer Lehrer oder Prediger. 2. Auff das vnzeitige richten / wie dasselbe vnnütz vnd vergebens sey.
Was anlanget das Erste / spricht der Apostel: Dafür halt vns jederman / nemblich für Christus Diener / vnd Haußhalter über Gottes Geheimnüß. Nun suchet man nicht mehr an den Haußhaltern / denn daß sie trew erfunden werden.
Mit diesen Worten beschreibet der Apostel vors Erst / das Ampt vnd den Beruff der
Lehrer vnd Prediger. Sie seyn Diener Christi. Es dienen wol Christo alle
Christen / aber nicht alle in einem öffentlichen Ampte / daher ist der Dienst
Christi zweyerley. Erstlich / all das Werck / das zu Christo gerichtet ist / als
beten / singen / loben / gehorsam seyn. Auff solche weise dienen vnd ehren Gott
alle Christen. Hernach ist ein Dienst Christi / der von Christo zu vns kompt /
als lehren / predigen / schützen / ernehren. Also wenn einer dieser Welt Güter
hätte / vnd sihet seinen Bruder darben / vnd hilfft jhm auff / so verrichtet er
einen Dienst Gottes / nicht allein darumb / daß er Gott Gehorsam leiste /
sondern auch darumb / daß er mit seinen Gaben anderen Menschen an Gottes statt
wolthut / als ein guter Haußhalter Gottes: Also auch / wenn eine Obrigkeit die
Vnschuldigen schützet / ist sie auch eine Dienerin Gottes. Eben also ist ein
Lehrer vnd Prediger ein Diener Gottes / wann er führet das Ampt / das Christus
angeordnet hat zum Nutz vnd zur Seligkeit der verdampten Seel. Weil aber darein
das Reich Christi bestehet / wann Er nemblich durchs Wort / vnd durch die
Sacrament die Seelen mit Ihm vereiniget / so seyn Prediger absonderlich Christi
Diener / auff welche weise
Hernach werden sie auch genandt / Haußhalter über
Der Satan hat auch sein Geheimnüß. Ein Geheimnüß der Boßheit / wann er sich verkleidet in eine leibliche Schlange / vnd zeiget vns den schönen Welt-Apffel / vnd verblendet vnsere Augen / daß wir nicht sehen die Klar- vnd Herrligkeit Christi. Da ists freylich ein Geheimnüß / daß er die Welt schöner machen kan / denn den herrlichen GOtt selbst / daß wir der Warheit nicht gehorchen. Zu diesem Geheimnüß gebrauchet er auch seine Diener vnd Haußhalter / daß mehr dem Satan anhangen / als dem lieben Heyland Christo. Hiegegen braucht Christus seine Diener / als Haußhalter über die Geheimnüssen Gottes / die in der Welt außruffen das hohe selige Gut / das Gott bereitet hat in seinem Sohn / das im Wort verborgen / vnd durch den Glauben ergriffen wird. Mit solchen Geheimnüssen füllet Gott Mund vnd Hände seiner Diener / thuts auch durchs Wort vnd Sacrament / welches alles dahin gehet / daß wir vns vnd Christum erkennen / wie in vns nichts sey / denn Thorheit / Schwachheit / Todt vnd Verdamnüß / Christus aber alleine sey vnsere Weißheit / Stärck / Leben / Preiß vnd Seligkeit / darein bestehet das Ampt der Prediger.
Es zeigethernach Paulus auch die Schuld vnd Gebühr derselben / was von jhnen in
jhrem Ampte erfordert werde. Man suchet nicht mehr an den Haußhaltern / denn daß
sie trew erfunden werden. Wollen sie aber trewe Diener vnd Haußhalter seyn über
Gottes Geheimnüssen / so müssen sie auch für auß haben rechten Verstand der
Geheimnüssen / wer selber davon nichtes weiß / kan andere davon auch nicht
vnterweisen. Er muß hernach auch fleissig seyn zur Arbeit / daß er sey ein
Arbeiter / nicht ein Müssiggänger. Er muß aber auch arbeiten auß auffrichtigem
Gemüth / daß er in seinem Ampt auff Christum lauter allein sehe / Gottes
Geheimnüssen vnd nicht seine dem Volck
Wir schreiten zum andern / vnd besehen das vnzeitige Gericht
Es ist zwar wahr / daß den Predigern zu weilen auch Ehre gegeben wird /
allermeist von den Frommen / vnd die können auch nicht anders; denn wer GOtt
liebet / der liebet auch seinen Dienst vnd Ampt. Bey dem gemeinen Pöbel aber hat
diese Ehr keinen beständigen Fuß. Der hält von Predigern entweder gar zu viel /
oder gar nichts. Wenn die Corinthier einen Apostel hoch erhuben / konten sie die
anderen tieff genung erniedrigen. Gleich wie Johannes der Täuffer zu erst von
den Juden gar zu einem Messias solte erwehlet werden / die doch bald hernach
leiden konten / daß jhm
Es halt aber die Welt davon / was sie will / was in der Warheit von jhnen zu halten sey / ist vor gesaget: Sie seynd dennoch Christus Diener vnd Haußhalter / denen Er nicht Ochsen oder Kälber / sondern das allerhöchste anvertrawet hat / dasselbige / das nicht anders / denn durch das Blut Gottes hat können erkaufft werden / so sie darein jhrem HERRN trewlich dienen / was fodert man weiters von jhnen? da doch GOtt vnd Engel weiter nichtes fodern.
Wann dennoch gleichwol nicht allein Lehrer vnd Prediger / sondern auch andere
fromme Christen von anderen müssen gerichtet werden / was soll man davon halten?
Paulus spricht: Mir ists ein geringes / daß ich von euch gerichtet werde / oder
von einem menschlichen Tage. Durch den menschlichen Tag verstehet Paulus das
menschliche Gericht / dem entgegen gesetzet ist der Tag deß HERRN / wann der
HERR richten wird:
Die erste Vrsach. Denn Ich richte mich selbst nicht / Ich bin mir zwar nichts
bewust / aber darein bin ich
Hie fragt sichs / ob ein Mensch sich denn selbsten nicht richten kan? Darauff mit
Vnterscheid zu antworten ist. Für den Menschen müssen vnd sollen wir vnsere
Vnschuld bekennen vnd rühmen / daß wir niemand vnrecht gethan haben / vnd mit
Paulo sagen: Vnser Ruhm ist der / nemblich das Zeugnüß vnsers Gewissens
Die andere Vrsach / warumb ein Mensch den andern nicht richten kan / ist diese: Weil das Gerichte Gottes ist. Denn nach dem er gesaget: Ich richte mich selbst nicht / setzet er hinzu: Der HERR aber ists / der mich richtet. Darumb richtet nicht vor der Zeit / biß der HERR komme / welcher auch wird ans Liecht bringen / was im finstern verborgen ist / vnd den Rath der Hertzen offenbaren / alsdenn wird einem jeglichen von Gott Lob wiederfahren.
GOtt dem HErrn gebüret das Gericht allein. Erstlich / darumb / weil Er kan ans
Liecht bringen / was im finstern verborgen ist / vnd den Rath der Hertzen
offenbaren.
Zum andern gebühret GOtt das Gericht allein / darumb /
Hierumb schliesset der Apostel: Richtet nicht vor der
Hie haben nun jhre Erinnerung / so wol dieselbe / die gerne
Die jhr lust habet zu richten / höret den Rath Gottes an: da wissen wir / Obrigkeit muß richten zwischen Schuld vnd
Vnschuld. Lehrer müssen richten über Christlichen vnd Vnchristlichen Wandel:
auch Haußvätter vnd Haußmütter müssen riehten über das Leben jhrer Kinder vnd
Gesinde. Es ist allein gesaget vom freventlichen vnd vnzeitigen richten.
Das geschicht / erstlich / wann man das Leben vnd die Wercke
Andere seynd nicht so gar böß / lassen gut gut seyn; vergreiffen sich aber darin
/ daß sie nach dem äusserlichen Ansehen deß Standes / der Gaben vnd Werck /
wollen beydes Werck vnd Person richten / wie dieselben werth oder vnwerth für
Gott seyn. Was böß ist / muß man ja nicht gut heissen: also auch / wer im bösen
muthwillig verharret / den heisset die Schrifft hinauß stossen / vnd seynd auch
fromme Christen verbunden darüber zu seufftzen / daß sie sich frembder Sünden
nicht theilhafftig machen. Doch aber wo kein offenbarer Muthwille ist / vnd
einer auch in schwerer Sünde gefallen / soll man sich hüten im urtheilen. Davids
Ehebruch vnd wer weiß / wer das reineste Hertz herzu bringet. So
wann man auch vmb eines guten Wercks willen einen rechtfertiget / vnd andern
vorziehet / auch wol andere verachtet / ist eben wol vnrecht. Die Schrifft saget
/ Wer sich erhöhet / soll erniedriget werden / wer sich erniedriget / soll
erhöhet werden. Nun ist mancher Mensch nach dem äusserlichen Ansehen demütig /
bey einem anderen findet man also im Schein die Demuth nicht. Wiltu denn die
äusserliche Demuth loben / so kanstus thun; aber hüte dich / daß du es nicht
also erhebest / daß der ander darüber nichtes gelte. Also auch / wann einer bey
seiner Frömmigkeit eingezogen ist / ein ander aber geselliger / da magstu den
eingezogenen loben / aber nicht den anderen verwerffen. Lutherus saget über
diese Epistel: Nach dem äusserlichen Ansehen richten / ist Eyer urtheilen nach
den Schalen ohne dotter vnd weiß.
Hier ist nun das beste / wer zu richten nicht gesetzet ist / der
Ferner die von anderen sich müssen richten lassen / trösten sich auch mit dem Exempel Pauli vnd anderer Heiligen / vnd sagen: Es ist mir ein wenig / daß ich in der Welt gerichtet werde. Boßhafftige Vrtheil thun wol wehe / doch muß ein Christ / wann er ein gut Gewissen hat / auch so viel können / daß er der Welt Vrtheil verachte. Der Vogel singet / wie jhm der Schnabel gewachsen / was können sie groß schaden? Will die Welt vnsern guten Willen nicht erkennen / so will es Gott erkennen. Drumb wollen wir vom guten nicht fort ablassen / wenn schon die Welt es nicht will erkennen / vnd vergelten. Es ist genug / daß vns von Gott selbsten dermalen eins soll das Lob gegeben werden.
Gleich wie nun ein Christ muß so gesinnet seyn / daß er der Welt Vrtheil verlache
/ wann sie jhn gering achten: Also muß er auch seine Großmüthigkeit darein
erzeigen / wann jhn die Welt mit jhren Vrtheilen erhebet / daß ers auch weiß zu
verachten / vnd sich selbsten nicht gefalle / sondern spreche: Ich kan mich
selbst nicht richten / Ich bin mir wol nichts bewust / aber darein bin ich nicht
gerechtfertiget / GOtt ists / der mich richtet. Menschen Lob kompt von Menschen
/ gehet auch mit Menschen dahin / Wol dem! der
V. 4. LIeben Brüder / Frewet euch in dem HErren allwege. Vnd abermals sage ich / frewet euch.
V. 5. Ewer Lindigkeit lasset kund seyn allen Menschen. Der HErr ist nahe.
V. 6. Sorget nicht / sondern in allen dingen lasset ewer Bitte im Gebet / vnd flehen mit Dancksagung für Gott kund werden.
V. 7. Vnd der Friede Gottes / welcher höher ist denn alle Vernunfft / bewahre ewre Hertzen vnd Sinne in Christo Jesu.
WIe viel in H. Schrifft / also insonderheit was in gegenwärtiger Epistel geschrieben stehet / ist eine solche Lehre / welche den Weltkindern nur thörlich für kompt / denn weil auch Welt Christen sich für rechte Christen halten / vnd erfahren doch nichts von der Ruhe der Seelen in Gott / vnd von allem was dazu gehöret / halten sie es für einen Spott / vnd verlachen es / wenn sie davon hören.
Darumb mögen sie nur jhre Ohren verstopffen / denn ich weiß doch wol / daß was hie gesaget wird / bey jhnen nicht hafften / sondern eine Thorheit seyn werde / denn es hat auch der Apostel Paulus diese Lection nicht geschrieben den ruchlosen Sündern / sondern den Heiligen / die jhr Hertze GOtt zu Dienste ergeben / Früchte deß Glaubens herfür zu bringen / daß sie kommen zur Vollkommenheit / Fried vnd Ruhe in GOtt besitzen / von allen Welt-Lüsten vnverhindert. Was gehet solches den Weltkindern an? Was solten sie sich darumb bekümmern? Die Heiligen haben genug zu thun / daß diese Ruhe in jhnen erhalten werde.
Darumb so sollen hie heilige Leute / die der Ruhe Gottes begehren
DAs erste Stück zur Ruhe der Seelen gehörig / ist Frewde in GOtt / Frewet euch in
dem HERRN allezeit
Fürs ander ist auch eine Frewde in GOtt / welche der Weltfrewden gantz entgegen gesetzet ist / vnd ist eine Frucht deß Glaubens / da die Seele die Wolthaten Gottes beweget / vnd jhr zueignet / darüber in GOtt gutes muthes wird / alle Lust vnd Frewde an GOtt hat / also daß sie alle Welt-ergetzligkeit darüber verachtet. In dieser Frewde stehet zum Grunde die Gütigkeit Gottes / weil durch den Glauben nicht allein die Sünde weggenommen wird / besondern wir über das auch zu Gottes Kindern angenommen werden / so bleibet dann keine Furcht deß Todes oder der Höllen / sondern eitel fröliche Zuversicht zu Gottes frewdenreicher Huld vnd Gnaden / da sihet denn die Seele auch nicht auff ein einiges Gut dieser Welt / sie verlacht alles was nicht Gott ist / denn sie ist so hoch in Christo / daß sie nicht gesättiget wird mit einem Gut dieser Welt / was sie erfrewen soll / muß Gott selbst seyn.
Solche göttliche Frewde soll bey Christen stets seyn / wie der zur Trawrigkeit treibet /
alldieweil wir leben mitten vnter vielen Sündern vnd Wiederwertigkeit / da ist
es ja wol von nöthen / daß vns Gottes Geist einen Muth mache / vnd vns
zuspreche: Frewet euch in dem HERRN allwege / vnd abermal sage ich / frewet
euch.
Sünde bringet natürlich mit sich Trawrigkeit / wenn sie erkant wird; auch so kein
Trost dazu kompt / Zagen deß Gewissens; wo aber die Sünde nicht erkant wird / da
mag sich ein Mensch wol frewen nach der Weltweise in Wollüsten / aber nicht im
HERRN. Wir reden aber von heiligen Leuten / die Früchte jhres Glaubens
Die Sünde betrübet wol billich alle die Gott fürchten / aber doch müssen wir endlich die Frewde in GOtt stärcker seyn lassen / als die Trawrigkeit in Sünden / denn Christus muß mir grösser seyn als die Sünde / darumb muß nach der Trawrigkeit über die Sünde allezeit wieder regieren Frewde im HERRN bey frommen Hertzen.
Trübsal betrübet natürlich den Menschen sehr / doch aber muß ein glaubiges Hertze
bey solcher Trawrigkeit sich auch auffrichten vnd frewen / wenn er zurücke
dencket an seinen GOtt / wenn wir das nicht könten / so wären wir schlechte
Christen / Wir frewen
Daher kan ein frommer Christ sagen mit David / Ich will
Es möchte aber einem hie einfallen / was Christus sagt:
Dieses ist das erste / das zur Seelen Ruhe gehöret / als ein Stück / das nothwendig auff die Ruhe folget / denn wo das Hertze wider Sünde vnd Wiederwertigkeit nicht getröstet wird / da kan nicht Ruhe seyn / hingegen wenn wir gerechtfertiget / Friede mit GOTT haben / so suchen wir lauter Lust an Gottes Gnade / vnd frewen vns auch der Trübsal / in dem Augenblick darinnen wir vns nicht in GOtt frewen / ist auch die Ruhe der Seelen verletzet.
Das ander Stück ist die Lindigkeit: Ewere Lindigkeit lasset kund seyn allen
Menschen. Die Lindigkeit ist zweyerley
Dazu gehöret erstlich / daß wir niemand verdrießlich seyn /
2. Daß wir vns in anderer Leute weise schicken / vnd anderer Leute weise vns gefallen lassen / als wann vns alle Ding gleich vnd eben wäre / es sind mancherley Köpffe in der Welt / mit welchen wir müssen vmbgehen / einer ist zorniges Gemüths / der ander ist mißgönstig / einer ist ehrgeitzig / kan nicht wol vertragen / wenn andere jhme vorgezogen werden / ein ander ist gierig nach dem Gelde / vnd sihet sehr auff seinen Nutzen / einer ist argwöhnisch / wunderlich / vnd will alles gerne wissen / ein ander ist träge vnd nachlässig / das seynd alle natürliche Gebrechen / welche durch keine weltliche Gesetze gestrafft werden / wenn da durch Gelindigkeit einer den andern nicht ertragen will / so entspringet Haß vnd Wiederwertigkeit / es heisst aber / Deß Freundes weise soll man wissen / aber den Freund nicht hassen.
3. So einer einen Irrthumb begehet / in Sünde fället / vns oder andere beleidiget / so machet die Lindigkeit / daß wir viel zu gute halten / viel dulden / viel zudecken / so viel Warheit vnd Gerechtigkeit zugibet / daß wir auch mit freundlicher Vermahnung / so viel an vns ist / jhn heilen vnd wieder zu rechte bringen / denn sie machet daß wir alles auß Liebe thuen / auch wenn wir straffen / ist denn etwas begangen / das zweiffelhafftig ist / obs gut oder böse gethan / sollen wirs nicht fort zum ärgsten außdeuten / ist vnversehens ein Fehler begangen / sollen wirs nicht gehässig jhm vorwerffen / oder hoch auffmutzen / ist die Sünde verborgen / müssen wir sie nicht fort außtragen / vnserm Nechsten eine Schande anzuhängen.
4. Lauffet etwas für / darüber wir mit einem in Vneinigkeit kommen / so macht die Lindigkeit / daß wir nicht stracks an vnserm Rechte kleben bleiben / sondern daß wir viel mehr weichen vmb Liebs willen.
Hierumb dann wer die Lindigkeit haben will / muß seinen Sinn zwingen / also daß
er nicht ansehe sein Recht / sondern der andern Willen vnd Nutzen; daß er nicht
begehre / daß sich einer nach jhm richtet / vnd in seine weise schicket /
sondern daß er sich lencke vnd richte nach jederman / da ist der Lindigkeit ein
bereiter Weg gemachet / hingegen wan wir vns das eingebildet
haben / daß andere nach vns sich richten müssen / vnd vns auffwarten / da kan es
ohne Wunder vnd Bitterkeit nicht abgehen.
Es ist aber hiebey zu mercken / daß die Christliche Lindigkeit mit nichten
auffhebe allen Eiffer vnd Straffe / es kan wol eine vngöttliche Lindigkeit seyn
/ wann man über das Böse nicht recht eifert / vnd zu gelinde ist / da man hart
straffen solte. Also war es eine vngöttliche Lindigkeit / wann Eliseinen Söhnen
allerley Büberey zuließ / vnd nicht mit rechtem Ernst straffete / darumb muß man
hie Vernunfft brauchen / dem das Schwerdt befohlen ist / der straffe was Gott zu
straffen befohlen / den das Gerichte ist nicht der Menschen /
sondern Gottes / mit der Natur magstu Mitleiden tragen / doch muß man das Böse
nicht lieben oder gut heissen.
Ein Exempel der Lindigkeit haben wir an Paulo / welcher von jhm zeuget / wie er allen alles geworden sey / für allen leuchtet vns Christus für / bey welchem sich alles findet / was hie von der Lindigkeit gesaget ist / Er ist niemand verdrießlich gewesen / sondern wolthätig / hat der Leute Weise vnd Gebrechen wol können ertragen / hat nicht auff sein Recht getrungen / vnd darauff gesehen / was die Leute Ihm schuldig seyn / doch hat Er nicht dahinden gelassen den Eiffer wider das Böse vnnd wider die Halßstarrigen. Christi Lindigkeit ist ja groß / doch kan sie auch in Zorn verwandelt werden: Also müssen Christi Diener gelinde seyn / daß sie dennoch auch eiffern können. Also streitet Lindigkeit mit ernstem Eiffer nicht / doch hat ein jegliches seine Zeit.
Wir haben etwas gesehen / was Gelindigkeit sey / vnd wie sich ein Christ darein
schicken soll / das ist denn die Tugend / zu welcher vns der Geist Gottes so
hefftig anreitzet. Denn er will /
Es seynd viele / die wissen sich auffs allerfreundlichste zu stellen gegen Frembde / seynd freundlich mit den Freundlichen / vnterdessen bleibet bey jhnen noch eitel storrig Wesen gegen die Haußgenossen / derer sie gewohnet seyn / deßgleichen gegen den Geringen / denen man so balde nicht etwas zu gute hält / als den ansehnlichen Leuten / diß seynd Gebrechen. Die Christliche Lindigkeit erstrecket sich gegen jederman / er sey Freund oder Feind / reich oder arm / jung oder alt / frembd oder ein eigen Haußgenossen / denn der H. Geist will / daß wir die Billigkeit vnd Gelindigkeit in acht nehmen bey jederman / dem einen so wol als bey dem andern.
Hieher ist ein grosser Vnterscheid zwischen der Politischen Weltlindigkeit / vnd der göttlichen vnd geistlichen Lindigkeit / viele stellen sich freundlich / vnd geben nach / da es zu jhren Sachen dienet / dencken aber nicht einmahl an die geistliche Gelindigkeit gegen jederman / vnd meynen das dürffen sie nicht / vielen scheinet die Freundligkeit in die Augen / daß sie es für groß ding halten / aber sie werden nicht gewahr deß heimlichen Gebrechen / daß ein solcher ansehnlicher Mensch nicht gelernet hat / allen Menschen kund zu thun die Lindigkeit.
Daher ist diß eine seltzame Tugend / vnd der Natur fast vnmüglich
Das ist es nun / das der Geist Gottes von vns haben will / daß wir die Lindigkeit
mit vnserm Leben vnd im Werck beweisen
Diß ist das Ander / welches zur Seelen Ruhe gehöret / alldieweil dieselbe nichtes so sehr zerbrechen kan / als Vnwill gegen dem Nechsten / vnd ein vnleidliches zorniges Gemüthe.
Wir kommen auff das Dritte / welches ist Sorge meiden: Der HERR ist nahe; Sorget
nichts / sondern in
Die Sorge ist nicht einerley. Erstlich ist eine Amptssorge / da einer darumb bekümmert ist / wie er das seinige trewlich vnnd fleissig verrichten möge. Das ist eine löbliche Sorge. Also weil wir Christen seyn / ists gut / so wir darumb sorgen / wie wir das Ampt eines Christen trewlich verrichten / welches ist im guten wachsen / vnd das böse meiden. Viel eine andere Sorge ists / wann man neben der Amptssorge sich viel vmb zukünfftige Zufälle vnnützlicher weise bekümmert. Als wann einer das seine fleissig thut / vnd dennoch sich mit solchen Sorgen schlägt / wie sein Thun werd ablauffen / wol oder übel / da doch solches allein in Gottes Händen stehet / vnd nicht bey Menschen. Ingleichem in der Nahrung / wann einer sein Geschäfft fleissig verricht / vnd die Nahrung in acht nimpt / vnd doch darneben sich viel plaget auff künfftige Zeit / woher er leben soll. Wie denn der Leute art ist / daß sie sich selbst wollen versorgen / vnd nur auff eusserliche Mittel sehen / so lange die Mittel da seynd / seynd sie zu frieden / verlieren sich die Mittel / verliert sich auch der Muth.
Solches vnzeitiges sorgen will Gott durchauß nicht haben / denn es kompt auß dem
Vnglauben / als wann GOtt nicht wolte
Wie aber? sollen wir GOtt so sorgen lassen / daß wir nichts dazu thun? wie die Sichern thun / die legen sich auff die faule Seite / vnd lassen GOtt sorgen. Das muß nicht seyn / sagt Paulus / sondern in allen Dingen lasset ewre Bitte im Gebet vnd flehen mit Dancksagung für GOtt kund werden. Denn eben darumb fället Sorg auff vns / daß wir zum Gebet getrieben werden. Gott will nicht daß wir keine Noth fürchten oder fühlen sollen; sondern dieweil den elenden Menschen mancherley Noth für der Thür stehet / müssen wir thun / was vns zu thun gebühret / vnd die Mittel die GOtt verleihet / nicht verachten / fället denn etwas neben ein / das vns Sorge bringet / so haben wir mit der Sorge nichts zu schaffen / GOtt wils haben / daß wir sie alle jhm durchs Gebet sollen zuwerffen.
Merckt aber die Art vnd Weise. Paulus sagt: In allen
So will nun der Apostel 1. daß in allen Dingen wir zu GOtt beten sollen; stosset vns etwas an die Hand / daß vns Noth vnd Sorge bringen möchte / darauß wir vns nicht helffen können / da sollen wir vns nicht vnterstehen / mit vnsern Sorgen alle Noth vnd Mängel abzuwenden / sondern alsbald zum Gebet lauffen. Wann Rauchwerck auff glüende Kohlen geworffen wird / das erweckt einen süssen Geruch. Also / wann die Noth fällt auff ein glaubiges Hertz / das erweckt ein Gebet / welches wie ein Rauchwerck auß glüendem Hertzen gen Himmel steiget.
Weiter / in vnserm Gebet müssen wir vnsere Bitte oder Begehren bey GOTT lassen
kund werden: vnd wie die
Noch mehr / gehöret zu vnserm Gebet auch das Flehen / daß wir hefftig anhalten. Da sollen wir zu GOtt dringen durch die vätterliche vnd kindliche Liebe / die da ist zwischen vns vnd Gott in Christo. Da müssen wir stracks pochen auff Gottes Namen: Ich verlaß mich darauff / daß du mein Vatter bist; Ich verlaß mich darauff / daß du mein Heyland bist; Ich flehe zu dir durch die Liebe / durch den Todt / durch die Wunden deines Sohns / meines Heylands Christi. Also muß es einem ein Ernst seyn / der von Sorgen will loß seyn / daß er GOtt angreiff / da ers am meisten fühle.
Letzlich muß in vnserm Gebet die Dancksagung nicht zu rück bleiben; denn man auch
in der Noth GOtt dancken soll / vnd nicht vnbillich. Denn ist das nicht Dancks
werth / daß wir einen solchen GOtt haben / dem wir vnser Anligen kühnlich mögen
entdecken / viel kühnlicher vnd vertrawlicher als den allerbesten Freunden. Dann
wann jrgend ein Mensch solch Anligen hat / das er sich schämet seinen Eltern
oder Ehegatten zu entdecken; aber für vnserm GOtt dürffen wir vns nicht
entsetzen / können jhm kühnlich alles entdecken. So nimpt er auch gern auff sich
alles / was wir jhm auff den Rücken schieben / vnd richtet herrlich auß /
welches wir mit allen Sorgen nimmer mehr hätten außrichten können. Für solchen
guten Willen mag man ja GOTT wol dancken. Da der Patriarch Jacob in ängsten war
/ wegen seines Brudern Esau / vnd sich befürchtet / daß er mit all den seinen
möchte vmbgebracht werden / betet er zu Gott flehentlich / fängt aber das Gebet
mit
Es vergisst auch Paulus deß Grundes nicht / da er sagt: Der HERR ist nahe. Er ist
nahe mit seinem jüngsten Gericht / darinnen er mit allem jrrdischen Wesen wird
ein Ende machen. Darumb soll man sich vmb das Irrdische nicht zu sehr bekümmern.
Er ist nahe mit seiner Hülff vnd Gnade. Gleich wie vns GOtt nahe geworden in
Christo / da er vnser Blutfreund geworden; so ist er vns noch nahe mit seiner
Liebe / Gnade / Trost vnd Hülffe. Der HERR / der mehr hat als du verlieren
kanst; in dem du auch bereit mehr hast / als aller Welt Gut ist / dieweil du
Christum hast; Der HERR der alles in Händen hat / stehet dir nahe zur Seiten /
als dein GOtt / als dein Vatter / als dein Beschützer / was wilstu denn sorgen /
Er wird dein nicht vergessen / noch dich verlassen? Lutherus
Darumb so wir Christen seyn / vnd mit Warheit sagen können / GOtt ist mir nahe /
sollen wir keine Sorge für vns behalten / sondern GOtt überlassen. Die keinen
gnädigen Gott haben / vnd nicht hierauff pochen können / daß sie sagen: Der HERR
ist mir nahe / die mögen sorgen; Vnsere Sorge soll seyn / wie Lutherus
Dieses ist das dritte Stück / zur Seelen Ruhe nothwendig gehörig. Denn wer alles mit eignem Rath regieren will / verlieret allen Frieden vnd Ruhe in GOtt / sencket sich dazu in Jammer / macht jhm das Vnglück bitterer / vnd schaffet nichts.
Hierauff folget der Schluß / dann wann dieses alles geschicht
Der Friede Gottes ist dreyerley. 1. Der Friede der in Gott ist / wie denn in GOtt eine vnendliche ewige Ruhe ist / die durch keinerley Zufall kan verstöret oder verringert werden. 2. Ist eine: Ruhe zwischen GOtt vnd Menschen / wann Gott nicht mehr über die Sünde zürnet / sondern wieder günstig geworden ist / vnd der Mensch hinwieder lust zu GOtt hat / vnd für jhm sich nicht mehr fürchtet. 3. Entspriesset auß solchem Frieden zwischen GOtt vnd Menschen / ein göttlicher Friede vnd Ruhe in den Hertzen der Menschen / dadurch der Mensch sich einschliesst in das leutselige Hertz Gottes / in Gott ruhet mit völliger Gnüge / also daß wir mit Gott zu frieden seyn / an Ihm alles haben / vnd lassen vns nichts schrecken / es heisse Sünde / oder Trübsal: Wie vns dann solchen Frieden Christus verspricht / wann er sagt: In der Welt habt jhr Angst / in mir aber habt jhr Friede.
Diß ist ein Friede / der übertrifft alle Vernunfft / gleich wie kein Sinn vnd
Vernunfft trawen kan / daß ein Christ in grosser Trübsal grossen Fried vnd
völlige Genüge in seinem GOtt haben kan; also ist auch kein Vernunfft oder
sinnlicher Trost / der solchen Frieden in vns wircken kan. Die Heyden haben viel
geschrieben / wie man Vnglück mit tapfferm Gemüth ertragen solle / ist jhnen
aber vnmüglich gewesen / jhr Hertz zu befriedigen / dieweil sie den Brunnen deß
Friedes nicht erkant. Wann sie es hoch gebracht / haben sie jhren Leib für einen
Blaßbalg vnd Seelenkercker
Doch ist dieser Friede nicht allezeit gleich starck / hat sein abnchmen vnd Zunehmen. Das kompt daher / dieweil der Mensch sich nicht allzeit gleichwol zu GOtt hält. Denn kehre dich wohin du wilst / kehrestu dich nicht zu GOtt / findestu keine Ruhe. Denn wie niemand kan erwärmet werden / es sey denn daß er sich zum Fewer halte / also kan niemand Frieden in der Seelen haben / es sey dann daß er sich zu GOtt halte. Denn ich setze / du wollest in allem mit deinem GOtt nicht friedlich seyn / sondern in einem dinge auch noch deinem Kopff haben / so ist der Grund deß Friedens zerstöret / denn es muß doch dem Menschen nach seinem Kopff nicht gehen. Nun stehet aber der Mensch / so lang er auff Erden lebt / zwischen GOtt vnd Welt / zwischen Himmel vnd Erden / vnd wird zu beydeu seiten gezogen. Da gehet es vns wie Wandersleuten; wie näher sie zu einer Statt kommen / wie weiter von der andern; vnd wie den Vögeln / wie höher sie über der Erden fliehen / wie näher dem Himmel. Wie näher wir mit vnserm fleischlichen Sinne vns zur Welt halten / wie weiter wir kommen vom Himmel / von Gott vnd von der edlen Ruhe der Seelen. Wäre es / daß der Mensch sich bloß vnd allein zu Gott vnd seinem heiligen Willen hielte / vnd seinem eignen sinnlichen fleischlichen Willen absagte / wie wir drumb bitten / wann wir beten: Dein Will geschehe; so hätten wir stoltze stetige Ruhe in Gott.
Dieses göttlichen Friedens Eigenschafft ist / daß er vnsere Hertzen vnd Sinne
erhalte in Christo Jesu. Wann in der
Wann dann Hertz vnd Sinn zu Christo gezogen / vnd Ruhe gefunden hat / bekompt es viele Feinde. Denn der Satan übet alle Macht vnd List / daß ers von Christo ziehe / vnd dazu muß jhm dienen / was in der Welt ist / Armuth vnd Reichthumb / Ehre vnd Schande. Darumb muß ein Christ grosse Sorge vnd grossen Fleiß anwenden / daß sein Hertz vnd Sinne verwahret bleiben in Christo Jesu. So lange das also bleibet / so lange bleibt auch der Friede Gottes.
Alsdenn aber geschicht solches / wann wir dem Rath Gottes / der vns hie vorgeschrieben / folgen / vnsere Lust in Gott suchen / gegen dem Nechsten gelinde / vnd alle Sorge von vns auff Gott bringen / vnd das ist die Meynung dieser Epistel. Dann wann einer nach seinem fleischlichen Sinn seine Lust in der Welt suchet / vnd alles nach seinem Sinn haben will; kein inrath leiden; vnd in Sorgen sich nicht recht schicken will / so ists auß mit dem Frieden Gottes.
Die hie von zuvor nichts gehöret haben / mögen es dazu mercken
Ihr aber / die jhr ewer Hertz zu Gottes Lieb vnd Dienst gewendet habet / lasset euch das eine Anreitzung seyn / nachzustreben der edlen Ruhe / die ewre Seele in ewrem GOtt haben kan / auff solche weise / wie es euch der Geist Gottes fürgeschrieben. Daß ich euch berede / hiezu lust zu gewinnen / ist vnvonnöthen / jhr wisset selber / was es für ein seliges Ding sey / so ewre Hertzen / Sinne / alle Begierden vnd Gedancken in Christo gezogen seyn; vnd weil jhrs erfahren / habt jhr ewer Lust daran. Solte meinem Hertzen besser seyn / wann es gezogen würde zu einem klumpen Gelde / oder zu einer Hand voll Erden? das muß nicht seyn. Nirgends findet die Seele besser Lust / als wann sie durch den Frieden Gottes / der alle Vernunfft übertrifft / bewahret wird in Christo Jesu.
Darumb haltet fleissig / wozu vns der Geist Gottes vermahnet / daß jhr seyd gegen GOtt voller Frewde / gegen dem Nechsten gelinde. Ist dann noch etwas / das vns Sorgen machet / das werffet durchs Gebet auff Gott / vnd für allen dingen müssen wir den eigen Sinne meiden.
Wisse aber / daß du es nie zur Vollkommenheit bringen werdest / es mangelt allezeit woran. Hastu gelernet / durchs Gebet die Sorge auff Gott zu werffen; bistu vielleicht noch vngedultig vnd vngestümig. Hastu Vngestümigkeit vnd Vngedult mit Lindigkeit überwunden / hastu doch nicht alle Lust an Gott allein. Da haben wir zu flicken vnser Lebenlang. Wann du aber die sen oder jenen Mangel in deinem Leben spürest / dadurch der Friede Gottes in dir Abbruch leidet / achte es nicht gering / sondern seuffze hertzlich darüber / vnd mit allem Ernst strebe darnach / daß du dich in diesem oder jenem besserst.
So sey nun diß vnser stetiger vnd hertzlicher Wunsch / Fleiß vnd Begehren / daß der Friede Gottes / welcher höher ist denn alle Vernunfft / vnsere Hertzen vnd vnsere Sinne bewahre in Christo Jesu / AMEN.
V. 2. DAs Volck so im finstern wandelt / sihet ein grosses Liecht / vnd über die da wohnen im finstern Lande / scheinet es helle.
V. 3. Du machest der Heyden viel / damit machestu der Frewden nicht viel. Für dir aber wird man sich frewen / wie man sich frewet in der Erndte / wie man frölich ist / wenn man Beuthe außtheilet.
V. 4. Dann du hast das Joch jhrer Last / vnd die Ruthe jhrer Schuldter / vn den Stecken jhres Treibers zerbrochen / wie zur Zeit Midian.
V. 5. Dann aller Krieg mit Vngestüm / vnd blutig Kleyd wird verbrant / vnd mit Fewer verzehret werden.
V. 6. Dann vns ist ein Kind gebohren / ein Sohn ist vns gegeben / welches Herrschafft ist auff seiner Schulter; vnd Er heisst Wunderbahr / Rath / Krafft / Held / Ewig Vatter / Friede Fürst.
V. 7. Auff daß seine Herrschafft groß werde / vnd deß Friedens kein Ende / auff dem Stul David vnd seinem Königreich / daß ers zurichte vnd stärcke mit Gericht vnd Gerechtigkeit / von nun an biß in Ewigkeit. Solches wird thun der Eyffer deß HERRN Zebaoth.
BEy der Geburt vnsers HERRN vnd Heylandes Jesu
IN gegenwärtiger Weissagung deß Propheten Esaiae / wird vns das newgeborne
Kindlein JEsus auch fürgeleget / als das Liecht in der Finsternüß / vnd die
wahre Frewde aller betrübten Seelen. Vnd ist solche Weissagung gegeben dem Volck
Gottes Juda / zu der Zeit / da sie in höchsten Engsten waren / denn es waren
herauff wider Jerusalem gezogen zween gewaltige Könige / einer auß Syria / der
ander auß Israel / mit solche Anschlag / das Königreich David
vmbzukehren / vnd einen frembden König seinem
Volck ein solches Schrecken ein / daß jhr Hertze bebete / wie die Bäume im Walde
beben / von einem starcken Winde.
In solcher Angst schickt Gott seinen Abgesandten den Propheten Esaiam / der dem
Volck Gottes muß wieder ein Hertze machen / mit Vertröstung / es solle der
Rathschlag der beyden feindseligen Königen nicht fortgehen / sie sollen nur
stille seyn / vn sich nicht fürchten. Er gibt jhnen auch ein
Zeichen / nemblich die Geburt Emanuels von einer Jungfrawen / denn weil Gott
verheissen auß dem Volck Juda vnd dem Hause David denselben zu erwecken / der da
heisst GOtt mit vns / so wolte GOtt auch nicht die Hand gantz abthun von diesem
seinem Volck / sondern es schützen.
Darauff fähret GOtt fort / durch seinen Propheten weiter anzuzeigen den Zustand seines Volcks / biß auff die Zukunfft deß Messias. Erstlich / daß nach diesem noch eine grössere Trübsal kommen solle durch den König von Assyrien / der wie eine Fluth nicht allein Israel / sondern auch das gantze Land Juda überschwemmen würde; vnd soll dennoch nicht auß seyn mit dem Volck Gottes / denn es ist Emanuel mit jhnen.
Hernach verkündiget er die Finsternüß deß Volcks Juda / zur Zeit deß Messias /
daß Himmel vnd Erde grewlich werde verfinstert werden. Vnd ist auch nimmermehr
eine grewlichere Verfinsternüß vnter dem Volck Gottes gewesen / als vmb die Zeit
/ da
Gleich wie nun vor der Geburt Christi in aller Trübsal vnd Finsternüß / der
Frommen ewiger Trost gewesen die Verheissung dieses Liechtes; also haben wir vns
über demselben noch mehr zu erfrewen / bey welchen die Verheissung erfüllet ist
/ die wir das Volck seyn / das jhm Emanuel gesamlet vnd mit seinem Liecht
erfrewet hat. Darumb wollen wir diese Weissagung also betrachten / daß wir
darauß vnser JESVLEIN erkennen lernen / als das Liecht im Finsternüß / vnd
Frewde in aller Trübsal.
WAs der Prophet Esaias zuvor hie geweissaget / von dem Liechte / das da scheinen
würde im Finsternüß / ist wiederholet vnd angezogen worden vom Evangelisten
Matthaeo
Damit ist nun offenbahr / welches das Volck sey / davon hie gesaget wird /
nemblich das Volck Israel vnd Juda / denn die waren nicht allein in
Dienstbarkeit gebracht / vnd hatten müssen lange Zeit nach einander grosse
Trübsal leiden / sondern hatten auch das Erkäntnüß Gottes vnd jhres Heylandes
fast gantz verlohren / daß
sie gehen jrre im finstern.
Eben dieses Volck / das in solcher grawsamen Finsternüß gesessen / ist das Volck
/ vnter welchem ein helles Liecht auffgehet / wie
Es ist zwar das Liecht zu erst auffgangen in Galilaea vnd vnter den Juden / es
hat aber mit seinem Schein auch andere Völcker müssen erfüllen / welche
allesampt hie zu betrachten seyn / als Völcker die im finstern sitzen / denen
Gottes Gnade vnd Güte nicht erschienen / als die weder sich noch GOtt erkant
haben. Solche Leute seynd wir alle von Natur / wir erkennen vns nicht / denn die
Welt hält jhr Thun für Liecht / vnd will nicht wissen jhren Fluch vnd Verdamnüß
/ wir erkennen GOtt nicht als das einige höchste Gut / wir sehen nicht gutes /
so können wir auch nicht gutes thun / daß an vns erfüllet ist / was Joh. 12.
geschrieben stehet: Wer im
Wann nun Christi Geburt vnd Evangelium vns verkündiget wird / so fanget an zu scheinen in der Finsternüß das Liecht / das ist Heil vnd Frewde / welche entspringet auß der Zukunfft Christi ins Fleisch / vnd sein seligmachend Erkäntnüß. Durch dieses Liecht sehen wir die Grewel der Sünden / daß wir vns erkennen / wir sehen auch in das Hertz Gottes / vnd in die Tieffe der Gottheit / daß wir Gott erkennen.
Wie es nun zugehe / wenn das Liecht anfahet hell zu scheinen /
Es kan aber billich auch so gelesen werden / Du machest deß Volcks viel / vnd demselben machstu auch grosse Frewde / denn für dir wird man sich frewen. Damit wird zweyerley verheissen / Erstlich / daß zur Zeit Christi Gott jhm wird ein groß Volck samblen / denn da vorhin / vornemblich zur Zeit grosser Verfolgung / nur das Volck Gottes ein geringes Häufflein gewesen / so hat es doch müssen nach der Zukunfft Christi wachsen vnd groß werden. Hernach wird versprochen / daß Gott diesem grossen Volck auch grosse Frewde schaffen wolle / das ist dann das Liecht / das Gott im Finsternüß hat lassen auffgehen. Es kan auch endlich wol dieses die Meynung seyn: Du machst deß Volcks viel / damit machstu der Frewden nicht viel / doch wird man sich für dir frewen. Damit noch mehr gesagt wird / 1. daß viele Heyden zum Reich Christi sollen bekehret werden. 2. Daß dadurch nicht grosse Frewde dem Fleisch gemachet werde / denn im Reich Christi muß man das Creutz Christi tragen / da gibts viel leiden / biß der alte Mensch gecreutziget werde. 3. Daß man gleichwol im Reich Christi sich allezeit in Gott frewen könne. Es sey nun wie jhm woll / so ist das gewiß die Meynung / daß man im Reich Christi Frewde finden werde.
Hiebey ist nun zu mercken zweyerley / Erstlich / was diß für eine Frewde seyn werde / 2. Was das für ein HERR sey / der diese Frewde machen werde.
Was die Frewde der Christen anlanget / ist dieselbe nicht weltlich / sondern
Göttlich / denn der Prophet spricht / Für dir wird man sich frewen; im Geist vnd
Glauben / wenn du dein Reich bey vns hast angefangen. In der Welt vnd über die
Welt ist vns nicht grosse Frewde zugesaget / der Teuffel kan es leicht machen /
daß Christen sich nicht groß der weltlichen Güter vnd Ehren zu
Die grösse dieser Frewde wird mit zwo Gleichnüssen fürgebildet
Das ander Gleichnüß ist vom Kriege. Nach dem sawren Streit ist der Sieg desto
lieblicher / nicht allein weil die Gefahr überwunden / sondern auch daß man gute
Beuthe machen kan / Christus hat Sünde vnd Teuffel überwunden / der Genieß vnd
die Außbeute ist vnser. Der H. Geist zeiget die Vrsach dieser grossen
geistlichen Frewden selbst an / mit diesen Worten: Denn du hast die Last jhres
Joches / vnd die Ruthe jhrer Schuldter /
Da bedencke erstlich vnser Gefängnüß / es redet Esaias gleich als vom Eseltreiber
/ da ist Last / Ruthe vnd Treiber. Das Joch ist der geistliche Todt / wann das
Gewissen sich entsetzet / vnd das Gerichte Gottes fühlet / daran will der Mensch
nicht gern / wie man dann sihet bey den Weltkindern / wann man denselbigen die
Sünde vorhält / so wehren sie sich / wollen nichtes davon hören / damit sie in
jhrem Gewissen nicht verunruhiget werden. Darumb brauchet GOtt die Ruthe / vnd
schläget vns damit an den Nacken / zwinget vns durch sein Gesetze / daß wir die
Sünde erkennen. So lange die Sünder die Sünde nicht fühlen / werden sie deß
Todes nicht gewahr / denn die Sünde ist der Stachel deß Todes / denn er hätte
kein Recht noch Krafft / wenn keine Sünde wäre / daß aber die Sünde offenbahret
werde / so wird endlich das Gewissen durchs Gesetz eröffnet. Eben dazu brauchet
Gott auch seinen Treiber
GOtt aber sey Danck / der vns den Sieg gegeben hat / das
Wie gehets denn zu mit diesem Siege vnd Erlösung? Nicht auff leibliche weise /
sondern auff geistliche weise. Der leibliche Krieg wird geführet mit Vngestüm /
da die Kleider mit Blut besprenget / oder mit Fewer verzehret werden / da ist
sengen / brennen / würgen vnd tödten. Der geistliche Krieg aber soll geführet
werden / eben wie zur Zeit Midian. Die Historia ist bekant auß dem Buch der
Richter am 7. Cap. da das
Nun folget die Beschreibung deß HERRN / der diese Frewde zu wege bringen werde. Denn vns ist ein Kind gebohren / ein Sohn ist vns gegeben / dessen Herrschafft ist auff seiner Schuldter / vnd Er heisst Wunderbahr / Rath / Krafft / Held / Ewig Vatter / Friede Fürst / Auff daß seine Herrschafft groß werde / vnd deß Friedes kein Ende / auff dem Stul David vnd seinem Königreich / daß ers zurichte vnd stärcke / mit Gericht vnd Gerechtigkeit / von nun an biß in Ewigkeit. Dieses ist der Fürst / der alles thut was vor gesaget ist.
Denn wird vns erstlich fürgehalten in seiner Geburt / als ein Kind das vns
gegeben / ein Sohn der vns geboren ist. Hier haben wir einen Menschen / denn er
ist gebohren / doch ohne Sünde / sonsten hätte er vnser Joch nicht würden
brechen / sondern wäre selbst vnter dem Joch zerbrochen. Darzu ist er von einer
Jungfrawen gebohren / dann er muste nicht auff fleischliche weise
Dieses Göttliche Kind ist vns gebohren / vnd vns gegeben. Ein solches Kind muste ich haben / solte mir geholffen werden. Alle Kinder die von Anfang der Welt gebohren seynd / wann sie mir gegeben würden / was wären sie mir nütz? Könte auch wol ein einiges den Todt zubrechen? Hie ist aber das rechte Kind gebohren / vnd ist vns gebohren / vns ist es gegeben / daß es vnser sey. Für sich hat ers nicht bedürfft / gebohren werden / was geschehen / ist mir vnd dir zu gute geschehen. Wäre er nicht vns gebohren / was wäre vns nütz seine Geburt? Was hilfft es mich / wann dem Türckischen Käyser ein Sohn gebohren wird? Dieses Kind aber ist vnser. Darumb alles was Er thut vnd erwirbet in vnd durch seine angenommene menschliche Natur / das ist vnser. Hastu einen Schlaven vnd leibeigen Knecht / was der erwirbt / steckstu in deine Tasch. Christus ist vnser / der muß den Todt würgen / den Himmel erwerben / ist alles vnser. Mit seiner Vnschuld schmücken wir vns für Gott / vnd prangen in seiner Herrligkeit.
Darumb solstu ferner wissen / was du an diesem Kinde habest /
So denn diß Kind ein Fürst vnd HERR ist / so muß es auch Fürstlichen Titul haben. Ja die hat es auch / herrlich genung. Er heisst Wunderbahr / Rath / Krafft / Held / Ewig-Vatter / Friede Fürst. Das seynd Titul / die nicht anzeigen seine Natur vnd Person / sondern sein Ampt vnd Herrschafft.
Sein erster Titul ist Wunderbar. Wunderbar ist Er / wann Er sein Reich anfänget.
Was kan wunderbarlicher seyn / als daß Gott im Fleisch ist offenbahret / vnd
verdammet die Sünde im Fleisch durch Sünde? Was ist wunderbarlicher? Wann Er
will das Leben bringen / stürtzet er sich in Todt; Wann er sampt vns will
eingehen in die Herrligkeit seines Vatters / nimpt er auff sich Schmach vnd
Spott. Gleichfalls ist Er wunderbar / wann Er bey vns sein Reich verwaltet; Den
Er will fromb machen / den macht Er vor zu einem verzweiffelten Sünder; Den Er
will weiß machen / den macht Er erst zum Thoren; Den Er will starck machen / den
macht Er schwach; Den Er will schützen / den drückt Er nieder; Den Er will
lebendig vnd selig machen / den führet Er in die Höll vnd Todt. Wer im Reich
Christi hoch seyn will / muß vnter sich. Die ersten seyn die letzten / vnd die
letzten die ersten. Den Stein den die Bawleute verwerffen / wird hie zum
Eckstein. Kürtzlich / wenn Christus einen Menschen will lebendig machen / so
tödtet er was groß vnd köstlich ist im alten Menschen; vnd wenn ein Christ zum
allerweitesten von Gott ist / so ist er jhm zum nechste.
Zum andern heisset Er Rath / darumb / daß Er niemand verlässt in diesem seinem
wunderlichen Reich. Wenn die Noth groß ist / ist Rath thewer. Wer den Trost
weist / wenn alles verdorben / Kasten vnd Taschen leer / vnd die Noth vnd Gefahr
überhand genommen / der ist vnd heisst ein guter Rath. Ein solcher Rath ist
Christus / wie er zuvor gesprochen hat durch Esaiam am 50. Cap.
Der dritte Titul ist Krafft. Rath ohne Krafft seyn nur Wort. Menschen können
offtrathen / aber nicht helffen. Damit ist vns aber nicht gedienet. Im Creutz
haben wir nicht genug am Rath vnd Worten / wir müssen auch endlich gewinnen /
vnd herauß gerissen werden. Christus kan nicht allein rathen / sondern auch
helffen / vnd hat Nachdruck / denn Er heisst Krafft. Das beweiset Er erstlich
damit / daß er seinem Evangelischen Trost in allen
Der vierdte Titul heisst Held / welchen Christus führet seinen Christen zu Trost
/ vnd zu Trotz seinen Feinden. Vnser König versorget nicht allein seine
Vnterthanen / sondern greifft auch den Feind an / vnd vermehret damit sein
Reich. Da hält er sich wie ein
Wir fahren fort / vnd beschawen den fünfften Titul: Immer Vatter. Dieser Name
zeiget den Lohn der Vnterthanen im Reiche Christi / denn er gegen vns sich jmmer
Vätterlich hält. Er heisset nicht allein darumb ein ewiger Vatter / daß er
nimmer stirbt / sondern allermeist / weil er jmmer vätterlich gegen vns gesinnet
/ wiewol beydes tröstlich ist. Ich darff fürs erst nicht gedencken / daß mir
mein Vatter absterbe / vnd einen Wäisen hinter sich lasse. In dem fall seyn
vnsere jrrdische Vätter nur Augenblick-Vätter / denn sie werden offt durch den
Todt gar zeitig von den Kindern gerissen. Der himlische Vatter stirbt vns nicht
ab. Zum andern ist er jmmerdar vätterlich gesinnet. Erinnere dich hie der
vorigen Tituln / Er heisst ein Held / bey welchem Rath vnd Krafft ist; dadurch
bistu gewiß / daß dieses Vatters Wolgewogenheit nicht ohnmächtig vnd vergebens
ist. Irrdische Vätter wollen gerne helffen / vnd können nicht / da muß man nur
sagen mit David: Mein Vatter vnd meine Mutter verlassen mich / aber
Zum sechsten vnd letzten heisset vnser König ein Friedfürst. Diß folget auffs
vorige. Denn daher kompt Friede in vnser Hertz / daß wir vns für Kinder / vnd
GOTT für einen ewigen / starcken / mächtigen Vatter erkennen / vnd fühlen. Nicht
hats die Meynung / daß die Christen hie auff Erden allzeit im guten Wolstand
leben; Solte das seyn / wo würden diese Titul vnsers Königs bleiben: Wunderbar /
Rath / Krafft? Vnser König schaffet Friede
Zu mercken ist hie auch das / daß vnser König nicht Friedreich oder Friedlieb titulirt werde / sondern ein Friedfürst. Weltliche Fürsten mag man Friedlieb oder Friedreich nennen / aber nicht Friedefürst / sintemal sie allezeit vnd allenthalben dem Vnfried nicht wehren können / sie seyn deß Friedes nicht Herren. Vnser König aber ist ein HERR vnd Fürst deß Friedes / der den Frieden in seinen Händen hat. Wem er Frieden gibt / der hat Friede / den niemand von jhm nehmen kan / weder Todt noch Höllenpfort. Anfechtung müssen wir wol leiden / aber den Frieden im Gewissen mit Gott kan vns kein Teuffel nehmen / so lang wir bleiben bey vnserm Friedesfürsten Jesu.
Diß seyn die sechs Titul vnsers JESVLEINS /
Dreyerley wird von dem Reich Christi gesaget. Zum ersten / Daß seine Herrschafft
soll groß werden. Die Königreiche
Zum andern / wird vom Reich Christi gesaget / daß es ein Friedenreich sey: Deß Friedens muß kein ende seyn auff dem Stuel David / vnd seinem Königreich. Wann die Zahl der Außerwehlten voll ist / am jüngsten Gericht / wird das zunehmen im Reich Christi auffhören / aber nicht der Friede. Wir dürffen nicht gedencken / daß vns Friede mangeln werde. Friede haben wir hie auff Erden / so lang Christus vnser Rath vnd Krafft ist / vnd vnser Vatter / solte er auch wunderlich mit vns vmbgehen. Friede / Frewd vnd Wonne finden wir in diesem Reich ewiglich.
Es ist zu mercken / daß Esaias saget: Deß Friedes wird kein Ende seyn auff dem
Stuel David / vnd seinem Königreich. David hatte sein Reich nicht vnter den
Engeln / sondern vnter Menschen: so ???ste auch Christus / Davids Sohn / der da
sitzet auff dem Stuel Davids / sein Friedenreich anrichten nicht vnter Engeln /
sondern vnter den Menschen. Vnd eben in dem Reich / das Christus vnter den
Menschen angerichtet hat / soll nach der Weissagung Esaiae / ewiger Friede seyn.
Krafft dieses müssen wir glauben / daß wir nicht ewig werden im Todt bleiben /
sondern
Endlich zum dritten wird vom Reich Christi gesaget / Daß ers zurichte vnd stärcke
mit Gericht vnd Gerechtigkeit / von nun an biß in Ewigkeit. Christus wird nicht
allein ein Reich anrichten / sondern auch stärcken / wol gründen vnd befestigen
/ damit es bleibe von nun an biß in Ewigkeit. Merck aber wie: durch Gericht vnd
Gerechtigkeit. Das Reich Christi leidet keine Sünder / vnd trägt doch hie auff
Erden nichts denn lauter Sünder. Ein Reich das Vngerechtigkeit liebet / kan für
GOtt nicht bestehen. Darumb übet Christus in seinem Reich Gericht vnd
Gerechtigkeit / vnd zwar also: Er straffet die Sünde / vnd heisset sie
nimmermehr gut. Weil aber auff Erden nichts denn Sünder zu finden / schenckt er
den Sündern seine eigne Gerechtigkeit / damit werden sie geheiliget in der
Warheit / daß sie beydes
Zum Beschluß weiset vns der Prophet Esaias auff den
Ist also dieses kürtzlich die Meynung dieses gantzen Prophetischen Textes. Weil der Satan sich vnterwunden / den Menschen vnter sich zu bringen / vnd Gottes Reich in jhm zu zerstören / ist GOtt durch Eyffer angezündet wider den Satan / vnd sendet vns seinen Sohn / der muß das Joch zerbrechen / vnd ein newes Reich anrichten; dadurch gehet vns in Finsternüß das Liecht auff / vnd Frewde in Trübsal.
Da lernet nun ewer JEsulein erkennen / als ewer Liecht im Finsternüß / ewere
Frewd in Trübsal. Es ist der Mensch vnterworffen manchem Vnglück / das
allergrösseste aber ist der Vnfried mit GOtt / wann jhn das Gewissen beisset /
vnd er keinen Trost in Gott finden kan. Gedencket wie einem armen Sünder zu
muthe ist / der fürm Gericht stehet. Gedenckt wie euch zu muthe seyn würde /
wenn jhr für Gottes gestrenges Gericht soltet gezogen werden. Doch in diesem
allen ist Jesus vnser Liecht vnd Trost. Er ists durch
Es scheinet den Frommen in Christo ein Liecht im Finsternüß / Erstlich durch junigen Trost / in dem wir vns erinnern / daß er ist ein Friedefürst vnd ewiger Vatter. Denn so vnser Hertz das glaubt / daß wir in Gottes Gnade seyn / vnd Fried mit Gott haben / der jmmerdar vätterlich gegen vns gesinnet / auch wann er züchtiget / finden wir in diesem Kindlein so viel Gnade / daß wir auch in der Finsternüß der Trübsal haben Liecht vnd Frewde. Denn da wird vnser Joch zerbrochen / das ist / was vns zum hefftigsten in Trübsal druckt. Wenn wir in Trübsal müssen gedencken / das hastu hiemit vnd damit verdienet / nun verwirfft vnd verdammet dich Gott / du wirst in Ewigkeit keinen Trost noch Gnad bey Gott finden; das ists / das das Creutz bitter machet. Wann aber diß Joch zerbrochen / können wir vns in Trübsal frewen über Gottes Huld vnd Gnade. Das machet das Kindlein Jesus. Damit kan ein jeglicher zu frieden seyn / wie denn auch Paulus hat hören müssen: Laß dir an meiner Gnade genügen.
Weiter zum andern / erscheinet vns Christus als ein Liecht im Finsternüß / durch Sieg vnd Errettung. Du darffst nicht sorgen / ob soltestu ewig vnter dem Creutze seyn / vnd allein mit süssen Worten dich abspeisen lassen. Er ist dein Erretter / Er muß nicht allein trösten / vnd das Creutz süß vnd leicht machen / sondern auch endlich das Joch gar zerbrechen. Das kan Er thun / das will Er thun / denn Er ist gantz dein. Vns ist ein Kind gebohren / ein Sohn ist vns gegeben. Ist Er dein / so muß Er dir auch dienen mit allem was Er ist vnd hat. Hat dir GOtt der Vatter seinen Sohn gegeben / warumb solt Er dir mit Ihm nicht alles schencken? Hastu den Sohn Gottes / was solte dir mangeln?
Je mehr vnd mehr wir im Creutz besagter massen durch Trost vnd Sieg geübet werden
/ je mehr gewinnen wir zu GOtt Hoffnung / als die lieben Kinder / vnd frewen vns
mit Paulo der
Darumb lieben Christen / suchet ewre Frewde in ewrem
Hält dir der Satan die Sünde für / kanstu sagen: Ja lieber Satan / eben darumb
ist GOtt Mensch worden / daß er mich dir nicht übergebe. So er dich durch Angst
vnd Noth betrübet / kanstu sprechen: Rüstet euch jhr Teuffel / vnd gebet die
Flucht / denn hie ist Immanuel. Kompts endlich zum sterben / wissen wir / wohin
wir fahren. Es ist nicht zu sorgen / daß wir ins Feinds oder ins Teuffels
V. 8. STephanus aber voll Glaubens vnd Kräfften / that Wunder vnd grosse Zeichen vnter dem Volck.
V. 9. Da stunden etliche auff von der Schule / die da heisset der Libertiner / vnd der Cyrener / vnd der Aleranderer / vnd deren die auß Cilicia vnd Asia waren / vnd befragten sich mit Stephano.
V. 10. Vnd sie vermochten nicht wider zustehen der Weißheit vnd dem Geiste / der da redete.
V. 11. Da richteten sie etliche Männer an / die sprachen: Wir haben jhn gehört / Lästerwort reden wider Mosen / vnd wider Gott.
V. 12. Vnd bewegten das Volck vnd die Eltesten / vnd Schrifftgelehrten / vnd tratten herzu / vnd rissen jhn hin / vnd führeten jhn für den Rath:
V. 13. Vnd stelleten falsche Zeugen dar / die sprachen: Dieser Mensch höret nicht auff zu reden Lästerwort wider diese heilige Stätte vnd Gesetze:
V. 14. Dann wir haben jhn hören sagen / Jesus von Nazareth wird diese Stätte zerstören / vnd ändern die Sitten / die vns Moses gegeben hat.
V. 15. Vnd sie sahen auff jhn alle / die im Rath sassen / vnd sahen sein Angesicht / wie eines Engels Angesicht. Da sprach der Hohepriester: Ist dem also?
V. 51. Er aber sprach: Ihr Halßstarrigen vnd Vnbeschnittene an Hertzen vnd Ohren / jhr widerstrebet allezeit dem H. Geist / wie ewere Vätter / also auch jhr.
V. 52. Welchen Propheten haben ewere Vätter nit verfolget / vnd sie getödtet / die da zuvor verkündigten die Zukunfft dieses Gerechten? welches jhr nun Verräther worden seyd.
V. 53. Ihr habt das Gesetz empfangen durch der Engel Geschäffte / vnd habts nicht gehalten.
V. 54. Da sie solches höreten / giengs jhnen durchs Hertze / vnd bissen die Zähne zusammen über jhn.
V. 55. Als er aber voll heiliges Geistes war / sahe er auff gen Himmel / vnd sahe die Herrligkeit Gottes / vnd Jesum stehen zur Rechten Gottes:
V. 56. Vnd sprach: Sihe / ich sehe den Himmel offen / vnd deß Menschen Sohn zur Rechten Gottes stehen.
V. 57. Sie schryen aber laut / vnd hielten jhre Ohren zu / vnd stürmeten einmütiglich zu jhm ein.
V. 58. Stiessen jhn zur Statt hinauß / vnd steinigten jhn. Vnd die Zeugen legten ab jhre Kleider zu den Füssen eines Jünglings / der hieß Saulus.
V. 59. Vnd steinigten Stephanum / der anrieff vnd sprach: HErr Jesu / nimb meinen Geist auff.
V. 60. Er kniet aber nider / vnd schrey laut / HERR / behalt jhnen diese Sünde nicht. Vnd als er das saget / entschlieff er.
NAch dem Moses von GOTT zu einem Hertzog über das
Es wird von etlichen diese Geschicht also außgeleget / als hätte Zipora die
Beschneidung willig vnd gerne verrichtet / sintemal sie schon vorhin einen Sohn
gehabt / der beschnitten worden: Daß aber dieser ander Sohn nicht beschnitten
worden zu rechter
Wann man aber den Text einfältig ansihet / befindet sichs / daß diß Weib voller Zorn vnd Vngedult gewesen über die Beschneidung. Gesetzet / daß vorhin sie habe einen Sohn beschneiden lassen / kan man doch nicht sagen / daß sie es gerne gesehen. Ja eben daß sie bereits die Beschneidung hat einmal leiden müssen / hat sie desto zorniger gemacht / da sie nun zum andern mal genötiget wird / einen Sohn zu beschneiden. Es seyn Wort voller Vngedult vnd Zorns / wann sie spricht: Du bist mir ein Blutbräutigam. Ist so viel gesagt: Wäre ich bey meines gleichen geblieben / vnd hätte einen Midianitischen Mann genommen / hätte ich dieser Sorge nicht von nöthen gehabt; Du aber bist mir ein Blutbräutigam / vmb deinentwillen muß ich meiner Kinder Blut vergiessen. Diß that der Zipora wehe / nicht allein vmb der Schmertzen willen / die sie an jhren Kindern sehen muste / sondern auch vmb der Schmach willen. Denn es ward die Beschneidung bey allen Völckern für eine Schande vnd Schmach geachtet.
Hiebey haben wir nun eins vnd ander zubedencken / vnd erstlich zwar die Ehe Mosis
vnd Ziporae. Moses war einer vom Volck Gottes / der mit GOtt in Bund war
getretten; vnd bedeutet hie einen wiedergebornen Christen. Zipora war eine
Midianitin / nicht von Israels Samen / vnd ist ein Fürbilde deß alten Adams /
der sündlichen Natur. Ein Christen Mensch stehet von Natur mit dem sündlichen
Fleisch gleichsam in ein ehelichem Verbündnüß. Von Anfang wurde der Mensch
erschaffen ohne Sünde / heilig vnd gerecht. Aber durch deß Teuffels Trug kam die
Sünde zu dem Menschen / vnd vereinigte sich mit jhm also hart / daß wann er
schon wiedergeboren ist / vnd als ein frommer Christ
Zum Andern sehen wir auff die Nothwendigkeit der Beschneidung.
Zum dritten betrachten wir die Versäumung Mosis / vnd wie er genötigt / dennoch GOtt zu gehorchen. Der gute Moses hatte sein Weib lieb / vnd hat vielleicht seinem Weibe zu lieb nicht hart auff die Beschneidung dringen wollen. So gehetes auch mit vns / Wir vergessen zu weilen vnserer Pflicht vnd lassen dem sündlichen Fleisch seinen Willen / vnd dringen nicht hart auff die Beschneidung. Da muß vns GOtt nötigen / vnd setzet vns vor Todt vnd Leben / vnd spricht: Wolan / wiltu nach deinem Fleisch leben / so mustu sterben. Was will da der arme Sünder machen? Eins muß er erwehlen / entweder sterben / oder sein Fleisch beschneiden lassen.
Zum vierdten bedencken wir den Zorn vnd Vnmuth Ziporae: Wenn sie ja muß leiden /
daß jhr Sohn beschnitten wird / leidet sie es wider jhren Willen / vnd spricht:
Du bist mir ein Blutbräutigam. Das ist eine Figur deß widerspenstigen Fleisches
/ das nicht leiden kan / daß jhre Früchte abgeschnitten werden.
In gemein lerne hie ein Christ / wie wir an dem Liebhaber vnser Seelen Christo
Jesu einen Blutbräutigam haben. Er hat sich mit vns verlobet / wird Fleisch von
vnserm Fleisch / vnd Bein von vnsern Beinen. Seine heilige Menschwerdung muß vns
eine
Wie reimet sich aber diese trawrige Bottschafft / mit der hocherfrewlichen Zeit
der Geburt Christi? Vnser newgebohrnes JEsulein wird vns verkündiget / als ein
frewdenreicher Seligmacher. Die Engel singen: Ich verkündige euch grosse Frewde
/ denn euch ist heute der Heyland gebohren. Nun aber wird vns vorgestellet eine
glaubige Seele / ein Liebhaber Jesu / daß wir an demselben das Glück derer
erkennen / die Jesum lieben. Wie gehets jhm? Er wird verklaget / verstossen /
getödtet. Da möcht man sagen: Ach Jesulein / du bist vns ein Blutbräutigam. Aber
/ mein Freund / sihe nicht allein auff das Leyden vnd Vnglück deß glaubigen
Stephani / sondern auch auff sein Glück vnd Erquickung. Dein Liebhaber Jesus
fodert die Tödtung deß Fleisches von dir / nicht daß du todt bleibest / sondern
daß du lebendig werdest. Du weisst daß sein Name ist wunderbarlich.
Wunderbarlich muß
So wisset nun / daß jetzo euch Stephanus fürgestellet wird als ein frewdiger Bekenner vnd Liebhaber JESV / der sich selbst verläugnet / vnd dem lieben Jesulein allein anhänget im Todt vnd Leben / auff daß auch wir vns demselben vnserm Jesulein gantz ergeben / vnd Ihm vnser Seel vnd Seligkeit befehlen. Dahin sollen vnsere Gedancken gerichtet seyn. Du aber liebster JEsu / hilff zu deinem selbst eigenem Erkäntnüß / in der Krafft deines werthen H. Geistes / Amen.
IN vorhabender Historia vom Todt Stephani wird vns ein Gerichtshandel beschrieben / darinnen wir den eifferigen Glaubensbekenner finden erstlich fürm Gericht / hernach in der Verdamnüß deß Todes.
Die Personen die hie mit einander im Recht ligen / seyn auff einer Seiten Stephanus ein Bekenner Jesu Christi; auff der andern Seiten die Gelährten auß der Jüdischen Schulen / das waren Feinde Christi. Vnd die das Gericht hielten / nemblich der Hoherpriester vnd der gantze Rath zu Jerusalem / waren auch keine Freunde Christi.
Stephanus war einer von den sieben Männern / welche bestellet wurden zu der
täglichen Handreichung der Nottürfftigen.
Die Widersacher dieses glaubigen Stephani waren an der zahl viele / vnd an Würden
von grossem Ansehen / nemblich die Gelahrten
Der Anfang der gerichtlichen Anklage machet eine disputation.
Diß verdroß die guten Herren / vnd gedachten sich zu rächen. Ziehen derwegen
einen grossen Anhang an sich / richten zu etliche Männer / die sprechen: Wir
haben jhn gehöret Lästerwort die Eltesten / vnd die Schrifftgelehrten / vnd traten
hinzu / vnd rissen den armen Stephanum hin / vnd führeten jhn für den Rath.
Die Anklage geschahe durch falsche Zeugen / die sprachen:
Schawet aber was Stephanus thut zu dieser Anklage. Bestürtzt er auch drüber? Sie
sahen auff jhn alle / die im Rath sassen / vnd sahen sein Angesicht / wie eines
Engels Angesicht. Der Freund Christi ist frewdig / die Liebe Christi leuchtet
jhm auß den Augen. Seine Verantwortung ist gerichtet auff die Anklage / vnd
zeiget wie der äusserlicher Mosaischer Gottesdienst sampt dem Tempel nicht von
Anbegin gewesen / auch nicht ewig bleiben werde / sondern daß solches alles nur
ein Fürbilde auff den HErrn Christum gewesen / den sie erwürget haben. Dabeneben
überzeugt er die Juden / daß sie von Anbegin widerspenstig gewesen / vnd den
Rath Gottes nicht haben verstehen wollen. Das Gesetze haben sie nicht gehalten /
vnd die Erlösung haben sie nicht wollen erkennen. Daher beschliesset er seine
Rede mit diesen
Das war hart geredet. Was sagen die Widersacher dazu?
Was solte nun der getrewe Zeuge Christi machen? Er sihet
Was gewinnet aber dieser getrewe Freund Christi damit / daß er diese Erscheinung
offentlich für den Ohren der Widerwertigen erzehlen darff? Es ist die Rechnung
leicht zu machen. Seynd sie vorhin nicht grimmig / so werden sie allererst
grimmig / bitter vnd böß / schreyen laut / vnd halten jhre Ohren zu / stürmen
Da hebt sich nun an die Verdamnüß deß Todes / bey welcher auch eins vnd ander
fürlaufft / welches mit fleiß auffgezeichnet ist. Endlich muß sich der Freund
Christi verdammen vnd steinigen lassen / ohn Vrthel vnd Recht. Zum andern wird
gemeldet / daß
Wie hält sich aber Stephanus vnter den Steinen? Dieses ist das dritte vnd letzte.
Er ruffet seinen HErrn Jesum an / kniet
Das faß zu Bekräfftigung deines Glaubens / daß du das.
Diß Bekäntnüß ist nicht so leicht / als man meynet. Du
Dennoch ists ein nothwendiges Erkäntnüß. An diesem Erkäntnüß ist vns viel / ja
alles gelegen. Irrestu hie / hastu dein Glück vnd ewiges Heyl verschen. Das ist
das ewige Leben / daß sie dich / daß du allein wahrer GOtt bist / vnd den du
Ihr Herren sampt den Knechten / jhr Frawen sampt den Mägden / jhr Eltern sampt den Kindern / jhr Alte sampt den Jungen sollet euch in dieser Erkäntnüß gründen vnd stärcken / daß das Kindlein Jesus der Heyland sey / dem jhr euch / ewer Seel vnd Seligkeit befehlen sollet. Ihr habt einen Leib / so habt jhr auch eine Seele. Weistu daß du den Leib versorgen sollest / so versorge auch die Seele / vnd mercke auff den Grund dieser seligmachenden Erkäntnüß.
Es stehet zwar geschrieben: Verflucht ist / der sich auff Menschen verlässet /
vnd hält Fleisch für seinen Arm.
Wann Esaias predigt vom Liecht / das vns erleuchten soll
Das mercket / damit jhr euch nicht jrren lasset / wann euch für Augen kompt die Schwachheit eines zarten Kindes. Wir haben ein festes Prophetisches Wort. Vnser GOtt / vnser König / vnd vnser Heyland / auff welchen wir hoffen sollen / muste ein solch vnvermögen Kind werden / es ist viel hundert Jahr zuvor verkündiget.
Daß aber das Jesulein / das von Maria geboren ist / eben derselbe HERR sey / auff welchen die Schrifft zuvor gewiesen / davon haben wir gewisse Zeugnüß. Ich will nicht sagen von den Vmbständen der Zeit vnd deß Orts / daß zuvor verkündiget / Christus solte zu Bethlehem gebohren werden / vnd zu einer solchen Zeit / da das Regiment vnd der Gottesdienst von Juden noch nicht gantz entwandt wäre; denn das ist nur ein gemein Zeichen; es seynd zu solcher Zeit / vnd am selbigen Ort auch mehr Kinder geboren. Wir müssen näher kommen.
JESVS der Sohn Mariae ist zu erst bezeuget ein GOtt
Zum andern / ist Christus noch mehr erwiesen als ein Sohn Gottes / durch die
Aufferstehung von den Todten / wie Paulus spricht im 1. Cap. an die Römer.
Darauff zielet Christus Joh. 8.
Hiezu kommen zum dritten die klare Zeugnüssen der Apostel / deren Zeugnüß wir für
Gottes Zeugnüß erkennen. Johannes zeuget
Letzlich versiegelt in vns der H. Geist solch Erkäntnüß / mit lebendigem Trost. Wer ist der von Hertzen grund Lust vnd Trost bey Christo gesuchet hat / vnd in Warheit nicht sagen könne? Bey dir mein Hertz Trost / Hülff vnd Rath / allzeit gewiß gefunden hat; Niemand jemals verlassen ist / der gtrawet hat auff Jesum Christ.
Diß alles bezeuget / daß wir nicht betrogen werden / wenn wir mit Stephano vnserm Jesu / als dem rechten Heyland / vnsere Seel vnd Seligkeit vertrawen. Es ist das Jesulein so gering nicht zu achten / als jhn die Augen in der Krippen sehen. Es liget eine Majestät in jhm verborgen / die muß man im Glauben sehen.
Damit du aber desto mehr gezogen werdest dich Ihm zu vertrawen / so bedenck seine Liebe / die er zu deiner Seelen trägt. Liebe beweiset Er in seiner Menschwerdung. Glaube mir / wäre GOtt ein Menschenhasser / wäre GOtt nimmer Mensch worden. Liebe hat Jesus bewiesen in seinem Leyden vnd Sterben / denn er hat vns geliebet / vnd sich für vns in den Todt gegeben. Liebe beweiset er noch / nun er sitzet zur Rechten der Majestät Gottes. Er hat alles in seiner Hand / vnd ist vnser König vnd Beystand. Er versöhnet vns / Er sorget für vns / kompt vns zu hülffe / vnd wartet auff vnsere Seele / daß er sie im Himmel selig mache.
Darauff mach nun diesen Schluß: Welches Kind GOtt ist / vnd nach seinem Leyden in
die Herrligkeit hinein gangen / auff daß er vns auch herrlich vnd selig mache /
das ist ein rechtschaffner Heyland / dem ich mich / mein Seel vnd Seligkeit
vertrawen soll. Ein solches Kind aber ist vnser Jesulein. Drumb thue ich nicht
vnrecht / so ich Ihm mich / mein Heyl vnd Seligkeit vertrawe.
So sey nun versichert / diß Kindlein Jesus / das vns geprediget
Wiltu sagen; es kan beydes wol seyn / man kan seine Lust in der Welt suchen / vnd
doch Christum lieben; so spricht die Schrifft: Nein. Habet nicht lieb die Welt /
noch was in der Welt ist. So jemand die Welt lieb hat / in dem ist nicht die
So wende nun Fleiß an / der du erkennest / daß es recht vnd billich ist / Jesum für einen Heyland auffzunehmen / daß du jhn recht dafür auffnehmest. Dazu gehöret nicht allein das äusserliche Erkäntnüß / daß man wisse vnd verstehe / Jesus sey Gottes Sohn / der Welt Heyland; sondern das Hertz muß zu Christo geneiget / vnd demselben übergeben werden.
Gut ists JEsum für den Heyland erkennen vnd bekennen. Gut ists das Geheimnüß deß Reiches Christi verstehen / vnd davon reden können; vnd hingegen ists Schand einem Christen / von Christo nichts wissen. Wie wollen sie lieben / den sie nicht kennen? Gut ists auch / das Erkäntnüß Christi mit dem Blut bestätigen / da es noth ist. Aber darin bestehet noch nicht alles.
Wenn wir Christum als vnsern Heyland erkennen / müssen wir vns jhm auch gantz ergeben vnd auffopffern. Jesu nimb mich / dein bin ich / du hast mich erkaufft; zu leben vnd zu sterben / mein Gott nach deinem Willen / mach mich bereit allezeit.
Solches geschicht erstlich durch heiligen Gehorsam. Thue alles in dem Namen Jesu
Christi / richte alles zu seinen Ehren / vnd
Wir ergeben vnd auffopffern vns Christo auch fürs ander / durch brünstige
Begierde vnd Verlangen. Die Welt vnd was in der Welt ist / sollstu hassen / von
wegen der überschwenglichen Herrligkeit / vnd deß vnergründlichen Reichthumbs /
den wir haben in Christo Jesu; vnd in demselben sollstu ruhen. Du möchtest
sagen: Soll ich mich denn der Welt gar entschlagen / vnd gar auß der Welt
lauffen? Mein lieber Christ / daß du dir selbst das Leben nehmest / oder in
deinem Leben alle Geschäfft fliehest vnd müssig gehest / hat dein Jesus nimmer
von dir begehret. Er ruffet selbst zu seinem himlischen Vatter für dich vnd alle
fromme Christen / also: Vatter / ich bitte nicht daß du sie auß der Welt nehmest
/
Letzlich ergeben vnd auffopffern wir vns Christo / durch Gedult vnd gutes
Vertrawen. Du sollest mit Stephano alles willig vnd gerne erdulden / was dir bey
dem Glauben Jesu Christi zur Hand stosset / vnd in deinem Creutz dich mit diesem
Trost auffrichten. Erstlich / daß dein Creutz von Gott vnd deinem Christo komme
/ denn er ist so mächtig / daß ohn seinen Willen dir nichts begegnen kan. Zum
andern / daß Christus nach Gottes Willen selbst gelitten hat / willig vnd
gedultig; ja Gott der Vatter selbst hat sich deß Leydens nicht gewegert / vnd
mehr gelitten als ein Mensch leiden mag. Lutherus in einer Schrifft an die
Vngarische Königin
In solchem Glauben leide gedultig / was dir dein JEsus zuschickt / vnd hang jhm
an mit hertzlichem Vertrawen / Er kan dich ohn Trost vnd Hülff nicht lassen.
Sprich du zu jhm: Mein Jesu / du sitzest zur Rechten Gottes / du wirst wissen /
wie du mir helffen sollest. Trawe / lieber Christ / dein Jesus errettet dich
gewißlich / es sey durch Leben oder durch Todt. Kompstu mit dem Leben davon /
hastu Gottes wunderliche Güte zu preisen. Stirbstu / so stehet der Himmel dir
offen. Was kan denn alles Vnglück für groß Schaden thun? Kompts hoch / so nimbts
mir das Leben. Was kan mir mehr thun? Wann man mir aber das Leben genommen hat /
was Schaden hat man mir gethan? Ist Christus mein Leben / so ist Sterben mein
Gewin. Wann denn das Vnglück zum höchsten kompt / muß es mir den höchsten Gewin
bringen. Darumb bleib fest bey deinem Christo / so kanstu auch getrost seyn.
Denn entweder du glaubest / daß dein JESVS dein Wolstand jhm laß angelegen seyn
/ oder du glaubest es nicht. Glaubstu es nicht /
Mancher spricht: Ich sehe keine Hülff für Augen? Recht so / du sollst sie auch nicht sehen. Wann du allzeit Hülff für Augen sihest / wozu solt der Glaube? Wie verwirrter dein Zustand / wie heller das Liecht deines Glaubens leuchten soll. Ein ander spricht: Es ist natürlich / daß man die Trübsal fühle. Lieber Christ / du kanst nicht wehren / daß die Vögel dir über dem Kopff schweben / aber wol kanstu wehren / daß sie dir nicht auff den Kopff nisten. Daß du Trübsal fühlest / kan GOtt leiden / denn du bist ja kein Stein. Vnd eben dazu wird dir Trübsal auff die Haut gesandt / daß du sie sollst fühlen. Aber dafür mustu dich hüten / daß du nicht un Christlich trawrest / vnd zagest. Fühlestu dein Creutz / wann es dich druckt / thue zweyerley. Erstlich faß deine Seele in Gedult / vnd leide was Gott will / das du solt leiden. Zum andern vertrawe deinem Christo / der es wol wird machen. Fasse wol zu Hertzen / was Stephanus gesehen hat / wann er spricht: Sihe / ich sehe den Himmel offen / vnd JEsum stehen zur Rechten Gottes. Diß Bilde kan dir lebendigen Trost bringen in aller Trübsal.
Lieben Christen / solten wir hie viel Trübsal leiden / vnd hernach noch dazu in
die Hölle verwiesen werden / das möcht vns kräncken. Nun aber / Gott Lob / steht
vns der Himmel offen / vnd Jesus stehet daselbst zur Rechten Gottes vns zu
Schutz. Er stehet auffm
Es solt einer gedencken: Wenn mir Christus in meiner Noth auch so sichtbarlich wolte erscheinen / wie dem Stephano / so wolt ich auch wol getrost seyn. Dagegen wisse / es schickt sich nicht / daß ein jeglicher Christ durch sichtbare Erscheinung auffgerichtet vnd getröstet werde. Wenn das wäre / wo bliebe der Glaube? Genug ists / daß es einmahl geschehen / allen Christen zu Trost. Vmb Stephani willen allein ist diß nicht geschehen / viel weniger geschrieben; sondern dazu / daß auch dein Vertrawen auff Christum Jesum fest gesetzet werde. Wisse was Stephano sichtbar wiederfahren / das wiederfähret dir vnsichtbar. Christus Jesus / der da sitzet zur Rechten GOttes / ist dir nahe in der Noth / hat fleissige Auffsicht / vnd ist willig vnd bereit zu helffen / nur daß du Ihm vertrawest.
Kompt nun Vnfall vnd Noth / wohin wilstu dich wenden? Hebe deine Augen gen Himmel
/ wie Stephanus / vnd setz deines Hertzen Vertrawen auff Jesum. So machts auch
David / sintemahl er singet im 121. Psalm: Ich hebe meine Augen auff zu
Insonderheit vertrawe vnd befehl dich deinem JEsu wol in der letzten Todesnoth.
Faß abermal fest in dein Hertz / was Stephano erschienen ist in seiner Todesnoth
/ vnd bedencke / wohin deine Seele fliehet. O ein grosser Trost im Todt! Wenn
ich sterben soll / so weiß ich / daß mir der Himmel offen stehet / vnd der Sohn
Gottes auff mich warte. Wenn ich nicht mehr reden kan / so nimpt er meines
Hertzen Seufftzen an / eben wie jhm die Seufftzer deß
Nehmet nun an Jesum zu ewrem Heyland / lieben Christen / auffopffert euch demselben durch heiligen Gehorsam / durch drünstige Begierde / durch trostreiche Gedult / in guter Zuversicht im Todt vnd in allen Nöthen. Warumb solten wir vns dir nicht gantz ergeben / allersüssester HErr Jesu? Du bist ja der Sohn deß Allerhöchsten. Vns zu lieb bistu Mensch worden / vns zu lieb bistu gestorben / vns zu Trost stehestu zur Rechten Gottes / als vnser Nothhelffer vnd Seligmacher. In deine Hände befehl ich meinen Geist / du hast mich erlöset / HERR du getrewer GOtt. Erlöse vns allezeit / AMEN.
V. 11. DEnn es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes allen Menschen.
V. 12. Vnd züchtiget vns / daß wir sollen verlaugnen das vngöttliche Wesen / vnd die weltliche Lüste / vnd züchtig / gerecht vnd gottselig leben in dieser Welt.
V. 13. Vnd warten auff die selige Hoffnung vnd Erscheinung der Herrligkeit / deß grossen Gottes / vnd vnsers Heylands Jesu Christi.
V. 14. Der sich selbst für vns gegeben hat / auff daß Er vns erlöset von aller Vngerechtigkeit / vnd reiniget jhm selbs ein Volck zum Eigenthumb / das fleissig wäre zu guten Wercken.
WAnn Paulus seinen Jünger Titum vnd andere rechtschaffene. Christi.
Dieses ist absonderlich geredet von den Knechten / welche er
Doch bleibts auch eine gemeine Regel / welche alle Christen angehet / vnd zeiget / wohin ein Christ in allem Stand vnd Thun zielen soll / nemblich / er soll sich allenthalben in allem so verhalten / daß er die Lehre Gottes vnsers Heylandes ziere in allen Stücken.
Zweyerley wird von einem jeglichen Christen in dieser Regel erfordert. Erstlich / eine heilsame Lehre vnd Erkäntnüß Gottes vnd deß Heylandes Christi Jesu. Zum andern / ein heiliges Leben / als welches ist eine Zierde der reinen Lehre. Vnd in diesen beyden Stücken beruhet das gantze Christenthumb.
Es fähret aber der Apostel Paulus nach dieser Regel weiter fort / vnd führet vns auff den Grund / vnd zeiget an / woher es komme / daß die heilsame Lehre nicht könne oder solle ohn heiliges Leben seyn; welches das Band sey / das heilsame Lehre vnd Leben zusammen verknüpffe / nemblich die heilsame Gnade Gottes / die erschienen ist darin / daß vns GOtt seinen Sohn geschencket hat / welcher sich für vns selbsten dahin gegeben hat. Alle Welt pfleget von dieser heilsamen Gnade anders zu halten / gebraucht derselben zu einem Deckel der Boßheit / Paulus aber setzet sie vns für die Augen / als eine Zuchtmeisterin / die vns von der Vnreinigkeit deß Fleisches abtreibe / vnd führe zu einem recht göttlichen Wesen.
Solche Lehre will Paulus mit fleiß getrieben haben / drumb wie er das ander
Capitel an Titum mit solchen Worten anfähet:
Wie es nun billich ist / daß in diesen heiligen Weynacht-Tagen / in der heilsamen
Geburt deß Sohns Gottes / vnsers Heylandes Jesu Christi / die Gnad vnd Liebe
Gottes / die selige Hoffnung vnd Frewdigkeit aller rechtschaffenen Christen wol
fürgebildet werde: also muß auch nicht dahinden bleiben gegenwärtige
Apostolische Betrachtung / Wie dieselbe heilsame Gnade / die in
WAnn der Apostel Paulus jhm fürnimbt einen rechten beständigen
Es fänget vnsere Lection an mit diesen Worten: Es ist erschienen I. De modo sanctè vivendi.
Wir sehen / wie der Apostel vns führet auff zweyerley Zeiten / auff die
gegenwärtige Welt / vnd auff die zukünfftige Hoffnung / da dann vorauß zu
mercken / wie die himlische Lehr vns fürhalte eine Seligkeit / die vns zwar
geschenckt / doch erst künfftig soll offenbaret
Nun ist die Frag / wie die Zeit dieser Wallfahrt zuzubringen / ob wir wol dürffen
sicher seyn / weil vns die Seligkeit schon erworben vnd geschencket ist? Hierzu
gibt vns der Apostel zu betrachten zweyerley Zeiten / die gegenwärtige vnd
zukünfftige / vnd zeiget / wie wir vns gegen beydes recht verhalten sollen /
nemblich weil wir von dieser argen Welt erlöset / vnd zu der himlischen
Seligkeit beruffen seyn / daß wir auch gantz nur nach dem himlischen trachten /
vnd die weltlichen Lüste verläugnen / vnd also in dieser Welt leben / daß die
Lehr vnsers Heylandes gezieret werde. Dieses muß
Die erste Regel: Ein Christ soll verläugnen das vngöttliche
Nun will der Geist Gottes / daß wir sollen die weltliche Lüste vnd das vngöttliche Wesen also gar meiden / daß wirs auch verläugnen / jhnen absagen / vnd sie verschweren / daß wir vnser Lebenlang mit jhnen nicht wollen zu schaffen haben / vnd jhnen hold seyn. Wann dein Gemüth / durch die Liebe der Welt / zu etwas gereitzet wird / das wider GOtt ist / da sollstu nicht folgen / sondern sagen: Ich habe abgesaget den weltlichen Lüsten / ich kenne dich nicht / weiche von mir Satan.
Die ander Regel: Ein Christ soll züchtig / gerecht vnd
Wie die beyde ersten Regeln vns gewiesen haben auff die Wanderschafft dieser Welt
/ was darinnen zu meiden oder zu lieben ist: Also weiset vns die dritte Regel
zur Welt hinauß auff das Ende / dahin wir in vnserer Wanderschafft sehen sollen
/ Denn wir sollen warten auff die selige Hoffnung vnd
Es ist die Herrligkeit Gottes vorhin auch erschienen / davon Johannes saget am 1.
Cap. seines Evangelij: Das Wort
Die Herrligkeit deß grossen Gottes lässt sich offt sehen mit Schrecken / wie auff dem Berge Sinai / da die Kinder Israel die Herrligkeit Gottes nicht konten ertragen / sondern sie flohen / daß sie für der Herrligkeit Gottes nicht dürfften sterben / denn Gott ist ein verzehrendes Fewer. Daher wird auch die Erscheinung der Herrligkeit deß grossen Gottes nicht frewdenreich seyn den Gottlosen vnd Vnglaubigen / sondern sehr erschrecklich / da der grosse Gott nach seiner grossen Macht Schrecken vnd Entsetzen über sie wird regnen lassen.
Wir Glaubige aber hoffen auff eine solche Erscheinung der Herrligkeit / die da
sey nicht allein eine Herrligkeit deß grossen GOttes / sondern auch eine
Herrligkeit vnsers Heylandes JEsu Christi. Das wird alles was wir sehen / vns
lieblich vnd frewdenreich machen. Dann es ist alles vnser / was ist in vnserm
Diß ist die Seligkeit / darauff wir in dieser Welt warten sollen / vnd worzu wolten wir lieber vnser Hertz lencken? Dann was wird vns da weiter schaden / was wird vns weiter mangeln können? wann vnser Heyland sich wird sehen lassen / beydes als ein grosser Gott / vnd denn auch als vnser Heyland / da Er nach seiner grossen Allmacht vnd göttlicher Majestät / sich an vns wie ein Heyland erweisen wird / vnd über vns sein Heyl mit vollem hauffen außgiessen / wer dahin die Augen seines Hertzens gewandt hat / der wird nicht viel finden in dieser Welt / das jhm solt erfrewlich seyn / also daß ers nicht verachten könte.
Dieses ist nun die Weise eines Christlichen Wandels / wie es in dieser Welt muß beschaffen seyn / die Welt bleibt wol Welt / vnd ist voller Vnreinigkeit / die Heiligen aber in der Welt müssen in derselben widersinnig leben / als die nicht gehören zu der Welt / sie seynd vnter den Dornen / doch wie die Rosen / sie leben im Sauffhause / doch mässig vnd nüchtern / sie leben im Hurhauß / doch keusch vnd züchtig / sie wandern in der Mordgruben / doch gerecht / sie wandern vnter lauter Teuffeln / doch gottselig / vnd sehen allezeit auff jhre Erlösung. Das heisset recht die Lehre Gottes zieren.
Lasset vns nun auch auff den Grund sehen / Denn es ist erschienen eine heilsame
Gnade Gottes allen Menschen / die züchtiget vns / vnd nötiget vns dazu / daß wir
einen heiligen Wandel führen. Was diß aber für eine heilsame Gnade sey / wird
Damit dieses recht verstanden werde / müssen wir auff dreyerley sehen. Erstlich / worzu vns nütze der Sohn Gottes / den vns der Vatter durch die Menschwerdung zum Eigenthumb gegeben hat. Zum andern / wie in solchem Werck eine heilsame Gnade Gottes offenbahret sey. Zum dritten / wie solche heilsame Gnade vns treibe zum rechten Christlichen Wandel.
Erstlich sagen wir mit Paulo: Der grosse GOtt vnd
Hie findet sich ein überflüssiger Reichthumb der göttlichen Erkäntnüß / da vns gezeiget wird / erstlich die Sünde / darunter wir von Natur gefangen ligen; dann wann die Schrifft saget / daß wir erlöset oder befreyet seyn von aller Vngerechtigkeit / zeuget sie zugleich / daß wir von Natur vnter der Vngerechtigkeit gefangen ligen. Die Sünde nimpt vns also gefangen / daß wir nichts guts erkennen noch thun / auch nichts gutes können oder begehren. Da müssen wir dem höllischen Pharao sein Reich helffen bawen. Denn gleich wie die Kinder Israel mit Ziegelstreichen vnd andern Frondiensten / das Reich jhres Feindes musten bawen vnd stärcken helffen / also auch kan der natürliche Mensch anders nichts als sündigen / vnd je mehr er sündiget / je grösser er deß Teuffels Gewalt machet. Israel hatte in Egypten kein gefallen an der Dienstbarkeit / begehrte loß zu seyn / vnd das Volck seufftzete in jhrer schweren Arbeit. Aber in der geistlichen Dienstbarkeit ists so viel ärger / weil die verblendete Menschen in jhrem Dienst sich wol gefallen / vnd wollen davon nicht loß seyn.
Es wird zum 2. gezeiget der Heyland / nemblich der grosse GOtt Jesus Christus / der ist der himlische Moses / von Gott gesandt / auß dem höllischen Egypten vns außzuführen / den müssen wir kennen / weil er vns muß erlösen / dadurch daß er sich selbst für vns in den Todt gibet / so ist er ein Mensch; weil aber menschlich vermögen allein das Sünden-Reich nicht tilgen kan / muß hie mehr als Mensch seyn / vnd nennet jhn Paulus den grossen GOtt. Sihe an / wie groß Himmel vnd Erden / vnd gedencke wie groß derselbe ist / der solches alles gemacht hat. Sihe / derselbe grosse GOtt ist außgesandt zu vns in vnser Elend / das mag vns noch wol ein rechtschaffener Erlöser seyn; dann wär er nicht der grosse GOtt / sondern ein grosser erschaffener Engel / hätte sein Todt nicht können eine Bezahlung seyn für vnsere Sünde. Nun Er aber der grosse ewige GOtt ist / was kan thewrbarer seyn / die verdampten Seelen zu bezahlen vnd zu lösen / als der Todt vnd das Blut deß grossen Gottes?
Darumb haben wir zum 3. zu bedencken das Mittel vnser Erlösung / denn der grosse GOtt / spricht Paulus / hat sich selbst für vns gegeben / verstehe als ein Versöhnopffer. Er hat sich dahin gegeben in die Gewalt aller Teuffel vnd bösen Menschen / jhn zu plagen vnd zu tödten. Für sich durffte er nicht sterben / denn es war keine Schuld deß Todes bey jhm. Daß er nun gestorben ist / ist für andere geschehen. Für wen dann? Paulus sagt: Für vns / die Teuffel haben hie kein Theil.
Moses war ein Erlöser der Kinder Israel / sie auß Egypten zu führen / er durfft
es aber nicht thun durch sterben / doch muste zuvor deß Pharaonis Macht durch
den hohen Arm Gottes zubrochen werden. Also kunte kein Mensch auß deß Teuffels
Reich erlöset werden / deß Teuffels Reich muste zuvor zerbrochen werden. Das
Reich deß Teuffels bestehet im Todt / in der Quaal der Seelen / im nagen vnd
beissen deß Gewissens. Der Stachel deß Todes
Höret nun zum 4. die Wirckung vnd Krafft deß Todes / in welcher sich der grosse GOtt / vnd vnser Heyland JEsus Christus für vns gegeben hat; Paulus saget / es sey geschehen darumb / auff daß Er vns erlösete von aller Vngerechtigkeit / vnd reiniget jhm selbst ein Volck zum Eigenthumb / das fleissig wäre zu guten Wercken. Da stehet zweyerley; Erstlich / daß du erlöset würdest von der Vngerechtigkeit / von der Schuld vnd Straffe / die du mit allen deinen Sünden verdienet hast; Zum andern / daß du gereiniget vnd geheiliget würdest zu einem Eigenthumb Gottes / fleissig vnd eifferig zu guten Wercken. Beydes muß bey einander seyn / Vergebung der Sünden vnd Heiligung. Dann wann du erlöset wirst von aller Vngerechtigkeit / das gehet nicht zu mit lachendem Munde / sondern der jnnerste Grund der Seelen wird angegriffen vnd vmbgekehret / dann die Seele hanget mit allen Begierden dem Satan an / von demselben muß sie gezogen werden / daß sie Christo anklebe; Daher kompt die Tödtung deß Fleisches / wann aber der alte Mensch getödtet wird / so wird ein newer lebendig gemacht. Daher wird dem Glauben die Krafft zugeeignet / daß er das Hertze reinige / dann wann Christus ins Hertze tritt / muß der Teuffel mit seinem Reiche weichen.
Ein Fürbilde ist in den Kindern Israel / wann dieselbe auß der Egyptischen
Dienstbarkeit geführet wurden / musten sie GOtt
Darumb da du der Erlösung deß grossen Gottes vnd vnsers
Hiemit hat vns der H. Geist einen kurtzen / doch gründlichen Bericht gegeben /
von der Sendung deß Sohns Gottes ins Fleisch / vnd von vnser Erlösung. Nun
folget zu betrachten / wie darinnen eine heilsame Gnade herfür scheine / denn
wenn GOtt seinen Sohn ins Fleisch gesandt / der sich selbst für vns dahin
Diese heilsame Gnade Gottes ist erschienen durch die Sendung deß Sohns Gottes /
zu vnser Erlösung / oder durchs Evangelium / das da prediget von dieser Sendung.
Wenn Gott hätte wollen nach Recht mit den Sündern vmbgehen / hätte er sie sollen
stracks mit Donner vnd Blitz zur Höllen werffen. Wenn aber Gott den Sündern
schickt seinen eignen Sohn / vnd denselben für die Sünder dahin gibt / das
offenbaret vnd zeuget / daß noch Gnade verhanden / vnd eine heilsame Gnade. Da
erscheinetrecht die Liebe Gottes / wie Paulus saget zun Römern am 5. GOtt
preiset
Solche Offenbarung der göttlichen Gnaden / wird hie genennet eine Erscheinung; Es
ist erschienen die heilsame Gnade / vnd wird angedeutet / daß es eine solche
Offenbarung
Was ists aber / daß gesaget wird: Die heilsame Gnade Gottes ist erschienen allen Menschen; sintemal der grösseste Hauff vnter den Menschen von dieser Gnade nichts weiß? Da wisse erstlich / daß diese Gnade alle angehe / sie erkennen sie / oder nicht. Die Legaten waren von Christo schon abgefertiget in alle Welt / mit solchem Befehl: Prediget das Evangelium allen Creaturen / daß es alle Creaturen hören mögen. So ist auch nunmehr zu halten / daß kein Ort auff Erden sey / dahin das Gerücht von Christo nicht erschollen sey. Hernach / so ist die Predigt von Christo so beschaffen / daß ein jeglicher Mensch / der höret / daß Gott seinen Sohn für vns Sünder gegeben / schliessen könne / daß Gott keine Lust habe an vnser Verdamnüß / es sey noch Gnade bey dem gerechten Gott für die elende Sünder.
Diß ist nun die heilsame Gnade / die vns hie als eine Zuchtmeisterin fürgestellet
wird; Es ist erschienen die heilsame Gnade allen Menschen / vnd züchtiget vns /
daß wir nemblich verläugnen das vngöttliche Wesen / vnd annehmen einen heiligen
göttlichen Wandel. Dieses ist das letzte hie zu betrachten. Die heilsame Gnade /
die erschienen ist auß der Sendung deß Sohnes
Alle Welt meynet sonst / das Evangelium von der Gnade Gottes mache ruchlose Leute
/ vnd gebe vns Freyheit zu sündigen. Paulus redet anders davon. Die Gnade Gottes
hält vns in der Zucht / daß wir nicht ruchloß werden. Erstlich überzeuget sie
vns / daß vnser Wesen gottloß ist; sonsten hätte der grosse GOtt sich nicht
dürffen für vns dahin geben. Hernach vnterweiset sie vns / wie wir das
vngöttliche Leben sollen ablegen / vnd einen heiligen Wandel annehmen; vnd
darauff dringet sie. Denn wir sollen wissen / daß der grosse GOtt sich für vns
dahin gegeben habe / nicht darumb / daß wir in Vngerechtigkeit vnd vngöttlichem
Wesen blieben / sondern / daß wir davon erfreyet würden. Deutliche Worte seynd
es / die hie stehen: Der grosse GOtt / vnser Heyland Jesus Christus hat sich für
vns dahin gegeben / auff daß Er vns erlösete von aller Vngerechtigkeit / vnd
reiniget jhm selbst ein Volck zum Eigenthumb / das fleissig wäre zu guten
Wercken. Deßgleichen stehet in der 2. an die Corinther
Also erkennen wir nicht allein / wie vns eine heilsame Gnade erschienen / in dem vns verkündiget ist / wie der grosse Gott zu vns ins Fleisch gekommen / vnd sich für vns gegeben; sondern auch / wie vns solche Gnade züchtige / vnd zum heiligen göttlichen Wandel treibe / also daß wir verläugnen vnd absagen allem das vngöttlich ist / vnd vns befleissigen recht gottselig zu leben / vnd mit vnserm Gemüthe bey Christo im Himmel zu wohnen.
Damit werden wir geführet / auff den rechten Grund der Gottseligkeit. Denn daß Christen fleissig seyn müssen zum guten / kompt nicht daher / daß sie dadurch Gottes Gnade vnd ewige Seligkeit müssen verdienen. Sondern die heilsame Gnade Gottes / die vns im Glauben schon selig gemacht / hält vns in solcher Zucht / vnd gibt nicht zu / daß wir vngöttlich leben. Darumb auch dieselbe / die diese heilsame Gnade recht erkennen vnd betrachten / sich zum guten treiben lassen / nicht durch Gesetz vnd Zwang / sondern durch die Gnade selbst. Denn sie bedencken / daß sich der grosse Gott darumb für sie gegeben / daß sie sein Eigenthumb seyn; sie bedencken / wie thewer sie vom Dienst deß Satans erkaufft seyn / darumb wünschen sie / daß sie Gott geben was Gottes ist / jhr Leib vnd Seel / vnd solches nicht wiederumb dem Satan freventlich zukehren: Sie wissen auch / daß sie der heilsamen Gnade zu jhrer ewigen Seligkeit nicht geniessen können / wo Christus durch den Glauben nicht in jhnen wohnet. Vnd ohn das alles ist jhnen die Gnade Gottes in Christo so süsse / daß sie nichts liebers wünschen / als in Christo gantz versenckt zu seyn / vnd sehnen sich nach jhrem Christo / vnd nach der Seligkeit / die da ist / da Christus ist.
Wiewol solches vnter vns Christen nicht kan oder soll
Die jhr nun die Menschwerdung vnd Erlösung deß grossen Gottes hoch achtet /
trachtet nach einem göttlichen Wandel. Dazu reitzet euch die Gnade selbst. Was
hilffts vns / daß Gottes Sohn ein Mensch geworden / so wir Menschen durch jhn
nicht Gottes Kinder werden. So wir aber weichen von dem göttlichen Wandel /
machen wir vns der Kindschafft Gottes selbst vnwürdig. Denn welche der Geist
Gottes treibet / die sind Gottes Kinder:
Vergiß auch dabey deß Trostes nicht / daß Christus JEsus einmal erscheinen wird
als ein grosser GOtt / vnd vnser Heyland. Der am jüngsten Tage das Gericht wird
halten / ist kein ander als der sich für vns gegeben hat. Der kan sich nicht
läugnen; Er wird nicht sagen können / Ich bins nicht. Was will denn die Sünde
verdammen / weil der Richter der Lebendigen vnd der Todten offenbarlich bekennet
/ Er habe sie weggenommen / weil er sich selbst für vns in den Todt gegeben? Was
wird vns dort schaden können? ja was wird vns mangeln können / so vnser Heyland
in seiner gantzen Majestät für vns wird stehen / vnd bezeugen / Er sey vnser?
Denn Er ist vns ja gantz vnd gar von seinem himlischen Vatter gegeben.
So thue nun auff deines Hertzen Augen / vnd laß die heilsame Gnade tieff hinein scheinen / daß du wissest / wem du dich vertrawest / vnd was du thun sollest. Der grosse Gott vnd vnser Heyland Jesus Christ / der vnserthalben ins Fleisch kommen / vnd sich für vns gegeben hat / auff daß er vns erlösete von aller Vngerechtigkeit / der reinige vns jhm selbst zum Eigenthumb / daß wir sein Volck seyn / fleissig vnd eifferig zu guten Wercken / vmb seiner heilsamen Geburt willen / AMEN.
V. 1. LIeben Brüder / Ich sage euch so lang der Erbe ein Kind ist / so ist vnter jhm vnd einem Knecht kein Vnterscheid / ob er wol ein Herr ist aller Güter.
V. 2. Sondern er ist vnter den Fürmündern vnd Pflegern / biß auff die bestimpte Zeit vom Vatter.
V. 3. Also auch wir / da wir Kinder waren / waren wir gefangen / vnter den eusserlichen Satzungen.
V. 5. Da aber die Zeit erfüllet ward / sandte GOtt seinen Sohn / gebohren von einem Weibe / vnd vnter das Gesetz gethan / auff daß er die / so vnter dem Gesetz waren / erlöset / daß wir die Kindschafft empfiengen.
V. 6. Weil jhr dann Kinder seyd / hat GOtt gesandt den Geist seines Sohns in ewere Hertzen / der schreyet Abba lieber Vatter.
V. 7. Also ist nun hie kein Knecht mehr / sondern eitel Kinder / Seynds aber Kinder / so seynds auch Erben Gottes durch Christum.
ES verwundert sich der Geist Gottes im 39. Psalm / über die Sicherheit der Menschen / mit solchen Worten: Wie gar nichts seynd alle Menschen / die doch so sicher leben? GOtt ruffet dem Menschen durch sein Wort / durch Wolthaten / durch Straffen / aber diß alles veracht der Mensch / vnd schlägts auß dem Sinn / das ist eine wunderbare Sicherheit / Wie gar nichts seynd alle Menschen / die doch so sicher leben? Wenn wir GOttes nicht bedürfften / vnd hätten einen Bund mit Todt vnd Hölle gemacht / möchte es ein Ding seyn / daß man sicher wäre; Daß aber ein Mensch / der gar nichts ist / vnd ohn GOttes Gnade nicht ein Augenblick für dem ewigen Todt kan versichert seyn / dennoch in Sicherheit ohn alle Furcht dahin gehet / ist ein Ding / das zu verwundern vnd zu beklagen ist.
Es lehret vns nicht allein die tägliche Erfahrung / wie nichtig der Mensch sey /
in dem einer nach dem andern dahin stirbt; sondern auch der Ablauff der Jahren /
in dem ein Tag nach dem andern vnd ein Jahr nach dem andern dahin fähret. Das
Jahr das sich nun endigen will / wird nimmer wieder kommen / vnd die Sonne /
wenn sie nun bald ein newes Jahr wird einführen / wird dieses Jahr vns nimmer
wieder erscheinen. Solches sollen Christen nicht obenhin ansehen / sondern in
der Furcht Gottes bedencken / vnd mit David
Wer nun klug ist / der gedenckt nicht / du hast noch lange Zeit /
Es stehen einem Menschen für drey Jahre / welche grosse Veränderung mit sich
bringen. 1. Ein Frey-Jahr. Denn der grosse GOtt vnd vnser Heyland JEsus Christus
/ hat
Diese Jahre hangen an einander / vnd wollen nicht getrennet seyn. Wer hie nicht
hält das Frey-Jahr / soll zur Ruhe nach seinem Todt / vnd zum Jubel-Jahr am
Jüngsten Tage nicht kommen.
So wollen wir nun vnsere Hertzen bereiten / bey dem ablauff dieses alten Jahrs /
daß wir mit dem newen Jahr in das Frey-Jahr tretten / vnd wir / die wir durch
Gottes Geist in dem Frey-Jahr schon leben / vns in der Freyheit stärcken. Dazu
vns verhelffen soll
DAs Evangelium von Christo ist eine Lehre / die zeiget / wozu wir das
Christ-Kindlein gebrauchen können: Nemblich zu vnserer. Gerechtigkeit vnd
Seligkeit / vnd daß allein durch Christum wir für Gott gerecht vnd selig werden.
Nun war das eine Predigt / den Juden sehr ärgerlich / denn es hatte das Ansehen
/ als solte Moses nichts mehr gelten / da doch Moses ohn
Vormundschafft ist ein Werck der Liebe / darin man GOtt einen angenehmen Dienst thun kan. Denn wie du gern wilst / daß deine Kinder wol versorget werden nach deinem Todt / vnd gute Auffsicht haben / so thustu wol / so du das auch bey andern thust.
Was aber hie für Recht vnd Gewonheit ist / ist bekant. Das nimpt nun Paulus / vnd
zeiget darin das Recht deß Gesetzes / vnd den Zustand deß Volcks Gottes vnter
dem Gesetz. So lange
Hie muß die Kirche Christi angesehen werden / vom Anfanglicher
Auff das Jüdische Volck vor Christi Geburt / gehets das Paulus spricht: So lange
der Erbe ein Kind ist / so ist vnter jhm vnd einem Knechte kein Vnterscheid / ob
er wol ein Herr ist aller Güter; sondern er ist vnter den Vormunden
Was ist nun jhr Zustand? Erstlich ist ein Erb ein Erbe /
einem Knecht in diesem Stück kein Vnterscheid gewesen. Von dieser Dienstbarkeit
redet der Apostel im 3. Cap. an die Galater also: Ehe der Glaube kam / wurden
wir vnter dem Gesetz verwahret vnd verschlossen / Das Gesetz ist vnser
Zuchtmeister gewesen auff Christum. Damit angedeutet wird / daß zwar das Gesetz
etwas von Christo gelehret; Denn erstlich zeiget es die Sünde vnd die Verdamnüß
/ treibet zur Verzweiffelung / vnd damit bezeuget es / daß ein Mensch andere
Verheissungen suchen muß / der will selig werden. Zum andern / zeiget es
Christum in vielfältigen Fürbilden. Dennoch hat es die Leut vnterm Joch gefangen
gehalten / vnd mit vielen Ceremonien beschweret. Aber diese Beschwerung
Diese Zeit ist die Zukunfft deß Sohnes Gottes ins Fleisch /
Hie fällt zu betrachten für das Geheimnüß der Menschwerdung personas.
Die Art vnd Weise der Sendung bestehet in der Menschwerdung. GOtt sandte seinen
Sohn / geboren von einem Weibe. Von solchem Geheimnüß stehen auch andere klare
Das Geschäffte / das der Sohn Gottes im Fleisch verrichten effectum proximum.
Die Vrsach ist: Daß er die / so vnter dem Gesetz waren / erlösete / vnd wir die Kindschafft empfiengen. Seinethalben hat der Sohn Gottes sich nicht vnter das Gesetz gegeben / sondern vnsernthalben / die wir vnter dem Gesetze waren. Wir waren aber alle vnter dem Gesetz / denn wir waren schuldig / in vollkommener Liebe vnd Heiligkeit / von allen Kräfften Leibes vnd der Seelen GOtt zu dienen / vnd nach seinem Wolgefallen zu leben / ohn alle fleischliche Begierde vnd Befleckung deß Hertzens vnd der Gedancken. Weil vns aber solches vnmüglich ist / fallen wir in den Fluch / vnd werden schuldig die Verdamnüß vnd den Fluch deß Gesetzes zu tragen / Denn verflucht ist / wer nicht hält alles / was im Gesetz geschrieben stehet. Absonderlich war das Jüdische Volck vnter das Gesetz / welches ein eigenthumblich Volck deß Gesetzes war / als das sich verbündlich gemacht hatte / zu halten den alten Bund / vnd also nicht allein die Zehen Gebott / sondern auch alle andere Nebensatzunge vnd Ordnunge. Diesen allen zu gut hat der Sohn Gottes im Fleisch sich vnters Gesetz gegeben; diese alle sollen den Nutzen davon haben.
Der Nutz aber ist zweyerley: Erstlich / sollen die / so vnter dem Gesetz waren /
vom Gesetz erlöset werden. Er erlöset vns erstlich vom Fluch deß Gesetzes / daß
er vns nicht verfluche oder verdamme. Also stehet geschrieben zun Galatern am 3.
Christus
Der andere Nutz ist die Kindschafft / denn wir sollen
Den Vrsprung der Kindschafft haben wir gesehen / nemblich
Diß ist die kurtze Erklärung der Menschwerdung Christi
Darumb ist nun die Menschwerdung Christi die Zeit / darinne
Nun ist etlicher massen offenbar / was die Meynung dieser Epistel ist; Sie handelt vom Gebrauch deß Gesetzes / vnd lehret / daß mit nichten das Gesetz dazu gegeben sey / daß die Menschenkinder dadurch sollen für GOtt gerecht vnd selig werden / sondern es sey den Kindern Israel gegeben / als ein Zuchtmeister / welches die / so durch Christum Erben deß Himmels waren / im Zaum halten / vnd dieselbe seiner massen von Christo vnterweisen solte. Solches aber solte nicht ewig wären / sondern biß auff die bestimpte Zeit vom Vatter / nemblich da Gott seinen Sohn sandte / welcher eine freye Kindschafft hat eingeführet.
Diese Betrachtung dienet vns erstlich zur Lehr vnd Vnterweisung / vom Vnterscheid deß Alten vnd Newen Testaments / daß wir verstehen die Ordnung Gottes / wie ers hat wollen gehalten haben mit den Heiligen / vor der Zukunfft Christi / vnd mit den Heiligen nach derselben Zukunfft / vnd daß wir auch folgends erkennen / wozu das Christkindlein nutz sey / was beydes Juden vnd Heyden in jhm sinden vnd haben.
Solches klärlich zu verstehen / ist zu wissen fürs erst / daß die wol
begnügen lassen. Ob nun zwar der verheissene Same zu jhrer Zeit noch nicht in
die Welt kommen war / hatten sie doch den Glauben an denselben / so wol wie wir
/ vnd funden in solchem Glauben so viel Trostes / daß sie sich begnügen
liessen.
Darauß folget ferner / daß die Altvätter im Alten Testament das ewige Leben
erlanget haben / so wol wie wir / vnd zwar daß sie solches erlanget haben durch
Christum. Daß sie das ewige Leben erlanget / ist darauß klar / daß so wol der
Täuffer Johannes als Christus spricht / Joh. 3. Wer an den Sohn glaubet /
der
Dieses alles ist klar begriffen in dem Wort / das derselbe
Spricht aber jemand: Ich gebe zu / daß die Altvätter vor Christi Zukunfft zwar
Vergebung der Sünden durch Christum / vnd das Kindesrecht empfahen haben / aber
das ist noch nicht erwiesen / daß sie würcklich in jhrem Todt in den Himmel vnd
ins ewige Leben seynd auffgenommen: So halte ich euch nur für das Exempel deß
Propheten Eliae / von welchem die Schrifft klärlich
Also ist nun hie dem Wesen nach kein Vnterscheid / gleich wie wir durch den
Glauben an Jesum gerecht / Gottes Kinder vnd Erben werden / also seynds auch die
Altvätter vor Christi Zukunfft worden; darin allein bestehet der Vnterscheid:
Wir seynd gantz frey; die Altvätter vor Christi Zukunfft waren vnter dem Gesetz
verwahret vnd verschlossen / vnd an gewisse Satzungen verbunden. Davon ist ein
feines Exempel zu finden in dem andern Buch der
Diß ist nicht eine vnnützliche vnfruchtbare Betrachtung; denn dadurch wird
gepreiset die Herrligkeit vnsers Heylandes Jesu Christi / welcher durch sein
Verdienst kräfftig gewesen ist gestern vnd heute / vnd in Ewigkeit. Wir werden
in vnserm Glauben bekräfftiget / daß wir eben den Weg gen Himmel wandeln / den
vor vns alle Heiligen gewandelt haben. Hie wird gepriesen die Gnade deß Newen
Testaments. Wir seynd nicht mehr vnter dem Zwang / wir haben ein viel klärer
Erkäntnüß von Christo / als die Vätter; das Geheimnüß der Menschwerdung deß
Sohnes Gottes / von seiner Erniedrigung vn Erhöhung / hat vnter
dem Schatten so herrlich nicht geleuchtet / als es nun leuchtet / nach dem es in
der Welt offenbaret ist. Vber das haben wir auch das köstliche Fürbilde eines
heiligen Wandels in dem Sohn GOttes selbst. Solche Gnadenzeit muß man erkennen.
Davon besihe was geschrieben
Da lerne nun auch / wie du deines Christ-Kindleins gebrauchen
Sey aber hiebey ermahnet / daß du der rechten Freyheit nicht fehlest. Bistu ein Kind Gottes durch Christum worden / so hat auch Gott den Geist seines Sohns in dein Hertz gesandt / der rufft Abba lieber Vatter; das ist / du befleissigest dich allezeit vnd allenthalben in kindlicher Furcht zu bleiben / vnd da du es versehen / wirstu nicht sicher / sondern versöhnest dich durch Christum: Abba lieber Vatter sey gnädig. Wir / die wir in Christo seyn / seyn wol frey vom Gesetz / es kan zur Seligkeit vns weder fördern noch hindern. Solten wir aber darumb nach deß Fleisches Muthwillen leben? Das sey ferne. Wir leben als die Kinder für dem Angesicht vnsers Vatters / in kindlicher Furcht vnd gutem Vertrawen / vnd ruffen allezeit vnd allenthalben: Abba / lieber Vatter. Ein jeglicher Mensch muß einen Geist haben / von welchem er getrieben wird / er sey gut oder böß. Wer den Geist hat der in Christo ist / der hat den guten Geist; wer den Geist Christi nicht hat / ist auch nicht sein. Darumb prüfe / wie du GOtt dienest / vnd mit was Geist. Prüfe / ob du auch in allem auff das Wolgefallen deines Vatters im Himmel sihest; geschicht das nicht / so bistu nicht einmal ein Knecht Gottes. Sihestu aber auff den Willen Gottes / so prüfe / ob du nur für den Leuten / oder auß Hertzen grund GOtt dienest / auß Zwang oder auß Liebe. Vnd darnach vrtheile / ob du in der Knechtschafft lebest / oder in der Kindschafft.
Wilstu nun in der freyen Kindheit GOtt dienen / so ergreiffe fürs erst deinen
JEsum mit all seinem Verdienst vnd Heiligkeit / vnd stelle jhn für Gottes
Gericht / vnd sprich: Vatter / vmb dieses deines Sohns willen sey mir Sünder
gnädig; hernach befleissige
Mit solchem Gemüthe lasset vns das alte Jahr schliessen /
So schliessen wir nun / vnd sagen Danck Gott vnserm Vatter / für alles gutes in Christo Jesu / derselbe helffe / daß wir in seinem Namen eine newe Zeit antretten / vnd allezeit vnd allenthalben als seine liebe Kinder für jhm wandeln / AMEN.
V. 23. EHe denn aber der Glaube kam / wurden wir vnter dem Gesetz verwahret vnd verschlossen / auff den Glauben / der da solt offenbaret werden.
V. 24. Also ist das Gesetz vnser Zuchtmeister gewesen auff Christum / daß wir durch den Glauben gerecht würden.
V. 25. Nun aber der Glaube kommen ist / seynd wir nicht mehr vnter dem Zuchtmeister.
V. 26. Dann jhr seyd alle Gottes Kinder / durch den Glauben an Christo Jesu.
V. 27. Denn wie viel ewer getaufft seynd / die haben Christum angezogen.
V. 28. Hie ist kein Jude noch Grieche / hie ist kein Knecht noch Freyer / hie ist kein Mann noch Weib / denn jhr seyd allzumal einer in Christo Jesu.
V. 29. Seyd jhr aber Christi / so seyd jhr ja Abrahams Samen / vnd der Verheissung Erben.
WAs künfftig ist / vnd geschehen soll / weiß GOtt allein / kan
Also wann wir jetzt stehen in der Thür eines newen Jahrs / haben wir vor vns manchen Tag vnd manche Stunde / deren eine jegliche jhre eigene Plag vnd Erquickung haben wird / davon doch niemand weiß was es seyn wird / das darinnen vns begegnen werde / allein für GOtt ists offenbar. Fragen wir dann / wie wird dein Ampt vnd Beruff fortgehen / muß man sagen: Das weiß GOtt. Fragen wir; was für ein Zufall wird dich treffen / was für Glück oder Vnglück wird dir begegnen; muß man aber sagen: Das weiß Gott. Fraget man auch / wirstu auch diß Jahr erleben oder sterben / muß man auch sagen: Das weiß Gott.
Eins ist gleichwol / das offenbaret / was künfftig ist / vnd das
Will man ja etwas vom künfftigen Zufall wissen / ist der beste Rath / daß man durch Erkäntnüß deß brüderlichen Hertzen Christi schawe in das Hertze deß himlischen Vatters / darauß denn leichtlich zu schliessen / was vns künfftig wiederfahren soll.
Es ist alles schon abgemessen vnd abgewogen / vnd in ein
Durch diesen ist vns vergunt zu schawen in die Tieffe der Gottheit / zuerkennen
Gottes Hertz / vnd zu sehen / was er mit vns fürhat / daß für keinem Vnfall wir
vns zu fürchten haben. Solches nachforschen ist dann nicht eine thörichte
Vermessenheit / sondern eine Christliche Fürsichtigkeit / die vns der Vatter der
Weißheit selbst anwünschet: O daß sie weise wären / vnd vernehmen
Damit wir nun nicht mit Ochsen oder Schweinen vnvorsichtig ein newes Jahr
anfangen / gebüret vns wol anzusehen / das
ES ist vorhabende Lection auff den Newen Jahrs Tag eines
Die erste Zeit nennet hie Paulus / eine Zeit vor dem Glauben / die andere Zeit
nennet er eine Zeit nach dem Glauben. Da zu mercken / daß durch den Glauben in
diesem fall verstanden werde / das Evangelium oder die Lehre von Christo /
darinnen verkündiget wird / wie Christus nun allbereit ins Fleisch kommen / vnd
das Werck der Erlösung vollführet hat. Auff welche weise eben in dem ersten
Capitel dieser Epistel an die Galater
Von der ersten Zeit spricht Paulus: Ehe denn aber der
Wann er spricht: Wir wurden vnter dem Gesetz verwahret vnd verschlossen auff den
Glauben / der da solte offenbaret werden; das wird erkläret durch die Wort / die
vnmittelbar folgen: Das Gesetz ist vnser Zuchtmeister gewesen auff Christum /
daß wir durch den Glauben gerecht würden. Wie nun das Ampt eines Schul- vnd
Zuchtmeisters in zweyerley bestehet / Erstlich / daß er seine Schüler fleissig
vnterweise vnd lehre: Zum andern / daß er sie im Zwang vnd in der Zucht halte;
Also hat auch beydes das Gesetz verrichtet bey den Glaubigen deß Alten
Testaments. Erstlich hates dieselbe vnterwiesen in der Hoffnung Christi /
welcher dermal eins solte offenbaret werden / vnd die Erlösung vollführen; vnd
solches hat das Gesetz gethan / einmal mit seinem Fluch vnd Drawen / damit es
dringet auff alle / die nicht von allen Kräfften / mit gantzem Hertzen in allen
dingen / ohn Empfindnüß der geringsten wiederwärtigen vnd vnheiligen Begierden /
dem Gesetze GOttes vollkommenen Gehorsam leisten; welches weil es den Menschen
vnmüglich ist / zeiget das Gesetz mit seinen Flüchen / daß anderswo Heyl vnd
Seligkeit zu suchen sey. Hernach absonderlich bildet es CHristum ab in Opffern
vnd vielfältigen Fürbilden vnd Reinigungen. Da denn fast kein einige Satzung vnd
Ceremonia im Gottesdienst gewesen / die nicht etwas sonders vom Reich Christi
angedeutet vnd fürgebildet. Zum andern hat das Gesetz die Heiligen auch im
Zwange gehalten / vnd an die von GOtt angeordnete Satzungen verbunden / bey
verlust der Seligkeit / vnd der Bürgerschafft Israels / also daß ein Verbrecher
solte auß dem Volck Gottes außgerottet werden. Da ward niemand zugelassen /
Gottes dienst oder Fürbilde von Christo zu erdencken wie er wolte / sondern sie
musten sich
Also seynd sie vnter dem Gesetz / als vnter einem Zuchtmeister / gezwungen vnd gebunden / vnd doch also verwahret worden / daß sie auff Christum sehen solten / der jhnen versprochen war / vnd zu seiner Zeit kommen / vnd vollziehen solte / was jhnen im Gesetz vorgebildet / damit sie durch den Glauben an Christum selig würden / eben wie auch wir.
Solches Werck treibet das Gesetz noch / in gewisser masse / bey den vnwiedergebornen Menschen; da heisst es auch: Ehe der Glaube kompt / werden wir vnter dem Gesetz verwahret vnd verschlossen auff den Glauben / also ist das Gesetz vnser Zuchtmeister auff Christum / daß wir durch den Glauben gerecht werden. Ein Mensch der nicht wandelt in der Wiedergeburt / ist gleichsam ein vnbendiger Bube / der vnter einem scharffen Zuchtmeister muß bezwungen werden; da treibet vnd bezwinget das Gesetz den muthwilligen Sinn / damit der Mensch Gottes vnd aller Erbarkeit nicht gar vergesse / vnd gantz sicher werde. Hernach wann das Gewissen auffwachet / zerbricht das Gesetz dem Menschen das Hertz / vnd hält jhn gefangen vnter dem Fluch; Aber eben damit daß es den Menschen also ängstet / treibt es auff einen Versöhner / damit wir durch den Glauben an Christum gerecht vnd lebendig werden.
Das lassen wir aber fahren / vnd kommen auff die andere
Es kan aber auch dieses verblümbter weise verstanden werden / also; wann ein
Mensch nicht lebet in der newen Geburt / so ist er vnter dem Zwang vnd Fluch deß
Gesetzes / das treibet jhn; wann er aber in Bußfertigkeit durch den Glauben sich
zu Christo kehret / höret auff das fluchen vnd zwingen deß Gesetzes / denn
weiler durch
Wir kehren vns vielmehr auff das / darin vornemblich vnser Zweck steckt /
nemblich wie Paulus beweiset / daß wir durch den Glauben an Christum JEsum / ohn
jeniges zuthuen / die Seligkeit ererben. Ihr seyd alle Gottes Kinder / durch den
Glauben an Christum Jesum. Denn wie vielewer getaufft
In erzehlten Worten zeiget Paulus einen kurtzen / doch vollkommenen vnd vntrieglichen Weg zur Seligkeit / in solcher Ordnung: Erstlich / die getaufft seyn / die haben Jesum Christum durch die Tauffe angezogen; Hernach die Christum durch den Glauben angezogen haben / die sind durch den Glauben Gottes Kinder; Letzlich die durch den Glauben Gottes Kinder worden seyn / seynd auch durch den Glauben Gottes Erben / vnd Abrahams Samen.
Hie gehet die H. Tauffe vorher / denn die getauffet seyn / haben Jesum Christum angezogen. So ist nun die Tauffe nicht ein bloß schlecht Wasser / sondern es ist ein heilig vnd kräfftig Bad / darinnen wir mit Christo durch den Glauben vereiniget / vnd theilhafftig werden aller seiner Wolthat / vnd alle seines Verdienstes; denn das heisst Christum anziehen.
Hernach die Christum also angezogen haben / seynd dadurch Gottes Kinder; weil ich in Christo / Christus in mir / so findet mich Gott in Christo / vnd liebet mich in Christo / vnd liebet mich als sein Kind. Sprech ich denn / Ach HERR / ich bin ein Sünder; so antwortet er: Sey getrost mein Kind / deine Sünde seynd dir vergeben. Gleich wie in der Welt ein Kind seines Vatters Kind ist / dadurch / daß es von jhm gezeuget / also werden auch wir Gottes Kinder durch eine Geburt / nemblich durch die newe Geburt / wann wir wiedergeboren werden durch Wasser vnd den H. Geist / vnd Christum im Glauben anziehen.
Endlich wann wir Gottes Kinder seyn / so seynd wir auch Erben Gottes; denn ein Kind ist ja seines Vatters Erbe. Ist nun Gott vnser Vatter / so haben wir einen himlischen vnendlichen guten Vatter / so muß auch das Erbe himlisch / vnd ein vnendliches Gut seyn. Dafür sey Gott gelobet / vnd Christus Jesus / der es erworb en hat.
Aus diesem schliesset auch Paulus / daß wir durch den
Damit wir ja der Sachen gewiß seyn / es gelte hie weder fleischliche Geburt oder
Beschneidung / oder sonst etwas / spricht Paulus: Hie ist kein Jude noch Grieche
/ hie ist kein Knecht noch Freyer / hie ist kein Mann noch Weib / denn jhr seyd
allzumal einer in Christo Jesu. Tröstlich ist diß für die Heyden / tröstlich ist
es für die Geringen. In der Welt muß Ordnung gehalten werden / der Baur muß kein
König seyn / vnd der König darff kein Baur seyn; der Mann muß regieren / das
Weib muß gehorsam seyn; also auch Herr vnd Knecht. Aber in Christo ist all
dieser Vnterscheid zu nichte gemacht / da ist der Knecht so hoch als der Herr /
vnd gilt das Weib so viel als der Mann / vnd hat der Baur so viel als der König;
so wir glauben / seynd wir alle eins in Christo JEsu / da hilfft vns nichts denn
der Glaube / vnd hindert vns nichts denn der Vnglaube. Merckts doch jhr
Dürfftige / jhr Knecht / jhr Mägde. Paulus / als ein Diener Gottes / saget von
euch vnd ewren Herren / vnd von allen Fürsten vnd Königen / die an Christum
glauben: Ihr seyd allzumal einer in Christo Jesu. Leidet euch hie vmb Gottes
Ordnung willen / vnd lasset euch ja daran begnügen / daß jhr in Christo so viel
Es kan aber einer sagen; Ich bin zwar groß vnd selig worden in der Tauff / da geb
ichs zu / daß ich Christum angezogen / Gottes Kind vnd Erbe geworden bin; ich
bin aber offtmal Bundbrüchig geworden / vnd habe durch muthwillige Sünden das
Kindesrecht verlohren. Wie kan ich mich denn damit auffrichten / daß Paulus mich
hinführet auff das Recht der H. Tauffe? Darauff fasse diese Antwort. Genug ists
daß Paulus bezeuget habe / daß der Glaube so kräfftig ist / daß er ohn alle
zuthun einiger Würde vns zu Erben der Seligkeit mache / in dem er vns mit
Christo vereiniget / vnd durch Christum zu Gottes Kinder machet. Wie nun der
Glaube solches thut in der H. Tauff / so thut ers auch hernach in der
rechtschaffenen Bußfertigkeit / wann wir von Sünden wiederkehren / da vereiniget
er vns wieder mit Christo / bringet vns dadurch wieder zur Kindschafft Gottes /
vnd zum Recht / das wir in Christo haben an der ewigen Seligkeit. Denn Christus
Jesus ist
Nun saget jhr glaubigen Hertzen / ob nicht hie in ewrem JEsulein ein
rechtschaffen New Jahr-Geschenck euch vorgetragen werde. Ihr seyd eines grossen
Königes Kinder / jhr seyd Söhne vnd Töchter deß lebendigen Gottes; Ihr habt
Theil am Erbe / das im Himmel bey GOtt / vnd ewig ist. Was solten wir höhers
wünschen? Seyd jhr reich / so schadts euch nicht / so jhr nur bleibet in Christo
Jesu. Seyd jhr arm / vnd in der Welt veracht / hinderts euch auch nicht. In
Christo gilt nicht / reich noch arm seyn /
Was solten wir doch GOtt nicht zutrawen / so er vnser liebreicher Vatter in seinem allerliebsten Sohn Christo Jesu geworden ist? Ach der liebreiche GOtt vnd Vatter trägt vns in seiner Liebe / als in seinem Hertzen. Er gedenckt allezeit an vns / vergisset vnser nicht / sorget für vns / höret vnser Gebet / zehlet vnsere Thränen / sihet vnsere Seufftzen / erkennet vnser Hertz / vnd weiß all vnser Trübsal / vnd ist hertzlich begierig vns außzuhelffen / vnd gutes zu erzeigen. Ach daß wir deiner Liebe nimmermehr vergessen! Wir seynd nicht würdig / liebreicher Vatter / daß wir dich lieben / oder von dir geliebet werden. Denn was seynd wir? elende Würmlein / ein stinckender Koth / Du aber durch deine Liebe machst vns würdig deiner Liebe / weil wir in Christo JEsu deine Kinder worden seyn.
Wer diß gefasset / der mag nicht allein recht verstehen / was
Was vns wiederfahren ist von der Hand deß HERRN / ist zweyerley / Glück vnd
Vnglück / gutes vnd böses. Haben wir gutes empfangen / was ist es anders als
Stricke der Liebe / dadurch die Gottselige mehr vnd mehr dem lieben Gott
verbunden / die Sünder aber zur Liebe Gottes gezogen werden? Verachte nicht den
Reichthumb seiner Güte / Gedult vnd Langmütigkeit; Weissestu
Nun auff / liebe Seele / vnd sihe in das Vatter-Hertz auff das zukünfftige / daß
du weise werdest / vnd verstehen mögest / was künfftig dir begegnen werde. Wir
stehen in der Thür dieses angehenden Jahrs / vnd sehen hinein; was vns darinnen
begegnen werde / wissen wir nicht / GOtt weiß es. Die Cellen dadurch wir gehen
müssen / seyn verschlossen / wir wissen nicht was darin stecket / ob Todt oder
Leben darin verborgen ist. In gemein alles in ein Bündlein zu fassen / ist
dreyerley / das künfftig zu erwarten stehet. Eins das Frommen vnd Gottlosen
gemein ist; als Glück vnd Vnglück dieser Welt / der Todt vnd das Gericht. Das
ander gehöret allein für die Gottlosen / vnd ist das Verdamnüß. Das dritte
gehöret allein für die Fromme vnd Glaubige / vnd ist das
So höret nun / jhr Gottes-Verächter / ewer Prognosticon: Wie kan es euch wolgehen
/ weil jhr den Brunnen alles guten von
Ich wende mich aber auch zu euch / jhr GOtt ergebene Hertzen. Billig trawren wir / wann wir sehen / daß dicke Wolcken der Trübsal vnd gemeiner Landstraffen vns über dem Haupte schweben / nicht vmb vnsernthalben / denn wir seynd verschlossen in der vätterlichen Liebe Gottes; sondern darumb / dieweil Land vnd Leut jämmerlich verderbet / gut Regiment zerstöret / Zucht / Ehrbarkeit / vnd Gottesfurcht verachtet werden.
Doch so fasset etwas auß dem vätterlichen Hertzen Gottes / das gewiß ist. 1. Ist
euch kund / daß GOtt seine Gemeine nicht gleich will verwerffen / er läutert
aber dieselbe durch gemeine Landplagen / damit er nur etwas gutes für sich
behalten möge / nach dem Wort deß HERRN beym Esaia am 48. Vmb meines Namens
2. So sich ja niemand will zu GOtt kehren / vnd Gott seine Schmach mit straffen
rächen muß; so wird doch müssen ein Häufflein der Gottsfürchtigen bleiben / die
GOtt wird wissen zu versorgen vnd zu erhalten; Wenn schon die Berge einfallen /
soll doch die Statt Gottes fein lustig bleiben. Solt denn ja Gott vnser Land
verderben / was sollen wir thun? Muste doch Loth leiden / daß Sodoma verbrant;
Noah / daß die erste Welt durch die Sündflut verderbet wurde. Der HERR weiß die
Gottseligen auß der Versuchung zu erlösen / die Vngerechten aber behalten zum
Tag
Was nun deine Person betrifft / du glaubiges Kind Gottes / weistu zwar nicht /
was dir begegnen wird; eins aber ist gewiß: HERR HERR / du wirst kein gutes
mangeln lassen den Frommen. Das ist wahr / vnd bleibt wahr. Es mangelt aber
daran / daß wir offt blind seyn / vnd achten für Schande / das in der Warheit
vns gut ist; vnd hingegen für gut achten / das in der Warheit vns schädlich ist.
Gib GOtt deinem Vatter die Ehre / vnd glaube jhm / daß Er zum besten weiß / was
dir an Leib vnd Seel das nützlichste vnd heilsamste ist / vnd daß er solches
Krafft seiner vätterlichen Liebe dir nicht entziehe. Solte vns auch der bitter
Todt vnd alles Vnglück überfallen / müste es vns doch zum besten dienen. Denn
wir seynd eingeschlossen in der Liebe vnd in dem Hertzen Gottes vnsers
himlischen Vatters / der liebet vns in Christo Jesu / als seine Kinder / vnd
sorget für vns / als für seine Kinder /
Darumb / so ich euch / lieben Christen / zum Newen Jahre etwas.en gehen vnd ligen / schlaffen vnd wachen / leben vnd sterben / vnd ewig selig
werden.
Seyd aber auch gewarnet / daß keiner diese Gabe mit Füssen
So springen wir mit gutem Muth ins Newe Jahr. Wissen wir nicht was vns begegnen werde / so wissen wir doch / daß wir in Gottes / als vnsers Vattern liebreichen Hertzen eingeschlossen seyn. Dem übergeben wir vns / was vns wiederfähret / wollen wir auffnehmen / als von der Hand vnsers lieben Vatters im Himmel. Der HERR gesegne vnsern Eingang vnd Außgang / von nun an biß in Ewigkeit / Amen.
V. 4. LIeben Brüder / Da aber erschein die Freundligkeit vnd Leutseligkeit GOttes vnsers Heylands.
V. 5. Nicht vmb der Werck willen der Gerechtigkeit / die wir gethan hatten / sondern nach seiner Barmhertzigkeit / macht er vns selig / durch das Bad der Wiedergeburt / vnd Ernewerung deß H. Geistes.
V. 6. Welchen Er außgegossen hat über vns reichlich / durch Jesum Christum vnsern Heyland.
V. 7. Auff daß wir durch desselbigen Gnade gerecht / vnd Erben seyen deß ewigen Lebens / nach der Hoffnung / Das ist gewißlich wahr.
KVrtz vor heutiger Lection befihlt Paulus seinem Jünger
Den Grund legt Paulus in der Freundligkeit Gottes / welcher
Dieses gilt heutiges Tages nicht allein bey denselben Christen / die vnter einem
vnglaubigen Volck wohnen / sondern auch bey denen / die von Vnglaubigen
abgesondert seyn / denn sie bleiben doch auch mitten in der Christenheit /
mitten vnter einem hauffen böser Leute / denn die Christenheit bestehet nicht
auß lauter Heiligen. Da gebührts vns auch darauff zu sehen / daß wir niemand
lästern / nicht haddern / gelinde seyn / vnd alle Sanfftmütigkeit beweisen gegen
allen Menschen / sie seyn es würdig oder nicht. Denn die Christliche Sanfftmuth
vnd Gelindigkeit muß keinen Vnterscheid machen / wie wir auch gelehret seyn auß
dem 3. Cap. an die Philipper: Ewer Lindigkeit lasset kund
Es ist aber fast vnmüglich / bey so vielem Widerwillen / als man im gemeinen Leben erfahren muß / diese allgemeine Sanfftmütigkeit zu üben / wo der Grund nicht recht wo in GOttes Sanfftmuth vnd Leutseligkeit geleget wird. Da muß bedacht werden 1. daß wir von Natur nicht besser seyn / denn alle andere / die vns jemals etwas zu wider gethan; beleidigen GOtt mehr / als wir können beleidiget werden / damit wir mit der schwachen Natur Gedult tragen. 2. Daß gleichwol Gott auß vnserm elenden Zustand vns erlöset hat / wider vnser Verdienst vnd Würdigkeit / dem wir auch hierin zu folgen schuldig seyn.
Dieser Grund wird in heutiger Lection vns zu Gemüthe geführet
DIe kurtze Summa der heutigen Epistel ist diese: Daß GOTT die verfluchte gehässige Sünder selig gemacht / darin hat er seine Freundligkeit vnd Leutseligkeit bezeuget. Da sehen wir gleich selbsten / daß vns hie zweyerley zu betrachten fürkompt. 1. Eine Beschreibung vnser Seligkeit / 2. Die Offenbarung der Freundligkeit vnd Leutseligkeit vnsers Gottes / wie durch die Seligmachung der Sünder Gott seine Freundligkeit erwiesen habe.
Was nun erstlich anlanget vnsere Seligmachung / schreibet
Da haben wir zu sehen 1. auff den Menschen / der selig
Lasset vns nun 2. besehen den seligen Stand / darin wir gesetzet seyn / wenn GOtt vns selig gemacht. Wenn gesaget wird / daß GOTT vns selig gemacht hat / so werden wir auff solche Gedancken geführet / daß wir vorhin vnselig gewesen seyn. Dann es ist auch ein Sünder eine vnselige verfluchte Creatur / vnd liget vnter der ewigen Verdamnüß; wer davon erfreyet wird / der wird selig gemacht.
Diese Seligkeit wird hie mit vier Worten beschrieben. Sie wird genennet 1. eine Gerechtfertigung / 2. eine Erbschafft deß ewigen Lebens / 3. eine Wiedergeburt / 4. eine Ernewrung. Denn so saget Paulus: GOtt machet vns selig durch das Bad der Wiedergeburt vnd Ernewerung / auff daß wir durch die Gnade Jesu Christi gerecht / vnd Erben seyn deß ewigen Lebens nach der Hoffnung.
So haben wir in vnser Seligkeit 1. die Gerechtfertigung. Die Sünde hindert vns /
daß wir nicht können ins ewige Leben hinein gehen; darumb schaffet vns GOtt
erstlich die Vergebung der Sünden / vnd bereitet vns eine solche Gerechtigkeit /
darinnen wir für seinem Gerichte bestehen können / daß wir nicht verdammet
werden. Denn es muß erfüllet werden / was geweissaget ist durch sich sein rühmen. Ist das nicht was
gutes? Wir haben 2. in vnser Seligkeit die als
alles Guth. Merck aber / daß wir das ewige Leben haben durch eine Erbschafft.
Denn wir dürffen es nicht kauffen / oder mit Dienst erwerben / sondern es wird
vns als Kindern geschencket. Merck auch / daß wir das ewige Leben hie nur in der
Hoffnung haben / Wir seynd Erben deß ewigen Lebens nach der Hoffnung. Die
Glaubigen haben hie warhafftig GOtt / der ist jhr Trost vnd Leben / aber sie
empfinden jhn noch nicht gantz vnd vnverhindert / nach aller seiner Seligkeit /
sondern dem Schein nach seynd sie offt die elendesten Menschen / als hätten sie
kein Theil an GOtt; doch ist Er gantz vnser / vnd wird zu seiner Zeit offenbaret
werden. Vnter dessen behelffen wir vns mit der Hoffnung. Eben wie ein frommes
Kind wol zu frieden ist / wann es einen reichen Vatter hat / wie reicher der
Vatter / wie reicher das Kind / vnd was der Vatter hat / ist alles der Kinder.
Ist daß auch nicht genug für einen verdampten Sünder? Ich meyne er habe genug
empfangen / wann er nur für der Höllen behütet würde. Aber GOtt lässts mitgetheilte geistliche Kräffte / fängt der
Mensch an zu wircken allerley gutes / vnd bezeuget damit seine Wiedergeburt. Wer
dieses verstehet / der erkennet auch was darin steckt / das ist / das Gott vns
hat selig gemacht.
Es folget in Beschreibung vnser Seligmachung die Betrachtung
So bleibet nun 1. die Haupt-Vrsach vnser Seligkeit / die blosse Gnade vnd grosse
Gnade Gottes vnsers Heylandes; wie Paulus sagt: GOtt vnser Heyland macht vns
selig / nicht vmb der Wercke willen der Gerechtigkeit / die wir gethan hatten /
sondern nach seiner Barmhertzigkeit. Also auch 2. Tim. 1. GOtt hat vns selig
gemacht / vnd beruffen
Das ander Mittel zur Seligkeit heisset hie / das Bad der Wiedergeburt vnd
Ernewrung / nemblich deß Heiligen Geistes / welchen GOTT über vns hat
außgegossen reichlich. Es wird hie geredet von einem Bade. Zum Bade braucht man
Wasser oder Wein / oder eine andere Feuchtigkeit / damit man den Menschen
begiesset. Nun fragts sich / was das sey / damit ein Mensch / der da soll
wiedergeboren vnd ernewert werden / muß begossen werden. Paulus sagt / es sey
der Heilige Geist / den giesset GOtt über vns auß / wie denn der Heilige Geist
sonsten einem Strom lebendiges Wassers vergleichen wird / Dieser Geist wird über
vns außgegossen reichlich / mit reichen grossen Gaben; denn es gehöret grosse
Stärck dazu / wann der Mensch soll zum seligen Stand gebracht werden. So fragt
man weiter; wie oder wodurch geschicht das? Da weiß man auß H. Schrifft / daß
der H. Geist nicht anders über vns außgegossen wird / als durchs Wort vnd die H.
Tauff. Durchs Wort wurden erleuchtet Cornelius vnd der Kämmerling der Königin
Candaces; also auch / daß der H. Geist sichtbarlich über Cornelium vnd sein Hauß
außgegossen ward / vnd diese wurden hernach getauffet. Vber junge Kinder wird
der H. Geist außgegossen durch die Tauff; wie Christus saget: Es sey dann daß
jemand wiedergeboren werde / durch Wasser vnd den H. Geist / so kan er nicht ins
Reich Gottes kommen. Damit bezeuget Christus / daß beydes Wasser vnd Geist ein
Mittel sey der Wiedergeburt / vnd das ist in der H. Tauff beysammen. Ferner
fragt sichs: was dann diß geistliche Bad / vnd en gutes zu wollen / vn zu thun. Woher
kompt aber diese Wirckung / oder woher kompt diese Außgiessung deß H. Geistes?
Paulus sagt: Durch Jesum Christ vnsern Heyland / auff daß wir durch desselbigen
Gnade / gerecht vnd Erben seyn deß ewigen Lebens / nach der Hoffnung.
Hie findet sich das dritte Mittel vnser Seligkeit / die Gnade JEsu Christi vnsers
Heylandes / auß welcher alles herkompt / was vom Bade deß H. Geistes gesaget. Da
fraget sichs / welches ist die Gnade Jesu Christi? vnd ist die Antwort: Die
Gnade Jesu Christi ist alles / was er / als vnser Heyland / zu vnser Seligkeit
gethan hat / sein heilige Geburt / Leyden vnd gantzes Verdienst. Denn gleich wie
die Gnade deß Vatters ist / was GOtt der Vatter bey vnser Seligkeit thut / vnd
die Gnade deß H. Geistes / was der H. Geist bey vnser Seligkeit thut / also ist
auch das die Gnade deß Sohns / was der Sohn bey vnser Seligkeit thut. Was
wircket denn die Gnade vnd das Verdienst deß Heylandes JEsu Christi? Erstlich
macht er vns gerecht. Dann der Sohn Gottes hat sich für vns vnter das Gesetz
gethan / vnd ist seinem Vatter gehorsam worden / biß zum Tode deß Creutzes / vnd
leidet die Straff für vns. Wann wir nun diesen Heyland haben / so wird vns
geschenckt sein Gehorsam / dadurch haben wir Vergebung der Sünden / vnd völlige
Gerechtigkeit / wie geschrieben stehet: GOtt hat den / der von keiner Sünde
wuste / für vns zur Sünde gemacht / auff daß wir in Ihm würden die Gerechtigkeit
/ die für GOtt gilt. Hernach / wann die
So mercke nun hie das Geheimnüß der H. Dreyfaltigkeit / vnd was dieselbige bey
vnser Seligkeit gewircket / da dich GOtt erschaffen hat / kostet es jhm nur ein
Wort; wann er dich aber hat wollen selig machen / da muste GOTT Blut sehwitzen /
so mercke nun den Vnterscheid der Personen vnd der Wirckungen. Eine andere
Person ist der Vatter / der den H. Geist außgegossen / eine andere Person ist
der H. Geist / der außgegossen ist / eine andere Person ist der Sohn Jesus
Christus / durch welehen der H. Geist außgegossen ist. Der Vatter ist GOtt /
denn er machet vns selig / nach seiner Barmhertzigkeit / vnd ist der Vrsprung.
Der Sohn ist GOtt / denn er machet vns gerecht / vnd Erben deß ewigen Lebens /
wer das ewige Leben geben will / muß es ja in seinen Händen haben. Der H. Geist
ist GOtt / denn durch jhn werden wir wiedergeboren / vnd ernewert zur ewigen
Seligkeit. Der Vatter ist durch seine Erbarmung vnserer Seligkeit Anfang / vnd
gibet vns seinen Sohn. Der Sohn leidet für vns / vnd erwirbet vns Gerechtigkeit
vnd ewiges Leben. Der H. Geist führet vns zu Christo
Folget zum andern die Betrachtung der Leutseligkeit vnd
Diesem deinem GOtt eignet Paulus zu Freundligkeit vnd Leutseligkeit. Zwey süsse tröstliche Worte von vnserm GOtt. Vnter Menschen heisset das Freundligkeit / wann einer mit angenehmen süssen Gesellschafft sich zu den Leuten thut; wann einer die Leute wol leiden kan / niemand veracht / niemand mit sauren Geberden vnd harten Worten erschreckt / oder vnangenehm ist / sondern sich so verhält / daß jeder man mit guter Zuversicht zu jhm gehen / vnd mit jhm handeln kan; wie dann solchen Wandel Christus auff Erden vnter den Sündern geführet hat.
Was Leutseligkeit vnd Menschenlieb sey / mag man erkennen auß der Weltlieb /
Geldlieb vnd Frawenlieb. Liebet einer Gelt vnd Welt / so hanget sein Hertz daran
/ wird betrübet wann er daran einen Abbruch leidet / wie mehr er aber davon hat
/ wie mehr er
So gehöret nun zur Leutseligkeit vnd Freundligkeit / 1. Lust vnd Lieb zu den Leuten im Hertzen / 2. solche hertzliche Lust vnd Liebe eusserlich in süssen Worten vnd freundlichen Geberden scheinen lassen / 3. sich zu den Leuten halten / mit angenehmer süsser Gesellschafft / 4. gerne dienen; vnd das alles / wann schon die Leute es vnwürdig seyn / daß also 5. jederman mit guter Zuversicht zu solchem leutseligen Menschen gehen kan / vnd mit jhm handeln.
Dieses alles findet sich nun auch bey GOtt / daß Moses mit
Also hat GOtt im Werck seine Freundligkeit vnd Leutseligkeit erzeiget / denn die
Freundligkeit Gottes bestehet nicht in einem solchen guten Willen vnd
wolgewogenen Zuneigung / die ohne
Stelle dir abermal für das liebkosen eines getrewen Hundes; das bildet etwas für / wie sich der grosse GOtt gegen dir in Christo erbeut vnd erzeiget / reichet aber nicht zu. Daß ein Hund sich freundlich gegen dem Menschen stelle / ist kein vnbilliges / weil der Hund viel geringer ist / denn ein Mensch; daß aber der grosse Gott vnd HERR Himmels vnd der Erden solche vnaußdenckliche Leutseligkeit an den abtrünnigen / vnsaubern / gehässigen Menschen erzeiget / das ist wunderns werth. Wer bin ich / ich todter Hund / vnd das doch kühnlich zu dem grossen GOtt tretten / als zu dem besten Freund / vnd darff ohn schew all meine Noth vnd Anligen jhm offenbaren / das ich sonst keinem Menschen entdecken dürffte. Ich darff kühnlich mit jhm reden: Mein lieber Vatter / das mangelt mir / ich weiß nicht obs mir nützlich oder schädlich ist / sorge du doch für mich. Dabey darff ich ein solch Vertrawen tragen zu jhm / als meinem GOtt vnd meinem Vatter / er werde das beste für mich erwehlen. Auch wann wir auß Vnwissenheit bitten / was vns schädlich ist; so antwortet er im Geist: Mein Sohn / meine Tochter / du weist nicht was du bittest / trawe mir doch / daß ich besser weiß was dir nützlich ist / als du selbst / ich werde ja keine böse Tücke an dir üben.
O wie lieblich ist diese Freundligkeit einem betrübten Hertzen! wie erquickt diese Bottschafft das sündige elende Gewissen / daß GOtt den Sündern nachläufft! daß billich die Predigt von Christo ein Evangelium / ein tröstliche vnd liebliche Bottschafft genennet wird.
So lerne nun / lieber Christ / durch die Freundligkeit vnd Leutseligkeit Gottes /
Wolthat von GOtt empfangen / vnd Wolthat dem Nechsten erzeigen / beydes ohn
Ansehen einiger Würdigkeit. Erkenne erstlich die Freundligkeit Gottes / die ohn
deine Würdigkeit dich selig gemacht hat. Die Freundligkeit Gottes hat durch den
ewigen Sohn deß Allerhöchsten / den verfluchten Menschen auß der Verdamnüß
gezogen / vnd ewige Seligkeit bereitet / vnd allen Schatz in die Tauffe geleget
/ da finden vnd empfangen wir alles auff einen Klumpen / daß das gantze Leben
eines Christen nach der Tauffe nichts anders ist / als ein warten auff die
Seligkeit / die er jetzt schon hat. Im gantzen Leben laufft GOtt den Sündern
nach mit seiner Freundligkeit / ruffet vns freundlich durch sein Wort / ziehet
vns durch Glück vnd Vnglück / vnd durch das zusprechen seines H. Geistes /
gehorchen wir / so finden wir abermal den vnendlichen ewigen Schatz / den Himmel
/ GOtt vnd alle Seligkeit. Vnd wie wird er so froh? da er etliche jhm ergebene
Darumb laß dich 2. diese Leutseligkeit Gottes ziehen / daß du mit vnerschrockenem
Hertzen zu jhm nahest / vnd dich seiner Gnade
3. Bleibts nicht auß / die Freundligkeit Gottes / wann sie also angenommen wird / wircket Gegenliebe. Denn wer also gehet vnd stehet in der Gnade Gottes / eingeschlossen in sein leutseliges Hertz / den lässt die Leutseligkeit Gottes nicht ruhen / sondern sie macht den Menschen begierig / zu thun was er seinem leutseligen GOtt zu Lob vnd Lieb thun kan / vnd zu meiden / was GOtt vnd seiner Ehr zu wider ist; Allermeist / weil die Newegeburt mit der übung der alten Boßheit nicht bestehen kan. GOtt hat die Gnade seines H. Geistes über vns reichlich außgegossen / da wils vns nicht gebüren / daß wir sie wiederumb reichlich verschütten. Die Gottes Gütigkeit gekostet haben / hüten sich desto fleissiger.
Letzlich muß auch die Leutseligkeit Gottes dir ein Exempel seyn / daß du
wiederumb wol thust jederman / ohn ansehen deß Verdiensts; weil wir für vns
haben das Exempel der Leutseligkeit deß grossen Gottes / dulden wir alles von
vnsern Wiedersachern / vnd gedencken / daß wir für GOtt so gewesen / als sie für
vns seyn. Ja für GOtt seyn wir viel weniger würdig seiner Wolthat / als kein
Damit ist vnß nun benommen der Einwurff: Ich habe Vrsach
Also muß der Glaube die Liebe treiben. Vnd hüte dich / daß du die Freundligkeit GOttes nicht verschertzest. Die Freundligkeit Gottes schmecken / ist die Seligkeit auff dieser Erden. Darumb schaffe / allerliebster HErr JEsu / dvß wir das leutselige Hertz deines Vatters jmmer für vnsern Augen haben / vnd vns gäntzlich darin verschliessen / daß wir auch selbsten in deine Holdseligkeit verwandelt werden / vnd in deiner hertzgründlichen Liebe vnd Barmhertzigkeit leben vnd sterben / vnd darin ewig selig werden / AMEN.
V. 1. MAche dich auff / werde liecht / dann dein Liecht kompt / vnd die Herrligkeit deß HErren gehet auff über dir.
V. 2. Dann sihe / Finsternüß bedeckt das Erdreich / vnd Dunckel die Völcker. Aber über dir gehet auff der HERR / vnd seine Herrligkeit erscheinet über dir.
V. 3. Vnd die Heyden werden in deinem Liecht wandeln / vnd die Könige im Glantz / der über dir auffgehet.
V. 4. Heb deine Augen auff / vnd sihe vmbher / diese alle versamlet / kommen zu dir. Deine Söhne werden von ferne kommen / vnd deine Töchter zur seiten erzogen werden.
V. 5. Dann wirst du deine Lust sehen / vnd außbrechen / vnd dein Hertz wird sich wundern / vnd außbreiten / wann sich die menge am Meer zu dir bekehret / vnd die macht der Heyden zu dir kompt.
V. 6. Dann die menge der Kamelen wird dich bedecken / die Läuffer auß Midian vnd Epha / Sie werden auß Saba alle kommen / Gold vnd Weyrauch bringen / vnd deß HERRN Lob verkündigen.
GLeich wie der Satan zu erst den Menschen zu Sünde gereitzet / vnd in Sünde
gestürtzet hat / also treibet er noch alle Menschen zu Muthwillen vnd gottlosem
Wesen / vnd ist der rechte Meister / der die vngöttliche Sicherheit vnter die
Christen
Das thut der Bösewicht auß einem Haß gegen GOtt vnd Menschen. Seine Frewd ists /
wann GOtt verbittert wird / vnd die Christen in Gottes Zorn vnd Straffe fallen.
Darumb hetzet er die Christen zu allerley Vngehorsam wider GOtt. Er weiß / daß
GOtt die Sünde nicht leiden mag / vnd Vngehorsam nicht vngestrafft bleibet /
darumb ist er so geschäfftig zum bösen / treibet die Christen von einem
Muthwillen zum andern / damit erlanget er seines Hertzen lust / daß GOtt nicht
allein über die Vntugend verbittert / sondern auch / daß Gottes Volck mit
schweren Straffen vnd Plagen gedruckt vnd geängstiget wird; vnd kunt ers dahin
bringen / daß GOtt sein Volck gantz vertilgete / das wäre jhm ein angenehmes
bißlein: wie ers denn nicht vnterlassen / die Sache dahin zu bringen / daß GOtt
seines Volcks überdrüssig worden. Da das Volck Gottes noch in der Wüsten herumb
wallete / wie hat der höllische Feind sich bemühet? wie hat er eine Verbitterung
nach der andern angerichtet / also daß GOtt sein Volck schon in
Aber der HERR gedencket an seinen Eyd / denn er hat einen contra diabolum conservat
& amplificat suam Ecclesiam. Esa. 54, 10.
Daher entstehet eine wunderliche Vermischung deß Zorns vnd der Gnade. Es macht
zwar GOtt seine Drawungen wahr / vnd straffet sein Volck; aber eben in der
Straff läutert ers. Sihe / ich will dich läutern / spricht der HERR Esaiae am
48.
Hierin hat sich insonderheit GOtt herrlich erzeiget zur Apostel Zeiten. Da dem Satan dienete die gantze Heydenschafft in aller Welt / konte doch der Bösewicht nichtleiden / daß ein einiges Volck / ein klein Häufflein in einem Winckel der Erden dem lebendigen GOtt dienete / darumb reitzete er dasselbe auff allerley weise wider GOtt / vnd hätte gern gesehen / daß es wäre vertilget worden. Was thut GOtt? Er lässt zwar die Boßheit seines Voleks nicht vngestrafft / doch erhält er seine Kirche / vnd macht dieselbe herrlich / vnd lässet auffgehen über sie das Liecht seiner Herrligkeit / das muß scheinen in alle Welt. Da ward dem Satan redlich vergolten / da er nicht leiden konte / daß ein einiges kleines Volck im Liecht Gottes wandelt / muß er leiden / daß das göttliche Liecht seinen Schein außbreite über alle Welt.
Vnd das ist / das die vorhabende Propheecyung dem Volck Gottes verheissen hat. Es
hatte GOtt grewliche Straffen verkündiget / die über sein Volck kommen würden.
Damit aber die Glaubigen nicht zu sehr betrübet würden / vnd gedencken möchten;
Hat denn die Verheissung ein ende? wird denn nicht kommen / der da kommen soll
vns selig zu machen? so tröstet GOtt seine Glaubigen / vnd verspricht / seine
Gnade nicht gantz wegzunehmen; es solle jhnen das Liecht wieder auffgehen im
Finsternüß / daß nicht allein Israel erleuchtet werde / sondern auch viele
Heyden in dem Liecht Israels wandeln sollen. Also wechselt Esaias ab; bald jaget
er Schrecken ein / bald richtet er die Erschrockenen mit tröstlichen Worten
wieder auff. Vnd diesclbe tröstliche Verheissungen von Christo vnd seinem Liecht
/ ist zur selbigen Zeit das rechte Evangelium gewesen / eine Krafft zur
Seligkeit / allen die daran geglaubet haben. Vns aber / die wir Heyden zu
Vättern gehabt / ists tröstlich / daß diese Verheissung an vns erfüllet / vnd
wir zur Gemeinschafft deß göttlichen Liechtes gekommen seyn. Darumb ist billich
Weil denn solche Wolthat in vorgenommenem Text zuvor verkündiget / wollen wir
solcher Weissagung nach mit Andacht
WIe das leibliche Liecht eine liebliche Gabe GOttes ist / nützlich zu verrichtung der leiblichen Geschäffte; also ist das geistliche Liecht lieblich vnd nützlich für die Seele / daß die erkenne / was zu jhrer Seligkeit das beste sey. Ein solch geistlich Liecht wird hie von GOtt durch den Propheten Esaiam seinem betrübten Volck verheissen / daß es bey jhnen soll auff gehen / aber nicht allein jhnen scheinen / sondern allen Völckern / also daß GOtt dem HErrn auß allen Ländern soll ein Volck gesamlet werden. Da fällt vns nun zu betrachten für zweyerley. Erstlich / der Auffgang deß Liechts; Zum andern / die Außbreitung.
Was das erste anlanget / spricht Esaias: Mache dich auff / werde liecht / denn
dein Liecht kompt / vnd die Herrligkeit deß HERRN gehet auff über dir. Denn sihe
/ Finsternüß bedecket das Erdreich / vnd Dunckel die
Diese Verheissung ist gegeben der Jüdischen Kirchen / zur
Das aber diesem Volck verheissen wird / ist ein geistliches
Durch diß versprochene geistliche Liecht wird hie verstanden
Diß Liecht ist verheissen / daß es soll zu Zion kommen / vnd über Jerusalem
leuchten vnd auffgehen: Sihe / dein Liecht kompt / der HERR vnd deß HERRN
Herrligkeit gehet auff / vnd erscheinet über dir. Wie oder wodurch geschicht
das? Durch die Menschwerdung deß Sohnes Gottes: dadurch hat müssen die
Herrligkeit deß HERRN über vns auff Erden scheinen / vns erlösen / vnd durch das
tröstliche Evangelium die geängstigten Gewissen erfrewen. Vnd solches muste
geschehen im Jüdischen Lande. Also ists auch erfüllet in Christo Jesu vnserm
Was diß für eine Wolthat sey / ist abzunehmen auß dem sit beneficium.el / das Zeitliche für das Ewige / das Vergängliche für das Vnvergängliche /
die Thorheit für Weißheit / Schande für Ehre; vnd über das alles wollen wir
nicht wissen / daß wir im finstern wandeln / vnser thun muß gleichwol herrlich
seyn; damit ja die Finsternüß recht Finsternüß sey. Wann denn in dieser
allgemeinen Finsternüß einem vnd anderm ein Liecht auffgehet / solte das nicht
Gnade seyn. Da thut
Mercke aber / was man thun muß / daß wir deß Liechts geniessen. Stehe auff / laß
dich erleuchten. Der H. Geist nimbt vns gleichsam beym Arm / wecket vns auff /
das Liecht anzunehmen: Laß dich erleuchten / nimb an die himlische Frewde /
durch die Erkantnüß deß wahren Heyls in Christo. Wie aber? mit auffstehen: Stehe
auff. Wenn das Liecht nicht scheinet / so ist der Mensch entweder ruchloß / der
deß Gesetzes nichts achtet; oder er ist ein Gleißner vnd Heuchler / der sich
will einbilden / er wolle auch selig werden / fühlet aber nicht woran es jhm
gebricht; wie jener Jüngling im Evangelio / der sagen durffte; Ich hab alles
gehalten / was mangelt mir noch? Diese ligen im Todtschlaff / wissen nichts von
rechtem Leyd / oder von rechter Frewden. Wer nun will erleuchtet seyn / der muß
den Todtschlaff auß den Augen
Nun möcht man sagen: Wie das / kan ich denn auffstehen / ehe ich erleuchtet werde? So wisse / wann das Wort geprediget wird / so stehet das Liecht da / vnd scheinet / vnd vermahnet dich auffzustehen vom Schlaff der Sünden; erkennest du deine Nichtigkeit / vnd stehest auff von Sünden / als bald bistu von Christo erleuchtet / vnd sitzet Christus mit seinem Liecht in deinem Hertzen. Wo du aber bey dem hellen Wort Gottes noch im weltlichen vngöttlichen Leben bleiben wilst / vnd dich gleichwol deß Liechts rühmen / das gehet nicht an. Stehe auff / so wird dich Christus erleuchten.
Wenn nun der Prophet saget: Mache dich auff / werde liecht / denn dein Liecht
kompt / vnd die Herrligkeit deß HERRN gehet auff über dir: Denn sihe /
Finsternüß bedecket das Erdreich / vnd Dunckel die Völcker / aber über dir gehet
auff der HERR / vnd seine Herrligkeit erscheinet über dir; ist solches eine
Weissagung von Christo / damit die Glaubigen vor Christi Geburt getröstet seyn /
als wolte GOtt sagen: Ich habe dich zwar / O Zion / sitzen lassen / im
Finsternüß der Trawrigkeit vnd vielfältiger Anfechtung / daß kaum ein Schatten
einer Kirchen mehr zu finden: Aber sihe / ich will dich wieder erfrewen / Ich
will dir lassen auffgehen ein klares Liecht / vnd meinen Sohn ins Fleisch senden
/ der soll euch erleuchten / vnd
Hierauff folget das ander / denn es ist zwar das Liecht im Jüdischen Lande
auffgangen / aber der Schein deß Liechts soll so enge nicht eingeschlossen
bleiben / sondern sich weit außbreiten. Es ist ein geringes / spricht der HERR
eben auch in der Propheceyung Esaiae / es ist ein geringes / daß du mein Knecht
bist / die Stämme Jacob auffzurichten / vnd das verwarloset in Israel wieder zu
bringen. Sondern ich habe dich auch zum Liecht der Heyden gemacht / daß du
seyest mein Heyl / biß an der Welt Ende. Eben das will
Hie wird gesaget / daß deß Liechts in Zion geniessen sollen beydes die in der
ferne seyn / vnd die nahe seyn. Die Zion nahe zur seiten seyn / seyn die dem
Fleisch nach zu Israel gehören; die ferne seyn / seyn die Heyden / wie sie auch
Paulus beschreibet zun Ephesern am 2. Die jhr weyland ferne gewesen / seyd nun
nahe
Wenn nun auch die Heyden / nach dieser Weissagung Esaiae / zum Liecht vnd Reich
Christi gezogen werden / das wird hie abgebildet / Erstlich / als ein Abzug vnd
Einzug / da einer sich von einem Ort zum andern begibet. Diese alle versamlet
komen zu dir. Es ruffet der Prophet die Bürger in Zion
zusammen / diesen mächtigen vnd prächtigen Einzug anzusehen. Hebe deine Augen
auff / vnd sihe vmbher / diese alle versamlet kommen zu dir. Wie Abraham von
GOtt gesetzet ward zum Vatter aller Glaubigen / führet jhn der HERR hinauß / vnd
heisset jhn zehlen die Stern deß Himmels / vnd gibt jhm dabey die Verheissung /
daß sein Saame vnzehlig groß werden soll / wie die Sterne am Himmel. Die
Erfüllung wird dem Propheten Esaia im Gesicht gezeiget / da er sihet eine grosse
menge / die von allen Orten der Welt sich versamlet / vnd nach dem Liecht eilet
/ das in Zion auffgegangen ist. In dem er solches sihet / fähret er herauß: O
Zion / hebe deine Augen auff / sihe / welche eine menge herauff ziehet zu dir;
Sie kommen her auß der nahe vnd von ferne / vnd wollen bey dir wohnen.
Die ausserhalb Zion wohnen / die wohnen in einem Hause / das auff der Höllen
gegründet ist / von aussen ist diß Hauß lustig anzusehen / inwendig dienet man
den Lüsten deß Fleisches: aber vnten ist der fewrige Abgrund. Wer in diesen
sincket / der versincket in den Abgrund. Wann man auß diesem Hause ziehet /
kompt man gen Zion / zu der Statt deß lebendigen Gottes / zu dem himlischen
Gleich wie der Ort / also auch der Einzug ist geistlich / vnd geschicht nicht nach dem Leibe / sondern nach dem Gemüthe / wann das Gemüthe sich von der Erden zu GOtt wendet. Die vnvernünfftige Thier seyn von GOtt also erschaffen / daß sie mit dem Haupt sich nach der Erden neigen / als die nur jrrdisch seyn / vnd mit der Erden vergehen. Den Menschen hat GOtt auffgericht erschaffen / vnd sein Angesicht gen Himmel gerichtet / vnd damit angedeutet / daß er nicht zum jrrdischen Wesen / sondern zu himlischer Herrligkeit geschaffen sey. Doch ist das menschliche Gemüth von Natur bestialisch / vnd sihet wie die vnvernünfftige Thiere nach der Erden. Wann es sich aber von der Erde zu Gott wendet / wenn es nicht mehr jrrdisch / sondern himlisch gesinnet ist / wann es nicht trachtet nach dem / das darunten ist / sondern das daroben ist / da Christus ist / so ists kommen zu dem Berg Zion.
Zum andern wird vns die Bekehrung der Heyden vorgestellet / als eine newe Geburt
/ oder Auffnehmung zur Kindschafft. Deine Söhne werden von ferne kommen / vnd
deine Töchter zur seiten erzogen werden. Es sey denn daß jemand wiedergeboren
werde / kan er ins Reich Gottes nicht kommen. Zur Statt deß lebendigen Gottes
kan niemand gelangen / er sey denn darin gebohren; wir müssen Kindesrecht darin
haben. Daher ists noth / wann die Heyden wollen Theil an Zion haben / daß sie
new gebohren werden / da heissen sie denn Söhne vnd Töchter. Söhne vnd Töchter
seyn sie / weil sie Kindesrecht haben. Söhne vnd Töchter seyn sie / weil sie in
kindlichem Geist für GOtt wandeln / der allezeit ruffet: Abba / lieber Vatter.
Söhne vnd Töchter seynd sie / weil durch jhnen das geistliche Jerusalem gebawet
wird / eben wie ein Geschlecht auff Erden durch Söhne vnd Töchter außgebreitet
wird. Denn daß Christen auff Erden bleiben /
Zum dritten / zeiget vns Esaias die Bekehrung der Heyden / als einen erleuchteten Wandel. Die Heyden werden in deinem Liecht wandeln / vnd die Könige im Glantz / der über dir auffgehet. Es wird nicht allein das Liecht zu den Heyden kommen / sondern auch / wenn das Liecht zu den Heyden kommen wird / werden sie auffstehen / vnd in dem Liecht wandeln. Die nicht in Zion seyn / wandeln in jhrem eigenen Liecht / das ist / im finstern. Die Heyden haben zwar viel ehrbares gelehret vnd gethan / sie haben aber dabey kein hertzlich Vertrawen zu GOtt gehabt / was sie gethan / haben sie auß eigen Kräfften gethan; auff eigene Weißheit haben sie sich verlassen / GOtt aber haben sie nicht angeruffen. So haben sie auch nicht Gottes / sondern jhre eigene Ehre gesuchet. Daher haben sie nicht gewandelt im Liecht Zions. Die mitten vnter dem sichtbaren hauffen der Kirchen leben / vnd leben nur nach jhrem eigenen Sinn / die wandeln auch nur in jhrem eigenen Liecht. Es scheinet jhnen zwar das Liecht / daß sie können wissen / was gut ist / aber sie nehmens nicht an / vnd wandeln nicht in dem Liecht. Die aber durch den Geist Christi erleuchtet vnd getrieben werden / die wandeln im Glantz Zion.
Daß auff solche weise auch die Heyden zur Gemeinschafft
Es weiset der Prophet hie erstlich auff die Menge am Meer / vnd die Macht der
Heyden. Verstehet die Völcker / die in den Inseln / vnd an dem Mittelmeer herumb
wohnen; als in Africa ist Egypten vnd die Barbarie / sampt den angrentzenden: in
Europa ist Spanien / Franckreich / Italien / Griechenland / nebenst den vmbher
liegenden Heyden / dohin den auch vnser Teutschland mit gehöret.
Ein groß theil von diesen Ländern ist durch den Apostel Paulo mit dem Evangelio
erfüllet / wie er denn auch alle seine Episteln dahin geschrieben. Frewe dich
aber / daß du hiemit genennet bist / denn hie hat GOtt auch auff mich vnd dich
gedacht.
Zum andern / werden namhafft gemacht / Leute die mit Camelen vmbgehen / die auß
Midian / Epha / Saba / Kedar / Nabajoth
Daß hie auch deren von Saba gedacht wird / hat man absonderlich auff die Weisen auß Morgenlande gezogen; aber der ist nur ein klein hauff gewesen. Hie wird aber von gantz Sabo / vnd einer so grossen menge geredet / daß das Land mit Camelen erfüllet werde. Drumb erstreckt sich diese Propheceyung auff gantze Länder vnd Völcker / nicht auff einen kleinen hauffen.
Die Bekehrung vnd der Fleiß dieser Heyden vom Morgen vnd Abend / wird mit
vnterschiedlichen Worten vom Propheten beschrieben. Vnd erstlich zwar sagt er
abermal von einem grossen Zulauff: Sie werden zu dir kommen / O Sion / sie
werden zu dir versamlet werden / vnd sich zu dir bekehren / die menge der Camele
wird dich bedecken. Diß ist nie leiblich erfüllet / wird auch nicht also
erfüllet werden / denn wie wolte eine einige Statt so eine menge Volckes fassen?
Geistlich aber ists erfüllet / nach dem die Heyden vom Morgen vnd Abend sich
bekehret haben zu dem GOtt Israels. Das wird vnter einer leiblichen Figur
abgemahlet / als wann zu einer Statt groß Zulauff wäre / dahin man sich von
allen Orten in grosser menge mit Roß vnd Wagen versamlete: nicht der Meynung /
als wann die Heyden auß
Mannichmal müssen die Arbeiter am Worte Gottes zagen / alldieweil sie die Frucht vnd Wirckung nicht so sehr für Augen sehen. Im anfang / zur Zeit der Apostel / sahe man einen mercklichen Fortgang; daß man konte sagen / daß die Leute gen Jerusalem nicht zu Fuß gegangen / sondern mit Camelen vnd Lauffern gerennen kommen. Nun merckt man solchen Eyfer nicht mehr. Doch behält das Wort seine Krafft / daß noch jmmerdar etliche herzu geführet werden. Doch wird hie zum meisten gesehen auff die Außbrechung deß Worts nach der Apostel Zeiten / da alle Welt mit dem Evangelio Christi erfüllet ist.
Hie ist auch zu mercken / wann gesaget wird: Sie werden auß Saba alle kommen / daß nicht fort die Meynung sey / daß sie alle im gantzen Lande / niemand außgenommen / den Glauben haben angenommen; sondern daß zu jhnen allen das Liecht deß Evangelij gekommen / also daß man wol hat sagen können: gantz Saba ist mit dem Glauben erfüllet.
Zum andern / weissaget der Prophet auch von der Heyden Opffer: Sie werden Gold
vnd Weyrauch bringen. Die Heerde Kedar / die Böcke Nabajoth / sollen auff meinem
angenehmen Altar geopffert werden. Im Newen
Wauns so gehet / so werden die Menschen ein fein angenchm Opffer Gottes: Sie sollen auff meinem angenehmen Altar geopffert werden. Die Seelen der Menschen seyn GOtt angenehmer / als Böcke vnd Farren. Christus ist auch angenchmer / als ein steinern Altar. Wann da die Christen sich Gott gantz auffopffern in Christo Jesu / vnd sagen: HErr / ich bin dein Knecht / dir ergebe ich mich / dir auffopffere ich mich gantz vnd gar zu eigen / mit allem was ich bin vnd hab; solt das nicht GOtt ein angenchm Opffer seyn? Sie werden auff meinem angenehmen Altar geopffert werden / spricht der HERR.
Letzlich zum dritten / gedenckt der Prophet auch deß Lobes Gottes: Sie werden deß HERRN Lob verkündigen. Das geschicht / wenn wir vnsere Schand vnd Sünd bekennen / vnd Gottes Gnade allein an vns preisen. Ein jeglicher muß sagen: Im HERRN haben wir Gerechtigkeit vnd Stärcke. Wann man mich fraget; Worin suchestu dein Heyl? So antworte ich: Mein Heyl suche ich in dem HERRN meinem GOtt. Wann man dich fraget: Worin suchestu dein Heyl? Mustu auch antworten: Mein Heyl suche ich in dem HERRN meinem GOtt. Das heisst deß HERRN Lob verkündigen.
Auff besagte art beschreibet der Prophet den Fleiß der bekehrten Heyden / dabey noch zu mercken übrig ist / was auff solche Bekehrung folge / oder vielmehr / bey derselben vorlauffe: denn es gedencket GOtt beym Propheten einer Zierde in seinem Hause: Ich will das Hauß meiner Herrligkeit zieren. Wann die Heydnische Hertzen zu GOtt bekehret werden / sich GOtt auffopffern / vnd Gottes Lob verkündigen / sihe / das hält GOtt für die beste Zierat seines Hauses. Deß Tempels Gebäw muste auff Gottes Befehlköstlich gezieret werden. Wie GOtt nicht wohnet im Hause von Menschenhänden gemacht / so achtet er auch der jrrdischen Zierat nicht. Doch hat er damit angedeutet / wie sein geistliches Hauß muß gezieret seyn. Erkenne es / OMenschenkind / daß der höchste Gott vns Würmlein achtet für seines Hauses Zier. Ein Zier seyn wir im Hause der Herrligkeit Gottes / nicht dem Wesen nach / sondern wann wir vns Gott auffopffern / vnd in seinem Liecht wandeln.
Es folget auch auff die Bekehrung der Heyden eine grosse Frewd in Zion. Als denn
/ wenn sich die menge zu dir bekehret / O Zion / alsdenn wirstu deine Lust sehen
/ vnd außbrechen / vnd dein Hertz wird sich wundern / vnd außbreiten. Die du
vorhin beängstiget gewesen / wirst wieder einen guten Muth bekommen / vnd für
Frewde nicht wissen wie dir geschche.
Das ist nun der Trost / damit GOtt die Glaubige in seinem Volck auffrichtet / die mannichmal bekümmert gewesen / vmb der Finsternüß in Zion. Den Glaubigen vor Christi Geburt hat diese Verheissung gegolten / daß sie darin versichert würden / es würde einmal das Liecht vnd deß HERRN Herrligkeit gewiß zu jhnen kommen / vnd daß alsdenn das beängstete Zion solt wieder erfrewet werden. Den Christen nach Christi Geburt gilts / daß sie nicht darauff sehen / wie sie mitten vnter Feinden wohnen / wenig vnd veracht / sondern daß sie sich damit trösten / daß GOTT sein Häufflein nicht allein werde erhalten / sondern auch groß machen. Drumb will Gott so viel sagen: Es heist / Jerusalem / daß du wüst seyst vnd verlassen. Aber sey getrost / du solt groß werden. Denn es soll euch das Liecht auffgehen / vnd nicht allein bey euch scheinen / sondern auch auff die Heyden kommen. Damit will ich das Hauß meiner Herrligkeit zieren / vnd du wirst dich frewen.
Wann denn / lieben Christen / dieses an vns erfüllet ist / in dem der Glantz auß
Zion auch zu vns gekommen / lasset vns solches mit Danck erkennen. Vnter den
Heyden haben sich auch Leute gefunden / die sich der Ehrbarkeit befliessen. Aber
wo haben sie jhre Tugend gesucht? Nicht in GOtt / sondern in jhnen selbsten.
Durchs Gebet haben sie rechtschaffene Tugend nicht gesucht; denn sie haben auch
den wahren Gott nicht gekant / auch nicht gewust / wie sie jhn anruffen solten.
Wann sie denn nicht vom Himmel Krafft vnd Hülff zur Tugend gesucht / sondern in
jhnen selbsten / das ist recht das Liecht nehmen auß der Finsternüß. Was Tugend
bey jhnen gegolten / ob sie zwar viel davon außgegeben / mag man dabey spüren /
daß sie an statt deß heiligen keuschen Gottes / jhnen schändliche Götter erdacht
haben / vnd denselben allerley Schand vnd Vnreinigkeit zugeeignet. Wie haben sie
können dafür halten / daß jhnen das Vbel anstünde / das an jhren Göttern gelobet
wird? So sie jhren Göttern sich gleich verhalten / das hat jhnen nicht können
grosse Schande seyn. Daher billich Paulus den Heyden
Wie viel seliger seynd wir / die wir gekommen seyn zur Statt deß lebendigen
Gottes / sehen Gottes Liecht / vnd können im Glantz der göttlichen Herrligkeit
wandeln. In Summa / wir seyn selige Leute. Die Heyden haben auch Seligkeit
gesucht / einer hierin / der ander in etwas anders. Wir dürffens nicht errathen
/ worin die Seligkeit bestehe. Zun Römern am 14. stehets mit klaren Buchstaben:
So sey nun ermahnet / lieber Christ / trachte darnach / wie du dieses Liechts recht gebrauchest. Es seyn leider viel / die das Liecht sehen / wollen es aber nicht gebrauchen / man merckt keinen Vnterscheid zwischen Heyden vnd Christen / die Vrsach ist: sie lieben die Finsternüß mehr als das Liecht; sie halten mehr von der Herrligkeit der Welt / als der Herrligkeit Gottes. Wenn einer bey jhm selbsten vnd in der Welt nicht elend wird / sondern suchet vnd findet Trost vnd Ergetzligkeit in sich vnd in der Welt / kan er den Trost vnd die Ergetzligkeit in Christo nicht empfinden. Da gehets zu / als wann ein bittere Feuchtigkeit die Zunge eingenommen / da kan man den rechten Schmack der Speise nicht empfinden.
Darumb / zu erst / bleib nicht ligen in deinen fleischlichen Lüsten / wenn das
Liecht auffgehet. Mache dich auff / werde liecht / denn dein Liecht kompt. Wenn
die Sonne scheinet / bedarff man keiner Kertzen. Wenn Gott das Hertz erfrewet /
achtet
Wenn du nun auff gestanden bist / so befleiß dich zum andern / im Liecht zu wandeln. Dazu gehöret / daß man sich fleissig übe in geistlichen Betrachtungen: geistliche Rede gerne höre / vnd geistliche Schrifften offt vnd gerne lese. Hernach / was du thuest in deinem Leben / ja was du gedenckest / das halt gegen das Liecht / daß dich das Liecht allenthalben leite.
Endlich zum dritten / mache dich auch zu einem Opffer Gottes. Das erfodert nicht allein / daß wir alles nach Gottes Willen thun; sondern auch / daß wir willig vnd gerne alles nach Gottes Willen leiden. Zu leben vnd zu sterben / mein GOtt / nach deinem Willen / mach mich bereit / allezeit. Dir auffopffere ich mich mit Leib vnd Leben gantz vnd gar zu eigen. Es gehe mir nach dem Willen meines Gottes. Wann wir daran gedencken / was GOtt für Mühe vnserthalben auff sich genommen / soll es vns nicht beschwerlich fallen / etwas müheseliges vmb Gottes Willen zu leiden.
Wer deß Liechtes also gebrauchet / der ist danckbar. Auff solche weise wird dich
GOtt halten für eine Zierde im Hause seiner Herrligkeit. Du sollst nicht meynen
/ daß es hie an Ergetzligkeit mangeln werde. Wenn der Geist Gottes im 96. Psalm
die Völcker einladet: Ihr Völcker bringet her dem HERRN /
GOTT gebe vns aber einen bessern Sinn / daß wir nicht belieben tragen zur Finsternüß / sondern laß vns in dem Liecht wandeln / das er über vns hat auffgehen lassen / biß zur ewigen Seligkeit / AMEN.
V. 1. ICh ermahne euch / lieben Brüder / durch die Barmhertzigkeit Gottes / daß jhr ewre Leibe begebet zum Opffer / das da lebendig / heilig / vnd GOtt wolgefällig sey / welches sey ewer vernünfftiger Gottesdienst.
V. 2. Vnd stellet euch nicht dieser Welt gleich / sondern verändert euch durch Vernewrung ewres Sinnes / auff daß jhr prüfen möget / welches da sey der gute / der wolgefällige / vnd der vollkommene Gottes Wille.
V. 3. Denn ich sage euch durch die Gnade / die mir gegeben ist / jederman vnter
euch / daß niemand weiter
V. 4. Dann gleicher weise / als wir an einem Leibe viel Glieder haben / aber alle Glieder nicht einerley Geschäfft haben.
V. 5. Also sind wir viel ein Leib in Christo / aber vnter einander ist einer deß andern Glied.
V. 6. Vnd haben mancherley Gaben / nach der Gnade / die vns gegeben ist. Hat jemand Weissagung / so sey sie dem Glauben ähnlich.
V. 7. Hat jemand ein Ampt / so warte er deß Ampts. Lehret jemand / so warte er der Lehre.
V. 8. Ermahnet jemand / so warte er deß ermahnens. Gibt jemand / so gebe er einfältiglich. Regier et jemand / so sey er sorgfältig. Vbet jemand Barmhertzigkeit / so thue ers mit Lust.
V. 9. Die Liebe sey nicht falsch. Hasset das arge / vnd hanget dem guten an.
V. 10. Die brüderliche Liebe vnter einander sey hertzlich. Einer komme dem andern mit Ehrerbietung zuvor.
V. 11. Seyt nicht träg was jhr thun solt. Seyt brünstig im Geist. Schicket euch in die Zeit.
V. 12. Seyt frölich in Hoffnung / gedultig in Trübsal / haltet an am Gebet.
V. 13. Nehmet euch der Heiligen Notturfft an / Herberget gerne.
V. 14. Segnet die euch verfolgen / segnet vnd fluchet nicht.
V. 15. Frewet euch mit den Frölichen / vnd weinet mit den Weinenden.
V. 16. Habt einerley Sinn vnter einander. Trachtet nicht nach hohen Dingen / sondern haltet euch hierunter zu den niedrigen. Haltet euch nicht selbst für klug.
V. 17. Vergeltet nicht böses mit bösem. Fleisset euch der Erbarkeit gegen jederman.
V. 18. Ist es müglich / so viel an euch ist / so habt mit allen Menschen Friede.
V. 19. Rächet euch selber nicht (meine Liebsten) fondern gebet raum dem Zorn Gottes. Denn es stehet geschrieben: Die Rach ist mein / ich wills vergelten / spricht der HERR.
V. 20. So nun deinen Feind hungert / so speise jhn / dürstet jhn / so träncke jhn. Wenn du das thust / so wirst du fewrige Kolen auff sein Haupt samlen.
V. 21. Laß dich nicht das böse überwinden / sondern überwinde du das böse mit gutem.
WIe das Priesterthumb hoch vnd werth in vorigen Zeiten
Wie nun an jhm selbsten das Priesterliche Ampt hoch vnd edel ist / so hat es auch GOTT in Ehren wollen gehalten haben. Daher seynd auch die Priester GOttes im Alten Testament so hoch geachtet / daß sie die nechste nach den Königen gewesen / auch Könige sich mit jhnen befreundet haben. Vnd woher kam es anders / daß die Rotte Corae murrete wider Aaron / den geheiligten deß HERRN / als daß sie jhm solchen Vorzug mißgönnete?
Es hat aber dessen niemand Vrsach gehabt; wir können alle seyn Priester Gottes
deß Allerhöchsten / mit Verrichtung deß jnnerlichen Gottesdiensts. Vnd zwar
jetzo / als zur Zeit deß Newen Testaments / ist kein Vnterscheid / alldieweil
der äusserliche Gottesdienst im opffern / räuchern / vnd vielfältigen
reinigungen auffgehoben. Denn ob wol das Predigampt noch ein sonderlicher Stand
ist / darinnen die von GOtt vnd seiner Kirchen verordnete Diener der
offentlichen Lehre / Vermahnung / vnd Verwaltung der Sacrament ordentlich müssen
abwarten / dennoch was den rechten GOtt wolgefälligen Gottesdienst anlanget /
ist kein Vnterscheid vnter den Christen / sie seynd alle Priester. Es gehöret
einem jeglichen Christen die Hoheit / welche Petrus verkündiget in
Weil wir denn allesampt Priester seyn / müssen wir auch auff
DEr Gottesdienst im Alten Testament bestunde meistentheils
Denn wie Petrus am gemeldten Ort nicht allein rühmet die Hoheit vnsers
Priesterthumbs / sondern auch fein anzeiget / was zu vnserm Ampt gehöret / wann
er saget: Bawet euch / als die lebendige
Wann Paulus von Leibern redet / sihet er auff die weise deß Alten Testaments / da man hat müssen opffern die Leiber vnvernünfftiger Thieren. Also will auch Paulus / daß wir Leiber opffern / aber nicht der vnvernünfftigen Thieren / sondern vnsere Leiber. Da denn zugleich mit verstanden wird / alles was den Leibern angehöret / nemblich die Seele / vnd in Summa der gantze Mensch / mit allen Kräfften Leibes vnd der Seelen.
Das soll nun ein Opffer seyn. Ein Opffer aber heisst dasselbe / das man dem HERRN von der Welt absondert / vnd zum Gottesdienst heiliget / also daß es in jhm selbst zu nicht vnd verzehret werde. Als wann man GOtt geopffert hat Rinder / Schaaffe / Böcke / Wein oder Mehl / hat man solches zum Altar gebracht / vnd dem HERRN dargestellet / da es geschlachtet / gewebet / gegessen / vnd verbrant ist / vnd den Wein verschüttet / damit es nicht anderwerts entheiliget / vnd zu weltlichem Gebrauch angewandt würde.
Also müssen auch vnsere Leiber ein Opffer werden / daß wir absagen den weltlichen fleischlichen Lüsten / in denselben bey vns selbst zu nichte werden / vns alleine GOtt nach allem vermögen ergeben / daß er in vns lebe / vnd durch seinen Geist in vns wircke / vnd vns regiere / also daß vnser Wille auffhöre / vnd Gottes Wille vns allein wol gefalle / vnd in vns alles verrichte. Denn was sonsten an andern Orten die Schrifft nennet / den Leib creutzigen sampt den Lüsten vnd Begierden / die Glieder tödten / den alten Menschen ablegen / vnd einen newen an ziehen / das heisst sie hie opffern.
So bestehet nun das Opffer nicht darin / daß man seinem
Daher gehört zum geistlichen Opffer 1. daß die sündliche Lüste getödtet werden /
in dem wir jhremtrieb nicht folgen / sondern denselben wehren mit allem
vermögen. Da denn der Anfang muß vom Hertzen gemachet werden / denn das Hertz
ist die Brunnquell deß bösen / auß demselben gehen herauß böse Gedancken / Mord
/ Ehebruch / Hurerey / Dieberey / falsche Gezeugnüß / Lästerung / das seynd denn
die Stücke / die den Menschen verunreinigen / wie vnser Heyland lehret beym
Matthaeo am 15. Darumb muß das
2. Ist zum geistlichen Opffer nicht genug / Sünde meiden / man muß auch gutes wircken / daß durch die Krafft der Wiedergeburt wir vnsere Gedancken gewehnen / andächtig zu betrachten was himlisch ist; das Ohr / zu hören was göttlich ist; den Mund zu segnen; die Hände zu geben. Daher sich auch die Seele GOtt muß lassen / also / daß wenn sie bey jhr selbst zu nichte worden ist / GOtt in jhr anfange alles zu seyn / wann sie jhrem eignen Willen hat abgesaget / Gottes Willen in allem allein jhr wolgefalle / nach dem Exempel deß heiligen Opffers Christi / so gehet es ordentlich vnd richtig zu / vnd wird der Mensch ein rechtes geistliches Opffer.
Paulus gibt solchem Opffer folgenden Titul / daß es lebendig sey / heilig / Gott wolgefällig / vnd ein vernünfftiger Gottesdienst.
Im Alten Testament wurden die Opffer / als Schaaffe / Böcke / Rinder / getödtet /
vnd blieben nicht lebendig. Hie aber wird das Opffer getödtet / daß es lebe; vnd
wie mehr es getödtet wird / je
Die Opffer deß Alten Testaments waren in jhnen selbsten nicht rein oder heilig /
konten auch von jhnen selbsten niemand rein oder heilig machen / was aber
heiliges an jhnen war / das bestund in der Vorbildung der Wolthaten Christi /
welches so es im Glauben nicht erkant vnd ergriffen ward / war das Opffer nichts
nütz. Vnser Opffer ist heilig / denn der glaubige Mensch wird geheiliget durch
das Blut Jesu Christi deß Sohns Gottes / als eines
Von den Opffern im Alten Testament / wann man nicht.
Im Alten Testament ward das Opffer genommen von vnvernünfftigen Thieren. Vnser
Opffer ist ein vernünfftiger Gottesdienst / der da geschihet in vnd nach der in
GOtt erleuchteten Vernunfft / im Geist vnd in der Seelen; ein geistlicher
Gottesdienst deß Hertzens / nach der Regel göttlicher Vernunfft / da die Seele
nicht Böcke oder Kälber / sondern sich selbst GOtt auffopffert durch den H.
Geist. Hie gilt nichts / was geschicht durchs Fleisch / nach fleischlicher oder
leiblicher weise / es muß alles geistlich zugehen / nach der erleuchten
Vernunfft / vnd höchsten Kräfften der Seelen. Denn ob wol hie gesagt wird von
Leibern / die man opffern soll / so geschichts doch nicht auff leibliche /
sondern auff geistliche weise. Im Alten Testament war zwischen Opffer / Priester
vnd Tempel ein Vnterscheid: hie aber ists alles eins / weils ist ein geistlicher
Gottesdienst; wie denn auch Petrus solch ein wunderliches Priesterthumb vns
fürgeschrieben: Bawet euch / als die lebendige Steine / zum geistlichen Hause /
vnd zum heiligen Priesterthumb / zu opffern geistliche Opffer / die GOtt
angenehm seyn / durch Jesum Christum. Hie menget der H. Geist alles durch
einander / Steine / Tempel / Priester / Opffer; solches alles muß der glaubige
Christ seyn / das kan ja nicht anders als ein geistliches Werck vnd
vernünfftiger Gottesdienst seyn. Daher muß auch dieses Opffer geschehen auß
einem freywilligen Geist / vnd vngezwungen. Alles durch das Gesetz gezwungen
Ding ist nicht geistlich Werck / sondern fleischlich / ohn Geist. Auch muß es
geschehen frey vmbsonst /
Von diesem vernünfftigen Gottesdienst hat GOtt lange zuvor durch den Propheten
Malachiam geweissaget / wie er vnter vns vnd allen Heyden solte angestellet
werden: Vom Auffgang
Gelobet sey GOtt / der solchen Gottesdienst auch vnter vns
Es richtet Paulus seine Vermahnung auff alle Christen /
Sehet doch / wie hefftig der Diener Christi anhält / wie er flehet / was für einen Grund er leget in seiner Vermahnung: Ich ermahne euch / spricht er / durch die Barmhertzigkeit Gottes. Ich glaube nicht / daß in einer geringschätzigen Sache Paulus solche Wort solte gebraucht haben; ja wäre nicht viel daran gelegen / sich GOTT auffopffern / Paulus hätte mit solchem flehen nicht angehalten. Was soll vns nun mehr bewegen / als die Barmhertzigkeit Gottes? Weil GOtt durch seine Barmhertzigkeit sich selbsten für vns gantz auffgeopffert / so ists ja billich / daß wir vns Ihm hinwieder gantz auffopffern. Weil GOtt vns so grosse Barmhertzigkeit in Christo erwiesen / daß er vns auß Gnaden erlöset / erwehlet / beruffen / vnd durch den H. Geist ernewert vnd geheiliget hat / ists billich / daß wir danckbar seyn / vnd vns jhm ergeben. So vns jemand auß schwerer Dienstbarkeit / oder von einem scheußlichen Todt mit grossem Geld erkaufft hätte / dem würden wir vns nicht vnbillich auffopffern / vnd sagen: Durch dich bin ich vom Todt vnd schwerer Dienstbarkeit erlöset; so will ich auch dein seyn / vnd dir zu Dienste leben. Wann wir dann ohn die Barmhertzigkeit Gottes / hätten müssen ein Fegopffer deß Teuffels seyn / vnd vnter seiner Tyranney gewiß sterben / vnd ewig verderben / wäre es ja keine Vnbilligkeit / nach dem wir durch die Barmhertzigkeit Gottes befreyet seyn / daß wir vns GOtt gutwillig auffopfferten / vnd sagten: Durch dich bin ich vom Todt / Teuffel vnd Hölle erlöset / so will ich mich auch dir gantz ergeben / vnd dir zu Dienst vnd Ehren leben. Was soll aber geschehen / wann vns Gott flehet / vnd durch seine Barmhertzigkeit ermahnen lässt?
Es ist aber keine schlechte Kunst / sich Gott auffopffern / denn da findet sich
grosse Verhindernüß / die Welt vnd vnser eigener Sinn / das seynd deß Teuffels
Gehülffen / dadurch er in vns den heiligen Gottesdienst wehret / damit wir nicht
ein Opffer Gottes werden. Für solchen Feinden warnet vns Paulus / vnd zeiget
zugleich den rechten Weg / dadurch wir / die wir nun Christen worden
Das erste / dafür wir vns zu hüten haben / ist die Welt.
Das ist die Welt / die so grosse Krafft hat den Menschen zu verführen. Vnd trage ich kein zweiffel / daß viel hundert tausent Menschen hätten können selig werden / wann sie sich nur der Welt hätten können entschlagen. Denn das locken vnd reitzen der Welt ist über alle masse kräfftig / vnd der Natur angenehme / daß viel leichter ist / einen Christen vom wahren Christenthumb zur Welt ziehen / als ein Weltkind von der Welt zum rechten Christenthumb ziehen. Vrsach / denn es hat die Welt einen grossen Vortheil / daß die Christen noch viel von der Welt Sinne in sich haben / die Welt aber gar nichts von göttlichem Sinn vnd Geist. Geschichts dann / daß ein Weltmensch vom Geist Gottes gelocket wird / will der Mensch nicht folgen / denn sein Sinn ist gantz mit göttlichem Sinn nicht einig. Wann aber ein Christ von der Welt gereitzet wird / ist er leicht gezogen / denn in jhm viel ist / das dem Weltwesen hold vnd ehnlich ist.
Hierumb warnet der Geist Gottes die Christen / die Gottes Opffer seyn wollen / daß sie sich für der Welt fürsehen / vnd sich nach dem Fürbilde der Welt nicht richten: Stellet euch nicht dieser Welt gleich. Wäre schon ein Ding üblich in aller Welt / muß es doch bey dir drumb nicht gut heissen / wird dich auch nicht für Gottes Gericht entschuldigen. Wuchern / sauffen / Narrentheidung treiben / ist in der Welt üblich. Es muß aber darumb kein Christ nachfolgen / sondern ein rechter Christ spricht: Diß Ding sey in der Welt üblich oder nicht üblich / darauff hab ich nicht zu sehen: denn der H. Geist spricht: Stellet euch nicht dieser Welt gleich.
Stehe hie stille / lieber Christ / laß nicht vorüber fahren / was du hörest /
sondern faß es zu Hertzen. Sihe / GOtt / der deine Seligkeit hertzlich suchet /
auch zum besten weiß / was dir dazu schädlich oder beförderlich ist / der
schreyet dir zu: Stelle dich nicht dieser Welt gleich. Wilstu nicht hören / so
kanstu auch nicht ein Opffer Gottes seyn; denn Gottes Sinn vnd der Welt Sinn /
seynd sich gantz vnd ewig zu wider. Bistu denn kein Opffer Gottes / welches
Opffer bistu denn? ohn zweiffel deß Satans. Dein Erlöser zeuget von seinen
Christen beym Johanne am 15.
Wie sollen wir vns denn gegen der Welt verhalten? Es ist vns nicht besser zu
rathen / als daß wir nur widersinnisch in der Welt werden / vnd anfangen zu
verachten / was die Welt hoch achtet; vnd hoch zu halten / was die Welt
verachtet. Für allen vnd in allem Ernst müssen wir vns gar nichts daran kehren /
ob etwas in der Welt gilt oder nicht gilt / ob es üblich oder nicht üblich /
denn GOtt hat mit allem Ernst vns dafür gewarnet: Stellet euch nicht dieser Welt
gleich. Was wird aber hierauß werden? Das wird darauß werden / du wirst in der
Welt ein Narr werden / daß man nicht viel von dir hält. Das gibt die Vernunfft /
vnd hats auch Christus zuvor gesaget / Joh. 15. Wäret jhr von der
Das ander / dafür wir vns hüten müssen / ist vnser eigener Sinn. Die Welt ist
ausser vns / aber der eigene Sinn ist in vns. Davon saget vnser Text: Verändert
euch durch Ernewrung ewres Sinnes. Die Meynung ist / daß wir vnseren alten
natürlichen Sinn ablegen / vnd einen andern vnd newen Sinn annehmen. Der Sinn
heisst ein Dünckel oder Meynung in vns / dardurch wir etwas für gut oder böß
achten. Diesem Sinn folget vnser gantzes Leben / vnd wird dadurch entweder gut
oder böß. Denn was mich recht vnd gut düncket / davon halt ich auch etwas / vnd
dem folge ich auch gerne. Ists nun warhafftig gut / das ich für gut halte / so
wird leicht das gantze Leben gut; Ists aber böß / so kan das gantze Leben nicht
anders als böse seyn. Wann nun vnser Text saget von Veränderung vnd Ernewrung
vnseres Sinnes; ist damit genugsam angedeutet / daß vnser eigner Sinn nicht gut
ist. Denn wenn er recht vnd gut wäre / bedürffte er keiner Veränderung. Das
bezeuget auch GOtt / wann die Schrifft saget / wie das tichten vnd trachten deß
menschlichen Hertzens nur böse
Hierumb wann wir vns wollen GOtt auffopffern / müssen wir den eigenen Sinn
ablegen / die Natur muß bey vns ersterben / vnd muß vns alles verdächtig seyn /
dazu vns die Natur treibet; als die Natur vnd eigener Sinn hat gerne / daß wir
reich / hoch vnd glücklich in dieser Welt seyen / drumb trachtet sie auch dem
nach / das vns dahin bringe. Das muß aber bey einem Gott ergebenen
Wofür sich ein Gott-ergebener Mensch hüten muß / haben wir gehöret / nemblich für
der Welt vnd eignen Sinn. Nun ist
Es ist aber nicht genug nach Gottes Willen die Sünde meiden; wer sich GOTT
auffopffert / der muß auch auff Christliche Tugenden gedencken / vnd prüfen /
was da heilig / wolgefällig / vnd vollkommen sey. Daß man im Handel niemand soll
verfortheilen / wissen auch die Heyden / vnd hüten sich dafür. Ein Christ muß
weiter kommen / vnd dem nachdencken / was er weiter zu thun schuldig sey / das
da ein heiliges / Gott wolgefälliges Werck
Es ist noch mancher Christ / der sich Christlicher Tugenden befleissiget / daran
ist aber grosser Mangel / auch bey den Frommen / daß sie nicht prüfen das
vollkommene / vnd was vns zur rechten Christlichen Vollkommenheit führet.
Mancher thut viel gutes / übet Gedult vnd Sanfftmuth. Aber wo bleibet das /
Wer nun will ein rechter Christ seyn / vnd GOtt recht dienen
Nun / lieber Christ / gehet es dich an oder nicht? Freylich redet
Es ist aber schwer. Ein Christ seyn / vnd ein Priester Gottes heissen / das wär
wol gut / aber das Opffer ist zu schwer vnd seltzam / denn es gilt Gut / Ehr /
Frewd / Leib vnd Leben / das muß man hindan setzen; vnd dagegen sich gefallen
lassen / so es Gottes Wille ist / Armuth / Verachtung / vnd den Todt selbsten.
Dazu möchtest duschwerlich jasagen. Aber was hilffts / wilstu ein Christ seyn /
so
Du aber sprichst: Das ist mir vnmüglich / das kan ich nicht thun / ich lebe ja in der Welt / ich kan ja kein Bernhäuter werden. Wolan / liebes Weltkind / fahre nur fort in deinem Sinn / das stehet dir frey / vnd bleib ein reputirlicher Herr in dieser Welt. O du wirst GOtt grossen Schaden thun / daß du jhm deinen Leib nicht wilst auffopffern! Wisse aber / wer GOtt seinen Leib nicht opffern / den Sinn seines Fleisches nicht brechen / vnd Gottes heiligen Willen nicht nachfolgen will / der ist nicht das Königliche Priesterthumb / das Eigenthumb Gottes; das ist / er ist kein Christ. Wer sich GOtt nicht will zu eigen geben / dem wird GOtt sich auch nicht zu eigen geben. So dencke vmb / du vnsinnige Welt / wohin du lauffest / versagestu deinen Leib zu ergeben zu einem wolgefälligen Opffer Gottes / so kanstus doch nicht dem Teuffel versagen / dem ergibstu deinen Leib zu allem wolgefallen / von dem vnd mit dem magstu auch deinen Lohn erwarten.
Ist aber noch ein Christlich Blutströpflein in deinem Leibe / so laß dir zu
Hertzen gehen das flehen deß H. Geistes / wann er dir zuruffet durch seinen
Diener: Ich ermahne euch / durch die Barmhertzigkeit Gottes / daß jhr ewre Leibe
begebet zum Opffer. Wie könte man dir hertzlicher zusprechen? daß du ja sehest /
wie es ein Ernst sey. Vnd was solte dein Hertz mehr bewegen / als die
Barmhertzigkeit Gottes? Ists nicht Güte vnd Barmhertzigkeit / daß dir GOtt
seinen Sohn zu eigen geschencket hat? Ist nicht grosse Barmhertzigkeit / daß
GOtt selbst für dich ein Opffer geworden ist? Dünckts dir dagegen ein grosses
seyn / so du dich GOtt wieder ergibest? Dünckts dir ein grosses seyn / so du
deinen verfluchten Leib wiederumb GOTT auffopfferst?
Wer sich nun bewegen lässt / der wisse nur eben / daß es kein geringes ist / so er ein lebendig / heilig vnd GOtt wolgefällig Opffer geworden ist. Ein Weltmensch ist lebendig-todt / er lebet nach dem Fleisch / im Geist ist er todt; wir aber / die wir vnsern Leib Gott zum Opffer ergeben / wir seynd todt-lebendig. Dem Fleisch nach seynd wir mit Christo geereutziget vnd getödtet / aber im Geist leben wir GOtt. Ein Weltmensch ist vnheilig / wir seynd heilig. Ein Weltmensch / ob er schon in der Welt geehret wird / vnd angesehen / so gilt er doch nichts für GOTT; wir / ob wir schon für der Welt nichts gelten / so seynd wir doch bey Gott in Ehren / vnd jhm sehr wolgefällig.
Darumb so ergebet nun ewre Leibe GOtt zu einem Opffer /
Kompt dir denn etwas für / das in der Welt gilt / vnd dich gut dünckt / sollstu nicht ehe mit deinem thun fortfahren / du seyest dann deß Willen Gottes gewiß. Da sprich: Harre Gesell / weistu nicht / daß du ein Opffer Gottes bist? GOtt hat mir die Barmhertzigkeit erzeiget / vnd sich für mich geopffert / so will ich jhm das wieder zu gefallen thun / vnd meinen Leib jhm auffopffern / vnd mich nicht meinem Sinne oder der Welt ergeben.
Also wirstu ein heiliges Opffer; also wird erfüllet an dir /
GLeich wie Paulus / als ein Diener Gottes / von aller
Seinen Willen hat GOtt geoffenbaret / Erstlich in der Natur
Doch ist das natürliche Erkäntnüß deß göttlichen Willens vnvollkommen / führet
auff keinen Grund der Gottseligkeit / hat
Hierumb wird / zum andern / Gottes Wille geoffenbaret / in seinem offenbarlichen Worte / das bringet eine voll kommene Erkäntnüß / führet auff den rechten Grund der Gottseligkeit / nemblich auff die Wiedergeburt / gibet auch den Geist / der zugleich mit den Regeln der Gottseligkeit / die Liebe / Gottseligkeit zu üben / in vnser Hertze drücket.
Da erfodert nun billich der Geist Gottes von einem jeglichen / der gottselig wandeln will / daß er nicht vnverständig sey / sondern verständig / vnd auß Gottes Wort mit allem Fleiß lerne / was da sey der Wille Gottes / vnd daß er auch nach demselben prüfe / was das beste sey.
Mit solchen Reguln der Gottseligkeit / darauß wir können erkennen / was GOtt
wolgefällig sey in vnserm Leben / ist erfüllet das 12. Capitel an die Römer /
welches sehr reich ist an Vermahnung / vnd ein kleiner Tugendspiegel ist / daher
auch die lieben Alten dieses Capitel / auff die drey nechste Sontage nach H.
drey König zu erklären verordnet / vnd kan auch dasselbe füglich in drey Stücke
abgetheilet werden / derer das erste ist / eine gemeine Regul von der
geistlichen Auffopfferung aller Christen / das ander / setzet ein Exempel von
den Gaben / wie man dieselben Gotte auffopffern solle / das dritte / führet vns
auch Exempelsweise durch mancherley Regeln / auff die Vbung der Gottseligkeit
vnd der Liebe. Wie nun am vorigen Sontag vom Opffer der Christen in gemein
gehandelt
ES muß auß vorhergehender Lection hieher gezogen werden /
Der Apostel will diese Vermahnung nicht auß Fürwitz gethan haben / als redet er nach seinem eigenen Kopffe / sondern beruffet sich auff sein Ampt / welches er nennet eine Gnade von GOtt gegeben. Damit redet er etwas ehrbarlicher vom Predigampt / als die Welt thut / vnd weiset / daß es eine grosse Gnade Gottes ist. Hierauff beruffet er sich / vnd will so viel sagen / Ich habe ein hohes Ampt / vnd habe auch grosse Gaben darin / die Gott mir gegeben hat / doch sage ich nach derselben Gnaden / daß keiner von seinen Gnaden zu viel halten solle.
Das gilt denn einem jeglichen Christen / wie er spricht / Ich sage jederman vnter euch / denn gleich wie es allen Christen angehet / ein geistlicher Priester zu seyn / vnd sich GOtt zu opffern / also gebüret es auch einem jeglichen Christen / alle Gaben / die jhm Gott beym Glauben gegeben hat / Gott auffzuopffern / in dem er derselben nicht anders / als nach Gottes Willen gebrauchet.
Das ist es aber / das GOtt hie haben will / daß niemand weiter von jhm halte /
als sichs gebühret zu halten / sondern daß er von jhm mässiglich halte / ein
jeglicher nach dem GOtt außgetheilet hat / das Maaß deß Glaubens. Paulus handelt
hie von einem Sinn / Dünckel vnd Meynung / vnd will erstlich / daß keiner höher
gesinnet sey / als sichs
Wie der Apostel nicht will / daß wir sollen zu viel von vns halten / so will er auch nicht / daß wir nichts sollen von vns halten / denn das ist eine vnnütze Demuth / das Brodt läugnet ja nicht daß es nehren kan / das Fewer läugnet nicht / daß es wärmen kan / sondern es gibt sich dafür auß; so ist nun übrig / daß wir mässiglich von vns halten / vnd also gesinnet seyn / daß wir auch vernünfftiglich gesinnet seyn / als nüchterne vnd vernünfftige Leute / die nach gesunder Vernunfft von einem Dinge vrtheilen. Wie geschicht das aber? Wenn wir sehen auff das Maß deß Glaubens / vnd vns darnach richten / denn so spricht er: Daß jederman von jhme mässiglich halte / nach dem GOtt einem jeglichen zugemessen hat das Maß deß Glaubens.
Durch das Maß deß Glaubens verstehet er den Glauben selbsten / das Erkäntnüß
Gottes / vnd alle Gaben / die GOtt beym Glauben nach seinem Wolgefallen / auff
gewisse maß einem jeglichen mitgetheilet hat / wie sich der Apostel selbst
erkläret / mit dem
So verstehen wir nun / was das Maaß deß Glaubens sey / vn wie
einem jeglichen beym Glauben / GOtt eine gewisse maß guter nützlicher Gaben
mitgetheilet hat / das ist denn die Maß deß vernünfftigen Sinnes / nach welcher
ein Christ klüglich vnd weißlich von jhm halten soll / wie Paulus sagt: Ein
jeglicher soll mässiglich von jhm halten / nach dem Gott außgetheilet hat das
Maaß deß Glaubens.
Das geschicht nun also: Für allem sehe ich auff den Glauben / ist der Glaube
nicht da / so seynd die andern Gaben nichts / vnd habe keine Vrsache / mich oder
andere zu erheben / sondern vielmehr zu beweinen. Mancher stoltzer pranget / vnd
weiß nicht wie viel er von jhm halten will / vnd mangelt jhm doch am allerbesten
/ welches
Weil aber bey dem Glauben Gott seine Gaben vnterschiedlich außgetheilet hat / so
sollen wir auch auff dieselbe sehen / 1. wann du sihest / daß dir eine Gabe
entzogen sey / sollstu dir dieselbe nicht zumessen / auch vmb derselben kein Ehr
vnd Ansehen begehren. 2. So du sihest / daß dir eine geringe Maaß zugemessen sey
/ so gedencke daß GOtt sey / der es außtheile / damit du nicht vngedültig
werdest / oder andern mißgönnest / laß dich begnügen / daß du das Hauptgut
habest / Christum vnd den Himmel im Glauben / es ist Hoheit genug nur ein Glied
seyn an dem Leibe Christi / wär es auch das allergeringste. Meine Händ vnd Füß
seynd eben so wol meine Glieder / als mein Auge / liebe sie auch / vnd pflege
jhrer / ob schen das Auge ein edlere Wirckung hat / wann dann GOtt nicht hat
wollen haben / daß du ein Auge seyest / sondern daß du ein Fuß oder Hand seyest
/ das laß dir gefallen / vnd gedencke / Ich habe ein so grosses Gut schon in
Christo / als ein Mensch jmmermehr bekommen kan / ob mich wol Gott an diesen
geringen Ort vnd Stand gesetzet / vnd diese geringe Gaben gegeben hat / so will
ich derselben brauchen / zu Dienste meiner Mitglieder / vnd zur Ehre meines
Gottes / vnd weiß gewiß / daß jhm dieser mein geringer Dienst so angenehm seyn
wird / als der grösseste; ja vielleicht noch angenehmer / darumb / daß du dir
vmb seinet willen auch das geringste gefallen lässest. Damit richten sich auff /
die sonsten in der Welt geringschätzig vnd veracht seyn / Dienstknechte vnd
Mägde / arme Handwercksleute / vnd die gar in einem schmählichen Stand sitzen /
als ein Schinder vnd Hencker. 3. Findestu bey dir hohe Gaben / so verachte doch
andere nicht / ist schon dein Ampt / deine Gabe vnd dein Werck fürtrefflicher /
denn anderer Leute / solstu doch durch
Das heisset dann klüglich gesinnet seyn / vnd mässiglich von sich halten / nach dem GOtt einem jeglichen außgetheilet hat das Maß deß Glaubens / nemblich daß einer seine Gaben erforsche / vnd damit seinem Nehesten diene / ohne Neid vnd ohne Verachtung / das ist denn nicht ein geringes Stück deß Christlichen Opffers. Hoffart verderbet alle Gaben / also auch das göttliche Opffer der Christen. Wircket jemand zu seiner Lust vnd zu seinen Ehren / so ist sein Opffer entheiliget / hingegen ist es ein heilig vnd angenehm Opffer / wann du deiner Gaben / so groß oder gering sie seyn / zur Ehren Gottes / zu Nutz vnd Aufferbawung der Glieder Christi gebrauchest / vnd bleibest in der Liebe vnd Einigkeit deß Geistes / vnd verachtest niemand / vnd neidest auch niemand.
Biß daher ist gesagt in gemein von dem Gebrauch der Gaben
Erstlich spricht Paulus: Hat jemand Weissagung / so sey sie dem Glauben ähnlich. Die Weissagung ist zweyerley / 1. eine Verkündigung zukünfftiger Dinge / 2. eine Außlegung H. Schrifft. Auff die erste soll niemand hoffen / Es haben sich zwar auch etliche zu vnsern Zeiten gefunden / die auß Vorgeben einer Offenbarung / von zukünfftigen Dingen geweissaget haben / wie es Königen / Fürsten / vnd andern Ständen in der Welt gehen soll / aber wer will sagen / daß solches so balde nicht vom bösen als vom guten Geist herrühre. Solche Propheceyungen gefallen zwar dem Fürwitz / an jhm selber aber sind sie allezeit nicht gut / besseren den Christlichen Glauben gar nicht / darumb so redet auch der Apostel nicht von solcher Propheceyunge / die künfftige dinge verkündigen / welches auch darauß erscheinet / daß der Apostel fodert / die Weissagunge soll dem Glauben ähnlich seyn. Die Weissagung aber von künfftigen dingen / von Königen vnd jhren Kriegen / hat mit dem Glauben nicht zu thun / sie nimbt jhm nichtes / sie gibt auch nichtes / daher auch die Propheten im Alten Testament vielmehr darumb göttliche Propheten genennet werden / daß sie von Christo vnd seinem geistlichen Reich geredet / als daß sie von Königen vnd weltlichem Reich etwas zuvor verkündiget haben. So wird hie nur geredet von Außlegung der H. Schrifft / da wir im Glauben verkündigen / wie es im Reich Christi soll daher gehen / vnd was darin zu erwarten sey / vnd das ist eine gebräuchliche vnd nothwendige Gabe in der Christenheit.
Ist nun jemand mit solcher Gabe versehen / von dem erfodert der Geist Gottes /
daß er seine Außlegungen vnd Weissagungen also anstelle / daß sie dem Glauben
ähnlich seyn / sie müssen nicht mit vorgefasster Meynung in die Schrifft
springen / sondern acht haben auff die Haupt Regeln / die klar in H. Schrifft
außgedrucket seyn / nach derselben müssen sie richten alle jhre Außlegungen /
daß keine darwider streite. Also spricht der Apostel in der 1. Cor. am 3. Einen
andern Grund kan niemand legen / ausser dem
Da sihet man / was die Schrifft für Außleger haben will / nemblich die den
Glauben haben / den nach dem Glauben / vn durch
den Glauben muß man alles richten / was soll man denn gutes hoffen von Juden vnd
andern Vnglaubigen / die den Glauben nicht haben / darnach man die Schrifft
richten soll.
Zum andern spricht Paulus: Hat jemand ein Ampt / so Nutz verwenden / denn sie sollen nicht gedencken / es
stehe jhnen frey / Kirchengüter anzuwenden wie sie wollen / sondern sie müssen
darauff sehen / daß Arme vnterhalten / der Kirchendienst versorget / vnd ohne
Seufftzen beybehalten werde / dabey müssen sie auch gute Auffsicht haben / wo
Mangel sey / daß sie solches erstatten / sie müssen sich nicht verdriessen
lassen / so bald einer bald ein ander sie überläuffet / dem sie auffwarten vnd
dienen müssen / sondern sollen gedencken / daß sie dazu bestellet seyn. Viel /
die Allmosen oder Besoldung außtheilen sollen / stellen sich mit vnfreundlichen
Worten / als wären sie Herren über die Güter / da sie doch nur Diener seyn /
sind sie denn Diener / so warten sie auch ab jhres Dienstes / den jhnen GOtt
aufferleget hat / vnd dasselbe mit Trew vnd ohne Verdruß.
Also thue auch ein jeglicher in seinem Ampt / Lehret jemand / so warte er der
Lehre / vermahnet jemand / so warte er deß ermahnens. Lehren ist / wann man deß
Glaubens Grund legt / welches geschicht nicht allein in Kirchen / sondern auch
in Schulen / wer dazu bestellet ist / der warte es so viel fleissiger / so viel
daran gelegen ist / denn was soll man gutes hoffen / vnd was kan gutes er bawet
werden / wann kein Grund im Glauben geleget ist? Ermahnen ist / wenn man mit
straffen vnd flehen reitzet / Lehre. Solches treiben haben wir
alle hochnöthig / von wegen deß alten Menschen / der vns zum Gottesdienst faul
machet / darumb auch / der ermahnet / in der Ermahnung keinen Fleiß sparen
muß.
Weiter spricht Paulus: Gibt jemand / so gebe er einfältiglich. Vormals hat man in
der Kirchen gewisse Gaben
Noch mehr spricht Paulus: Regieret jemand / so sey er
Letzlich spricht Paulus: Vbet jemand Barmhertzigkeit
Man saget offt / es ist der Armen zu viel / wer kan allen helffen / du soltest aber dich frewen / daß du Gelegenheit hast viele Wolthat zu üben. Sihe / warumb sendet GOtt seinen Kindern bitter Creutz zu? Nur daß sie gelegenheit haben / Gedult vnd Glauben zu üben / so laß es dich auch nicht verdriessen / wenn dir viele elende Leute zur Hand stossen / damit du viel Barmhertzigkeit üben könnest.
Ein jeglicher mag sich nach dieser Ermahnung deß Apostels erforschen / wie er seiner Gabe vnd Kräfften gebrauchet habe / vnd ob er auch vernünfftig von sich gehalten habe / vnd wo er Mangel spüre / daß er hernachmals es ändere / vnd jhme nachdencke / wie er seinen Stand vnd Gabe brauche / daß GOtt darin geehret werde. Darumb so forsche / was dein Stand vnd Gabe sey / wer dem Nechsten gar nicht dienen kan / der ist gar eine vnnütze Last der Erden / vnd ein vnnütz-stinckendes Glied / wer aber Gabe vnd Kräffte hat / nach seinem Stande / damit er andern dienen kan / der erkenne die Gnade Gottes an jhm / vnd gebrauche derselben / ohne Neyd vnd Hochmuth / also daß GOtt geehret / vnd dem Nechsten gedienet werde.
Es ist ein gemeines Laster sich erheben / nicht friedlich seyn / sich deß
geringen Standes schämen / vnd andere wegen grösserer Gaben anfeinden / da wir
doch darauff sehen solten / daß wir alle gleich groß Gut in Christo haben; hastu
aber bey diesem Hauptgute auch Gaben klein oder groß / so seynd dir dieselben
nur gegeben zu Dienste deß Nechsten; durch den Glauben soll ein Christ sich
erheben über alles / den er ist so groß in Christo / als ein
Mensch
Ist einer / der nicht zu frieden seyn will mit der Stelle / die jhm GOtt in seiner Gemeine gegeben hat / ist gleich einer Hand / die vngedültig wird / daß sie am Arm sitzet / vnd wolte gerne über dem Kopffe stehen.
Darumb so sey nun also gesinnet / daß du zwar deine Gaben erkennest / aber dich
nicht darinnen erhebest / auch andere / die grössere Gaben haben / nicht neidest
/ sondern mit dem deinigen zu frieden seyest / wie es dir GOtt gegeben hat / vnd
dich befleissigest / nach deinem Vermögen anderen zu dienen / so hastu die
Vermahnung deß Apostels Pauli wol angehöret / vnd wird auch erfüllet / was
Petrus saget in seiner ersten Epistel am 4. Dienet einander /
ES ist vnter die höchste Wolthaten Gottes zu rechnen / daß wir zur Erkäntnüß deß Sohns Gottes vnd vnsers Heylandes JEsu Christi gekommen seyn. Denn weil niemand ohn Glauben vnd das Erkäntnüß Christi kan für GOtt außgesöhnet vnd selig werden / was wäre vns nütz / daß wir jemahl erschaffen seyn? Was wäre vns nütz / daß wir durch Gottes Blut erlöset seyn? so wir solten der heilsamen Erkantnüß vnsers Heylandes Christi beraubet seyn.
Ich will jetzt nicht davon disputiren / woher es komme / daß in so langer Zeit Gott so viele Völcker im Finsternüß / ohn das seligmachende Erkäntnüß deß Heils hat stecken lassen; Ich preise allein die Barmhertzigkeit GOttes / welcher auch vns nach langer Finsternüß / darinnen vnsere Vätter als Heyden gesessen / das Liecht seines Heils hat scheinen lassen. Wir seynd dessen so wol vnwürdig / als vnsere Vätter / vnd sprechen in Demuth mit dem Hauptman auß dem heutigen Evangelio: HErr / ich bin nicht werth / daß du vnter mein Dach gehest.
Weil vns dann GOtt durch seine Barmhertzigkeit würdig gemacht hat zu seinem
Liecht / dancken wir jhm auch billig. Er hat vns allen seinen Sohn geschencket;
Er hat bey der Geburt seines
Hierumb ist wol geordnet / daß nach dem Fest der Weisen / in den drey folgenden Sontagen das gantze zwölffte Capitel an die Römer / der Gemeine Gottes vorgetragen werde; damit / wann wir erkennen / was für eine Gnade es sey / daß GOtt seinen Stern den Heyden hat scheinen lassen / vnd das Liecht hab auffgehen lassen / denen die da sitzen im Finsternüß; wir auch wissen / wie wir im Liechte wandeln / vnd mit einem gottseligen Christlichen Leben Gott danckbar seyn sollen.
In vorigen Sontagen ist geprediget 1. in gemein / wie wir vns GOtt auffopffern
sollen / 2. wie wir vnsere Gaben gebrauchen sollen / allermeist im geistlichen
Stande. Nun ist übrig ordentlich nachzudencken den absonderlichen Regeln vom
göttlichen
DIe Liebe ist eine Mutter aller Christlichen Vbungen / darumb muß sie auch forn
an stehen. Die Liebe sey nicht falsch. Weil Paulus damit vmbgehet / daß er
beschreibe das Ampt eines Christen gegen dem Nechsten / wird hie auch geredet
von der Liebe deß Nechsten. Die soll nicht falsch seyn. Denn es ist eine
zweyfache Liebe / eine reine Liebe / vnd eine falsche Liebe. Nicht daß die Liebe
an jhr selbst könte vnrein vnd falsch seyn / sondern daß mancher Liebe fürgibt /
wann schon nichts dahinden ist. Das ist eine doppelte Sünde. Erstlich ist
gesündiget / daß man nicht liebet / zum andern sündiget man / daß man Liebe auß
gibt / da keine ist. Vor solcher heuchlischen Liebe warnet vns hie der H. Geist
durch Paulum: Die Liebe sey nicht falsch; Also hat er
So folget nun das ander: Hasset das arge / hanget dem guten an. Diß ist ein Stück
/ das zur reinen Liebe gehöret. Die falsche vnd heuchlische Liebe lässet jhr
wolgefallen / was ein ander thut; schweiget vnd lachet auch wol dazu / wo der
Nechster übel thut / vnd will jhm nicht zu wider seyn. Aber wo die Liebe rein
ist / da hasset man das böse. Denn die reine Liebe gehet auß GOTT. Darumb muß
man das arge hassen / also daß man sich dafür entsetze / als für einem Grewel.
Hassen muß man das arge / aber in
Hingegen liebet die reine Liebe das gute / vnd hanget vnd klebet dem an / als
wann sie mit dem guten verpichet wäre. Sie liebet das gute / vnd lobet es /
solts auch beym Feind gefunden werden / sie liebets / vnd hanget jhm an / solt
auch der Liebhaber darüber leiden. Ich setze den fall / daß einer entweder solte
all sein Haab vnd Gut verlassen / oder von dem guten weichen; so soll die reine
liebhabende Seele dem guten also ankleben / daß sie viel lieber Haab vnd Gut
verlasse / Leib vnd Leben dazu / als daß sie solte vom guten weichen. So wills
GOtt haben: Hasset das arge / hanget dem guten an. Also hat auch GOtt bey dem
Propheten Amos am 5. Cap. geredet: Suchet das gute / vnd nicht das böse /
auff
Die dritte Regel: Die brüderliche Liebe vnter einander sey hertzlich. Durch brüderliche Liebe seyd hertzlich geneiget / euch einander zu lieben. Die brüderliche Liebe erstreckt sich höher / als die gemeine Liebe / vnd ist die Liebe / die Christen vnter einander haben sollen. Die gemeine Liebe gehet auff alle Menschen / die brüderliche Liebe auff Christen / die durch eine Tauff vnd Geist zu Gottes Kindern wiedergeboren seyn. Diese müssen sich besonderlich lieben. Seyd hertzlich geneiget euch vnter einander zu lieben. Was solche hertzliche Liebe thue / leide vnd trage / das lerne man von leiblichen Brüdern. Ob zwar zu weilen Brüder sich hefftig hassen / doch wann sie rechte Christen seyn / so wircket die Natur vnter Brüdern vnd Schwestern eine besonderliche Zuneigung / einer fuget dem andern / ist jhm von Hertzen zugethan / gönnet jhm alles gutes / hilffet jhm auch nach vermögen. So soll es auch seyn vnter allen Christen. Die Liebe sey hertzlich / vätterlich / mütterlich / brüderlich. Der Grund solcher Liebe ist die geistliche Brüderschafft / dieweil wir alle durch einen Geist vnd himlischen Samen gezeuget / vnd in der Wiedergeburt zu Gottes Kindern angenommen seyn. Wann dann die Schrifft solche Liebe / die vnter Christen seyn soll / nennet eine brüderliche Liebe / zeiget sie zugleich dreyerley / 1. was wir also lieben sollen / nemblich alle / die nach dem Geist vnd für GOtt vnsere Brüder vnd Schwestern seyn / 2. die art / wie wir lieben sollen / nemblich brüderlich / 3. den Grund / warumb wir lieben sollen / nemblich darumb / daß wir für GOtt Brüder vnd Schwestern seyn. Wie es eines Vattern Lust vnd Wolgefallen ist / wann seine Kinder sich hertzlich lieben; so ist es auch eine Lust für vnserm Vatter im Himmel / wann wir seine Kinder vns vnter einander als Brüder vnd Schwestern hertzlich lieben.
So lange wir hie noch Mangel spüren / sollen wir jmmer weiter in der Liebe zu
kommen gedencken. So die Liebe anfanget schwach zu werden / sollen wir vns von
newem auffmuntern. Durch brüderliche Liebe seyd hertzlich geneiget einander zu
lieben. In der Epistel an die Ebreer am 13. ermahnet vns der Geist Gottes also:
Bleibet fest in der brüderlichen Liebe.
Die vierdte Regel: Einer komme dem andern mit
Es ist aber dieses zu verstehen nach Standes gebühr. Wann ich würde einem Bawren
mit der Ehre begegnen / die einem soll mein Knecht mich
erst ehre als einen Herrn / so will ich jhm auch vnter Augen
gehen mit der Ehrerbietung / die jhm gebüret; sondern er komme dem Knecht zuvor
/ vnd reitze einer den andern. Also einem jeglichen erzeige die Ehre / die jhm
nach seinem Stande gebüret; vnd warte nicht / biß er den Anfang mache in der
Ehrerbietigkeit / vnd dich ehre nach deines Standes gebühr; sondern komm jhm
zuvor. Das wird aber wol nicht geschehen / wo der Grund nicht in reiner Liebe
geleget ist. Die Liebe verachtet nicht die Gaben deß Nechsten in seinem Stande /
sondern schätzet dieselben hoch / vnd ehret sie / allermeist darumb / daß der
Nechster ein Mitglied Christi ist. Wann ich gedencke an die einwohnende
Freundligkeit Christi / soll ich einen jeglichen / er sey auch wer er will /
hoch vnd ehrlich halten. Da will sichs nicht schicken / daß ich vmb
Gebrechligkeit willen jhn geringschätzig achte; sondern ich soll gedencken; Sihe
/ mein GOtt ehret jhn mit seiner freundlichen Gegenwart / vnd macht jhn zu
seinem Tempel / darumb ehre ich jhn / als eineu Tempel meines HERRN; ist er dem
nicht zu gering / soll er mir auch nicht zu gering seyn. Alsdann kan in acht
genommen werden / was hie Paulus saget: In der Ehre komme einer dem andern
zuvor. Vnd zun Philippern am 2. Cap.
Zum fünfften folgen drey Regeln / die vns vnterrichten in vnserm Thun vnd Arbeit
/ in den Geschäfften vnsers Beruffs / das
Zu erst / daß wir in allem thun dem HERRN dienen: Dienet dem HERRN. Hie ist zu mercken / daß der Text allhie auff zweyerley weise gelesen wird; in etzlichen Büchern list man: Schicket euch in die Zeit; in anderen list man: Dienet dem HERRN. Beydes gibt gute Erinnerung in vnseren Geschäfften.
Wann gesaget wird: Schicket euch in die Zeit / ist die Meynung: thut was euch die
Zeit gutes zu thun an die Hand gibet. Als wann ein Richter bey Rechnungen /
schreiben vnd anderen Geschäfften sitzet / vnd kompt ein Armer / der Schutz
suchet / soll er von seinen andern Geschäfften auffstehen / vnd dem Armen Schutz
leisten. Also wann ich eine gewisse Zeit oder Stunde / zu geistlichen
Betrachtungen vnd Gebet bestimet / vnd käme jemand zur Stunde
meiner Andacht / der meiner Hülff oder meines Rathes bedürffte / vnd ich wolte
jhn nicht für mich lassen / wäre ich vnzeitig. Wie vns nun die Zeit an die Hand
gibet / diß oder jenes gutes zu thun / das sollen wir nicht versäumen.
Wann aber gesaget wird: Dienet dem HERRN / ist die Meynung / daß alles Thun vnd
Fürhaben wir zu einem Gottesdienst machen sollen. Man heisst sonsten
Gottesdienst / Kirchen gehen / Gottes Wort hören / lesen / beten; so man aber
meynet / daß darin GOtt alleine gedienet werde / so jrret man weit. Ein
jeglicher / was er thut nach seinem Beruff / kan vnd soll damit Gott dienen /
vnd all sein Werck vnd Arbeit zum Gottesdienst machen. Solches geschicht / wann
wir in allen Geschäfften auff GOTT sehen / in seinem Namen alles anfangen / nach
seinem Willen vnd Wolgefallen alles außrichten / als die nicht Menschen allein /
sondern GOtt dienen; vnd nicht von Menschen allein / sondern von
Vnd das ist denn in diesem Stück die andere Regel: Nach dem Fleiß seyd nicht träge. Faulheit vnd Nachlässigkeit müssen wir in vnseren Amptsgeschäfften fern von vns treiben. Denn allzeit müssen wir vns damit auffmuntern / daß wir gedencken / wir arbeiten vnd dienen GOtt / der auch alles gutes belohnen wird. Diß muß auch in acht genommen werden / in anderen Geschäfften vnd guten Vbungen / als wann einer etwas gutes fürnimbt vnd anfahet / im lehren / im lesen / im beten / im geben. Da wird man bald müde vnd verdrossen. Mancher ist vnbeständig / fangt heut eins an / morgen ein anders / fähret aber nicht fort / vnd führet keines recht hinauß. Da gedencke man an diese Regel: Nach dem Fleiß seyd nicht träge.
Noch mehr spricht Paulus: Seyd brünstig im Geist. Vorhin sagt er / wir sollen nicht träge seyn; nun setzet er hinzu / wir sollen brünstig seyn / vnd solche Brunst soll auß dem Geiste herkommen. Der Geist ist die newe geistliche Krafft in einem wiedergebornen Menschen. Durch solche Krafft sollen wir vns jmmer eifferig vnd brünstig machen zu allen guten Wercken. Denn der Geist ist geschäfftig / vnd wird nicht ehe müde / als durch müssig stehen / durch Arbeit wird er geschärffet. Je mehr man vom guten ablässt / je mehr sich der Geist verringert; je mehr man sich im guten übet / je kräfftiger wird der Geist. Hieran gedenck ein jeglicher in seinem Ampt / vnd die was gutes fürhaben vnd thun wollen.
Weiter zum sechsten folgen drey Regeln / die vns in Trübsal
Die erste Tugend ist Hoffnung / die hält sich ans zukünfftige. Die Weltkinder
erfrewen sich über gegenwärtigen sichtbaren Gütern / die Kinder Gottes haben
jhre Lust an den künfftigen in GOtt verborgenen Gütern. Solche Hoffnung bringet
mit sich Frewde. Der Hoffnung Natur ist erfrewen / auch wann sie auff ein
eiteles vngewiß Ding gerichtet wird; vielmehr aber / wann sie gegründet wird
auff den lebendigen GOtt. Daher die Schrifft ermahnet: Frewet euch im HERRN
allewege. O wie wol
Das ander nun / das auß der Hoffnung herkompt / ist Gedult: In Trübsal seyd gedultig. Denn da man gedencket an die fröliche Hoffnung der Erfrewung / lernet man Gedult. Weil man ja beym Christenthumb leiden muß / so hilffet nicht weichen vnd fliehen / sondern beharren. Es ist nicht gut / wann vnsere erste Gedancken seyn / wie wir dem Vnglück mögen entgehen / oder es von vns bringen. Das mattet vns nur ab / vnd bringet Vnruhe. Die erste Gedancken sollen seyn / wie wirs ertragen wollen. Da lege dich nieder / vnd laß das Vnglück über dich walten / laß es arbeiten / biß es matt vnd müde wird. Gedenck / es wiederfahre dir das / dazu du beruffen bist; doch gedenck auch dabey / es wehre nur so lange du hie bist. Denn die Hoffnung muß die Gedult starck machen.
Soll man denn gar nicht suchen vom Vnfall loß zu werden? Das beste Mittel ist /
das vns der Geist Gottes fürschreibet:
Das ist nun die Christliche Kunst / Vnglück zu tragen vnd zu überwinden. Erstlich
müssen wir erkennen / wie vnser Glück nicht sey von dieser Welt / vnd in der
Hoffnung vns frewen deß zukünfftigen ewigen Gutes; hernach müssen wir in solcher
frölichen Hoffnung gedültig vnd getrost über vns gehen lassen / was nicht will
außbleiben / vnd nicht so sehr gedencken / wie wir deß Vnglücks mögen loß werden
/ als wie wir drunter bleiben vnd überwunden. Doch müssen wir auch GOTT / als
vnserm Nothhelffer / vnsere Sache im Gebet fürtragen / vnd nicht ablassen.
Schicket denn GOtt Mittel / dadurch vnserem Vnfall möge auffgeholffen
Zum sieben den werden zwo Regeln gesetzet / die Gutthätigkeit
Solches gefällt GOtt wol / vnd hats auch befohlen. Wie er hie spricht: Nehmet
euch der Heiligen Notturfft an / also spricht er auch durch Esaiam am 58. Brich
dem Hungerigen
Wenn Paulus der Heiligen gedenckt / in dem er saget: Nehmet euch der Heiligen Notturfft an; zeiget er nicht allein / was es für Leute seyn / gegen welchen wir also gutthätig seyn sollen; nemblich Christen / die vnsere Brüder vnd Schwestern für GOtt seyn: sondern reitzet vns auch / Christen gutes zu thun. Denn was man an Heiligen wendet / ist billich groß zu achten. Ich glaub nicht / daß einer sey / der nicht würde für ein Glück achten / wann er einem Engel / oder Abraham / oder Paulo / oder einem andern Heiligen etwas solte zu gute thun. Nun aber ist ein jeglicher glaubiger Christ ein Heiliger. Denn GOtt hat sein Blut vnd Todt / sein Geist vnd Wort an vns gewandt dazu / daß wir heilig würden / vnd soll sich auch kein einiger Christ vnrein achten / es sey dann / daß er Gottes Geist vnd Blut für vnrein achte. Es ist ja offt ein Christ für der Welt ein arme / nackete / hungerige / verlassene Creatur / du aber / so du ein Christliches Hertz hast / wann du jhn in solcher Dürfftigkeit findest / gedencke / wie du einen Heiligen für dir hast / vnd einen solchen Heiligen / der Christi deines Erlösers Glied ist / daß auch Christus jhm selbst alles wird zuziehen / was jhm dem nothleidenden Bruder geschehen ist / es sey gutes oder böses.
Wiewol auff mancherley weise man Nottürfftigen kan beyspringen; dann wie
mancherley Noth ist / also kan man auch auff mancherley art sich der Heiligen
Notturfft annehmen / als daß man die Hungerigen speise / die Durstigen träncke /
die Nacketen kleide / die Erfrorne erwärme: So gedenckt doch der Apostel Paulus
allhie nur absonderlich einer art / nemblich der Gastfreyheit / welches fast
alles ander in sich begreiffet: Herberget gerne. Jaget der Gastfreyheit nach;
strebet darnach / daß jhr gerne beherberget / vnd gastfrey seyd. Ist ein Ding /
das zu dieser Zeit wenig geachtet wird. Mancher der vmb sein Geld begehret zu
zehren / hat e / vnd wird vns doch Gastfreyheit vom H. Geist
hie so hoch befohlen / daß wir mit fleiß sollen darnach streben. In der ersten
Petri am vierdten stehet geschrieben: Seyd gastfrey vnter einander ohn murmeln.
Zun Ebreern
Wie man sich Christlich gegen nottürfftige Heiligen verhalten
Nicht aber allein bey Verfolgung / sondern im gantzen Leben soll bey Christen
eitel Segen seyn / daß sie niemand fluchen. Denn so wir nicht fluchen sollen /
die vns verfolgen / viel weniger andern /
Zum neundten: Frewet euch mit den Frölichen / vnd weinet mit den Weinenden. Die
Meynung ist: wann es vnserem Nechsten wol gehet / soll es vns so lieb seyn / als
wäre es vnser eigen Glück; wanns jhm übel gehet / soll es vns so leyd seyn / als
wäre es vnser eigen Vnglück. Ja über eigen Vnglück mögen wir vns frewen; aber
über deß Nechsten Vnglück müssen wir trawren. Soll solches geschehen / muß das
Hertz in der Liebe wol gegründet seyn. Denn wo das nicht ist / so findet sich
Neyd vnd Trawrigkeit über deß Nechsten Glück vnd Wolergehen: hingegen Frewd vnd
Ergetzung über seinem Vnglück vnd Schaden. Darumb führet vns der Geist Gottes
Folget zum zehenden: Habt einerley Sinn vnter einander.
Es finden sich aber zween starcke Feind dieser einhelligen Gewogenheit
So folget nun zum eilfften eine solche Vermahnung: Trachtet nicht nach hohen
Dingen / sondern haltet euch herunter zu den niedrigen. Haltet euch nicht selbst
für klug. Hochmuth entspringet auß eigenem Dünckel / wann sich einer selbst viel
einbildet. Eigendünckel entspringet auß dem Satan. Darumb ist das Weh
außgeruffen über dieselbe / die sich selbst für klug halten / Esaiae am 5. Wehe
denen / die bey
Auß solchem Eigendünckel entspringet Hochmuth. Wann ein Laßdünckel seines gleichen für sich findet / ist er der beste. Einem jeglichen gefället seine Weise wol / drumb ist das Land Narren voll. So aber der Laßdünckel sihet / daß ein ander höher ist / vnd mehr gilt / als er selbst; das kräncket jhn / vnd wanns bey jhm stünde / würde er jhm selbst keine Ruhe lassen / biß er dem andern gleich wäre.
Dagegen vermahnet der Geist Gottes: Trachtet nicht nach hohen Dingen / sondern
haltet euch herunter zu den niedrigen. Ist eine Regel / die bey der Welt nicht
gilt / denn da denckt man nur / wie man hoch seyn will. Doch gilt sie bey den
Heiligen / die mit David sagen wollen auß dem 131. Psalm:
So vergesset nun dieser Vermahnung nicht: Trachtet nicht nach hohen Dingen / sondern haltet euch herunter zu den niedrigen / vnd haltet euch nicht selbst für klug. Habet für Augen das Exempel Christi / der war ja hoch / vnd verwarff zwar seine Hoheit nicht; doch war er nicht stoltz / vnd brüstet sich nicht wider vns / sondern dienete vns mit seiner Hoheit; vnd da es nötig war zu vnser Seligkeit / äusserte er sich seiner Herrligkeit / vnd ward niedrig / gieng in Knechts gestalt / vnd ward seinem Vatter gehorsam / biß zum Todt deß Creutzes. Wills GOtt haben / daß du niedrig seyest / so sey auch gerne niedrig / vnd strebe nicht nach hohen Dingen; gefällts aber Gott / daß du hoch seyest in der Welt / so werde nicht stoltz / sondern diene mit deiner Hoheit dem niedrigen / vnd sey bereit niedrig zu werden / wenns Gott gefällt.
Nun ist noch übrig die Vermahnung zum Frieden / wider die Rachgierigkeit:
Vergeltet niemand böses mit bösem. Fleissiget euch der Erbarkeit gegen jederman.
Ist es müglich / so viel an euch ist / so habt mit allen Menschen Friede. Rächet
euch selber nicht / meine Liebsten / sondern gebet raum dem Zorn (Gottes.) Denn
es stehet geschrieben: Die Rache ist mein / ich will vergelten / spricht
Die Haupt Regel bestehet darin: Habt Friede mit allen
Merckt aber auch / was der H. Geist für Vrsachen euch zu
Nun möchte ich wünschen / daß sich jederman hie möcht recht bedencken / wann er an Gottes Gericht gedenckt / vnd höret / daß GOtt spricht: Ich will vergelten. Begehrestu ja / daß deinem Feind böses wiederfahre / hastu keine Vrsach / dich selbst zurächen / vnd deinem Feind böses zu thun; Gottes Rache wird jhn so schwer treffen / als du mit deiner Rache nimmer thun kanst. Wer wolte aber so ein böses Hertz haben / vnd das begehren; bedencke nur / was Gottes Zorn ist. Begehrts einer / daß Gottes Zorn seinen Feind überfalle / der hat gewiß Christi Sinn nicht. Doch wisse / wanns dein Verfolger anders nicht haben will / vnd nicht auffhören dich zu beleidigen; so hastu nicht vrsach jhm böses zu wünschen oder zu thun / Gottes gerechte Rach wird jhn zu seiner Zeit wol finden / vnd jhn so zurichten / daß du dich sein billich möchtest erbarmen.
Zum andern / gibt der H. Geist den Friedliebenden auch dieses zu bedencken: Wann
du deinem Feind wirst nicht böses / sondern
Letzlich reitzet der Geist Christi die Glaubigen zur Friedliebe /
Wann dir dann böses von jemand wiederfähret / sihe / das streitet wider dich / will dich auch zum bösen ziehen / das laß nicht zu / sondern je mehr böses dir wiederfähret / je mehr gutes thue du / so wirstu das böse mit dem guten überwinden / wie es einem guten Streiter Jesu Christi wol anstehet: dazu wirstu fewrige Kohlen auff das Haupt deiner Widerwertigen samlen / daß sie in jhrem Gewissen beschämet vnd geängstiget werden. Vnd wo derselbe ja seine Boßheit nicht will erkennen / so überlaß jhn dem Gerichte Gottes / vnd wisse / Gottes Rache wird schwer genug über jhn kommen; vnter deß bitte für jhn / vnd höre nicht auff / jhm gutes zu thun vnd zu wünschen.
Dieses seynd nun die Regeln / dadurch GOtt der H. Geist
Darumb wilstu ein Christ seyn / schlag es nicht in den Wind / sondern richte vnd
probier hernach dein Leben / vnd erforsche / ob du es auch deinem GOtt
auffgeopffert habest. GOtt will hie niemand zwingen / hat auch hie kein Gesetz
gegeben / sondern offenbaret sein heiliges Wolgefallen / vnd vermahnet vns durch
seinen
Sihe es an / nicht als Gesetz / dadurch wir gezwungen werden / denn wir seynd ausser halb allem Zwang / vnd werden getrieben von einem willigen Geist. Sihe es an / als ein Fürschrifft vnd Zweck / darnach du dein Leben richten vnd prüfen sollest. Mercken wir / daß wir in einem vnd anderm Stück das Wolgefallen Gottes noch nicht erreichet haben / sollen wir in vns schlagen / den Mangel erkennen / vnd deß zu brünstiger werden. Wisse aber / du wirst hie mit Mühe zu arbeiten haben / biß in die Grube. Doch sollen wir nicht müde werden / vnd was wir thun wollen / sollen wir thun ohn verdruß / allein Gott zu Ehren / damit wir in vnserm gantzen. Leben seyn ein heiliges Opffer Gottes / dem sey Lob vnd Preiß in Ewigkeit / AMEN.
V. 8. LIeben Brüder / Seyd niemand nichts schuldig / denn daß jhr euch vnter einander liebet. Denn wer den andern liebet / der hat das Gesetz erfüllet.
V. 9. Denn das da gesagt ist: Du solt nicht Ehebrechen. Du solt nicht tödten. Du solt nicht falsche Zeugnüß geben. Dich soll nicht gelüsten. Vnd so ein anders Gebott mehr ist / das wird in diesem Wort verfasset: Du solt deinen Nechsten lieben als dich selbst.
V. 10. Die Liebe thut dem Nechsten nichts böses. So ist nun die Liebe deß Gesetzes Erfüllung.
IM 92. Psalm werden die Gerechten abgemahlet / als Bäume
Das Hauß Gottes ist vor diesem genennet der berühmte Tempel
Wie der leibliche Tempel zu Jerusalem seine absonderliche Theil hatte / da war das Heilige / vnd das Allerheiligste / darinnen die Bundeslade stund / vnd vor dem Hause war der Vorhoff / darinnen man opfferte: Also bestehet auch der geistliche Baw insonderheit auß zweyen Theilen / das Allerheiligste ist / da GOtt in seiner Herrligkeit sich offenbaret / dahin vnser Vorlauffer Christus Jesus schon hinein gegangen. Alle die daselbst für Gott wohnen / machen eine triumphirende Kirche. Vor diesen aber ist ein Vorhoff / darinnen man GOtt die Opffer schlachtet; die daselbst versamlet seyn / machen eine streittende Kirche.
Dieses Hauß Gottes wird in angezogenem Psalm vns abgemahlet
Was der Safft der Erden thut bey dem Gewächs deß Landes / das thut der Geist Christi bey den Pflantzen im Hause deß HERRN / durch Christi Geist werden sie lebendig / durch Christi Geist grünen sie / durch Christi Geist bringen sie Früchte. Dazu brauchet GOTT seine Gärtner vnd Arbeitsleute / doch bleibet er selbst der obriste Gärtner. Paulus pflantzet / Apollo begeusst / aber das Gedeyen kompt von GOtt.
Nun erkennet man leicht / was der Pflantzen Eigenschafft
Hiebey kan ein jeglicher ein Kennzeichen nehmen / ob er eine Pflantze sey im Hause Gottes / oder nicht. Welcher gepflantzet ist im Hause Gottes / der stehet schon in seiner Blüt / wann er ist im Vorhoff deß HERRN. Wer aber im Vorhoff nicht grünet noch blühet / ist keine Pflantz im Hause deß HERRN / wird auch nimmermehr zur Vollkommenheit für Gottes Thron kommen. Welcher Baum verdorret / oder auch nicht blühet in den Vorhöfen vnsers Gottes / der ist nirgends zu gut / als daß er abgehawen vnd ins Fewer geworffen werde. Ein Christ muß nicht allein das böse meiden / sondern auch dem guten nachstreben. Denn was ist das für ein Ruhm / so man saget / der Baum trägt kein Gifft / keine Scorpionen / keine Schlangen? Wer pflegt einen Baum also zu loben? Das ist eines guten Baums Lob / so er viel vnd schöne Früchte träget.
Vnter diesen Früchten deß Geistes / ist die fürnembste die Liebe. Denn alles was
ein Christ gutes thun kan / muß in der Liebe geschehen / wie denn auch in
vorhabender Lection Paulus die Liebe als eine Vollkommenheit aller Pflicht vnd
aller Tugenden abmahlet. Daher er denn auch zur fleissigen Vbung der Liebe einen
jeglichen Christen anreitzet. Zu dieser Haupt-Pflicht / nemblich
WEnn Paulus im 13. Cap. an die Römer / die Christen
Von schuldiger Pflicht spricht der Geist: Seyd niemand nichts schuldig. Also
vorhin: Gebt jederman was jhr schuldig seyd. Schoß vnd Zoll / Ehre / Furcht vnd
Gehorsam ist eine schuldige Pflicht / der Obrigkeit gebürend. Wer damit der
Obrigkeit begegnet / hat nicht ein sonderlich Werck gethan / er ists schuldig /
vnd wird mit Recht vnd Gewalt dazu angehalten. Eben also / wann du jemand mit
einer Geldschuld verhafftet / bistu von Rechts wegen schuldig / es abzutragen /
wilstu nicht / kanstu mit Recht vnd Gewalt dazu getrieben werden / daß du
müssest. Doch erfodert der H. Geist von Christen / daß sie alle schuldige
Pflicht mit willigem Gemüthe abtragen / vnd nicht warten / biß sie mit Gewalt
dazu gezwungen werden. Gebt jederman was jhr
Wann diese Schuld abgetragen / bleiben über Liebeswerck / zu welchen dich kein
Recht zwingen kan / sondern allein die Liebe treibet. Doch müssen wir auch das
für eine Schuldigkeit achten von Gottes wegen / der vns ansagen lässt: Seyd
niemand nichts schuldig / als daß jhr euch vnter einander liebet. So einer eines
andern Weib oder Kind nicht schändet / an Leib vnd Gut niemand verletzet / der
ist nach den Rechten fromb / vnd hat damit dem Gericht sein Recht gethan. So er
aber vnter deß auff sich sihet / sich fort hilffet; vnd den Hungerigen nicht
speiset / den Nacketen nicht kleidet / das straffet kein weltlich Recht / kan
auch niemand deßwegen für den Richter gefodert werden. Sollens aber Christen
darumb vnterlassen / weil sie durch Recht dazu nicht gezwungen werden? das sey
ferne. Liebeswerck ist auch ein Schuld / foderts der Richter nicht / so foderts
GOtt. Drumb sprich nicht /
Daß wir solches erkennen / führet vns der Apostel Paulus
Bey Erklärung dieser Worten haben wir auff zweyerley zu sehen / 1. auff das Gesetz der Liebe / was die Liebe fodert vnd haben will; vnd denn 2. auff die weite vnd breite der Liebe / wie in jhr bestehet deß Gesetzes Erfüllung.
Das Gesetz von der Liebe lautet also: Du sollst deinen nutz
deß Nechsten / er sey wer er wolle / Freund oder Feind. Das vermag das Gesetz
der Liebe.
Nun betrachten wir weiter / wie die Liebe sey deß Gesetzes Erfüllung.
Hie ist die Frage / wie diß zu verstehen. Die durchs Gesetz gedencken für GOtt
gerecht zu werden / verstehen durch die Liebe eine jnnerliche Gunst / vnd
sprechen: Wir können im Werck nicht allzeit thun / was das Gesetz erfodert /
wann aber nur ein guter Wille da ist / vnd die jnnerliche Gunst / so wird alles
durch erfüllet. Es ist aber schon vorhin gesaget / daß die Liebe nicht allein
sey eine
Wie solches wahr sey / beweiset vnser Text augenscheinlich /
Kürtzlich beweiset dieses vnser Text also: Die Liebe thut
Man könte hie sagen: Christus Matthaei am 22. bezeuget / daß die Erfüllung deß
Gesetzes bestehe nicht allein in der Liebe deß Nechsten / sondern für erst in
der Liebe Gottes / vnd hernach in der
Darauff ist erstlich zu antworten / daß vornemblich auff die Gebott der andern Taffel gesehen wird / wann Paulus saget: Wer den andern liebet / der hat das Gesetz erfüllet; vnd abermal: Die Liebe ist deß Gesetzes Erfüllung. Denn wenn alle Gebott / wie viel deren auch seyn / die von der Gebühr eines Christen gegen dem Nechsten handeln / in eine Ordnung gefasset werden / so machen sie ein ziemlich langes vnd weitläufftiges Register. Wie aber Kauffleute jhre Schuldbücher schliessen mit einer Summa Summarum / so hat auch GOtt alle Schuld vnd Pflicht / damit wir von Gottes wegen dem Nechsten verhafftet / in diese Summa gebracht: Du solt deinen Nechsten lieben wie dich selbst. Ein jegliche Tugend / als Barmhertzigkeit / Miltigkeit / Warheit / Gerechugkeit / hat sein eigen Werck / aber die Liebe hat kein eigen Werck / sondern aller Tugenden Werck / die man gegen dem Nechsten übet / seyn der Liebe Werck. Vnd so etwas nicht auß der Liebe kompt / ists auch keine Tugend. Also ist das Gesetz der Liebe kurtz von Worten / aber sehr lang nach der Vbung. Es ist ein Gebott vnd alle Gebott / so viel deren jmmer seyn können / die vns lehren gegen dem Nechsten recht zu verhalten.
Zum andern / kan diß recht vnd wol auffs gantze Gesetz gezogen werden / wann man
die Liebe deß Nechsten heisset deß Gesetzes Erfüllung. Denn das Gebott von der
Liebe Gottes ist gantz herunter gezogen in die Liebe deß Nechsten. GOtt für sich
selbsten bedarff vnserer Liebe nicht / er ist vns zu hoch gesessen / drumb hat
er vns zum Nechsten gewiesen; in dem nothleidenden Menschen solt du GOtt finden
/ in demselben kanstu GOtt liebes vnd gutes
Wenn man aber fraget / wie solches geschehen könne / ist zu wissen / daß die
Liebe auff zweyerley art betrachtet werde / erstlich wie sie ist in einer reinen
vnd heiligen Natur / als in den Engeln / vnd in Adam für dem Fall; zum andern /
wie sie ist in der verderbten Natur / welche doch wieder durch den Glauben an
Christum gereiniget ist. Wann die Liebe in der vollkommenen Natur betrachtet
wird / so erfüllet sie das Gesetz vollkommen vnd ohn Mangel; wann sie aber
betrachtet wird in der verderbten Natur / erfüllet sie zwar auch das Gesetz /
doch nicht ohne Mangel. Dann in vns / wann wir schon wieder geboren / noch
grosser Mangel ist. Doch weil wir versöhnet werden täglich / durch das Blut Jesu
Christi / das vns reiniget von aller vnser Sünde / wird der Mangel reichlich
erstattet / daß dennoch die Liebe bleibt eine Erfüllung deß Gesetzes;
Hierauß erscheinet / wie die Liebe grösser sey als der Glaube; denn der Glaube macht nur die Bahne zur Vollkommenheit; die Liebe aber ist die Vollkommenheit selbst. Im ewigen Leben / da die Vollkommenheit recht wird angehen / wird der Glaube auff hören / vnd die Liebe in vollem schwange gehen. Da wird alles / was GOtt will / in höchster reinster Liebe geschehen. Hie seyn wir in Gott durch den Glauben; im ewigen Leben / durch die Liebe.
Hie mercke auch / wie alle Gebott in der Vbung der Gottseligkeit müssen so wol
nach der Liebe gerichtet werden / als das gut selbsten / das wir thun. Denn so
die Liebe ist deß Gesetzes Erfüllung / so kan kein Gebot bestehen / wann es
wider die Liebe lauffet / sondern es müssen alle Gebott nach der Liebe gerichtet
werden / vnd der Liebe weichen. Wo man sihet / daß ein Ding nicht zu Nutz /
sondern zu Schaden deß Nechsten reiche / muß es nachbleiben. Zum Exempel: Es war
ein Gesetz / daß niemand essen durffte von dem Schawbrodt / das für der Laden
deß Bundes auffgeleget ward / ohn allein die Priester; noch lobet es der HERR
Christus / daß der Priester Abimelech in der Noth David vnd seinem Knaben davon
zu essen gegeben hatte; deßgleichen lobet er / so man am Sabbathtage einen
Ochsen auß dem Brunnen ziehet / vngeacht daß im Gesetz verbotten war / am
Sabbath zu arbeiten. Denn da wird recht das Gebott nach der Liebe gerichtet.
Hingegen wann man Gebott machet vom fasten / kein Fleisch zu essen / nicht
ehelich zu werden / vnd darüber fest vnd steiff hält / daß ein Mensch vor an
Leib vnd Seel verderben müste / ehe solches Gebott solte gemildert werden / so
thut man eben so klüglich / als ein Fuhrman / der den Wagen nicht wolte nach dem
Weg / sondern den Weg nach dem Wagen lencken / vnd gleich zu fahren / über Stock
vnd Berg. Lutherus erklärets mit solchem Exempel: Wenn du einen solchen
Was das Gesetz der Liebe in sich begreiff vnd vermag; vnd wie in solchem die
Erfüllung deß Gesetzes bestehe / haben wir gehöret. Das ist nun / das Paulus zum
Grunde nimmet / dar auff er seine Vermahnung bawe: Seyd niemand nichts schuldig
/ als daß jhr euch vnter einander liebet. Ob du zwar durch weltlich Gesetz vnd
Gewalt zur Liebesübung nicht gezwungen bist / bistu doch dazu verpflichtet von
Gottes wegen / weil die Liebe nicht allein von GOtt gebotten / sondern auch
aller Gebott Erfüllung ist. Sihe / du bist GOtt alles schuldig / was du bist vnd
vermagst. GOtt aber ist zu hoch / er bedarff deiner Liebe nicht. Darumb hat er
dich gantz auff den Nechsten gewiesen / daß du dem selben thust / was du gern
woltest GOtt thun. Es gehet hie zu / als wann ich
Hierauß ist nun der Sinn vnd Meynung deß H. Geistes in
So laß nun auch diese Vermahnung deß H. Geistes bey dir / lieber Christ / raum finden / daß du diese Schuld nicht in den Wind schlagest. Wann vns dürfftige Leute fürkommen / die vnserer Dienste bedürffen / können vns leicht solche Gedancken einfallen: Der Mensch ists nicht werth / daß man jhm gutes thue; er hat mich beleidiget. Ich bin jhm nichts schuldig. Da gedenck an diese Ermahnung: Sihe / du bist in der Liebe sein Schuldener / nicht darumb / daß er dir vor Liebe er zeiget hat / sondern vmb Gottes willen / der dich auff jhn gewiesen hat. Wir gedencken zuweilen / das müssen selige Leute gewesen seyn / die den HERRN JEsum im Fleisch gesehen / vnd jhm haben können gutes thun. Wir können jhn noch finden / nemblich in den nothleidenden Menschen / vnd daselbst können wir jhn lieben vnd gutes thun / wann wir wollen. Sehen wir einen Nacketen / ist zwar kein Recht / das vns zwinget jhn zu kleiden; sehen wir einen Hungerigen / ist gleichfalls kein Recht / das vns zwinget jhn zu speisen; sehen wir aber auff GOTT / wird sich die Schuld bald finden. Speisestu den Hungerigen nicht / vnd kleidest den Nacketen nicht / kan dich zwar niemand deßwegen für den Richter fordern / aber der Arme vnd Bedrängte kan dich wol für GOtt verklagen / vnd über dich seufftzen. Achte es nicht für nichts / wann du die Liebe versäumet hast. Glaubestu an GOtt / so liebestu jhn / liebestu GOtt / so liebestu auch den Nechsten vmb Gottes willen / denn darin bestehet die Liebe Gottes. Liebestu aber den Nechsten nicht / so liebestu auch Gott nicht; liebestu Gott nicht / so glaubestu auch nicht an Gott; glaubestu nicht an Gott / was bistu denn? Sihestu / wie dich die Liebesschuld dränget?
Hastu mit einem Christen zu thun / wird diese Schuld grösser / denn du hast nicht
allein für dir die Ordnung Gottes / das Gesetz der Liebe / sondern auch die
geistliche Verwandnüß / die Christen vnter sich haben in Christo. Ach wie werden
doch die seligen
Setzen wir zu dieser Schuld das Wolgefallen Gottes / vnd betrachten / wie wol es
GOtt im Himmel gefalle / wann ein Christ seinem Nechsten durch die Liebe
auffwartet vnd dienet / vnd wie ers belohne / werden wir noch mehr beweget zur
Liebesübung. Zwar es gehöret vns kein Danck dafür. Doch muß sich Gott frewen /
wen er noch einen findet / der mit willigem Hertzen die
Liebesschuld zu bezahlen begehret / vnd will es auch genug belohnen. Salomon
spricht: Wer sich deß Armen erbarmet / der leihet dem
Wie fahen wir denn die Sache an / daß wir diese Schuld recht vnd gebürlich
abtragen? Fürs erste / sehe auff dich selbst / vnd nimb von dir ein Exempel /
wie du deinen Nechsten lieben sollest / wie solches das Gesetz der Liebe vermag.
Bistu ein König / ist nicht nötig / daß du einem jeglichen Bettler die Ehre
anthuest / die dir
Zum andern / wann du bey dir die Maaß genommen / wie weit du deinem Nechsten vmb Gottes willen zu dienen verpflichtet / so lege denn auch deine Schuld freywillig ab. Ob es zwar von Gottes wegen eine Schuld ist / sollen wir vns dennoch freywillig dazu finden lassen. Einen freywilligen Geber hat Gott lieb. Wer nicht auß freywilligem Hertzen diese Schuld ableget / ist nicht viel besser / als der sie gar nicht ableget.
Zum dritten / hüte dich / daß du nicht müde werdest. Wenn du heute jemand hast gutes gethan / bistu nicht loß von deiner Schuld; so derselbe deiner morgen auch bedarff / bistu noch schuldig jhm außzuhelffen. Wirstu hie nicht an GOtt gedencken / vnd was du vmb Gottes willen dem Nechsten schuldig bist / wirstu leicht ermüden.
Zuletzt / wenn du alles gethan hast / was du gekont / so sprich: Ich bin ein
vnnützer Knecht. Vbe dich so viel du kanst / du wirst dennoch beten müssen:
Lieber himlischer Vatter / vergib vns vnsere Schuld. Darumb vergiß der Reinigung
deß Blutes Jesu Christi nicht. Es wird niemand so hurtig in der Liebe seyn / daß
jhm gar nichts mangeln solte. Da ist die Widerspenstigkeit deß Fleisches. Wie
leicht fallen vns die Gedancken ein: Du hast das Geld wol selbst vonnöthen; es
ist deß gebens zu viel; ich habe nicht zeit / hierin meinem Nechsten auff dißmal
zu dienen. Wer spricht / er sey in dieser Liebesschuld ohne Sünde / der
verführet sich selbst / vnd die Warheit ist nicht in jhm. Darumb so lerne /
diese Liebesschuld
V. 12. LIeben Brüder / So ziehet nun an / als die außerwehlten Gottes Heiligen
vnd Geliebten / hertzliches Erbarme / Freundligkeit / Demuth /
Sanfftmuth / Gedult.
V. 13. Vnd vertrag einer den andern / vnd vergebt euch vnter einander / so jemand klag hat wider den andern / gleich wie Christus euch vergeben hat / also auch jhr.
V. 14. Vber alles aber ziehet an die Liebe / die da ist das Band der Vollkommenheit.
V. 15. Vnd der Friede Gottes regiere in ewrem Hertzen / zu welchem jhr auch beruffen seyd in einem Leibe / vnd seyd danckbar.
V. 16. Lasset das Wort Christi vnter euch reichlich wohnen / in aller Weißheit / lehret / vnd ermahnet euch selbst mit Psalmen vnd Lobgesängen / vnd geistlichen lieblichen Liedern / vnd singet dem HERRN in ewrem Hertzen.
V. 17. Vnd alles was jhr thut / mit Worten oder Wercken / das thut alles im Namen deß HErrn JEsu / vnd dancket Gott vnd dem Vatter durch jhn.
WAnn der Apostel Petrus in seiner ersten Epistel am 3. von dem rechten Schmuck Christlicher Weiber redet / zeiget er / wie jhr Geschmuck nicht soll außwendig seyn / mit Haarflechten vnd Gold vmbhangen / oder Kleider anlegen; sondern der verborgene Mensch deß Hertzens vnverrückt mit sanfftem vnd stillem Geist; vnd spricht dazu: das ist köstlich für GOtt. Wiewol solches allein von Weibespersonen geredet / muß doch billig es auff alle Menschen gezogen werden / daß eine solche gemeine Christliche Regel darauß fliesse: Der beste Schmuck eines jeglichen Christen ist der inwendige Mensch.
Sich reinlich in Kleidung halten nach Standesgebühr / hat seine wege; aber für GOtt wird niem and damit geschmückt. Ein bunter Rock vnd zerrissener Rock gilt für GOtt gleich; es fodert nicht / es hindert nicht. Gottes Augen sehen auff den inwendigen Schmuck. Der inwendige Mensch ist köstlich für Gott.
Hie ist mit wenigem zu gedencken / was in H. Schrifft der inwendige Mensch heiß.
Der eusserliche Mensch ist / wenn ich einen Menschen nach seinem eusserlichen
Wesen vnd Wandel betrachte / was vom Fleisch geboren ist / ist Fleisch / was aber vom
Geist geboren ist / ist Geist. Wenn nun dieser newer Mensch betrachtet wird /
wie er ernewert ist nach dem Sinn seines Gemüthes / wird er in H. Schrifft der
inwendiger Mensch oder verborgener Mensch deß Hertzens genant / vnd vom Apostel
Petro so beschrieben; daß er sey vnverrückt mit sanfftem vnd stillem Geist / das
ist / er muß rein vnd rechtschaffen im Glauben seyn / vnd den Frieden Gottes in
jhm herrschen lassen.
In diesem Menschen bestehet der köstliche Schmuck für GOtt: nicht in Gold vnd
Kleidung / sondern der beste Schmuck eines Christen ist der verborgene Mensch
deß Hertzens / vnverruckt mit sanfftem vnd stillem Geist / das ist köstlich für
GOtt. Deßgleichen stehet von der geistlichen Braut geschrieben im 45. Psalm: Deß
Königes Tochter ist gantz herrlich inwendig.
Es gehöret zu diesem köstlichen Schmuck deß verborgenen Menschen zweyerley. Zu
erst der wesentliche Schmuck / die Heiligkeit Christi durch den Glauben in
vnsere Seele wohnend. Das ist die Schönheit / darauff allein Gottes Augen sehen.
HERR / deine Augen sehen nach dem Glauben / Jerem. 5. Diß ist
Zu diesem inwendigen Schmuck führet vns auch Paulus
Insonderheit setzet Paulus zwey schöne Stücke / die den inwendigen Menschen über
alle maß wol zieren; Der Liebe Freundligkeit gegen den Menschen / vnd deß
Glaubens Frewdigkeit zu GOtt. Welche beyde Stück der H. Geist verbindet in dem
Frieden Gottes / der da herrschen soll in vnsern Hertzen. Damit wird artig
beschrieben der inwendige Mensch deß Hertzens in seinem Schmuck / wie derselbe
vnverrückt mit stillem vnd sanfftem Geist GOtt dienet. Vnd das ist / was die
heutige Lection vns fürhält. Derwegen richte eine fromme Seele jhre Andacht
dahin / daß sie vernehme / wie durch Freundligkeit vnd deß Glaubens
DEr Zweck vnserer vorhabenden Betrachtung bestehet in diesen Worten vnserer
Epistel: Der Friede Gottes
Hie sehen wir eine Wolthat / die vns von Gottes Gnade wiederfahren / daß wir zum Frieden Gottes beruffen seyn / in einem Leibe. Erwege die Hoheit deines Beruffes vnd deines Christenthumbs. Da du ein Christ geworden bist / bistu von der Welt erwehlet / daß du etwas sonders wärest. Wohin aber bistu beruffen? Zu einem Leibe / nemblich zu dem Leibe / dessen Haupt Christus ist / daß du mit Christo vnd allen Heiligen eine heilige Gemeinschafft haben mögest / vnd so viel heils vnd gutes an Christo Jesu / als alle Heiligen haben könnest. Achtestu ein geringes zu seyn / theil haben an Christo / vnd eine heilige Gemeinschafft mit allen Heiligen? Sihe / dieses ist / das wir wünschen / wann die Kirche singet: Nun hilff vns HERR den Dienern dein / die mit deinem thewren Blut erlöset seyn / Laß vns im Himmel haben Theil / mit den Heiligen im ewigen Heil.
Was ists aber / das wir in dieser Gemeinschafft finden? Den Frieden Gottes. Ihr seyd beruffen zum Frieden Gottes in einem Leibe. Wann wir zur Gemeinschafft Christi vnd seines Leibes gekommen seyn / finden wir darin einen göttlichen Frieden / der sihet über sich auff GOtt / vnd neben sich auff den Nechsten. Wann er auff GOtt sihet / so ist er eine Frewdigkeit deß Gewissens; wann er auff den Nechsten sihet / so ist er eine liebreiche Einigkeit. Das ist denn ein recht Himmelreich / dazu wir gekommen seyn.
Wer aber ist der vns beruffet? vnd wer seynd wir / die wir
Wer Wolthat empfanget / der ist verpflichtet zur Danckbarkeit.
Der Friede Gottes / wie vorhin gesaget / sihet beydes über sich vnd neben sich / auff GOtt vnd den Nechsten. Wann er auff GOtt sihet / so regieret er in vnsern Hertzen durch den Glauben / der sich an GOtt hält / vnd über GOtt frewet. Wann er auff den Nechsten sihet / so regieret er in vnsern Hertzen durch die freundliche Liebe. So muß nun auch beydes in acht genommen werden / wo anders der Friede das Regiment in vnseren Hertzen haben soll. Zu beyderley werden wir hie ermahnet.
Erstlich / zur freundlichen Liebe mit solchen Worten: So ziehet nun an / als die
Außerwehlten Gottes Heiligen
Hie müssen wir vns aber einen Christen einbilden / als ein junges newgebornes Kindlein. Wenn ein Kind zur Welt geboren / so ists vnsauber / vnd muß zu erst von seinem Vnflat gewaschen werden / hernach wirds bekleidet / vnd auch wol fein geschmückt vnd gezieret. Wann ein Mensch durch den Geist Gottes wiedergeboren / vnd im Glauben durchs Blut Christi von Sünden gereiniget ist / muß er auch bekleidet / vnd seiner Würde nach / wie im anfang gemeldet / gezieret werden. Das Kleid aber ist die Liebe / daran hanget mancher schöner Schmuck / deren etliche hie genennet werden / von denen allen spricht Paulus: Ziehet sie an.
Der erste Schmuck heisset hertzliches Erbarmen / wenn ein Christ in seinem Hertzen mitleiden trägt gegen seinem betrübten Nechsten / vnd nach mögligkeit demselben zu hülffe kompt. Dazu nicht allein gehöret Mitleiden haben; auch ist nicht genug Hülffe leisten / denn solches wol mit Vnwillen oder auß Hochmuth geschehen kan. Da muß bey einander seyn Hertz vnd That / daß wir auß hertzlicher Bewegnüß dem Nothleidenden helffen / welches geschicht / wann wir das Vnglück vnd die Noth vnseres Nechsten ansehen / als vnsere eigene / vnd jhm so gerne geholffen sehen / als vns selbsten. Ach HERR / wie viel mangelt vns hie! Doch gehörets zur Christlichen Liebe / die den Nechsten nicht anders ansihet / als seinen nechsten Verwandten / nemblich als ein Mitglied an dem geistlichen Leibe Jesu Christi / vnd vmb solcher Verwandnüß willen seynd wir verpflichtet / vns der Noth deß Nechsten anzunehmen / als vnserer eignen. Wann ein Vatter sihet sein Kind in Noth / wird er von Hertzen grund beweget / vnd waget darüber was er hat; das laß sein das Fürbilde eines hertzlichen Erbarmen gegen alle Menschen.
Solch Erbarmen gehet nicht allein über leibliche Noth / sondern auch über die geistliche Noth / das wir bessern helffen. Wenn wir ansehen die menge der Bettler / gedencken wir offt / es seynd muthwillige Leute / sie seynd nicht werth der Allmosen. Ich achte aber / je höher die Noth / je hefftiger die Erbarmung seyn soll. Wann dann vns Menschen für kommen / die nicht allein in leiblicher Noth vnd Dürfftigkeit stecken / sondern auch in Seelennoth / also daß sie ohn recht Erkäntnüß Gottes / ohn den lebendigen Trost in Christo dahin gehen; solte vns derselben Noth nicht das Hertze rühren?
Wir kommen auff den andern Schmuck deß wiedergebornen Menschen / der heisset
Gutthätigkeit vnd Freundligkeit / vnd ist eine solche Tugend / dadurch wir vns
befleissigen / anderen Leuten nützlich zu seyn. Wenn das Gemüth wol geneiget ist
Das ist eine Tugend / die Regenten vnd hohen Personen insonderheit wol anstehet; vnd allen / bey welchen Rath vnd Hülff zu holen ist. Hingegen stehets übel / wann dieselbe mit schnarchen vnd üppiger Vngestümigkeit herauß fahren / so einer jhres Rathes vnd Hülffs zu gebrauchen hat.
Der dritte Schmuck heisset Demuth / daß man niedrig gesinnet sey. Wann solches im
Hertzen steckt / lässt es sich auch hernach mercken in Worten / in Geberden / im
Gesicht / im Gang / in Kleidung. Wer hochmüthig ist / hält viel von sich /
lässet sich auch eusserlich bald mercken. Ein Demütiger hält sich für den
geringsten / vnd einen andern allzeit höher als sich / denn er betrachtet seine
Nichtigkeit / die er wol erkennet vnd fühlet / vnd in Betrachtung seiner
Nichtigkeit vnd Vnreinigkeit / hält er den geringsten Christen allzeit höher
denn sich. Darin darff ich kein Heuchler werden. Ich sehe wol / daß alle Gaben
nicht gleich seyn / vnd ein ander etwan die Gabe nicht hat / die ich habe. Ich
kan auch wol gedencken / daß andere Leute jhre Gebrechen auch haben. Dennoch was
andere Leute für Gebrechen an sich haben / vnd was jhnen druckt / daß fühle ich
nicht / darffs auch eben nicht wissen: wo aber mich der Schuh drückt / weiß ich
zum besten / vnd fühls auch wol / vnd solls auch wissen vnd fühlen. Gesetzet nun
/ daß ich eine Gabe habe / die der ander nicht hat; oder eine bessere Gabe habe
/ als der ander; soll ich doch den andern in meinem Hertzen höher halten / als
mich. Denn je höher mich GOtt mit Gaben gezieret hat / je vnwürdiger acht ich
mich wegen meiner Nichtigkeit / die mir zum besten bekant ist;
Der vierdte Schmuck heisset Sanfftmuth vnd Langmuth / vnd ist eine solche Verträgligkeit / daß man andern viele zu gute hält / vnd da man schon zu Zorn vnd Rachgier geneiget / daß man die Natur zäme vnd bezwinge. Mancher kan nicht ertragen / so nicht alles gehet nach seinem Kopff / viel weniger kan er mit Gedult leiden / so jhm Leid geschicht. Mancher hasset nicht allein im Hertzen / sondern lässet seinen vngehaltenen Zorn sehen vnd hören in Worten vnd Wercken / fluchet vnd schläget. Mancher verbirget den Zorn / erträget das böse / gedenckt aber dabey: Ich will diß nun leiden / es soll sich aber zu seiner Zeit wol finden. Aber wo Sanfftmuth vnd Langmuth herrschet / da erträget man nicht allein / was nicht nach vnserm Kopff geschicht / sondern wann vns auch Leid geschicht. Sanfftmuth macht / daß wir nicht allein das böse ertragen vnd leiden / sondern daß wir auch nicht gedencken vns zu rächen / vnd böses zu vergelten. Sanfftmuth wünschet / daß es vngerochen bleibe / wann vns böses wiederfähret / vnd daß der Sünder gebessert werde. Sanfftmuth weiß wol / daß wir hie in dieser Welt nicht vnter lauter heiligen Engeln leben / sie bedenckt / daß wir auch nicht allzeit thun / das einem jeglichen wolgefällt.
Zu dieser Tugend vermahnet vns hie absonderlich der Heilige Geist / mit diesen
Worten: Einer vertrage den andern /
Wie vngewöhnlicher dieser vierfacher Schmuck ist / je köstlicher ist er; vnd
zieret einen wiedergebornen Menschen überauß wol; hertzlich Erbarmen / Gütigkeit
/ Demuth / Sanfftmuth vnd Langmuth. Doch bleibt die Liebe das Hauptkleid /
darumb Paulus
Paulus gibt jhr zu einen sonderbaren Titul / vnd nennet sie
Das ist denn die Vrsach / warumb insonderheit Paulus auff die Liebe dringet. Denn die Liebe ist das Band der Vollkommenheit. Weil durch die Liebe alle Tugenden zur Vollkommenheit gebracht werden / vnd ohn die Liebe keine Tugend rechtschaffen ist / muß man in übung der Tugend insonderheit nach der Liebe trachten. Wenn einer freundlich / sanfftmütig / gutthätig vnd demütig wäre / vnd hätte keine Liebe dabey / wäre er ein Heuchler. Darumb über alles ziehet die Liebe an.
Dieses seynd nun die Zierkleider der wiedergebornen Christen / damit sie nach der Ermahnung deß H. Geistes sollen geschmücket seyn: Ziehet an hertzliches Erbarmen / Freundligkeit vnd Gütigkeit / Demuth vnd Niedrigkeit / Sanfftmuth vnd Gedult; über alles aber ziehet an die Liebe. Wer nun ist wiedergeboren / vnd durch Christi Blut von Sünden gereiniget / der vergesse auch nicht anzunehmen den eigentlichen Habit der Christen / hertzliches Erbarmen / Freundligkeit / Demuth / Sanfftmuth / Gedult / vnd über alles die Liebe.
Was mit vielen Worten hie von Paulo gesaget / das deutet derselbe Apostel an mit
einem Worte / in der Epistel an die Philipper ; vnd zeiget zugleich / wie diese Tugenden sollen geübet werden gegen jederman
/ arm vnd reich / jung vnd alt / hoch vnd niedrig / bekant vnd vnbekant. Ewer
Lindigkeit lasset kund seyn allen Menschen.
Es ist aber auch nicht zu vergessen / mit was Friedfertigkeit wir zur übung dieser Tugenden angemahnet werden: denn so redet Paulus in vnserm Text: Ziehet an / als die Außerwehlten Gottes Heiligen / vnd Geliebten / hertzliches Erbarmen / Freundligkeit / Demuth / Sanfftmuth / Gedult / vnd über alles die Liebe. Es seyn fürtreffliche Titul / die einem Christen gegeben werden: Ihr Heiligen Gottes / jhr Geliebte Gottes / jhr Außerwehlte Gottes. Von Natur haben wir solche Titul nicht ererbet; sondern heissen Kinder deß Zorns von Natur. So finden wir auch in vns selbst nicht solche Heiligkeit / die vns solcher Titul würdig machte. Aber Christus ists / der vns würdig gemacht hat. Wer sich selbst vnheilig achtet / sich selbst hasset vnd verwirfft / vnd im Glauben sich hält an Christo Jesu / der ist ein Außerwehlter Gottes Heiliger vnd Geliebter. Das solte einen ja bewegen zu gedencken / wie er solcher Ehre wolle ein genügen thun / das solte vns brünstig machen / in der Gnade Gottes gerne alles zu thun. Daß hertzliches Erbarmen / Gutthätigkeit / Demuth / Sanfftmuth vnd Gedult bey der Welt nicht groß gilt / vnd gefunden wird / das muß man geschehen lassen / denn die Welt ist kein Mann darnach / daß sie solte mit solchem Schmuck gekleidet seyn; daß aber auch wir / die wir heissen Heiligen / Geliebte / Außerwehlte Gottes / daß wir auch diesen Schmuck wolten verwerffen / gehet nicht an. So wir wollen vor der Welt was sonders seyn / müssen wir auch vor der Welt sonderliche Tugenden haben. Darumb seynd wir heilig / darumb seynd wir die Außerwehlte / die GOtt vor aller Welt jhm zum Eigenthumb erkohren / vnd vor aller Welt geliebet hat. Achte es dir nicht schimpfflich / mein Christ / so du demütig vnd sanfftmütig bist / sondern wisse / daß solches deines Standes Zierat ist.
Dieses ist nun eine art / dadurch der Friede Gottes in vnseren Hertzen regieret /
vnd macht / daß die Glieder deß Leibes Christi
Wann weiter der Friede Gottes über sich sihet auff GOtt / so herrschet er in vns
/ durch einen frewdigen Glauben / darumb folget
dem Vatter durch jhn.
Erstlich ist vonnöthen / daß das Wort Gottes in vns wohne / wie der Text spricht:
Lasset das Wort Christi vnter euch reichlich wohnen in aller Weißheit. Wie ein
junges Kind mit Speise aufferzogen wird / also muß auch der newgeborne Mensch
seine Milch haben / vnd das ist das Wort Christi. Drumb ist nötig / daß ein
Christ mit stetigem Fleiß dem Worte
Wann nun das Wort Christi vnter vns vnd in vns seine Wohnung genommen hat / ist ferner zum andern vonnöthen / daß es auch außbreche / beydes gegen dem Nechsten / vnd gegen vns selbst. Gegen dem Nechsten brichts auß / mit lehren vnd vermahnen. Wir müssen nicht allein für vns Christi Wort hören vnd lernen / sondern auch andere vnterweisen vnd vermahnen. Wie es einem Christen nicht geziemet / andern ärgerlich zu seyn mit bösem Exempel / also ists hingegen eines Christen Lob / wann er mit einem guten Wandel in Lehr / Ermahnung vnd Leben dem Nechsten erbawlich ist. Drumb stehet auch diese Vermahnung in vnserm Text: Lehret vnd vermahnet euch selbst / mit Psalmen vnd Lobgesängen / vnd geistlichen lieblichen Liedern.
Das geschicht erstlich / wann Christen zusammen kommen in einer Gemeine / beten /
singen / GOttloben vnd dancken / vnd damit sich vnter einander auffmuntern. Denn
es haben die Kirchengesänge eine sonderbare Krafft / ein schwaches Gemüth durch
den anmuth deß Klangs zu erheben / vnd zu befodern / daß es auffsteige
Daher ists hochsträfflich / die Kirchengesänge verachten. Mancher ziehet es sich zur Schande / so er solte in der Gemeine ein Psalmbüchlein auffthun / dafür schweiget er still / vnd weidet seine Gedancken mit weltlichen Lüsten. Dennoch hanget ein groß theil deß Gottesdienstes daran / daß man in der Kirchen mit singe. Welches ein Gottliebendes Gemüth ist / will ein Antheil haben an der Christlichen Gemeine Andacht vnd Eiffer. Da muntert ein Christ den andern auff / wir lehren vns vnd vermahnen vns vnter einander mit Psalmen / Lobgesängen / vnd geistlichen lieblichen Liedern. Kanstu nicht mit singen / so lalle / vnd sinne dem nach / was von andern gesungen wird.
Wir kehren vns aber wiederumb zum Text. Erstlich ermahnen wir vns mit Psalmen vnd
Lobgesängen / wie gehöret / wann wir in einer Christlichen Versamlung zusamen stimmen / vnd singen. Fürs andere aber geschichts auch / durch
geistliche Gespräch / dadurch ermuntert einer den andern auch. Vnd dasselbe
geistliche Gespräch gottseliger Hertzen klinget für den Ohren Gottes als die
allerlieblichste Musie. Das ist also die art vnd weise / wie das Wort Christi in
vns außbreche gegen andere / dieselbe mit auffzumuntern.
Gegen vns selbst brichts auß durch jnnerliche Ergetzligkeit an GOtt vnd seinem
Worte. Singet dem HERRN in ewren Hertzen. Damit erfodert der H. Geist abermal
Lobgesänge. Denn dieselbe / wie vor gemeldet / haben eine sonderbare Krafft /
das Gemüth zu ermuntern. Psalmen bringen zur Seelen schnelle Flügel /
vermittelst deren ein gottseliges Hertz kan über sich steigen / vnd sich für
Gottes Thron außgiessen. Psalmen stillen das Hertz sänfftiglich / vnd wie
vorgenanter Kirchenlehrer Basilius redet / so ist das Psalmen singen der Seelen
/ wie ein schönes vnd klares
Doch soll man nicht meynen / daß alles allein hie mit eusserlicher Stimme
außgerichtet wird. Es heisset: Singet dem HErrn in ewrem Hertzen. Ohn Verstand
singen / ist nicht das GOtt
So aber jemand die Gabe hat / daß er auch mit Zung vnd Munde seinem GOtt singen kan / ists jhm eine Schande / seinen Mund mit Lobgesängen nit wollen auffthun. Die müssen schamrot stehen / wann sie hören / wie die redlose Vögelein / nach jhrer art / auß einguß vnd stifftung jhres Schöpffers singen / vnd darinnen jhren Schöpffer preisen.
So sey es nun / wie Paulus saget: Ich will Psalmen singen
Es sey nun Frewd oder Leid / so singet doch dem HERRN
Es setzet der Geist Gottes noch eins hinzu in vnserm Text: Alles was jhr thut / mit Worten oder mit Wercken / das thut alles in dem Namen deß HERRN JEsu / vnd dancket GOtt vnd dem Vatter durch Ihn. Diese Vermahnung zeiget an noch eine andere art / wie das Wort Christi bey vns außbreche; vnd lehret / wie wir Gott in allen Dingen dienen sollen / vnd in Gott alles anfangen vnd enden.
Wiltu nun wissen / wie du alle deine Sachen wol anfangest / so spricht vnser
Text: Alles was jhr thut mit Worten oder mit Wercken / das thut alles in dem
Namen deß HErrn JESV. Soll das geschehen / mustu 1. gewiß seyn / daß du nach
GOttes Willen / vnd nicht wider GOttes Gebott thust / was du thust. Wer im werck
begriffen ein Pferd zu stelen / oder einen Menschen zu erwürgen / vnd spricht
dazu: Auff im Namen Gottes; der spottet Gottes / in dem er vorgibt / er wolle in
Gottes Namen anfahen / das er doch anfahet ins Teuffels Namen. 2. Wenn du etwas
wilst im Namen deß HERRN JEsu anfahen / mustu gewiß seyn / daß du durch Christum
mit GOtt versöhnet seyest / vnd dein Thun durch Christum GOtt wolgefalle /
sintemal durch Christum alle anklebende Schwachheiten versöhnet vnd vergeben
werden. 3. Mustu dich auff Christi Hülff vnd Beystand verlassen / vnd denselben
vmb gedeyen anruffen / sintemal wir von vns selbst
Wie sollen wir aber vnser Thun in Worten vnd Wercken beschliessen? Dancket GOtt
vnd dem Vatter durch den HERRN JEsum. Hastu was gutes gethan / geredet oder
gedacht / so er kenne / daß es nicht auß deinem Vermögen / sondern auß Gottes
hülffreicher Gnade geflossen / demselben gib auch die Ehr vnd den Danck. Will
man dich loben; so wisse / GOtt will dich prüfen. Derwegen laß die Ehr bey dir
nicht kleben / sondern gib sie GOtt / vnd sprich: HERR / du bist würdig zu
nehmen Ehr vnd Lob / vns gebüret nichts als Schmach. Ist dir aber ein Vnfall
wiederfahren / dancke auch GOtt / vnd sey damit zu frieden / denn ja nichts
böses dir von GOtt wiederfahren kan / sondern es muß dir alles zum besten
dienen. Darumb wird diese Vermahnung zun Ephesern am 5. in solcher Form gelesen:
Saget Danck
Das ist nun das ander Stück / dadurch der Friede Gottes in vnsern Hertzen die
Herrschafft gewinnet / wenn wir nemblich das Wort Gottes bey vns lassen
reichlich wohnen / vnd durch einen lebendigen Glauben außbrechen / vnd vns
frölich zu GOtt halten. Kompt zu dieser Frewdigkeit deß Glaubens zu GOtt / das
erste Stück / nemblich die freundliche Liebe zu dem Nechsten / so sey
Dieses sollen wir also anhören / daß wir willig seyn / folge zu leisten. Der Apostel treibet vns nicht durch Gebott / sondern mit lieblichen Worten vermahnet er. GOtt will nicht haben eine gezwungene Liebe. Daß wir aber freywillig folgen / ist wichtig genug / so wir betrachten die Hoheit vnsers Beruffs / welche so fürtrefflich / daß sie nicht zur gnüge kan betrachtet werden. Das ist aber vnser Beruff / daß GOtt vns beruffen hat zu seinem Frieden / in dem einigen Leibe seines Sohns Christi JEsu. Daher kompt dieser Titul zu vns / daß wir heissen Außerwehlte Gottes Heiligen vnd Geliebte. Seynd wir denn darumb zur heiligen Gemeinschafft Christi vnd aller Außerwehlten beruffen / daß der Friede Gottes in vns regiere / wirds sich nicht gebüren / vndanckbarer weise den Frieden Gottes auß vnserm Hertzen zu vertreiben.
Wollen wir aber darumb nicht dem Frieden das Regiment gönnen / daß wir GOtt danckbar seyn / welches doch ferne von vns sey. Solten wir doch zum Regiment deß Friedens lust haben / vmb vnsers eignen besten willen. Denn was ist wol das beste; Ruhe vnd Fried im Hertzen haben / oder Vnruhe vnd Vnfried? Wenn schon einer nichts als Wunder vnd Vnruhe in seinem Kopffe hat / muß er doch bekennen / das es viel besser ist / wenn er ein fein geruhiges stilles Gemüth hat / als wann er vnruhig ist.
Darumb außerwehlte Christen / lasset fürs erst herrschen den Frieden Gottes in
euch / durch den frewdigen Glauben zu GOtt / daß jhr suchet euch jnniglich zu
ergetzen an Gott vnd seinem Worte. Lasset das Wort Christi vnter euch reichlich
wohnen / in aller Weißheit. Lehret vnd vermahnet euch selbst / mit Psalmen vnd
Lobgesängen / vnd geistlichen lieblichen Liedern / vnd singet dem HERRN in ewrem
Hertzen. Vnd alles was jhr thut / mit Worten oder mit
Hernach lasset den Frieden Gottes auch herrschen durch liebreiche Freundligkeit gegen dem Nechsten. Ziehet an / als die Außerwehlte Gottes Heiligen / vnd Geliebte / hertzliches Erbarmen / Freundligkeit / Demuth / Sanfftmuth vnd Gedult / vnd vertraget einer den andern / vnd vergebet euch vnter einander / so jemand Klage hat wider den andern / gleich wie Christus euch vergeben hat / also auch jhr. Vber alles aber ziehet an die Liebe / die da ist das Band der Vollkommenheit. Trägstu ein Belieben hiezu / laß dich nicht jrren / daß dir noch viel mangelt an hertzlichem Erbarmen / an Demuth / an Sanfftmuth. Vnser HERR JEsus hat vns hie nicht gesetzet in eine Vollkommenheit / sondern in einen Streit / darin wir nicht allzeit gleich starck seyn; darumb hat er sich gesetzet zur Rechten Gottes / als ein Versöhner / vnd vertritt vns / vnd bittet für vns. Sey nur nicht ruchloß / sondern seufftze über deine grosse Mängel / vnd strebe / so lange du lebest / nach der Vollkommenheit.
Ein Christ kan jhm die Empfindung seiner Schwachheit fein zu nutz machen / wenn er gedenckt: Sihe / das muß Christus dir zu gute halten / warumb woltestu deinem Nechsten nichts zu gute halten? Ja eben in dem du zornig wirst / vnd vngedultig über einen Widerwillen / schlage in dich / vnd gedencke: Sihe / welch ein Basilisk / daß muß Christus leiden / vnd versöhnet mich noch dazu bey seinem himlischen Vatter: ey so leide auch etwas an deinem Nechsten. Gleich wie Christus wol weiß / daß wir hie nicht können vollkommen seyn / vnd lässet sich deßwegen brauchen zu einem ewigen Versöhner; so gedenck auch du daran / daß du vnter einem gebrechlichen Hauffen wohnest / da einer dem andern muß viel zu gute halten. Wenn Paulus saget: Vergebet euch vnter einander / so jemand Klage hat wider den andern; so redet ers zu Christen / vnd zeiget genugsam damit an / daß die Christliche Gemeine nicht werde Engelrein seyn / sondern daß es ein gebrechlicher Hauffe sey / da einer dem andern leicht etwas zu wider thut / vnd einer über den andern zu klagen hat. Sehet nun zu / daß dadurch der Friede Gottes in euch nicht verstöret werde.
Wol dem / der in der Liebe gegen dem Nechsten üben kan Erbarmung / Freundligkeit / Demuth / Sanfftmuth / Gedult; vnd suchet seine Ergetzligkeit durch Glauben vnd Andacht in GOtt / der hat den Himmel in sich. Er hat Ruhe vnd Friede / vnd ist köstlich geschmückt für GOtt. Wer solche Seele sehen könte / würde die allerschönste Creatur sehen / ja GOtt selbsten mit seinem Liecht. O Friedensfürst HERR JEsu Christ / gib vns deinen Frieden / AMEN.
V. 16. LIeben Brüder / Wir haben nicht den klugen Fabeln gefolget / da wir euch kund gethan haben die Krafft vnd Zukunfft vnsers HErrn Jesu Christi. Sondern wir haben seine Herrligkeit selber gesehen.
V. 17. Da er empfieng von Gott dem Vatter Ehre vnd Preiß / durch eine Stimme / die zu jhm geschahe von der grossen Herrligkeit / dermassen: Diß ist mein lieber Sohn / an dem ich Wolgefallen habe.
V. 18. Vnd diese Stimme haben wir gehöret vom Himmel bracht / da wir mit Ihm waren auff dem heiligen Berge.
V. 19. Wir haben ein vestes Prophetisch Wort / vnd jhr thut wol / daß jhr darauff achtet / als auff ein Liecht / das da scheinet in einem duncklen Ort / biß der Tag anbreche / vnd der Morgenstern auffgehe in ewren Hertzen.
V. 20. Vnd das solt jhr für das erste wissen / daß keine Weissagung in der Schrifft geschicht auß eigener Außlegung.
V. 21. Denn es ist noch nie keine Weissagung auß menschlichem Willen herfür bracht / sondern die heiligen Menschen Gottes haben geredet / getrieben von dem H. Geist.
WEr etwas gutes hoffet / muß zuvor einen guten Grund haben. So ein Vatter bey seinem Sohn mercket eine gute Zuneigung / hat auch gute Anweiser vnd Praeceptores angetroffen / kan er Hoffnung haben / daß durch göttliche Hülffe noch etwas gutes auß dem Sohn werden könne. Wann ein Kauffman in seiner Handlung zurücke kommen / vnd von einem vermögenen auffrichtigen Mann Vertröstung hat / er wolle jhm wieder auffhelffen / kan er Hoffnung haben / er werde wieder zu Brodte gelangen.
Weil aber alles vnter der Sonnen der Eitelkeit vnd Veränderung vnterworffen / kan von allem das vnter der Sonnen ist / nichts eine gewisse vnfehlbare Hoffnung in vns erschaffen. Daher die H. Schrifft dieselbe / die auff ein jrrdisch Gut sich verlassen / nennet Leute / die auffs eitel bawen / vnd verlassen sich auff Lügen; vnd die sich auff Menschen verlassen / vnd auff einen menschlichen Arm / verflucht dieselbe H. Schrifft.
Es ist aber auch eine Hoffnung / die auff ein Gut gerichtet ist / welches nicht
vnter der Sonnen / vnd der Eitslkeit vnterworffen ist; sondern weit über den
Himmel / von welchem wir singen: Nach diesem Leben ist bereit vns ein Leben bey
GOtt in Ewigkeit. Solte vns auch diese Hoffnung fehlen / das wäre nicht gut /
denn nichts fürtrefflichers ist von allem / das ein Mensch hoffen kan / auch
nichts nötigers / wo wir nicht wollen ewig Pein leiden. Wie nötiger aber vnd
fürtrefflicher das Gut ist / darauff wir hoffen / je gewissern Grund wir haben
müssen. Wir müssen gewiß seyn / daß vnsere Religion / Glauben vnd Wandel so
beschaffen ist / daß wir
Daß wir aber hierin keiner Lügen folgen / sondern einen gewissen Grund haben /
zeiget in vorhabendem Text der Apostel Petrus / damit wir vnserer Hoffnung
können gewiß seyn. Diesen Religions-Grund wollen wir in Christlichem nachsinnen
betrachten
ES fanget der Apostel Petrus diesen Text also an: Wir
Petrus vnd alle andere Apostel haben geprediget ein solch Evangelium / in welchem kund gethan wird die Krafft vnd Zukunfft vnsers HErrn Jesu. Denn das ist der Kern vnserer Christlichen Lehr / daß wir predigen vnd glauben / Jesus Christus sey der ewige GOtt / der sich selbst für vns in den Todt gegeben / auff daß er vns durch seinen Todt lebendig mache; vnd daß er einmal kommen werde zu richten die Lebendigen vnd die Todten / vnd seine Glaubige in die himlische Herrligkeit hinein führen werde.
Solte diß auch wol Fabelwerck seyn? Zur bösen Sache gehöret eine gute Salbe;
kluge Köpffe können dem Dinge einen Schein geben. Es ist keine Religion so
vngeschliffen / sie weiß einen Schein der Warheit für zuwenden / soltens auch
Träume / betriegliche Gesichte / falsche Wunderwercke / oder klügliche ertichte
Fabeln seyn. / wie man solches sihet an Heyden / Juden vnd Türcken. Solt denn
vnser Glaubensbekantnüß nicht besser seyn? Gewißlich . 16. Christiani, genus
hominum superstitionis novae ac maleficae. Act. 26, 24.
Solte nun dem also seyn / wären wir vnglückselige Leute. Es bezeuget aber Petrus das Gegentheil. Wir haben nicht den klugen oder klüglich erdichten Fabeln gefolget / da wir euch kund gethan haben die Krafft vnd Zukunfft vnsers HERRN JEsu Christi. Es soll niemand meynen / daß entweder die Aposteln von jhnen selbst ein Evangelium erdacht / andere zu verführen; oder daß sie von andern mit klüglich ertichten Fabeln verführet seyn.
Dessen müssen wir gewiß seyn. Drumb führet vns Petrus auff einen gewissen Grund / nemblich auff die göttliche Offenbarung / denn diß allein kan den Glauben gründen. Wie die Sonne ohne Sonne nicht erkant vnd gesehen wird; so weiß ich ohn GOtt nichts von GOtt / GOtt muß sich selbst offenbaren. Was man auß menschlicher Vernunfft vnd Erfahrung hat / mag eine Wissenschafft geben / aber einen Glauben kan es nicht machen; dazu muß GOtt selbst kommen / als die höchste vntriegliche Warheit / sintemal vnmüglich ist / daß Gott liegen kan.
GOtt offenbaret sich aber auff zweyerley art / mittelbar vnd vnmittelbar. Eine vnmittelbare Offenbarung ists / wann sich Gott dem Adam / Abraham / Mosi vnd anderen Propheten durch Gesicht vnd offenbarliche Rede hat kund gethan. Eine mittelbare Offenbarung ists / wann GOtt sich vns nach seinem Wesen vnd Willen durch die Schrifft vnd Predigten der Propheten vnd Aposteln / als die die göttliche Weißheit von GOtt vnmittelbar empfangen / zu erkennen gibet. Auff beyderley Offenbarung führet vns Petrus.
Denn erstlich spricht er: Wir haben seine majestätische
Hie erzehlet Petrus ein Gesicht / von welchem auch bey den
Dieselbe Verklärung deß HERRN Christi bestehet in vier Stücken. 1. In dem
wunderschönen Glantz Christi. Denn sein
In dieser Stimme gibt die himlische Majestät Zeugnüß von Christo / vnd stellet
jhn vns für / als den Sohn Gottes / den geliebten Sohn / an welchem der Vatter
Wolgefallen hat. Es ist ein so sehr geliebter Sohn / daß durch jhn bey GOtt auch
lieb vnd angenehm werden alle arme Sünder / die in Christo Jesu seyn / das
bezeuget die Schrifft mit solchen Worten / zun Ephes. am 1.
Nachmals stellet GOtt vns diesen seinen geliebten Sohn für / als einen Lehrer von
GOtt gesandt / der die Warheit Gottes recht lehret / denn die Herrligkeit Gottes
spricht: Diesen solt jhr hören. Moses war ein grosser / durch viele vnd grosse
Wunder bestetigter / vnd in vielen schweren Nöthen bewehrter Prophet / den gantz
Israel hören muste / doch muste er nicht der letzte seyn; denn da das Volck über
das erschreckliche Gesicht zu Horeb / als
Diß ist die Offenbarung / die Petrus selbst mit seinen Augen gesehen / vnd mit
seinen Ohren gehöret / wie auch Jacobus vnd Johannes / als die außerwehlte
Zeugen von GOtt. Den Ort dieser Offenbarung nennen die Evangelisten einen hohen
Berg / Petrus nennet jhn einen heiligen Berg / nicht daß er an jhm selbst
heiliger ist denn ein ander Berg / sondern wegen dieser heiligen
Durch diese Verklärung ist dem Apostel Petro die Warheit deß Evangelij von der
Krafft Christi vnmittelbar offenbaret / doch will er darauff allein nicht bawen
/ sondern beruffet sich auff
Es ist das Prophetische Wort ein gantz gewisses Wort / vnd ein fester Grund
vnsers Glaubens. Ob es zwar ist nur eine mittelbare Offenbarung / darin GOtt
nicht sichtbarlich mit vns redet / sondern durch Menschen. Dennoch ist es ein
gewisser Grund deß Glaubens / als alle Offenbarunge. Wie denn im 5. Buch Mosis
am 13. GOtt gebeut / daß alle Gesichte nach dem geoffenbarten Prophetischen
Worte sollen gerichtet werden / den so spricht
Drumb ob zwar die Stimme deß Vatters / vnd die sichtbarliche Herrligkeit deß
Sohns dem Petro ein gewiß vnfehlbar Zeugnüß war / würde er doch seinen Augen vnd
Ohren nicht getrawet haben / so er etwas gesehen vnd gehöret hätte / das wider
das
Fragen wir nach der Vrsach / woher es komme / daß man mehr auffs Wort / als auff
die Gesichte selbsten sehen vnd trawen soll / so bestehet dieselbe in der
göttlichen Krafft / die in vnd bey dem Worte ist. Denn es ist kein todtes
ohnmächtiges Wort / sondern
Also wissen wir / wie das Prophetische Wort / die H. Schrifft
Dieses nun weiter zu bedencken / darffs fürs erste nicht viel fragen / wo die
Finsternüß sey; sie ist nicht ausser vns / sondern in vns; sie liget nicht in
einem Winckel / sondern erfüllet die gantze Welt; das gantze Hertz aller
Menschen / Verstand vnd Willen. In natürlichen vnd weltlichen Dingen mag der
Mensch verschmitzt seyn; aber in geistlichen Sachen / was der Seelen Heyl vnd
Seligkeit betrifft / ist aller Menschen Vernunfft eitel Blindheit / vnd der
Wille verkehret. Die Vernunfft kennet nicht das warhafftige Gut / weiß nicht was
der Seelen nützlich vnd selig ist / so ist auch der Wille vnd die Begierden
gantz von dem seligen Gut abgekehret / wenns der Mensch schon wüste was es wäre
/ vnd wo es wäre. Darentgegen erfrewen sie sich / wie die Träumenden mit
Daß aber weiter wir auffs Liecht kommen / ist gemeldet / daß das Liecht oder die
Leuchte / die diese geistliche Finsternüß erleuchtet / sey das Prophetische Wort
/ wie solches nicht allein hie Petrus / ein Liecht auff meinem Wege. Es ist das Wort
Gottes nicht eine Leuchte ohn Liecht; nicht ein Wort ohne Krafft; sondern eine
Leuchte / darin ein Liecht verborgen ist / es kan die Finsternüß vertreiben /
den Verstand erleuchten / das Hertz bekehren. Dadurch wird der blinde Verstand
tüchtig gemacht / was himlisch vnd göttlich ist zu verstehen; der verkehrte
Wille wird tüchtig gemacht / das himlische vnd göttliche Gut zu lieben / vnd das
Hertz gewinnet Lust / auff Gottes Wegen zu wandeln.
Das thut keine menschliche Krafft; hierzu gehöret eine göttliche Krafft. Denn hie geschicht ein grösser Ding / als wann einem stockblinden Menschen das Gesicht / vnd einem Todten das Leben gegeben wird. Daher denn leicht zu schliessen / weil in dem Prophetischen Wort diese göttliche Krafft steckt / daß es kan die finstere Nacht deß vnsinnigen Hertzens erleuchten; daß es ein göttliches / festes vnd vntriegliches Wort ist / darauff der Glaube gewiß kan gegründet werden. Das ist denn eine Vrsach / die vns treibt zum Worte / daß wir vns daran halten.
Nun ist aber viel daran gelegen / daß man weiß / wie man dieses.
1. Affirmativè.
Mit diesem auffmercken müssen wir vmbgehen / biß daß der Tag anbreche / vnd der
Morgenstern auffgehe in vnsern Hertzen. Denn diß ist die Ordnung Gottes.
Erstlich setzet er vns das Liecht für. Hernach will er / daß wir darauff achten;
darauff folget nach Gottes Verheissung die Erleuchtung / daß der Tag anbreche /
vnd der Morgenstern auffgehe in vnsern Hertzen. Der Morgenstern ist ein klarer
Stern / der für der Sonnen her gehet / vnd den Tag verkündiget / da bricht der
Tag an. Wenn aber die Sonne auffgehet / da wirds Tag; vnd wie höher die Sonne
auffgehet / je heller es wird. Ohn das Wort ist kein
Esaiae:
Der Mann Gottes Lutherus hat über diesem Spruch Petri noch andere Gedancken / vnd
spricht: Es ist eben vmb das Evangelium gethan / als wenn einer in eim Hauß
gefangen wäre / mitten in der Nacht / da es stock finster wäre. Da wäre
vonnöthen / daß man ein Liecht anzündet / biß der Tag ang eng / daß er sehen
könte: also ist das Evangelium eigentlich mitten in der Nacht vnd Finsternüß.
Denn aller Menschen Vernunfft ist eitel Irrthumb vnd Blindheit. So ist die Welt
auch nichts anders / denn ein Reich der Finsternüß. In dieser Finsternüß hat nun
GOtt ein Liecht angezündet / nemblich das Evangelium / darinnen wir können sehen
vnd wandeln / so lang wir auff Erden sind / biß die Morgenröthe angehe / der Tag anbricht. Dieses ist
ja auch wahr / wenns schon die eigentliche Meynung dieses Spruchs nicht ist.
Denn es ist der Schein / der in vnsern Hertzen durchs Wort auffgehet / gegen dem
hellen vollen Tag deß ewigen Lebens nicht anders / wie eine geringe Lampen in
einem finstern Keller / gegen dem klaren Tag. Dennoch müssen wir vns bey dieser
Nachtzeit an der Lampen deß Prophetischen Wortes halten / biß an den Tag / da
der grosse GOtt / vnser Heyland Jesus Christus / in aller Klarheit erscheinen /
vnd vns gäntzlich erfrewen wird.
Wir kehren vns aber wieder zum Text / darinnen weiters mit
Diß ist nun ein Stück / das der H. Geist insonderheit will in acht genommen haben
/ von allen die mit H. Schrifft vmbgehen; Diß solt jhr fürs erst vnd für allen
Dingen wissen /
Das wird bewiesen in vnserm Text: Denn es ist die Weissagung vorzeiten nicht auß menschlichem Willen herfür gebracht / sondern die heiligen Menschen Gottes haben geredet / getrieben von dem H. Geist.
Sihe / woher die H. Schrifft geflossen; nicht auß menschlichem Willen. Es haben
nicht Menschen jhre Köpffe zusammen gethan / vnd diese Schrifft nach eigenem
gutdüncken zusammen getragen; sondern die heiligen Menschen Gottes / hie vnd
dort zerstrewet / zu vnterschiedlichen Zeiten haben geredt vnd geschrieben /
getrieben von dem H. Geist: nicht durch eignen fleiß vnd nachsinnen / sondern
wie es jhnen der H. Geist vnmittelbar eingegeben / wie
Weil dann die H. Schrifft nicht auß menschlichem Willen herfür gebracht / sondern
die heiligen Menschen Gottes geredt haben / getrieben von dem H. Geist / kan vnd
soll man darauß schliessen / daß die H. Schrifft nach menschlichem Willen nicht
muß außgeleget werden. Geschichts aber / ists ein solch ding / als wann ein
thörichter Mensch ein schändlich Buhlenlied wolte geistlich außlegen. Denn da
könte ich sagen: Du Narr / diß Lied ist nicht auß geistlicher Weißheit geflossen
/ drumb kan es auch nicht nach geistlicher Weißheit außgeleget werden; sondern
wie es auß der fleischlichen Weltliebe geflossen / soll es auch nicht anders als
nach der fleischlichen Weltliebe art verstanden vnd gerichtet werden. Nach
welcher Weißheit die Schrifft geschrieben / nach solcher Weißheit muß sie auch
verstanden werden; nicht nach weltlicher / sondern
Die Summa dessen / was Petrus in dieser Lection geredet / ist diese: Wir haben euch / lieben Brüder / gepredigt ein Evangelium von dem Reiche Christi / das ist kein Fabelwerck / sondern eine göttliche Warheit / wir haben nicht allein die majestätische Herrligkeit deß gecreutzigten JEsus selbst gesehen / sondern haben auch ein gewisses Prophetisches Wort / das nicht triegen kan / sintemal es nicht auß menschlichem Willen herfür gebracht / sondern auß trieb vnd Offenbarung deß H. Geistes. Mercket nur darauff / so werdet jhrs wol empfinden; jhr werdet durch dasselbe erleuchtet werden.
Es kan einen Christen leicht eine Anfechtung antretten / über die Gewißheit
seiner Religion / obs auch gewiß sey / daß er durch den gecreutzigten Jesum
haben werde ein Leben bey Gott in Ewigkeit. Hie haben wir die Versicherung.
Petrus als ein Apostel Jesu Christi / be zeuget die Gewißheit so wol deß
Evangelij / als der gantzen heiligen Prophetischen Schrifft. Er bezeuget / daß
er nicht den klugen Fabeln gefolget / wann er vom gecreutzigten JEsu predige /
sondern was er selbst mit Augen gesehen / vnd was die Propheten vorher
geschrieben haben. Das Prophetische Wort hält
Diß bezeuget zwar Petrus / David spricht auch: Meine Zunge ist ein Griffel eines guten Schreibers / aber woher weiß ich / daß solches gewißlich wahr ist. Ich kan an Petri Predigten vnd den Psalmen Davids so wol zweiffeln / als über die Bücher Mosis vnd die Episteln Pauli. Woher weiß ich / daß die H. Schrifft / die wir für Gottes Wort halten / Gottes Wort ist?
Meine Lieben / daß wir vnter Christen erzogen / vnd von vnsern
Wann wir mit einem Heyden zu thun haben / der die heiligeer Christ erinnere sich / was er auß den
Schrifften Altes Testaments / von der Person vnd Ampt Christi gehöret /
deßgleichen von seinem Reich / das er auch vnter die Heyden führen solte; wann
solches gegen die Schrifft Newes Testaments gehalten wird / wer wolt sagen / es
wäre nur Menschentand? Man betrachte die Weitläufftigkeit vnd Hoheit der Lehre
vnd der Geheimnüssen / die in heiliger Schrifft fürgetragen werden / vnd
bedencke / wie es müglich sey / daß so viele Zeugen von anbegin zu
vnterschiedlichen Zeiten vnd orten / von so hoher Weißheit so einträchtig
predigen könten / so es nicht den Menschen feind vnd Lügen wäre.
Ein ander Exempel der Einträchtigkeit in der Lehre / findet man vnter den
Aposteln. Im 68. Psalm stchet: Der HERR
Zum andern / kan man einem Vnglaubigen fürhalten die Propheceyung vnd deren
Erfüllung; wie denn GOtt sich dabey auff denselben jhr Hoffnung stellen /
allermassen wie Esaias so viel hundert Jahr zuvor geweissaget. Dieses belustiget
mich wunder sehr.
Zum dritten / kan man Heydnischen Köpffen fürhalten die kräfftige Erhaltung der
H. Schrifft / in so mancherley Noth vnd Verfolgung. Zur Zeit deß wütrichten
Antiochi hat man alle Winckel durchgesucht / das vertilget würden die Schrifften
der
Letzlich kan man den Heyden fürhalten die Fürsehung Gottes.
Diß seynd alle solche Gedancken / die einen Heyden bewegen können / Gottes Wort nicht gar für Fabelwerck zu halten / die auch einen Christen in jhrer gefassten Meynung von Gottes Wort gar fein bekräfftigen / aber doch erwecken sie nicht denn nur einen menschlichen Glauben vnd Beyfall. Wir erfahren aber / daß vnser Gewissen durch eine noch grössere Krafft eingenommen sey / also daß wir vns tausentmal lieber liessen tödten / als daß wir solten läugnen / daß das erkante Gottes Wort nicht solte Gottes Wort seyn. Das rühret her auß einem höhern Grund / als bißher erzehlet / nemblich auß einem göttlichen Zeugnüß / vnd göttlicher Vberweisung im Gewissen. Vnd solches ist noth / weil der Glaube / den wir haben / von dem Worte Gottes / daß es sey ein Wort Gottes / der Grund ist aller andern Glaubensbekantnüssen. Solte nun schlüpffrige oder nur menschliche Gewißheit seyn / darauff vnser Glaubenserkäntnüß sich gründet / so würde auch aller Glaube nur menschliche Gewißheit / vnd nicht ein göttlicher Glaube seyn.
Nun fragt sich / was das sey / das die Gewissen also hart überzeuget vnd einnimpt
/ daß sie nicht anders können als Gottes Wort für Gottes Wort halten. Johannes
im 5. Cap. seiner ersten Epistel el / bey der Tauffe Christi. Nicht aber das allein / sondern es
hatte auch Christus ein göttliches Zeugnüß in seinen eignen Worten / wann er
predigte. Denn wie die Evangelisten melden / so predigte er nicht / wie die
Schrifftgelehrten / sondern
In den Predigten der Aposteln hat sich diese überzeugende Krafft deß H. Geistes
gleicher massen gefunden / wie Paulus bezeuget in der ersten an die
Thessalonicher am andern Capitel: Da jhr empfienget von vns das Wort göttlicher
Predigt
So wissen wir nun / wie vnd woher das Evangelium vnd die gantze Prophetische vnd
Apostolische Schrifft so gewiß ist; So lasset vns auch dieselbe / als ein
gewisses vnd festes Wort Gottes / in Ehren halten / wie die Gottseligen wünschen
auß dem 119. Psal:
Die art / die H. Schrifft nützlich zu gebrauchen / zeiget Petrus
Wann wir nun in Einfalt auffwarten vnd auffmercken / vnd
Endlich / so die Schrifft dir als Gottes Wort lieb vnd werth ist / wirstu auch
nicht versäumen / auch andere nach deinem Vermögen zur Liebe dieses Worts zu
erwecken. Es ist ein gemeiner Brieff / vnd die Gnad ist auch gemein. Einer
reitze den andern / die angetragene Gnade nicht zu versäumen. Allermeist sollen
Eltern jhre Kinder von Jugend auff zur Liebe göttliches Wortes gewehnen / wie
Paulus von seinem Diener Timotheo
V. 24. WIsset jhr nicht / daß die / so in den Schrancken lauffen / die lauffen alle / aber einer erlanget das Kleinod? Lauffet nun also / daß jhr es ergreiffet.
V. 25. Ein jeglicher aber der da kämpffet / enthält sich alles dinges. Jene also / daß sie eine vergängliche Krone empfahen: wir aber eine vnvergängliche.
V. 26. Ich lauffe aber also / nicht als auffs vngewisse. Ich fechte also / nicht als der in die Lufft streichet.
V. 27. Sondern ich betäube meinen Leib / vnd zäme jhn / daß ich nicht den andern predige / vnd selbs verwerfflich werde.
V. 1. Ich will euch aber / lieben Brüder / nicht verhalten / daß vnsere Vätter alle sind vnter der Wolcken gewesen / vnd seynd alle durchs Meer gegangen.
V. 2. Vnd seynd alle vnter Mosen getaufft / mit der Wolcken / vnd mit dem Meer.
V. 3. Vnd haben alle einerley geistliche Speise gessen.
V. 4. Vnd haben alle einerley geistlichen Tranck getruncken / Sie truncken aber von dem geistlichen Felß / der mit folget / welcher war Christus.
V. 5. Aber an jhr vielen hatte GOtt kein Wolgefallen / dann sie sind nieder geschlagen in der Wüsten.
IN der ersten an die Thessalonier am 5. stehet ein solches Sprüchlein: Prüfet
alles / vnd das gute behaltet / meidet allen bösen Schein. Darinnen wird vns
anbefohlen
Allermeist muß solches in acht genommen werden in freyen Dingen. Denn so ein
freyes Ding dem Nechsten geräh zur Ergernüß / ist es nicht mehr ein frey Ding /
sondern eine Sünde. Zum Exempel / Fleisch essen war ein frey Ding / es war
Götzen geopffert oder nicht. Denn ein Götz jsst nichts in der Welt / wer Fleisch
aß / das vom Götzenopffer war / der konte es essen / als eine Speise von
Daß wir ein Exempel nehmen auß gemeinem Leben; so wissen wir / daß Kleider tragen
ein frey ding sey / es sey auff diese weise / oder auff eine andere weise / nur
daß es nicht wider Ehrbarkeit ist / denn davon habe ich kein Gesetz. So aber
noch viele seyn / die sich daran ärgern; das ist / die es für Sünde halten /
seynd schwach / vnd haben das wissen nicht / vnd fangen denn an auff mein
Exempel / auch sich zu kleiden auff solche art / die sie für Sünde achten; oder
fahen an auff mein Exempel / Sünde für geringschätzig zu achten;
Der Apostel Paulus im 9. Cap. der ersten Epistel an die Corinther / stellet vns für Augen sein eigen Exempel: Ihm war frey / eine Schwester zum Weibe mit sich vmbher zu führen / vnd Sold zu nehmen / sich vnd sein Weib zu vnterhalten. Dessen hatte er Grund im Recht der Natur; Denn welcher pflantzet einen Weinberg / vnd jsset nicht von seiner Frucht Ein Arbeiter ist seines Lohns werth. Diß ist bekräfftiget im Gesetz Gottes: Du solt dem Ochsen nicht das Maul verbinden / der da drischet. So ists auch nicht wider die Billigkeit. So wir euch das geistliche säen / ists ein groß ding / ob wir ewer leiblichs erndten? Doch hat Paulus wollen weder ein Weib mit sich herumb führen / weder Sold nehmen / damit er seiner Gewalt nicht mißbrauchte / vnd dem Evangelio durch seine Freyheit verhinderlich wäre. Darumb schliesset er: Wiewol ich frey bin von jederman / hab ich doch mich selbst jederman zum Knecht gemacht / auff daß ich jhrer viel gewinne. Den Juden bin ich worden als ein Jude / auff daß ich die Juden gewinne. Denen die vnter dem Gesetz sind / bin ich worden / als vnter dem Gesetz / auff daß ich die / so vnter dem Gesetz sind / gewinne. Denen / die ohn Gesetz sind / bin ich als ohn Gesetz geworden / auff daß ich die / so ohn Gesetz sind / gewinne. Den Schwachen bin ich worden / als ein Schwacher / auff daß ich die Schwachen gewinne. Ich bin jederman allerley worden / verstehe in freyen dingen / auff daß ich allenthalben ja etliche selig mache. Also macht vns die Liebe zu Knechten / daß wir nicht fort thun / was vns frey stehet / sondern daß wir auch auffden Nechsten sehen / ob der gebawet oder geärgert werde.
Weil dann auch in freyen Dingen so bald kan eine grosse Sünde begangen werden /
ist Fürsichtigkeit hochnötig / daß wir auch nicht etwas begehen / das nur einen
Schein deß bösen hat. Hierumb setzet der Apostel hinzu in erwehntem 9. Capitel
eine ernsthafftige Ermahnung zur fürsichtigen Ritterschafft im
DEr Apostel Paulus gehet in vorhabender Lection dahin /
Diese Ermahnung / damit sie deßzu mehr bewege / wird vns
Paulus redet von Dingen / die bey den Corinthern wol
Das erste Gleichnüß ist genommen von Lauffern. Die in Lauffplätzen lauffen / die
lauffen zwar alle; aber nur einer empfahet die Kampffgabe. Also tretten viel in
den Christlichen Lauff zum ewigen Leben / wenig aber seynd / die das Ende deß
Glaubens davon bringen. Wir sollen nicht gedencken / als wann das himlische
Kleinod nicht genug wäre / für alle / die darnach lauffen. Wir dürffen niemand
neiden vnter denen / die mit vns in den Schrancken lauffen / wir können deß
Kleinods alle geniessen / wir werden keinen Abbruch leiden / wenn schon ein
ander mit vns das himlische Kleinod bekommet. Doch / wie vnter denen / die in
den Schrancken lauffen nach einem leiblichen Kleinod / viele lauffen / vnd
nichtes erlangen; also auch im geistlichen Lauff zum himlischen Kleinod / werden
viele lauffen / vnd doch nichts erlangen.
Das ander Gleichnüß ist genommen von kämpffen. Darinnen wird vns gezeiget beydes die art vnd weise; vnd denn auch eine Anreitzung / im Christenthumb ritterlich vnd fürsichtiglich sich zu halten. Ein jeglicher der da kämpffet / enthält sich alles dinges / oder erduldet alles: jene also / daß sie eine vergängliche Krone empfahen / wir aber eine vnvergängliche.
Die Kunst ritterlich zu streiten / bestehet darin; alles erdulden.
Damit aber / daß der Apostel sagt: Jene dulden alles darumb / daß sie eine
vergängliche Krone empfahen / wir aber / daß wir eine vnvergängliche empfahen:
zeiget er Vrsach an / warumb wir bey vnserm Christenthumb Creutz vnd Vngemach
leiden sollen; nemblich / wir haben zu erwarten / so wir dulden / eine
vnvergängliche Krone. Jene Thoren trugen etwan ein Kräntzlein von Petersilien
oder Lorbeerzweigen davon / darüber ertrugen sie Vngemachs genug / wagten Leib
vnd Leben / vergossen Schweiß vnd Blut. Vnd wann sie schon hätten die gantze
Welt gewinen können / was wäre es gegen der himlischen Kronen /
die wir erwarten? Darumb / haben sie erduldet / vmb ein nichtiges willen; wie
vielmehr sollen wir erdulden / vmb deß vnvergänglichen himlischen Gutes
willen.
Diß ist nun die Summa der Vermahnung: Es ist euch ein herrliches vnvergängliches Kleinod vorgesteckt / lauffet vnd kämpfet also / daß jhrs ergreiffet / vnd duldet alles Vngemach / das dabey zu dulden ist.
Hierüber stellet sich Paulus für zum Exempel: Ich lauffe / aber also / nicht als
auffs vngewisse; ich fechte also / nicht als der in die Lufft streichet; sondern
ich betäube meinen Leib / vnd zähme jhn / daß ich nicht den andern predige /
Das heisst recht lehren / wann man sein eigen Exempel kan auff die Bahn bringen.
Das stehet fein / wann Predigt vnd Leben
Paulus spricht erstlich: Ich lauffe / aber also / nicht als auffs vngewisse: Das
ist / ich handel nicht vnbedächtlich / sondern richte mein gantzes Leben zu
einem gewissen Ziel / nemblich das vns fürhält die himlische Beruffung in
Christo JEsu: Darumb lauffe ich auch mercklich fort / daß ich weiter komme im
Christenthumb / vnd nicht rückwerts gehe. Viele stehen still / kommen nicht fort
im Christenthumb / sehen nicht auff das vorgesetzte Ziel / vnd trachten nicht
darnach / wie sie es erreichen. Viele werden krebsgängig / kommen zurück. Viele
lauffen den Gespensten nach / nemblich den betrieglichen Lüsten der Welt. Vnd da
folget gemeiniglich eins auffs ander / wann wir das vorgesteckte Ziel auß den
Augen setzen / werden wir faul / vnd trachten nicht darnach / wie wir
fortkommen; darauff folget bald das abnehmen. Denn in der Vbung der
Gottseligkeit stille stehen / ist zurück gehen. Dagegen wachset vnd nimpt zu die
Liebe deß zeitlichen. Paulus aber lauffet nicht einem falsch-scheinenden Gut
nach / sondern dem wahren Gut / vnd befleissiget sich / dem Zweck jmmer näher zu
kommen / wie er auch saget zun Philippern am 3. Ich schätze mich selbst
Dem andern Gleichnüß nach / stellet er sich auch für als einen guten Streiter
Jesu Christi. Ich fechte also / nicht als der
Solchen Fleiß wendet Paulus an / in Vbung der Gottseligkeit / daß er möge ein
vnsträfflicher Prediger seyn / der also predige / daß er selbst nicht
verwerfflich werde. Wer predigt / vnd begehret nicht gleichen Fleiß anzuwenden /
sondern lässet seine fleischliche Lüsteloß / der ist ein verworffener Prediger /
er predige wie er will. Den rechten Weg lehren / vnd im Leben zeigen / stehet
fein bey einander. Hingegen anders lehren vnd anders leben / stehet sehr
schändlich. Drumb müssen insonderheit Lehrer vnd Prediger hie grossen Fleiß
anwenden; vnd so viel grössern Fleiß / so viel mehr sie mit ärgerlichem Leben
der Christenheit schaden können. Doch
Dieses ist Pauli eigen Exempel / darinnen er zeiget / wie man
Da mercket erstlich die geistliche Hoheit aller Israeliten. Wie wir im Newen
Testament zwey Sacramenten haben / die Tauff vnd Nachtmahl / also ist den
Israeliten in der Wüsten zum Fürbilde insonderheit zweyerley Gnadenzeichen
auffgerichtet. Die heilige Tauff ist abgebildet durch das Meer / dadurch sie
giengen / vnd durch die Wolcke / welche die Israeliten begleitet vnd deckete.
Das heilige Abendmal ist fürgebildet durch das Manna /
Aber zum andern / was gewinnen sie mit diesem Gnadenzeichen? An jhrer vielen hatte Gott keinen Wolgefallen / darumb seynd sie auch niedergeschlagen in der Wüsten. Sie haben alle einerley Wort gehabt / das jhnen gepredigt ward; sie hatten alle einerley Gnadenzeichen; sie gefielen drumb nicht alle GOtt gleich wol. Sie seynd niedergeschlagen in der Wüsten / vnd vnd seynd zur Ruhe in dem von Gott gelobten Lande nicht gekommen; dann sie gebrauchten auch nicht recht die Gnadenzeichen / die jhnen Gott gegeben hatte.
Die Kinder Israel in jhrer Reise ins gelobte Land / durch die Wüsten / seynd ein
Fürbilde vnserer Wanderschafft / durchs Jammerthal ins ewige Leben. Wie nun alle
Israeliten in der Wüsten Gottes Gnadenzeichen empfangen haben / vnd derselben
genossen; vnd lebten doch jhrer viele nicht nach Gottes Wolgefallen / daher sie
auch in der Wüsten haben sterben müssen. Also werden noch viele auff dem Wege
seyn / nach dem himlischen Kleinot lauffen / Gottes Wort hören / vnd die
Sacramenten gebrauchen; vnd doch das Kleinot nicht erreichen. Es ist nicht genug
/ eusserlich Gottes
Wer nun will ein Christ seyn / der sehe zu / daß er ein rechter
Denn: Wisset jhr nicht / daß die in Schrancken
Achtet es nicht / meine Lieben / für einen geringen Verlust / das Kleinot
verlieren / welches vns fürhält die himlische Beruffung Gottes in Christo Jesu.
Es ist eine Krone der Gerechtigkeit
Was sollen wir denn thun? Ein jeglicher der da kämpffet / duldet vnd enthält sich. Ich lauffe / spricht Paulus / aber nicht als auffs vngewisse; ich fechte / aber nicht als der in die Lufft streichet / sondern ich betäube meinen Leib / vnd zähme jhn. Hie muß man viel dulden. Nicht hats die Meynung / als wann wir mit lauffen vnd kämpffen müsten allererst den Himmel vnd die Seligkeit erwerben. Es ist das Kleinot durch den Glauben schon vnser / auß Gnaden ists vns geschenckt. Daran ligts aber noch / daß wir vnser Recht nicht wieder verschertzen / sondern biß zum völligen Besitz erhalten. Darinnen haben wir einen mächtigen Widersacher. Der Teuffel streitet noch mit vns vmbs Kleinot / nicht daß ers hoffe oder begehre zu erlangen / sondern daß ers vns entziehe.
Da ist nun kein besser Rath / als den vns hie Gottes Geist durch Paulum gibet.
Darumb sollen wir vns 1. nichts hindern lassen im Lauff der Gottseligkeit / es
sey so lieb es wolle. Viele werden im Lauff auffgehalten durch grobe Baurschuhe
/ den Mammonsdienst / so einer die Welt lieb gewinnet / das hänget jhnen wie
Bley an Füssen / daß sie nicht können über sich steigen / vnd himlisch werden.
Viele lassen sich auffhalten durch Gespräch vnd Gesellschafft der Welt; hören
lieber was die Welt saget / als was Gott saget; dadurch werden viel tausent
Christen vom himlischen Kleinot abgezogen. Ein Christ / der eifferig ist etwas
zu erlangen / muß ablegen alles / was jhm im himlischen Lauff zu wider ist.
Damit wir aber vns ja nicht hindern lassen / müssen wir vnsern Leib betäuben vnd
zähmen. Denn vnsere natürliche Begierde ist gerichtet auff die Welt / vnd auff
die Ehr vnd Lüste / die in der Welt seyn. Darumb müssen wir vnsere Natur recht
mit Ernst angreiffen / vnd jhr den Willen nicht lassen. Züchtige deinen Knecht
/
Zum andern / damit wir vns allenthalben recht verhalten / müssen wir / so viel
müglich / nimmer auß vnsern Augen vnd Hertzen kommen lassen das himlische
Kleinot / darnach wir lauffen; vnd dann alle vnser tichten vnd trachten nach
diesem Zweck richten. Da können wir sagen mit Paulo: Ich lauffe nicht auffs
vngewisse. O wie selig wären wir / wann wir könten alles zum rechten Ziel
richten! O wie eine grosse Erndte würden wir vns an jenem Tage
Nun / so jemand achtet / daß er das himlische Kleinot wol entbehren könne / der
darff den Leib nicht groß zähmen / jhm ist alles erlaubet. Achtestu aber / daß
nicht rathsam sey / solches Kleinot verschertzen / so verbleibe in den
Schrancken / darin dich Christus Jesus gesetzet hat / vnd gib nicht raum dem
fleischlichen eingeben / vnd also lauff / biß daß du das Kleinot ergreiff est.
Sihe / der H. Geist stehet dir zur Seiten / vnd ruffet dir zu: Lauffe wol;
streite wol. In weltlichen Schawspielen pflegen die Zuseher den Streitern
zuruffen; Halt dich wol; lauff / lauff. Wann solches von dem Fürsten selbst
geschicht / der das Spiel angeordnet / das macht so viel mehr Muth. Hie ist der
HERR / der euch in die Schrancken deß Christenthumbs gesetzet / vnd euch durch
einen himlischen Beruff ein himlisches Kleinot fürhält / der ruffet euch zu:
Lauffet also / daß jhrs ergreiffet. Folge dem Zusprechen deß Geistes; vnd
insonderheit gib acht darauff / wann das böse Stündlein der Anfechtung herzu
kompt. Du must bey diesem Lauff Vngemach leiden / gar viel / daß deiner Natur
schwer vnd bitter wird; aber sihe / est /
vnd lauff also / daß du mit Paulo allezeit
V. 19. LIeben Brüder / Ihr vertraget gern die Narren / dieweil jhr klug seyd.
V. 20. Ihr vertraget / so euch jemand zu Knechten machet / so euch jemand schändet / so euch jemand nimmet / so euch jemand trotzet / so euch jemand in das Angesicht streichet.
V. 21. Das sage ich nach der Vnehre / als wären wir schwach worden.
V. 22. Worauff nun jemand kühne ist / (Ich rede in Thorheit) darauff bin ich auch kühne. Sie seynd Ebreer / Ich auch. Sie seynd Israeliter / Ich auch. Sie seynd Abrahams Samen / Ich auch.
V. 23. Sie seynd Diener Christi (Ich rede thörlich) Ich bin wol mehr / Ich hab
mehr gearbeitet / Ich hab
V. 24. Von den Juden hab ich fünffmal empfangen viertzig Streiche / weniger eines.
V. 25. Ich bin dreymal gestäupet / Einmal gesteininiget / Dreymal hab ich Schiffbruch erlitten / Tag vnd Nacht hab ich zubracht in der Tieffe deß Meers.
V. 26. Ich hab offt gereifet / Ich bin in Fährligkeit gewesen zu Wasser / In Fährligkeit vnter den Mördern / In Fährligkeit vnter den Juden / In Fährligkeit vnter den Heyden / In Fährligkeit in den Stätten / In Fährligkeit in den Wüsten / In Fährligkeit auff dem Meer / In Fährligkeit vnter den falschen Brüdern.
V. 27. In Mühe vnd Arbeit / In viel Wachen / In Hunger vnd Durst / In viel Fasten / In Frost vnd Blösse.
V. 28. Ohn was sich sonst zuträgt / nemblich / daß ich täglich werde angelauffen / vnd trage Sorge für alle Gemeinen.
V. 29. Wer ist schwach / vnd ich werde nicht schwach? Wer wird geärgert / vnd ich brenne nicht?
V. 30. So ich mich je rühmen soll / will ich mich meiner Schwachheit rühmen.
V. 31. GOtt vnd der Vatter vnsers HERRN Jesu Christi / welcher sey gelobet in Ewigkeit / der weiß daß ich nicht liege.
V. 32. Zu Damasco der Landpfleger deß Königs Aretha / verwahrete die Statt der Damasceer / vnd wolte mich greiffen.
V. 33. Vnd ich ward in einem Korbe zum Fenster auß / durch die Mawr nieder gelassen / vnd entran auß seinen Händen.
V. 1. Es ist mir ja das rühmen nichts nütz / doch will ich kommen auff die Gesichte vnd Offenbarung deß HERRN.
V. 2. Ich kenne einen Menschen in Christo vor vierzehen Jahren / Ist er in dem Leib gewesen / so weiß ichs nicht / oder ist er ausser dem Leibe gewesen / so weiß ichs nicht / GOtt weiß es. Derselbige ward entzuckt biß in den dritten Himmel.
V. 3. Vnd ich kenne denselbigen Menschen / Ob er in dem Leibe / oder auß dem Leibe gewesen ist / weiß ich nicht / Gott weiß es.
V. 4. Er ward entzucket in das Paradeiß / vnd höret vnaußsprechliche Wort / welche kein Mensch sagen kan.
V. 5. Davon will ich mich rühmen / von mir selbs aber will ich mich nichts rühmen / ohn meiner Schwachheit.
V. 6. Vnd so ich mich rühmen wolte / thät ich darumb nicht thörlich / dann ich wolte die Warheit sagen. Ich enthalte mich aber deß / auff daß nicht jemand mich höher achte / dann er an mir sihet / oder von mir höret.
V. 7. Vnd auff daß ich mich nicht der hohen Offenbarung überhebe / ist mir gegeben ein Pfal ins Fleisch / nemblich deß Satans Engel / der mich mit Fäusten schlage / auff daß ich mich nicht überhebe.
V. 8. Dafür ich dreymal dem HERRN geflehet habe / daß er von mir weiche.
V. 9. Vnd er hat zu mir gesagt: Laß dir an meiner Gnade genügen / dann meine Krafft ist in den Schwachen mächtig.
V. 10. Darumb will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit / auff daß die Krafft Christi bey mir wohne.
IN dem äusserlichen Wandel gegen den Menschen / muß ein Christ insonderheit nach
zweyerley trachten / nach einem guten Gewissen / vnd nach einem guten Gerücht.
Das gute Gewissen ist vns nötig für GOtt / denn wo vns vnser Hertz nicht
verdampt / so haben wir eine Frewdigkeit zu Gott / 1. Joh. 3. Darumb ermahnet
Paulus einen Christen / 1. Tim. 1.
Hierumb ists vnrecht / so ein Christ bey jhm selbst gedencket: Wenn ich nur thue was recht ist / vnd ein gut Gewissen habe / was frage ich darnach / was die Leute von mir reden. Nicht also / das leidet die Liebe nicht / insonderheit so einer kan dadurch geärgert werden.
Zwar / es kan kein Christ sich so wol fürsehen in allem seinem Wandel / daß jhm
allerdings kein böses solte nachgesaget werden / konte es doch der fürtreffliche
Apostel Paulus nicht wehren / daß er nicht dem Lästerer ins Maul fiele. Doch
müssen wir mit vnserem Wandel keine Vrsach dazu geben / als denn können wir mit
Paulo getrost der Welt Vrtheil verachten / vnd sagen: Vnser Ruhm
Hierumb hat Paulus wol ertragen können / daß seine Person
Es steckt in diesem Ruhm Pauli ein außbündiges Exempel eines Christlichen Ruhms.
Wie gantz anders lautet der Ruhm eines Christen / als der Welt? Wer sich nun
begehrt zu rühmen als ein Christ / der lerne hie in dem Exempel deß Apostels
Pauli /
WEil der Apostel Paulus jhm fürmimpt / sich selbst zu rühmen / ermahnet er zuvor
vnd bittet seine Corinther / daß sie jhn mit Gedult anhören. Zwar Paulus thut
nicht thöricht daran / daß er sich rühmet / denn er will nur die Warheit sagen /
vnd sich schützen wider die lose Beschuldigung der falscher Brüder / die Paulum
in seinem Ampt vnd Gaben vernichteten / vnd sich vnter einander rühmeten / aber
nur nach dem Fleisch / etwan über etliche leibliche Gaben / als daß sie beredt /
scharffsinnig / vnd dazu auß dem Geblüte Abrahams wären. Doch weil es kunte das
Ansehen haben / es wäre ein thöricht ding / daß Paulus sich selbst rühmet / nach
dem Sprichwort: Eigen Ruhm stincket: wie denn auch verständige Leute sich
vorsehen / daß sie sich nicht leichtlich selbst
Hiebey hat Paulus gleichwol das gute Vertrawen zu den Corinthern / sie werden
diese Thorheit / wo es ja Thorheit seyn soll / ertragen / weil sie an andern wol
mehr ertragen haben: Ihr vertraget gerne die Narren / dieweil jhr klug
seyd;
Zwar es ist eine sonderbare Klugheit / die Narren vertragen; zween Narren
vertragen sich nicht in einem Hause; es gehöret Vernunfft vnd Kunst dazu / daß
man eines andern Thorheit tragen kan. Doch wars allerdings an den Corinthern
nicht zu loben / daß sie von falschen Propheten sich also liessen einnehmen.
Drumb bekommen sie hie einen kleinen Stich. Paulus hatte denselben das
Evangelium auff seinen eignen Vnkosten geprediget / vnd sie zum Christenthumb
geführet; dafür haben sie jhm nichts gethan / haben auch für jhn kein Vngemach
ertragen dürffen. Da aber Paulus den Rücken kehret / kommen andere / vnd ziehen
davon Ehr vnd Gewin / also / daß die Corinther darüber zu
Knechten werden.
Das ist eine Fabel / die GOtt offt spielet. An Gottes Boten will man nichts wenden / oder etwas jhrenthalben erdulden. Darumb schickts GOtt recht / daß wir deß Teuffels Boten vielmehr ehren / vnd jhrenthalben vielmehr erdulden müssen. Denn was man an GOtt ersparet / muß man dem Teuffel tausentfaltig zutragen.
Paulus aber nimbt diß auff zu seinem Vortheil / vnd will so viel sagen: So jhr von andern etwas gelitten habet / solt jhr billich nun von mir auch etwas leiden / vnd mir die Thorheit zu gute halten / daß ich mich auch ein wenig rühme.
Aber wir tretten zu dem Ruhm selbst. In gemein spricht
Absonderlich bringt Paulus zu erst auff die Bahn den fleischlichen Ruhm der
falschen Propheten / die rühmeten sich deß
Eins war das beste vnter allen / darüber sich die falsche Apostel
Wie viel aber hat Paulus / der trewe Knecht Christi / in dem Dienst Christi
gelitten / vnd wie hat er gearbeitet? Höret davon ein gantz Register. In gemein
spricht er: Ich habe mehr gearbeitet
Weiter spricht Paulus: Ich bin einmahl gesteiniget / dreymahl hab ich Schiffbruch erlitten / Tag vnd Nacht habe ich zubracht in der Tieffe (deß Meers) wie geschicht / wann man auffm vngestümen Meer etwan auff Klippen zu sitzen kompt. Hie ist die Wassersgefahr / darinnen er für die Insul Melito gerathen / noch nicht mit eingerechnet / als welche hernach erst sich zugetragen / wie denn ohn zweiffel nachmals auch in andern Stücken diß Register ansehnlich vermehret ist.
Lasset vns nur weiter hören / was für Mühe vnd Gefahr dieser
Doch was bißher erzehlet / ist meistentheils ein zufälliges Leidenet. ernüssen zu halten. Wann eine Gemeine verfolget vnd betrübet
worden / das hat sich Paulus zugezogen. Also ist aller Christlichen Gemeinen
Sorge seine Sorge gewesen. Das mag ja noch wol ein trewer Diener vnd Apostel
Christi heissen.
Dabey erkenne / was einen guten Diener Christi mache. Erkenne / was am Jüngsten
Tage zum meisten wird gelobet werden. Wer diß betrachtet / dem möchts fast leid
seyn / daß er nicht gewürdiget in dieser Welt mehr zu leiden. Ach wie manche
Trübsal ist schon bey vns vergessen / die noch an jenem Tage wird wieder herfür
gesucht / vnd gekrönet werden! Derwegen hat auch Paulus seine Schwachheit / wie
gering vn vnwerth er in der Welt bey seinem hohen Apostel Ampt
gehalten / hie erzehlet / nicht allein zu solchem ende / daß man erkenne / wie
er mit allem Recht kan ein Diener Christi genenet werden; sondern
auch / daß er zeiget / worin er sich rühme.
Damit man nicht meyne / Paulus mach sein Leiden schwerer vnd grösser / als es in
der Warheit sey / oder rede von demselben anders / als ers im Hertzen meyne /
bethewert er seine Rede mit einem göttlichen Zeugnüß / vnd ruffet Gott zum
Zeugen: GOtt vnd
Aber damit ist das Creutz Register noch nicht geendiget. Zum Beschluß hängt er
noch eins hinan / damit er zeiget / welch ein geplagter Mensch er von anfang
seiner Bekehrung gewesen. Zu sich davon gemacht. Paulus war dazu nicht zum Christen
geworden / daß er alsfort durch den Todt sich solt auffopffern lassen / sondern
er solte ein außerwehlter Rüstzeug deß H. Geistes seyn / den Namen Jesus zu
tragen für die Heyden.
Bißher haben wir angehöret ein solches Stück eines Ruhms / das für der Welt
seltsam ist / nun folget ein ander Stück / welches ein jeglicher muß erkennen /
daß es rühmens werth sey. Dazu
Von der Offenbarung selbst redet er also: Ich kenne einen Menschen in Christo / vor vierzehen Jahren / (ist er in dem Leibe gewesen / so weiß ichs nicht / oder ist er ausser dem Leibe gewesen / so weiß ichs auch nicht / GOtt weiß es.) Derselbige ward entzuckt in den dritten Himmel. Vnd ich kenne denselbigen Menschen / (ob er in dem Leibe / oder auß dem Leibe gewesen ist / weiß ich nicht / Gott weiß es.) Er ward entzuckt in das Paradiß / vnd höret vnaußsprechliche Wort / welche kein Mensch sagen kan.
Der Apostel gibt so viel zu verstehen / daß er von einer Sache rede / die gewiß
ist / Ich weiß es / will er sagen / vnd bin der Sache gewiß; Ich weiß / wie ein
Mensch in Christo Jesu ist in den dritten Himmel verzuckt. Eine Verzuckung
heisst / wen ein Mensch von den sichtbaren vnd sinnlichen
Creaturen / die vmb jhn seynd / gezogen / vnd zu was anders geführet wird / das
sonst dem Fleisch vnsichtbar ist; es geschehe im Gesicht / oder in der Warheit.
Von solcher Verzuckung redet Paulus hie auch.
Hiebey fallen vnterschiedliche Vmbstände zu betrachten für.
Den Ort / dahin er verzuckt / nennet er den dritten Himmel vnd das Paradiß. Es
seynd mancherley Himmel / insonderheit werden dreyerley erzehlet / der sichtbare
Himmel / der einmal mit krachen zergehen muß; der Kirchen-Himmel / in welchem
Michael vnd seine Engel streiten mit dem Drachen; der Triumph-Himmel / darin
GOtt nach seiner Herrligkeit sich seinen Außerwehlten / beydes Engeln vnd
Menschen offenbaret. Der heisset der dritte / allerhöchster vnd fürtrefflichster
Himmel. Der heisset auch das Paradiß / wie jhn auch Christus nennet / wenn er
den armen Sünder
Wie es eigentlich mit der Entzückung zugangen / weiß Paulus selbst nicht. Denn er
spricht zu zweyen mahlen: Ob er in dem Leibe oder ausser dem Leibe gewesen ist /
weiß ich nicht / GOtt weiß es. Damit er andeutet / wie gar wunderlich es sey
zugegangen / daß er selbst nicht sagen kan / wie jhm geschehen. In gemein kan
eine Entzuckung geschehen auff dreyerley weise; entweder daß fürs erste die
Seele vom Leibe gescheiden / vnd zu dem Ort der himlischen Seligkeit gezogen
werde; oder daß zum andern / Leib vnd Seel zugleich dahin geführet werde; oder
daß zum dritten die Seele in dem Leibe den Zustand der himlischen Seligkeit
empfinde / ob sie schon dem Wesen nach an den Ort der Seligkeit nicht kompt.
Diese dritte art scheinet / als habe sie hie keine statt / sintemal der Apostel
nicht von einem blossen Gesicht / sondern einer warhafftigen Versetzung redet /
vnd durch den dritten Himmel nicht allein den himlischen Zustand / sondern auch
den Ort der
Da nimb wahr ein Fürbilde deines Todes. Einer glaubigen Seelen wird bey jhrem Abschied nicht anders zu muthe seyn / als Paulo bey seiner Entzuckung. Sie wird auß dem Leibe scheiden / als würde sie entzuckt / vnd wird nicht wissen / wie jhr geschehe / ob sie im Leibe sey oder ausser dem Leibe: weil sie eine solche vngewöhnliche hohe Herrligkeit für sich findet. Nimb auch hie ein Fürbild einer geistlichen Himmelfahrt / welche geschicht durchs Gebet / vnd durch glaubige Andacht. Da sollstu deine Seele / so viel müglich ist / erfreyen von allen weltlichen vnd frembden Gedancken / gleichsam als wärestu entzuckt / vnd also Gott im Geist anbeten.
Wiewol nun Paulus nicht eigentlich weiß wie es zugangen / so erkennet er doch / es sey in Christo vnd durch Christum geschehen. Damit gibt er seinem HErrn Jesu alle Ehr / daß durch seine Gnade vnd Krafft diese Entzuckung geschehen sey. Erkenne hie im Fürbilde / wie niemand kan gen Himmel kommen / es sey denn / daß er sey in Christo. So lang das Hertz an der Welt klebet / kan es nicht über sich; wo es an Christo klebet / so muß es seyn da Christus ist; wo das Haupt ist / dahin kommen auch die Glieder.
Es gedenckt der Apostel auch der Zeit / wenn diese Offenbarung geschehen: Vor
vierzehe Jahren / spricht er. Man hält dafür / daß diß falle
auff die Zeit / da Paulus vnd Barnabas außgesondert vnd außgesandt wurden durch
den H. Geist / das Wort mit allem Ernst vnter die Heyden zu tragen / davon zu
lesen im
Was hat er nun in dieser Entzuckung erfahren? Er höret vnaußsprechliche Wort /
die kein Mensch sagen kan. So muß man nun die Geheimnüssen deß Reiches Christi
so gering
Solche vnaußsprechliche Worte hat GOtt Paulum zu hören gewürdiget / daß beydes er als ein Apostel / vnd wir als seine Schüler festiglich bekräfftiget würden / in der Hoffnung / die wir an Christo haben.
Niemand darff läugnen / daß diß nicht eine grosse Gnade an Paulo gewesen sey /
denn kaum einer vnter allen Propheten gewesen / der zu einer solchen klaren
Offenbarung gezogen. Von Mose zwar stehet geschrieben / daß er mit GOtt von
Angesicht zu Angesicht geredet / aber zu der sichtbaren vnd sinnlichen
Offenbarung in den dritten Himmel ist er nicht kommen. Daher ziehet Paulus
billich diese hohe Offenbarung zu seinem Ruhm mit an / vn
spricht: Davon will ich mich rühmen. Er thut aber hinzu: Von er an mir sihet /
oder vo mir höret. Die Offenbarung deß HERRN sihet Paulus an /
als eine Gnade in Christo. Wenn er dieselbe ansihet / als einen Vorzug vor
andern Menschen / begehret er sich derselben nicht zu rühmen / damit er sich
nicht bey sich selbsten erhebe. Wenn er aber bedenckt / wie gewiß er ist der
Seligkeit / die er hoffet in Christo Jesu / welche er auch allen Glaubigen
versprochen hat / rühmet er sich billich solch eines
Wie aber? mag man sich der guten Gaben vnd Thaten gar nicht rühmen? Paulus spricht: So ich mich rühmen wolte / thät ich darumb nicht thörlich / denn ich wolte die Warheit sagen. Wenn ein Christ nichts anders sucht als die Warheit / allermeist wenn man jhn in seinem Ampt angreiffet / mag er wol herfür bringen / wie Gottes Gnad in jhm nicht vergebs gewesen sey. Doch will sich der Apostel dieses Ruhmes enthalten / damit er niemand Vrsach gebe / mehr von jhm zu halten / als sichs gebühre.
Man möchte sagen: Paule / du hast dich schon so hoch gerühmet / daß du nicht
höher kanst / denn wer kan sich solcher Offenbarung rühmen / wie du? Das
bedenckt der Apostel gar wol / drumb erzehlet vnd rühmet er die göttliche
Weißheit vnd Fürsichtigkeit /
Hie merck zu erst auff die bittere Angst deß Apostels Pauli / wie jhm ein Pfal
ins Fleisch gegeben / deß Satans Schrecken zugesetzet / wie er in der ersten an die
Corinther am 2. bekennet /
Merck ferner auff die Vrsach dieses Creutzes / warumb Gott es dem Apostel zugesandt. GOtt will verwehren / daß er sich nicht überhebe / allermeist der hohen Offenbarung. GOtt hat viel grösser Wolgefallen an der lieben Demuth / als an grossen Gaben vnd Wissenschafft. Darumb wenn er einem Christen feine Gaben gegeben hat / die jhm könten einen Muth machen / schickt er jhm dabey ein solch Creutz zu Hauß / das jhn kan fein niederhalten / damit er nicht stoltz werde. Oeine edle Frucht auff einem rauhen Baum!
Was erfindet aber Paulus für einen Rath wider diesen Knüttel deß Satans? Diß ist
das dritte hie zu mercken. Seine Kunst ist beten / wie er selbst bekennet / daß
er dreymahl dem
Was erlanget aber Paulus mit seinem flehen? Das ist das vierdt vnd letzte hie zu
mercken. Da möchtestu dich verwundern / denn er erlanget nicht / was er suchet /
sondern der HERR saget zu jhm: Laß dir an meiner Gnade genügen / denn meine
Krafft ist in den Schwachen mächtig. Das ist zum theil eine harte Antwort / denn
es will der HERR so viel sagen: Paule / gib dich nur in Gedult. Was du trägest /
mustu tragen biß ans Ende. Hie wird kein auffhören seyn. Das solte einen wol
bestürtzet machen. Ich kenne auch einen / der zuweilen dem HERRN in einer Sache
hefftig geflehet hat / vnd gemeynet / er müste erlangen was er begehrte / da
aber das Widerspiel kam / ward er jrre. Denn
Doch ists tröstlich / daß der HERR gleichwol zu dem flehen seines Knechtes nicht
still schweiget / sondern er antwortet darauff. Das Gebet muß nimmer vergebs
seyn / bringts nicht Hülff nach vnserm Wunsch / bringts doch Trost. Vnd eben
darinnen / daß der HERR spricht: Laß dir an meiner Gnade genügen / denn meine
Krafft ist in den Schwachen mächtig; steckt ein überauß süsser Trost für
betrübte Hertzen / vnd sollen billich alle Creutzträger diese göttliche Antwort
fest in jhr Hertz fassen vnd versiegeln / daß sie derselben in allem Anligen
sich erinnern / sonderlich wen die Noth recht drucket. Dadurch werden wir
erinnert der Gnaden Gottes. Wir haben nichts denn Schmach vnd Pein verdienet /
vnd das ewige höllische Fewr. Wenn denn GOtt nicht mehr thäte / als daß er vns
Vergebung der Sünden vnd ewige Seligkeit in Christo angetragen vnd geschenckt
hat / wäre es Gnade genug / wenn schon der Leib vnser Lebenlang soltehungerig /
heßlich / schwach vnd kranck seyn. Eine absonderliche Gnade aber ists / daß eben
in vnd durch vnsere Schwachheit vnd Trübsal Gott seine Krafft in vns vollführen
will. O wüste ein Mensch / wozu jhm seine Schmach vnd Schwachheit dienen müste /
er würde es tausentmal lieber haben / als nicht haben. Es ist nicht außzufagen /
was Gott in der Schwachheit wircket / wie mehr der Mensch bey jhm selbst zu
nicht wird / je grösser wird in jhm Gottes Krafft.
Daher macht endlich Paulus diesen Schluß / welcher auch soll vnser seyn: Darumb will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit / auff daß die Krafft Christi bey mir wohne. Darumb bin ich gutes Muths in Schwachheiten / in Schmachen / in Nöthen / in Verfolgungen / in Engsten / vmb Christi willen. Denn wenn ich schwach bin / so bin ich starck. Je schwächer in mir / je stärcker in GOtt. Finde ich Schmach in der Welt / habe ich Vrsach meine Ehre in Christo zusuchen. Werd ich arm in der Welt / finde ich Vrsach / meinen Reichthumb zu suchen in Christo. Wenns auch endlich dahin kompt / daß ich bey mir gantz zu nichte werde / als im Todt / da muß mir Christus alles seyn.
Damit endiget sich diese zimlich lange Epistel / welche ich für meine halte / kan aber wol leiden / daß ein ander sie auch für seine halte. Je schwerer das Anligen / je lieber wird vns dieser Text. Denn hie sehe ich / daß ich mich fort dessen nicht schämen darff / dessen ich mich schäme / vnd finde so reichen Trost daneben in meinem lieben HErrn JEsu.
So erkenne nun / lieber Christ / welches das beste Stück vnsers Christlichen Ruhms sey. Es ist eine art deß Ruhms / die gemein ist; die laut so: Ich bin ein Ebreer / Ich bin Abrahams Saame / Ich bin Adeliches Geblüts / Ich bin reich / ansehnlich / weise vnd gelehrt. Ist das aber wol so groß Ding / daß sich einer deß erhebe / vnd drüber in der Warheit vnd für GOtt rühme? Drumb gibt das nur einen thörichten vnd vnnützen Ruhm. Was mit der Welt vergehet / ist der Würde nicht / das sich ein Christ deß rühmen soll.
Eins ist / das Ruhms würdig ist / daß man GOtt kenne / vnd
Hiezu kompt noch eins / deß sich ein Christ rühmen kan / vnd heisst Schwachheit / das ist allerley Leyden / Noth vnd Gebrechligkeit / vnd das allein ist / das ein Mensch in sich findet / das rühmens werth ist. Es zieret zwar GOtt seine Kinder auch mit geistlichen Gaben an Seel vnd Gemüth / vnd da es noth thut / kan sich ein Christ dessen dem Lästerer zu trutz rühmen. Aber es ist vns nicht nützlich / daß wir vns dessen offt vnd viel rühmen / das macht nur einen stoltzen Muth. Eben wie ein Christ keinen Ruhm bey Menschen begehret / vmb zeitlicher Güter willen / so sucht er auch keinen weltlichen Ruhm wegen der geistlichen Gaben / oder wegen geistlicher Offenbarung vnd Erquickung. Er begehret deßwegen für der Welt nicht gesehen seyn. Was aber in der Welt vns könte schimpfflich seyn / deß müssen wir vns zum meisten rühmen.
Die Welt kan sich hierin nicht rühmen. Solt ein Weltkind gequälet / vnter gedruckt / vnd erniedriget werden / darüber in Verachtung gerathen / vnd sich drüber frewen / vnd sich dessen rühmen? ja das wolt er wol thun. Ein Weltkind schämet sich seiner Schwachheit / vnd wird vnwillig über alles / was jhn in der Welt gering macht. Denn seine Lust ist / in Ehr vnd gemach leben / etwas für andern seyn / jmmer oben auß. Darumb kan er sich nicht rühmen als ein Christ. Wer sich rühmet als ein Christ / der rühmet sich deß Creutzes / dessen sich die Welt schämet.
Ein Weltkind soll sich auch dessen nicht rühmen / er ist nicht geschickt dazu.
Wann er Vngemach leidet / vnd in Spott fällt / solt das ein Ruhm seyn? mit
nichten. Denn Schwachheit vnd Leiden ausserhalb der Gnaden ist kein Ruhm. Die
Schwachheit aber vnd das Creutz vnter der Gnaden ist ein grosser Ruhm. Denn
allein was einer thut oder leidet in Christo / ist GOtt angenehm:
So bleibts nun ein Ruhm für Christen / die bey GOTT in Gnaden seyn / die mögen sich deß Creutzes rühmen. Was soll aber das für ein Ruhm seyn? ein recht guter Ruhm. Nicht zwar für der Welt / denn da ists verächtlich. Doch aber ists rühmlich in der Warheit vnd für GOtt / ja auch für alle rechtschaffene Christen. Wer ein Christ ist / vnd Christlich urtheilet / muß es für ein Ruhm an mir halten.
Denn erstlich komm ich durch viel Schmach vnd Leiden zur Gesellschafft vnd Ordnung aller Heiligen. Paulus stellet sich hie auff zum Exempel eines recht geplagten Menschen. Andere Heiligen haben jhr theil auch gehabt. Was wollen wir aber viel auff arme Menschen sehen? Lasst vns sehen auff den Heiligen aller Heiligen / den Sohn deß hochgelobten Gottes / hat der nicht müssen Schmach / Streiche / Schläge leiden / als der allerunwertheste vnter allen Menschenkindern. Dessen hat sich Christus nicht geschämet / sondern zu seinen Ehren auffzeichnen lassen. Mit Christo vnd allen Heiligen in eine Gesellschafft tretten / ist das nicht Ehren werth? Hernach beweists einen guten Diener Christi / viel in Christo vnd vmb Christi willen gelitten haben. Drumb wird alles Leiden der Christen zu jhrem Ruhm in ein Register von Gott verzeichnet / vnd anjenem Tage verlesen werden. Vor allen aber hat ein Christ sich deß Creutzes zu rühmen / weil die Krafft Christi darin starck wird. Wenn der Apostel das von GOTT höret: Meine Krafft ist in den Schwachen mächtig / fähret er herauß / vnd macht einen Schluß: So will ich mich nun am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit / auff daß die Krafft Christi bey mir wohne. Darumb bin ich gutes Muthes in Schwachheiten / in Schmachen / in Nöthen / in Verfolgungen / in Engsten vmb Christus willen / denn wenn ich schwach bin / so bin ich starck.
Dessen sey nur ein Christ versichert / daß die Krafft Christi in jhm nimmer
stärcker wird / als in der Schwachheit. Es kan weder Christus / weder Wort /
weder Glaube in vns starck seyn / wo der Leib nicht in Schwachheit vn Nöthen steckt. Durch Schwachheit vnd Creutz bringet Christus die
liebe Demuth in die Seele. Der fleischliche Sinn will nur jmmer über sich. Wer
was sonders hat / will auch was sonders seyn / vnd darin vor andern gesehen
seyn. Wenn aber Christus mit dem Creutz kompt / lernen wir Demuth; wie denn
Paulus eben darumb hat müssen Schläge leiden von deß Satans Engel / daß er sich
nicht überhebte seiner hohen Erleuchtung. Wenn eine fromme Seele mit Gaben von
GOtt vor andern gezieret / so kan sie die Gnade Gottes an jhr nicht läugnen;
wenn sie aber auff die Schwachheit sihet / das sie in der Welt klein vnd gering
macht / wird sie niedrig vnd demütig / vnd vmb der Schwachheit willen / damit
sie geängstet vnd betrübet wird / achtet sie alle andere Christen höher denn
sich / welches ist die rechte Demuth. Durch Schwachheit vnd Creutz wird der
Glaub vnd das Vertrawen zu GOTT gestärcket / vnd das Gebet brünstig gemacht.
Ausserhalb der Noth ist das Gebet so kalt / aber Noth lehret
Darumb ists ja wahr: die Krafft Christi ist in der Schwachheit starck. Je grösser Noth / je näher GOTT. Die natürliche Kräffte werden starck / wenn sie wachsen / vnd werden schwacher / wenn sie abnehmen. Die geistliche Kräffte / das Wort vnd das Reich Gottes in vns / wird so viel stärcker / so viel mehr der äusserlicher Mensch vntergedruckt wird. Die Schwachheit ist das nicht / auß welchem GOtt eine newe Erde vnd einen newen Himmel bawen will.
So ist nun ja die Schwachheit vnd das Creutz ein vornehmes Stück eines
Christlichen Ruhms. Wir kommen dadurch in die Ordnung aller Heiligen / werden
erfunden als rechtschaffene Diener Christi / vnd die Krafft Christi will bey vns
wohnen. Daher rühmet sich Paulus nicht hie allein seiner Schwachheit / sondern
allenthalben / da er der Trübsalen gedenckt / gedenckt er derselben in Ehren /
als welche den Christen eine Ehre seyn. Hätten
Also seyn zusammen zwey Stück deß Christlichen Ruhms / die Gnade Gottes in der
Schwachheit; vnd die Schwachheit vnter der Gnaden. Eins ist in GOtt / das ander
in vns. Wenn wir gedencken an die Hoheit / die wir durch Christum an GOtt haben
/ können wir / wie Paulus / sagen: Ich kenne einen Menschen in Christo / der hat
sein Theil im dritten Himmel. Davon will ich mich rühmen / von mir selbst aber
will ich mich nichts rühmen / als
Diß wird nicht darumb gelehret / daß mans nur wisse / sondern daß mans in die
Vbung bringe. Ausserhalb der Trübsal ist gut davon zusagen / in Schmach vnd
Trübsal aber ists schwer zu üben. Solts darumb nur Wortwerck seyn? das sey fern.
Wer ein Christ ist / vnd sich rühmen will / der rühme sich als ein Christ. Hüte
dich / daß du dich dessen nicht schämest / dessen du dich rühmen soltest; vnd
daß du dich dessen nicht rühmest / dessen du dich schämen soltest. Wenn wir
vnsere Gaben ansehen / vnd den Vorzug / den wir in der Welt haben / achten wir
vns hoher Ehren würdig.
Aber das ists / das so schwerlich in vns will. Denn wo will man den finden / der
mit Paulo seine Schmach vnd Schwachheit für seine Ehre will halten? Dennoch so
du von dir halten wilst als ein Christ / mustu dich alsdenn für hoch achten /
wenn du vntergedruckt wirst. Die Meynung ist nicht / als wann vnser Fleisch zur
Schmach vnd Schwachheit allezeit grosse Lust haben könte. Nein / dem Fleisch
bleibts ein bitter Creutz. Derwegen wenn du merckest / daß du dich deiner
Schwachheit vnd Gebrechligkeit schämest / so schließ als bald darauß / daß
solches ein Werck deß alten Menschen sey / der noch in dir steckt. Doch aber im
Geist must
Also achte vnd urtheile auch von andern. Wenn du einen frommen Christen sihest / der mit Gebrechen / Schwachheit vnd Plagen gedruckt wird; sprich nicht: das ist ein vnglückseliger Mensch; sondern: der Mensch muß GOtt sonderlich lieb seyn. Von den ruchlosen vnd stoltzen magstu anders urtheilen / aber bey einem rechtschaffenen Christen solstu die Schwachheit nicht anders als seine Ehre halten. Hüte dich ja / daß du jhn deßwegen nicht verachtest / sondern gedencke / daß es zu seinem Ruhm mit gehöre.
Es könte einer fragen: So ich Trübsal für Ruhm achten soll / muß ich denn nicht drauff gedencken / wie ich der Trübsal ledig werde? Hat GOtt selbst nicht befohlen / jhn in Nöthen anzuruffen / vnd verheissen / Er wöll vns erhören vnd erretten? Freylich ists nicht verbotten / in Trübsal GOtt anzuruffen; sondern wenn dir Trübsal vnd Leiden zur Hand stosset / so lauff alsfort mit deinem Gebet zu GOtt / wie auch Paulus that / wenn jhn deß Satans Engel mit Fäusten schlägt. So aber damit das Leiden nicht will ablassen / so gedencke an diese Antwort: Laß dir an meiner Gnade genügen; vnd sprich: Soll ich denn ja leiden / so will ich leiden im Namen deß HERRN / vnd mir an seiner Gnade lassen begnügen. Ich sehe wol / daß auch diß soll meines Ruhms ein Stück seyn.
Fasset nun ewren Trost / jhr Schwache / Betrübte vnd Verschmähete. Wer GOtt fürchtet / kan ohn Anfechtung nicht seyn. Da begibts sich gemeiniglich / daß grosse Gaben vnd groß Creutz sich beysammen finden. GOtt weiß die seinen mit feinen Gaben zu zieren / vnd mit süsser Gnade zu erfrewen / Er kennet aber auch vnsere Natur / wie leicht sie sich erheben kan / drumb leget er den Knippel beym Hunde / schicket vns heimlich Leiden zu Hauß / welches vns sehr zu Hertzen gehet. Da fähet mancher an zu gedencken: Ach deß schweren Vnfalls! nun mustu ja bey jederman veracht seyn; dieser Vnfall wird dich hie vnd dort verhindern. Das merckt vns bald ab deß Satans Engel / der macht das Fewr noch grösser / vnd plaget die arme Seele also hart / daß sie vielmehr begehre todt / als lebendig zu seyn. Der fromme Paulus entgehet einer Anfechtung / vnd fällt in die andere / vnd trägt daneben allezeit das vnauffhörliche plagen deß Satans in dem heimlichen Leiden. Ein jeglicher frommer Christ wird das seine empfinden. Gutes thun / vnd Widerwärtigkeit leiden / ist bey den Frommen allzeit beysammen.
Doch gutes Muthes / lieber Christ / dein Ruhm ist / daß du in dir zu nicht / vnd
in GOtt groß vnd selig bist. Drumb sprich:
Hie bekümmert sich mancher / daß er zwar etwas leide / aber nicht sihet / wie er
in Christo leide. Denn daß Paulus sich seines Leidens rühme / deucht vns viel
ein anders seyn; der hat den Namen Christi für die Heyden getragen / vnd darüber
viel außgestanden / das ist billich rühmens werth. Was kompt vnser Leiden dabey?
Wir leiden von vngefehr / nicht eben vmb deß Namens Christi willen. Nun so wisse
/ wenn du dein Leiden annimbst / als das von GOtt dir zugesandt / vnd deßwegen
mit Gedult ertragest / so leidestu eben so wol in Christo / als Paulus. Die
Gottlosen leiden für jhre eigene Vbelthat; wir aber / die wir durch den Glauben
in Christo seyn / leiden in Christo vnd vmb Christi willen. Vmb Christi willen
seynd wir dem Teuffel verhässig / daß er mit allem Grimm auff vns zusetzet. Vmb
Christi willen hält vns auch vnser himlischer Vatter vnter die Züchtigung / daß
wir bewehret in
So halte nun nicht geringschätzig von deinem Leiden / vnd vergesse nimmermehr deß süssen Trostes dessen / der zu dir spricht: Laß dir an meiner Gnade genügen. Damit dein holdseliger HERR JEsus so viel zu dir saget: Sey zu frieden / meine liebe Seele / ob du schon in der Welt gering bist / was schadet dir das? laß dir genug seyn / daß ich viel von dir halte / dich liebe vnd ehre. Solte ich dir nicht mehr seyn als alle Menschen? oder ist dir zu gering die Seligkeit / die du in mir hast / die doch vnaußsprechlich ist? Sihe / meine Krafft soll in deiner Schwachheit mächtig groß seyn. Ja / lieber HERR Jesu / solch Vertrawen tragen wir zu dir. Deß Satans Engel schlägt vnd ängstiget auch vns / Du aber / lieber JEsu / wirst mit deiner Krafft bey mir wohnen. Das glaube ich / darumb tröste ich mich / vnd rühme mich deiner Gnaden / die groß ist in meiner Schwachheit; vnd meiner Schwachheit / die ich trage vnter deiner Gnade / dessen will ich mich rühmen / so lang ich hie bin. Wenn du mich aber wirst zu dir im Fried hinnehmen / werde ich ewige Frewde an deiner Herrligkeit haben. HErr Jesu wenns dir gefällt / AMEN.
V. 1. LIeben Brüder / Wenn ich mit Menschen vnd mit Engel Zungen redet / vnd hätte die Liebe nicht / so wäre ich ein thönend Ertz / oder ein klingende Schelle.
V. 2. Vnd wann ich weissagen könte / vnd wüste alle Geheimnüß / vnd alle Erkäntnüß / vnd hätte allen Glauben / also / daß ich Berge versetzet / vnd hätte die Liebe nicht / so wäre ich nichts.
V. 3. Vnd wann ich alle mein Haab den Armen gebe / vnd liesse meinen Leib brennen / vnd hätte der Liebe nicht / so wäre es mir nichts nütze.
V. 4. Die Liebe ist langmütig vnd freundlich / die Liebe eyffert nicht / die Liebe schalcket nicht / sie blehet sich nicht.
V. 5. Sie stellet sich nicht vngeberdig / sie suchet nicht das jhre / sie lässt sich nicht erbittern / sie gedencket nichts arges.
V. 6. Sie frewet sich nicht der Vngerechtigkeit / sie frewet sich aber der Warheit.
V. 7. Sie verträgt alles / sie glaubet alles / sie hoffet alles / sie duldet alles.
V. 8. Die Liebe wird nicht müde / so doch die Weissagungen auffhören werden / vnd das Erkäntnüß auffhören wird.
V. 9. Denn vnser Wissen ist Stückwerck / vnd vnser Weissagung ist Stückwerck.
V. 10. Wann aber komen wird das Vollkommene / so wird das
Stückwerck auffhören.
V. 11. Da ich ein Kind war / da redet ich wie ein Kind / vnd war klug wie ein Kind / vnd hatte kindische Anschläg. Da ich aber ein Mann war / thät ich ab was kindisch war.
V. 12. Wir sehen jetzt durch einen Spiegel / in einem tunckeln Wort / denn aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ichs stückweise / denn aber werde ichs erkennen / gleich wie ich erkennet bin.
V. 13. Nun aber bleibet Glaub / Hoffnung / Liebe / diese drey / aber die Liebe ist das grössest vnter jhnen.
GLeich wie GOtt den leiblichen Himmel mit dem Glantz vieler vnd vnterschiedlichen
Sternen außgeschmücket hat / also hat er auch nicht vergessen / den geistlichen
Himmel zu zieren. Vnd wie in Christo alle Schätze der Weißheit verborgen ligen /
also hat er auch in der Kirchen Christi außgetheilet einen grossen Reichthumb
himlischer Weißheit / vnd mancherley
Wie aber der Schlangen Samen alles gutes in vns verdorben hat / so verderbt er auch durch die schändliche Hoffart diese geistliche Gaben. Wie viel seyn / die der Gaben recht gebrauchen / die sich herunter halten zun niedrigen / vnd jhren Nechsten damit dienen? Wer was sonders hat / suchet darin seinen Ruhm vnd Ehre / daß er für andern gesehen werde. Mancher soll wol wünschen / daß er alles alleine wäre / vnd andere nichtes / vnd gemeiniglich / wenn einer eine sonderliche hohe Gabe hat / mag er nicht leiden / daß jhm ein ander gleich sey / viel weniger daß jhm einer darin zuvor komme. Es soll wol einer predigen von Liebe vnd Demuth / auffs allerköstlichste / der aber nicht gerne sihet / daß es jhm ein ander nachthue / damit er den Ruhm alleine habe / damit ist dann die gute Gabe verdorben / vnd ist der Mensch nichtes / wann er auch noch so hohe Gaben hätte.
Darumb ist vonnöthen / sich wol fürzusehen / daß die herrliche Gaben Gottes durch
den Schlangen Saamen nicht geschändet werden. Wie solches muß zugehen / zeiget
Paulus in vorhabender Lection / denn da er im vorhergehenden 12. Capitel viel
von den Gaben Gottes geredet / schliesset er dasselbe mit diesen Worten: Strebet
nach den besten Gaben / vnd ich will euch noch
Wann vns denn allen von Natur angeboren ist / gerne etwas zu seyn / sollen wir billich die Vernunfft brauchen / darauff zu schen / nicht was für der blinden Welt sondern was für GOTT vns berühmt vnd herrlich machet / wie vns solches Paulus lehren soll. GOtt aber gebe dazu seine Gnade / Amen.
DReyerley wird in dem 13. Capitel der ersten an die Corinther von der Liebe fürgetragen. Erstlich / wie nötig sie sey zu allen guten Gaben / Zum andern / was jhre Eigenschafften / Zum dritten / wie sie für allen Gaben ewig bleibe.
So spricht nun Paulus anfänglich also: Wenn ich mit Menschen vnd mit Engel Zungen
redete / vnd hätte der
Hie ist in gemein zu mercken / daß der Apostel nicht sage / ein Mensch könne mit
Engel-Zungen reden / vnd alle Geheimnüß wissen / denn wie Johannes zum Befchluß
seines Evangelij zeiget / so kan die Welt nicht begreiffen / alles was von
Christo könte geschrieben werden / vnd welcher Mensch wolte sich vnterstehen /
zu erreichen den Abgrund aller Geheimnüß. So saget auch Paulus nicht / daß ein
Mensch / der allen Glauben habe / alle Geheimnüß wüste / vnd mit Engel-Zungen
davon reden kan / ohne Glauben seyn könne / das sey so oder nicht / gilt es hie
gleich / Paulus machet hie alleine die Liebe nothwendig / vnd will so viel sagen
/ wann es müglich wäre / daß ein Mensch alle diese Gaben hätte / vnd hätte doch
die Liebe nicht / so wäre er nichts. Auff solche weise kan ich sagen / wann du
dann ein Gott wärest / vnd hättest die Liebe nicht / so wärestu nichts / damit
sage ich nicht / daß du Gott seyest / oder daß Gott ohne Liebe seyn könne /
sondern daß die Liebe so nötig zu guten Wercken vnd Gaben sey / daß Gott auch
nicht könte Gut oder
Nun wollen wir absonderlich ansehen die Gaben / gegen welchen hie die Liebe
gehalten wird / vnter denen ist die erste / die Kundschafft der Sprachen / vnd
die Wolredenheit: Wenn ich mit zeuget von solchem / wo er nicht die Liebe habe / so sey er ein
thönend Ertz vnd klingende Schelle. Ein Ertz gibt einen Schall von sich / ist
aber ohne Geist vnd Leben. Gesetzet nun / daß ein Mensch über alle menschliche
weise mit allen Sprachen reden könte / vnd wäre ohne Liebe / vnd suchte seine
eigene Ehre / so würde doch seine Kunst für Gott nicht mehr gelten / als das
klingend einer Schelle / es ist ein Schall / vnd nichtes mehr / ohne Geist vnd
Glauben.
Die andere Gabe ist Wissenschafft vnd Erkäntnüß: Vnd wenn ich weissagen könte /
vnd wüste alle Geheimnüß
So seynd es ja freylich trefflich schöne vnd herrliche Gaben / weissagen / alle Geheimnüß wissen / alle Erkäntnüß vnd allen Glauben haben / dennoch so es müglich ist / daß ein solcher Mensch lebe / vnd dennoch ohne Liebe sey / so ist er doch nichts / für Menschen würde er ein Ansehen haben / GOTT aber gefällt er gar nicht.
Die dritte Gabe ist die Vbung aller Tugend vnd Gedult: Wenn ich all meine Haabe den Armen gebe / vnd liesse meinen Leib brennen / vnd hätte der Liebe nicht / so wäre es mir nichts nütze. Damit wird vns fürgesetzet ein Mensch / der alles gutes thut / das ein Mensch thun kan / vnd alles leidet / was ein Mensch leiden kan. Denn was kan man höher thun oder leiden / als wann ein Mensch sein Haab vnd Gut / dazu sein Leib vnd Leben dahin gibt. Doch saget Paulus / hat er die Liebe nicht / so ists jhm nichts nütze / er wird deßwegen keinen Lohn bey GOtt bekommen / hat er seinen Ruhm in der Welt gesuchet / so hat er seinen Lohn dahin.
Also bleibet nun die Liebe das nothwendigste zu allen Gaben /
Halte hiegegen / was Christus saget Matth. 7. Es werden
Erkenne doch / lieber Mensch / was du bist ohne die Liebe / vnter tausenden ist nicht einer / der alle Geheimnüß verstehe / vnd davon mit Engelischen vnd aller Menschen Zungen reden könne. Wann dann das für GOtt nichts gilt / der die aller für trefflichsten Gaben hat / vnd nicht in der Liebe ist / was will doch der Mensch gelten / der fort so grosse Gaben nicht hat / vnd doch darin will ein Ansehen haben / leer ohne Liebe vnd Demuth? Sprichstu / das ist mir Nutzes genug / wann ich Ruhm vnd ansehen in der Welt habe; so setze dir für Augen alle Menschen / von anbegin der Welt / die jemals Ruhm vnd Ansehen gehabt haben / was haben sie da von / so sie nicht von GOtt geehret werden? Was solte wol der grosse Alexander dafür geben / daß er nie ein König gewesen wäre / vnd nur theil am Reiche Christi haben möchte? Hastu nun keinen andern Nutzen von deinen Gaben / als den Ruhm für der Welt / so bleiben dennoch alle deine Gaben dir vnnütze in alle Ewigkeit.
Man könte auch hie gedencken / gilt der Mensch ohne die Liebe nichtes für Gott / so muß ja vor der Glaube mit Liebe geschmücket seyn / ehe er selig machet. Da ist freylich wahr / es ist kein rechtschaffener Glaube / der nicht in der Liebe thätig ist; doch ist dieses dabey zu mercken / der Glaube hat seine Krafft nicht von der Liebe / sondern die Liebe kommet auß dem Glauben / vnd wircket alles was Gott wol gefällig ist.
Wann nun offenbar ist / wie nothwendig die Liebe zu allen Gaben sey / so muß man ja auch der Liebe Eigenschafft wol wissen / die erzehlet Paulus in folgender Ordnung; welches denn in dieser Lection das ander Stück ist.
1. Die Liebe ist langmütig. Sie kan viel dulden vnd
2. Die Liebe ist freundlich. Sie ist niemand beschwerlich / mit sauren Worten oder Geberden. Sie erzeiget sich gutwillig / daß jeder man wol mit jhr kan vm bgehen. Wer nun Vnfreundligkeit bey sich findet / der findet mangel in der Liebe.
3. Die Liebe eyffert nicht. (Non est zelosa.) Sie ist nicht neidisch / vnd eyffert nicht / lässt jhr auch nicht verdriessen / so es einem andern besser gehe / als vns selber. So nun einer entrüstet wird darüber / daß ein ander besser Glück findet / denn er; der wehre der bösen Natur / vnd halte ein / vnd er kenne daneben seinen mangel in der Liebe.
4. Die Liebe treibet nicht Muthwillen. Sie reisset dem Nechsten keine Schalckspossen / mit schimpffieren / bespotten / vnd andere Beleidigung / wie die thun / die einen hochmütigen Geist haben. Wer lust zu solchem Muthwillen hat / vnd redet vnd thut / was einem andern schimpfflich ist / der hat mangel an der Liebe.
5. Die Liebe blehet sich nicht. Sie ist nicht auffgeblasen vnd ruhmrätig; hält sich nicht höher denn andere / vnd veracht niemand. Die auffgeschwollne hochfahrende Geister seynd weit von der Liebe.
6. Die Liebe stellet sich nicht vngeberdig / wie die zornige vnd storrige Köpffe.
Denn wo Zorn / Vngedult vnd Hochmuth wohnet / da entspringet leicht eine
vngeberdige Gestalt im Gesicht / vnd bricht auß auff der Zungen. Von Christo ist
geweissaget: Er wird nicht murrisch noch grewlich seyn.
7. Die Liebe suchet nicht das jhre. Sie ist nicht eigennützig. Es ist jhre Lust /
wann sie andern Nutz schaffen kan.
8. Die Liebe lässet sich nicht erbittern. Leicht kan ein geringes ding zu Zorn Vrsach geben. Aber da hütet sich die Liebe / daß sie es zur Verbitterung nicht kommen lässt / vnd zu hefftig zürne. Bey vielen schäumet der Gifft über / vnd schüttet einen bösen Fluch durch den Mund auß / wider den Nechsten. Das verwehret die Liebe / vnd will lieber segnen / denn böses wünschen. Vber Boßheit vnd Gottlosigkeit muß man zürnen / denn auch Christus das vnbußfertige Capernaum verflucht / vnd über die verstockte Phariseer das Wehe schreyet; doch muß solches keine boßhafftige Verbitterung seyn / sondern eine göttliche Drawung vnd Bußpredigt / vnd muß auch im Zorn sich Liebe sehen lassen. Da auch einer im Zorn sich nicht kan oder will mässigen / da leidet die Liebe Noth.
9. Die Liebe trachtet nicht nach Schaden. Sie begehret niemand zu beleidigen / gehet mit keinen bösen Tücken vmb. Sie misset auch keinem etwas böses zu / vnd so sie beleidiget ist / gedenckt sie sich doch nicht zu rächen. Sie entschuldig et so viel vnd lang sie kan / vnd gehet vmb mit lauter Friedensgedancken. Wer mit bösen Gedancken vmbgehet wider den Nechsten / arges von jhm gedenckt / oder jhm arges zu thun gedencket / der handelt wider die Liebe.
10. Die Liebe frewet sich nicht der Vngerechtigkeit / vnd ist jhr nicht lieb / wann jemand gewalt vnd vnrecht geschicht / wie Simei that / da David zum Lande hinauß gejaget ward. So ist jhr auch nicht lieb / wann sie einen fallen sihet / lachet nicht darüber ins Fäustlein / sondern hat ein hertzlich Mitleiden / eben wie vnser HERR JESVS den gefallenen Petrum mit erbarmenden Augen angesehen. Wer sich nun darüber frewet / so einer vnrecht thut oder leidet / der sündiget sehr wider die Liebe.
11. Die Liebe frewet sich der Warheit. Es ist jhr lieb / wanns recht zugehet / gleich wie sich GOtt vnd Engel darüber frewen. Wo wir aber nicht leiden können / daß man auffrichtig handele / solte es auch vnser Schade seyn / so seynd wir nicht auffrichtig in der Liebe.
12. Die Liebe verträget alles. Sie schickt sich in jedermans weise / vnd hält dem Nechsten seine Gebrechen zu gute / vmb Fried vnd Liebes willen / daß das Band deß Friedens nicht zerrissen werde. Je weniger nun ein Mensch ertragen kan / je schwächer er in der Liebe ist.
13. Die Liebe glaubet alles. Es ist die Liebe ein einfältiges ding / glaubet vnd
trawet jederman / so lange sie nicht jemand auff offenbarer Lügen befindet; sie
versihet sich alles guten / vnd gedencket / es werde ein ander auch so seyn /
wie sie. Wenn man nun leicht ein Mißtrawe auff den Nechsten
setzet / das ist Schwachheit in der Liebe.
14. Die Liebe hoffet alles. Sie verzweiffelt an keinem Menschen / sondern denckt
noch jmmer / er werde sich bessern; vnd in solcher Hoffnung verwirfft sie
niemand; darumb wünschet sie auch / daß der Nechster zu allem guten gelangen
möge. Wann man nun den Nechsten auß Verzweifflung verwirfft / vnd sich seiner
auch mit dem Gebet nicht mehr annimpt / so wird die Liebe
15. Die Liebe duldet alles. Gleich wie Christus vns zu gut viel erduldet hat / also muß auch die liebhabende Seele alles erdulden / damit nur dem Nechsten möge geholffen werden. So sie auch über jhrer Einfalt betrogen wird / lässet sie sich gerne betriegen / denn sie weiß daß jhr nichts schadet / so lang sie hat den reichen GOtt vnd Vatter im Himmel / in welchem sie alles hat. Darumb wird sie nicht müde / lässt sich nicht verhindern durch der Leute Boßheit oder Vndanck. Wer nun nicht viel vmb deß Nechsten willen dulden kan oder will / der ist schwach in der Liebe.
Diß seynd die Eigenschafften der Liebe / die Paulus in diesem Register erzehlet.
Wer ist aber / der also nach der Liebe lebet? es muß ein Engel / vnd nicht ein
Mensch seyn. Warumb wird vns denn solches fürgeschrieben? Hie findet sich der
Deckel der Boßheit bey den Weltkindern. Sage ich: man möge nach dieser
Vollkommenheit die Liebe nicht erreichen / wir seyn zu schwach; so spricht ein
Weltkind: So dürffen wir nicht viel darauff sehen; wir können es doch nicht
erreichen. Spreche ich: es ist vonnöthen / wir sollen vnd müssen es thun / so
betrübe ich das Gewissen frommer Hertzen / vnd rede nicht nach dem Evangelio.
Darumb merck den vnterscheid der Kinder Gottes vnd der Welt in diesem Stück. Die
Welt spricht: Solt ich das thun? das ist Thorheit. Vnd also verwirfft sie die
Liebe / vnd begehret nicht nach jhr zu wandeln. Ein glaubiges Kind Gottes sehnet
sich darnach / ob es schon dasselbe nicht erreichen kan / vnd wird betrübet / so
es befindet / wie es in einem vnd anderem Stück wider die Liebe thue. So hat
auch der Apostel hie kein Gesetz gegeben. Paulus ist nicht Moses / er treibet
nicht / sondern zeiget das Wolgefallen Gottes. Welche Seele
Damit aber daß solche schwere vnd überauß grosse Wirckung der Liebe zugeschrieben werde / wird zugleich angedeutet / wie eine fürtreffliche Gabe die Liebe sey; denn je edler Wirckung / je edler Tugend.
Nun ist übrig das dritte / das auch zum Ruhm der Liebe gehöret
Der Apostel Paulus gibt diese Vrsach: Denn vnser
Damit wird vns vnser Erkäntnüß abgebildet / erstlich / als ein kindisch Erkäntnüß. Da ich ein Kind war / da redet ich wie ein Kind / vnd war klug wie ein Kind / vnd hatte kindische Anschläge. Da ich aber ein Mann ward / thät ich ab was kindisch war. Kinder reden von Sachen / wie sie es verstehen; vnd weil sie keinen rechten Verstand haben / können sie auch von keinem Ding recht reden. Sehet / wann wir zum allerbesten von GOtt vnd göttlichen Sachen gedencken oder reden / so seynds doch nur / nach dem Vrtheil deß H. Geistes / kindische Reden. Doch wie den Eltern das lallen der Kinder wolgefällt / ob es schon kinderey ist; so mißfällts GOtt nicht / daß wir von göttlichen Sachen nur kindisch reden vnd deneken. Wenn wir aber in den Himmel kommen / da werden wir das kindische lallen vnd dencken ablegen / vnd werden mannliche Weißheit haben.
Zum andern / wird vns vnser Erkäntnüß vorgehalten / als ein tunckeles Erkäntnüß.
Wir sehen jetzt durch einen Spiegel / in einem dunckelen Wort / denn aber von
Angesicht zu Angesicht. Hie erkennen wir GOtt vnd seine majestätische
Herrligkeit / nicht vnmittelbar durch sein klares Angesicht / sondern vermittels
eines Spiegels. Hie kan niemand sein Angesicht sehen; aber eine Abbildung vnd
Gestalt seines Angesichtes sehen wir / als in einem Spiegel / vnd zwar nur als
in einem
Zum dritten / wird vnser Erkantnüß titulirt ein Stückwerck / da wir nicht alles wissen was zu wissen ist / sondern nur das geringste theil. Jetzt erkenne ichs stückweiß / denn aber werd ichs erkennen / gleich wie ich erkennet bin. GOtt kennet vns inwendig vnd außwendig / hell vnd klar / vnd ist für jhm kein dunckel Deckel über vns. Also werden auch wir in die tieffe der Gottheit hinein sehen / vnd in derselben alle Seligkeit / es wird nichts für vns verschlossen oder verdeckt bleiben.
Also ist nun das gegenwärtige Erkäntnüß stückweiß / wir wissen ein weniges von Gottes Herrligkeit / vnd was wir davon wissen / erkennen wir kindischer vnd dunckler weise. Das künfftige Erkäntnüß ist vollkommen / denn da werden wir alle Güte in Gott sehen / von Angesicht zu Angesicht. Wie ein Vnterscheid es ist / wann man eine grosse lustige Landschafft / in einer kleinen Taffel abgerissen / betrachtet; vnd hernach gegenwärtig dieselbe durchwandert vnd besihet; so ein Vnterscheid ists / vnd noch grösser / zwischen der gegenwärtigen vnd künfftigen Erkäntnüß Gottes. Darumb muß auch diß gegenwärtige Erkäntnüß auffhören; denn wann das vollkommen kompt / muß das vnvollkommen auffhören.
Wann dann einer die besten Gaben hat an Sprachen / vnd Wissenschafft / so erhebe er sich dessen nicht / sondern gedencke / es seyn solche Gaben / die einmahl müssen auffhören; es sey nur Kinderwerck. Vnd trachte nach den besten Gaben.
Man könte hie sagen: Die Liebe ist auch vnvollkommen / so wird sie auch müssen auffhören. Dagegen ist zu wissen: Die Liebe hat jhren Grad. Was wir hie lieben / das werden wir dort auch lieben / es ist ein Gut. Vnd die Liebe Gottes / die hie angefangen wird / eben dieselbe bleibt auch in der Ewigkeit / nur daß sie völliger vnd brünstiger / vnd aller Mangel vnd Verhindernüß abgeschaffet wird. Darumb kan ich nicht sagen: Die Liebe höret auff / sondern sie wächst / vnd wird zur Vollkommenheit gebracht. Aber das göttliche Erkäntnüß im Himmel ist gantz ein ander Erkäntnüß / als diß auff Erden. Es ist zwar ein GOtt / vnd ein Gut in GOtt / das wir hie haben im glauben / vnd dort im schawen. Eben dasselbe göttliche Gut wird hie auff Erden geprediget / das dort im Himmel die Engel anschawen. Aber in der Erkäntnüß steckt der Vnterscheid. Glaub ist ein vnvollkommen vnd dunckel sehen / dem da dienen muß das Predigampt / durch Sprachen vnd Weissagung. Dort aber bedürffen wir dessen nicht / sondern wir werden GOtt ohn Mittel in seiner Herrligkeit sehen.
Hierumb übertrifft die Liebe auch den Glauben. Nun aber bleibet Glaub / Hoffnung
/ Liebe / diese drey; aber die
Den Glauben besitzet GOtt / durch Christum / hat vnd vermag alle Ding. Die Liebe
wird auß dem Glauben geboren / vnd thut dem Nechsten gut; ist aber grösser denn
der Glaube. Der Glaube ist groß vnd würdig / denn er begreifft Christum in sich
/ vnd wie ein köstlicher Ring köstlich geschätzet wird / vmb der Edelgestein
willen / die darin gefasset seyn / also ist der Glaub köstlich
Das kompt daher / der Glaube muß auffhören / die Liebe bleibet ewiglich. Es hat
hie im Sündenthal der Glaube / wie auch die Hoffnung / mit Gottes Verheissungen
zu thun; vnd die Verheissungen schaffen den Glauben vnd die Hoffnung. Wann nun
kompt das Gut / das verheissen ist / dürffen wir keines Glaubens / auch keiner
Hoffnung mehr. Deß Glaubens haben wir allein der Sünden halben von nöthen /
vn hilfft vns in vnser sündlichen Schwachheit; wann nun Sünde
vnd Schwachheit auffhöret / so fanget an die Liebe völlig zu seyn. Der Glaube
empfahet gutes. Die Liebe aber thut gutes. Zu dem / so erstreckt sich die Liebe
viel weiter / als der Glaube. Glaub vnd Hoffnung nutzet nur mir. Denn was ich
glaube / das glaube ich mir. Die Liebe aber dienet vielen Menschen / nicht
allein Freunden / sondern auch Feinden. Der Glaube hat allein mit GOtt hie in
diesem Leben zu thun; die Liebe mit Gott vnd Menschen in alle Ewigkeit. Endlich
so ist die Liebe eine Tugend Gottes / in GOtt kan nicht Glaube oder Hoffnung
seyn. Aber die Liebe ist in GOtt / vnd GOtt ist die Liebe / vnd wer GOtt will
gleich werden / muß jhm gleich in der Liebe werden / vnd das wird seyn die ewige
Vollkommenheit.
Diß alles gehet dahin / daß wir nach keiner Kunst oder Gabe.
Wer darnach strebet / der strebet nach den besten Gaben. Wann ich alle Gaben hätte / vnd hätte keine Liebe / so wäre ich nichts. So einer predigen könte wie ein Engel / am Verstand reich vnd weiß / an Worten lieblich / vnd hätte keine Liebe / wäre er nichts / vnd machte seine Gaben zu einem Grewel für GOTT. Hängstu aber der Liebe an / so ist dein Ding angenehm vnd köstlich für GOtt / es sey sonsten so gering es wolle. Köstlich / sage ich / ists für GOtt / vnd viel köstlicher als die Englische Weißheit dessen / der nicht in der Liebe wandelt. Denn die Liebe ist die Seele alles guten. Wie der Leib ohn die Seele ein todtes Aaß ist; also eine jegliche Gabe ist todt vnd ein stanck für GOtt / wo nicht Liebe dabey ist. So lange die Seele noch im Leibe ist / nimpt man sich noch deß Menschen an / er sey so schwach er wolle / man bietet jhm noch Speiß vnd Tranck / man erlabet jhn auch; so bald aber die Seele davon / bietet man jhm nichts mehr / da ist der Leib schabab / vnd muß in die Erde hinein. Deß Menschen Gabe vnd Arbeit sey so schlecht sie jmmer seyn kan / doch so nur die Liebe dabey ist / ob schon in Schwachheit / gilt sie noch etwas für GOtt; wo aber gar keine Liebe ist / da ist alles todt vnd ein stanck für Gott.
Da mercken die Hoffärtigen / wie sie an jhnen selbst schänden die schönen Gaben /
von GOtt jhnen verliehen; vnd nur dadurch / daß sie auß der Liebe tretten / denn
sie machen solche feine Gaben zu einem stanck vnd Aaß für GOtt / ja du machest
dich selbst zu nicht für GOtt. Denn Paulus sagt nicht allein von den Gaben / die
nicht in der Liebe gebrauchet werden; sie seynd mir nichts nütz: sondern er
spricht auch von seiner Person: Wenn ich alle Geheimnüß wüste / vnd hätte die
Liebe nicht / so wäre ich nichts. Achte es aber nicht für ein geringes / du hoch
müthiger Mensch / daß du für Gott
Zu dem ist die Liebe dasselbe / das von allem vnserm Thun vnd Gaben überbleibet. Das merck nur gar eben. Hie ist eine Säetzeit. Was der Mensch säet / das wird er erndten. Was aber nicht in der Liebe gesäet ist / das wird nicht aufflauffen / vnd keine Früchte bringen. Was im Himmel wird gekrönet werden / wird Liebe seyn / vnd was in der Liebe gethan vnd gelitten ist. Hastu all dein Haab den Armen gegeben / vnd hast es nicht in der Liebe gegeben / so ist dein geben verloren. Hastu viel studieret vnd gearbeitet / vnd nicht in der Liebe / so ist dein studieren vnd arbeiten verlohren. Strebstu aber nach der Liebe / so hastu eine Gabe / die bleibet ewig / vnd wird gekrönet ewiglich. Vnd was wollen wir weiter sagen? Ewiges Leben / was wird das anders seyn / als ewige Liebe?
Menschlich Vermögen ist es nicht / alles thuen in der Liebe;
O werther Heiliger Geist / du süsse Liebe / tilge in vns alle eigne Liebe / vnd zünde in vns an eine heilige reine Liebe / zu GOtt vnd allen Menschen / vnd hilff / daß wir alles thun in der Liebe / vnd ewig bleiben in der Liebe / Amen.
V. 11. WEhe denen / die deß Morgens früe auff sind / deß Sauffens sich zu fleissigen / vnd sitzen biß in die Nacht / daß sie der Wein erhitzt.
V. 12. Vnd haben Harpffen / Psalter / Pfeiffen vnd Wein in jhrem Wolleben / vnd sehen nicht auff das Werck deß HERRN / vnd schawen nicht auff das Geschäffte seiner Hände.
V. 13. Darumb wird mein Volck müssen weggeführet werden vnversehens / vnd werden seine Herrlichen Hunger leiden / vnd sein Pöbel Durst leiden.
V. 14. Daher hat die Hölle die Seele weit auffgesperret / vnd den Rachen auffgethan ohn alle masse / daß hinunter fahren / beyde jhre Herrlichen vnd Pöbel / beyde jhre Reichen vnd Frölichen.
V. 15. Daß jederman sich bücken müsse / vnd jederman gedemütiget werde / vnd die Augen der Hoffärtigen gedemütiget werden.
V. 16. Aber der HERR Zebaoth erhöret werde im Recht / vnd GOtt der Heilige geheiliget werde in Gerechtigkeit.
V. 17. Da werden dann die Lämmer sich weiden an jener statt / vnd Frembdlinge werden sich nehren in der Wüsten der Fetten.
WIe GOtt / der Schöpffer aller Dinge / alle andere Thiere
Aber die Früchte in diesem Paradiß seynd bald faul vnd zu
Zwar GOtt ward deßwegen nicht vnglückseliger / daß er keiner Früchte auß seinem Paradiß geniessen köndte; dennoch auß Barmhertzigkeit gegen dem Menschen / vnd auß Eyffer gegen dem Feind / ward er bewogen / seinen verstöreten Thron / vnd verwüsteten Paradiß wieder einzurichten. Er erbarmet sich aller / schencket allen den Sohn zu einem Erlöser vnd Heyland; begehret auch alle zu ziehen zur himlischen Seligkeit. Weil aber allenthalben auff Erden das Reich Gottes verhindert wird / vnterlässet doch der gütige GOtt nicht / noch alle zeit jhm ein Volck zum Eigenthumb zu erwehlen / darinnen er sich offenbaret / vnd durch seinen Geist vnd Wort arbeitet / daß ja etliche zu jhm gezogen / vnd zur vorigen Herrligkeit wieder gebracht werden.
Dieses Volck ist vormal gewesen das Volck Juda / vnd die Kinder Israel / heute zu Tag seynd wir es / durch Gottes grosse Gnade. Er lässet vns zuruffen / durch seinen Geist im Worte rühret er vnsere Hertzen / locket vnd ziehet vns allenthalben vielfältig / durch süß vnd sawr / durch Verheissung vnd Drawunge / durch Wolthaten vnd Züchtigungen / nimpt sich vnser hertzlich an / alles zu diesem ende / daß er den Sitz vnd Herrschafft in vnsern Hertzen haben / vnd angenehine Früchte in seinem Lustgarten finden möge.
Aber leider / auch auff solche weise wird GOtt seiner Früchte beraubet / daß der
Prophet Esaias am 5. Cap. darüber ein solch
Solche Heerlinge seynd insonderheit Geitz / Vngerechtigkeit / bey des im Handel
vnd im Gerichte; Trunckenheit vnd Verachtung Gottes / wie der Prophet im
gedachten gantzen Capitel drüber klaget. Diesen allen gilt / das absonderlich
vom Eigennutz daselbst gesaget wird: Es ist für die Ohren deß HERRNelschreyende Sünden.
Was soll man denn dabey hoffen? Ich will euch zeigen /
Vnter diesen Himmelschreyenden vnd Landverwüstenden Sünden / ist auch gezehlet die Füllerey / die sich insonderheit in dieser Faßnacht sehen lässet / daß man ja wisse vnd sehen müsse / wie vnsere Vätter Heyden gewesen. Doch dürffen wir vns nicht beklagen über die Faßnachtzeit allein / man treibt wol Faßnacht daß gantze Jahr durch vnd durch. Das müssen Gottesfürchtige Hertzen für jhren Augen sehen / können aber nicht mehr / als daß sie drüber schreyen vnd seufftzen. Das muß denn kommen für die Ohren deß HERRN Zebaoths. Was gilts / ob er dazu schweigen werde. Denn er hat durch seinen Knecht Esaiam das Wehe außgeruffen / über die Trunckenbolter.
Wolan / so wollen auch wir zu diesem mahl wider die Füllerey schreyen / vnd jhnen jhr Wehe anzeigen / wollen es ja die Leute nicht hören / so wirds doch kommen für die Ohren deß HErrn Zebaoths. GOtt gebe vns seine Gnade / Amen.
EHe wir das Wehe außruffen über die Bacchus-Kinder / müssen wir zu vor zusehen / welche an dem Laster der Füllerey schuldig seyn / auff daß man wisse / wem es angehe. Vom Propheten werden sie also beschrieben: Die deß Morgens frühe auff sind / deß sauffens sich zu befleissigen / vnd sitzen biß in die Nacht / daß sie der Wein erhitze; vnd haben Harpffen / Psalter / Paucken / Pfeiffen vnd Wein in jhrem Wolleben / vnd sehen nicht auff das Werck deß HERRN / vnd schawen nicht auff das Geschäffte seiner Hände.
Dahin gehöret / erstlich / schlechter dinge alle Füllerey vnd übermaß; wann das
Hertz mit Essen vnd Trincken beschweret
Zum andern / gehören hieher alle vnmässige Gastereyen. Ehrliche Gastereyen / die
vnter guten Freunden zur bequemen zeit angestellet werden / da man sich in
mässiger Fröligkeit in der Furcht Gottes / bey einem mässigen frölichen Trunck /
vnd auch wol bey lieblicher Music ergetzet / mag GOtt wol leiden / der seinen
Kindern auch wol einmal eine fröliche Stunde vergönnet. Da haben wir die Exempel
der Heiligen. Von Abraham / dem Vatter der Glaubigen / stehet geschrieben im
ersten Buch Mosis am 21. Cap. Abraham machte ein groß Mahl / am Tage / da
Isaac
Doch was erlaublich ist / kan leichtlich zur Sünden gerathen / so keine maß darin
gehalten wird; welches denn bey Gastereyen geschicht / entweder durch Vppigkeit
vnd vnmässigen Vberfluß; oder so die Gastereyen zur vnfüglichen Zeit angestellet
werden / als an Feyertagen / da man deß Gottesdienstes abwarten solte; oder zu
betrübten Zeiten / vnd bey offentlichen Landstraffen vnd Plagen. Wider solche
vnmässige vnzeitige Gastereyen / allermeist so sie auff Völlerey angesehen /
gehet hie die Beschreibung deß Propheten: Sie seynd deß Morgens frühe auff /
sich deß sauffens zu befleissigen / machen feine anstalt dazu / dencken nur
drauff / wie lustig es soll herumb gehen; vnd wann dann die Gesellschafft bey
einander / sitzen sie biß in die Nacht / daß sie der Wein erhitze / vnd haben
Harffen / Psalter / Paucken / Pfeiffen vnd Wein in jhrem Wolleben / vnd sehen
nicht auff das Werck deß HERRN / vnd schawen nicht auff das Geschäffte seiner
Hände; sie fragen wenig darnach / wie es im Lande zustehet / vnd bedencken nicht
/ daß der Höchste sich zum Gerichte gesetzet hat. Eben denselben gilts auch /
was geschrieben stehet beym Propheten Amos am 6. Cap.
Wann die beyde Propheten / Efaias vnd Amos / gegen einander gehalten werden /
sehen wir / daß diß allermeist bey lustigen Tagen deß stoltzen Israels
gestraffet wird; daß die guten Herren dabey nicht haben gesehen auff das Werck
deß HERRN / vnd nicht geschawet auff das Geschäffte seiner Hände / vnd sich
nicht bekümmert vmb den Schaden Josephs / vnd dennoch sich ferne geachtet von
bösen Tagen. Das geschicht bey guten Tagen / erstlich / wann man nichts darnach
fraget / was GOtt gebeut vnd haben will / wenn man sich nicht drumb bekümmert /
wie GOtt geehret / vnd dem nothleidenden Nechsten gedienet werde / wie man jhn
versorge vnd schütze. Solch ein Gesell war der reiche Schlemmer / welcher alle
Tage lebte herrlich vnd in Frewden / vnd kehrete sich nichts an den krancken vnd
hungerigen Lazaro. Solch ein Gesell war auch der stoltze Haman / sampt seinem
Könige Ahasveros; welchen zu schande die Schrifft diß hat auffgezeichnet: Der
König vnd Haman sassen vnd
Bey bösen Tagen / vnd in gemeinen Landplagen / geschicht
Daß aber auch der Seitenspiel vnd Gesängen gedacht wird / so wol bey Amos als
Esaia / ist nicht dahin gemeynet / als wann es an jhm selbst sträfflich wäre;
sintemal auch David deß Seitenspiels gebraucht. Aber eben das haben die losen
Leute vorgewandt / daß sie / wie Amos andeutet / dem König David darin folgten /
vnd damit haben sie jhren Wollüsten einen Schein gegeben. Die Musica ist
nützlich / vnd schickt sich wol zum Gottesdienst / wann sie mit Davids Hertzen
gebraucht wird / so sie aber zu fleischlicher Wollust gezogen wird / das ist
nicht gar wol gethan. Wann man sitzet in lauter Wolleben beym Wein / bey Harffen
vnd Pfeiffen / da man doch weinen solte über Gottes fewrbrennendem Zorn / ist
freylich keine feine Anstalt. Hie machen es die grossen Herren nicht viel besser
/ als die vollen Bawren in jhren Zechen; welche / nach dem sie die Nase recht
wol begossen / fein lustig schreyen vnd ruffen: Nun lobe mein Seel den HErren;
Alleine GOtt in der Höhe sey Ehr; vnd damit den heiligen Namen Gottes schändlich
Kürtzlich in einer Summa / gehöret hieher alle Schlemmerey / dabey man Gottes vergisset vnd verachtet; wie es denn ein gar vnbesonnen ding ist / wann einer GOtt vnd sein Wort auß den Augen setzet / vnd noch dazu bey Wein vnd guter Gesellschafft einen frölichen Abend suchet.
Vber dieses alles gehet das Wehe / welches hie durch den
Was ists nun für ein Wehe / das über die Vollsäuffer beschlossen? Ein doppeltes Wehe / ein Wehe am Leibe / ein Wehe an der Seelen.
Denn erstlich spricht Esaias im Namen seines Gottes: Mein Volck wird müssen
wandern vnversehens / vnd
Doch ist das nicht genug / es muß auch die Hölle jhre Seele weit auffsperren / vnd den Rachen auffthun ohn alle masse / daß hinunter fahren beyde die Herrlichen vnd Pöbel / beyde jhre Reichen vnd Frölichen.
Hie wird Todt vnd Teuffel / sampt allem Vnglück eingeführet / als ein großmächtiger Drach / der seinen fewrigen Rachen weit auffgesperret hat / vnd mit eusserster Begierde seiner Seelen / erwartet der Ankunfft der versoffenen Schlemmer / beydes der kleinen vnd der grossen / der Armen vnd der Reichen / sie seynd jhm alle gleich angenehme. In der Hölle wird keine Ordnung seyn. Da laß sie sich denn auch ein wenig frewen / wenns jhnen gut däucht.
Daß du aber gewiß seyest / es gehe dieses Wehe nicht allein
Solches Gericht lässet der HERR gehen über die Vollsäuffer
Das ander ist / die Reinigung deß Landes. Es könte mancher gedencken: Wo GOtt so
streng verfahren will / vnd den kleinen mit dem grossen auffreiben / so werd
ichs ja nicht alleine seyn / es wird der eine so wol auffgerieben werden / als
der ander. Aber der HERR zeiget hie an / daß sein Sinn nicht fort sey / das Land
jmmer vnd ewig wüst ligen zu lassen / sondern es zu reinigen. Als denn / spricht
er / werden sich die Lämmer weiden nach jhrer Ordnung / vnd die Frembdlinge
werden sich lustig
Wolte GOtt / daß diese Warnung mit glaubigen Hertzen möchte angenommen werden / vnd das Schwelgen so geringschätzig nicht mehr möchte geachtet werden. Wehe den stoltzen Schwelgern! So ichs nur sage / so achtets nicht / sagts aber der HERR / so könt jhr nicht widersprechen. Wehe den stoltzen Schwelgern!
Wie gemein dieses Laster sey / vnd wie gar gering es gehalten werde / ist jederman bekant. Da man für andern Lastern sich noch schämet / wird die Schwelgerey ohn alle Scham vnd Schew getrieben. Wer einen andern füllet / darff meynen / er habe jhm grosse Ehr gethan. Es finden sich Leute / die sich so voll fressen vnd sauffen / daß kein biß lein mehr hinein will / vnd sie so rund vnd bund werden / daß sie weder gehen noch stehen können. Etliche gehen dem Trunck vnd dem Schmauß mit fleisse nach. Mit dem Tage richten sie jhre Gedancken auff fressen vnd sauffen / gehen von einem Ort zum andern / Gesellschafft zu suchen / sitzen mit denselben den Tag hindurch / vnd schlemmen biß in die Nacht. Davon müssen denn offt die Spielleut nicht weit seyn / vnd jhnen einen frischen Muthmachen. Man findet Helden / Wein zu sauffen / vnd solche Meister in Völlerey / die ein Glaß nach dem andern / eine Kanne nach der andern einschütten / als wären sie grundloß / denn sie haben den Magen vnd die Natur also gewehnet. Wer denn das beste in dieser Kunst vermag / weiß sich nachmals meisterlich zu rühmen / wie er andere einen nach dem andern habe zu boden gesoffen.
Diese weise hält man so wol auff dem Lande / als in Stätten /
Zu bejammern ist / daß der heilige Sontag zu diesem Handel sich so fein muß schicken. Denn da man an andern Tagen noch den Geschäfften deß Beruffs abwartet / achtet man / daß sich keine bequemere Zeit zum schwelgen schicke / als der Sontag. So suchet man Ruhe in GOTT! Nicht weniger ist zu bejammern / daß die vollen Mastschweine nicht alleine für sich sündigen / sondern auch andere mit sich ins Netz ziehen / offt vnschuldige Hertzen. Man erfährts leider / wie offt mancher / der zum Trunck kein belieben hat / dennoch angestrenget vnd genötiget wird / daß er muß bescheiden thun. Die Exempel leider bezeugen es / wie vnter grossen Herren grosse Becher / auff Gesundheit / herumb gehen / daß mancher daran muß den Todt sauffen. Mancher hat das Vermögen nicht / bescheiden zu thun / wolte wol viel Geldes drumb geben / daß er möchte verschonet bleiben / kans aber nicht er langen / er muß mit außsauffen / vngeacht er weiß / daß es jhm sein Leben koste. Möchte doch der Himmel sich bewegen / vnd die Erde zubersten / für solcher Boßheit. Ach du grosser GOtt im Himmel / daß du so langmütig bist / vnd kanst solchem verkehrten Wesen zusehen!
Nun / lieben Herren / haltet von ewrem schwelgen was jhr wollet / jhr sollet
dennoch wissen / daß es ein solch Grewel für GOtt ist / darüber er das Wehe
ruffet. Wehe denen / die sich deß
Ich will mich nicht auffhalten in dem / das auch die Heyden bewegen kan / die Schwelgerey für lästerlich zu halten. Die Vernunfft in den Heyden muß es für lästerlich erkennen / daß in der Trunckenheit sich der Mensch seiner Vernunfft beraubet / vnd zu einer Bestien macht. Was ists / das den Menschen von einer Bestien vnterscheidet / als die Vernunfft? Wann denn der Mensch sich der Vernunfft beraubet / hat er sich ja zur Bestien vnd zu einem Vnmenschen gemacht. Das geschicht in der Trunckenheit. Wie mancher thut etwas in trunckenem Muth / das er nimmer würde nüchtern gethan haben? Warumb das / dann der Trunck hat jhn seiner Vernunfft beraubet. Viele werden im Trunck zu grimmigen Löwen vnd Bähren / zuschlagen alles / vnd geben niemand ein gut Wort. Viele werden beissige Hunde / in Hadder vnd Zanck. Viel werden kurtzweilige Affen / in allerley Narrentheidung. Viel werden Kälber / mit hüpffen. Viel werden wüste Säwe / die sich in jhrem eignen Vnflat weltzen. Da ligt mancher wie ein Bloch / den man schleppen muß / wohin man jhn haben will / vnd wissen von jhnen selber nichts. Welcher Heyde kan solches loben / wann ers sihet?
Die Vernunfft in den Heyden muß ja auch das straffen / wann jemand wider seine eigne Natur wütet vnd tobet. Wann man einen Ochsen schlüge biß auff den Todt / würde er doch nicht mehr trincken / als die Natur leidet. Aber vnter Menschen findet man nicht allein Leute / die mehr sauffen / als die Natur fodert / sondern auch Meister in Völlerey / vnd solche Meister / die sauffen daß sie kotzen / vnd kotzen daß sie sauffen. Wann sie das vorige haben abgegeben / setzen sie sich wieder / vnd fahen von newem an.
Auch diß kan die Vernunfft in den Heyden nicht für gut erkennen / daß die Gaben
Gottes in der Schwelgerey so schändlich
Kan jemand diß bewegen / dem Grewel der Schwelgerey feind zu werden / ists gut;
Ich aber halte euch / als Christen / allermeist für / den ernstlichen Willen
ewres Gottes im Himmel. Wie jhm Schwelgerey gefalle / hat er hie durch Esaiam
genug angedeutet / in dem er das Wehe drüber außgeruffen; durch Ezechiel nennet
ers eine Sodomitische Sünde. Paulus muß vns im Namen Christi zuruffen: Sauffet
euch nicht voll Weins / darauß
So sey das nun gewiß / Schwelgerey kan GOtt nicht gefallen / vnd beraubet dich
der Gnaden Gottes. Darauß kanstu ferner abnehmen / wer über deinem Schwelgen
erfrewet werde. Niemand anders / als der leidige Satan. Ja in der Warheit
Es ist auch diß bey der Schwelgerey zu beobachten / daß dieses Laster selten
alleine sey. Die zum Schwelgen lust haben / verderben die liebe Zeit / versäumen
manche Gelegenheit gutes zu
Was bißher von den schwelgerischen Sitten vnd Leben geredet / zeiget vns den
Grewel dieser Sünde; darauff denn auch billich ein solch Wehe vnd Straffe folget
/ wie Esaias außgeruffen:
Wem nun zu rathen ist / dem rathen wir / daß er sich für diesem / wie für allen
Lastern / mit allem ernst hüte. Keiner nötige den andern zur Völlerey / vnd der
genötiget wird / bewillige nicht. Soltet jhr ja darüber Gunst bey Leuten
verlieren / so lasset euch viel lieber vnd werther seyn die Freundschafft Gottes
/ als der Menschen. Die in offentlichen Ehrenämptern sitzen / vnd andern
vorgesetzet seyn / hüten sich mit allem Fleiß für Ergernüß. Wie die Völlerey
beym gemeinen Mann sträfflich ist / also ist sie bey denen / die
Hüten sollen wir vns / nicht allein / daß wir vns selbst nicht beschweren
Ein jeglicher nehme sich in acht. Wer vorhin sich in diesem Stück versündiget hat / mache einen Bund mit GOTT / vnd spreche / Ich wills mit Gottes Hülffe nicht mehr thun. Höret doch / wann der HERR ruffet / daß GOtt euch wieder höre / wenn jhr ruffet / Amen.
V. 1. LIeben Brüder / Wir ermahnen euch als Mithelffer / daß jhr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfahet.
V. 2. Dann er spricht: Ich habe dich in der angenehmen Zeit erhöret / vnd habe dir am Tage deß Heils geholffen.
V. 3. Sehet / jetzt ist die angenehme Zeit / jetzt ist der Tag deß Heils. Lasset vns aber niemand jrgend eine Ergernüß geben / auff daß vnser Ampt nicht verlästert werde.
V. 4. Sondern / in allen dingen lasset vns beweisen / als die Diener Gottes.
V. 5. In grosser Gedult / in Trübsalen / in Nöthen / in Aengsten / in Schlägen / in Gefängnüssen / in Auffruhren / in Arbeit / in Wachen / in Fasten.
V. 6. In Keuschheit / in Erkäntnüß / in Langmuth / in Freundligkeit / in dem Heiligen Geist / in vngefärbter Liebe.
V. 7. In dem Wort der Warheit / in der Krafft Gottes. Durch Waffen der Gerechtigkeit / zur Rechten vnd zur Lincken.
V. 8. Durch Ehre vnd Schande / durch böse Gerüchte vnd gute Gerüchte.
V. 9. Als die Verführer / vnd doch warhafftig. Als die Vnbekanten / vnd doch bekant. Als die Sterbenden / vnd sihe / wir leben / als die Gezüchtigten / vnd doch nicht getödtet.
V. 10. Als die Trawrigen / aber allezeit frölich / als die Armen / aber die doch viel reich machen / als die nichts inne haben / vnd doch alles haben.
WAnn Christus beym Evangelisten Johanne am 12. sagt:
Vnser Leben auff Erden ist nichts anders dann eine Wanderschafft.
Wann dann bey dieser geistlichen Finsternüß ein Liecht auffgehet / ist es für Gnade zu schätzen / das Liecht ist Christus mit seiner Erkäntnüß / denn wo Christus nicht erkant wird / da ist lauter Finsternüß / da erkennet der Mensch nichts von allem jhm selig / nicht sich / sein verderbte Natur vnd Elend / nicht GOtt vnd den Weg zu Gottes ewigem Gute zu kommen. Wie es nun eine Wolthat ist / daß GOtt deß Tages Liecht erschaffen hat / ohne welches ein Mensch nichts tüchtiges thun würde / so ist das auch viel eine höhere Wolthat / wann Christus vns erleuchtet mit seinem Wort / ohn welches wir einen elenden Lebenslauff halten würden / vnd zu keinem guten Ende kommen könten.
Denen nun diß geistliche Liecht für gesetzet ist / denen gilt noch das Wort: Wandelt im Liecht / dieweil jhr das Liecht habet / daß euch die Finster nüß nicht überfalle. Es wäre ein vngeschickter. Wandersman / der in einer hochnötigen Reise sich einen lustigen Ort so ließ belieben / daß er sich den Tag über vnter die grüne Bäume auß streckte / vnd bey der finstern Nacht durch einen gefähr lichen Wald wolte durch wandeln. GOTT hat vns scheinen lassen in vnsers Lebenslauff ein Liecht / das vns leuchtet gen Himmel / werden wirs versäumen / so wird vns Finsternüß überfallen. Die Juden müssen ein Exempel seyn / über welchen noch liget die dicke Finsternüß deß Verstandes. Das Wort Gottes hat noch bey einem jeglichen die art / je mehr man sich demselben widersetzet / je weiter es von vns getrieben wird / biß es nichtes mehr gilt für vnsern Augen. Dafür werden wir nun gewarnet.
Wie gütig ist doch GOtt / er sendet nicht alleine das Liecht / sondern bittet
auch / daß wir doch deß Liechtes gebrauchen / Er gibt vns nicht allein seine
Gnade / sondern bittet auch / daß wir die Gnade annehmen. Wie Christus ruffet:
Wandelt im Liecht / dieweil jhr das Liecht habet / daß euch die Finsternüß nicht
überfallen; also ruffet auch sein trewer Diener Paulus in heutiger Lection: Wir
ermahnen euch / daß jhr nicht vergeblich die Gnade Gottes empfahet. Aber wie
grösser Gottes Gnade / je grösser der Menschen Boßheit / wie mehr GOtt ruffet /
je weniger der Mensch es achtet / vnd hält das ruffen Gottes für eine Gewonheit
/ eben als wäre es der Mensch wol werth / daß GOtt jhm solte noch länger
nachlauffen / vnd zu seinem eigenen Heil flehen. Noch lässt GOtt nicht abe zu
ruffen / der auch auff dißmal außsendet seinen Boten / vnd lässt anhalten / der
Gnade
ES ist die vorhabende Lection nicht allein eine Warnung für
Diese Vermahnung geschicht zu allen / welchen die Gnade
Die Vermahnung thut zwar Paulus / aber nicht in seinem Namen / auch nicht für
sich alleine / sondern er stellet sich hierauff mit allen trewen Dienern Gottes
/ als die Mithelffer Gottes; Wir ermahnen euch / als Mithelffer / denn Lehrer
vnd Prediger seynd Mithelffer Gottes / in der Gnade / die vns bringet zum ewigen
Leben / wie denn Paulus vorhin saget / Wir seynd Bottschafften an Christus statt
/ denn GOtt vermahnet durch vns /
So lasset vns nun hören / wozu wir ermahnet werden /
Der Apostel ziehet an ein Gezeugnüß von der geschenckten
Da ist ja eine angenehme Zeit / die man mit allem Danck solte annehmen / wie es dann hingegen ein vnbilliches vnd gefährliches ding ist / solche Gnadenzeit versäumen / denn Gottes Wort ist wie der Regen vnd Sonnenschein / das hält seine Wanderschafft / wird es nicht eben von der Kantzel genommen; so wird es leicht auß dem Hertzen verlohren. Je weniger mans achtet / wie mehr es sich verliert. Welcher Ackersman ist so thöricht / daß er nach grosser dürre seine Saat bedecke / wenn ein fruchtbarer Regen kommet / oder daß er in der Erndte / nach langem Regen einen Sonnenschein versäume / wir haben viel mehr vrsachen auff die Gnadenzeit zu mercken / denn an der Seelen ist mehr gelegen / als an dem Leibe / darumb / wie Christus saget: Wandelt im Liecht / weil jhr das Liecht habet / daß euch die Finsternüß nicht überfalle. Vnd wie Paulus: Sehet zu / daß jhr die Gnade nicht vergeblich empfangen habet.
Wann wir nun ermahnet seyn / die Gnade Gottes recht zu gebrauchen / vnd solche
Vermahnung von vns angenommen ist / so folget zu bedencken / die art vnd weise
der Gnaden recht zu gebrauchen / also daß sie nicht vergeblich empfangen sey /
das zeiget vns der Apostel mit seinem eigenen Exempel / vnd aller derer / die
Das erste / nemblich / das zu fliehen ist / heisset Ergernüß; Ergernüß wird
gegeben / wann das Wort geprediget wird / vnd die
Das ander / nemblich / welches zu thun ist / einem der die Gnade
Diener Gottes seynd entgegen gesetzet den Dienern deß Satans / Diener deß Satans
/ deß Bauchs / der Sünden / der Welt sind es / wer folget dem Willen vnd Vrtheil
deß Satans / dem Willen der Welt / dem Willen seines Fleisches / der ist
derselben Diener / sie haben einen Sinn / will einer deß Teuffels getrewer
Diener seyn / dem ist nicht besser gerathen / er folge nur in allem seinem
eigenen Sinn. Hingegen wer folget dem Vrtheil vnd dem Willen Gottes / der ist
ein Diener Gottes / denn hie gilt was Paulus
So gebüret nun einem Christen / der die Gabe Gottes nicht will vergebens empfangen haben / daß er nicht folge dem Sinn der Welt / sondern daß gehorsamlich sich richte nach Gottes Wolgefallen / vnd solches in allen Dingen / wie der Apostel saget / In allen Dingen zeigen wir vns als Diener Gottes / damit ist zu nichte gemachet die Außflucht der Welt Christen / man kan es gleichwol allenthalben so genaw nicht nehmen / denen zu wider spricht der Mann Gottes: In allen Dingen beweisen wir vns / als Diener Gottes. Mancher ist dem trincken feind / hanget aber an der Vngerechtigkeit vnd Geitz / ein ander meidet Vngerechtigkeit / vnd lässt doch nicht ab von der Vnzucht / aber in allen Dingen sollen wir vns erzeigen als Diener Gottes.
Es erzehlet der Apostel ein gantz Register der Dinge / darin sich ein Christ /
als ein Diener Gottes erzeigen soll / die da mögen füglich in vier Ordnungen
gefasset werden / die erste begreiffet die
Erstlich / soll ein Christ als ein Diener Gottes sich erzeigen /
Ein Mensch muß viel Trübsal gewärtig seyn / daß er geneidet / verlästert vnd verfolget werde / daß vns die Leute mit Vnbilligkeit hart zusetzen / vnd es vns gedencken zu schwer zu machen. Wer sich nach der Welt richtet / mag solches nicht ertragen / ein Diener Gottes aber leidet alles / was er mit ordentlichem Recht vnd Mitteln nicht wehren kan / denn er begehret nichts wider seinen HERRN vnd GOTT fürzunehmen / wie viel er auch darüber leiden soll.
Ein Mensch geräth leichtlich in Nöthen / in Hunger vnd Kummer / daß er Mangel
leidet an dem / das zur Leibes Nahrung vnd Notturfft gehöret. Diß Vnglück trifft
so wol den Frommen / als den Gottlosen / da die Baalspfaffen wol oben an der
Königlichen Taffel sassen / wurden die Propheten Gottes heimlich in einer
Ein Mensch geräth auch offt in Aengsten / da inwendig
Ein Mensch kan gerathen in Schläge / Gefängnüß / Auffruhr / wie denn Paulus
darinnen wol versuchet war / er ist etzliche mahl gestäupet / in Gefängnüß
geleget / auch gesteiniget / offt durch Auffruhr geängstiget / insonderheit zu
Epheso / wege der Diana / vnd zu Jerusalem / da jhn die Juden
fast zur issen. Ein Weltkind hält solch Vnglück für Schande / ein Christ hälts
für Ehre / mit den Aposteln / da die gestäupet wurden / sagten sie GOtt Danck /
daß sie tüchtig geworden waren / vmb deß Namens JEsu etwas zu leiden.
In Summa / ein Christ muß allenthalben Gedult üben. Die Zärtlinge loben sich vnter einander / wann einer kan verschmertzen / so jhm der Bauch / der Kopff / oder ein Finger etwas wehe thut / vnd sprechen: O wie gedultig ist er; Wann sie aber einen mercklichen Schaden an jhren Gütern leiden / oder wann jhnen etwas zu nahe geredet wird / da hat ein ende die grosse Gedult. Ein Diener Gottes muß allerley ertragen können / denn in allem muß jhm der Wille Gottes der beste seyn; sonst folget er nicht / als ein trewer Diener / seinem HERRN. Darumb muß er in allem / was jhm begegnet / auff GOtt sehen / wie Job: Der HERR hats gegeben / der HERR hats genommen. Wie David / da er gescholten ward: Der HERR hats jhm befohlen.
Ferner / muß ein Christ sich beweisen als ein Diener Gottes /
Bey Weltkindern ist Vnzucht vnd Trunckenheit fast eine Ehre / aber die Diener Gottes haben lust zur Nüchterkeit vnd Keuschheit / vnd enthalten sich auch von vnflätigen Worten vnd Gedancken.
Noch mehr erzeiget sich ein Christ als ein Diener Gottes /
Die Weltdiener seynd vnvernünfftig / fragen nicht viel nach der Erkäntnüß Gottes vnd seines Willens. Ein Christ hält sich als ein Diener Gottes in der Erkäntnüß / zu wissen wie er vor GOtt glauben vnd leben soll / machet sich bereit / Rechenschafft zu geben seines Glaubens / vnd forschet nach dem Wolgefallen Gottes / daß er verständig sey / was da sey der heilige Gottes Wille.
Die Weltkinder können nicht viel vertragen / zum theil seyn sie auch hochmüthig /
pochen vnd trotzen. Die Christen erzeigen sich als Diener Gottes in Langmuth vnd
Freundligkeit /
Die Weltkinder seynd vngeistlich / ziehen es sich zum Schimpff / geistlich seyn. Die Christen halten sich als Diener Gottes in dem H. Geist / jhr Ruhm ist / wenn sie seyn geistlich vnd heilig / streben auch nach solchen Tugenden / dadurch deß Heiligen Geistes Gegenwart gemercket wird / vnd von derselben lassen sie sich in allem thun regieren.
In der Welt findet man auch wol Liebe / aber mehr in Worten / als in einem rechtschaffenen Hertzen / der Grund in der Liebe der Weltkinder ist Lust vnd Liebe der Welt / drumb mag die Liebe nicht beständig seyn. Die Christen erzeigen sich als Diener Gottes in vngefärbter Liebe / denn jhre Liebe ist auffrichtig vnd in Gott gegründet.
Die Weltkinder halten selten viel von Auffrichtigkeit vnd Warheit / sie sprechen mit Pilato: Was Warheit? Triegen vnd einen verleiten / ist ein groß stück der Welt Politie. Die Christen halten sich als Diener Gottes in dem Wort der Warheit / vnd haben die Warheit lieb; zu erst gegen GOtt / in dem sie folgen nicht Menschenglossen / sondern dem warhafftigen Wort / im lehren vnd im Leben. Hernach lieben sie auch die Warheit gegen die Menschen / vnd ist bey jhnen Ja ja / vnd Nein ist nein.
Letzlich halten sich Christen als Diener Gottes / In der Krafft Gottes / durch
Waffen der Gerechtigkeit / zur
Ein Christ / weil er Gottes Diener ist / muß er absagen seiner eignen Liebe / seinen eignen Begierden / vnd GOtt gantz gelassen stehen.
Darin aber findet er Feinde zur Rechten vnd zur Lincken. Zur Rechten locket vnd ziehet vns von GOtt ab / alles was in der Welt lieb ist; zur Lincken treibt von GOtt / alles was wehe thut.
Wider solche Feinde muß ein Knecht Gottes gerüstet stehen / die Rüstung müssen
seyn / Waffen der Gerechtigkeit / davon auch geschrieben stehet zun Römern am
13. Lasset vns ablegen
Durch eigne Krafft vermag der Mensch hie nichts / sondern muß alles thun in der Krafft Gottes. Darumb will der Geist Gottes / daß wir vns erzeigen als Diener Gottes / in der Krafft Gottes / durch Waffen der Gerechtigkeit / die man kan gebrauchen zur Rechten vnd zur Lincken / das ist / auff alle Fälle. Wann der Mensch so weit gebracht wird / daß er die Welt verschmähet / vnd GOtt gelassen stehet / darin erzeiget sich die Krafft Gottes gar herrlich / eben wie in den Aposteln die Krafft Gottes sich sehen liesse / nicht so sehr in den Wunderwercken / denn das war jhnen keine schwere Kunst / als in der Frewdigkeit alles zu ertragen.
Weil dann in der Krafft Gottes ein Christ sich als Gottes Diener in allen Dingen muß erzeigen / so muß er in allen Dingen scheinen lassen / daß sein Werck nicht Menschenwerck sey / sondern göttliche Krafft; muß nichts thun / daß nicht von Gott herkomme / muß auch in allem gewiß seyn / daß nicht er / sondern Gott durch jhn wircke.
Diese Krafft Gottes macht auch zu nicht / die Entschuldigung vnsers Vnvermögens; wann wir sagen oder gedencken; hiezu bin ich zu schwach. Es wird der Dienst Gottes mit deinen Kräfften nicht angefangen / so soll er auch vmb deiner Schwachheit willen nicht zu rück bleiben. Gottes Krafft ist der Anfang vnd das Ende. Gottes Krafft ist die Stärcke in vnser Schwachheit / vnd der Trost wider vnser Vnvermögen.
So will nun Paulus so viel sagen: Mein Kind / wiltu Gottes Diener seyn / so schicke dich zur Anfechtung / zur Rechten vnd zur Lincken / in guten Tagen vnd bösen Tagen; dagegen mustu streiten / durch eine stetige / beständige Gelassenheit / daß du fest dich haltest an den Willen deines HERRN / im Thun vnd im Leiden / das wird dir seyn Wehr vnd Waffen / die du gebrauchen kanst / allenthalben / du werdest angefochten zur Rechten oder zur Lincken: aber die Krafft ist nicht dem / sondern Gottes / damit tröste dich wider deine Schwachheit. Wirstu nun also allenthalben GOtt gelassen stehen / wider alle Anläuffe / zur Rechten vnd zur Lincken / so wird die göttliche Krafft in dir herfür leuchten / vnd du wirst in derselben als ein Diener Gottes erfunden werden. Ach HERR hilff / Führ vns HERR in Versuchung nicht / wenn vns der böse Geist anficht / zur rechten vnd zur lincken Hand / hilff vns thun starcken Widerstand / im Glauben fest vnd wolgerüst / vnd durch deß Heiligen Geistes Trost.
Es ist gemeldet / wie Christen auff allen Seiten / zur Rechten vnd zur Lincken
sich wehren müssen / vnd durch Waffen der Gerechtigkeit / in der Krafft Gottes /
zu allen Seiten sich erzeigen / als Diener Gottes / durch Ehre vnd Schande /
durch böse
Da halten sich nun die Diener Gottes wunderlich; 1. Als die Verführer / vnd doch
warhafftig. Wann sie für GOtt gehen vnd stehen / reden vnd leben in vnd nach der
Warheit / müssen sie doch offt für der Welt das Ansehen haben / als wären sie
die ärgste Verführer. König Ahab sagte zu Elias: Bistu
2. Halten sich die Diener Gottes / als die Vnbekante / vnd doch Bekante. Wann ein Christ sich wol verdient gemacht / vnd viel erbawet hat / daß man jhn wol kenne / was für ein Mann er sey; muß er doch dulden / daß man jhn achte / als habe er nichts gethan / vnd kenne man jhn nicht. Ein Christ lauffet auch nicht nach einem grossen Namen / sondern stellet sich allezeit / als kennete jhn niemand / wann er schon in aller Welt berühmet ist; vnd so jhn niemand kennet / ists jhm eben so viel / als kennet vnd lobet jhn jederman. Es bleibet doch ein trewer Gottesdiener bekant / offtmal in vieler frommen Hertzen / allezeit aber vnd für allen für den Augen Gottes / da ist er sehr berühmt. Was ists / in der Welt berühmet seyn? Bekant vnd berühmet im Himmel seyn / ist rechtschaffener Ruhm.
3. Halten sich die Diener Gottes / als die Sterbenden / vnd sihe / wir leben. Was
ist widerlicher / als Todt vnd Leben? Doch findet sich beydes bey einem rechten
Christen. Sie
4. Halten sich die Diener Gottes / als die Gezüchtigten / vnd doch nicht
ertödtet. Christen werden offt hart vnd auff vielerley weise heimgesucht; werden
doch durch Gottes Krafft vnd Trost vnter dem Creutz erhalten / daß sie darin
nicht vmbkommen
5. Halten sich die Diener Gottes / als die Trawrigen / aber allezeit frölich.
Christen haben allezeit Vrsach zu trawren / daran wirds nicht mangeln / doch
seynd sie wolgemuth im HERRN; wie geschrieben stehet in der ersten Petri am 4.
Cap.
6. Halten sich die Diener Gottes / als die Armen / aber die doch viele reich machen. Wann Christen den Namen vnd das Ansehen haben / als seyn es arme Bettler; seynds doch solche Leute / die viele können reich machen. Denn daß Gott noch Brodt vnd Frieden in der Welt gibt / vnd erhält / thut er nicht vmb der gelben Haar willen einer Weltmetzen / sondern vmb seiner Diener willen / die Tag vnd Nacht zu Gott seufftzen vnd schreyen. Zu dem so wissen Christen / wie sie bey jhrem Armuth viele können reich in Gott machen.
Endlich 7. so halten sich die Diener Gottes / als die nichts inne haben / vnd doch alles haben. Wann die Weltleute nichts haben / so ist Rath thewr; Wir aber / wann wir schon seyn Bettler / haben wir doch alles durch den Glauben / vnd im zeitlichen gibet GOtt auch das Außkommen. Was kan dem mangeln / der den hat / der alles hat? Einem Christen müssen alle Creaturen dienen.
In Summa / seynd wir Diener Gottes / so muß vns alles gleich gelten / vnd müssen
der Welt Vrtheil schnur gleich zu wider gehen / vnd zu allen Zeiten vns gleich
reich / ehrlich vnd selig achten. Seynd wir arm / sollen wir vns für reich
achten; Kompt dir in den Sinn: Sihe / du bist gleich wol ein sehr verachter
vnwerther Mensch; so antworte: Ey so bin ich dennoch hochgeehret in meinem GOtt.
Hingegen seynd wir reich / so haben wirs als hätten wir es nicht; seynd wir in
Ehren / so sprechen wir: Ich vnwürdiger Hund. Als denn findet sich bey einem
Christen lauter widerwärtiges Ding; Todt vnd Leben / Ehre vnd Schande /
Reichthumb vnd Armuth. Also kans vns gleich gelten / wir seynd reich oder arm /
man lob oder schelte vns; wie wir vns durch Glück nicht erheben / also wollen
wir vns in Vnglück nicht zu todt grämen. Nur fein durch die Mittelstraß. Ein
Christ muß nicht weichen / weder zur Rechten noch zur Lincken / nichts denn GOtt
allein für Augen haben / vnd dessen Wincken vn Willen folgen /
also daß er in Vnglück sich nicht stürtzen lasse / in Glück sich nicht erhebe.
Wir seynd solche Leute / von welchen geschrieben stehet in der andern an die
Corinther am 4. Wir haben allenthalben Trübsal / aber wir
Wer auff erzehlte weise ein Knecht Gottes ist / vnd Ergernüß meidet / der hat die Gnade nicht vergebs empfangen / vnd wandelt im Liecht. Das ist denn / das Paulus in dieser Vermahnung haben will. Denn er will so viel sagen: Weil wir Gottes Mitarbeiter seyn / so vermahnen wir euch / die Gnade recht zu gebrauchen / vnd leuchten euch mit eignem Exempel für; denn wir ermahnen also / daß wir auch niemand ein Ergernüß geben / vnd allenthalben / in allen dingen / zur Lincken vnd zur Rechten / durch Gottes Krafft / erzeigen wir vns als Diener Gottes.
So erzeiget euch nun / meine Lieben / in allen dingen als Diener Gottes / vnd meidet Ergernüß / damit jhr die Gnade Gottes nicht vergeblich empfangen habet. Lasset ewer Liecht leuchten für den Leuten / daß sie ewre gute Werck sehen / vnd Gott ewren Vatter im Himmel preisen: nicht auß Zwang / oder vmb Verdienst / sondern frey / zu Gottes Preiß vnd Ehre: nur daß ewer Vatter im Himmel geehret werde.
Es ist zwar eine seltsame Farbe / die Paulus einem Christen gibt. Noch muß es
geübet seyn / bey denen / die die Gnade nicht wollen vergebs empfangen haben.
Die mit Fleiß darnach streben / wie sie mögen rechte Diener Gottes seyn / nach
der Farbe Pauli / haben genug zu thun / daß sie stehen / vnd durch Versuchung
nicht abfallen. Was wird da geschehen mit denen / die nicht einmal dran
gedencken / jhnen auch nie vorgenommen / rechtmässig GOtt zu dienen / nach der
Diener Gottes Eigenschafften. Doch wird man
Lehreru soll nicht genug seyn / daß sie einmal vnter die Leute das Erkäntnüß Gottes gebracht haben; sie müssen anhalten / daß die Leute auch beharren / vnd wachsen / vnd also der Gnadenzeit recht gebrauchen. Da stehets fein / vnd bawet sehr / wann die Lehrer / wie hie Paulus / jhre Vermahnung mit jhrem eignen Exempel bestätigen. Wir sollen gedencken / daß wir Gottes Mitgehülffen seyn / zu der Menschen Heiligung. Wer solches bedencket / wird nicht begehren solch Ampt nachlässig zu führen.
Zuhörer aber sollen sich zu der Werckstatt halten / darin Gott sein Werck thut. Daß jemand der Gnaden Gottes wol gebraucht als ein Diener Gottes / das wird vns nicht im Traum gegeben; wir müssen vns zu Gottes Werckstatt halten / das ist / wir müssen die Vermahnungen Gottes hören / lesen / betrachten. Denn die Lehrer seynd Gottes Mithelffer / dadurch GOtt den Himmel in vnseren Hertzen bawen vnd zieren will. Niemand soll sich so gelehrt oder heilig achten / daß er vermeyne / solcher Mitgehülffen nicht vonnöthen zu haben. Wer begehret im Dienste Gottes fortzukommen / der verachte Gottes Rath vnd Mittel nicht. Niemand weiß / wann GOtt sein Werck durch seine Mitgehülffen in jhm wolle anfangen.
Darin bestehet aber die gantze Kunst: daß wir allenthalben
Die jhr also zu dienen euch befleissiget / werdet nicht müde. GOtt will nicht
faule oder vngedultige Diener haben / sie müssen fleissig seyn zu guten Wercken
/ vnd bereit viel zu leiden / vnd in allem sagen: Dein Wille geschehe. Darzu
seynd sie erkaufft / thewer genug / nicht mit Golde oder Silber / sondern mit
dem Blut deß Sohns Gottes. Ihr seyd nicht ewer eigen / jhr seyd thewer erkauffet
/ darumb heiliget euch an Leib vnd Seel / denn das ist Gottes / vnd nicht ewer
eignes. Darumb ist Christus für vns gestorben / auff daß wann wir leben / nicht
vns leben / sondern dem / der für vns gestorben ist. So wir vns in allen dingen
als Gottes Diener vnd Christi Eigenthumb erzeigen / haben wir den
Die jhr aber dieses Dienstes nicht achtet / auch nicht drauff gedencket / wie jhr
Gott nach seinem Willen dienen möget; wisset / daß eben diß ist / das da machet
/ daß jhr die Gnade Gottes vergebs empfangen habet. GOtt hat euch seinen Sohn
gegeben / vnd in seinem Sohn alle Gnade / alles Heil / vnd lässt euch den Schatz
täglich fürtragen. Das muß aber bey euch eine verlohrne Gnade
V. 1. WEiter / lieben Brüder / bitten wir euch / vnd ermahnen in dem HERRN JEsu / nach dem jhr von vns empfangen habt / wie jhr sollet wandeln / vnd GOtt gefallen / daß jhr jmmer völliger werdet.
V. 2. Dann jhr wisset / welche Gebott wir euch gegeben haben / durch den HErrn Jesum.
V. 3. Dann das ist der Wille Gottes / ewer Heiligung / daß jhr meidet die Hurerey.
V. 4. Vnd ein jeglicher vnter euch wisse sein Vaß zu behalten / in Heiligung vnd Ehren.
V. 5. Nicht in der Lustseuche / wie die Heyden / die von Gott nichts wissen.
V. 6. Vnd daß niemand zu weit greiffe / noch vervortheile seinen Bruder im Handel. Dann der HERR ist Rächer über alles / wie wir euch zuvor gesagt vnd bezeuget haben.
V. 7. Dann GOtt hat vns nicht beruffen zur Vnreinigkeit / sondern zur Heiligung.
V. 8. Wer nun verachtet / der verachtet nicht Menschen / sondern GOtt / der seinen H. Geist gegeben hat in euch.
WIe in der Natur nichts durch Gewalt zur Vollkommenheit geführet wird / sondern einem jeglichen Dinge seine Zeit gegönnet wird; wie edler es ist / als eine Weintraube / wie längere Zeit es biß zur Vollkommenheit erfordert: Also will auch ein heiliger Wandel im Christenthumb seine Zeit haben.
Es bleibet wol wahr / was Christus saget Matthaei am 11.
Hie ist der beste Rath für Lehrern vnd Predigern / daß das rechte Christenthumb
bey jhrer Gemeine wachse vnd zunehme / daß sie bitten vnd flehen / beydes zu
GOTT vnd Menschen. Zu Menschen; denn solches ist das Mittel / dadurch der H.
Geist die
Es ist ein schöner Ruhm bey den Thessaloniern / wann sie vom Apostel gelobet
werden / wie sie die Predigt deß Evangeliums mit rechtschaffenem Glauben
angenommen haben / nicht als Menschenwort / sondern als Gottes Wort / wie denn
auch diß von jhnen gerühmet wird / in der Geschicht der Apostel am 17. daß sie
das
NAch dem der Apostel zu GOtt gebeten hat / für die Gemeine zu Thessalonich / daß
die Liebe / als die Frucht deß Glaubens / vnter jhnen gemehret vnd völlig
gemacht würde / vnd daß jhre Hertzen gestärcket würden / vnsträfflich zu seyn in
der Heiligkeit für GOtt; so ermahnet er auch als bald darauff mit flchen /
Es redet Paulus zusolchen Leuten / die das heilsame Wort schon angenommen haben /
die erinnert er erstlich desselben Wortes / das sie angenommen haben / vnd hält
es jhnen für / als eine Weißheit / wolgefällig für GOtt zu wandeln. Ihr habt von
vns empfangen / wie jhr sollet wandeln / vnd GOtt gefallen. Es ist keine geringe
Kunst / also wandeln / daß wir Gott gefallen; es bestehet aber darin / wann wir
versöhnet seyn durch das Blut deß Lammes Gottes / vnsers Heylandes Christi JEsu
/ daß wir in einem newen Leben wandeln / vnd allezeit allen Mangel erstatten vnd
außsöhnen / durch die Versöhnung Jesu Christi. Also in Gottes Wolgefallen zu
wandeln / ist einem Christen ein nothwendiges Stück / wollet jhr Christen seyn /
so sollet jhr also wandeln / daß jhr GOtt gefallet / denn wie geschrieben stehet
zun Römern am 8. Wir seynd Schuldener / nicht dem Fleisch /
Ihr nun allesampt / die jhr das Wort deß HERRN JEsus gehöret habet / vnd darauß wisset / wie jhr sollet wandeln / vnd dem HERRN gefallen / euch gehet diese Vermahnung an: Wir bitten euch / vnd vermahnen in dem HERRN JEsu / daß jhr jmmer völliger vnd überflüssiger werdet. Worin aber? In der Heiligung. Denn das ist der Wille Gottes / ewre Heiligung.
Es ist in gemein die Heiligung eine Absonderung von der Welt zu GOtt. Im Alten
Testament war mancherley äusserliche Heiligung / die bestund in Speiß / Kleidung
/ vnd anderen äusserlichen dingen. Jetzt ist sie gantz jnnerlich / doch daß sie
sich erstrecket / so wol auff den Leib / als auff die Seele. Leib vnd Seele
müssen für Befleckung der Sünden bewahret werden / 1. Cor. 6.
Da GOtt seine Hütte vnd Wohnung im Alten Testament heiligte / ließ sich seine Majestät sehen / vnd die Herrligkeit deß HERRN füllete das Hauß / wie ein dicker Nebel; damit war die Hütte geweihet zum Heiligthumb Gottes / vnd ward dieselbe / sampt allem was in jhr war / vom gemeinen Weltgebrauch abgesondert / zum Gottesdienst / daß GOtt darinnen nach seinem Willen gedienet wurde. Da findet sich dreyerley: 1. Die göttliche Offenbarung vnd Gegenwart. 2. Die Absonderung deß Wercks / vom gemeinen Weltbrauch zum göttlichen Brauch. 3. Die Ordnung Gottes / nach welcher der Gottesdienst hat müssen bestellet werden. Denn so jemand nach eigner Erfindung vnd Gutdüncken / hätte ein Opffer vnd anderen Gottesdienst im Tempel angestifftet / vnd nicht nach der von GOtt vorgeschriebener Ordnung / so hätte er damit den Tempel deß HERRN verunreiniget. Diese dreyerley finden sich auch bey vnser Heiligung. Erstlich / wohnet Gottes Geist in vns / dadurch werden wir Gottes Hauß vnd Tempel. Zum andern / ist vnser Leib vnd Scel damit geheiliget / vnd abgesondert vom Weltwesen / vnd zu Gottes Dienst gewidmet. Zum dritten / muß der Gottesdienst an Leib vnd Seel nach Gottes Willen gerichtet werden / der vns in seinem Wort ist vorgeschrieben. Auff solche weise seynd wir ein Heiligthumb.
In solcher Heiligung sollen wir / nach Pauli Ermahnung / jmmer völliger vnd
überflüssiger werden. Nicht genug ists / hören vnd anfangen / man muß auch
verharren vnd wachsen / daß man völlig werde. Das geschicht / wenn wir bey
vnserm Glauben mit allem Fleiß vnd Ernst meiden die Wercke deß Fleisches / vnd
streben nach den Früchten deß Geistes / vnd vns dabey allezeit vnsers
Vnvermögens erinnern. So jemand meynet / er sey heilig / vnd
Es erstreckt sich wol die Heiligung auff die gantze Ernewerung deß Menschen / vnd
begreifft alle Tugenden deß newen Menschen / vnd ist zu wider allen Lastern;
doch setzet Paulus namhafftig zwey Hauptlaster / die vorauß der Heiligung zu
wider / vnd doch bey Christenüber alle maß üblich seyn. Die heissen Vnzucht vnd
Vngerechtigkeit. Das eine gehet auff den Menschen selbst / das ander auff seinen
Nechsten. Vnd seynd eben die beyde Stück /
Von der Vnkeuschheitprediget Paulus also: Das ist der Wille Gottes ewre Heiligung / daß jhr meidet die Hurerey / vnd ein jeglicher vnter euch wisse sein Faß zu behalten / in Heiligung vnd Ehren / nicht in der Lustseuche / wie die Heyden / die von Gott nichts wissen.
Vnter dem Wort Hurerey ist hie verbotten allerley Vnreinigkeit deß Leibes / wider das sechste Gebott / sie geschehe von einem allein / oder selbst ander / heimlich oder offentlich. Von aller solcher Vnreinigkeit soll sich ein geheiligter Christ enthalten / also / daß er recht wisse sein Gefäß zu behalten vnd zu besitzen / in Heiligung vnd Ehren / vnd nicht in der Lustseuche.
Der Leib heisst in H. Schrifft ein Gefäß / weil es ist ein Rüstzeug der Seelen.
Also auch hie heisset vnser Gefäß / ein Leib / oder Rüstzeug / welches wir zur
Vnreinigkeit mißbrauchen können. Es heisset der Leib zwar vnser Gefäß / muß aber
nicht nach vnserem Willen gebrauchet werden / sondern wir sollen es behalten
oder besitzen in Heiligung vnd Ehre / vnd nicht in der Lustseuche. Da stehen
dreyerley Worte / haben aber einerley Meynung. Der Leib wird geehret auff
zweyerley weise. Erstlich / leiblicher weise / seiner natürlichen pflege nach /
wann wir demselben nottürfftig sein Futter vnd Decke geben / daß er bey Krafft
vnd Gesundheit erhalten werde. Hernach / heiliger weise / nach der Keuschheit /
wann er mit Vnkeuschheit vnd Vnreinigkeit nicht geschändet wird. Denn ein Hurer
vnd Vnreiner schändet seinen eignen Leib / wie Paulus von den Heyden saget / zun
Römern am 1. GOtt hat sie dahin gegeben in jhrer Hertzen
Der Apostel führet vns auff die Heyden / vns damit zu bewegen: Besitzet ewer Vaß
in Heiligung vnd Ehr / vnd nicht in der Lustseuche / wie die Heyden / die von
GOtt nicht wissen. Vnter den Heyden haben viele die Keuschheit auch gelobet /
seynd aber nur Worte gewesen. In gemein wird jhnen in dem ersten Capitel
Solches findet sich vnter den Heyden / darumb / wie vnser Text spricht / weil sie
von GOtt nicht wissen. Wenn schon ein Heyde viel von GOtt plaudert vnd schreibet
/ so saget doch die Schrifft; sie wissen nichts von GOtt; so wissen sie auch
nicht / wie
Diß soll vns nicht wenig bewegen / die Lustseuche zu meiden / alldieweil ja soll vnd muß ein Vnterscheid seyn / zwischen einem Heyden vnd Christen. Sie kennen GOtt nicht / wir kennen jhn / vnd seinen Sohn JEsum / den er zu vnser Reinigung vom Himmel gesandt / vnd wir wissen / wie Gottes Wille sey vnser Reinigung. Wir seynd auch schon durch den Geist Christi geheiliget. So soll es vnter Christen mit nichten mehr so zugehen / wie vnter Hey den / sondern da soll man der Lustseuche wehren / vnd straffen.
Diß ist nicht allein gesaget denen / die ausserhalb deß Ehestands leben / sondern auch denen / die im Ehestande beysammen wohnen; vnd wann Paulus saget: Haltet ewer Vaß in Heiligung vnd Ehre / vnd nicht in der Lustseuche / wie die Heyden / die von GOtt nichts wissen; redet er nicht allein von deß Christen eigen Leib; sondern es muß auch verstanden werden / von dem vns von GOtt zugeselleten Ehegatten. Es soll ja billich vnter dem Christlichen vnd Heydnischen Ehestand ein Vnterscheid seyn. Christen sollen vernünfftiglich in jhrem Ehestand wissen vmbzugehen / vnd nicht fort allenthalben jhren Lüsten folgen.
Hiezu aber / daß man sein Vaß besitze in der Heiligung / gehöret grosse
Fürsichtigkeit / man lebe in oder ausser dem Ehestand. Darumb führet Paulus
seine Rede also: Ein jeglicher wisse vnter euch sein Vaß zu besitzen / in der
Heiligung. Es ist viel ding in der Welt / das einem zur Vnreinigkeit gelegenheit
geben kan. Da muß ein Christ wissen / wie er sich verhüten soll / allermeist in
den Sinnen vnd Gedancken / daß er sich nicht verunreinige. Also im Ehestand wird
Verstand erfodert / daß man nicht nach den blinden Lüsten / sondern nach guter
Vernunfft vnd mit Verstand / deß Ehestandes gebrauche / damit gleichwol ein
Vnterscheid
Das ander Stück / welches hie namhafft gemacht wird / als ein Ding / das der Christlichen Heiligung zu wider / ist Vnrechtfertigkeit im Handel. Dafür werden wir auch gewarnet / daß nemblich niemand zu weit greiffe / noch verfortheile seinen Bruder im Handel. Ob solches wol seiner massen auff den schändlichen Ehebruch kan gezogen werden / bleiben wir doch bey dem gemeinen Verstand der Worte / vnd ziehen dieselbe in gemein auff alle Verfortheilung in allerley Handel vnd Wandel.
Handel vnd Wandel ist vergönnet / ja ein nothwendiges ding auff dieser Erden / daß einer bey dem andern seine Nahrung suche. Es gehet aber schwerlich ohne Sünde ab / vnd wie mehr man gewinnet / wie schwerer vnd seltsamer wird die Liebe behalten. Dennoch so gehörets zum Christlichen vnd heiligen Wandel / daß niemand zu weit greiffe / vnd verfortheile seinen Nechsten im Handel. Verfortheilen ist / das seine suchen mit Nachtheil deß Nechsten. Deinen Gewinn magstu suchen / nur daß es nicht geschehe mit Nachtheil vnd Schaden deß Nechsten / denn daß ist zuweit geschritten. Fragstu / wie weit du gehen must / daß nicht dem Nechsten zu nahe geschehe im Handel; so weiset vns die Schrifft auff die Regel der Liebe: Was du wilt / das dir geschche / das thue einem andern auch; vnd was du nicht wilt / daß dir geschehe / das thue einem andern auch nicht. Wer etwas verkaufft / sihet gern / daß ers mit Gewin thue / vnd ist billich / denn ein Arbeiter ist seines Lohns werth; darumb ist auch billich / daß du billigen Gewinst niemand versagest / eben wie du jhn im verkauffen gern vnd billich foderst. So dir aber dein Hertz saget: Es ist zu viel; mir würd es nicht gefallen / wann mirs geschehe. So halte ein / vnd sey das vnbillige deinem Nechsten auch nicht an sinnen. Wer verkaufft / der gedenck / als wann er selbst Kauffer wäre / vnd folge der Liebe / so ist er frey von Sünden.
Das sey gesaget wider die beyde vornembste Stück / die dem heiligen Wandel der Christen zu wider seyn; Vnzucht vnd allerley vnrechtfertige Händel. Dafür warnet vns hie der Geist Gottes / vnd vermahnet hingegen zur Heiligung. Die Meynung ist: Meine Lieben / jhr wisset / welche Gebott wir euch durch JEsum Christum gegeben haben / jhr wisset / wie jhr sollet wandeln / daß jhr dem HERRN gefallet / nemblich / so jhr wandelt in der Heiligung. Denn das ist Gottes Wille / ewre Heiligung; darumb flehen wir durch den Namen JEsu Christi / daß jhr in ewrem Leben darnach trachtet / wie jhr nicht allein bleibet in einem heiligen Wandel / sondern daß jhr auch darin zunehmet / vnd völlig werdet / vnd hingegen meidet alles / was dem heiligen Wandel zu wider ist / allermeist / Vnkeuschheit vnd allerley vnrechtfertige Händel.
Lasset vns aber auch anhören / was für Motiven der Apostel
Noch mehr aber ists / daß der H. Geist durch seine Boten vns bittet vnd flehet:
Wir bitten euch vnd er mahnen in dem HERRN JEsu. Er treibet vns nicht als
Knechte / sondern bittet vns / als die freyen Kinder Gottes. Gottes Wolgefallen
soll so viel gelten / als Gesetz vnd Gebott / so will vns GOtt nicht mit
Gebotten
Aber der Apostel setzet absonderlich noch zwey gleichfalls vielgültige Bewegunge.
Erstlich / setzet er vns für Augen die zukünfftige
Es ist aber die Rache zweyerley / eine zeitliche vnd eine ewige. Wann GOtt einmal
einen zu seinem Kind hat auffgenommen / in seinem geliebten Sohn CHristo JEsu;
so übergibt er jhn nicht
Zwar denen / die in der Furcht Gottes leben / seynd solche zeitliche Straffen
eigentlich keine Straffen / denn GOtt ist
Die andere Bewegung führet vns auff vnsern Beruff:
Nun / meine Lieben / jhr habt hie angehöret eine Vermahnung
Gleichwol höret der H. Geist nicht auff / durch seine Diener
Was achtet jhr? Solte GOTT nicht einmal zürnen? Der HERR ist der Rächer über das alles. Das sey euch verkündiget / als ein warhafftiges Wort. Der HERR ist Rächer über das alles: Er wird es wissen zu finden zu seiner Zeit. Welcher seine Heiligung verlässet / der verlässet GOtt / vnd weichet von seinem Christlichen Beruff. Setzet euch für Augen diesen Rächer / jhr Vngerechtfertige / jhr Hurer vnd Lustsüchtige / vnd alle vnreine Weltkinder. Bedenckt bey zeit / wie jhr dem zukünfftigen Zorn entfliehen wollet.
Wann wir Heyden wären / die von GOtt nichts wüsten / so möchts hingehen / daß wir lieffen in vnheiligem Wesen. So wir aber in der that Christen seyn wollen / lasset vns ja nicht einbilden / das Christenthumb möge Vnreinigkeit vnd allerley vnrechtfertige Händel wol leiden. Solte vnser Wandel nicht abgesondert seyn / von der Heyden Wandel / was wären wir denn für ein Heiligthumb Gottes? Kenneten wir Gott nicht / vnd seinen Willen / so hätten wir weniger Schuld / nun aber ists offenbaret; Das ist der Wille Gottes / ewre Heiligung. Wie mancher thut seinem Freunde zu gefallen / das er sonst wol vnterließ? solte denn vnsers lieben Gottes Wille nichts gelten?
Hebe weg den Schanddeckel von deinem Gesicht / daß du in deinem Muthwillen vnd
Sünden / die du zu lassen nicht sinnes bist /
Wir beschliessen mit vnserm Apostel Paulo: Wer verachtet
V. 1. LIeben Brüder / So seyd nun GOttes Nachfolger / als die lieben Kinder.
V. 2. Vnd wandelt in der Liebe / gleich wie Christus vns hat geliebet / vnd sich selbs dargegeben für vns / zur Gabe vnd Opffer / GOtt zu einem süssen Geruch.
V. 3. Hurerey aber / vnd alle Vnreinigkeit / oder Geitz / lasset nicht von euch gesagt werden / wie den Heiligen zustehet.
V. 4. Auch schandbare Wort / vnd Narrenthäding / oder Schertz / welche euch nicht ziemen / sondern vielmehr Dancksagung.
V. 5. Dann das solt jhr wissen / daß kein Hurer / oder Vnreiner / oder Geitziger (welcher ist ein Götzendiener) Erbe hat an dem Reich Christi vnd Gottes.
V. 6. Lasset euch niemand verführen mit vergeblichen Worten. Dann vmb dieser willen / kommet der Zorn Gottes über die Kinder deß Vnglaubens.
V. 7. Darumb seyd nicht jhre Mitgenossen.
V. 8. Dann jhr waret weiland Finsternüß. Nun aber seyd jhr ein Liecht in dem HERRN.
V. 9. Wandelt wie die Kinder deß Liechts. Die Frucht deß Geistes ist allerley Gütigkeit / Gerechtigkeit vnd Warheit.
DEr Grund deß Christenthumbs ist die Vereinigung mit
Also wird die geistliche Vereinigung ein Grund vnd Vrsprung deß gantzen
Christlichen Lebens. Wer nicht will ein todt abgehawenes Glied seyn / der muß
sich vom Geist Christi führen vnd treiben lassen. Hierumb gründet Paulus auff
diese geistliche
Zu solcher Vermahnung gehöret auch die heutige Lection / die vns leitet zur
Heiligung in der Liebe vnd Reinigkeit /
ES seynd zwey vornehme Stück vnsers Christenthumbs / Liebe vnd Reinigkeit. Das eine lehret vns recht vmb zugehen mit dem Nechsten / das ander lehret / gegen vnserm eigen Leib vns recht zu verhalten.
Zur Liebe reitzet vns / das Paulus saget: So seyd nun
Vnser äusserlicher Wandel vnd Leben gegen dem Nechsten /.
Zu solchem Liebeswandel reitzet vns der Apostel mit süssen Worten / durch die Liebe deß Vatters / vnd Christi vnsers Heylandes. Seyd Gottes Nachfolger / als die lieben Kinder / vnd wandelt in der Liebe / gleich wie Christus vns hat geliebet / vnd sich selbst dargegeben für vns / zur Gabe vnd Opffer / Gott zu einem süssen Geruch.
Kinder sollen ja nacharten den Eltern. Ein Mensch gebieret nach der Natur keinen Löwen / ein Löwe gebieret keinen Hund / sondern alle Ding schlachtet nach seiner Art. Seynd wir denn Gottes liebe Kinder / so müssen wir auch Gottes Art vnd Natur annehmen.
Was ist aber Gottes Art vnd Natur. Der liebe Apostel Johannes
So ist auch die Liebe Christi überschwenglich groß / der sich selbst dargegeben
für vns / zur Gabe vnd Opffer / Gott
Geschlecht versöhnet ist.
Das mag nun ja Liebe heissen. Gottes Sohn wird selbst ein Opffer für vns. Daß er
vns erlösete vom Fluch deß Gesetzes / wird er selbst ein Fluch für vns. Bedenck
hie was du wilt / so ist alles groß. Bedenckstu den / der da liebet / oder den
der geliebet ist / oder
So seyd nun Gottes Nachfolger / als die lieben Kinder / vnd wandelt in der Liebe. Wiltu ein liebes Kind Gottes seyn / so folge nach der Art vnd Natur Gottes / daß du auch Liebe übest. Vberwinde durch die Liebe Gottes alle Bitterkeit vnd Grimm / vnd gedenck / daß dir Gottes Liebe fürgesetzet ist zur Nachfolge. Vnd ob schon die Natur dich zur Bitterkeit treibet / so sollstu doch der Natur gewalt anthun / vnd gedencken: Sihe / diese bittere Naturhabe ich vom sündlichen Fleisch geerbet / weil ich Fleisch vom Fleisch geboren bin; weil aber auch durch Gottes Gnade ich auß dem Geist newgeboren / vnd Gottes liebes Kind worden bin / soll ich ja meine fleischliche Bitterkeit nicht herrschen lassen. Auch vmb der Liebe Gottes willen / welcher lauter Liebe ist / vnd lauter Liebe an vns übet / folge nicht der bösen Bitterkeit. Bedencke doch / wie du könnest Gottes liebes Kind heissen / wo du seiner Natur wilst zu wider leben; bedenck / wie du könnest in der Heiligen Gemeinschafft deß Leibes Christi bleiben / so du nicht raum gibst dem Geist Christi / der da ist ein Geist der Liebe.
Christi Liebe wird vns nicht allein fürgesetzet als eine Bewegung zur Liebe /
sondern auch als ein Exempel / darin vns die Art der Liebe gezeiget wird / wie
hefftig die Liebe seyn solle. Die Welt liebet auch / suchet aber nur das jhre /
vnd liebet / so lange Nutz bey
Ferner / spricht Paulus: Hurerey vnd alle Vnreinigkeit
Die Vnreinigkeit im Werck ist die befleckung deß Fleisches /
Solche Vnzucht / wie sie auch Namen habe / soll von Christen so ferne seyn / daß
wir sie nicht lassen von vns gesaget werden. Was aber nicht soll von vns gesaget
werden / soll viel weniger von vns verübet werden. Es soll ein Christ ein solch
reines Gemüth haben / daß er dafür erschrecke / wann er solche Schande nur
Gleichmässig soll auch von Christen ferne seyn / die Vnreinigkeit in Worten; denn
eben was der Geist Gottes von Hurerey gesaget / Lasset sie nicht von euch
gesaget werden; das saget er auch von schandbaren Worten / Narrentheidung vnd
Schertz; Lasset sie auch nicht von euch gesaget werden. Alle Worte / die nicht
dienen zur Noth oder zur Besserung im Glauben / seynd vnnütze Wort; so man aber
solche Wort brauchet / fleischliche Lustigkeit zu erwecken / ists ein Schertz.
So man aber solche Lustigkeit suchet / in losen vnzüchtigen Worten / seynds
schandbare Wort vnd Narrentheidung. Dahin gehören alle lose Sprichwörter /
leichtfertige Historien / vn schandbare Lieder. Diese schandbare
Worte / Narrentheidung vnd Schertz / sollen wir nicht lassen von vns gesaget
werden / sollen nicht vnter vns gut geheissen werden. Wer diese Vermahnung will
annehmen / der hütet sich vor erst selbst für vngebürlichem Schertz vnd
Narrentheidungen / daß er sie auß seinem Munde nicht gehen lässet; hernach höret
er den Narrentheidungen nicht gerne zu / suchet auch keine Lust darin / lobts
auch an niemand / sondern ist jhm zu wider.
Es hat der H. Geist nicht ohne vrsach die Vnreinigkeit so wol in Worten als in
Wercken / bey Christen verworffen / vnd vns davon abgemahnet. Denn was vnnütz
vnd vnzüchtig Geschwätz anlanget; so spricht der Geist Gottes: Sie ziemen euch
nicht.
Begehren wir aber zu wissen / wovon der Christen Rede seyn soll; so weiset vns
hie der Apostel Paulus auff Dancksagung / das ziemet Christen viel mehr / als
loser Schertz. Es heisst aber Dancksagung solche Rede / dadurch GOtt gepreiset
wird / wann man nemblich von Gottes Lob vnd Wercken redet. Das ists / dazu vns
Paulus hernach eben in diesem 5. Cap. an die Epheser
Wer nun liebet den Heiligen Geist Gottes / damit wir versiegelt seyn / der wird ja nicht begehren deuselben zu betrüben / mit schandbarem Geschwätz / sondern vielmehr erfrewen mit Dancksagung. Vnd solche Leute dulden auch vnter jhnen kein faul Geschwätz / viel weniger begehren sie dieselben mit lust anzuhören. Die Gewonheit würde viel hiezu helffen. Drumb wäre auch nützlich vnd zu wünschen / daß bey allen Taffeln dieses zu einer Gast-Regel angeschrieben stünde: Lasset nicht von euch gesaget werden / schandbare Wort vnd Narrentheidinge oder Schertz / welche euch nicht ziemen / sondern vielmehr Dancksagung. Das ist: Lasset nicht von euch gesaget werden / diese Leute haben hie an dieser Taffel schändliche Narrentheidung getrieben; welches einem Christen Schande ist; sondern vielmehr: diese Leute haben an dieser Taffel ein recht Christlich gottselig Gespräch geführet. Solches aber müste nicht allein angeschrieben / sondern auch in gute acht genommen werden / daß einer den andern mit ernst darauff weisete.
So Vnreinigkeit nicht in Worten bey Christen zu dulden / soll dieselbe viel
weniger in der That verübet werden. Hurerey vnd alle Vnreinigkeit oder Lustgeitz
/ lasset nicht von euch gesaget werden / wie den Heiligen zustehet. Ob wir zwar
noch mit dem Fleisch der Sünden vmbgeben seyn / so seynd wir doch heilig / als
die wir geheiliget seyn durch den H. Geist / vnd durch das Blut vnserer
Reinigung / welches ist das Blut Jesu Christi deß Sohns Gottes. Darumb stehet
vns gar nicht an einige Befleckung an
Soruhet auch eine harte Straffe für der Thür der Vnzüchtigen: Denn das solt jhr wissen / daß kein Hurer / oder Vnreiner / oder Lustgeitziger / welcher ist ein Götzendiener / Erbe hat an dem Reich Christi vnd Gottes.
Es ist vorhin gesagt / daß Vnzucht die Art habe / wann man jhr erstlich raum gibt
/ daß eine vnersetzliche Lustseuche darauff folget / solche Lustsüchtige / vnd
vnersättliche Lusthängste werden hie Götzendiener genant. Gleich wie die
leibliche Abgötterey / in H. Schrifft für eine geistliche Hurerey außgeruffen
wird; da ein Mensch mit seinem Hertzen von GOtt abweichet / vnd sich zu etwas
hält / das nicht Gott ist: Also wird auch die leibliche Hurerey eine geistliche
Abgötterey genennet; dieweil der Mensch dadurch die vnzüchtige Fleischeslust zum
Gott machet. Es stehe GOtt jmmer vnd schreye: Hurerey vnd Vnzucht / vnd
Lustseuche lasset nicht von euch gesagt werden; so schreyet dein vnzüchtiges ; sondern must deiner Vnzucht folgen / so sehr hat dich
die Vnzucht eingenommen. Das heisst ja der Lustseuche als einem schändlichen
Götzen dienen.
Nun was ist dein Lohn? Kein Hurer / oder Vnreiner / oder Lustgeitziger / hat Erbe
am Reich Christi vn Gottes. Das Reich Christi ist das Reich der
Gnaden hie auff Erden; das Reich Gottes ist das Reich der Herrligkeit in der
himlischen Seligkeit / allda der Sohn dem Vatter das Reich wieder übergeben wird
/ solte doch nicht von Christi Geist /
sondern vom Hurengeist getriebe werden? Eben diß Vrtheil ist auch
vorhin über die Vnreine gesprochen in der 1. an die Corinth. am 6. Lasset euch
nit verführen / weder die Hurer das Reich Gottes
ererben. Wie kan er höher schrecke? Das wißt jhr / sagt Paulus /
vnd dürfft keinen Schertz darauß machen / kein Hurer / oder Vnreiner / oder
Lustgeitziger / hat Erbe am Reich Christi vnd Gottes.
Mit solchem Ernst fodert GOtt die Heiligkeit von seinen
Wer in der Welt lebet / wird viele Spottwort der Weltkinder anhören müssen / dadurch ein Christlicher Wandel gehönet wird: aber lasset euch niemand verführen mit vergeblichen Worten; seyd nicht jhre Mitgenossen / sondern straffet es. Ein Christ muß mit nichten an solchen epicurischen Reden ein lust oder gefallen tragen / vnd sich wol fürsehen / daß er durch solche üppige Reden von der Einfalt deß Christlichen Wandels nicht abgezogen werde.
Solcher Fürsichtigkeit haben wir grosse Vrsachen. Denn erstlich: Vmb dieser
Spottrede willen kompt der Zorn Gottes über die Kinder deß Vnglaubens. Kinder
deß Vnglaubens vnd Vngehorsams seynd alle Widerspenstige / die dem Worte Gottes
nicht glauben / es gering achten / vnd sich jhm widersetzen. Vber solche wird
gewiß der Zorn Gottes kommen / vnd eben vmb deß Spottes willen / den sie vom
Christenthumb treiben vnd annehmen. Als wann sie nach Weltweise jhren Lüsten vnd
der Sünden dienen / vnd es gering schätzen / vnd einen Schertz darauß machen /
vnd hingegen von dem heiligen Wandel der Christen spöttisch reden; auch andere /
die es hören / solchen Spottworten glauben geben. Das ist die Macht der
Finsternüß /
Hernach betrachtet auch diß: Ihr waret weyland Finsternüß
Dar auß fliesset eine doppelte Bewegung zur heiligen Fürsichtigkeit / daß wir
durch der Welt Gespöttvns von der Heiligkeit nicht abziehen lassen. Denn
erstlich: Ihr seyd weyland Finsternüß gewesen / vnd in aller Schande versencket;
darumb sollen wir nicht wieder vmbkehren zur vorigen Vnreinigkeit / nach dem wir
durch Christi Geist davon erfreyet seyn. Niemand der vernünfftig ist / stürtzet
sich mit willen wieder in eine Gefahr / darauß er vorhin durch grosse Mühe
gezogen ist. So ist auch keine Bestia so vnsinnig / daß sie wiederkehre zu den
Banden / von welchen sie sich loß gebrochen hat. Zum andern / Ihr seyd ein
Liecht im HERRN.
Was seynd aber die Wercke deß Liechts? Paulus nennet sie Früchte deß Geistes: Die Frucht deß Geistes ist allerley Gütigkeit / vnd Gerechtigkeit / vnd Warheit. Wann wir nach der Gütigkeit jeder man liebes vnd gutes erzeigen / vnd gerne vergeben; nach der Gerechtigkeit / niemand beleidigen; nach der Warheit / für GOtt wandeln in der Reinigkeit Leibes vnd der Seelen / so wandeln wir recht als die Kinder deß Liechts. Davon lässet sich die erleuchtete Seele nicht abziehen / durch vergebliche Wort der Weltkinder / sondern straffet sie vielmehr.
Es ist diese Epistolische Lection an jhr selbst eine Vermahnung / hart vnd deutlich genug / vnd gehet dahin / daß wir halten an der Heiligung / in übung der Liebe vnd der Reinigkeit / in Worten vnd Wercken / vnd daß wir vns davon durch keine Spottreden der Welt ableiten lassen.
Aber wer nimbts mit Gehorsam auff? Es ist gar eine schreckliche Rede / die im
heutigen Evangelio geführet wird:
Vor acht Tagen hat der Geist Gottes vns auff solche weise geprediget / durch
seine Mithelffer: Lieben Brüder / jhr habt von vns empfangen / wie jhr sollet
wandeln in der Heiligung / daß jhr GOtt gefallet / so bitten wir euch vnd
ermahnen in dem HERRN Jesu / daß jhr darin jmmer völliger werdet; denn das ist
der Wille Gottes / ewre Heiligung / denn GOtt hat vns nicht beruffen zur
Vnreinigkeit / sondern zur Heiligung. Werdet jhr aber abweichen zur Lustseuche /
vnd anderen vnrechtfertigen Händeln / so wisset / der HERR ist Rächer über das
alles. Das ist damals angehöret; wer hats aber angenommen? vnd wer ist dadurch
gebessert?
Wer zu erbitten ist / den bitten wir / vnd ermahnen durch GOtt / daß er den Ernst Gottes zu Hertzen nehme. Leget ab alle Vnreinigkeit / vnd liebet alles / was gehöret zur Liebe vnd Heiligung. Denn also geziemet es euch / die jhr Christen seyd. Es geziemet euch / denn jhr seyd Glieder an dem geistlichen Leibe Christi. In welchem der Geist Christi nicht lebet / der ist ein todtes Glied. Es geziemet euch / denn jhr seyd Gottes Kinder. So seyd Gottes Nachfolger in der Liebe / vnd in der Heiligung. Es geziemet euch / denn jhr seyd ein Liecht im HERRN / darumb wandelt als die Kinder deß Liechts.
Wolt jhr aber nicht achten / was euch geziemet; so achtet was euch schadet. Wo
ewer Gebühr euch nicht mag bewegen / so erschrecke euch doch die Straffe. Von
allen Götzendienern
Wer nun zu erbitten ist / den bitten vnd ermahnen wir nochmal
Hütet euch aber / daß jhr durch vergebliche Worte / dadurch der Christliche
Wandel vernichtet wird / nicht verführet werdet. Gedencket vielmehr / wie jhr
mit Christo vereiniget / vnd Gottes Heiligthumb seyd; wie jhr seyd Kinder Gottes
/ vnd ein Liecht im HERRN; Darumb seyd Gottes Nachfolger / vnd wandelt wie die
Kinder deß Liechts / nicht in Vnreinigkeit in Worten oder Wercken / sondern in
der Heiligung / in der Reinigkeit vnd Liebe. Gott helff in Gnaden /
AMEN.
V. 21. SAget mir / die jhr vnter dem Gesetz seyn wolt / habt jhr das Gesetz nicht gehöret?
V. 22. Dann es stehet geschrieben / daß Abraham zween Söhne hatte / einen von der Magd / den andern von der Freyen.
V. 23. Aber der von der Magd war / ist nach dem Fleisch geboren / der aber von der Freyen / ist durch die Verheissung geboren.
V. 24. Die Wort bedeuten etwas. Dann das seynd die zwey Testament / eines von dem Berge Sina / das zur Knechtschafft gebieret / welches ist die Agar.
V. 25. Dann Agar heisset in Arabia der Berg Sina / vnd langet biß gen Jerusalem / das zu dieser Zeit ist / vnd ist dienstbar mit seinen Kindern.
V. 26. Aber das Jerusalem / das droben ist / das ist die Freye / die ist vnser aller Mutter.
V. 27. Dann es stehet geschrieben: Sey frölich du Vnfruchtbare / die du nicht
gebierest / vnd brich herfür / vnd ruffe / die du nicht schwanger bist / dann
die
V. 28. Wir aber / lieben Brüder / seynd Isaar nach der Verheissunge Kinder.
V. 29. Aber gleich wie zu der Zeit / der nach dem Fleisch geboren war / verfolget den / der nach dem Geist geboren war / also gehet es jetzt auch.
V. 30. Aber was spricht die Schrifft? Stoß die Magd hinauß mit jhrem Sohn /
dan der Magd Sohn soll nicht erben mit dem Sohn der
Freyen.
V. 31. So seynd wir nun / lieben Brüder / nicht der Magd Kinder / sondern der Freyen.
ES ist gar ein hertzlich anmütig Lob / wann der Apostel Paulus von den Galatern im 4. Capitel also redet: Ihr wisset / lieben Brüder / daß ich euch in Schwachheit / nach dem Fleisch / das Evangelium geprediget habe zum ersten mahl / vnd meine Anfechtung / die ich leide nach dem Fleisch / habt jhr nicht verachtet / noch verschmähet / sondern als einen Engel Gottes nahmet jhr mich auff / ja als Christum Jesum. Wie waret jhr dazumahl so selig? Ich bin ewer Zeuge / daß wenn es müglich gewesen wäre / jhr hättet ewre Augen außgerissen / vnd mir gegeben.
Wir erinnern vns bey diesem Lobspruch 1. deß Evangelij / das Paulus den Galatern
/ Römern / vnd allen Heyden allenthalben geprediget habe. Nemblich / es ist eine
solche fröliche Bottschafft gewesen / darinnen offenbaret wird die Gerechtigkeit
/ die
2. Mercken wir in erwehntem Spruch sonderliche
3. Haben wir zu bedencken / wie sich die Galater gegen der Schwachheit jhres
Predigers verhalten. Sie haben seine Anfechtung vnd Schwachheit / die er nach
dem Fleisch getragen / nicht verachtet noch verschmähet. Wann jetzo ein Prediger
zu einer Gemeine beruffen wird / ist man nicht damit zu frieden / daß man habe
einen Mann / kräfftig im Geiste / sondern nach dem Fleisch besihet man jhn
hinden vnd forn / daß jhm nichts fehle. Die Galater werden gerühmet / daß sie
Paulum / wie schwach er auch / dem Fleisch nach / gewesen / nicht verschmähet /
oder geringschätzig / vmb seiner leiblichen Noth willen / gehalten haben;
sondern vielmehr geliebet vnd geehret. Sie haben jhn auffgenommen als einen
Engel Gottes / ja als Jesum Christum selbst / vnd haben jhm allerley gutes
gethan; Ich bin ewer Zeuge / spricht Paulus / daß wann es müglich gewesen wäre /
jhr hättet ewre Augen außgerissen / vnd mir gegeben. Solches ist billig / wer
Gottes Wort lieb hat / der ehret dessen Diener. Doch ists lobens werth / vnd ein
seliges Ding: O wie selig waret jhr damahl! Wann Christen das Wort Gottes von
jhren Lehrern auffnehmen vnd lieben / als Gottes Wort / da seynd sie freylich
selig. Denn
Aber Jammer vnd Wunder / daß wir weiter von den Galatern hören: Wie bin ich denn
nun ewer Feind worden? Ich fürchte ewer / daß ich nicht vielleicht vmbsonst habe
an euch gearbeitet. Ihr lieffet fein / wer hat euch auffgehalten
Solchem Irrthumb widersetzt sich der Apostel Paulus in
DEr Apostel Paulus hat hie zu thun mit all denselben / die vorhin Christum rein
erkant vnd angenommen hatten / nun aber auch wolten vnter dem Gesetze seyn / das
ist / die einen Ruhm vnd Gerechtigkeit für Gottes Gericht in dem Gesetz
Die Historia soll vns bekant seyn / auß dem 16. 18. und 21.
Dieses ist die Historia von der zweyfachen Geburt Abrahams / darauff vns Paulus
weiset / vnd einen solchen Vnterscheid machet: Der von der Magd war / ist nach
dem Fleisch geboren; der aber von der Freyen / ist durch die Verheissung
geboren. Denn da Ismael / der erste / gezeuget ward / war Abraham noch bey
Diese Historia begreiffet in sich eine geistliche Bedeutung;
Daß wir aber bey vorgeschriebener Historia bleiben / so ziehet Paulus dieselbe
auff zwey Testament vnd Bildnüssen / die GOtt über die Menschen auffgerichtet
hat / vnd deutet sie also: Das sind die zwey Testament / eines von dem Berge
Sina / das zur Knechtschafft gebieret / welches ist die
Die beyde Testament / die hie abgebildet werden / seynd Gesetz vnd Evangelium; im Gesetz verspricht GOtt die Seligkeit / denen die es halten; im Evangelio vermacht er die Seligkeit / denen die da glauben. Das seynd gleichsam zwey Weiber / dadurch GOtt jhm das menschliche Geschlecht will verbündlich machen / vnd Kinder zeugen. So jemand wäre / der das Gesetz halten könte / der würde dadurch haben / was im Gesetz versprochen ist / nemblich das ewige Leben.
Die Agar bildet ab den Bund vnd die Lehre / die vom Berg
Zu diesem Sina gehöret Jerusalem / daß zu dieser Zeit ist / das ist das jrrdische Jerusalem. Wie Paulus saget; Sina gelanget biß gen Jerusalem; oder vielmehr; Sina kompt überein / vnd ist gleiches Zustandes mit dem jrrdischen Jerusalem. Zu Jerusalem ward von der Synagoga oder Judenschule / von den Priestern / Phariseern vnd Schrifftgelehrten nur das Gesetz getrieben / vnd Mosaische Last dem Volck auffgebürdet. Also ist der Berg Sina mit seinem Gesetz / vnd Jerusalem mit jhrem Mosaischen Gottesdienst / einer Art mit der Agar.
Die Kinder Agar seynd alle / die da wollen vnter dem Gesetze seyn / das ist / die
nach dem Gesetze / auß jhrem Thun vnd Wercken / Ruhm vnd Gerechtigkeit für
Gottes Gericht suchen. Denn gleich wie Ismael nach dem Fleisch / auß natürlichen
Kräfften
Solche Leute seynd zu Christi vnd der Apostel Zeiten gewesen / die Bürger Jerusalem / das gantze Judenthumb. Da denn zu mercken / daß alle Glaubigen vor Christi Zeit / außgenommen die auß den Heyden / die ausserhalb deß heiligen Landes wohneten / seynd zwar verbunden gewesen an den Mosaischen Gottesdienst / doch also / daß denselben das Gesetz nur ein Zuchtmeister auff Christum wäre / in dem erstlich den Glaubigen darinnen jhre sündliche Vnart gezeiget ward / hernach auch die Artzney in Christo / durch mancherley Fürbilde. Die nun auß Israel durchs Gesetz hindurch sahen auff Christum / vnd in demselben jhre Versöhnung vnd Gerechtigkeit sucheten / die waren nicht Agar / sondern Sarae Kinder. Die aber das Gesetze also annahmen / als bestünde darin jhr Ruhm / Gerechtigkeit vnd Seligkeit für GOtt / das seynd dieselbe / davon hie gesaget wird / Agars Kinder.
Nun / was gelten die für GOTT? Sie seynd Knechte. Gleich wie Ismael von der Magd
geboren ward; also ist auch alles / was auß dem Gesetz Gerechtigkeit für GOtt
suchet / nur eine knechtische Geburt. Das Testament / das vom Berg Sina Kindern. Dienstbar seynd sie / denn sie arbeiten / vnd lassen
sich beschweren mit vielerley Satzungen / vnd haben doch keinen Danck dazu /
bleiben nur Knechte / vnd finden kein Erbtheil bey GOTT. Denn
Dieser ist entgegen gesetzet die Sara mit jhren Kindern / vnd
Diß himlische Jerusalem / diese Braut deß Lammes / ist vnser aller / nemblich der
Glaubigen Mutter. Denn sie hat bey sich den vnvergänglichen Samen / das Wort der
Gnaden / darauß die Kinder Gottes gezeuget werden / gibt jhnen auch die Speiß
vnd Nahrung / dadurch sie wachsen / vnd starck / vnd zum ewigen Leben erhalten
werden. Denn Christus / der in die Höhe gefahren ist /
Hierumb ist Jerusalem eine fruchtbare Mutter / nach dem Spruch Esaiae am 54. Cap.
welchen hie der Apostel anziehet: Sey frölich du Vnfruchtbare / die du nicht
gebierest /
Die Kinder nun / die von dieser Mutter gezeuget werden / seynd Kinder der Verheissung / vnd werden durch Verheissung geboren. Wir seynd wie Isaar / nach der Verheissung Kinder. Dann gleich wie Isaac nicht auß fleischlicher natürlicher Krafft gezeuget ward / sondern in Krafft der Verheissung / der Abraham glaubte; Also auch die rechte Kinder Gottes kommen auß keinem Vermögen / das in vnserm Fleisch ist / zur Kindschafft / sondern allein durch die Verheissung von der Gnade Gottes / in Christo Jesu vnserm Heyland; wann solche Verheissung geprediget vnd angenommen wird / so gebieret Sara Isaac; vnd die es annehmen / die seynd Isaac / nach der Verheissung Kinder.
Wie das Gesetz nur zur Knechtschafft gebieret / vnd das Gesetztragende Jerusalem nur dienstbar ist mit seinen Kindern; also hingegen gebieret Sara zur Freyheit / vnd ist frey mit jhren Kindern. Vnd wie ein Kind im Hause seines Vatters nicht von nöthen hat / allererst mit Dienstbarkeit vnd Arbeit die Erbschafft zu verdienen; sondern es ist seines Vatters Erbe / frey vmb der Kindschafft willen: Also die wir durch die Gnadenverheissung in Christo Jesu Gottes Kinder seyn / dürffen wir nicht allererst durch Mühe vnd Arbeit vnser Erbtheil bey GOtt erwerben; wir haben es bereit schon auß Gnaden / darumb daß wir in Christo Jesu Gottes geliebte Kinder seyn.
Ein Theil der Vergleichnuß zweyerley Geburt / haben wir
Von Ismael wird gesaget im ersten Buch Mosis am 21.
Alles in eine Summa gefasset zu wiederholen / so hat GOtt
Darauff schliesset der Apostel: So sind wir nun / lieben Brüder / nicht der Magd
Kinder / sondern der Freyen. So bestehet nun in der Freyheit / damit vns
Christus befreyet hat / vnd lasset euch nicht wiederumb in das knechtische Joch
fangen. Christus hat vns durch den Glauben zu Gottes Kindern gemacht / vnd in
solche Freyheit gesetzet / daß wir für GOTT ohn Anschen einiger eignen
Heiligkeit oder Verdienst / allein durch den Glauben gerecht vnd selig seyn
sollen. Bey solcher Freyheit sollen wir auch verbleiben / vnd vns nicht in wir sind nicht der Magd Kinder / sondern der Freyen.
Wir sollen nicht meynen / meine Lieben / solche Vermahnung
Solche Lehre sollen wir recht fassen / auch vmb Verführung willen. Denn ob wol /
GOtt Lob / wir an diesem Ort für Juden vnd andern Feinden Friede haben / so
möchte es doch geschehen / daß Verführer zu vns / oder wir zu jhnen kämen. Da
ists ja noth / daß wir im Grunde vnsers Glaubens verwahret seyn. So hören wir
auch von vielen Secten / die auff Christlich Leben gewaltig dringen. Das ist
gut; aber ein Christ muß auff den Grund sehen / auß was Grunde das Christliche
Leben von einem erfordert werde / ob wir auch auß der Freyheit gestossen werden.
Ist dem also / so gilts nichts / wie schön es auch scheinet. Hat Abraham in
Wercken eine Gerechtigkeit / vnd lebet für der Welt vnsträfflich; so hat er wol
Ruhm / vnd wird billich für Menschen gelobet; aber damit hat er
Diß glaubige Erkäntnüß macht rechtschaffene Hoffnung vnd Zuversicht in der
Todesnoth / vnd wann wir sonsten vmb der Sünde willen für Gottes Gericht gezogen
werden. Denn wann mich da mein Gewissen überzeuget / ich sey fleischlich vnd der
Sünden
Ja eben darumb / daß wir solche Frewdigkeit im Todt vnd Anfechtung haben sollen /
ists Gottes Wolgefallen gewesen / allein durch den Glauben die Glaubigen selig
zu machen / wie geschrieben
Aber was machen wir? Heben wir an die Sünde gut zu heissen? Das sey ferne. Die
rauhe Welt suchet vnd nimpt jhr hie eine Freyheit zur Sünden. So aber das
Freyheit heisset / so bekenne ich / daß kein freyers Kind Gottes ist / als der
Satan mit allen seinen Gliedern. Freyheit / dazu Christus vns befreyet hat / ist
/ daß ich durch Christum in GOtt alle Seligkeit ererbe / vnd in der
Gewissens-Angst auff nichts / dann auff den gecreutzigten Jesum sehen darff /
vnd lasse mich nicht schrecken / weder durch drawen noch fluchen eines einigen
Gesetzes. Das ist keine geringe Freyheit; wann das nicht wäre / müsten wir nur
verzagen / vnd
Fasset mich recht. Wann wir fodern gottseligen Wandel / Liebe / vnd andere Christliche Tugenden im Christenthumb zu üben / ist nicht die Meynung / daß das soll ein Weg seyn zur Seligkeit / oder daß jhr zu solchem ende gutes thuen sollet / damit jhr dadurch die Seligkeit für GOtt erlanget. Denn entweder du bist schon ein Kind vnd Erbe Gottes / oder nicht. Bistu es nicht / wir stu es nimmer durch dein verstümpeltes Leben werden; bistu es aber / so ist ja nicht von nöthen / daß du erstlich durch Werck das Erbe erwerbest.
Wann wir nun getauffet seyn / vnd glauben an GOtt / der vnsern Heyland JEsum
Christum von den Todten aufferwecket hat / so seynd wir Gottes Erben / vnd haben
alle Seligkeit durch vnsern Heyland Jesum Christum. Darin aber mustu dich noch
vorsehen / daß du von deiner Herrligkeit nicht wieder hinab gestossen werdest.
Du bist nun Gottes Kind; GOtt ist dein Vatter / die Gemeine Christi / das
himlische Jerusalem / ist deine Mutter / das Wort der Verheissung ist der Saame
/ dadurch du im Glauben Gottes Kind geworden bist; bedencke aber hiebey / was
geschrieben stehet in der ersten Petri am 1. Sintemal jhr den
Ihr dürfft nicht klagen über Zwang vnd Dienstbarkeit. Denn was für Freyheit jhr
in Christo habt / ist euch genug gesaget. Dazu will GOtt nicht gezwungen Opffer
von euch haben / sondern
Ich schliesse mit dem / das Paulus saget im 5. Cap. an die
V. 11. LIeben Brüder / Christus aber ist kommen / daß er sey ein Hoherpriester der zukünfftigen Güter / durch eine grössere vnd vollkommenere Hütten / die nicht mit der Hand gemacht ist / das ist / die nicht also gebawet ist.
V. 12. Auch nicht durch der Böcke oder Kälber Blut / sondern er ist durch sein eigen Blut einmal in das Heilige eingegangen / vnd hat eine ewige Erlösung erfunden.
V. 13. Dann so der Ochsen vnd der Böcke Blut / vnd die Aschen von der Kuh / gesprenget / heiliget die Vnreinen / zu der leiblichen Reinigkeit.
V. 14. Wie viel mehr wird das Blut Christi / der sich selbs ohn allen Wandel / durch den Heiligen Geist GOtt geopffert hat / vnser Gewissen reinigen von den todten Wercken / zu dienen dem lebendigen GOtt.
V. 15. Vnd darumb ist er auch ein Mittler deß Newen Testaments / auff daß durch
den Todt / so geschehen ist zur Erlösung von den Vbertrettungen (die
WIe das menschliche Leben in vnterschiedliche Alter abgetheilet wird / also hat
GOTT seiner Kirchen drey vnterschiedliche Zeiten bestimmet / vnd dieselbe jhm
zur Braut durch drey vnterschiedliche Alter aufferzogen. Das erste Alter der
Kirchen ist gleichsam eine zarte Kindheit / da GOtt durch Gesicht vnd
Offenbarung hat angefangen vnter den abgefallenen Menschen sein seligmachendes
Erkäntnüß erstlich zu pflantzen. Da ist noch kein geschriebenes Wort gewesen /
sondern die Glaubigen haben jhren Gottesdienst einfältig im Opffer verrichtet /
vnd dabey sich halten müssen an die Verheissung / dem Vatter Adam gegeben: Deß
Weibes Samen soll der Schlangen en wird / meynestu daß er auch noch Glauben finden werde? Doch
ist solches für ein absonderlich vnterschiedenes Alter nicht zu halten / weil
darin keine Veränderung in Art vnd Weise deß Gottesdiensts von GOtt gestifftet
vnd angeordnet ist / sondern es soll bleiben bey dem / das durch die Apostel
Christi geprediget ist / biß zur Welt Ende.
Vorgedachte merckliche Veränderungen im Gottesdienst
Auff was weise aber das Priesterthumb Christi in dem Levitischen Priesterthumb
abgebildet / ist das Meisterstück in der Epistel an die Ebreer / wie dann auch
die heutige Lection dahin gehet / daß man sehe / wie eine viel höhere Krafft vnd
Vollkommenheit stecke in dem newen Priesterthumb / als in dem alten. Wie wir
dann vor acht Tagen von deß Glaubens Freyheit in der Gerechtfertigung für GOtt /
seynd vnterwiesen / wie daselbst die glaubige Seele auff nichts / als auff die
Gnadenverheissung sehen solle / die vns gegeben ist in Christo Jesu vnserm
HERRN; also folget im heutigen Text fein darauff der Grund deß Glaubens / da vns
die Krafft deß Opffers JEsu Christi / mit köstlichen süssen Worten außgeleget
wird / welches der Glaube ergreifft / vnd GOtt fürhält / vnd dadurch zu aller
zeit Gerechtigkeit vnd Sehligkeit bey GOtt erlanget. Derwegen muß vnsere Andacht
auff dißmal dahin
EIn jeglicher Gottesdienst muß seinen Priester haben. Wie
Auff eine andere weise heisset Christus auch ein Hoherpriester der zukünfftigen Güter / weil das verheissene Erbe im Himmel noch nicht offenbaret ist. Wir haben hie Gnad vnd Vergebung / ja auch den Himmel selbst / aber im Glauben vnd in den Verheissungen. Die Offenbarung erwarten wir noch. In solchem Verstande heisst Aaron ein Hoherpriester der gegenwärtigen Güter / vnd der leiblichen Reinigung; Christus ein Hoherpriester der zukünfftigen Güter / deren wir im Himmel erwarten müssen.
Wann nun die beyde Hohepriester / Aaron vnd Christus / gegen einander gehalten
werden / muß ja freylich alles im Priesterthumb Christi höher vnd fürtrefflicher
seyn / als in dem alten. Eine fürtrefflichere Hütte / ein fürtrefflichers Opffer
/ ein fürtrefflicherer Nutz. Nicht aber nach dem äusserlichen Ansehen vnd
Schmuck. Das alte Priesterthumb ist leiblich / mit allen seinem
Das Opffer ist hie nicht Böck oder Kälberblut / sondern Christi eignes Blut. Wäre
das nicht mehr als Menschenblut / müste es doch werther für GOtt seyn / als
Bocksblut. Vnd ist die Fürtreffligkeit auch darauß zu sehen / daß nur einmal diß
Blut hat dürffen vergossen werden. Wann es wär vn vollkommen gewesen zur
Heiligung / vnd wann es nicht hätte vnendliche Krafft / hätte er offt müssen
leiden / vom anfang der Welt her. Nun aber
Die Hütte / der Tempel vnd das Heilige / ist nicht etwas mit Händen gemacht. Denn
Christus ist kommen / daß er sey ein Hoherpriester der zukünfftigen Güter /
durch vnd vermittelst einer grössern vnd vollkommenern Hütten / die nicht mit
der Hand gemacht ist / das ist / die nicht also gebawet ist. Was diß für eine
Hütte sey / wird drunden angedeutet in diesem Capitel / wann also gesaget wird:
Christus ist nicht eingegangen
Auff eine andere weise kan auch gesaget werden / daß der Leib Christi die Hütte sey / die nicht mit Händen gemacht. Denn Christus hat sich selbst GOtt auffgeopffert vnsichtbarlich im Hertzen hernach ist er auch in den Himmel getretten / als ins Allerheiligste / für dem Angesicht Gottes / vnd hat sein Blut hinein gebracht / zur Versöhnung.
Gleich wie nun der Hohepriester nicht ohn Blut ins Allerheiligste gegangen / dann
wann er hat wollen hinein gehen / muste er zuvor opffern / vnd ein theil Blutes
in das Heiligste hinein bringen / vnd dem HERRN fürtragen. Also hat auch
Christus müssen
So dann das Opffer sampt der Hütten viel fürtrefflicher ist in dem Priesterthumb Christi / als im Levitischen Priesterthumb / so muß auch die Frucht vnd der Nutz viel fürtrefflicher seyn / vnd heisset / ewige Erlösung; dann in dem dieser Hoherpriester durch sein eigen Blut ins Heilige hinein gegangen / hat er eine ewige Erlösung erfunden.
Die Erlösung ist ein Verdienst oder Recht / einen Menschen von Sünde vnd
Verderben zu erfreyen. Solche Erlösung hat Christus mit seinem Leyden erfunden /
da es sonsten hart gehalten / vnd aller Creatur vnmüglich gefallen wäre / einen
sündlichen Menschen vom ewigen Todt erretten. Vnserm Erlöser Christo Jesu ists
gelungen / der hat mit seinem blutigen Opffer eine rechtschaffene Erlösung
erfunden / denn da er ist vollendet / ist er
Hierauß kan vns nicht mehr verborgen seyn / wie ein fürtreffliches Priesterthumb habe JEsus Christus / der Priester deß Newen Testaments. Wie er viel ein höhere Person / denn Aaron ist / so ist auch sein Priesterthumb fürtrefflicher; Er hat einen fürtrefflichern Tempel / ein fürtrefflichers Opffer / eine fürtrefflichere Erlösung.
Hievon will vns der Geist Gottes noch weiters vnterweisen /
Sihe abermal die Fürtreffligkeit deß Priesterthumbs Jesu Christi / beydes in dem Opffer vnd deß Opffers Wirckung. Vorhin ist von der Krafft deß Opffers Christi gesagt: Es wircket ewige Erlösung; nun wird gesaget: Das Blut Christi reiniget vnsere Gewissen von den todten Wercken / zu dienen dem lebendigen GOtt. Da wird zweyerley gesetzet / die Reinigung deß Gewissens / vnd die Tüchtigkeit zum Dienst Gottes.
Erstlich hat das Blut Christi Krafft / vnsere Gewissen zu reinigen von den todten
Wercken. Todte Wercke heissen alle sündliche Gedancken vnd Begierde / Wort vnd
Wercke / denn sie kommen nicht auß dem Geist / ohn welchen alles todt ist /
sondern auß dem Fleisch; drumb seynd sie ein Stanck für GOtt / verworffen vnd
verdampt. So heissen auch die Sünden todte Wercke / darumb / weil sie den Todt
verdienen vnd bringen. Mit solchen todten Wercken ist das Gewissen der Menschen
erfüllet. Da heissts nicht: der Todt im Topff; sondern: der Todt ist im
Gewissen. Da werden die todte Wercke zu Würmen / die das Gewissen beissen /
nagen vnd tödten / ob sie wol ein Zeitlang still seyn / werden sie sich doch
regen zu seiner Zeit. Von diesen nagen den Würmen erfreyet vns das Blut Christi.
Da zu mercken / wann die Schrifft vom Blut Christi also redet: Es macht vns rein
von vnsern
Zum andern / macht es vns auch zu Dienern Gottes. Denn das müssen wir vns nicht einbilden / als wann GOtt durchs Blut Christi dazu habe die Reinigung erworben / daß wir deß zu kühner in Sünden vns weltzen könten. Nicht also / sondern das Blut Christi reiniget vnsere Gewissen von den todten Wercken / zu dienen dem lebendigen GOtt. Vorhin stund es so wol nicht mit vns / daß wir konten Gottes Dienstseyn vnd heissen. Die Reinigung deß Bluts Christi macht vns erstlich tüchtig dazu / daß wir GOtt Dienst erzeigen können. Denn gleich wie vorhin nicht allerley Geräth zum Gottesdienst konte gebrauchet werden / sondern was geheiliget war; so ist auch jetzt nicht eine jegliche Seele tüchtig zum Gottesdienst / sondern die durchs Blut Christi gereiniget ist. Nichts vnreines darff sich zu GOtt nahen. Nun wir aber seyn gerecht worden durch den Glauben / so haben wir Fried mit GOtt / durch Christum Jesum / durch welchen wir auch einen Zugang haben zur Gnade Gottes.
Hie ist aber nicht vorüber zu gehen / daß nicht schlecht gesaget wird in vnserm
Text / das Blut Christi macht vns tüchtig GOtt zu dienen / sondern es macht vns
tüchtig zu dienen dem
Nun ist zu beobachten / von wannen diese Krafft zum Opffer Christi komme / oder
was es sey / das Christi Blut so thewrbar mache / daß es so grosse Dinge thue.
Der Text spricht: Christus hat sich selbst ohn allen Wandel / durch den ewigen
Geist GOtt geopffert. Da stehet zweyerley / das Christi Blut vnd Opffer kostbar
machet. Das erste ist Vnschuld vnd Heiligkeit / denn Christus hat sich GOTT
geopffert ohn allen Wandel. Das Versöhnopffer für GOtt muste vollkommen heilig
seyn. Eine Figur war / daß man kein vnreines Thierlein / auch kein bresthafftes
GOTT hat opffern müssen. Wenn bey Christo die geringste Verschuldigung wäre
gefunden worden / hätte er sich selbst nicht versöhnen mögen / ich geschweige /
daß er hätte können eine Versöhnung werden für andere Menschen. Doch war nicht
genug zum Versöhnungsopffer die Vnschuld / denn wenn ein Engel sich für vns
gegeben zu eim Opffer / das hätte mögen ein Opffer ohn Wandel seyn / aber
Menschen außsöhnen hätte es nicht gekönt. Darumb muste hie noch etwas höhers
seyn / vnd wie hie stehet / der ewige Geist. Christus hat sich durch den ewigen
Geist geopffert. Was das sey / achte ich / sey erkläret / wenn Paulus 2. Cor. 5.
spricht: GOtt war in
Halte hiegegen / was im 7. Cap. dieser Epistel an die Hebreer er
das Blut Christi ein thewres Blut nennet / gegen welchen
Wenn solches betrachtet wird / können wir leicht mit dem Heiligen Geist auß der
art deß Opffers im Alten Testament einen Schluß machen / wie kräfftig das
thewrbare Opffer Christi seyn muß; Denn so der Ochsen vnd Böcke Blut / vnd die
Aschen von der Kuhe gesprenget / heiliget die Vnreinen zu der leiblichen
Reinigkeit / wie viel mehr wird das Blut Christi / der sich selbst ohn allen
Wandel / durch den ewigen Geist Gotte geopffert hat / vnser Gewissen reinigen
von den todten Wercken / zu dienen dem lebendigen GOtt. Ochsen vnd Böcke Blut
hat im Alten Testament viel vermocht zur äusserlichen Reinigung. Insonderheit
wird hie der Aschen gedacht von der Kuhe / davon zu lesen das 19.
Diß ist eine Erklärung. Folget noch eine andere in vnserm Text / darinnen die
Nothwendigkeit angedeutet wird / warumb zu vnser Erlösung ein so thewres
Versöhnopffer erfodert worden. Denn du möchtest gedencken: hat denn ohn solch
Blutvergiessen GOtt vns nicht reinigen können? Darauff antwortet der Geist
Merck hie abermal eine fürtreffliche Frucht deß Opffers Christi; auß demselben
kompts / daß die so beruffen sind / das verheissene ewige Erbe empfahen. Vorhin
hat der Geist Gottes von der Krafft deß Opffers Christi gesaget; Christus hat
eine ewige Erlösung erworben. Das Blut Christi reiniget vnsere Gewissen von den
todten Wercken / zu dienen dem lebendigen GOtt. Nun setzet er hinzu / daß die
beruffen seyn / das verheissene ewige Erbe / oder die Verheissung deß ewigen
Erbes empfahen. Wenn der HErr Christus durch seinen Todt nichts anders erlanget
hätte / als daß wir vom ewigen Todt könten erfreyet werden / solten wir doch Tag
vnd Nacht auff die Knye ligen / vnd GOtt dancken. Aber noch grössere Gnade hat
er vns erzeiget / er verschafft / daß wir die Verheissung deß ewigen Erbes
empfahen.
Was solte aber der Todt vnd das Blut Christi hiezu thun? Konten wir nicht ohn Christi Todt Erben werden? Nein. Deßwegen ist Christus ein Mittler deß Newen Testaments geworden / auff daß / wenn der Todt geschehen ist zur Erlösung von den Vbertrettungen / die vnter dem ersten Testament waren / die so beruffen sind / das verheissene ewige Erbe empfahen. Die Meynung ist; weil Christus ein Mittler deß Newen Testaments geworden / darinnen vns auß Gnaden das ewige Erbe verheissen vnd geschenckt wird / hat er nothwendig müssen sterben / auff daß die Vbertrettunge / darmit wir / Krafft deß Alten Testaments / noch verhafftet waren / auffgehoben vnd versöhnet würde.
Hie wird zweyer Testamenten oder eines zweyfachen Bundes gedacht. Das Alte
Testament oder der alte Bund ist das Gesetz / das lautet also: Das thue / so
sollstu leben; Wer aber nicht alles hält / der sey verflucht. Damit ward nicht
auff äusserliche Werck gesehen / sondern auff den äussersten Grund deß Hertzens.
Denn das Gesetz ist geistlich / so will es auch im Geist nach allen Kräfften
Leibes vnd der Seelen erfüllet seyn. Krafft dieses Bundes haben wir nichts denn
Fluch vnd Verdamnüß zu erwarten. Denn wir
Darumb richtet GOtt einen andern Bund auff / vnd macht ein ander Testament / das
heisset das Newe Testament / oder der newe Bund / in welchem vns von newem das
ewige himlische Erbe auß Gnaden verheissen wird. Der Mittler dieses Bundes ist
Christus Jesus / der ewige Sohn Gottes / der nimpt vns an zu seinen Brüdern /
vnd vermacht vns / als der natürliche Erbe / gleich durch ein Testament / das
himlische vnd ewige Erbe frey vmbsonst / auß lauter Lieb vnd Gnad. Nun stund vns
im Wege die Vbertrettung / dadurch wir / Krafft deß ersten Bundes / in den
ewigen Fluch gefallen waren. So lang diß blieb / war vnmüglich die Erbschafft im
Himmel zu erlangen. Denn vnmüglich ists / daß Gott
Darauß erkennen wir / daß der Todt Christi bey vnser Erlösung vnd Seligkeit hat
zweyerley thun müssen. Erstlich hat Christus mit seinem Todt die Verheissung deß
ewigen Erbes bestettiget; denn wie alsbald in diesem 9. Cap. an die Hebreer
folget: Wo ein Testament ist / da muß der Todt geschehen deß /
Wenn nun der einige Sohn deß ewigen Vatters / vns als sein Geschöpff hat wollen
zur himlischen Erbschafft erheben / seynd
Das ist das Zeugnüß deß Geistes Gottes in dieser Leetion / von dem Hohenpriester Christo Jesu / vnd seinem köstlichen Opffer. Alles in eine Summa zu fassen / haben wir gesehen / wie köstlich das Opffer ist / beydes in jhm selbst / vnd auch in seiner Krafft vnd Wirckung. Das Opffer Christi ist köstlich vnd thewrbar in jhm selbst; denn es nicht Bocksblut / sondern deß Sohns Gottes Blut / der sich ohn Wandel GOtt geopffert hat. Er darff sich nicht offtmals opffern / sondern mit einem Opffer hat er eine ewige Erlösung zu wege gebracht. Er hat sein Opffer verrichtet / nicht im Tempel von Händen gemacht / sondern hat sein Blut hinein gebracht in den Himmel selbst. Wie nun das Opffer kostbar ist / als muß auch die Krafft desselben fürtrefflich seyn. Es wircket ewige Erlösung / reiniget vnsere Gewissen von den todten Wercken / zu dienen dem lebendigen GOtt / vnd bringt vns eine gewisse Verheissung deß ewigen Erbes.
Daß ich den Reichthumb der Lehre vnd deß Trostes / hie begriffen / herfür suche /
weiß ich nicht / wohin ich mich kehren soll. Denn hie ist ein Abgrund eines
Reichthumbs. Seyd nur getrost / jhr leidtragende Sünder. Nun ist das Lösegeld
beygeleget ins Heilige für Gottes Angesicht / nemblich das Blut Christi / der
sich selbst ohn allen Wandel durch den ewigen Geist Gotte geopffert hat. Diß
Blut ruffet jmmerdar: Vatter / schone. Hat das Blut Abel die Krafft / daß es
schreye / wie viel mehr das Blut Christi? Ist jemand / der vmb seiner Sünde
betrübet ist / der wisse / daß er
Wie frohe solten wir seyn über solche thewre Erlösung! Wenn sich solte ein Artzt
herfür geben / der alle Schwachheiten heylen könte / was für Frewde würde der
machen? welch ein Zulauff würd er haben? Hie ist ein himlischer Artzt / der die
Wunden der Seelen heylet / vnd die Gewissen reiniget von den Sünden / daß wir im
Frieden GOtt dienen können / vnd getrost hoffen auff das verheissene ewige Erbe.
Daß wir nicht so hoch drüber erfrewet werden / kompt daher / daß wir die
Sündenwunden nicht fühlen noch achten. Ist aber einer da / der die Macht der
Sünden gefühlet / von Hertzen betrübet / mit heissen Thränen dieselbe jemals
betrawret / vnd in solchem Hertzenleid an die Versöhnung Jesu Christi gedacht
hat / der sage / ob er nicht in seinem Gewissen befriediget / vnd froh geworden.
Wie manche betrübte Seele
O wie werth muß die Seele GOTT seyn / die so thewr erkaufft ist! Was hat doch
GOtt an den Menschen gesehen / daß er sich so hoch derselben angenommen? O das
über auß grosse Lösegeld! O vnaußsprechliche Barmhertzigkeit. Im Alten Testament
Es fassen aber die Einfältigen hie wol den Grund jhrer Seligkeit. Es darff vor
erst kein Sünder zweiffeln / ob GOtt auch
Weiter nimb in acht / was du dem Gerichte Gottes fürhalten sollest / wenn dich deine Sünde schrecken. Wir wissen vnd lernen hie / daß Christus vns erlöset / nicht durch Bocksblut / sondern durch sein eigen Blut / in dem er sich selbst ohn allen Wandel durch den ewigen Geist Gotte auffgeopffert. Diesen Todt vnd diß Blut nimb im Glauben an / vnd halte es mit bußfertigem Hertzen GOtt für. Sihe / es wird keine Vbertrettung so groß seyn / das Verdienst JEsu Christi deß Sohns Gottes wird es überwiegen. Denn es nicht allein eines vnschuldigen Lämbleins Blut / das Christus vergossen / sondern Gottes Blut. Was kan thewrbarer seyn? In solchem Glauben gründe dich fest.
Zum Beschluß seyd gewarnet / lieben Christen / vnd hütet
O außerwehlte Christen / haben wir einen so thewren Hohenpriester
V. 5. LIeben Brüder / Ein jeglicher sey gesinnet / wie Jesus Christus auch war.
V. 6. Welcher / ob er wol in göttlicher Gestalt war / hielt ers nicht für einen Raub / GOTT gleich seyn.
V. 7. Sondern äussert sich selbs / vnd nahm Knechts Gestalt an / ward gleich wie ein ander Mensch / vnd an Geberden / als ein Mensch erfunden.
V. 8. Erniedriget sich selbs / vnd ward gehorsam biß zum Todt / ja zum Todte am Creutz.
V. 9. Darumb hat jhn auch GOTT erhöhet / vnd hat jhm einen Namen gegeben / der über alle Namen ist.
V. 10. Daß in dem Namen JESV sich beugen sollen aller derer Knye / die im Himmel vnd auff Erden / vnd vnter der Erden sind.
V. 11. Vnd alle Zungen bekennen sollen / daß JEsus Christus der HERR sey / zur Ehre Gottes deß Vatters.
WAnn der Apostel Paulus zun Philippern am 4. spricht:
Die Historia deß Lebens Pauli zeiget / beydes wie werth vnd vnwerth er gewesen;
auff beyden seiten hat er sich wol schicken können / vnd ist allezeit friedlich
gewesen mit dem Glück / das er für sich gefunden. Wann jhn deß Satans Engel mit
Fäusten schlägt / flehete er zwar vnd bittet hefftig / daß er möchte von jhm
genommen werden; wann er aber durch den H. Geist diese Antwort
Diß seynd Exempel von Menschen genommen / die heutige Lection aber weiset vns die
Gott gelassene Demuth / in der allerhöchsten Person deß Sohns Gottes / in
Christo Jesu vnserm Heyland. Welcher Hunger vnd Kummer / Noth vnd Todt mit
Gedult hat ertragen können; vnd da er wol hätte können Ruhe haben / ertrug er
doch Schmach / vmb vnserntwillen / seinem Vatter zu
Es haben zwar auch die weisen Heyden auß dem Liecht der
Christen können weiter kommen / denn sie haben nicht allein ein vollkommenes heiliges Exempel an dem Leben jhres Vorlauffers Jesu Christi / sondern durch desselben Gehorsam wissen sie sich mit GOtt bey aller Vnvollkommenheit zu versöhnen / vnd was sie thun oder leiden / kompt auß einem kindlichen Geist vnd Gehorsam / vnd ist angenehm bey GOtt in Christo.
Eben vmb deß heiligen Exempels Christi willen / seynd Christen auch schuldig zu folgen. Denn wer Christum angehöret / muß auch Christi Geist haben. Wie mehr der demütige Gehorsam mit dem Leben Jesu Christi geheiliget ist / je lieber er auch Christen seyn soll.
Wie vnangenehm aber vns diß wird / davon wird ein jeglicher bey jhm selbsten einen Zeugen im Busem tragen / vnd darff nicht nach andern Leuten vmbsehen. Dennoch wie das gantze Leben Christi vns zum Ziel fürgesetzet wird / nicht der Meynung / als könten wirs ergreiffen; sondern daß wir mit Paulo sagen: Ich jage jhm nach / ob ichs auch möcht ergreiffen; Also ist auch die demütige Gelassenheit Christi vns fürgesetzet / nicht daß wirs eben so hoch bringen könten / als Christus; sondern daß wir jhr nachjagen.
Darumb wollen wir jetzt das edle Exempel der demütigen Gelassenheit vnsers Vorlauffers JESV Christi behertzigen / daß wir von jhm lernen eine gehorsame Demuth / dazu GOtt Gnad vnd Krafft verleihe / Amen.
IM anfang deß andern Capitels an die Philipper / ermahnet der Apostel Paulus die
Christen hefftig / daß sie gleiche Liebe haben / vnd in der Liebe darreichen die
Demuth / vnd in der Demuth die Sanfftmuth / daß sie nichts thun durch Zanck oder
eitel Ehre / sondern durch Demuth einer den andern höher achte / denn sich
selbst / nicht auff das seine sehe / sondern auff das / das deß andern ist. In
gemein ermahnet er vns zur Nachfolge et / gleich wie Jesus Christus auch war. Christus muß vns seyn
das rechte Buch deß Lebens / der lehret mit Worten vnd Leben. So heissen wir
auch darumb Christen / daß wir mit Christi Geist gesalbet seyn / vnd Christi
Sinn haben.
Was ist nun das Leben vnd der Sinn Christi? Was der
Hie wird dir zufoderst zu bedencken fürgestellet / die Hoheit dieser Person /
davon wir handeln / vnd das mit diesen Worten: Christus Jesus war in göttlicher
Gestalt / vnd hielts nicht für einen Raub / GOtt gleich seyn. In göttlicher
Gestalt seyn / vnd GOtt gleich seyn / ist eins. In Christo wohnete die gantze
Fülle der Gottheit; wie der Apostel redet
Es wird in Beschreibung dieser Hoheit dieses mercklich hinzu gesetzet / daß ers nicht für einen Raub geachtet / GOtt gleich seyn / anzudeuten / daß es nicht eine geraubte Ehre sey / wann sich Christus GOtt gleich stellet / sondern daß es seine eigenthumbliche Ehre sey. Wenn Adam begehrte GOtt gleich seyn / das war eine geraubte Ehre. Wenn aber Christus hie auff Erden sich hätte wollen GOtt gleich halten / wäre es nicht gewesen ein Raub einer vngebürlichen frembden Ehre / sondern ein Recht / denn er war GOtt selbst.
Besihe nun / was für eine tieffe Demuth sich finden lässet in dieser hohen
Person. Je höher die Person / je höher vnd
Erstlich hat er sich selbst geeussert / oder entlediget / nicht zwar der göttlichen Mayestät selbsten / sondern der gestalt göttlicher Mayestät. So wenig er die göttliche Natur abgeleget / so wenig hat er auch abgeleget die Mayestät / Hoheit vnnd Herrligkeit. Er ist allzeit ein Tempel geblieben / darinn die Fülle der Gottheit leibhafftig wohnete. Doch hat er der göttlichen Hoheit nicht ordentlicher Weise gebrauchet / vnd also deß Nutzes vnnd Gebrauchs der göttlichen Hoheit sich geeussert / nicht zwar also / daß man gantz nichts davon hätte spüren oder sehen können. Dann er hat ja mannichmal die Stralen seiner göttlichen Macht lassen herfür schiessen / daß man gesehen hat eine Herrligkeit deß eingebornen Sohns vom Vatter. Aber doch ist solches nur Stuckwerck gewesen / vnd ein gar geringes / gegen dem allgemeinen Gebrauch aller göttlichen Herrligkeit. Wann es jhm beliebet / hat er zwar gebrauchet seiner göttlichen Allwissenheit vnd Allmacht / doch nicht allezeit / sondern zu weilen; nicht allenthalben / sondern an gewissem Orth. Vnd dazu hat er in seiner Erniedrigung nach dem Fleisch sich niemals zugleich aller göttlichen Herrligkeit / vnd der allgemeinen Herrschafft angenommen.
Daher bestehet die Erniedrigung nicht allein darinn / daß er seine göttliche
Mayestät verborgen / sondern daß er als ein Mensch sich der geeussert / vnnd
derselben ordentlich nicht hat gebrauchet. Es were zwar auch eine Demuth
gewesen. So Christus sich seiner Mayestät nicht hätte angenommen / nicht damit
gepranget / vnd offenbarlich für den Augen der Menschen hätte sehen lassen /
wann er schon derselben heimlich vnd im verborgen allenthalben vnd allezeit /
vnd vollkommen gebrauchet hätte; aber das ist noch en; hernach auch in seinem Alter hat
er
Diß hat also seyn müssen / theils daß er für vns leiden vnd sterben köndte. Denn
wie hätte er können leyden / so er seiner
Darauff spricht vnser Text zum andern: Er ward gleich wie ein ander Mensch / vnd an Geberden als ein Mensch erfunden. Am jüngsten Gericht / wirdt er erscheinen als ein grosser GOTT / in seinem verklärten Leibe; eben also hätte er sich können geberden von Anfang seiner Geburt. Aber wie gesagt / er hat sich der göttlichen gestalt geeussert / vnd seiner göttlichen Hoheit nicht gebrauchet; ja er hat sich noch nicht geberdet wie ein Engel / sondern wie ein Mensch / vnd hat menschliche Schwachheit / vnd Niedrigkeit / Hunger vnd Durst / Frost vnd Hitz getragen vnd empfunden / gleich einem andern Menschen / eben als wann er nit mehr als ein ander Mensch gewesen were.
Aber nicht genug. Zum dritten / spricht der Text: Er nam Knechts Gestalt an. Da
er an Geberden allen andern Menschen ja wolte gleich seyn / hat er doch noch
können sich nach grosser Herren Art halten / vnd als ein ansehnlicher Potentat
leben; aber er nimbt an Knechtes gestalt / hält sich / wie die allerniedrigste
Menschen auff Erden. Da war kein Reichthumb. Die
Noch nicht genug / der Text spricht zum vierdten: Er ward gehorsamb biß zum Todte / ja zum Todte am Crentze. Diß ist der letzte vnd eusserste grad der Erniedrigung. Ist einer schon ein armer Bettler / darff er doch nicht fort ein Galgenknepel seyn; er wil noch für ein ehrlichen Mann gehalten seyn. Aber vnser JEsus / hat müssen ein Ertzbube am Creutz werden. Also daß Paulus mit Verwunderung saget: Er ward gehorsam biß zum Todte / ja zum Todte am Creutze. Da hat er sich geleget vnter die Füsse aller gottlosen Buben / daß sie jhn haben mögen schleppen vnd schmehen / wie es jhnen nur gelüstet.
Wann gesaget wirdt: Er ist gehorsamb gewesen; wird die Vrsach der Erniedrigung
angedeutet / nemlich / daß er seinem Willen abgesaget / vnd sich gäntzlich dem
Willen seines Vatters ergeben / wie er spricht: Ich bin kommen / nicht daß ich
meinen Willen thue / sondern den Willen deß Vatters der mich gesandt hat. Daher
stellet er in seiner höchsten Angst sein Gebett zum Vatter also: Vatter / ists
müglich / so gehe dieser Kelch von mir / doch nicht was ich will / sondern was
du wilt. Ob jhm der Kelch deß Zorns wol ein bitter Trunck war / daß er / wanns
müglich geweßt were / gerne hätte wollen enthaben seyn / hat er sich doch nicht
gewegert / alles über sich
Lasset vns aber auch beschawen / was darauff erfolget / dann darumb hat jhn GOtt
erhöhet / vnd hat jhm einen Namen secuta. V. 9. 10. 11.
Hie haben wir zufoderst zu mercken auff die Ordnung / die Gott hat wollen mit dem
Menschen Christo gehalten haben. Dann wen gesaget wird: Er hat
sich ernidrigt / vnd ist gehorsam geworden biß zu todt deß
Creutzes / darumb hat jhn Gott erhöhet; ist nicht die Meynung daß Christus mit
seiner Erniedrigung vnd Gehorsamb jhm selbsten etwas verdienet habe; das war
vnnöthig / dann, wie er von Anfang GOtt selbsten war / also hat er auch von
Anfang Recht vnnd Macht gehabt sich zu halten wie ein HERR der Herrlig keit /
vnd seine Herrschafft zu brauchen / vnd hätte es nicht dörffen für eine geraubte
Ehre halten. Daher hat er jhm nicht dörffen eine Hoheit verdienen. Doch war es
Gottes Ordnung / daß er zuerst erniedriget / vnd hernach erhöhet würde. Auff
solche Ordnung sihet Christus / wann er zu etlichen seiner Jünger nach der
Aufferstehung spricht: Muste nicht Christus solches ist
gesessen zur Rechten auff dem Stul Gottes. Das war weißlich geordnet / anders
könte es nicht seyn / wo anders GOttes Sohn nicht solte vergebens Mensch worden
seyn. Dann wie hätte sollen die Erlösung vollführt werden / wann Christus vns
dieselbe nicht bereytet hätte in seinem Blute? Darumb must er leyden / doch im
leyden nicht jmmer bleiben / sondern einmal erhöhet werden.
Folgends haben wir auch etwas zubedencken bey der Person / die erhöhet ist. Die ist eben derselbe JEsus Christus / der erniedriget war / vnd muß also als ein Mensch / vnd nach seiner Menschheit hie betrachtet werden. Dann nach welcher Natur Christus auff vorhin erzehlte maß erniedriget ist / nach derselben ist er auch hernach erhöhet. Dazu kan der Gottheit keine Hoheit gegeben / viel weniger auß gnaden geschencket worden.
Was ists nun für Hoheit die Gott Christo / als einem Menschen nach der
Erniedrigung gegeben? In gemein spricht Paulus:
Hiebey ist auch diß in acht zu nehmen / daß die menschliche Natur durch diese Erhöhung nicht eben der Gottheit gleich gemacht ist; Sintemal Christus nach seiner Menschheit vnter dem Vatter ist. Doch eben die Macht / Weißheit vnd Herrligkeit die in GOTT ist / ist auch nunmehr in dem Menschen Christo / das ist ein Name über alle Namen.
Der nun vorhin JEsus hieß / vnd ein Heyland / auch zu der Zeit / da er muste
hören: Hastu andern geholffen / so helff dir selber; der erzeyget sich nun in
höchster Hoheit als ein JEsus / Heyland / Erlöser / vnd als ein Vollender
vnserer Seligkeit. Der vorhin GOTT war / auch da er wie ein Lamb erwürget ward /
ist nun würdig geworden sich nach seiner Göttlichen Hoheit zu halten / vnnd
zunehmen im höchsten vnnd vollkomnen Gebrauch / Krafft vnnd Reichthumb / vnd
Weißheit / vnd Stärcke / vnd Ehre / vnd Preiß vnd Lob / wie geschrieben stehet
in der Offenbahrung
Darauff folget im Text weiter / daß in dem Namen lische
Creaturen / als die Engel vnnd außerwehlte Seelen im Himmel; Zum andern die
jrrdische / als Menschen / vnnd alles was auff Erden ist; Zum dritten / die
vnterirrdische / als die Teuffel vnd verdampte Seelen der Menschen. Die
vnterirrdische heissen / nicht eben darumb / weil jhr Ort vnd Wohnung vnter der
Erden ist; sintemal auch sonsten die bösen Geister
Endlich spricht vnser Text: Alle Zungen sollen bekennen / daß JEsus der HERR sey / zur Ehre Gottes deß Vatters. Man muß JEsum tituliren mit dem Namen JEHOVA, welcher ist ein Name der Herrligkeit / vnnd in sich begreifft alles was GOTT ist vnd hat / nicht allein daß er heiß ein HERR der Herrligkeit / sondern auch daß er sich nun erzeiget als ein HERR der Herrligkeit. Dafür sollen jhn bekennen alle Zungen / bevorauß die vernünfftige Creaturen; die nicht wollen / sollens einmal erfahren vnnd fühlen. Die vnvernünfftige Creaturen haben auch jhre Zungen / vnnd bekennen JEsum für den grossen HERRN der Herrligkeit in der That vnd Warheit. Wann Fewer / Wasser vnnd Sturmwind den Befehl JEsus außrichten müssen / bekennen sie mit jhrem Dienst vnd Gehorsam / daß JEsus sey der grosser HERR der Herrligkeit.
Diß alles gereichet zur Ehre GOttes deß Vatters. Deß Vatters Ehre ist / daß er
seinen Gesalbten nicht in der Höllen gelassen / sondern auß d’Angst gezogen /
vnd mit Ehr vn Schmuck gekrönet. Deß Vatters Ehr ists / wann er
nun im Glauben angeruffen / gelobet vnd geehret wird in dem Sohn. Deß Vatters
Ehre ist / alles was der HERR JEsus in seinem Reich thut / vnd zu wege
bringt.
Diß ist das herrliche Zeugnüß deß hocherleuchten Apostels Pauli / von der
tieffsten Demuth Christi / vnd von der Hoheit die drauff gefolget, damit er vns
ziehet / daß wir einen solchen Sinn
Damit ist vns nun gegeben ein fein deutlicher Vnterricht / von der Erniedrigung
vnd Erhöhung vnsers Heylandes JEsu Christi / welches wir zur Lehr fassen sollen.
Bey der Erniedrigung Christi ist einem Einfaltigen zweyerley insonderheit zu
wissen / Erstlich / nach welcher Natur Christus erniedriget sey; Zum andern /
worin die Erniedrigung bestehe. Wann man fraget / nach welcher Natur ist
Christus erniedriget? Ist dar auff zu antworten / nach seiner menschlichen
Natur. Dann die Göttliche Natur kan nicht erniedriget werden. Darumb hie in acht
zu nehmen ist / daß die Erniedrigung eigentlich nicht bestehe in der
Menschwerdung des Sohns GOttes / als wann dadurch die Gottheit in dem Sohn were
geringer geworden. Dan auch nun Christus zur Rechten GOTtes
erhöhet ist / er sein Fleisch bey sich hat / so wol als da er auff Erden herumb
gewallet / das hält man aber nicht für eine Erniedrigung. Fragt man dann weiter
/ worin bestehet die Erniedrigung Christi? So ist die Antwort / die Erniedrigung
Christi bestehet darin / daß er sich seiner Göttlichen Gestalt geeussert / vnd
Knechtische Gestalt angenommen. Gehöret also zweyerley dazu. Erstlich die
Enteussernng / dessen das er hatte / daß er sich seiner habenden Göttlichen
Hoheit nicht hat angenommen / vnnd wie ein GOTT alles allenthalben regiret. Zum
andern / die Annemung dessen / daß er von recht vnnd Natur nicht solte haben /
in dem er Knechtische Gestalt angenommen / vnd in Armut / Schwachheit vnd
Schmache herein gegangen / biß an den Todt deß Creutzes.
Bey der Erhöhung Christi ist gleichfals zweyerley zu wissen / erstlich / nach
welcher Natur Christus erhöhet; Zum andern / worin die Erhöhung bestehet. Fragt
man dann; nach welcher Natur ist Christus erhaben? Ist die Antwort / nach der
menschlichen Natur / in welcher er auch erniedriget ist. Fragt man: Worin
bestehet die Erhöhung’ Ist die Antwort: Darin bestehet die
Man kan hie die göttliche Gestalt oder Geberde auff dreyerley Weise ansehen; Erstlich findet man göttliche Geberde / ohn göttlich Wesen / das ist deß stoltzen Lucifers Art / nach dem schlachten alle stoltze hochmütige Geister vnter den Menschen Kindern / die wollen hoch gehalten / vnd geehret seyn als ein GOtt / vnnd ist doch das wesent nicht da. Zum andern / findet man göttlich Wesen ohn göttlich Geberden; vnd dasselbe in dem demütigen JEsu / der war in göttlicher Gestalt / vnd durffts nicht für ein geraubtes Gut halten / sich GOTT gleich halten; aber er eusserte sich seiner Herrligkeit / vnd nam an Knechtische Gestalt / vnd das war seine demütige Erniedrigung. Zum dritten findet man göttlich Wesen vnd Geberden beysammen / das gehöret zur Erhöhung Christi / da er nicht allein ist ein GOTT vnnd HErr / sondern sich auch stellet als einen grossen GOtt vnd HErrn.
Ein Fürbilde findet man im König David. Der war von GOtt gesalbet zum König Israel. Aber er muste nicht fort seiner Königlichen Würde geniessen / sondern vorher im Elende vielfältig versuchet worden; nachmals ward er inthronisiret / vnnd ins Reich eingesetzet / daß er in der That geniessen köndte seiner Königlichen geschenckten Hoheit. Eben so ist Christus von Anfang seiner Empfängnuß ein gesalbter König über Israel; aber er hat vor müssen leyden Schmache vnd Todt / vnd nach seinem Leyden erst zu seiner Herrligkeit hinein gehen / vnd sich setzen auff den Stul der Herrligkeit / als ein HErr über alles.
Hie ist beydes groß vnd erschröcklich. Groß vnd erschröcklich ist die
Erniedrigung; dann der sich so tieff gedemütiget / vnnd vnser Knecht geworden /
ist der ewige GOTT / dem die Engeln
Vergiß aber nicht / dem edlen Exempel der Demuth deines HErrn vnd Heylandes
Christi nachzufolgen / auff daß du auch mögest mit jhm erhaben werden. Achte
nicht / als wenn du nicht von nöthen hättest / der Demuth Christi zu folgen.
Wilstu Christi Jünger seyn / mustu auch seinen Geist haben / vnd gilt dir so wol
als den allerheiligsten vnd geistlichsten Menschen / daß der Geist Gottes
Hastu nun Lust zur Demuth / nach dem Exempel Christi / so er folgen können
/ wo du nicht mit Christo ein GOTT gelassenes Gemüth
Fleisch vnd Blut hats nicht gern. Gedenck aber / mein lieber Christ / daß du
nicht darumb ein Christ heissest / daß du dich nach Fleisch vnd Blutrichten /
sondern daß du dich nach Christi Geist richten / vnd seinen Sinn annehmen solst.
Christus ist von Hertzen demütig / das hat er in der That bewiesen / so mustu
auch von Hertzen demüthig seyn / vnnd es in der That beweisen / wilstu anders
Christi Jünger seyn. Das wird dir aber nicht vnmüglich seyn / wenn du dich nur
fleissig üben wirst in der Erkändnuß deiner eignen Nichtigkeit. Wer seine
Nichtigkeit recht erkennt / achtet sich keines zeitlichen Glücks werth / eben
wie Jacob der da sagte: HErr / ich bin zu gering aller Barmhertzigkeit / vnd
aller
Befleisse dich ja frommer Christ / daß du nicht alleine wissest / was dir wol
anstehet / sondern daß du es auch in die Vbung bringest. Vor allen übergib dich
dem Willen deines GOTtes: Zu leben vnd zu sterben / mein GOtt nach deinem Willen
mach mich bereyt / allezeit. Fällt dir dann Ehr vnd Reichthumb zu / hänge das
Hertz nicht daran. Wirstu nicht hervor Fleische stecke. Sprich nicht: Ich armer elender Mensch / kan nicht
fortkommen / ich habe keine Beförderer; ich muß solchen Schimpff leiden; sondern
mit Paulo: Ach ich armer elender Mensch / wer wird mich erlösen von. 7. 24.
Wer nun der gestalt demüthig zu seyn sich mit allem Ernst befleisset / der fasse
auch hie den Trost / daß er nicht allein hoch vnd werth für GOtt / sondern daß
er auch mit Christo gewißlich erhöhet
DArnach am Abend / weil es der Rüsttag war / welcher ist der Vorsabbath / kam Joseph von Arimathia / der Statt der Juden / ein reicher Mann / ein Rathherr / ein guter frommer Mann / der hatte nicht gewilliget in jhren Rath / vnd Handel / welcher auff das Reich GOttes wartet / dann er war ein Jünger JEsu doch heimlich / auß Forcht der Juden / der wagets / vnd gieng hinein zu Pilato / vnd bat dz er möcht abnehmen den Leichnam JEsu.
Pilatus aber verwundert sich / daß er schon todt war / vnd rieff dem Hauptmann /
vnnd fraget jhn / ob er längst gestorben were. Vnd als er es erkundet von dem
Hauptmann / gab er Joseph den Leichnam JEsu / vnnd befahl / man solt jhm jhn
geben / vnnd Joseph kauffte ein Leinwad. Es kam aber auch Nicodemus / der
vormals bey der Nacht zu JEsu kommen war / vnd brachte Myrren vnnd, Aloen
vndereinander bey hundert Pfunden.
Es war aber an der Stätte / da er gecreutziget ward / ein Garte / vnd im Garte ein new Grab / das war Josephs / welches er hatte lassen hawen
in einen Felsen / in welches niemands je gelegen war / daselbst hin legten sie
JEsum / vmb deß Rüsttages willen der Juden / daß der Sabbath anbrach / vnd das
Grab nahe war / vnnd weltzeten einen grossen Stein für die Thür deß Grabes / vnd
giengen davon. Es war aber allda Maria Magdalena / vnnd Maria Josephs / die
satzten sich gegen das Grab / auch andere Weiber / die da JEsu auch waren
nachgefolget von Galilea / beschaweten / wohin vnd wie sein Leib geleget ward.
Sie kehreten aber vmb / vnd bereyteten die Specerey vnd Salben / vnd den Sabbath
vber waren sie still / nach dem Gesetz.
Deß andern Tags / der da folget nach dem Rüsttage / kamen die Hohenpriester vnd
Phariseer samptlich zu Pilato / vnd sprachen / Herr / wir haben gedacht / das
dieser Verführer sprach: da er noch lebet / ich will nach dreyen Tagen
aufferstehen / darumb befihle / daß man das Grab verwahre / biß an den dritten
Tag / auff daß nicht seine Jünger kommen vnd stehlen jhn / vnnd sagen
Sie giengen hin / vnd verwahreten das Grab mit Hütern / vnd versiegelten den Stein.
NAch dem alles vollenbracht / was von dem Leiden vnsers
Soweit haben wir diese Fastenzeit von dem Leiden Christi geprediget. Ruhe hie ein wenig vnter dem Creutz / du glaubige Seele / vnd betrachte den Leib deß gecreutzigten JEsu.
Sihe da ist keine Gestalt die vns möchte gefallen / da ist kein Ansehen / das jhn für der Welt möchte herrlich machen. Seine Arme seynd außgespannet / Hände vnd Füsse seynd angenagelt / der gantze Leib ist gerecket / daß man alle seine Glieder zehlen möchte. Das Haupt ist geneigt gegen die Erde. Da hanget ein Leib in seinem Blut gantz erblichen vnd lebloß.
Soll dann dieser erblichener vnd lebloser Leib seyn ein Tempel deines Lebens / der Brunn deines Segens / vnnd der Schatz deiner Seelen? Ja so ists vnd nicht anders. Mein Leben ligt verborgen in diesem todt verblichenen Leib / am verfluchten Holtz hanget mein Segen.
Verflucht ist das Holtz deß Creutzes. Dann verflucht ist
Es hat je wol die Seele diesen Leichnam verlassen / aber die Gottheit hat jhn
nicht abgelegt / vnnd wohnet dennoch im todten Leibe das wahre wesentliche ewige
Leben / vnd bleibt wahr / was er
Wie hängt er dann das Haupt? Wie sicht er so jämmerlich? Wie ist er so erbleicht?
Hat dann mein Leben keine Bewegung? Die Lieb hat jhn so zugericht / dann anders
muste es nit seyn / solte ich gesegnet seyn? so muste Jesus mein Sege ein Fluch werde: solte ich bey Gott in Ehren
seyn? so muste Jesus mein Sege verschmähet werden: solte ich
leben / so muste Jesus mein Leben sterben / vnd das hat er auch willig vber sich
ergehen lassen / die Lieb hat jhn dazu gebracht / daß du magst sagen: Meine
Liebe ist ein Fluch worden / meine Liebe ist getödtet / meine Liebe hanget am
verfluchten Holtz / alles was du jämmerlich an jhm sihest / ist lauter Liebes
Zeichen / dir zu gut ist er also zugerichtet / seine Arme hat er also
außgestreckt / daß er dich möge vmbfangen / sein Haupt hat er geneigt / daß er
dich möge küssen / seine Seite hat er geöffnet / daß in seinem liebreichen
Hertzen du mögest sicher wohnen vnd ruhen.
So laß es nun seyn du glaubige Seel / du kanst doch anders nicht leben / es sey dann daß JEsus dein Leben sein Leben verliere. So stürbe nun du mein Leben / daß ich mit dir lebe / wir wollen dir zu Grabe folgen / mit vnserm Glauben vnnd Andacht wollen wir deiner Begräbnuß beywohnen: Diß wollen wir thun / meine Lieben / die Begräbnuß vnsers gecreutzigten JEsu wollen wir in Christlicher Andacht nach jhren Historischen Vmbständen bedencken. GOTT steh vns zur Seiten. Amen.
DIe Evangelisten beschreiben fleissig die trewhertzige Personen / die sich deß gecreutzigten JEsus haben angenommen / vnd jhren grossen Ernst / den sie zur Begräbnuß gebraucht, wie auch die Sorgfältigkeit der Feinde Christi / sampt jhrem Ernst vnd Fleiß den sie bey der Begräbnuß Christi haben angewendt.
Zwo Personen werden nahmhafftig gemacht / die sich deß da die Phariseer vnd Hohenpriester JEsum als einen
Verführer verurtheilten / vnd jhn zufangen gedachten / sprach Nicodemus: Richtet
vnser Gesatz auch einen Menschen / ehe man jhn verhöret / vnd erkenne was er
thut? Wiewol er bald darauff hören muste: Bistu auch ein Galileer / forsche vnd
sihe / auß Galilea stehet kein Prophet auff.
Darumb seynd diese Leuthe nicht für vnglaubig zu achten / wiewol jhr Glaub zur Zeit noch schwach gewesen / welches auch darauß erscheinet / daß sie den todten Leichnam JEsu / gesalbet / welches geschehen pfleget / dem Gstanck vnnd der Verwesung zu wehren / da doch dieser JEsus so lang nicht solte im Grabe bleiben / biß er die Verwesung sehe. Sie seynd dessen gewiß gewesen / daß ein Messias kommen solte / der Israel erlösen muste / darauff hoffeten sie / hatten auch schon die Meynung gefasset / JEsus von Nazareth würde derselbige seyn / doch scheints daß sie von seiner Person vnd Ampt noch nicht völlig vnterrichtet gewesen seyn.
Ob nun zwar diese Leuthe zur Zeit noch schwach im Glauben gewesen / so haben sie doch den Glauben gehabt / welches auch zu ersehen auß dem / daß sie bey JEsu gethan haben. Dann sie haben ein groß Ding an jhm gethan. Sie haben ein liebes Werck bewiesen an dem verlassenen JEsum / in dem sie vmb sein Begräbnuß sich bekümmert haben / wer weiß was sonst mit dem Leibe Christi geschehen were? Es solte wol der Leib Christi von den rasenden Feinden in eine Hundegruben geworffen seyn. Diese Männer haben ein großmütige That begangen / Ehr vnnd Leben in die Schantze gesetzet. Dann es war damals ein gefährlich Ding / zu zu diesem Menschen sich bekennen / der nun von allen verdampt / vnnd gecreutziget war; welches keiner vnter den Aposteln hat thun dörffen. Aber diese Leuthe habens gewaget / vnnd hindan gesetzet / Leib vnd Gut / Ehr vnd Ansehen. Ihres Namens soll nicht vergessen werden.
Es finden sich zwar auch bey der Begräbnuß Christi etzliche Weiblein / die zwar
bey der Sache nicht viel thun köndten / doch wolten sie jhren gecreutzigten
HErrn nicht verlassen / drumb satzten sie sich gegen das Grab / beschawten /
wohin vnnd wie der Leib jhres lieben HErrn JEsus gelegt ward / vnd wie sie
solches gesehen / kehren sie vmb / vnd bereyten Specerey vnd Salben / nach de Sabbath den Leib JEsus zu salben / vnd jhm darinn die letzte
Ehre zuerzeigen.
Also fiel der geistlicher Leib Christi nicht gar dahin. Christus war zwar todt / aber sein Geist lebte noch in seinen Gliedern / wiewol in sehr grosser Schwachheit. Er lebte noch in Joseph / in Nicodemo / in diesen Weiblein. Er fieng an lebendig zu werden in dem Hertzen deß Hauptmanns / der ein vollkomnes Bekandtnuß von JEsu außgesprochen: Warlich dieser ist ein frommer Mensch / vnd GOttes Sohn. Dann ein solchen Heyland musten wir haben. Er fieng an lebendig zu werden in vieler Hertzen vom Volck / die bey dem Abschied Christi / da sie sahen was geschahe / an jhre Brüste schlugen / vnd sagten: O wehe was haben wir gethan. Eine feine Vorbereytung / daß nachmals die Predigt der Aposteln deß zu besser Raum gewinnen könte.
Lerne hie bey diesen Leuten / den Außbruch eines schwachen Glaubens / vnd wie
Gott den schwachen Glauben nicht verwerffen will. Die Apostel hatten alle den
HErrn verlassen / vnd war es dem Ansehen nach mit Christo gar auß / da tratten
offentlich herfür / in der eussersten Gefahr / die vor im verborgen gelegen /
vnd deß Tages Liecht geschewet / vnd bezeugen jhre Lieb gegen Christo. Da keine
Gefahr war / da lagen sie im Winckel / waren Jünger Christi / aber durfftens
nicht bekandt seyn. Nun die Gefahr zum allergrössesten / da tratten sie herfür /
vnd lassen offentlich sehen / was sie von dem verdampten JEsu halten. Darumb
soll man niemand in seinem schwachen Glauben vnzeitlicher Weise richten. Wer
weiß / wann vnd wie GOtt jhn stercken will: Die Apostel krochen zu Loch zur Zeit
deß Leidens Christi / sie wurden aber drumb nicht verlassen / Christus nach
seiner Aufferstehung nimpt sich der zum meisten an / erscheinet jhnen / stärckt
vnnd tröstet sie wieder. Das zustossen Rohr will GOtt nicht gar zerbrechen
/
Lerne hie / wie GOtt für die seinigen sorgt. JEsus war
Lerne auch hie / wie ein Christ sich geringer vnnd verächtlicher Dinge nicht
schämen soll / so nur dem gecreutzigten Christo damit gedienet wird. Dem frommen
Joseph vnd Nicodemo war es schimpfflich / daß sie den gecreutzigten JEsum zu
Grab brachten / aber sie liessen sich durch Scham vnd Schimpff nicht zurück
halten. Scham ist ein starck Band deß Sathans / dadurch viel er Gottseliger Man Onesiphorus / daßer sich der
Ketten Pauli nit geschämet / sondern jhn / in seinen Banden besucht vnd
erquicket. Wer vmb Scham willen / ein Ding fliehet / darinn er hätte können vnd
sollen dem niedrigen JEsu dienen / der hüte sich / daß nicht an jhm en wird in der Herrligkeit seines Vatters.
Aber es ist Zeit daß wir kommen auff das Werck selbsten. Estur piorum actiones.
Da sich niemand durffte deß gecreutzigten Jesus annemen / wagts Joseph / vnd gieng hinein zu Pilato / vnd bate / daß er möchte abnehmen den Leichnam JEsu. Der gottlose Heide / hatte vnter seiner Gewalt einen Schatz / grösser dann Himmel vnd Erd / den er nicht kennet; Joseph kennet jhn / er sihet zwar außwendig eine jämmerliche Gestalt / aber inwendig erkennet er eine grosse Hoheit. Darumb bittet er vmb den Leichnam JEsu.
Von Pilato wird gemeldet / erstlich / daß er sich verwundert habe / daß JEsus schon todt war. Dann die sonst gecreutziget wurden / pflegten so bald nicht zu sterben. Es ware die Cr utzigung ein langweilige Quale / daß die elende Leute offt am Creutz etzliche Tage gelebet; daher wurden Kriegsknecht verordnet zur Hut / damit die Vbelthäter sich nicht loß machten / oder von andern loß gemachet würden: Hierumb seynd auch den Schechern die Beine zerbrochen / daß sie deß zu ehe sturben / weil es des folgenden Tages ein groß Feyrtag war. Weil nun Pilatus nicht gewohnet war / daß ein Mensch durch die Creutzigung bald stürbe / verwunderter sich / wie er höret / daß JEsus so bald gestorben were.
Aber es war jhm die Vrsach deß Todtes Christi verborgen. Es tödteten Christum
nicht die eusserliche Schmertzen / sondern seine Kräffte wurden durch die
inwendige Seelenangst verzehret / daher kame die vnaußsprechliche grosse
Ohnmacht am Oelberg. Nebenst dem zeuget vnser HErr JEsus beym Johanne am
10.
Hernach wird auch dieses von Pilato gemeldet / daß er auff billiches suchen deß frommen Joscphs den Leichnam JEsus loß gegeben. Dann nach dem er von dem Hauptmann erkundet hatte / wann JEsus gestorben were / gab er Joseph den Leichnam JEsu / vnd befahl man solte jhm jhn geben.
Auff solchen Befehl greifft man zum Werck / vnd wird der Leichnam JEsu vom Creutz
genommen / das ist dann das ander. Von wem der Leichnam JEsu abgenommen sey /
wird nicht gemeldet. Haben es die gethan / die jhn ans Creutz genagelt / haben
sie es doch auff Anforderung deß Josephs gethan. So haben en würden; vnnd damit haben
sie deß zu mehr geeilet / weil es der Rüstag war / darauff man sich auff den
folgenden Sabbath bereiten solte / vnd der Sabbath deß folgenden Tages groß
war.
Nach dem nun der Leichnam JEsus abgenomen war / namen Joseph vnd
Nicodemus denselben zu sich / vnd wickelten jhn in rein Leinwad / vnd bunden
jhne mit leinen Tüchern / vnd mit Specereyen. Diß ist das dritte das für fällt.
Diß haben diese gute Leute gethan nach Jüdischer Gewonheit / dann also pflegten
die Juden begraben. Die wuschen jhre Todten erstlich rein / hernach salbten sie
dieselbe mit köstlichen Balsam / Oel vnd Kräutern /
Die Vnkosten haben sie auß jhrem Seckel genommen; dann wie die Evangelisten melden / so hat Joseph das Leinwad gekauffet / Nicodemus aber hat mit sich gebracht Myrren vnd Aloen vntereinander vermenget / bey hundert Pfunden. Wie sie auß Liebe gegen dem gecreutzigten JEsum haben Leib vnd Leben / Ehr vnd Ansehen hindan gesetzet / so haben sie auch keinen Vnkosten geschonet / damit jhr geliebter JEsus möchte ehrlich begraben werden. Was man an Christo ersparet / das wird mit dem Teuffel verwahret. Sie bekommen aber gute Zinse für jhre Außlage / dann ohn das es Gott im Himmel reichlich belohnet / bekommen sie auch dieses an statt der Zinsen / das man von jhnen rühmet / wo das Evangelium geprediget wird.
Es war wol dieses eine vergebliche Vnkosten / dann der alsbald solte von den
Todten aufferstehen / bedurffte keiner Salbung. Weils aber auß Liebe kam / war
es nicht vergebens. Dann die Liebe
Es hats Gott nicht vergebens also geschickt / daß der gecreutzigte Jesus gesalbet würde. Sein Begräbnuß solte herrlich seyn. Dann nach dem die Sünde außgesönet war / solte Jesus vnser Erlöser nicht mehr geunehret / sondern ehrlich gehalten werden. Der Weltkinder Ehre endet sich im Grabe / aber Christi vnnd seiner Glieder Ehr fanget an im Grabe.
Nach der Salbung folget die Begräbnuß selbst / vnd ist das vierte Werck / das hie geschicht. Es war an der Stätte / da er gecreutziget ward / ein Garte / vnd im Garten ein new Grab / das war Josephs / welches er hatte lassen hawen in einen Felsen / in welches niemand je geleget war / daselbst hin legten sie JEsum / vmb deß Rüstags willen der Juden / daß der Sabbath anbrach / vnd das Grab nahe war / vnd wältzeten einen grossen Stein für die Thür deß Grabes / vnnd wie das geschehen / giengen sie davon.
Die Gräber der Gottseeligen mag man ehren / die Leiche vnd Schlaffhäuser rein
halten / als Gottesgarten / daß ein Vnterscheid sey zwischen einer Schlamgruben
vnd Gottesacker. Solches ist im Volck Gottes mit sonderbarem Fleiß in acht
genomen /
Diß Grab das Joseph jhm selbst zu seiner eignen Begräbnuß bereitet hatte / übergibt er williglich dem gecreutzigten JEsu; weil es jhnen bequemlich zur Hand war; dann es war nahe / vnd sie hatten wegen deß anbrechenden Sabbaths / der am Abend anfieng nicht viel Zeit übrig.
Diß hat eben so müssen geschehen / durch sonderliche Schickung Gottes / vnnd hat seine Bedeutung. Wie im Garten die Sünde angefangen / also hat im Garten das leyden Christi angefangen / vnnd auch im Garten die Sünde müssen im Grabe Christi verscharret werden. Da Adam anfieng im Garten zu sündigen / das gerieth jhm übel / dann er ward zum Garten hinauß gejaget / ins todten Land. Da Christus im Garten die Sünde mit sich begraben / werden vnsere Todtengräber ernewert. Vnsere Todtengräber seyn gemacht zu Garten / darinnen wir als in Gottes Lustgarten gepflantzet werden / daß wir zu seiner Zeit würden herfür grunen wie Kraut im Garten.
Der gecreutzigte Jesus wird geleget in ein frembd Grab. Wie er in seinem leben
nicht gehabt / dahin er sein Haupt könte hinlegen / so hat er auch nicht so viel
gehabt im Todt. In seinem Todt hat er sein Haupt nicht auff einen Pulster
geleget / daß es ruhete / sondern weil er am Creutz auffgehenckt / vnd mit
Näglen angehefftet zwischen Himmel vnd Erden schwebete / hat er sein Haupt für
sich niederwarts sincken lassen / vnnd also den Geist auffgegeben.
Es war ein new Grab / darinn vorhin kein Mensch geleget; ohn Zweiffel auß GOttes
Vorsehung / damit nicht / wann etwan ein ander / vnd sonderlich ein Heiliger
darinnen geruhet / die Feinde hätten sagen können / Christus were nicht
auffgestanden / sondern ein ander / oder aber Christus were aufferstanden durch
Ins Grab ist nun Christus gebracht / darauff folget noch eins / welches das fünffte ist: Sie weltzeten einen grossen Stein für die Thür deß Grabes; vnd wie dieses alles geschehen / wie gemeldet / giengen sie davon. Also ist diß das letzte / daß die guthertzige fromme Leuthe bey der Begräbnuß Christi gethan haben. Wie alles ander / also auch dieses haben sie auß grosser Liebe gethan / damit nicht etwan böse Buben kämen / vnd nun noch auffs new den gecreutzigten Leibe JEsus beschimpfften vnnd beschädigten: Damit ist zugleich die Aufferstehung Christi herrlich gemacht / alldieweil der Eingang mit einem grossen Stein wol verwahret war / vnnd doch dadurch der Leib Christi nicht hat können versperret bleiben.
Bißher haben wir beschawet / was etliche fromme Leuthe bey der Begräbnüß Christi
gethan / nun folget zum Beschluß / was die Feinde Christi bey dieser Begräbnuß
verrichtet. Dann deß
Die Creaturen / der Himmel / die Erd / die Felsen hatten jhr Mitleiden bezeuget
gegen dem gecreutzigten Jesu / alleine die Phariseer vnnd Hohenpriester
verharren in einem vnersättlichen Haß. GOtt hat vormals dem Pharaoni gezeiget
seinen außgestreckten Arm / in vielen Wundern; aber vmb sonst / dann er ward nur
jmmer härter. Das ware eine grosse Härtigkeit / aber nicht geringer ist die
Härtigkeit der Priester vnd Phariseer. Sie hatten in Christo bey seinem leben
gesehen den Finger GOttes; sie hatten gesehen die erschröckliche vnnd offenbare
Zeugnussen der Creaturen bey dem Todte Christi, dennoch behalten sie ein
verhartes Hertz / vnnd beschuldigen Christum nochmalen als einen Betrieger. Sie
erzehlen aber damit jhr eigne Tugendt. Es ist jhr letzter Betrug ärger gewesen
dann der erste. Zu erst brachten sie auff falsch Zeugen / die Christum als einen
Verführer musten anklagen / auff daß sie Vrsache gewinnen Christum zu verdammen.
Zuletzt haben sie die Hüter abermaln zu falschen Zeugen gedinget / vnd Gelds
genug
Es hilfft aber kein rath wieder den HErrn. Die guten Herren bemühen sich wie sie wollen / sie müssen nur mit jhrer Arbeit die Ehre vnsers gecreutzigten JEsus befördern / vnd selbst zeugen werden / daß kein Betrug in dem Munde JEsus gefunden / wann er seine Aufferstehung zuvor verkündiget hat. Also befördert Gott offt durch frembde Arbeit sein Werck. Dann Judenwerck war / Christum vertilgen; GOttes Werck war; die Menschen erlösen. Der Juden Werck war / Christum offenbarlich zu Schanden machen / wann er würde als ein Verführer vnnd Betrieger erfunden werden / in dem er nicht nach seinem Versprechen / am dritten Tage erstanden were; aber GOttes Werck war es / daß sie eben die Vnschuld vnnd Ehre Christi haben müssen herrlich machen. Dann sie müssen hören ein Gezeugnuß der Vnschuld / vnnd Gerechtigkeit von jhren eignen Abgesandten. Ja da sie gedencken das Zeugnuß jhrer eignen Abgesandten zuverdunckeln / müssen sie mit jhren Lügen der Warheit Zeugnuß geben. Dann wer hat können glauben / daß die vnvermögene Jünger bey besetzter Wacht jhren Meister hätten gestolen? Wie hätten die Hüter es wollen für jhnen verantworten / wann sie es hätten verschlaffen? Vnd gesetzt sie hätten geschlaffen / haben die Jünger so heimlich können einen grossen Stein für deß Grabes Thür wegnehmen / daß die Hüter nicht weren erwachet? Also muß Christo nur dienen die Klugheit seiner Feinde.
Diß ist / was von der Begräbnuß Christi / vnnd was dabey vorgangen / die
Evangelisten haben auffgezeichnet: Damit wird bekräfftiget der Articul vnsers
Glaubens / darinnen wir bekennen / daß Jesus Christus GOttes Sohn nicht allein
gestorben sey / sondern auch begraben. Wie er gestorben / also ist er auch
begraben nach der Schrifft / daß die Schrifft erfüllet wurde / wie Paulus
Was haben wir aber für frommen von der Begräbnuß deß gecreutzigten JEsus? 1. Die
Begräbnuß ist ein Zeugnuß / vnd eine Bekräfftigung des Todtes Christi. Were er
nicht gestorben / were er auch nicht begraben. Die Juden wollen Christum für den
Messias nicht annehmen / darumb weil er schmähliger Weise gestorben ist; wir
aber erkennen so viel auß GOttes Wort / daß Christus vns nicht könne Christus
seyn / wo er nicht gestorben / vnd ein Fluch geworden ist. Die Begräbnuß aber
bezeuget / er sey gestorben. 2. Die Begräbnuß Christi ist die Vergebung vnserer
Sünde. Vnsere Sünde seind auf Christum gefallen / die haben jhn als eine schwere
Last in de Todt gedruckt / die hat er auch mit sich vnter die
Erde verscharret. Zun Röm. am 6. steht geschrieben: Wir in den Todt / ist so vil: Wie Christus für vnsere Sünde
gestorben vn begraben / also auch wir / wan wir
glauben / haben dz Ansehe für Gott / als wan wir
selbst für vnsere Sünde schon gestorben vnd begraben weren. So hat nun eben
dieselbe Sünde / die Christum ans Creutz gebracht / jhn auch ins Grab gezogen.
Ist aber auch die Sünde mit jhm auß dem Grabe wieder herfür kommen? Das muste
nicht seyn; vmb der Sünde willen. So ist ja die Sünde im Grabe
verscharret geblieben / vnd kan sich nicht mehr wider vns auffrichten / nur daß
wir sie muthwillig nicht wider herfür kratzen. Darumb soll auch die Sünde nicht
herschen in vnserm sterblichen Leibe / jhr gehorsam zu leisten. Endlich 3. ist
man zu ende Winters anfahet einen Garten vmb zugraben /
vnd darinn zu säen / hat er kein Gestalt / noch lustiges Ansehen; wann aber der
Samen auffgelauffen / vnd die Blumen herfür gekrochen / so sihet man lust. Also
ists auch mit den Gräbern der Gerechten. Wann der Same hinein geworffen wird /
sihet man keine lust. Es wird aber zu seiner Zeit der Same schleunig herfür
gehen. Da wirdt man Wunder sehen.
Weil wir aber wissen daß der geereutzigter JEsus / auß liebe
Aber laß lauffen den Hauffen der Spötter / du aber hüte dich / daß du dem
gecreutzigten JEsu nach seinem Leyden die Ruhe nicht versagest. Da ein Weib zu
Sunem vermerckte / daß Elisa
Ich erinnere einen jeglichen Christen / was Paulus gesagt 2.
Mache dich nun auff / du glaubige Seele / bereyte deinem HErrn / deinem werthen
Bruder / dem getrewen Freund / dem gecreutzigten JEsu die Ruhe in deinem
Hertzen. Zu erst reinige dein Hertz von der Welt Lüsten / vnd sündlichen
Begierden. In dem
Wann du die stätte bereytet / so bemühe dich auch zum andern / daß dir der
gecreutzigte JEsus loß gegeben werde. Du must jhn außbitten vom himlischen Vatter: Vatter / gib mir den Sohn. Laß JEsum Christum den
gecreutzigten jmer in meinem Hertzen / vnd für meinen Augen
schweben / daß ich dein nicht vergesse / nimer wieder dich
sündige. Verbirget sich schon vnser Jesus etwas / wollen wir jhn doch mit den
fromen Weibern zu suchen nicht ablassen / die nach seiner
Aufferstehung jhn verloren hatten. Wir können jhn finden in seinem Wort / vnnd
in den Heiligen Sacramenten. Sprich jmmerdar: Ich suche JEsum den Gecreutzigten.
Wan du seine süsse Gegenwart nicht fühlest / so halte dich
nur bloß an das Wort mit dem Glauben / vnd sprich: Du bist dennoch mein
Seligmacher / vnd mein Erlöser; darumb bistu in die Welt gekommen / daß du die
arme Sünder seelig machest. Das auffwarten vnd harren der Seelen in ängstlicher
Gedult / gefällt GOtt vngleich besser / als das tröstliche Empfindnuß. Wann
Maria den HErrn sihet nach der Aufferstehung / bringt jhr solches wol grosse
Frewde; da sie jhn aber noch ängstiglich suchte / gefiel sie Gott zum
allerhefftigsten. Vnd da will sieh dein süsser JEsus auch nicht zuletzt
enthalten / sondern zeyget sich endlich in seiner süssen Gegenwart. Der Engel
sagte zu den Weibern beym Grabe: Fürchtet euch nicht / jhr suchet Jesum den
Gecreutzigten. Darauß machen wir billich diese Regel: wer Jesum suchet den
Gecreutzigten / darff sich nit förchten.
Zuletzt / wann du den gecreutzigten JEsum gefunden / mustu
Auff solche Weise bereyte deinem Seligmacher dem gecreutzigten Jesu die Ruhe nach seinem Leyden in deinem Hertzen. Das wollen wir thun / dann er hats ja wol verdienet / vnd wills auch wol belohnen. Die frommen Weiblein bereyteten Salbe den gecreutzigten HErrn Jesum zu salben / Joseph vnd Nicodemus brachten zu seinem Grabe Myrrhen vnd Aloes. Wir bringen ein zerbrochnes Hertz / vnd wollen jhn salben mit Threnen vnd Seufftzen. Joseph vnd Nicodemus wickleten jhn in köstlichen Leinwad / wir wollen jhn wickeln in eine reine Seele. Sie legten jhn in ein steinern Grab / wir in das Grab vnsers glaubigen Hertzen / da soll er eine reine Ruhestatt haben. Wir wollen den gecreutzigten JEsum tieff vnd hart in vnser Hertz eindrucken / daß wir jhn gleichsam für Augen gegenwärtig sehen; wir wollen jhn in vnserm Hertzen verschliessen. Das ist dein Begehren / du gecreutzigter HErr Jesu / also gefällts dir in vnserm Hertzen zu ruhen. So kehre nun in zu deiner Ruhe / ruhe in vnsern Hertzen nach deiner Arbeit; auff daß in vnser Arbeit wir auch Ruhe finden in deinen Wunden.
V. 6. LIeben Brüder / ewer Ruhm ist nicht fein. Wisset jhr nicht / daß ein wenig Saurteig den gantzen Teyg versäuret.
V. 7. Darumb feget den alten Saurteyg auß / auff daß jhr ein newer Teyg seyd / gleich wie jhr vngesäurt seyd. Dann wir haben auch ein Osterlamb / das ist Christus / für vns geopffert.
V. 8. Darumb lasset vns Ostern halten / nicht im alten Saurteyg / auch nicht im Saurteyg der Boszheit vnd Schalckheit / sondern in dem Süßteyg der Lauterkeit vnd der Warheit.
HEut triumphiret GOttes Sohn / der von dem Todt erstanden schon / mit grosser
Macht vnnd Herrligkeit / des dancken wir jhm in Ewigkeit. Wie wir mit vnserm
Erlöser Jesu Christo getrawret über seinem Todt / so frewen wir vns mit jhm in
seiner Aufferstehung.
Wo Christus JEsus nicht ist / da sieget der Menschenfresser der Todt; der höllische Rauber der Sathan / der Seelenmörder das Fleisch. Wir aber suchen JEsum den Gecreutzigten / der ist aufferstanden vnd lebet / vnd hat gesieget über vnsere Feinde / vnd sieget auch in vns.
Der Sieg gehet vns allen an / wie er für vns alle gestritten vnd gelitten / also
hat er auch für vns alle gesieget. Woher kompts dann / daß in vielen noch das
Fleisch regiret / der Sathan triumphiret / vnd Christus daraussen stehen muß? Es
gehet dem lieben Heyland Christo / wie etwan dem Persischen König Cyro; welcher
den gefangenen Juden zu Babel die Thür geöffnet / vnnd jhnen Macht gegeben /
widerumb nach Jerusalem zu ziehen zur Statt jhres Gottes: Aber jhrer viele
hatten grössere Lust zu Babel zu bleiben / als nach Jerusalem zu reysen.
Christus hat die Thür der Höllen überwunden / vnsere Bande gelöset / die
Gefängnuß geöffnet / vnnd ruffet vns daß wir außgehen. Aber es beliebet manchem
die alte
Mancher nehme es verlieb / daß er durch Christum freye were von der Höllen / vnnd
zugleich in seinem Fleisch freyen Willen hätte. Aber das mag nicht seyn. Die
heutige Osterliche Lection will es durch auß nicht zugeben / daß man das
Osterlämblein Christum beym Saurteig der Sünden esse. Daher ermahnet sie vns /
daß wir den alten Saurteig außfegen / vnnd vnsere Ostern halten nit beym alten
Saurteig der Boßheit / sondern beym süssen Teig der Lauterkeit vnd Warheit. Wer
nun Lust hat Ostern zu halten / der leihe dem Heiligen Geist Ohren vnd Hertzen /
zu vernehmen / wie recht Ostern zu halten sey / damit durch den Saurteig
ES befindet sich / vnnd hat sich auch allzeit befunden diß Ergernuß / daß wo das tröstliche heylsame Evangelium von Christo gepredigt wird / die Leute ärger vnd sicherer werden. Das muste der Apostel Paulus auch erfahren an der glaubigen Gomein zu Corintho / bey welcher neben der Bekandtnuß viele ärgerliche Sünde im Schwang giengen / also auch daß einer seines Vattern Weib vngeschewt hat nehmen dörffen / welches die Carinther nicht allein vor Augen gesehen / sondern auch gering geachtet / vnd in den Wind geschlagen. Das straffet Paulus an jhnen / vnd führet sie in dieser Osterlichen Lection auff die Ostern altes Testaments / da man hat das Osterlamb essen müssen ohn Saurteig; vnnd zeyget darinn / wie Christen Ostern halten sollen bey dem rechten Osterlamb / für vns geopffert / welches ist Christus JEsus.
Es kan füglich diese Lection / in eine Schlußrede gebracht werden / dergestalt: Wer rein seyn soll / muß den alten Saurteig außfegen. Dann wisset jhr nicht / daß ein wenig Saurteig den gantzen Teig versäuret? Nun sollen alle Christen rein seyn. Dann wir haben ein Osterlamb / welches ist Christus für vns geopffert. Darumb müssen auch alle Christen den alten Saurteig außfegen.
Solches ordentlich zuerwegen / nehmen wir erstlich in acht den Vrsprung vnserer Reinigung. Zum andern / die Verunremigung; wie durch den alten Saurteig eine gereinigte Seele wieder kan verunreiniget werden; vnd dann zum dritten den Schluß / wie ein Christ stätiglich an dem Außfegen des alten Saurteigs arbeiten solle.
Der Vrsprung vnserer Reinigung / welches zu erste alhie zu bedencken fürfällt /
ist das Osterlämblein Christus. Dann so spricht vnser Text: Ihr seyt vngesäuret
/ dann wir haben auch ein Osterlamb / das ist Christus für vns geopffert.
Hie werden wir geführet auff das Osterlamb altes Testaments / vns zuerinnern /
wie es damit gehalten worden. Das war theils ein Gedächtnuß eines das vergangen
/ vnd ein Fürbild eines das zukünfftig war. Dann dabey musten die glaubige
Israeliten sich erstlich erinnern / wie durch eine mächtige Hand GOtt sie auß
dem Diensthauß erfreyet hatte; Zum andern / haben sie auch sollen dabey
gedencken an die geistliche Dienstbarkeit der Sünden / welche geschehen solte
durch ein Osterlamb / welches GOtt selbst bereyten muste. Vnd das ist Jesus
Christus / den nennet hie Paulus das Osterlamb für vns geopffert; eben wie der
Tauffer Johannes / der mit Fingern auff JEsum gezeyget / vnnd gesaget: Sihe /
das Lamb GOttes / das da trägt die Sünde der Welt. Seiner Person halben must er
ein Mensch seyn / doch auch mehr als ein Mensch / sonsten hätte er die Last
vnserer Sünden nit ertragen können. Darumb heisset er das Lamb GOttes / nicht
allein daß es ein Lamb sey von Gott bereytet / sondern daß es ein Lamb sey das
GOtt selbst ist / vnd Göttliche Krafft in sich hat. Das Ampt dieses Gottes-Lambs
ist / der Welt Sünde tragen / für vns geopffert werden. Die Last aller meiner
Sünde / die Last aller deiner Sünde / die Last
aller Menschen Sünde / auf einen Hauffen geworffen / mache ja
eine schwere Last. Da jemand die Sünde im Gewissen gefühlet / kan jhm weiter
nachdencken; Diese grosse schwere Last hat Christus als das Lamb Gottes müssen
auff sich nemen / tragen / büssen / also dz wir davon erfreyet seyn in Ewigkeit.
Gewißlich muß der Zorn über die Sünde so geringe nit seyn / als wir jn vns
einbilde / weil er durch kein anders Opffer / als durch den
Todt deß Sohns Gottes hat können versöhnet werden. Dann
So mercke nun weiter / wie dieses Osterlamb Christus für vns geopffert / ein
Vrsprung vnd Vrsach sey vnserer Reinigung. Es ist wol in acht zu nehmen / daß
wie schon gemeldet / nicht beym gesäurten Brodt das Osterlam hat müssen gegessen
werden / auch daß kein Vnreiner hat müssen davon essen. Alleine die rein waren /
köndten es essen / vnd nur bey vngesäuretem Brodt. Dadurch ist offenbarlich
angedeutet / wie Christus vnd Reinigung müssen beysamen seyn. Von
Natur seynd wir Kinder deß Zorns / Fleisch von Fleisch / voller Vnreinigkeit /
aber durch den Glauben an Christum JEsum werden vnsere Hertzen gereiniget / wie
geschrieben dadurch werden wir für Gottes
Nun fahren wir weiter / vnd dencken nach / wie es zugehe mit Anfangs in einem Volck nur zween oder
drey seynd / die das Evangelium angenommen / dringt es durch / das bald eine
gantze Gemeine darauß wirdt. Das ist ein guter Sauerteig. Aber in vnserm Text
wird von einem gar bösen Sauerteig geredet / vnnd verstanden alles was nicht deß
rechtschaffenen Christlichen Wesens ist in Lehr vnd Leben / der alte Adam / vnd
alles was von Fleisch vn Blut / vnd der alten sündlichen Natur
vns anhanget. Der heisset ein alter Sauerteig / dann er ist vns angeboren / vnnd
schon vorlängst vnter die gute Creatur GOttes gemenget. So hat auch der
Im Text wirdt der alte Sauerteig zweyer Art gemachet / ein Sauerteig der Boßheit
/ vnnd ein Sauerteig der Schalckheit. Boßheit ist muthwillige Sünde / wann
jemand ohne schew wieder Gott vnd das Gewissen vnrecht thut. Schalckheit ist die
innerliche listige Tücke / vnnd deß Hertzens geschwinde Rencke / daß den Namen
nicht haben soll / es sey vnrecht gethan / sondern es soll recht gut vnd
Christlich seyn. Wie mancher gibt sich auß für einen Christen / vnd will den
Namen haben er handele Christlich / beredet sich auch dessen in seine Hertzen / hält aber vnter dessen für ein Meisterstuck / so er
seinem Nächsten ein Beinlein kan vnterlegen? Das heißt dann für der Welt
Politisch / aber nach der Srpach deß heiligen Geistes heißts ein Sauerteig der
Schalckheit Schlangen
eine Schalckheit genennt wird. Sonsten heist es auch der Sauerteig der Phariseer
vnnd Herodis / vnnd ein Belialstrick. Dahin gehöret alle Gleißnerey für GOtt /
vnnd falsche Freundtschafft vnter den Menschen.
Dieser alter Sauerteig ist / der einen reinen Menschen verunreiniget / es sey ein Sauerteig der Boßheit / oder ein Sauerteig der Schalckheit. Wisset jhr nicht / daß ein wenig Sauerteig den gantzen Teig versäuret? Ist Sauerteig vnter das Christliche Wesen gemen get / so spricht Paulus. Ewer Ruhm ist nicht fein. Ihr rühmet euch für Christen / vnnd leydet doch Sauerteig vnter euch / das ist kein guter Ruhm. Sauerteig stehet keinem Christen wol an / sondern verunreiniget jhn.
Sauerteig nimbt nicht an sich die Eygenschafft eines süssen Teiges / ob schon deß
süssen Teiges vielmehr ist als deß sauren /
Der Sauerteig bricht durch vnd durch / also auch bricht im Menschen das sündliche
Wesen durch vnd durch. Dann wie durch die Erbsünde auch die beste Kräffte der
Seelen / vnd scharff sinnigste Gedancken verderbet werden / welches wir leider
noch fühlen müssen; also wirdt nach der Wiedergeburt / durch muthwillige Sünde
aller geistlicher Seelen-schmuck gantz verderbet. Wo man anfähet dem Fleisch
Raum zu lassen / vnnd der Christlichen Freyheit zu mißbrauchen / da ist
Sauerteig vnter das Christliche Wesen gemenget / vnd verderbet den Glauben vnd
gut Gewissen / reisset jmmer fort / biß man Christum gar verliere. Dann es
schickt sich nicht beyeinander / dem Fleische freyen Raum lassen / vnd doch von
Christo vnd seinem Evangelio rühmen. Das ärgeste bey diesem Sauerteige ist / daß
es so starck einreisset / wann jhm sein Will vnd Krafft gelassen wird / daß es
nicht wider außzubringen. Ein klein Bissen frißt durch / daß niemand wehren /
niemand wider süß machen kan. Da bleibts auch nicht bey einem alleine / sondern
ein räudig Schaaf / verderbt den gantzen Stall. Wann dann dem
Hierauff kan man bald den Schluß finden / was Christen / so durch Christum das
Osterlämlein gereiniget vnd geheiliget seyn / hassen oder liebe /
thun oder lassen müssen. Der Text spricht: Feget den alte
Sauerteig auß / auf daß jhr ein newer Teig seyt. Lasset vns Ostern halten /
nicht im alten Sauerteig der Boßheit vnd Schalckheit / sondern in dem Süßteig
der Lauterkeit vnd der Warheit.
Damit werden wir erstlich eingeladen Fest zu halten. Wir haben ein Osterlamb / welches ist Christus für vns geopffert / so müssen wir auch Ostern halten. Der Alten Oster-feyer bestundt allermeist darinn / daß sie Lämblein schlachten vnd essen / vnd dabey Gottes Nahmen preiseten. So müssen wir auch erstlich Ostern halten mit essen. Christus vnser Osterlämblein ist keine Speise für den Mund / leiblicher Weise zu essen / sondern eine Seelenspeise. Darumb muß diß Lämblein von der Seelen im Glauben vnd in heiliger Andacht gegessen werden. Wie man Brodt vnd Fleisch käwen muß / wann mans will essen: Also muß man in geistlicher Andacht Christum wol käwen / wann man seine Süssigkeit schmecken will; man muß jmmer im Gedächtnüß behalten JEsum der gecreutzigt / vnnd wieder vom Todt aufferstanden ist. Wie mehr man käwet / wie safftiger vnd wolgeschmackter die Speise wird. Hernach müssen wir auch vnseren Lobgesang hinzu thun / vnserm GOTT singen / jhn loben vnnd preisen / beedes mit Hertz vnnd Mund.
Zum andern werden wir ermahnet / vns für Sauerteig zu hüten. Lasset vns Ostern
halten nicht bey dem alten erdar an /
weil wir aber auch Christi Geist haben / der jmmer an vns feget / dem bösen
wehret / vnd darüber seufftzet / wirt das übrige vom altem vns nicht
zugerechnet.
Diß findet sich fein in einem Spruch Christi Johannis am
Daß ich auff die Erfahrung führe / so müssen wir ja bekennen / daß auch in vns die wir in Christo geheyliget seyn / vielemal böse Gedancken auffsteigen / da findestu Geist vnd Fleisch / Reinigkeit vnd Sauerteig. Lästu den fleischlichen Gedancken freyen Lauff / vnnd erfüllest das Begehren deß Fleisches / so bistu verunreiniget; wiederstrebestu aber vnnd wehrest / mit glaubigem Seufftzen zu Gott / daß er vmb solcher fleischlichen anklebenden Begierden willen vns nicht verwerffe / so fegstu den alten Sauerteig auß / vnnd wirst ein newer Teig. Vnd das ists / dazu vns hie der H. Geist ermahnet. Feget auß den alten Sauerteig / vnd lasset vns Ostern halten / nicht im alten Sauerteig der Boßheit vnd Schalckheit / sondern in dem Süßteig der Lauterkeit vnd der Warheit.
Wie wir müssen allezeit an dem alten Sauerteig der Boßheit vnd Schalckheit fegen
/ so müssen wir hingegen nach dem Süssenteig der Lauterkeit vnd Warheit stäts
trachten / auß offnem trewen Hertzen recht vnd Christlich glauben / leben vnd
thun. Wir
Hiebey ist noch dieses zu mercken / daß nicht genug sey / wann ein jeglicher in
einer Gemeine nur wolte auff sich sehen / vn dieandern gehen
lassen wie sie wolten; das muß nit seyn / also würde sich dz Christliche Wesen
bald verlieren / vnd einer den andern verderben; darumb müssen die / so dazu
gesetzet seyn / den ärgerlichen Exempeln wehren / vnd dieselbe nicht
vngestraffet lassen.
Wan nun in der Corinthischen Kirchen den Sünden freyer Lauff
offentlich gelassen ward / vnter dem Nahmen eines Christenthumbs / straffet
solches Paulus in erklärtem Text / vnnd spricht; Ewer Ruhm ist nicht fein / das
geziemet keinem Christen. Haben wir im Glauben JEsum Christum / als das
Osterlamb für vns geopffert / so seynd wir rein / vnd müssen auch rein vnd
vngesäuret seyn. So wir aber den alten Sauerteig der Sünden lassen vberhandt
nehmen / meynet jhr nicht daß jhr gantz versäuret werdet? Darumb feget den alten
Sauerteig auß / vnd laßt vns Ostern halten bey dem Süssenteig der Lauterkeit vnd
Warheit.
Das lasset vns eine Anreitzung seyn / recht Ostern zu halten /
Wann wir eine kräfftige Speise essen / empfinden wir Lebens el kommel ist. Wer diß isset / solte der
keine Lebenskrafft in jhm empfinden? Der HERR spricht / Johannes am 6. Er wird
leben in Ewigkeit. Was kan vns liebers seyn / als wann Christus auch in vnser
Seelen lebendig erscheinet / wie er vormals nach seiner Aufferstehung sich
seinen Jüngern lebendig erzeygte? Was kan
In dieser Oesterlichen Seelenspeise bestehet das rechte Wolleben / es erquickt
vnd erfrewet Hertz vnd Seele / vnnd bringet hinein Fried vnd Frewd im H. Geist.
Dann nach dem wir durch
Ferner habt euch in acht / daß durch den alten Sauerteig der Boßheit vnd
Schalckheit die Oesterliche Frewde nicht auffgehoben werde / vnd zu dem Ende /
feget auß den alten Sauerteig. Dann zu erst / jhr könnet bey dem alten Sauerteig
kein süsser reiner Teig seyn. Seyt jhr schon durch Christum gereiniget vnnd
geheyliget / so werdet jhr doch durch den Sauerteig der Sünden wider
verunreiniget. Wisset jhr nicht / daß ein wenig Sauerteig den gantzen Teig
versäuret. Diß mag wol eine Vrsach seyn / die Sünde zu hassen / daß sie auff
hebet die Reinigkeit / die wir durch Christi Blut erlanget haben. Vber das
schickts sich nicht / daß jhr zugleich gesäurte Kuchen essen / vnd die
Süssigkeit deß Osterlambs schmecken könnet. Wer nicht Theil haben will an dem
Osterlamb / der erlustige sich jmmer hin in den gesäureten Kuchen. Wer aber hie
auch sein Theil haben vnd behalten will / der meide Sauerteig. Dann wer
gesäurete Kuchen ißt / der kan Christum nicht essen. Wann dann der Sauerteig der
Sünden vns den Geschmack deß Osterlämbleins benimbt / das für vns ist geopffert
/ folget weiter darauff / daß wir keinen Frieden fühlen oder haben / für der
Verdamnuß können wir nicht sicher seyn / viel weniger können wir vns rühmen der
himlischen Erbschafft. Es ist ein hart Wort / das der HERR spricht / im 2. Buch
Mosis am 12. er weren. Dann wir haben alle Tage das Osterlamb
Christum für vns geopffert / vnd müssen auch alle Tag im Glauben davon
essen.
Hats aber anders nicht seyn können? Ists nicht müglich gewesen bey der
Christlichen Reinigkeit / dem Fleisch ein wenig Willen lassen? Nein / dann es
ist nicht genug / daß Christus vnser Osterlamb geschlachtet ist / er muß auch
durch den Glauben gegessen werden. Das Osterlamb müste nicht allein gebraten /
sondern auch gegessen werden. Essen wir aber Christum durch den Glauben / so
seynd wir im Glauben mit Christo den Sünden gestorben / / newe Bewegung; da
lebet man nicht im alten Sauerteig der Boßheit vnd Schalckheit / sondern im
Süssenteig der Lauterkeit vnd Warheit. Ist jemand in Christo / so ist er eine
newe Creatur / eine newe Geburt / gantz vmbgeschmoltzen. Daher kommen die
ernstliche Vermahnungen Heiliger Schrifft: Wandelt nicht mehr / wie die
Man köndte hie gedencken / das ist keine liebliche Osterpredigte / damit
schrecket man nur die Leute. Lieber Christ / die Osterpredigt von der
Gerechtigkeit in Christo / der für vnsere Sünde gestorben / vnnd vmb vnser
Gerechtigkeit willen wieder aufferwecket ist / ist vnd bleibet eine süsse
Predigt / allen die vber jhre Sünde erschrocken seyn. Daß aber jemand auch
mitten in dem Lauff der Sicherheit / vnnd deß gottlosen Wesens damit sich
trösten wolte / das gehet nicht an. Der Heylige Geist zeyget vns hie / daß wir
lernen sollen; man soll den Sauerteig außfegen / wollen wir Christen seyn / vnnd
daß wir keine Christen seyn / so wir dem Fleisch Raum geben / vnd demselben
seinen Muthwillen lassen. Thustu solches vnter dem Schein Christlicher Freyheit
/ als schade es nicht groß / thustu deß zu ärger. Jasprichstu / wenns so streng
im Christenthumb solte zugehen / wer könte dan ein Christ seyn?
Mein Freund / wilstu kein Christ seyn / muß es Gott geschehen lassen. Ist aber
ein Verlangen bey dir ein Christ zu seyn / so wirdt die Gnade deß H. Geistes
dich nicht lassen / dann es wird durch vnser Vermögen so wenig angefangen als
vollenführet.
Es muß ja wol ein jeglicher Christ gestehen / empfinds auch in jhm selbst / daß
noch allezeit vom alten Sauerteig vns viel anklebe. Wer das nicht fühlet / mag
wol sinnloß seyn. Wers aber fühlet / vnnd begehret nicht daran zu fegen / der
mag wol gottloß seyn. Ein jeglicher fühlet das seine / es bleibt aber dennoch
ein Vnderscheyd zwischen den Sünden der Heyligen / vnnd zwischen den Sünden der
Vnheyligen. In den Heyligen regen sich böse Neigungen vnnd Begierden / sie
lassen sich aber von denselbigen nicht vber wältigen / sie wiederstreben vnd
fegen jmmer auß; daher bleiben sie auch bey den inwohnenden Sünden heylig. Du
aber / der du in bösem Fürsatz bleihest / also daß das Gewissen wieder dich
So feget nun auß den Sauerteig / zu erst bey euch selbst; dan auch
bey andern so viel an euch ist. Niemand gedencke / was gehets mich an / wie mein
Nächster lebet? Wer andern / so viel an jhm ist / in Sünden nicht wehret / durch
die Finger sihet / den er straffen soll / der macht sich theilhafftig frembder
Sünden vnnd Straffen.
Lieben Christen / lasset vns den Sauerteig außfegen / allenthalben so viel als
wir vermögen / daß wir Ostern halten bey dem Süssenteig der Lauterkeit vnnd
Warheit / daß wir für Gott vnnd allen Menschen rühmen können; ich liebe den
HERRN. Wir haben ein stetig werendes Oster lamb / so laßt vns auch stetig Ostern
halten. Wir haben einmal die Süssigkeit deß Osterlambs gekostet / darinn suchen
wir vnsere Lust nicht in dem Sauerteig der Sünden / sondern haben ein stetiges
Verlangen nach der Ergetzligkeit die auß Christo kompt. Vnsere Begierde soll
seyn /
Wann jhr solches singet / merckt darauff / wessen jhr euch erbietet: Der alte Sauerteig soll nicht mehr seyn / bey dem Worte der Gnaden / Christus soll die Koste seyn.
V. 34. PEtrus aber thät seinen Mund auff / vnd sprach: Nun erfahre ich mit der War-Warheit / daß GOtt die Person nicht ansichet.
V. 35. Sonder in allerley Volck / wer jhn förchtet vnd recht thut / der ist jhm angenehm.
V. 36. Ihr wisset wol von der Predig / die Gott zu den Kindern Israel gesandt hat / vnnd verkündigen lassen den Frieden / durch JEsum Christum (welcher ist ein HErrvber alles.)
V. 37. Die durchs gantze Jüdische Land geschehen ist / vnd angangen in Galilea / nach der Tauffe / die Johannes predigte.
V. 38. Wie Gott denselbigen JEsum von Nazareth gesalbet hat / mit dem heyligen Geist vnd Krafft. Der vmbher gezogen ist / vnd hat wolgethan / vnnd gesundt gemacht alle / die vom Teuffel vberwältiget waren / dann Gott war mit jhm.
V. 39. Vnd wir sind Zeugen / alles was er gethan hat im Jüdischen Lande vnd zu Jerusalem. Den haben sie getödtet / vnd an ein Holtz gehangen.
V. 40. Denselben hat Gott aufferwecket am dritten Tage / vnd jhn lassen offenbar werden.
V. 41. Nicht allem Volck / sondern vns / den vor erwöhlten Zeugen von Gott / die wir mit jhm gessen vnd getruncken haben / nach dem er aufferstanden ist von den Todten.
V. 42. Vnnd er hat vns gebotten zu predigen dem Volck / vnnd zeugen / daß er ist verordnet von Gott / ein Richter der Lebendigen vnd der Todten.
V. 43. Von diesem zeugen alle Propheten / daß durch seinen Namen / alle die an jhn glauben / Vergebung der Sünden empfangen sollen.
WAnn ein einiger Mensch were / welchen nicht angienge die Predigt von dem gecreutzigten JEsu / der wieder von den Todten erstanden ist / der were billig der allerelendeste vnter allen Menschen. Dann gleich wie die Teuffel in dem ewigen Elend bleiben / darumb daß der Sohn GOttes nicht die Engel / sondern den Samen Abrahae angenommen. Also wann ein einiger Mensch außgeschlossen were / von dem Verdienst deß Sohnes GOttes deß gecreutzigten JEsus / bliebe derselbige im ewigen Elend / auch nach dem der Sohn GOttes im Fleisch gelitten hatt.
Es hat ja Gott Macht gehabt / mich vnnd dich im Elend zu hat der Sohn Gottes nicht können für alle sterben / das were ein groß
Vnvermögen bey Gott / hat er aber nicht gewolt / hat man Vrsach zu fragen:
Warumb hat er sollen so vielen mißgönnen den Zutritt zu demselbigen Verdienst /
damit er dem einen so wol hat dienen können als dem andern? Gott vnser Heyland /
der da ist ein Mittler zwischen Gott vnd Menschen / der sich selbsten gegeben
hat für alle zur Erlösung
Diß hat den Aposteln nicht können verborgen seyn / insonderheit
Doch mercket man auß dem Handel des Apostels Petri mit Cornelio / daß die Apostel ein Zeitlang allerdings hierin noch nicht richtig gewesen / haben es zum wenigsten noch für eine Schew gehalten / wann ein Jüdischer Mann mit einem Heyden solt essen oder trincken / sie haben etwan gemeynet / es musten die Juden noch einen Vorzug für den Heyden haben. Es ist damals ein Heyde bey den Juden so veracht gewesen / als jetzt die Juden bey den Christen / für welche wir gleichsamb einen natürlichen Abschew haben / daß wir auch nicht gerne mit jhnen essen oder trincken.
Es war Cornelius ein Heyde / dazu ein Kriegesmann / doch Gottselig vnnd
Gottsfürchtig mit seinem gantzen Hause / gab viel Allmosen / vnd bettet jmmer zu
Gott. Ein herrlig Lob von einem Kriegsmann. Doch hat er die Beschneidung nicht
angenommen. Zu diesem sandte GOtt seinen Engel / dann es war ein Zeitlang das
Evangelium nur geprediget den beschnittenen Juden / jetzt wolte sich Gott mit
der offentlichen Predigt auch kehren zu den Heyden / vnd wird der Anfang gemacht
bey Cornelio / der sihet in einem Gesicht offenbarlich am Tag zu jhm eingehen
einen Engel Gottes / der spricht: Corneli dein Gebett vnd dein Almosen sind
hinauff kommen ins Gedächtnuß für Gott / so sende nur Männer gegen Joppen / vnnd
laß fordern Simon mit dem Zunahmen Petrus / der wird dir sage /
was du thun solt / was ist das? Cornelius gefiel GOtt wol in allem seinem Leben
/ vnnd soll doch erstlich von Petro hören ein heylsames Wort / das jhn lehre was
er thun soll / damit er Gott wol gefalle? Das ist es. Es hatte zwar Cornelius
mit dem Glauben sich gehänget an den Messiam / wrlchen Gott den Vättern
versprochen / vnd durch die Propheten zuvor verkündiget / dadurch gefiel er Gott
wol / vnd that auch herrliche Werck / von der Person aber hatte er noch keinen
Bericht / daß es der Jesus von Nazareth were / diß must er auch wissen. Dann
nach dem der Heyland gestorben / vnd wider von Todten erwecket war / solt man
nicht mehr glauben an einen Heyland der erst kommen solt / sondern an einen
solchen Heyland / der schon in der Welt offenbaret ist / dann von diesem hat der
Vatter gezeuget: Diß ist mein Sohn / den solt jhr hören. Zu solchem Ende ist
auch das Evangelium Christi bald nach der Aufferstehung außgebreytet durch die
gantze Welt.
Daß nun auch Cornelius hievon Bericht habe / muß ers von Petro hören / wie aber
die Gesandten auff dem Wege seyn / den Apostel Petrum zu holen / wirdt
derselbige durch ein Gesicht vnterwiesen. Dann er ward entzuckt / vnnd sahe
hernieder fahren e nochmalen zu jhm: Was
Gott gereiniget hat / das mache du nit gemein. Wie solches zu dreyen malen
geschehen / ist das Gefäß wieder auffgenommen gen Himmel.
Hie durch ist Petrus berichtet / wie er nunmehr kein Vnderscheid machen solt vnter einem Juden vnd Heyden / wie er das selbsten bekennet / da er zu Cornelio kompt: Ihr wisset / wie es ein vngewohnet Ding ist / einem Jüdischen Mann sich zuthun / oder kommen zu einem Frembdling. Aber Gott hat mir gezeiget keinen Menschen gemein oder vnrein zu heissen.
In gegenwärtiger Lection prediget Petrus das Wort / darnach sich Cornelius vnnd
alle Menschen richten sollen / dann es ist diese Predigt Petri gerichtet auff
die Frag Cornelij / welcher von Petro begehrte zu hören dasselbige Wort / das
jhm GOtt zu hören befohlen hat. Ein Wort darinn er soltselig werden / vnd sein
gantzes Hauß. Darumb trägt vns hie Petrus für
WIe in gemeiner Sprach / also auch in H. Schrifft ist gebräuchlich
Es macht der Apostel den Eingang seiner Predigt mit solchen Worten: Nun erfahre
ich in der Warheit / daß Gott
Erkenne hie den Willen deines Vatters / er will mit seinem Sohn dienen der
gantzen Welt / sein Wolgefalle ist / daß alle Menschen in seinem
Sohn jhm möchten wolgefallen. Hie ist kein Vnterscheyd zwischen Juden vnd Heyden
/ reich vnd arm / Weib vnnd Mann / wie sie alle für jhm ligen in einem gemeinen
Verderben / so hat er als der Schöpffer aller Menschen / keinen Außschuß gemacht
/ sondern für alle seinen Sohn dahin gegeben.
Mercke aber auch hie / was erfordert werde von demselben der Gott will angenehm seyn / nemlich GOtt fürchten / vnnd recht thun / nach der Gerechtigkeit streben / vnnd sich bearbeiten. Da solstu aber nicht gedencken / als köndte einer Gott fürchten vnd recht thun / ob er schon nicht den Glauben hätte an den Heyland der Welt JEsum: Dann wer der Gerechtigkeit will nachstreben / der muß den Grund legen in Christo JEsu. Wer durch den Glauben hat Christum JEsum / der hat dadurch seine Gerechtigkeit / vnnd bringet auch Früchte der Gerechtigkeit / daß ist dann ein solcher Mensch / welcher ist Gott angenehm.
Folget das Evangelium von Christo selbst. Damit Petrus einen Bericht gibt auff
das Begehren Cornelij / dann er suchte von durch JEsum Christum
(welcher ist ein HErr vber alles;) ist euch bewust / was sich zugetragen im
gantzen Jüdischen Lande / nach dem es angefangen in Galilea / nach der Tauffe /
die Johannes predigte. Ist so viel gesaget: Ihr begehret von mir zu hören das
Wort deß Heyls / darinnen ihr könnet seelig werden. So ist euch selbst nunmehr
nicht vnbekant / was sich im Jüdischen Lande mit JEsu von Nazareth zugetragen /
das ist eben das Wort deß Heyls / darinnen Gott Frieden verkündiget. Zeyget also
Petrus hie an / wovon er predigen will / nemlich von dem Evangelio Christi /
welches nunmehr auß dem gemeinen Gerücht nicht vnbekandt war. Merck hie wer der
Stiffter des Evangelij ist / das vns gepredigt wird. Wann in Israel das
Evangelium gepredigt ward / sagt Petrus davon / Gott habe das Wort zu den
Kindern Israel gesandt. Also auch noch heute / wann euch gepredigt wird /
heists: Gott hat das Wort zu euch gesandt; daß jhr wisset mit was Ehrbietigkeit
jhr das Wort sollet annehmen. Merckt hie auch die Ordnung / die Gott in
Offenbahrung deß Messias gehalten hat / nach dem er erschienen war. Der Täuffer
Johannes muß die Bahne machen mit seiner Bußpredigt / vnd mit seiner Tauffe.
Darauff hat Christus bald angefangen herfür zu tretten / vnd sich hören zu
lassen / vnd hat den Anfang allermeist in Galilea gemacht. Darauff ferner gantz
Judea mit der Predigt Christi / vnnd mit grossen Zeichen erfüllet. Nachmals hat
diß
Mercke auch hier / zu was Ende Christus der Welt gegeben / vnd geprediget sey. Dann Gott hatte den Frieden verkündigen lassen durch JEsum Christum / nemlich den Frieden mit Gott / daß der verfluchte Sün der habe Vergebung der Sünden / die Kindschafft / vnd das ewige Leben. Letzlich mercke hie die Majestät vnsers Heylandes / dann er wird genandt ein HErr vber alles. Wie er aber ist ein HERR vber alles / also hat er sich auch vber alles erbarmet / vnnd ist ein Heyland geworden vber alles.
Nach dem Petrus in gemein sein Vorhaben angedeutet / was vnnd wovon er reden wolle / erzehlet er das Evangelium deß Heyls von Christo in zweyen Theilen. 1. Erzehlet er historischer Weise / was sich mit Christo zugetragen. 2. Predigt er von der Frucht vnd Nutzen / den wir in Christo haben.
Zur Historischen Erkäntnuß dessen / was sich mit Christo zugetragen / gehöret I.
was Petrus von der Salbung saget / wie Gott denselben JEsum von Nazareth
gesalbet habe /
Es stehet aber die Salbung darinn / daß durch den H. Geist vber den JEsum von
Nazareth außgegossen seyn / nicht allein
Vnd das ist auch die Vrsach dieser Salbung; Er muste Gaben empfangen / vnd
genugsame Kräffte zu seinem Ampte. Man hatte vormals pflegen zu salben /
dreyerley Standes Personen / Könige / Priester vnnd Propheten. Wie aber Christus
nicht hat sollen seyn ein gemeiner König / Priester vnnd Prophet / also ist er
auch nicht mit gemeinem Oel gesalbet / sondern mit dem H. Geist / Hertzen / biß er endlich dem Vatter das
Reich vbergebe / wann er künfftig vber jederman das Vrtheil wird gesprochen
haben / als ein Richter der Lebendigen vnd der Todten.
II. Zeuget Petrus von den Thaten Christi: Er ist vmbher
Hie müssen wir preisen die grosse Leutseligkeit vnsers Heylands / wie sehr auch
die armen Menschen mit Seuchen vnd Plagen vom Teuffel vberwältiget waren /
bekümmerten sie sich nicht vmb den Seelenartzten / sie kennten jhn auch nicht /
so laufft dieser Wolthäter den Leuten nach / daß er nur vielen wolthue / vnnd
ladet
Hie mercken wir auch die Vrsach der kräfftigen Wunderthaten die Christus gewürcket / dann GOTT war mit jhm. Gott hatte jhn gesandt / vnd würckete in jhm / vnd mit jhm alles / ja Gott wohnet in jhm leibhafftig / als in seinem eignen Tempel / vnd das ist die rechte Salbung.
III. Zeuget Petrus vom Todt Christi. Dann sie haben
Es ist aber kein Zweiffel / es wirdt der Sathan hie sehr geschäfftig geweßt seyn
/ daß Jesus möchte zum Todt gebracht werden / weil auch außtrücklich von Juda
dem Verräther geschrieben stehet: Der Teuffel hatte jhm ins Hertz gegeben / daß
er jhn wurde. Da kan nit
leicht gesagt werden / was der Sathan für Gedancken gehabt / da er Christum hat
wollen zum Todte helffen / eines ist gewiß / das alles / was er gethan / er
Christo zu Haß vnnd zum Verderben vorgenommen. Dann er hat doch wol gesehen /
daß er mit diesem Menschen einen Kampff halten muste. GOtt hatte dem Schwerdt
vber JEsum geruffen / vnd jhn dahin gegeben / daß aller Höllen Gewalt möchten
mit jhm anfangen / was sie wolten. Darumb hat der Feind alle Kunstan diesem JEsu
versucht mit aller Gewalt / vnd nach allem Vermögen. Wie er den ersten Adam
durch Schmeicheley vberwunden / also versucht ers bey dem andern Adam mit
Verzweiffelung. Alldieweil mit Schmeicheley er jhm sein Lebelang nichts hat
abgewinnen können. Were es jhm hie gelungen / were der Sathan Meister vber vns
geblieben in Ewigkeit. Christus hat dieses Beginnen deß
Hierumb hat auch Christus nicht können im Todte bleiben / sondern er ist wieder
auffer standen / vnd das ist das IV. davon hie
Biß an den dritten Tage hat Christus müssen im Grabe bleiben / nach Gottes
Ordnung / wie dann der HErr selbst zuvor
Paulus
Diese Aufferstehung bekräfftiget Petrus / durch die Offenbahrung Christi / vnd
mit dem Zeugnuß deren / die jhn nach seiner Aufferstehung gesehen / ja mit jhm
gegessen vnd getruncken haben. Es hat Christus nicht auß Noth nach seiner
Aufferstehung gegessen oder getruncken / sondern auß Liebe gegen seinen Jüngern
/ zu bezeugen / daß er kein Gespenst / sondern ein lebendiger Mensch sey / wie
Lucas auff gezeichnet hat am 24. Cap. Dann da Christus sich
Man möchte aber fragen / warumb Christus nach seiner Aufferstehung sich nicht hat
wollen offentlich allem Volck offenbaren / wie Petrus saget; er ist offenbar
worden nit allem Volck / sondern vns den voraußerwöhlten Zeuge?
Were es nicht besser gewesen / so er dem gantzen Volck sich offenbaret hätte /
auch seinen Feinden / den Hohenpriestern vnd Phariseern? So hätten sie ja viel
eher glauben können. Auff solche Weise köndte ich auch fragen / woher kompts /
daß Christus als ein GOtt nicht selbst herumb gehet / vnd die Leute lehret /
were es nicht kräfftiger / wann er heute noch selbsten predigte? Wann wir alles
wolten sehen / wozu solte dann der Glaube? Was man sihet darff man nicht
glauben. Es will Christus sich offenbaren durch den Glauben im Wort / vnd in den
Sacramenten. Vnd bleibt dabey biß an iüngsten Tage / was der HErr zu Thoma
spricht: Selig ist wer nicht sihet / vnnd
Weil dann dieses gewiß / ist vnser Hoffnung vnverlohren / nun seynd wir nicht die elendsten vnter allen Creaturen / sondern die allerreichste vnd allerseligste. Were Christus nicht aufferweckt von den Todten / so hätten wir müssen gedencken: Es ist vns nichts mit seinem Todt geholffen / er hat damit vnsere Sünde nicht bezahlen können. Nun er aber aufferstanden ist / wissen wir daß die Sünde genugsam bezahlet / vnd Gerechtigkeit vnd der Sünden Vergebung erworben sey.
Letztlich V. zeuget Petrus auch von dem Richterampt Christi: Er hat vns gebotten zu predigen dem Volck / vnd zeugen / das er ist verordnet von Gott ein Richter der Lebendigen vnd der Todten.
Es spricht zwar Christus beym Johanne am 3. Gott hat
Dazu ist er von Gott verordnet. Der Vatter richtet niemand / sondern alles Gericht hat er dem Sohn vbergeben. Dann weil dem Vatter für die Sünde der Menschen ein Genügen geschehen / will er niemand verdammen / sondern hat dem Erlöser deß Todtes vnd deß Lebens Macht gegeben zu verdammen / vnd selig zu machen wie er will. Nach seiner Göttlichen Natur ist Christus ein geborner Richter vnd König / nach seiner menschlichen Natur ist er ein gemachter Richter / wie er abermal saget Johannes am 5. Der Vatter hat dem Sohn Macht gegeben / auch das Gericht zu halten / darumb daß er deß Menschen Sohn ist. Darüber setzet Lutherus diese kleine glossa: Das Gerichte muß offentlich für allen Menschen gehalten werden / darumb muß der Richter auch Mensch seyn / den man sehen könne; vnd doch auch Gott / weil er Gottes Richtstul besitzen solle.
Es soll aber das Gerichte gehen vber zweyerley Hauffen / vber Todt vnd Lebendige;
dann wie er hat die Schlüssel zum Himmelreich
Auff solche Weise will Christus erkandt seyn / nach dem er getödtet / vnd wieder aufferstanden; wie Petrus sagt: Er hat vns gebotten zu predigen dem Volck / vnnd Zeugen / daß er ist verordnet von Gott ein Richter der Lebendigen vnd der Todten:
Alles was hie Petrus von Christo gesaget / gehöret zu seiner Salbung; dann daß er herumb gangen vnd geprediget / vnd sein Wort mit Zeichen vnd Wunder bestätiget / darinn hat er sich als der grosse Prophet von Gott gesandt er zeyget: Daß er selbst ein Opffer geworden für vnsere Sünde / darinn ist er vnser ewiger Hohepriester / vnd hat eine ewige Erlösung erworben. Daß er nun regieret / vnd von GOTT zu einem Richter verordnet / vber Todt vnnd Lebendige / darin beweiset er sich als ein König: Vnd also ist Jesus von Nazareth der Gecreutzigte / der warhaffte Messias / vnnd Gesalbte deß HERRN;
Der Weg deß Lebens das Evangelium von Christo ist offenbaretda revelatur fructus ex
agnitione Christi provenies.
Darinn sehen wir den Schatz / vnd die Frucht deß Todtes /
Wodurch aber ist ist dieser Schatz erworben? Dieser Spruch.
Da nehmen nun die Einfältigen in acht / warauff sie jhren Glauben gründen sollen
/ wan sie hoffen / daß jnen Gott jhre Sünde vergeben werde.
Mancher wann er gefraget wirdt: Hoffestu auch / daß GOTT dir die Sünde vergeben
werde / antwortet ja. So man aber weiter saget: Gott ist nicht ein Gott dem
gottloß Wesen gefällt / die Sünder bestehen nicht für seinem Angesicht / er ist
jhnen feind / er ist ein zorniger eiferiger Gott: Wie wilstu es dann mit jhm
machen? So weiß er weiter nichts / warauff er fussen soll. Darumb lerne hie ein
Einfältiger den Grund seiner Hoffnung / welcher ist der Name JEsus / das ist /
JEsus mit seinem Blut vnd Todt. Dann obwol GOTT ist ein zorniger GOtt / so ist
er doch versöhnet durch den Todt seines Sohns / der vnsere Sünde getragen
Merck aber auch / wodurch wir der Erlösung Christi theilhafftig werden. Dann
nicht jederman erlanget seiner Sünde Vergebung / der gröste Hauff stirbt in
Sünden / vnnd wird verdampt. Woher das? Sie glauben nicht. Durch den Namen / vnd
durch die Versöhnung JEsu Christi deß Gecreutzigten empfahen Vergebung der
Sünden / nicht schlechter Ding alle / sie glauben oder glauben nicht / sie
nehmen Christum an oder nicht; nein / sondern /
Diß ist nun das Evangelium Petri. Der Gesalbte deß Herren / JEsus wahrer GOTT vnd Mensch / ist für vns gestorben / vnd wieder vom Todt aufferweckt. In seinem Namen empfahen Vergebung der Sünden / alle die an jhn glauben. Mit solchem Evangelio stimmen vberein alle Propheten Gottes von Anfang her / dar auff beruffet sich Petrus / in dem er spricht: Von diesem JEsu zeugen alle Propheten / daß durch seinen Namen / alle die an jhn glauben / Vergebung der Sünden empfahen sollen.
Die erste Predigt von Messia hat GOTT selbst gehalten / in dem er zu dem
gefallenen Menschen gesprochen: Deß Weibes
Weils aber schwer würde fallen / den HErrn Messiam in aller Welt vnter allen
Völckern zu suchen / hat Gott / nach dem die Menschen sich begunten zu vermehren
/ sich an ein gewisses Volck verbunden / vnd Abraham solche Verheissung gegeben:
In deinem. 23. 2.
Eben dieser / auff welchen alle Propheten weisen / ist JEsus von Nazareth / der Gecreutzigte / der wieder von Todten erstanden ist. Welches sich also befindet / wann man alle Weissagung von dem HErrn Messia hält gegen das Leben vnsers JEsus. Die Summa der Prophetischen Lehre ist / daß Gott wolt seinen Sohn senden / vnnd denselben lassen Mensch werden auß dem Samen Abrahams; derselbe solte leyden vnnd sterben für die Sünde der Menschen / vnd hernachmals erhaben werden / vnnd also dem höllischen Feind sein Reich zerstören. Das alles ist in vnserm JEsu erfüllet.
Wann nun Petrus saget / daß von diesem JEsu / der getödtet / vnd wie der vom Todte aufferstanden ist / alle Propheten zeugen / wie durch seinen Namen / alle die an jhn glauben / Vergebung der Sünden empfahen sollen; bethewret er / daß Jesus der Gecreutziget / vnd wieder aufferstanden ist / sey der wahre Messias vnd Gesalbter Gottes / ein Erlöser aller Menschen. Auff jhn haben gesehen / alle die auffs Reich Gottes vor seiner Zukunfft gewartet haben; auff jhn sehen wir auch. Hie ist ein Himmel / eine Seligkeit / ein Weg zum ewigen Leben / ein Christus / ein Glaube. Wie vnd wodurch die Altvätter seynd selig worden / also vnd durch denselben hoffen wir auch selig zu werden. Da ist kein Vnderscheid / ohn allein / daß sie gesehen haben / auff den Gesalbten deß HERRN / von GOtt verheissen / der kommen solte; wir sehen auff denselbigen Gesalbten / doch aber als auff einen / der schon gekommen ist. Alle Glaubige vnd alle Heyligen stimmen auff Christum.
Dieser einträchtiger consens bekräfftiget vns sehr. Dann leicht geräth ein Christ auff wunderliche Gedancken / wann man die Niedrigkeit vnnd Schmach Christi betrachtet; was solt vns da anders stärcken / als daß viel hundert Jahr zuvor GOtt vnnd die Propheten verheissen haben / durch solch einen verschmäheten Messiam / deß Teuffels Reich zu zerstören / vnd sein Reich in vns anzurichten.
So ist vns nun in dem Todt vnd Aufferstehung JEsu Christi erweckt / der darff
sagen; mir ist kundt gethan der Weg zum Leben. Was ist das für ein Weg? Wun
derbarlich; das Leben suchet er im Todt. Wann er das Leben will finden / stürtzt
er sich in den Rachen deß Todts. Weil er aber vom Todt nicht köndte gehalten
werden / als der mächtiger ist als Höll vnd Todt / ist er wieder lebendig herfür
kommen / vnd ist dem Todt ein Gifft / vnd der Höllen ein Pestilentz geworden /
vnd hat Leben vnnd vnvergänglich Wesen herfür gebracht. Er lebt / vnud wir seine
Glieder / müssen auch leben. Der Stein / den die Bawleuthe verworffen / ist zum
Eckstein worden. Wie geweissaget ist im 118. Psalm. Die
Wer nun ein guter Osterschuler seyn will / der befleissige sich / daß er diesen
Schatz finde / vnd dessen zu seinem Heyl gebrauche. sch aufferstanden ist. Sie
weiß / daß die Sünde durch den Todt Christi bezahlet / vn durch
sein Aufferstehen / Vnschuld vnd ewiges Lebe widergebracht ist.
Damit tröstet sich die glaubige Seele / vnd wan sie zerschlagen
ist / laufft sie zum HErrn / mit solcher Hoffnung / er werde sie wieder heilen.
Wolan alle die jhr zerschlagene Hertzen habet / sprecht auch: Kompt / wir wollen
zum HErrn / der vns verwundet / wird vns wieder heilen / der vns getödtet / wird
vns wieder lebendig machen.
Suchet / meine Lieben / suchet / nicht die Welt / noch was in der Welt ist /
sondern der Seelenschatz Jesum / in welchem jhr könnet selig werden. Suchet jhn
/ dann darumb ist er auch fürgetragen. Christus / durchwandelt auch vnsere
Grentzen / vnd läßt predigen. Vnselige Leute weren wir / wann er vns nicht
fürgetragen
Nehmen wir jhn an / werden wir keinen Schaden von jhm
Ein hartes ist / was vom Messia auffgezeichnet ist im fünfften
Was sollen wir dann thun? Zu erst bemühe dich / daß du den
Zum andern / wann du den Schatz kennest / nimb jhn an / vnd gebrauch jhn dazu /
wozu er dir gegeben wird. Nimb jhn aber an / mit zerbrochnem Hertzen. Dann auff
andere weiß will er nicht angenommen seyn. Die Starcken bedürffen deß Artzten
nicht / sondern die Schwachen. Bey schwachen vnd zerbrochenen Hertzen will er
sich finden lassen / da findet er eine feine bequemliche Werckstatt / da kan der
Evangelische Trost seine Krafft üben. Bey seiner Aufferstehung hat er angezeyget
/ wie er den betrübten Sündern
Zum dritten vnd letzten / wandele fürsichtig / vund hüte dich /
Nun lieber HERR JEsu Christe / du hast schon das grösseste gethan / vnnd vns mit
deinem Blute erlöset: Verschaffe nun
V. 26. IHr Männer / Lieben Brüder / jhr Kinder deß Geschlechts Abraham / vnd die vnter euch GOTT förchten / euch ist das Wort dieses Heyls gesandt.
V. 27. Dann die zu Jerusalem wohnen / vnd jhre Obersten / dieweil sie diesen nicht kenneten / noch die Stimme der Propheten / (welche auff alle Sabbather gelesen werden) haben sie dieselbigen mit jhrem Vrtheilen erfüllet.
V. 28. Vnnd wiewol sie kein Vrsache deß Todtes an jhm funden / baten sie doch Pilatum jhn zu tödten.
V. 29. Vnnd als sie alles vollendet hatten / was von jhm geschrieben ist / nahmen sie jhn von dem Holtz / vnd legten jhn in ein Grab.
V. 30. Aber Gott hat jn aufferweckt von den Todten.
V. 31. Vnnd ist erschienen viel Tage / denen / die mit jhm hinauff von Galileagen Jerusalem gegangen waren / welche sind seine Zeugen an das Volck.
V. 32. Vnnd wir auch / verkündigen euch die Verheissung die zu vnsern Vättern geschehen ist.
V. 33. Daß dieselbige GOtt vns / jhren Kindern erfüllet hat / in dem / daß er JEsum aufferwecket hat. Wie dann im andern Psalm geschrieben stehet: Du bist mein Sohn / heute hab ich dich gezeuget.
V. 34. Daß er jhn aber hat von den Todten aufferwecket / daß er fort nicht mehr soll verwesen / spricht er also: Ich will euch die Gnade David verheissen / trewlich halten.
V. 35. Darumb spricht er auch am andern Orth: Du wirst es nicht zugeben / daß dein Heyliger die Verwesung sehe.
V. 36. Dan David / da er zu seiner Zeit gedienet hatte dem Willen
Gottes / ist er entschlaffen / vnnd zu seinen Vättern gethan / vnd hat die
Verwesung gesehen.
V. 37. Den aber Gott aufferwecket hat / der hat die Verwesung nicht gesehen.
V. 38. So sey es nun euch kundt / lieben Brüder / daß euch verkündiget wirdt Vergebung der Sünden / durch diesen / vnd von dem allen / durch welches jhr nicht köntet im Gesetz Mosi gerecht werden.
DA Paulus vnd Barnabas von der Christlichen Gemeine der Hauptstatt in Syrien Antiochia abgefertiget waren / zu tragen den Namen Christi für die Heyden / seynd sie in jhrer Pilgerschafft auch gelanget biß Antiochia im Lande Pisidia; allda sie jhrer Gewohnheit nach am Sabbath sich in der Juden-Schul bey der Versamblung finden lassen. Nach dem aber die Obristen der Schul / nach gewohnlicher Lection deß Gesetzes vnd der Propheten zu jhnen / als frembden Leuthen gesandt / vnd jhnen sagen lassen, daß wo sie eine Ermahnungsrede an das Volck hätten / sie es ansagten: Ist auffgestanden der außerwöhlte Rüstzeug Gottes Paulus; vnnd hat / nach dem er mit Handwincken ein Zeichen gegeben / daß er reden wolte / eine Vermahnungs Predigt für die Gemeine gehalten, auß welcher die Worte der heutigen Lection genommen seynd.
In dieser Predigt nimpt er jhm für / der Gemeine zuverkündigen ein Wort deß Heyls
/ vnnd jhnen fürzutragen Christum der gestorben / / vnnd wieder von den Todten
erstanden ist. Dieweil es aber in den Ohren desselben Volckes würde hart
geklungen haben / wann er gleich also angefangen: Es ist ein Mann auffgestanden
von dem Geschlecht David / JEsus von Nazareth / denselben haben ewre Elteste
vnnd Hohepriester zu Jerusalem gecreutziget / aber er ist wieder von den Todten
aufferstanden / darumb solt jhr jhn für ewren Messias annehmen / vnnd an jhn als
an den Sohn Gottes glauben / auff daß euch ewre Sünde vergeben werden. Dan das hät bey vielen würden solche Gedancken er wecken; was bringt
vns der Kerl für eine newe Religion? Welcher vnter vns hat jemals in vnser
Schulen eine solche Lehr geführet; daß wir durch einen auffgehängten vnnd
geereutzigten Menschen sollen selig werden? Darumb fängt der Apostel als ein
kluger Meister seine Predigt an / von alten vnnd jhnen bekandten Geschichten;
von der
Das war aber die Hoheit / vnd der Vorzug deß Jüdischen Volcks / daß Gott ihm
erwöhlet hatte Jacob zu eim Erbtheil / Juda zu eim Eigenthumb. Diesem Volck
offenbaret er sich / diesem Volck sandte er Propheten vnd Lehrer / diesem Volck
verkündigte er seinen Willen. So that er keinem Volck auff dem gantzen Erdboden;
sondern ließ sie gehen / nach jhres Hertzen duncken / in dicker Finsternuß. In
Israel aber hat er ein Liecht angezündet. Diß war eine Policey / welche GOtt
sonderlich angeordnet / vnnd für allen Nationen zu seinem Dienst erwöhlet hatte.
Der Gott
Diß ist nicht genug; es ist dem Jüdischen Volck vergönnet noch eine höhere
Eminentz: Nemblich daß auß jhnen entsprung / vnnd herfür gienge derselbige /
welcher aller Welt Heyland ist. Hierumb endet Paulus in dieser seiner Predigt /
die Erzehlung der alten Geschichten mit der Gedächtnuß deß Königs Davids / als
welchem zuletzte vornemblich die Verheissung vom Messia
Hierauff schreitet er zum dritten Stuck / darinnen die Juden einen Vorzug für andern Völckern hatten / nemblich / daß jhnen zu erst die Predigt von Christo angetragen werde. Euch ist das Wort dieses Heyls gesandt. Vnnd hat also durch Erinnerung der vorigen Hoheiten sie auffgemuntert / zur willigen Annehmung deß Worts von dem gecreutzigten Christo. Dann wie höher sie GOtt geehret hat / in dem er sie für allen Völckern der Erden zu seinem Volck erwecket hat / vnd den Heyland der Welt auß jhrem Samen lassen geboren werden / je grösser wurde die Sünde seyn; so sie denselben Heyland nicht wolten annehmen.
Die Hauptsumma der vbrigen Rede in der Predigt Pauli ist: Daß er jhnen verkündige ein Wort deß Heyls / das Evangelium von Jesu; daß in jhm erfüllet sey / dasselbe / worauff die Vätter gehoffet haben. Dann es will Paulus gleichsam so viel sagen: Das Evangelium von dem gecreutzigten / vnd vom Todt aufferstandenen Christo / welches ich euch verkündige / ist ein Wort deß Heyls / darinnen wir finden Vergebung der Sünden / vnd die himlische Gerechtigkeit. Ist also diese Osterpredigt Pauli im Grunde eines Einhalts / mit der Osterpredigt Petri / die er im Hause Cornelij gehalten. Derwegen wir hie abermal das Wort deß Heyls in Christo zubetrachten haben.
Wer wissen will / was diese Predigt Pauli / für Trost in den Hertzen seiner
Zuhörer erwecken solte / der bilde jhm ein / wie er für dem gestrengen Gerichte
Gottes / zu der ewigen höllischen Flammen verdammet sey. Was nun ist einem
verurtheilten Sünder / der jetzo soll zum Todte geführet werden / die fröliche
Bottschafft
DAS Vorhaben deß Apostels Pauli / wie angedeutet / ist /dit nobis
proponi salutem.
Was hat es aber für eine Beschaffenheit mit diesem Heyl? explicat, ubi 1. Salutis
surculus.
Was dieses Heylandes Person antrifft / davon hat er schon vor gesaget / daß er
gezeuget sey auß dem Samen Davids / nach der Verheissung / vnd also kein blosser
Mensch / sondern zugleich der wahre GOTT, den auß den Verheissungen kan man
erkennen / vnnd wird darunder von dem Apostel bewiesen / daß der Messias nicht
allein solt seyn eines Menschen Sohn / sondern auch der wahre lebendiger GOttes
Sohn. Daß aber an der Person kein Irrthumb were / hat sich Paulus gebrauchet deß
Zeugnuß / spricht er / vnd jhre Obristen / dieweil sie
diesen nicht kenneten / noch die Stimme der Propheten / (welche auff alle
Sabbather gelesen werden haben sie dieselbigen mit jhrem vrtheilen erfüllet. Vnd
wiewol sie keine Vrsach deß Todtes an ihm funden / baten sie doch Pilatum jhn zu
tödten. Vnd als sie alles vollendet hatten / was von ihm geschrieben ist / namen
sie ihn von dem Holtz / vnnd legten ihn in ein Grab.
Allhie zu mercken 1. die Anstifftung der Creutzigung Christi; haters auch also geschehen lassen vnd beschlossen vnnd verkündiget. Vnnd
daher kommen die Weissagungen von dem Leyden Christi / so in den Propheten
verzeichnet seyn. Wann nun gesaget wird / daß die zu Jerusalem wohnen / vnd ihre
Obristen mit ihrem Vrtheil erfüllet haben die Stimme der Propheten / dieweil sie
diesen Jesum nicht kenneten; wird dadurch nicht Gott / vnd seinen Propheceyungen
beygemessen / als wann dardurch die Juden zu solcher Boßheit veranlassiget vnnd
verurtheilet weren; also daß sie
Das ander daß bey dem Todte Christi hie angezeichnet wird / ist die Vnschuld
Christi / davon der Apostel also saget: Wiewol sie keine Vrsach deß Todtes an
ihm funden / baten sie doch Pilatum ihn zu tödten. Christus der Sohn GOttes /
ist ja wol in der Warheit in seinem Leyden gewesen ein Sünder aller Sünder / der
allergrössester Sünder / welcher je in die Welt kommen war; vnd ward ein Fluch
für Gott vnd den Menschen; aber das alles war er für vns / vnd so ferne er sich
an vnsere statt dahin
Das dritte / daß vom Leyden Christi hie angezeichnet wird /
Fürs vierdte wird gemeldet / daß sie jhn vom Holtz genommen
Folgendes / bezeuget der Apostel von Christo / als dem Grund
Hernach bezeuget Paulus / dz durch die Aufferstehung Christi / die Verheissung
den Vättern geschehe / jhr Erfüllung erlangethabe;
Es erklärts der Apostel Paulus in Exempeln / vnnd ziehet
Zum andern ziehet Paulus zween Sprüche an von der Aufferstehung selbsten / vnd
spricht; Daß er jhn aber hat von den
Mit dieser Rede hat Paulus wollen zuvor kommen dem Ergernuß der Juden; als were diese Predigte von Christo eine newe Lehr; welches der Apostel hie wiederleget / da er gleichsamb sagen will: Ihr sollet nicht meynen / daß dieses was von Christo ich euch gesaget habe / was newes sey; es ist alles zuvor den Vättern verheissen worden / vnd vns jhren Kindern erfüllet / in dem er Jesum aufferwecket hat.
Biß hieher hat der Apostel seinen Zuhörern / das Gewächs deß Heyls / den Stam vnd Fundament vnsers Heyls / das ist Christum in seinem Leyden
vnd Aufferstehung fürgebildet / folgendes zeyget er jhnen auch die Frucht dieses
Heyls: Wann er saget:
Diß ist die kurtze vnnd einfaltige Wiederholung der Vermahnungs Predigt Pauli /
darinnen er seinen Zuhörern bezeuget /
Meine Liebsten / eben diß Wort dieses Heyls / wird auch euch fürgetragen; Euch ist in verwichnen Tagen JEsus Christus für die Augen gemahlet / als das Lamb Gottes / welches vmb der Welt Sünde willen geschlachtet ist. Euch ist JEsus Christus für die Augen gemahlet / als ein Siegesfürst / welcher von den Todten aufferstanden ist. Wozu ist euch das verkündiget? Wie habt jhr das sollen annehmen? Ihr habt es ja billich sollen annehmen als ein Wort deß Heyls.
Ein jeglicher betrachte bey jhm selber / wie er Ostern gehalten / vnd wie er das
Osterlämblein angenommen / ob er zur Erkäntnuß der Sünde gekommen / ob das Blut
Christi sein Hertz erweichet / ob er auch so viel von dem Osterlämblein gessen /
daß er satt geworden. Wer sich versaumet hat / dem sey kundt gethan / er habe
noch Zeit. Vnsere Ostern endigen sich nicht / wir können allezeit Ostern halten
/ dann wir haben ein stätswerendes Osterlamb / wir ja bißher
versäumet dz Heyl in Christo recht zugebrauchin / laßts vns nicht länger
versaumen. Ist diß Wort deß Heyls auch vns gesandt / so laßt es vns auch mit
Frewden auffnehmen.
Nempt es auff 1. mit ewrem Verstandt vnnd Gedächtnuß / daß jhr es lernet
verstehen vnnd bedencken. Was für Vnwissenheit vnter dem gemeinen Mann in
Glaubenssachen zu finden / ist bekandt / vnd ist zubeklagen. Was meynen wir /
wie viel in vorigen Jahren in der Angstzeit dahin gefahren ohn Trost jhrer
Seelen /
Nicht sage ich allein / jhr solt diß Wort deß Heyls lernen / sondern jhr solt es
lernen vnd betrachten: Wie Paulus seinen Timotheum vermahnet: Halt stäts in
Gedächtnuß JEsum
Weiter lasset vns das Wort dieses Heyls auffnehmen mit dem Hertzen / daß wir
demselben trawen / vnd vns darauff gäntzlich verlassen. Kompt nun der Teuffel /
vnd hält dir für; Sihe du bist ein Sünder / vnd kanst nicht selig werden: So
solstu jhm antworten: Hastu anders nichts an mir Sathan / ohn daß ich ein Sünder
sey / so hastu nichts an mir. Christus ist noch wol ein grosser Sünder gewesen
als ich bin / denn er hat nicht allein meine / sondern der gantzen Welt Sünde
getragen / vnd ist ein Fluch geworden für mich: Hastu nun etwas zu fordern von
wegen meiner Sünde / so mache dich zu Christo / der wird dir richtige
Rechenschafft geben. Warhafftig OMensch / du thust Christo JEsu vnrecht / wann
du in deinen Sünden verzagest / vnnd nicht glauben wilt / daß das thewre
Verdienst deß Sohns GOttes nicht solte so viel werth seyn / daß es für dein
Lumpenschulde bezahlen köndte. So verlasset euch nun festiglich auff das Wort
deß Heyls / von dem Todt vnnd Aufferstehung Christi / dann da findet jhr Trost
für ewere Seelen / da findet jhr Vergebung der Sünden / da findet jhr
Gerechtigkeit / da findet jhr das ewige Leben. Christus ist das rechte
Endlich 3. lasset vns das Wort dieses Heyls annehmen mit
Mit der sündlichen Lust vnnd Ergetzligkeit / hat das Wort deß Heyls keine
Gemeinschafft / das ist / wo ein Mensch noch Lust hat an der Sünden / da hat das
Heyl Christi kein Raum noch Statt. Dann wo dieses Heyl / das ist Christus
selbsten / auffgenommen wird / da wird auch der geist Christi angenommen. Wo
aber der geist Christi nicht ist / da ist Christus auch nicht. Wo ein Mensch in
seinem Thun sich nicht so finden lässet / daß man sagen kan: In diesem Menschen
lebet Christus warhafftig / da ist das Wort deß Heyls noch nicht recht
auffgenommen. Vnd sollen wir nur nicht gedencken / daß diß dem zuwieder / was
vor gesaget ist: gegen dem Verdienst Christi nichts zu rechnen seyn; daß
man in denselben nicht verzagen soll / sondern sich nur bloß auff das Verdienste
Christi verlassen. Jetzo aber werden solche Wort geredet / dadurch man leicht in
Verzagung gerathen möchte. Ja freylich / wer zu Christo sich nahet / vnnd sich
einen Christen nennet / mit dieser Meynung / daß er wolle bleiben derselbige
Sünder / welcher er vor gewesen ist / dem ist es besser daß er verzage / als daß
er sich tröste: Vnd ist kein Wunder / den da ist das Wort deß
Heyls noch nicht auffgenommen. Befindestu aber daß dein Gewissen auffwachet /
vnnd fängest an zu spüren eine Ruhe vber dein sündliches Leben / alsdenn ist es
Zeit daß du dich auff richtest mit dem Worte dieses Heyls. Da kompt dann niemand
zu spat / der Brunn deß Heyls steht jmmerdar offen. Aber hüte dich / daß nicht
ein Belial Stuck dahinden sey / es ist gefährlich auff credit hie mit GOtt zu
handeln. Dann wo hastu die Verheissung / daß das Wort des Heyls / so dir heut
angetragen wird / auch morgen dich wieder besuchen werde? An Exempeln mangelt es
nicht. So nemt nun das Wort dieses Heils also auff / daß jhr ableget alles was
demselben zuwieder ist.
Was anlanget das frembde Gut / als da seynd die Güter der Welt / Ehr / Gewalt / Reichthumb / so ist das best / daß dargegen ein Christliches Hertz also geschicket sey / daß er bereyt sey nach dem Willen GOttes es zu empfangen vnd zubesitzen / vnnd auch gern vnd williglich zuentperen. Das erste Gut ist das wahre Gut / das ist das Wort des Heyls / dahin sollen alle vnsere Begierde gerichtet seyn.
So nemet nun auff das Wort deß Heyls / von dem gecreutzigten vnd aufferstandenen
Christo mit ewerm Verstandt vnnd Gedächtnuß / daß jhr es verstehet vnd offt
betrachtet: Nempt es auff mit ewern Hertzen / daß jhr darauff bawet vnd trawet
im Leben vnd im Sterben: Nempt es an mit ewern Begierden / daß sie nur
Solle ich Motiven hinzu setzen? Womit solt ich meynen. 14, 16. Rom. 1.
21.
Dieses ist ja mächtig genug / es gefället dennoch Paulo seine Predigt noch mit
einer andern Motiv zu schliessen: Sehet nun zu / daß nicht vber euch komme / daß
in den Propheten schwer / daß sie es nicht glauben können. Darumb sage
ich / wollen wir nicht / daß vns GOtt solle verwerffen / so lasset vns auch
nicht das Wort deß Heyls verwerffen. Der du das Wort deß Heyls bey deinen
gesunden Tagen wenig in acht nimbst / wisse / GOtt ist langmütig / GOtt ist auch
gerecht: Er kan dir den Trost deß Heyls leichtlich entziehen / solte es auch
seyn in dem letzten Todtes-Kampff.
So haltet nun in Gedächtnuß JEsum Christum / der für euch gestorben / vnd wieder
von den Todten aufferstanden ist; nemmet an das Wort dieses Heyls / vnd haltet
euch daran / so werdet jhr auch desselben Heyls geniessen ewiglich. Das gebe
GOTT vnser Heyland. Amen.
V. 4. LIeben Brüder / alles was von GOTT geboren ist / vberwindet die Welt / vnnd vnser Glaub ist der Sieg der die Welt vberwunden hat.
V. 5. Wer ist aber der die Welt vberwindet / ohn der da glaubet / daß JEsus Gottes Sohn ist?
V. 6. Dieser ists / der da kommet mit Wasser vnnd Blut / JEsus Christus / nicht mit Wasser allein / sondern mit Wasser vnd Blut. Vnd der Geist ists / der da zeuget / daß Geist Warheit ist.
V. 7. Dann drey seynd / die da zeugen im Himmel: Der Vatter / das Wort / vnd der heilig Geist / vnd diese drey sind eines. Vnnd drey sind die da zeugen auff Erden / der Geist / vnd das Wasser / vnd das Blut.
V. 8. Vnd die drey sind beysammen.
V. 9. So wir der Menschen Zeugnuß annemmen / so ist Gottes Zeugnüß grösser. Dann Gottes Zeugnüß ist das / daß er gezeuget hat von seinem Sohn.
V. 10. Wer da glaubet an den Sohn Gottes / der hat solches Zeugnuß bey jhm.
GOttes Ordnung ists / daß in zweyer oder dreyer Zeugen
Wie nun im weltlichen Gericht GOtt geordnet hat / daß
Es ist zwar nicht so gar leicht in Glaubens achen / auch wieder sinnen vnnd empfinden / allein auff Zeugnussen sich gründen; aber doch sollen wir wissen / daß das Zeugnüß / darauff der Glaube sich gründet / Göttlich ist / in weltlichen Sachen mag man leicht ein Argwohn fassen vber ein Zeugnuß / vnd zweiffeln obs wahr sey oder falsch. Aber im Göttlichen Zeugnuß hat Argwohn vnnd Zweiffel keinen Raum / alldieweil vnmüglich daß GOtt lügen könne.
Ist also vnd bleibt das Göttliche Zeugnuß der Grund vnsers Glaubens. Davon prediget auch der liebreiche Johannes in heutiger Lection. Wir bedörffen der Göttlichen Zeugnussen auff zweyerley Weise / erstlich dar zu daß wir wissen / daß der Glaub der in Christo JEsu die Seligkeit sucht / nicht in Fabelwerck beruhe / sondern in Warheit; Zum andern / bedarff ein jeglicher absonderlich eines Göttlichen Zeugnuß / daß er weiß / sein Glaub in Christum seye kein blosser Mundglaube vnnd Heucheley / sondern ein warhafftiger lebendiger Glaube. Beyderley Zeugnussen setzet Johannes / vnd preiset damit den rechtschaffnen Glauben in Christum JEsum.
Damit ist vns allen gedienet / wir müssen alle vnsers Glaubens gewiß seyn / dann
es betrifft nicht ein zeitliches / sondern ein ewiges Gut. Vormals ist diese
Zeit nach Ostern sonderbarlich geheiliget worden / in dem man dieseibe / die
newlich auß der Heydenschafft zum Glauben bekehret waren / zur Heiligen Tauff
ES ist eine grosse Hoheit deß Glaubens / daß er vns kan zu
Diese newe vnd geistliche Geburt geschicht in vnd durch den Glauben / wer glaubet
/ der ist von GOTT gebohren. Das thut nicht ein jeglicher Glaub. Dann es seynd
mancherley Glauben / Türcken vnd Heyden haben auch einen Glauben. So glauben
auch die Teuffel. Was ists dann für ein Glaube / der vns zu Gottes Kinder
machet? Johannes beschreibet jhn: Wer da glaubet / daß JEsus sey der Christ /
der ist von GOtt geboren. In diesem Glauben wird gefordert 1 ein Bekantnuß / daß
man erkenne vnnd bekenne / wie der gecreutzigter JEsus von Nazareth / sey der
von Gott versprochner Heyland der Welt / der wahre Sohn GOttes / von GOtt in
diese Welt gesandt / daß er durch sein Verdienst vns von Sünd vnnd Todt zur
gnaden Gottes / vnnd ewigen Leben verhelffe. 2. Ein hertzlich Verlangen zu Gott
durch diesen Christum / daß er werde Sünde vergeben / vnd selig machen. Diß ist
der Glaube der GOttes Kinder macht. Wie Johannes nicht allein hie in seiner
Epistel / sondern auch im
Hie müssen wir zweyerley versichert seyn. Erstlich / daß das Erkantnuß von Christo nicht sey Fabelwerck / sondern Warheit. Zum andern / daß mein Glaub nicht ein heuchlischer Glaube sey / sondern ein warhafftiger vnnd lebendiger Glaube. In beyden Stücken versichert vns Johannes.
Zu erst setzet er etliche Kennzeichen / dabey Christen mercken
hypocaritica. 1. Dilectio, V. 1.
Das Kennzeichen darbey wir mercken / daß vnsere Liebe gegen dem Nächsten rechter
Art ist / ist die Liebe zu GOTT. Daran erkennen wir / spricht Johannes / daß wir
Gottes
Da findet sich das ander Kennezeichen deß lebendigen
Das duncket aber manchen schwer seyn / GOttes Gebott halten. Aber Johannes saget:
Seine Gebott sind nicht schwer. Dann wann die Seele auß Gott geboren ist / vnd
Gott als jhren Vatter hertzlich liebet / so ist da kein Zwang / sondern ein
freywilliger Geist. Machen wir schon alles nicht so gut / als es nach dem Gesetz
wol seyn solte / kompt solches nicht zur Rechnung / darumb daß wir seyn in der
Gnade JEsu Christi. Auff solche Weise ists nicht schwer GOttes Gebott halten /
sondern nur eine Lust.
Da findet sich das dritte Kennzeichen deß rechtschaffenen lebendigen Glaubens /
der Sieg vber die Welt. Alles was von GOTT geboren ist / vberwindet die Welt /
vnnd vnser Glaube ist der Sieg / der die Welt vberwunden hat. Wer ist aber / der
die Welt vberwindet / ohne der da glaubet / daß JEsus Gottes Sohn ist. Da stehet
dreyerley / vnnd ist doch nur einerley Meynung; nemblich: Der Glaube vberwindet
die Welt. Es ist aber für fleischlichen Menschen vnverständlich geredet; eben so
wol als daß ein glaubiger Mensch auß Gott geboren ist. Solte man das einem armen
vngeachten Christen zutrawen? Sollen die stärcker seyn / als die Könige / vnnd
alle Gewaltige auff Erden? Welcher Potentat hat jemalen die Welt vberwinden
können? Johanes führet eine Sprach / die Christen allein
verstehen / dz man sie aber verstehe / muß man dreyerley
Die Welt / oder die Creaturen Gottes in der Welt / werden auff zweyerley Weise
betrachtet. Erstlich nach jhrem Wesen / wie sie seyn ein Geschöpff deß gütigen
Gottes. Auff solche Weise seyn sie gut / dem Mensch zu Dienst erschaffen.
Hernach fürs ander werden sie betrachtet / als ein Werckzeug deß Sathans vnd der
Versicherung. Auff solche Weise wird die Welt in H. Schrifft für böß vnnd
schädlich geachtet. Vnnd für ein vnauffhörlichen Feind aller Christen. In
solcher Meynung schreibt auch Johannes: Habt nicht lieb die Welt / noch was in
der Welt ist /
Was ists dann / die Welt vberwinden? Nichts anders als die die Welt mit jhrem
Locken vnd Schrecken verachten / sampt dem Vrtheil der Weltkinder / vnd vnsers
eignen Fleisches. Wann
Woher kompt aber diese Krafft? Auß dem Glauben. Wo Glaub ist / da ist Sieg vber
die Welt. Wo aber kein Glaub ist / da kan man nit siege. Dann wer
ist der die Welt vberwindet /
Hingegen sage ich euch; wo kein Glaube ist / da kan man die Welt nicht
vberwinden. Wer ist der die Welt vberwindet / ohn der da glaubt daß JEsus GOttes
Sohn ist. Die natürliche Geburt kan hiezu keine Kraffte geben / sondern sie
verbindet vns vielmehr mit der Welt. So gehöret auch hiezu nicht weltliche Kunst
/ sondern viel eine höhere Krafft. Dann ob zwar vnter Heyden ehrbare Leuthe
gefunden / die sich haben enthalten von eusserlichen Lastern / so ist doch das
Hertz inwendig voller Welt gewesen / vnd hat niemand vnter jhnen sich selbs
verläugnet / vnd Gott alleine auffgeopffert.
Daß wir aber wieder zum Zweck kommen / so erkennen wir / daß drey Eigenschafften deß Glaubens von Johanne gesetzet seyn / nemblich Liebe / Gehorsamb vnd Sieg; auß welchen / als vnfehlbaren Zeichen ein jeglicher schliessen kan vnd soll / ob sein Glaub rechter Art sey / oder ob es nur ein heuchlischer Mundglaube sey.
Besihe nun auch / was für Zeugnussen der Apostel einführet / zur Gewißheit
vnserer Bekantnuß von Christo / daß wir wissen / es sey nicht Lügen vnnd
Fabelwerck / wann wir predigen vnd glauben / daß Jesus der geereutzigter Gottes
Sohn sey / der Christ / wer den Sohn Gottes nicht hat / der hat das Leben
nicht. Hierüber muß ich ein gewisses Zeugnuß haben. Der Apostel Johannes stellet
vns sechs Zeugen für / drey im Himmel / vnd drey auff Erden / vnd spricht:
Dieser ists / der da kompt mit Wasser vnd Blut /
Wir wollen von oben anfangen: Drey sind die da zeugen
Lasset vns auch hören die drey Zeugen auff Erden. Dann JEsus ist der Christ / der
da kompt mit Wasser vnnd Blut / nicht mit Wasser alleine / sondern mit Wasser
So sey nun der erste Zeuge auff Erden / das Wasser. Hie mustu nachfragen: Was ist
das für ein Wasser / dadurch Christus zu vns kompt / vnnd was das Leben bringet?
In der gantzen weiten Welt werden wir kein anders finden / als das Wasser der
heiligen Tauffe. Dann dieses ist ein Wasser deß Lebens / der Wiedergeburt / vnd
der Ernewerung im heiligen Geist / vnd wie Petrus lehret / machets vns selig /
vnnd ist nicht das abthun deß Vnflats
Der ander Zeuge ist das Blut. Da mustu abermal nachfragen: Was ist das für Blut /
dadurch Christus zu vns kompt / vnd vns das Leben bringet? Gewißlich ists kein
Bocks oder Kälberblut / sondern das Blut deß Sohns Gottes / für vnsere Sünde
vergossen. Die Vergiessung dieses Blutes / war zur Wiederbringung deß Lebens
nothwendig / darumb hie nicht allein gesaget wird: Er kompt durch Wasser vnd
Blut; sondern mercklich wiederholet wirdt: Nicht mit Wasser alleine / sondern
mit en kan durch Wasser alleine / daß ist
allein durch Reinigung ohn Blut, sondern wir müssen zuvor versöhnet seyn durch
Blut / nicht der Böcke noch Kälber / sondern durch GOttes Blut. Beydes
gebrauchet Christus.
Wo aber zeuget das Blut Christi auff Erden von dem Leben / daß wir in Christo haben? Gleich wie das Wasser zeuget in dem Sacrament der Tauff / also zeuget das Blut im heiligen Abendmal / als im Sacrament deß Leibes vnd Blutes Jesu Christi. Ob ichs wol daselbst nicht sehe / mit den leiblichen Augen / wie ich Wasser sehe / bey der heiligen Tauffe / so sehe ich es doch vnter dem leiblichen Element mit den Augen deß Glaubens / in dem ich höre diese Wort: Diß ist das Blut deß newen Testaments / dieser Kelch ist das newe Testament / in vnnd von wegen meines Blutes / das für euch vergossen wirdt / zur Vergebung der Sünden. In dem nun Christi Blut im heiligen Abendmahl / vermittelst deß Weins getruncken wirdt / zeuget es von dem Leben das wir in Christo haben. Dann so durch dasselbe Blut die Sünde versöhnet ist / so habe ich ja in dem Versöhner / der das Blut vergossen / das ewige Leben.
Der dritte Zeuge auf Erden / ist der Geist / daß ist die Krafft deß Wortes / so
wol wann es gepredigt / als wann es im Glauben angenommen wird. Da ist ein
zwyfacher Geist / vnd doch nur ein einiger Geist. Wann das Wort gepredigt wird /
so ist dabey die Krafft deß heiligen Geistes; wann es angenommen wird / so ist
aber solches nur eine Krafft deß heiligen Geistes in vns. Da ist eins hinwie der / der Geist im Wort bezeuget daß
der Geist vnsers Gemütes nicht bestehe in einem eitelen Wahn / sondern auff eine
Warheit. Alle Gewißheit aber so wol im Wort als im Glauben kompt von einem
heiligen Geist / welcher Zeugnuß gibt vnserm
Diese drey zeugen auff Erden / das Wort vnd beyde Sacramenten stimmen vberein. Von den zeugen im Himmel spricht Johannes: Sie seyn eins / denn sie kommen nicht allein im Zeugnuß vberein / sondern seynd auch eines Wesens. Die zeugen auff Erden / seynd dem Wesen nach vnderschieden / im Gebrauch aber vnd im Zeugnuß kommen sie vber ein / in dem sie alle dahin gehen / daß der Glaube / der das Leben in Christo JEsu suchet / fest stehe.
Da haben wir von Christo / das Zeugnuß dreyer Zeugen / so
Kürtzlich die Meynung dieser Lection zu wiederholen / so will Johannes so viel sagen: Sehet / lieben Kinder / was der Glaube thut. Er gebüret euch new / vnd macht euch zu Gottes Kinder. So solt jhr nun den Glauben nicht geringschätzig halten / als thue er kein Zeichen. Wo Glaube ist da ist Liebe / da ist Gehorsamb / da ist Sieg vber die Welt. Dabey könnet jhr euch prüfen. Gedenckt aber auch nicht / daß der auff einen vngewissen Grund bawet / der an Christum glaubet. Wir haben ein göttlich Zeugnuß / dann Gott selbst zeuget von seinem Sohn.
Da findet jr reiche Lehre von Gott / von Christo / vo ewigen
allermeist von der Gewißheit ewres Glaubens / die jhr
hoffet
So seyt nun ermahnet / daß jhr trachtet nach einer Gewißheit
Wann du also dein Hertz im Glauben verwahret hast / wird sich die Welt zu dir
nahen mit lachendem Munde / vnnd wird dir zeygen Fleisches Lust / Augenlust /
vnd hoffärtiges Leben. Da mustu dich wol fürsehen / daß du nicht eingenommen
werdest / welches nicht anders geschehen kan / als wenn du sie verachtest. Ficht
dich nun an Fleisches Lust vnd Vureinigkeit / so sihe nicht an was wieder den Herrn meinen Gott sündige. Ficht dich an
Augenlust / Reichthum / Gewinnst / vnd ein Gut in dieser Welt /
gedenck an den Reichthumb violare licet, in
caeteris pietatem colas. er achtet die
Schmach Christi für grösser Reichthumb / denn die Schätze Egypti / dann er sahe
an die Belohnung. König David hat bey des erfahren / Herrligkeit in der Welt /
vnd Lust in GOtt / wenn er aber gefraget wird / wobey jhm zum besten ist /
antwortet er im 84. Psalm. Ein Tag in deinen du es etwan GOtt zu
Ehren soltest fahren lassen / vnnd möchte dir der Kampff zu schwer fallen.
Weiter mustu dich auch darzu schicken / daß dir viel Leyd in der Welt
wiederfahre. Kan die Welt mit lachendem Munde nichts gewinnen / wird sie dich
doch anbellen. Du wirst müssen etwas leiden / es sey Dürfftigkeit / Kranckheit /
Schmach / vnnd ander Hertzenleid / daß dir den Muth nimbt vnd kleinmütig macht:
Bistu aber auß GOtt gebohren / so vberwindestu auch in diesem Stuck durch den
Glauben / vnd verschmähestes / denn wir wissen mit Paulo / daß dieser Zeit
leiden der Herrligkeit nicht werth sey /
Sihe / das muß seyn die Probe deines Glaubens / wer auß Gott geboren ist der
liebet Gott / befleissiget sich zu halten seine Gebott / vnd vberwindet die Welt
/ es gehe vns wol oder vbel darinnen; wer aber nicht vberwindet / der ist auch
nicht auß Gott gebohren. Begehrestu nun nicht die Welt zu vberwinden / magstu
wol viel rühmen von Christo vnd dem Glauben / aber dein Werck zeuget wieder dich
/ daß du nicht ein Kind Gottes seyest / auß Gott geboren. Bistu faul vnd
verdrossen die Welt zu vberwinden / so thue auch Gott nicht die Schmache an /
daß du sagest du seyst auß Gott geboren. Deuchts dir ein schwer Ding zu seyn /
in der Welt zu leben / vnd dennoch die Welt nichts achten; so bedenck / wie ein
hoch Ding es sey / auß Gott geboren seyn: Im 84. Psalm steht geschrieben:
Dem Fleisch wirds schwer fürkommen / du aber wisse / daßtaslibet machinas
adversus nos erigat Satha, quado non tenet
locum cordis, ubi fides habitat, ejectus estforas, & sut
omnia salva.
Befindestu dich also im Glauben verwahret / so sey nur deines Glaubens gewiß / O
wie reichen Trost hastu! Wie kanstu so
V. 18. IHr Knechte / seyd vnterthan mit aller Forcht den HErren / nicht allein den gütigen vnnd gelinden / sondern auch den wunderlichen.
V. 19. Dann das ist Gnade / so jemand vmb deß Gewissens willen zu GOtt / das Vbel verträgt / vnd leydet das Vnrecht.
V. 20. Dann was ist das für ein Ruhm / so jhr vmb Missethat willen Streich leidet? Aber wann jhr vmb Wolthat willen leydet vnd erduldet / da ist Gnade bey GOTT.
V. 21. Dann darzu seyd jhr beruffen / Sintemal auch Christus gelitten hat für vns / vnd ein Fürbild gelassen / daß jhr solt nach folgen seinen Fußstapffen.
V. 22. Welcher keine Sünde gethan hat / ist auch kein Betrug in seinem Munde erfunden.
V. 23. Welcher nicht wider schalt / da er gescholten ward / nicht dräwet / da er leid / Er stellet es aber dem heimb / der da recht richtet.
V. 24. Welcher vnser Sünde selbs geopffert hat an seinem Leibe / auff dem Holtz / auff daß wir der Sünde abgestorben / der Gerechtigkeit leben / durch welches Wunden jhr seyd heyl worden.
V. 25. Dann jhr waret wie die jrrende Schaafe / aber jhr seyd nun bekehret zu dem Hirten vnd Bischoffe ewer Seelen.
DIe Ordnung vnderschiedlicher Stände in der Welt zwischen obern vnd vndern ist
von GOtt. Alldieweil auch da seynd Thronen / Herrschafften / Engel / Ertzengel /
Cherubim vnd Seraphim. In der sichtbaren Welt lässet sich die Göttliche Ordnung
offenbarlich sehen in den vndersten vnnd obristen Creaturen. Im Himmel sihet man
die Sterne die halten Ordnung in jhrem Lauff / vnd sind auch vnter sich
vnderschieden / dann eine andere Klarheit hat die Sonne / ein ander Klarheit hat
der Mond / ein ander Klarheit haben die Sterne / vnd vnter den Sternen
vbertrifft ein Stern den andern nach der Klarheit. Auff Erden ist alles Fleisch
nicht einerley Fleisch / sondern ein anders Fleisch ist der Menschen / ein
anders deß Viehs / ein anders der Fische / ein anders
Nach dem Sündenfall hats nicht allein gute Ordnung erfordert
Hierumb will auch GOtt / daß man die Obrigkeit ehre / derselben gehorsamb sey /
auch derselben Schoß gebe: In vorgemeldtem 13. Cap. an die Römer: Jederman sey
vnderthan der. 13, 1. 6.
Bey dieser Göttlichen Ordnung zwischen obern vnnd vndern / finden sich zwey merckliche widerwärtige Dinge. Erstlich / will / GOTT nach Inhalt heutiger epistolischer Lection / daß fromme Christen in Vnschuld viel willig vnd gedultig leyden; vnd demnach hat er Obrigkeit verordnet zu Schutz derer die vnschuldig leyden. Zum andern / die Ordnung zwischen ober vnnd niedrigen Ständen / ist von GOtt verordnet insonderheit dazu / daß Vnschuld Schutz finde; dannoch geschichts / daß die fromme Vnschuld von niemand mehr gedruckt wird als von den Gewaltigen. Die Christenheit wird nirgends mehr geplaget als von Tyrannischer Obrigkeit; Knecht vnd Mägd müssen viel leiden von storrischen Herren.
Hie gilts Kunst zu wissen / nicht allein was man thun soll / vnter Verfolgung vnd Tyranney / sondern auch bey anderem vnrecht / daß einer bald von diesem bald von einem andern muß leiden: Da wird Weißheit erfordert / daß du dich recht zu verthädigen wissest / vnd dennoch Göttlicher Ordnung nicht wiederstrebest.
Zum Fechten / vnd zum Rechten lauffen / ist allezeit nicht sicher. Der heilige
Geist schreibet vns diesen Rath für / daß wir mit Gedult das Vbel ertragen /
vmbs Gewissens wille. Dieses ist ein gewisser Sieg / aber nicht
jederman gleiche wol üblich. Dennoch ermahnet vns der Geist Gottes / daß wir
niemand vnrecht / sondern allezeit guts thun / vnd so wir drüber leyden sollen /
NAch dem der Apostel Petrus den Knechten diese Regel fürgeschrieben:
Darinnen wird von Christen dreyerley erfordert. Erstlich / daß sie niemand
vnrecht oder böses; sondern jederman gutes thun; vnd in vnserm Beruff vnd
Geschäfften darauff sehen / daß wir thum was für GOtt recht ist. Zum andern /
daß so wir
Wann nun Pitrus ermahnet / daß wir das Vbel vertragen
Das vns aber der Geist Gottes zu solcher willigen Gedult /elreich ist jhr. Selig seyd jhr / wenn euch die Menschen
vmb meinet willen schmähen vnd verfolgen / vnnd reden allerley Vbels wieder euch
/ so sie daran liegen. Seyt frölich vnd getrost / es wird euch im Himmel wol
belohnet werden. Matth. am 5. Am selbigen Orth / gibt der el / dann er lässet seine Sonne auffgehen vber die
bösen vnd vber die guten / vnd läßt regnen vber gerechte vnd vngerechte. Das ist
nach der Sprach Petri so viel geredet: Was ist das für Gnade / so jhr gutes thut
/ denen die euch gutes thun? So jhr aber das vnrecht ertraget / vnnd gutes thut
denen die euch böses thun / das ist gnade für Gott / so seyt jhr Kinder ewers
Vatters im Himmel.
Noch mehr hält vns Petrus für vnsern Beruff: Denn dazu: V. 9. 5.
Letzlich hält vns Petrus für das Exempel vnsers Erlösers
Zu erst hat er vns ein Exempel der Gedult gegeben / vnd wie
Wie hat er dann gelitten? Zu erst leidet er vnschuldig Dann
Demnach zum andern leidet er gedultig. Er schalt nicht wieder / da er gescholten
ward / er dräwete nit / da er litte. Können wir Menschen Kinder nicht mehr /
wenn wir leiden / so fluchen vnnd dräwen wir / wenn wir schon keine grosse
Zeichen thun können. Bey Christo aber ist weder schelten noch dräwen / ob er
schon viel hätte thun können. Zu seiner Zeit / da er noch sein Predig- vnd
Lehrampt verwaltete / schalt er auch / gab den Phariseern jhren rechten Nahmen /
vnnd nennete sie Heuchler / Mörder / Schlangen vnd Otterngezücht. Dann das
vermocht sein Ampt / daß er die Boßheit entdeckte / auff daß die arme Sünder
davon möchten geheilet werden. Wie man aber sein Predigampt nicht
Thut er dann nichts dabey? ja freylich; Er stellet es dem heimb der da recht richtet. Christus muste ja leiden / litte auch gedultig vnd gerne / vnnd gedacht sich nicht zu rächen; solte er aber auch noch vber das die Boßheit jhm gefallen lassen? Seine Feinde brachten jhn ohn Schuld ans Creutz / wolten noch groß recht dazu haben / solt er solche Boßheit loben / ja dazu sagen / vnnd jhnen dancken; jhr Herren habts wol gemacht? Das kan er freylich nicht thun / thuts auch nicht. Weil er aber keinen Richter auff Erden finden kan / wendet er sich zu dem höchsten Richter / der recht richtet / vnd stellets dem heimb. Damit wünschet er nicht Rache seinen Feinden / dann er hat ja für sie gebeten: Vatter vergib jhnen / sie wissen nicht was sie thun. Der Fürst der Finsternuß hat sie also verblendet / daß sie nicht wissen noch bedencken / was sie anfangen vnd beginnen. Das heisset aber GOTT eine Sache heimb stellen / wann ich dieselbe in Gedult Gott befehl / bereyt Schmache vnnd Vnrecht bey den Menschen zu leiden / wann es anders nicht seyn kan / dennoch in guter Hoffnung / daß es GOtt wol machen werde / wie es recht ist. So verhält sich der HErr JEsus bey seinem vnschuldigen Leiden.
Diß wird vns zu einem Fürbilde fürgestellet / daß wir nach folgen seinen
Fußstapffen. Wir können ja Christo nit bescheiden thun / müssen jhm nur von
ferne folgen. Niemand vnter vns leidet gantz vnschuldig. Was wir nicht
verschuldet haben an einem Orth / das haben wir verschuldet an einem andern
Orth. Da ist kein Heyliger / wann er leidet / der nicht sagen muß: Ich will den
Zorn deß HErrn gerne tragen / dann ich habe wieder jhn gesündiget. Niemand
leidet in völliger Gedult. Wann wir alles gelitten haben / ists doch nichts
gegen das Leiden Christi / dennoch können wir das geringe Leiden mit solcher
Gedult nicht tragen / wie
Wie nun Christus vmb gutes thun gelitten hat / gedultig ohn schelten vnd murren / so sollen auch wir vnschuldig leiden / vmb gutes thun / vnd das Vbel gedultig ertragen / nicht schelten noch rache wünschen / sondern es dem heimbstellen der recht richtet. Wir müssen sagen: HErr du kennest mich / vnd weist wie ich es meyne; nun ich habe wol mehr verschuldet als diß ist / für dir bin ich nicht vnschuldig / so will ich gerne tragen / was du mir wirst aufflegen / weiß aber gewißlich dabey / du wirst meine Sache wol führen / vnd mir recht schaffen / dir befehl ichs / du bist mein Helffer. Wenn nun diß geschicht / was richten wir damit auß? Gantz viel. Dann entweder werden die Wiederwärtigen zur Erkäntnuß geführet / vnd das ist der beste Sieg; oder so sie in dem bösen Sinn halßstarrig verharren / spricht GOTT; die Rache ist mein / ich will vergelten. Vnter deß wünschen wir jhnen kem böses / sondern alles gutes / wie dann auch Christus für seine Feinde gebeten hat. Werden sie sich nicht bekehren / wird eine schwerere Rache vber sie kommen / als du wünschen kanst. GOTT führet diesen Titul / daß er recht richte.
Diß lehret vns das Exempel / dem wir schuldig seyn nachzukommen / darumb daß wir mit Christo eines Geistes seyn. Die füsse sollen den Koth nicht flichen / wenn das Haupt im Koth lieget. So der Schmach vnd Pein gelitten / der ein Glantz ist der Göttlichen Herrligkeit / was wegern wir vns / die wir Stanck vnnd Koth seyn / vnnd nichts anders dann Schmache vnnd Pein verschuldet haben?
Ist aber auch keine andere Vrsach / warumb Christus gelitten?
Nimb hie zuforderst war / die Art vnserer Erlösung: Gottes Sohn JEsus Christus
hat vnsere Sünde selbs geopffert an seinem Leibe / auff dem Holtz. Meine Sünde /
deine Sünde / vnserer aller Sünde hat er auff sich genommen. Gott der Vatter
warff vnser aller Sünde auff jhn. Esaias am
Was suchte aber Christus hiemit? Dieses wird vns hie auch gezeyget. Dann daß
Christus vnsere Sünde auff sich genommen / vnd biß ans Creutz getragen / ist zu
dem Ende geschehen / auff daß wir der Sünden abgestorben / der Gerechtigkeit
leben. Todt vnd Leben hat Christus gesucht. Den Todt der Sünden / vnd das Leben
der Gerechtigkeit / der Sünden sollen die Erlöseten abgestorben seyn; durch den
Glauben an Christum werden wir loß gesprochen von vnsern Sünden / als weren wir
Sihe / wie dein Heyland in seinem schweren Leiden nicht allein gesucht hat / daß
ein Sünder in jhm / nemblich in Christo gerecht werde / vnnd Vergebung der
Sünden er lange / sondern daß er der Sünden absterbe / vnnd der Gerechtigkeit
lebe / welches vielmehr in sich hat / als du vielleicht dir einbildest. Es gehet
aber / einfältig davon zu reden also zu. Wann ich die Sünde fühle / ergreiff ich
Christi Todt / vnd halt den GOTT für / vnd spreche mit zerschlagenem bußfertigen
Hertzen: GOtt sey mir Sünder gnädig durch den Todt deines Sohns JEsus. Darauff
erlange ich Gnade vnd Vergebung meiner Sünde / vnnd fange an wieder die Sünde zu
streiten / vnd nach der Heiligkeit zu streben. In dem ich aber gutes thue /
befinde ich / daß mir dennoch jmmer
Letzlich nimb hie auch wahr die Glückseligkeit / derer die durch Christum erlöset
seyn / vnd seiner Erlösung sich annehmen. Petrus saget: Durch seine Wunden seyt
jhr heyl worden / dann jhr waret wie die jrrende Schaafe / aber jhr seyt nun
bekehret zu dem Hirten vnd Bischoff ewrer Seele. Hie nimmet
abermal der Apostel etliche Worte auß dem Propheten Esaia / der da spricht:
Durch seine Wunden seynt wir
Ferner findestu auch einen guten Hirten / vnnd Auffseher. Wir waren wie die
irrende Schaafe / aber wir seynd nun bekehret zu dem Hirten vnd Bischoff vnserer
Seelen. Ausser Christo seynt wir jrrende Schaafe / die Sünde macht vns
Diß ist nun die erste vnd vornembste Vrsach / warumb Christus gelitten / nemblich daß er vns erlösete von vnsern Sünden / auff daß wir könten der Gerechtigkeit leben. Vnter dessen so hat er vns zugleich damit ein Exempel hinterlassen / das hält vns Petrus für / damit wir vns nicht beschweren so wir vnschuldig leiden / vnd doch gedultig ertragen müssen.
Was nun der heilige Geist in erklärten Worten von vns begehret / ist klar vnd leicht zuvernehmen. Nemblich daß wir nicht böses mit bösem vergelten / sondern das Vbel ertragen / wann wir vnrechtleiden / vnd solches vmbs Gewissens willen. Das wird für grosse Gnade gehalten werden / das erfordert vnser Beruff / dazu ziehet vns das Exempel vnsers Erlösers Christi.
Die Meynung ist klar / aber in die Vbung läßts sich so bald nicht bringen Mancher weiß nicht wie er sich verhalten soll / wann er an Ehr vnd Gut vnbillig angegriffen wird / vnd wenn ers noch weiß / wie er sich verhalten soll / fällts jhm doch schwer zu üben. Dann so ein Stuck deß Christenthumbs ist / dem sich das Fleisch wiedersetzet / so ist es freylich das. Dennoch so mustu wissen / was dir als einem Christen wol anstehet.
So wisset nun vorauß / so jhr Christen seyt / daß jhr ohn
Wann auch das nicht were / sondern wir wohnten vnter lauter frommen Christen / vnd hätten mit keinen bösen Leuten zu thun / seynd doch auch fromme Christen / nicht lauter Engel / sondern gebrechliche Sünder / da einer dem andern bald etwas zu nahe thut. Wie soll man sich da verhalten?
Wie vorhin gesaget / mustu zu erst dich hüten / daß du niemand beleidigest / sondern in allem dem guten nachkommest / auff daß du zur Feindseligkeit niemand Vrsach gebest. Wann du das gethan / wirstu dennoch ohn Wiederwärtigkeit nicht seyn können / must viel böses leiden vnverschuldet / vnnd dennoch gedultig ertragen / mit nichten aber böses mit bösem vergelten.
So sprichstu: Soll ich dann alles böses gut heissen / vnd allen Muthwillen frey
vber mich gehen lassen? Nein / das darff nit seyn / das hat Christus vns nit
gelehret / auch selber nit gethan. Da er Plage anlegen / vnd sie solten nit
allein solches gedultiglich leiden / vnd kein Rach begehren / sondern auch dazu
jhnen dancken / vnd darumb loben / als hätten sie recht vnd wol gethan / nein /
das ist in keinem Wege zu thun. So ich vnschuldiglich leide / vnd mir vnrecht
geschicht / so muß ichs nicht billigen / noch meinen Feind stärcken in seinen
Sünden / dann damit hätte ich dieselbe auff mich genommen / vnnd mich selb
schuldig gemacht. Die Feinde woltens gerne also haben / dann sie sind nicht
begnüget daran / daß sie vnschuldige Leuthe morden / sondern wollen auch dazu
recht gethan haben / vnd von vns bekandt / daß wir Vbel gethan haben / das thut
der leidige Teuffel / vnd kein Christlich Hertz. So vrtheilet Lutherus / damit
halt ichs auch.
So ist dir auch nicht allerdings verbotten / Schutz bey der Obrigkeit wieder
Gewalt vnd Vnrecht zu suchen. Dann Obrigkeit
Kanstu aber gar kein Recht finden / weder in geistlichen oder weltlichen Sachen / so befehl es GOtt / wie dein HERR Christus that. Es ist dir besser / daß du vnschuldig leidest / vnd das böse ertragest / als daß du immerhin in Verbitterung lebest.
Derowegen / so dir vnrecht wiederfähret / so gedenck alsbald auff dich selbst /
wer du bist / vnnd was du verdienet habest. Sihe nicht auff den / der dir Gewalt
vund vnrecht thut / sondern sehe auff dich / wie recht vnd billig du leidest /
vnd sprich: Mir geschicht recht / ich habe wol mehr verschuldet / als diß. Das
hilfft darzu / daß du nicht murrest / verbittert vnd vngedultig werdest. Hernach
gedencke darauff / wie du deinen Nächsten gewinnest / ob du jhn von seinem
vnbilligen Beginnen könnest abziehen / vnd jhn bessern. Kanst du jhn dahin
bringen / daß er seine Vnfug erkennet / begehret auch abzulassen / so dancke
GOtt; vnd sey willfärtig zur Versöhnung. Vnnd so er auch siebentzigmal sibenmal
dich beleidiget / so solst du dennoch bereyt seyn jhm zuvergeben siebentzigmal
siebenmal / nach der Ermahnung Christi beym Matthaeo am 18. Dann es stehet
Das soll dann auch die erste Vrsach seyn / die dich zu dieser Gedult treibet.
Hätte GOtt mir geboten / schilt wieder / so wolte ich wieder schelten; hätte er
gesagt: Schlage wieder / so wolte ich wieder schlagen; weil er mich aber ein
anders lehret / beydes mit Worten vnd eignem Exempel / muß ich mich auch vmbs
Gewissens willen / anders geberden / damit das Gewissen nicht verletzet vnd
beschweret werde. Hiebey erinnere dich / daß diß bey GOtt vnd allen
Gottliebenden für grosse Gnade gehalten wird: Mancher spricht: Wann ich diesem
Menschen was zu leide gethan hätte / so solte es mich nicht verdriessen / daß er
mir diß vnnd das thut; aber nicht getroffen / begehrstu nicht ehe etwas zu
leiden / du habest dann vor einen beleidiget / so begehrestu nicht als ein
Christ zu leiden / sondern als ein Bösewicht. Was ist das für ein Ruhm / so jhr
vmb Missethat willen leidet? Aber wann jhr vmb Wolthat willen leidet vnd
erduldet / das ist Gnade bey GOTT. Bey der Welt wird das gelobet / so man weiß
wieder von sich zu schlagen / vnser Fleisch treibt vns selbst darzu / dann es
ist natürlich daß der Mensch vngedultig wird / so er vnverschuldt Schmach vnnd
Erinnere dich deines Beruffs. So bald ein Christ getauffet wird / ergibt er sich in der Welt zu leiden alles Vnglück. Warumb lassens wir vns dann befrembden / als wiederführe vns etwas seltsames? Das müste ein seltsamer Soldat seyn / der nicht leiden wolte / daß wieder jhn ein Schwerdt gezuckt würde. Wiltu leiden das Fewer / mustu auch Rauch leiden; wiltu seyn in Christo / mustu auch Wiederwärtigkeit leiden. Wie näher dem Hertzen Christi / wie mehr theilhafftig deß Hertzleids Christi. Leidestu nicht von Menschen / mustu doch vom Teuffel leiden / der dich wird plagen vnd ängsten. Das seynt Maalzeichen der Christen. Wiltu nun kein Christ seyn / so wage es / schilt / schlage auffs beste du kanst / du gewinnest so viel als du magst. Wiltu aber ein Christ seyn / so weistu was dein Beruff mit sich bringet. Wir müssen vmb gutes thun leiden vnd dulden / dazu seyn wir beruffen.
Sprichstu aber noch: Das ist mir despectirlich? Wolan / was däucht dir von
Christo? Wars Christus wol werth / daß er so vbel vnter Menschen gehalten ward?
Wer ist Christus? Ist er nit die hohe Majestät GOttes? Wer bistu? Ein Wurm / Erd
vnd Koth. Was hatte Christus verschuldet? Ware er nicht lauter Heyligkeit? Bistu
dann auch gantz heylig / vnd hast gantz nichts böses verdienet? Wann du dann
anders nicht werth bist / als Schmache vnd Leiden / was klagstu / allermeist so
du bey weitem so viel noch nicht leidest / als der Sohn GOttes vnnd dein
Heyland. Er muste Schmach vnd Schmertzen leiden / außwendig vnd inwendig / vnd
ist doch kein grösser auff Erden als er / keiner heyliger vnd vnschuldiger als
er / vnnd hat doch keiner gedultiger es ertragen als er. Gedenckestu aber:
Christus war dazu auff die Welt kommen vnnd
Wegerstu dich nun noch nach Christi Exempel / als ein Jünger Christi zu leiden / wolan so wisse / du sollst dem Leiden nicht entlauffen. Begehrstu nicht als ein Christ zu leiden / kanstu nicht wehren zu leiden als ein Bösewicht. Hastu dir fürgenommen / böses mit bösem zuvergelten / mustu auch mit den bösen der Boßheit Lohn erwarten.
Dunckts dir aber vnbillig zu seyn / daß die Bösen deine Wiedersacher also frey
vnnd vngestraffet jhren Muthwillen üben; sey ohne Sorge / mache es nur wie dein
Meister vnnd Heyland JEsus / vnnd stelle alles dem heimb / der recht richtet /
der wirdts wol machen. Denn entweder / er macht den Wiederwärtigen das Gewissen
groß / daß sie in sich gehen / vnd jhren Vnfug erkennen; das soll vns das
liebste seyn / vnnd sollen keine grössere Rache begehren oder aber / so sie
halßstarrig seyn / gibt er jhnen jhren verdienten Lohn. Lieben Christen / jhr
habt mehr Vrsach Mitleiden mit eweren Beleidigern zu haben / als jhnen böses zu
wünschen. Gedenckt nicht / wann jhr ja Rach wünschen woltet / daß jhr euch
besser
Kompt nun die Zeit / lieben Christen / daß jhr vnverschuldet etwas leiden sollet
/ wie es dann nicht wirdt außbleiben / so schickt euch darzu / daß jhr leidet
als Christen. Vergeltet nicht Scheltwort mit Scheltwort / Schläge mit Schläge /
sondern in Gedult stellet alles dem heimb / der recht richtet / vnnd bedenck
dein Gewissen / bedencke die Ehr / die für GOTT gilt / bedenck deinen Beruff /
bedencke Christi Fürbilde. Seelig seyt jhr / so jhr solches verstehet / aber
noch seliger / so jhrs thut. Gott helffe vns. Amen.
V. 11. LIeben Brüder / Ich ermahne euch / als die Frembdlingen vnd Pilgern / enthaltet euch von fleischlichen Lüsten / welche wieder die Seele streitten.
V. 12. Vnd führet einen guten Wandel vnter den Heyden / auff daß die / so von euch affterreden / als von Vbelthätern / ewere gute Werck sehen vnnd GOTT preisen / wanns nun an Tag kommen wird.
V. 13. Seyd vnterthan aller menschlichen Ordnung / vmb deß HErrn willen.
V. 14. Es sey dem König / als dem Obersten / oder den Hauptleuthen / als den Gesandten von jhm / zu Rache vber die Vbelthäter / vnd zu Lobe den Frommen.
V. 15. Dann es ist der Wille Gottes / daß jhr mit wol thun verstopffet / die Vnwissenheit der thorechten Menschen.
V. 16. Als die Freyen / vnnd nicht als hättet jhr die
V. 17. Thut Ehre jederman. Habt die Brüder lieb. Förchtet Gott. Ehret den König.
DIe Würde der Christlichen Kirchen ist so groß / daß sie
Der Grund- vnd Eckstein an diesem geistlichen Tempel ist Christus JEsus. Alle die zu jhm kommen / wachsen an demselbigen Grundstein als lebendige Steine / dann der Geist Christi dringt durch alle / die auff diesen Grund geleget werden / verbindet sie vnd macht sie lebendig / gleich wie Christus ein lebendiger Stein ist. Also wachset der geistlicher Tempel / der herrlich vnd lebendig ist für GOtt.
Ein jeglicher Stein auff diesen Grund gebawet / ist zugleich ein Priester vnd ein
Opffer / der sich in Christo Gott selbsten auffopffert
Diß heilige Königliche Priesterthumb / ist eben das himlische Jerusalem / daß vns in heiliger Schrifft abgemahlet wirdt. Es ist nicht jrrdisch / sondern himlisch / dann es hat seinen Vrsprung auß GOtt / ist auff GOtt gegründet / vnd sihet auff GOtt. Doch rühret es auch die Erde an. Dann wir / die wir Himmels Bürger seyn / wallen zur Zeit noch auff Erden / doch aber nicht / als die auff Erden daheimb seyn / sondern als die Frembdlinge / eben darumb weil wir Bürger im Himmel seyn.
Diß geistliche Priester thumb muß hie auff Erden / als in der Frembde viel
leiden. Der Fürst dieser Welt setzet jhm vnnd dessen Gliedmassen gewaltig zu. Er
höret nit auff vns zubestreiten / vnd wolte gerne / daß diese Statt vnd Tempel
im Grund niedergerissen wurde. Dahin bearbeitet er sich zum allermeiste / daß er von
Da ists Kunst / vnter den zeitlichen Gütern dieser Welt also wandeln / daß wir das Ewige nicht versaumen; es ist eine Kunst in der Welt leben / vnnd sich für der Welt vnbefleckt erhalten. Wie man dazu gelangen könne / lehret Petrus. Nach dem er im 2. Capitel die Würde deß Königlichen Priesterthumbs beschrieben hatte / bemühet er sich auch / dieselbe / so diesem Königlichen Priesterthumb einver leibet seyn / jhres Standes zuerinnern / wie sie hie in der Welt nur Gäste seyn / vnd nach einem andern Reiche trachten. Vnterweiset derwegen dieselbige / wie sie als Christliche Pilger in dieser Wirthschafft sich recht verhalten sollen; nemblich / daß sie innerlich die Seele vnbefleckt bewahren / vnnd eusserlich vnter den Leuten ein ehrbarlichen Wandel führen.
So merckt nun auff lieben Christen / wie ein Christlicher
WAS in dieser Vermahnung gesagt wird / wird zu denselbentur I. Personae ad
quas sermo dirigitur.
So nehmet nun fürs erst zu ewrer Regel an / daß Petrus sagt: Enthaltet euch von
fleischlichen Lüsten / welche wieder die Seele streiten. Hie wird von euch
begehret / daß jhr auff
Wie soll sich doch ein himlischer Bürger gegen die fleischliche Lüste verhalten?
Petrus saget: Enthaltet euch von sihet alles was geschehen
ist an / als ein Werck vom HERREN / der gedacht etwas herrliches auß Joseph zu
machen.
Also machts auch jhr / die jhr Frembdlinge seyt in dieser Welt / enthaltet euch
von fleischlichen Lüsten / erstlich / eben darumb / weil ihr Frembdlinge vnnd
Pilger seyt. Vnser Schatz / Reichthumb vnd Ehre ist nicht in dieser Welt / vnser
Vatterland vnnd vnser
Vnnd eben diß ist auch die andere Vrsach / die vns Petrus fürhält / nemblich daß
wir den Schaden bedencken / so darauß entspringet / so wir die fleischliche
Lüsten nit fliehen / dann sie streiten wieder die Seele; eben wie auch Paulus
redet zun Galatern am die Schrifft allein sagte:
Die fleischliche Lüste seyn eitel / können deiner Seelen nicht helffen; damit
hätte sie genug gesagt / dich zubewegen / daß du fleischliche Lüste nicht groß
achten soltest. Nun aber sagt sie noch mehr: Fleischliche Lüste streiten wieder
die Seele / sie machen auß geistlichen fleischliche / auß himlischen weltliche /
auß Christlichen Hertzen / teufflische / fleischliche Lüste streiten wieder die
Seele / daß sie das was geistlich vnd himlisch in vns ist zerstören / wird
jemand hie vberwunden / verwunden sie die Seele; bleibt jemand beliegen / tödten
sie. Sie zerstören die Ruhe der Seelen / stossen den Thron Christi in der Seelen
vmb / berauben vns deß Bildes Gottes / ziehen vns in Dienstbarkeit deß Sathans /
vnd ins ewige Verderben. Dann so redet die Schrifft: Wo jhr nach dem Fleisch
lebet / / halte
Höret aber noch eine Regel / wie jhr euch außwendig verhalten sollet: Führet
einen guten Wandel vnter den Heyden / auff daß die / so von euch affterreden /
als von Vbelthätern
Wir leben hie in der Welt als vnter Heyden / wir haben nicht lauter gute fromme
Christen vmb vns / sondern viele die noch vnbekehret seyn. Vnter denselben
müssen wir leben / mit denselben müssen wir vmbgehen / dann sonsten wann wir
schlecht allerdings mit niemand vmbgehen wolten / als nur mit rechten fromen Christen
Wenn wir dieses in acht nehmen / gewinnen wir nicht ein geringes, dann wie Petrus
redet / in dem die Vnbekehrten von vns wollen affterreden als von Vbelthätern /
werden sie vnsere gute Werckschen / vnd Gott preisen am Tage der Heimbsuchung.
Mercke hie das böse Vorhaben der Vnchristen; sie befleissigen sich von Christen
zu affterreden als
Merckt aber auch die Zeit / wann solches zu hoffen. Petrus nennet den Tag der Heimsuchung: Führet einen guten Wandel vnter den Heyden / auff daß die so von euch affterreden / als von Vbelthätern ewere gute Wercke sehen / vnnd GOTT preisen am Tage der Heimbsuchung Die Sünder haben zuerwarten zweyerley Tage. Ein Tag ist ein Tag der Vnwissenheit / darinnen sie den guten Wandel in Christo verlachen vnnd verlästern. Der ander Tag ist ein Tag der Heimbsuchung / wenn Gott durch seinen Geist jhr Hertz vnd Gewissen rühret / jhnen die Augen öffnet / daß sie anfangen zu lieben / vnd zuerwöhlen denselben Wandel / den sie vorhin verlästert haben / werden auch Narren / wie dieselbe / welcher Thun sie vorhin für närrisch gehalten haben / vnd achtens nicht / daß sie nun andern närrisch fürkommen. Hiezu nimpt GOTT seine Zeit / deren man mit Gedult erwarten muß. Sihestu dann / daß die thörichten Menschen in jhrem Spotten vnnd Verleumbden noch jmmer fortfahren / so gedenck: Ihre Zeit ist noch nicht kommen. Wer weiß / GOtt kan einmal sie durch seinen heiligen Geist heimbsuchen vnd erleuchten / daß sie anders vrtheilen vnd reden. Erlebstu die Zeit / daß du solches sihest vnd erfahrest / so frewe dich / vnnd dancke deinem Gott für solch Gnadenwerck. Solten aber die Lästerer so boßhafftig seyn / daß nichts helffe / so wisse daß dennoch der Tag der Heimbsuchung nicht außbleiben werde / aber auff eine andere Art / nemblich daß sie jre Thorheit mit jhrem grossen vnd ewigen Schaden endlich erkennen müssen; auff welchen Fall man billich mehr Mitleiden mit jhnen tragen soll / als daß man jhnen böses wünsche.
Wir fahren weiter / sintemal der Apostel Petrus mit etlichen speciale primu
prosubditis.
Christen müssen sich gehorsamblich vnterwerffen / nicht allein dem obristen Haupt
/ als dem Könige oder Käyser / sondern auch den vnter Hauptleuthen / vnd allen
andern / denen eine gerichtliche Gewalt von hoher Obrigkeit vertrawet ist; nicht
allein den Personen / sie seyn Christen oder Vuchristen / gut oder böß / sondern
auch jhrer Ordnungen / was sie anrichten / schliessen vnnd setzen / nur daß es
nicht wieder GOTT vnd seinen Befehl lauffe: Sonsten ist man GOtt mehr schuldig
zu gehorchen als den Menschen. Wann sie aber was setzen / daß nicht wieder GOtt
vnnd die Ehrbarkeit ist / dem sollen wir vns gehorsamblich vnterwerffen. Manchem
fällt das schwer / tadelt lieber die von Menschen angestellte Ordnung / als daß
er sich derselben solte vntergeben. Aber Christen sollen wissen / daß jhnen
gesagt sey: Seyt jhnen vnderthan vnnd vnterworffen. Die Obrigkeit ist nicht
schuldig jhre Gesetz vnnd Ordnung nach deinem Kopff vnd Gutduncken anzustellen /
sondern du bist schuldig dich nach der Obrigkeit Ordnung zu richten / vnd
solches solstu als ein Christ willig vnd gerne thun. Erstlich vmb deß HErrn
willen. Dann GOTT hat die Obrigkeit verordnet / vnd vber vns gesetzet. Darumb
seyn wir schuldig jhnen en. Damit dem
Frevel vnd Muthwillen gewehret werde / vnd die Vnschuld Schutzfinde. Wie froh
wirdt mancher / wann er wieder anderer Leuthe vnbilliges Beginnen kan Schutz
vnnd Recht finden. Sihe / vmb solches heylsamen Ampts willen / solstu Obrigkeit
in Ehren halten / vnnd jhnen gerne vnderthan seyn. Endlich fürs dritte / solstu
das auch thun / vmb eines guten Namens willen / daß vnser Christenthumb vnnd
Glaube nicht verlästert werde. Dann es haben in der ersten Kirchen die Christen
müssen hören / als wann der Christliche Glaube die eusserliche Zucht / vnnd alle
gute vnter Menschen angerichtete Ordnung auffhübe. Das haben sie nicht besser
wiederlegen sollen / als mit der That. So würdestu auch gewißlich deinem guten
Christlichen Wandel einen guten Kleck anhängen / wann du dich der Obrigkeit
woltest wiedersetzen. Das muß nicht seyn; dann das ist der Wille GOttes / wie
auch vorhin gesagt vnd erkläret / daß jhr mit Wolthun verstopffet die
Vnwissenheit der thörichten Menschen. Also müssen wir mit Vnderthänigkeit vnd
Gehorsamb gegen der Obrigkeit einen guten Wandel führen vnter den Menschen.
Es waren etliche vnter den Christen zur Apostel Zeiten / die spricht: Nicht also / jhr müsset vnterthan seyn / als die
Freyen / vnnd nicht als hättet jhr die Freyheit zum Deckel der Boßheit / sondern
als die Knechte Gottes.
Die Christliche Freyheit bestehet darinn / daß wir durch Christum GOttes Kinder
geworden / vnd im Gericht für Sünde vnd Hölle vns nicht fürchten dörffen. Dann
auß Gnaden seynd wir gerecht / durch die Erlösung / die durch JEsum Christum
geschehen ist. Vnd wenn wir also durch den Glauben gerecht vnnd GOttes Kinder
geworden seyn / gibt vns Christus seinen Geist / der vns zu allem guten reitzet
/ daß nicht noth sey / daß wir durchs Gesetz entweder gezwungen / oder
verurtheilet werden. Wer jhm aber die Gnade Christi also einbildet / daß jhm
frey stehe zu thun vnd zu lassen / was jhm beliebe / der irret / vnnd macht die
Freyheit zum Deckel der Boßheit / damit er etwas habe seine Boßheit zu
entschuldigen; eben als wann Christus darumb gestorben were / daß wir vnter dem
Schirm seines Todtes / jmmer hin frey sicher sündigen köndten. Das gehet nicht
an; wann wir frey seyn von
Merck hie / wann Petrus gebeut / daß wir der Obrigkeit vnterthan seyn sollen / als die Knechte GOttes / daß damit dem Gehorsamb / den wir Menschen schuldig seyn / jhre gewisse Maß vnnd Ziel gesteckt wird; denn so müssen wir Menschen gehorsamb seyn / daß wir nicht tretten auß Gottes Diensten. Aber was wir thun / müssen wir thun als Knechte GOttes. Solte vns dann eine Obrigkeit etwas anmuthen / das wieder GOtt vnnd das Gewissen / müssen wir wie vorgemeldet / GOtt mehr gehorchen als den Menschen.
Diß Exempel eusserlicher Ehrbarkeit beschleusset der Apostel / habt die Brüder lieb. Fürchtet Gott. Ehret den
König. Einem jeglichen Menschen seynd wir seine Ehre zu geben schuldig. Keinen
Menschen müssen wir beschimpffen / verhönen / verachten; sondern einen jeglichen
wer er auch ist / nach Standes Gebühr / vnd nach seinen Gaben ehren: Die
Christen aber müssen wir absonderlich lieben / als vnsere geistliche Brüder /
die mit vns durch Christum zur gemeinen Brüderschafft verbunden seyn. Die Könige
aber vnd andere Obrigkeiten müssen wir sonderbarlich ehren / vnd jhnen allerley
Gehorsamb erweisen; doch also / daß Gott allenthalben / vnd vber alle Ding
gefürchtet werde / vnd wir niemand etwas zu Liebe / oder zu Dienste thun / daß
wieder Gott ist.
Das ander Exempel gehet an Knechten vnd Mägden / vnd speciale alterum pro servis. V. 18.
Es können auch Knechte vnnd Mägde / wo sie Christen seyn / in jhren Diensten die
Lehre Gottes jhres Heylandes zieren / wie außtrücklich der H. Geist von jhnen
rühmet / zu Titum am andern
Nun allesampt / die jhr meynet daß jhr hie auff dem Wege nach dem Himmel seyt /
vergesset nicht / was euch wol anstehet in dieser Wallfahrt. Vergesset nicht /
wie jhr vnter den Leuthen vnd Gütern dieser Welt wol wandeln sollet. Ihr seyt
wol in der Welt / dennoch so must jhr euch für der Welt vnbefleckt behalten. Das
ists / daß Christus mit seinem Gebett beym himlischen Vatter für
Diesem nach nehmet euch innerlich vnnd eusserlich wol in acht. Enthaltet euch zufoderst von den fleischlichen Lüsten. Der Wiedersacher setzet vns in dieser Herberge zu. Kau er vns nicht ziehen von vnser Hoheit / acht ers doch für ein Gewinst / so er die fromme Seele mit der schändlichen Weltbegierde betrüben kan. Das beste Mittel ist / enthalte dich. So bald fleischliche Bewegungen in deinem Gemüthe sich regen / gib acht auff dich selbst / daß sie dich nit einnehmen / sondern begegne jhn mit Ernst / vnd sprich: Diß geziemet dem nicht / der zum himlischen Leben wieder geboren ist. Weret jhr von der Welt / so möchtet jhr euch auch weltlich halten; aber nun seyt jhr von der Welt erwöhlet / vnnd seyt gesetzet auff den Weg gen Himmel / da ziemts sich nicht dem Fleisch den Willen lassen.
Gantz vertreiben werden wir die fleischliche Bewegung nit / da wird nichts auß /
wir werden sie fühlen. Du möchtest dich ehe zu todte martern / als es dahin
bringen / daß du nicht mehr böse Gedancken oder Bewegung hättest. Ja ich darff
sagen; wenn du ein Christ geworden / wirstu allererst rechte Anstöß vnd böse
Neigung im Fleische fühlen / deren du vor nicht hast wargenommen. Dann
Auff solche Weise halt dein Gewissen rein von innerlicher Befleckung / hieneben aber versäume nicht auch in eusserlichen ein gutes Gerücht zubehalten. Nicht deinenthalben / dann was gehts einen Christen an / gut oder böß Gerücht haben / davon werde ich weder besser noch ärger / das muß ich ertragen können. Doch vmb deß schwachen Nächsten willen / muß ich mich hüten / vnd im eusserlichen Wandel also in acht nehmen / daß niemand Vrsach habe böses von mir zu reden; sonsten würde ich der Gottseligkeit meines Nächsten schädlich seyn. Darumb führet einen guten Wandel vnter den Weltleuten / auff daß die / so von euch affterreden als von Vbelthätern / ewere gute Wercke sehen / vnd Gott preisen. Dann das ist der Wille Gottes / daß jhr mit Wolthun verstopfft die Vnwissenheit der thörichten Menschen.
Es bezeugets Davids Exempel / wie leicht ein frommer Mensch / der im Geist Gott dienet / vnd sich inwendig warer Gottseligkeit befleissiget / dennoch mit einem eusserlichen Fall viele ärgern kan. Weil vns diese vnsere Schwachheit bekandt ist / sollen wir deßzu behutsamer wandeln. Geschichts dennoch / daß du im eusserlichen Leben jemand mit David geärgert / so bemühe dich auch mit David das Ergernuß auffzuheben / welches geschicht / wann du denen / die geärgert seyn / dein buß fertiges Hertz sehen lässest / daß ja nicht jemand von dir lerne / Sünde gering achten. Vergiß auch nicht Gott anzuruffen / daß er dich in dieser Wallfart begleite vnd behüte / der nehme von vns alles was in diesem Lauff vns schädlich ist / vnd gebe vns / was jhm wolgefällig / vnnd vns nutzlichen ist / Amen.
V. 17. IRret nicht / lieben Brüder / alle gute Gabe / vnd alle vollkomene Gabe kommen von oben herab / von dem Vatter deß Liechts / bey
welchem ist kein Veränderung noch Wechsel deß Liechts vnnd Finsternuß.
V. 18. Er hat vns gezeuget nach seinem Willen / durch das Wort der Warheit / auf daß wir weren Erstlinge seiner Creaturen.
V. 19. Darumb / lieben Brüder / ein jeglicher Mensch sey schnell zu hören / langsam aber zu reden / vnd langsam zum Zorn.
V. 20. Dann deß Menschen Zorn thut nicht / was vor Gott recht ist.
V. 21. Darumb so leget ab alle Vnsauberkeit / vnd alle Boßheit / vnd nehmet das Wort an mit Sanfftmuth / daß in euch gepflantzet ist / welches kan ewer Seele selig machen.
WAnn das Wort Gottes gepredigt wird / findet sich zweyerley / daß die Menschen
vom Gehorsamb gegen dem Worte Gottes abhält oder abreisset / erstlich Zorn vnd
Vngedult / wann wir bey dem rechten Christenthumb viel Vngemach leiden sollen /
Gut vnd Ehr / Leib vnd Leben verlassen / vnd jmmerdar am Creutze schleppen.
Hernach verhindert auch die Krafft deß Wortes die Lust der Welt / vnnd die
sündliche Vnsauberkeit. Dann wann wir das Evangelium gehöret / werden wir sicher
vnd achtens nicht mehr / lauffen nach der Wollust vnd dem Geitz / vnd suchen
gute Tage. Die nun auff solche Verhinderung nicht acht haben / gerathen in ein
vnchristliches Christenthumb / haben den Schein vnd Nahmen eines Christen / aber
in der That seynt sie es nicht. Solches vnchristlichs Christenthumb nimbt jhm
Jacobus in seiner Epistel für vmbzustossen / vnnd ein rechtschaffnes
Den Grund solcher Vermahnung holet er auß der Wiedergeburt / sintemal vns Gott gezeuget durch das Wort der Warheit / daß wir seyn sollen Erstlinge seiner Creaturen. Vnd in dem Fall gehet er eben den Weg / den auch andere Apostel / Petrus / Johannes / Paulus in acht nehmen. Dann wann dieselbe darauff dringen / daß wir newe Creaturen seyn / ein heiliger Saame / vnd in der Liebe bleiben / legen sie den Grund in der Wiedergeburt. Also machts auch hie Jacobus.
Weil er aber weiß / daß ein heiliges Christliches Leben in den Versuchungen / die
beym Christenthumb nicht außbleiben / zum offtersten im Heck bestecken bleibt /
fangt er seinen Brieff von den Versuchungen an / vnd lehret von denselbigen
zweyerley / daß sie so hebet er sein Apostolisches Schreiben an: Achtet es eitel Frewde / wann jr
in mancherley
Zum andern zeuget die Schrifft / daß ohn Streit niemand solle belohnet vnd gekrönet werden. Wie hoch soll mans dann halten / wann ein Christ in viel Anfechtung fällt? Selig ist der Mann / der die Anfechtung erduldet / dann nach dem er bewäret ist / wird er die Krone deß Lebens empfahen / welche GOtt verheissen hat / denen die jhnlieb haben. Wisse / daß du zukünfftig nach diesem Leben über nichts mehr dich wirst zuerfrewen haben / von allem daß in dieser Welt vorgelauffen / als daß du in GOTT / vnd vmb Gottes willen viel erlitten habest / das wird deine ewige Krone seyn. So achte es eitel Frewde / wann jhr in mancherley Anfechtung fallet.
Nun muß man gleichwol gestehen / daß alle Christen so jemals zu Falle kommen /
durch Anfechtung verleitet vnnd gestüret werden / wie soll dann die Anfechtung
eitel Frewde geachtet werden? Hie ists noth / daß du wissest / woher es komme /
daß die Anfechtung einem Christen schädlich ist. Jacobus redet also davon:
Solches zu behaupten ziehet Jacobus an die mancherley Gaben / die auß Gott als
vom Vatter deß Liechts zu vns komen / vnnd allermeist die selige
Wiedergeburt / vnnd läßt vns darauß schliessen / daß GOtt auch in den
Versuchungen es mit vns nicht
Es ist vns lieben Christen daran viel gelegen / daß wir wissen / was von GOtt zu
haltten / allermeist wann die Anfechtung schwer wirdt. So lasset vns in der
Furcht Gottes die Göttliche
DIe Versuchung ist mancherley / vnnd fast so mancherley Art als Creaturen in der
Welt seyn. Dann alles was in der Welt ist / kan eine Versuchung erwecken. Nun
ist zwar vnzehlig mancherley in der Welt / dennoch kan alles in zween Hauffen
getheilet werden. Dann alles was in der Welt ist / vns entweder lieblich ist /
vnd angenehm nach dem Fleisch / oder wiederlich vn verhassig.
Zwischen diesen allen hat Gott vns gesetzet als in einem Paradiß voller Bäume /
an welchen wir versuchet werden auff zweyerley Art / entweder durch Luste / oder
durch Vnmuth vnd Zorn. Beyderley Art ist gerichtet entweder zum bösen / vnd ist
eine Verführung; oder zum guten / vnnd ist eine Bewährung. Hie müssen wir dessen
versichert seyn / daß GOtt nicht versuche zum bösen / vns zuverführen / vnd zu
verderben. Der Teuffel ist ein Versucher zum bösen / ein Verführer / vnd suchet
nichts dann vnsern Fall vnnd Verderben. GOtt aber verhänget die Versuchung vber
vns / daß wir für allen Creaturen / vnd in vnserm Gewissen probirt werden / ob
wir auch Gott recht anhangen / im rechten festen Glauben / vnnd vns nicht
bewegen lassen / weder durch
Ein gewisses Zeichen / vnnd Beweisung dieses wolmeynenden Hertzens / daß Gott zu
vns trägt auch in den Versuchungen / geben vns die vielfältigen Gaben / die von
Gott als dem Vrsprung alles guten häuffig zu vns herab fliessen. Ehe vns aber
der Apostel Jacobus auff solche Gedancken führet / setzet er zuvor diese tiae divinae probatio 1. à
donis di vinis in genere.
Höret nun an den Grund selbst: Alle gute Gabe / vnnd alle vollkommene Gabe / kompt von oben herab / von dem Vatter deß Liechts / bey welchem ist keine Veränderung noch Wechsel deß Liechts vnnd Finsternuß. Mit diesen Worten wird vns GOtt für gestellet / als ein vnwandelbarer Brunn alles guten / darauß nichts als lauter gutes fliessen kan. Wir wollen zu erst acht haben auff das Wasser / daß auß diesem Brunnen entspringt / vnd hernach den Brunnen selbst beschawen.
Die Strömlein auß diesem Brunnen entsprossen / heissen gute Gaben / vnd
vollkommene Gaben. Die zeitliche vnd vnd leibliche Gaben seyn gute Gaben /
vollkommene Gaben aber seynd die die Seele betreffen / vnd ins ewige sehen. Die
geistliche Gaben zwar kommen in künfftiger Welt allererst zu einer
Vollkommenheit. Dennoch wann sie gegen das irrdische leibliche
Diese Gaben allesampt / alle gute Gaben / vnd alle vollkommene Gaben kommen von GOTT / der ist die Quelle alles Guten / daher gibt jhm Jacobus auch einen sonderbaren Titul / vnnd heisset jhn einen Vatter deß Liechts / nicht allein darumb / daß er im Liecht wohnet / sondern auch darumb / daß er den Menschen das Liecht mittheilet. Liecht aber heisset nach Art Heyliger Schrifft / Verstand vnnd Weißheit / Fried vnd Frewd / vnnd alle Seligkeit. Dieses alles ist in vnnd von GOtt. GOtt ist der Vrsprung.
Dieser Vrsprung wird vns zubeschawen für gesetzet / zu erst als ein einiger Brunn
alles guten. Dann alle Gabe / es sey eine vollkommene Gabe / oder sonst nur eine
gute Gabe kompt von GOTT. Die Sonne ist zwar auch eine Quelle deß Liechts / aber
nicht die einige Quelle / denn Fewer leuchtet auch. Gott aber ist ein einiger
Vatter deß Liechts / vnd die einige Quelle alles guten. Was gut ist vnnd heist /
muß auß dieser Quelle entspringen. Es wiederfähret auch wol viel gutes dem
Menschen durch die Creaturen / aber die Creaturen selbst empfangen alle jhr Gut
nirgends anders als auß dieser Quelle / vnd müssen ein Mittel seyn / dadurch
GOtt gutes thut. Wie die Sonne nicht alle in leuchtet
Zum andern / finden wir hie einen hocherhabnen Brunnen. Alle Gabe kompt von oben
herab. Die Brünnlein der Gnaden fliessen nicht von vnden auff in die Höhe;
sondern von oben herab vnter wärts in einen Thal. Hie magstu sehen / wohin du
dich stellen sollest / wann die Strömlein der Gnaden Gottes sollen zu dir
fliessen. Erhebe dich ja nicht in deinem Hertzen / sondern lege dich nieder in
den tieffen Thal der Demuth / vnd auß der Tieffe
Zum dritten hören wir / daß diß ein ewiger vnwandelbarer Brunne alles guten sey /
auß welchen nichts als Liecht vnd Gutes entspringen kan / dann bey GOtt / dem
Vatter deß Liechts / ist keine Veränderung / noch Wechsel deß Liechts vnnd
Finsternuß. Alles was vnter der Sonnen / ist wandelbar; da ist bald Liecht /
bald Finsternuß; bald Kälte / bald Wärme; jetzt Sommer / bald Winter. Also auch
im Leben deß Menschen findet
Hierauß kanstu nun einen gewissen Schluß machen / daß GOtt in den Versuchungen nicht dein Verderben suche. Dann der ein Vatter deß Liechts ist / vnnd vnwandelbarer Brunn alles guten / der suchet nicht das böse / vnnd begehret nicht eines einigen Menschen Verderben vnd Vntergang. Irret nicht / lieben Brüder / lasset diesen falschen Wahn ferne von euch seyn / als meyne es GOTT nicht gut mit euch / wann er euch lässet in Versuchung gerathen.
Dieses magstu noch klärlicher erkennen / in einer sonderbaren Wolthat / darauff
vns Jacobus führet / nemblich in der Wiedergeburt.
Nehmet fürs ander war / den Zweck ewrer Wiedergeburt / zu was Ende wir von GOtt
newgeboren seyn. Er hat vns gezeuget /
Will nun GOtt auß vns machen seiner Creaturen Erstlinge / wie groß werden wir
seyn? Seynd nicht auch die außerwöhlte Engel GOttes Creaturen? So muß ja ein
Christ seiner massen Edler vnnd fürtrefflicher für GOTT seyn / denn die heiligen
Engel. Das macht erstlich die Verwandtnuß mit dem Sohn GOttes Christo JEsu / der
hat nicht die Engel angenommen / aber den Samen Abrahams hat er angenommen / daß
nun im Rathe der Heyligen Dreyfaltigkeit sitzet die mittelste Person JEsus
Christus ein wahrer GOtt vnd wahrer Mensch / vnnd derselbe ist vnser Haupt / wir
seynd seine Glieder. Von keinem Engel ist gesaget / was von vns Christen
geschrieben stehet zun Ephesern am 2.
Was gedencken dann / die Schande vnnd Mackel seyn an dem Leibe Christi? Solten das die Erstlinge der Creaturen Gottes seyn / die nur jmmer hin leben in aller fleischlichen Eigensinnigkeit? Die Erstlinge seyn Gott geheyliget vnd ergeben / leben nicht mehr nach jhrer sündlichen Geburt / sondern seyn newe Creaturen / GOtt so lieb vnd werth / daß er sie für allen Creaturen / als sein eigenthumbliches Erbe erwöhlet / vnd mit sich in seinem Sohn Christo JEsu vereiniget hat.
Nehmet auch letzlich zum dritten war den ersten Vrsprung / solch einer grossen Glückseligkeit. GOtt hat vns gezeuget nach seinem Willen. Nicht auß Noth / nicht auß Verdienst / sondern nach seinem blossen Wolgefallen hat Gott vns so erhaben / weil es jhm beliebet. Es hat jhn nichts getrieben als sein eigner gnädiger gütiger Wille.
Sihe / da hastu abermal ein fürtreffliches Zeichen Göttlicher Gnade / vnd eines
guten Willens / auch in den Versuchungen. Es hat jhn ja nichts genöthiget / da
er dich wiedergeboren / zu seinem Kinde auffgenommen / vnd gesetzet vnter die
Erstlinge seiner Creaturen. Er hat vns gezeuget nach seinem Willen / da wir noch
nicht in Gnaden waren / noch nicht solche Leuthe an welchen GOTT
Hier auff setzet Jacobus einen solchen Schluß / welcher so / bedenckt euch wol was jhr thut / wann euch die Luste
reitzet / haltet etwas ein / vnd verwilliget nicht / daß alsfort die böse
Begierde außbreche / vnd im Werck vollnzogen werde. Dann also legts der Apostel
selbst auß: Seyt langsam zum Zorn. Da nicht allein der Eifer vnd Zorn / sondern
in gemein alle hefftige Begierde deß Fleisches verstanden wird. Krafft dieser
Ermanung soll ein Christ wol auffmercken / wozu jhn seine Begierde treiben /
aber nicht alsfort folgen / vnnd nichtes auß schleuniger fleischlicher Bewegung
thun / sondern in allem sich wol bedencken. Vrsach / deß Menschen Zorn thut
nicht was für Gott recht ist. Was ein Mensch in vnbedachten fleischlichen
Bewegungen thut / wird schwerlich für Gott gut seyn. Als wann einem etwas
zuwieder geschicht / daß jhn zum Zorn reitzet / vnd er im Zorn vnd Eyfer
Weiter setzet Jacobus auch diese Vermahnung: So leget nun ab alle Vnsauberkeit
vnd alle Boßheit / vnnd nehmet
Hie wird vns gezeiget / wohin vnser Fleisch vnnd Begierde
Nehmet aber das Wort an mit Sanfftmuth / ohn Wiedersetzen vnd Wiederbellen. Wann das Wort Gottes recht vnd rein gepredigt wird / greifft es das Fleisch / vnd den alten Menschen an. Hörestu dann etwas daß deinem Fleisch nicht mit ist / stelle dich nicht vngeberdig / vnd wiedersetze dich nicht dem Worte / sondern nimb es an mit Sanfftmuth.
Derentwegen soll ein Christ ablegen alle Vnsauberkeit / vnd alle Boßheit. Alles
was sündlich vnd böse ist / vnnd die glaubige Seele befleckt / kompt nicht von
GOTT / vnnd auß der newen Geburt / sondern ist ein böser Zusatz vom Sathan.
Dasselbe müssen wir / die wir wiedergeboren seyn / ablegen. Es bleibt zwar
immerdar Vnreinigkeit vnnd Boßheit bey vns / es soll aber gedämpffet werden /
daß es keine Krafft habe / wie der HERR zu Cain spricht: Die Sünde ruhet vor der
Thür / aber laß
Biß so weit gehet die heutige Lection / darinnen die vielfaltigen Wolthaten Gottes / vnd vnter denselben allermeist die Wiedergeburt vns für gehalten wird / als ein gewisses Kennezeichen deß guten Willens / den GOTT auch in den Versuchungen zu vns trägt.
Diesem nach lerne nun ein frommer Christ / GOTT allezeit vnd allenthalben ansehen
als die Quelle alles guten / den Vatter deß Liechts / auß welchem nichts dann
Liecht kommen kan. Vnd in solchem ansehen lerne er alles gutes an Leib vn Seelen von Gott bitten / vnd mit Dancksagung empfahen. Erstlich
sage ich / daß er alles gutes von Gott bitte vnd empfahe. Hastu Mangel an
jrrgent einem gute / lieber Christ / bitte es von GOTT. Begehre auch nichts zu
haben / es sey dann daß es von GOtt zu dir komme. Darinnen versihet sich mancher
/ suchet vnnd nimbt Hülff an wo er sie bekommen kan / solts auch vom bösen Geist
herkommen. Dafür behüte dich Gott. Was ich nicht als auß GOtt bekommen kan /
begehre ich auch nicht. Als der Sathan dem HERREN Christo seine Dienst anbote /
jhm die Herrligkeit der Welt zeygte / sagend: Diß alles will ich dir geben;
sprach Christus / weich von mir Sathan. So mache du es auch / so offt dir der
Sathan durch vnbillige vnd vnchristliche Mittel etwas zuerlangen an die Hand
gibt. Hernach habe ich auch gesagt / daß ein Christ das gute mit Dancksagung
soll empfangen. Findestu Gaben bey dir / so erkenne daß sie von GOTT kommen /
vnd preise GOtt darinnen. Dazu
Vnter allen Gaben achte die geistlichste für die höchste / als daß du von Gott gezeuget / vnd erhoben zu seyn vnter die Erstlinge seiner Creaturen. Hüte dich / daß in der Welt dir kein Ding so lieb werde / daß es dich ziehen solte von dieser deiner Seelen Hoheit. Die Creaturen in der Welt seyn an jhnen selbsten gut / dir aber seynd sie zur Prüfung dargestellet. Hüte dich / daß du nicht Gottes Wolgefallen auß dem Sinn schkagest / wann du nach einem zeitlichen Gut trachtest / vnd vmb zeitliches jrrdisches Dinges willen ja nicht verschertzest das Gut / damit Gott deine Seele / zur ewigen Seligkeit begnadiget hat.
Ferner / so du GOTT erkennest als einen Vatter deß
Ich kan in meinen Trübsalen / in Betrachtung der Güte Gottes / auch dessen gewiß seyn / daß es auch mitten in den Trübsalen GOTT wol mit mir meyne. Dann Gott ist vnd bleibt ein Vatter deß Liechts / bey welchem nicht ist ein Wechsel deß Liechts / vnnd der Finsternuß. Was denen von Gott zugeschickt wird / die GOtt lieben / das muß gewiß gut seyn / ob wirs schon nicht verstehen. Der Außgang beweißt es offt / im ewigen Leben aber werden wirs erst recht erkennen / vnnd GOtt ohn vnterlaß darfür preisen.
Fällstu nun in Trübsal / trage deine Noth in demüthigem glaubigem Gebett Gott
für. Bleibt dann die Trübsal / vnd wird nicht von dir genommen / so schliesse /
nun gewißlich diß muß mir
V. 51. SIehe / ich sage euch ein Geheimnuß: Wir werden nicht alle entschlaffen: Wir werden aber alle verwandelt werden.
V. 52. Vnd dasselbe plötzlich in einem Augenblick / zur Zeit der letzsten Posaunen. Dann es wird die Posaune schallen / vnnd die Todten werden aufferstehen vnverweßlich / vnd wir werden verwandelt werden.
V. 53. Dann diß verweßliche muß anziehen das vnverweßliche / vnnd das sterbliche muß anziehen die Vnsterbligkeit.
V. 54. Wann aber diß verweßliche wirdt anziehen
V. 55. Todt / wo ist dein Stachel? Hölle wo ist dein Sieg?
V. 56. Aber der Stachel deß Todtes ist die Sünde: Die Krafft aber der Sünde ist das Gesetz.
V. 57. Gott aber sey Danck / der vns den Sieg gibt / durch vnsern HErrn JEsum Christum.
V. 58. Darumb / meine liebe Brüder / seyd veste / vnbeweglich / vnd nehmet jmmer zu in dem Werck deß HErrn / sintemal jhr wisset / daß ewer Arbeit nicht vergeblich ist in dem HErrn.
EBen wie Moses betet im 90. Psalm: HErr lehre vns bedencken daß wir sterben
müssen; Also mögen wir auch wol beten: HERR lehre vns bedencken / wozu wir
beruffen seyn. Wie dann auch Paulus mit außtrücklichen Worten
Wann ein Christ kompt zur Betrachtung seiner Sterbligkeit
Vber diß werden wir bey der Betrachtung deß himlischen Beruffs / auch auff solch
Leben geführet / daß den himlischen Bürgern wol anstehet / nach d’ Ermahnung
Pauli zun Ephesern am 4.
Wann aber ein Christ auff seine Gedancken acht hat / so kan er leicht mercken / wie dieselbe zur Eitelkeit geneiget. Es fallen jhm offt süsse weltliche Gedancken ein / darinnen er sich belustiget also sehr / daß er kaum davon kan gebracht werden / vnd seynd doch gantz eitel vnd nirgent zu nutz. Einer gebe nur acht darauff / wann er einmal deß Nachts erwachet / was seine erste vnd willigste Gedancken seyn. Da solts heissen wie David sagt: Wann ich mich zu Betthe lege / so rede ich von dir / wann ich erwache / so gedencke ich an dich; Aber wir müssen nur gestehen / das weltliche Sorge / böse eitele Gedancken zum meisten theyl die ersten seyn / denen wir auch williglich folgen / vnd die wir ohn beschwerd nicht können wehren / auch wann wir vns vornehmen / die Gedancken GOTT zuzuwenden. Wann ein Christ in diesem Stuck sich nicht für sihet / kan er sehr prophan werden. Darumb auch dieser Jammer vns beten lehret; HERR lehre mich doch das bedencken / wozu ich beruffen bin.
Zu solcherley Betrachtung deß himlischen Beruffs / führet vns auch die vorhabende
Lection / in dem sie vns etwas für hält von dem Zustandt / den es mit vns in
jenem Leben haben werde / wie der Eintritt werde geschehen durch eine
Verwandlung vnd
ES hat der Apostel Paulus im 15. Cap. seiner ersten an dies: mysteriu universalis transmutationis.
Dieses wird geschehen plötzlich in einem Augenblick / zur Zeit der letzten
Posaunen. Dann die Posaune wird schallen / vnd der Sohn GOttes wird seine
Göttliche Stimme hören lassen: Darauff werden die Todten aufferstehen mit
vnverweßlichen verklärten Leibern / vnd die Lebendigen werden auch zugleich in
demselbigen Augenblick in eine andere Gestalt verwandelt werden / in einem
Augenblick todt vnnd lebendig / verweßlich vnd vnverweßlich / natürlich vnd
geistlich / gebrechlich vnnd kräfftig / verschmähet vnd herrlich. Darauff werden
sie auch zugleich mit denen die vom Todte aufferstanden seyn / an einen newen
Orth versetzet werden / gleich wann sie in einen newen Standt getretten seyn;
Dann das sagt vns Paulus als ein Wort deß HErrn /
Da wird der Sohn GOttes seine Gewalt vnd Majestät beweisen / in dem er wird lassen seine Posaune durch die gantze Welt schallen / vnd auff sein Wort wird müssen der König von seinem Thron herab steigen / vnnd ein armer Bettler wird sich auß dem Staub erheben / vnd die gantze Welt wird auff das Wort vnsers Christi vber einen Hauffen fallen vnnd zerschmeltzen. Wol denen / die mit diesem Richter wol daran seyn!
Es nennet Paulus diese Lehr von endlicher allgemeiner Veränderung aller Leiber in der Aufferstehung der Todten ein Geheimnuß; dann der Vernunfft ists verborgen / wie es mit Todten vnd Lebendigen endlich werden werde. Hätte diese Lehr Paulus nicht auffgezeichnet / wüsten wir nichts davon.
Damit wir aber auff die Vrsachen der Veränderung kommen
Darumb mag Fleisch vnnd Blut das Reich GOttes nicht ererben / es muß verwandelt werden / daß nichts bleibe / was der Teuffel darein geblasen / Vnverstand / Irrthumb / Boßheit: Ja auch die Natur selbst kan nicht also bleiben / wie sie erschaffen ist / dann gesetzet / wir weren rein ohne Sünde / gleich wie Adam in seiner ersten Erschaffung / so hätten wir doch nur einen natürlichen Leib mit natürlichen Eygenschafften. In den Himmel gehöret ein geistlicher Leib. Darumb ist nothwendig / diß verweßliche muß anziehen das vnverweßliche / vnnd diß sterbliche muß anziehen die Vnsterbligkeit. Vnd ehe das geschicht / können wir das ewige Leben nicht besitzen. Sonsten haben wir schon das recht zum ewigen Leben. Weil wir durch JEsum GOttes Kinder seyn / seynd wir auch seine Erben. Gleichwol können wir noch nicht zum Besitz gestattet werden in diesem Leben; das macht / Fleisch vnnd Blut kan das Reich GOttes nicht ererben / es muß verwandelt werden.
Hierbey bedenck lieber Christ / was für ein grosser Schad vns geschicht / wenn
wir sterben. So lang wir diesen Madensack nehren vnd schmücken / so lang bawen
wir das Elend; wann aber dieser Madensack zu nicht wird / da werden wir erst
bereytet zur rechten Schönheit. Was ist nun sterben / als den alten zerrissenen
Rock wegwerffen / daß ich in der herrlichen Aufferstehung einen newen anziehe?
Nicht zwar einen frembden Leib / sondern meinen eignen / damit ich nun bekley
det bin / aber mit viel ander Farben. Hie nehre ich meinen Leib mit Ochsen vnnd
Schweinenfleisch / vnnd mit Koth der Erden / darauß allerley Gewächs seinen
Safft hat. Aber Koth bringt Koth. Wen ich nun mit Göttlicher
Hülffe selig
Wie vnd warumb alle Menschen müssen verwandelt werden
Paulus setzet einen Spruch: Der Todt ist verschlungen in dem Sieg; vnnd von
diesem Spruch spricht er / daß er in heyliger Schrifft geschrieben stehe. Nun
findet man in gantzer heyliger Schrifft diesen Spruch nicht mit eben denselben
Worten / welche hie stehen / aber die Meynung findet man reichlich;
Vber denselben Spruch ergetzet sich der Geist Pauli / vnd macht darüber ein
Triumphliedlein; darinen eben dieselbige Meynung
Hie sollen wir vns fürs erst erinnern vnsers grossen Vnglücks / da Sünd / Teuffel
vnnd Todt vber vns seynd Meister geworden. Der deß Todtes Macht hat / siegete /
vnnd hielt vns gefangen. Vnd dem Todt war ein Spieß gegeben / vnns zu quelen vnd
zu stechen. Der Stachol deß Todtes ist die Sünde / die Krafft der Sünden ist das
Gesetz. So bald der Mensch sündiget / fällt er vnter den Fluch deß Gesetzes /
der Fluch machet die Sünde zu einem beissenden Wurm / vnd spitzigen Stachel deß
Todes. Daher gerathen wir in Gewalt deß Todtes vnd der Höllen. Je mehr Sünde /
je kräfftiger der Todt. Dann alle Krafft deß Todtes kompt von der Sünde. Es ist
nur ein höllisch Fewer / doch müssen
Aber GOTT sey Danck / der vns den Sieg gegeben hat durch vnsern HErrn JEsum Christum. Da betrachte nun dein Glück daß du hast durch JEsum Christum. Der ist dein Siegesfürst / der für dich gestritten vnd gesieget hat. Dann in demer sich vnter das Gesetz gegeben / vnd anvnser Statt gethan vnnd gelitten / was das Gesetz von vns fordert / hat er vns vom Fluch deß Gesetzes erlöset / vnnd vnser Gewissen gereiniget von den Sünden. Wann dann wir für GOttes Gericht von Sünden frey gesprochen werden / verlieret Höll vnnd Todt jhre Macht / daß wir triumphiren können: Todt wo ist dein Stachel? Hölle wo ist dein Sieg! Ist so viel; der Todt hat den Stachel verloren / das höllische Reich kan nicht mehr vber vns herrschen.
Eben so triumphirt vnser Siegesfürst beym Osea: Todt ich will dir ein Gifft seyn
/ Hölle ich will dir eine Pestilentz seyn. Der Sathan hat vns vergifftet. Dessen
Gifft ist die Sünde vnnd der Fluch / daran wir alle sterben. Diesen Trunck hat
er bereytet vnd zugetruncken / vnserm Vatter Adam / vnd wir in vnser Empfängnuß
haben mitgetruncken / mit den ersten Blutströpfflein / darauß wir bereytet / ist
diß Gifft zu vns kommen / vnd durch Leib vnnd Seel gedrungen / vnd eitert
eusserlich auß mit allerley Vnreinigkeit vnd mancherley Plagen. Aber sihe / wir
haben einen Artzt / der ist dem Todt wiederumb ein Gifft / vnnd der Höllen die
Pestilentz geworden. Christus will sich rechnen an seinen
Wann wir anfangen zu glauben / haben wir schon diesen Tranck getruncken / der deß
Teuffels Gifft außtreiben kan / daß wir leben nach dem Wort vnsers Erlösers /
Johann. am eilfften.
Gleichwol lässet sich dieses alles so noch nicht empfinden. Wir hören hie wol: Todt wo ist dein Stachel? Aber doch tragen wir eytel vnflätig vnnd verweßlich Ding am Halß / vnnd seynd vieler Noth vnd Gefahr vnterworffen; müssen auch endlich dem Todt selbst herhalten / daß es vielmehr scheinet / als siege der Todt / in dem er einen nach dem andern verschlinget.
Aber es prediget Paulus hie von einer solchen Zeit / da alles wird sein
Endschafft haben / was die Schrifft prediget. Was hie
Darumb gehets hie zu / wie mit einem Gifft vnd Pestilentz / das würget nicht fort
in dem Augenblick / wann es in den Leib kompt / sondern es bläset den Leib
gemächlich auff / biß es zum Hertzen komme: Also ist Christus ein Gifft deß
Todtes / vnd ein Pestilentz deß Teuffels / aber er vertreibt nicht alsfort gantz
das sündliche vnd verweßliche Wesen / vnd macht den Sieg nicht zur Stund
Zum Beschluß / setzet der Apostel eine Ermahnung / darinnen er den Gebrauch der
vorhin erklärten Lehre anzeyget: Darumb meine lieben Brüder / seyt veste /
vnbeweglich / vnnd nehmet immer zu in dem Werck deß HErrn /
Wir wissen / daß wir nicht jmmer bleiben in solchem Stand als wir jetzt seyn /
wir werden müssen verwandelt werden zur Vnsterbligkeit; alsdann werden wir nicht
allein von aller Plag deß Todtes / vnd der Sünden erlöset werden / sondern
zugleich hoch geehret vnd erfrewet werden. Ihr wisset / daß ewer Arbeit nicht
vergeblich ist in dem HErrn. Diß redet die Schrifft nicht von allerley Arbeit /
sondern die im HErrn geschicht / das ist im Glauben / vnnd im Geist JEsu
Christi. Mauchen lobet man hoch in der Welt: O ein sehr wol verdienter Mann! Ja
wann er auch darumb
Es soll aber auch nicht allein hie verstanden werden / was man gutes thut /
sondern was man böses im HErrn leydet. Wann ich mein Creutz vmbs Herrn willen
willig vn gedultig im Glauben JEsu Christi trage / wie Hiob / der
da saget: Der HErr hats gegeben / der HErr hats genommen / der Nahme deß HErrn
sey gelobet; so leyde ich im Glauben / vnnd gehöret solches mit zu der Arbeit
die im HErrn geschicht.
Was gewinnet man aber damit / daß man viel im HErren gearbeytet hat / es sey
durch Thun oder durch Leyden? Der Geist GOttes spricht kürtzlich: Es wirdt nicht
vergebens seyn. Alles ander ist eitel / vnd hat keinen Lohn / vngeacht daß es
auff der Welt hoch geachtet wird; hoch vnd schön seyn / reich vnd mächtig seyn /
werth vnd geehrt seyn / preiset die Welt / hat aber keinen Nutzen nach diesem
Leben. Im HErrn arbeiten ist nicht vergebens. Gleich wie ein Trunck kaltes
Wassers nicht wird vnbelohnet bleiben / so wird auch kein Creutzlein so gering
seyn / daß im HErrn getragen / daß nicht seinen Lohn haben solte. Da wird der
HErr sprechen: Diß vnd das hab ich dir auffgeleget / das hastu gedultig von
meiner Hand angenommen / nun nimb hin den Lohn. Ach wie lieb solt vns vnser
Creutz seyn? Solte vns doch nicht aller Welt Gut so lieb seyn / als ein Creutz
daß wir im HErrn tragen. Jenes
Weil wir nun solche Hoffnung haben / wie sollen wir vns dazu schicken? Seyd veste / vnbeweglich / vnnd nehmet jmmer zu im Wercke deß HErrn. Zweyerley fordert der heylige Geist. Erstlich daß wir vn nicht vmbstossen lassen. Wer ein Christ ist / der sche zu daß er ein Christ bleibe. Steht vest vnnd vnbeweglich. Meine Lieben / wann nichts were / daß vns gedächte vmbzustossen / würde der Heylige Geist nicht ruffen: Stehet vest vnd vnbeweglich. Es gilt hart ehe wir gute Christen werden / vnnd wann wir gute Christen worden seyn / ists Kunst gute Christen verbleiben. Was kan die weltliche Lüst nicht? Was kan der Teuffel nicht? Böse Exempel / Wiederwärtigkeit vnd Noth vermag auch viel. Stehest vest vnd vnbeweglich. Aber wie? HErr / wie? wenn du nicht haltest. Nun der HErr will halten. Der vns beruffen hat ist getrew / vnd versucht vns nicht vber Vermögen / vnd wird machen daß die Versuchung ein solch Ende gewinne / daß wirs können ertragen.
Fürs ander / erfordert der Geist Gottes noch etwas grössers / Nehmet jmmer zu in
dem Werck deß HErrn. Ein Christ soll sich nicht allein befleissigen / daß er ein
guter Christ bleibe / sondern daß er wachse vnnd jmmer zunehme nach dem
inwendigen Menschen. Vnd das wird GOTT auch schaffen. Der in vns das gute Werck
angefangen hat / wirds vollführen
Damit beschliesset Paulus die Lehre von der Aufferstehung
Vergesset nicht meine Lieben / der zukünfftigen Verwandelung
In solcher Betrachtung achtet nicht groß / was in der zukünfftigen Verwandelung keinen Nutz bringet. Wann aller Menschen Schönheit auff einen Hauffen geschmoltzen were / vnd würdest damit außgeziert / so were es doch nur der Madensack / der außgezogen muß werden vnd verwesen / daß herfür komme eine newe vnverweßliche Schönheit. Wann du schon so reich vnd groß in der Welt wurdest / als ein Mensch auff Erden werden kan / wurde dich doch das nichts fördern / wann die Sterbligkeit wird anziehen die Vnsterbligkeit / vnd das verweßliche die Vnverweßligkeit. Nehmet aber zu im Werckdeß HErrn. O wie ein seliger Mensch / der das verstehet. Ach HErr lehre mich bedencken / daß ich nicht beruffen bin / reich vnd groß auff Erden zu werden. Laß mich stäts trachten nach dem / daß seine Frucht bringet / wann das verweßliche wird anziehen die Vnverweßligkeit: Wer kärglich säet / wird kärglich erndten / wer reichlich säet / wird reichlich erndten.
Vergiß nicht hiemit dich zu trösten / wann du im Christenthal Vngemach must
empfinden / vnd daß es dir sauer wird. Gedencke: Hie ist noch nicht der völlige
Sieg / hie gilts noch streitten. Wird deine Arbeit die du thust im HErrn hie
auff Erden nicht
V. 1. DIe erste Rede habe ich zwar gethan / lieber Teophile / von allem dem das JEsus anfieng / beyde zu thun vnd zu lehren.
V. 2. Biß an den Tag / da er auffgenommen ward / nach dem er den Aposteln (welche er hatte erwöhlet) durch den heyligen Geist befehl gethan hatte.
V. 3. Welchen er sich nach seinem Leyden lebendig erzeyget hatte / durch mancherley Erweisung / vnd ließ sich sehen vnder jhnen viertzig Tag lang / vnd redet mit jhnen vom Reich Gottes.
V. 4. Vnd als er sie versamblet hatte / befahl er jhnen / daß sie nicht von
Jerusalem weichen / sondern
V. 5. Dann Johannes hat mit Wasser getaufft / jhr aber solt mit dem heyligen Geist getaufft werden / nicht lange nach diesen Tagen.
V. 6. Die aber zusammen kommen waren / fragten jhn vnd sprachen: HErr / wirst du auff diese Zeit wieder auffrichten das Reich Israel?
V. 7. Er sprach aber zu jhnen / es gebührt euch nicht zu wissen Zeit oder Stunde / welche der Vatter seiner Macht fürbehalten hat.
V. 8. Sondern jhr werdet die Krafft deß heyligen Geistes empfahen / welcher auff euch kommen wirdt. Vnd werdet meine Zeugen seyn zu Jerusalem / vnnd im gantzen Judea vnd Samaria / vnd biß an das Ende der Erden.
V. 9. Vnnd da er solches gesaget / ward er auffgehaben zusehens / vnd ein Wolcke nam jhn auff / vor jhren Augen weg.
V. 10. Vnd als sie jhm nachsahen gen Himmel fahren / sihe / da stunden bey jhnen zween Männer in weissen Kleydern / welche auch sagten:
V. 11. Ihr Männer von Galilea / was steht jhr vnd sehet gen Himmel? Dieser JEsus / welcher von euch ist auffgenommen gen Himmel / wird also kommen / wie jhr jhn gesehen habt gen Himmel fahren.
GLeich wie die Himmelfahrt Christi ein frölicher Schluß
Die Fürstenthumb vnd die Gewaltige / sind die Teuffel mit jhrem gantzen Reich / da sitzet der Sathan oben an als der Fürst / sein Bildnuß ist der alte Mensch / das machet eine Welt voll Gottloser Leuthe / dem folget nach der Todt vnnd das Verdamnuß / dises ist ein gewaltiges Fürstenthumb / vnd hält gefangen:
Erstlich den Gehorsamb / daß der Mensche nicht Macht habe Gott Gehorsamb zu leysten / sondern nur folgen den blinden Lüsten der Welt; hernach bindet es auch das Gewissen / daß es entweder keine Sünde empfindet / oder da es die Sünde empfindet / kein Ruhe haben kan / sondern in Sünden verzweiflen vnd verzagen muß.
Diese Gewalt hat vnser Heyland Christus vberwunden / vnd hat diß Fürstenthumb
außgezogen / vnd aller jhrer Macht beraubet / hernach hat er auch einen Triumph
vber sie gehalten / vnd sie öffentlich Schaw getragen / der gleich wie vormals /
die Siegesherren nach jhrem Sieg / einen Triumph zu halten pflegen / in welchem
die Feinde gebunden geführet würden / also hat auch vnser Siegesfürst nach
seinem Siegen die höllische Feinde für aller Welt gebunden vnd gefangen gezeygt
/ vnd jhre Macht zu Spott gemacht / einmal durch sein Aufferstehen vnd
Himmelfahrt / darauß alle Menschen sehen sollen / daß Sünde / Todt / Teuffel vnd
Hölle / denen der geereutzigte JEsus / im Rachen
Diesen Sieg vnd Triumph hält Christus durch sich selbst / dann wann andere Fürsten siegen / durch andere Stärcke vnnd Hülffe / so thutes Christus durch eigene Krafft.
Wie aber in der Welt niemand siegen vnd triumphiren kan / er habe dann zuvor gestritten / also hat auch Christus / zu diesem Sieg vnd Triumph anders nicht kommen können / als durch Arbeit vnd Leyden.
Hieher zehlen wir eine dreyfachte Zeit in der Wallfahrt Christi / 1. die Zeit deß Streits vnd Leydens / 2. die Zeit deß Sieges vnd Aufferstehung / 3. die Zeit deß Triumphs vnnd der Himmelfahrt / mit welchen er seinen Wandel auff dieser Welt glückselig beschlossen hat.
Diesen frölichen Schluß deß Wandels Christi träget vns für / die heutige Lection
/ welchen wir auch also wollen bedencken / daß wir dadurch angereitzet werden /
gleichfals vnsern Wandel dermal eins mit einer frölichen Himelfahrt zu schliessen.
WIe der Evangelist Lucas in seinem Evangelio die Lehre /
Ob Theophilus an welchen Lucas dieses schreibet ein gewisser Mann / etwa grosses Ansehens gewesen seyn / oder ob durch diesen Nahmen / ein jeglicher Christangeredet werde / welcher ist ein Theophilus / ein solcher Mensch der GOtt liebet / vnd von GOtt geliebet wird / davon wollen wir nicht streiten / sondern nur bedencken / wie Lucas sein Evangelium in einer kurtzen Summa wiederholet / nemblich / er habe geredet von allem dem / daß JEsus anfieng beyde zu thun vnd zu lehren / biß an den Tag / da er auffgenommen ward.
Hie berühret er zweyerley Zeiten Christi / die Zeit der Arbeit vnnd der Ruhe. Es
ist Christus kein Müssiggänger gewesen / sondern er hat viel gearbeytet / mit
Wolthuen / mit Lehren / mit
Es hat aber auch Christus seine Streitzeit endlich frölich beschlossen / vn ist auffgenomen worden gen Himel /
ehe er aber auffauffgenomen ist / hat er de
Aposteln welche er hatte erwöhlet / durch de H. Geist Befehl
gethan. Gleich wie verständige Leute / wann sie von der Welt sollen abscheyden /
jhr Hauß bestellen / Also hat auch Christus sein Hauß bestellet / vn bey seinen Jüngern verordnet / wie es nach seinem Abschiede / in
seinem Hause solle gehalten werden / in dem er das Predigampt eingesetzet
zuverkündigen allen Creaturen in seinem Nahmen Buß- vnnd Vergebung der Sünden.
Solche Anordnung hat er gemachet durch den Heyligen Geist / vnnd also durch eine
Göttliche Weißheit / dann es hat der Vatter seinen Sohn gesalbet / vnd mit dem
Heyligen Geist begabet / nicht auff gewisse Maß / sondern nach aller Fülle / vnd
von demselbigen Geist hat der HERR auch mitgetheylet seinen Jüngern / ohne
welches Krafft vnd Regierung sie jhr Ampt in dem Hause Christi nicht haben
verrichten können. Dieses ist angedeutet wann Johannes am zwantzigsten /
Christus seine Jünger angeblasen / da er jhnen diesen Befehl gethan hatte /
Von diesem allem / hat wie die andern Evangelisten / also auch Lucas geschrieben.
Nicht zwar ist alles auffgeschrieben /
Nach deme Lucas in diesem seinem andern Buch den Eingangsionis.
Erstlich / was der HERR nach seiner Aufferstehung vor seiner Himmelfahrt auff Erden gemacht hat. Zum andern / wie er durch seine Himmelfahrt den sichtbaren Wandel auff dieser Welt geschlossen hat.
Was das Erste anlanget / so schreibet Lucas / daß der HErrsionem.
Wann man nun wissen will / warumb Christus nicht alsbald nach seiner
Aufferstehung gen Himmel gefahren / vnnd was er noch auff Erden gemachet habe /
so zeyget es hie kürtzlich Lucas. Erstlich hat er sich nach seinem Leyden
lebendig erzeyget durch mancherley Erweisung / vnd hat sich sehen lassen vnter
jhnen 40. Tage lang / damit hat er seine Aufferstehung
Er hat sich aber lebendig erzeiget / durch mancherley Erweisung vnd Zeichen / da er mit jhnen gegessen / mit jhnen geredet / vnd sich hat fühlen vnd greiffen lassen / dann wie man daher weiß / daß ich ein lebendiger Mensch bin / weil ich mit andern Leuten vmbgehe mit jhnen rede / esse vnd trincke / von jhnen gesehen vnd begriffen werde / also ist das auch ein natürliches Zeichen gewesen / wann Christus nach seiner Aufferstehung mit seinen Jüngern sichtbarbarlich gewandelt hat.
Ob auch der HErr mit andern Wunder zeichen seine Aufferstehung bekräfftiget / finden wir nicht bey den Eyangelisten / ohne allein daß die Leiber der Heyligen / nach der Aufferstehung Christi / auß den Gräbern / die sich bey dem Todt Christi geöffnet hatten herfür getretten / vnnd vielen erschienen seyn. Diß ist nun eins daß Christus nach seiner Aufferstehung hat thun wollen; nemblich er hat sich durch mancherley Erweisung lebendig erzeiget.
2. Hat er mit seinen Jüngern geredet vom Reiche Gottes , 14, 17.en / darumb war es jhme auch alleine zu thun /
daher wolte er nicht von dieser Weltfahren / er hätte dann gute Ordnung gemacht
/ wie durch sein Wort im Glauben / das Reiche Gottes vnter den Menschen / solte
außgebreytet werden.
3. Weil zu solchem Werck Menschen Kinder GOtt erwöhlet hatte / die ohne Krafft
deß heyligen Geists hierinnen nichts vermögen / so versichert der HErr seinen
Jüngern die Verheissung deß heyligen Geistes / dann zuletzt als er sie
versamblet hatte / befahl er jhnen / jhr sollet nicht von Jerusalem weichen /
sondern auff die Verheissung deß Vatters warten / welche jhr von mir gehöret
habt / dann Johannes hat mit Wasser getauffet / jhr aber sollet mit dem heyligen
Geist getauffet werden / nicht lange nach diesen
Die herrliche Verheissung von dem Heyligen Geist ist in einer süssen Predigt auffgezeichnet Johannis am 14. 15. vnnd 16. Capitel / dieselbe bekräfftiget den Aposteln der HErr / da er sie nun zuletzte versamblet hätte von jhnen zu fahren. Er will aber das nach seinem Befehl die Jünger zu Jerusalem bleiben / vnnd auff seine Verheissunge warten. Nemblich wo Christus den H. Geist zu geben versprochen / da muß man auch deß Heyligen Geistes warten.
Es nehmen die Apostel Gelegenheit durch solche Verheissunge eine Frage
anzustellen / den die so zusammen kommen
Es antwortet aber der HErr seinen Jüngern: Es gebühret
Hiemit antwortet Christus auff die fürgelegte Frage / durch nein vnd ja / verweiset sie auff jhr Ampt / vnd zeuget was von jhnen geschehen soll oder nicht. Erstlich spricht er: Euch gebühret nicht zu wissen Zeit noch Stunde / das ist / was in künfftigen Zeiten geschehen soll; Vrsach: Dann solches hat der Vatter seiner Macht vorbehalten.
Es hat zwar GOtt durch seine Propheten / allermeist durch Daniel / vnd in der
Offenbahrung Johannis in gemein etwas angedeutet / wie es in dem Regiment / vnd
in der Kirche Gottes würde daher gehen / das meiste aber hat der Vatter
vorbehalten seiner Gewalt. Wie er alles weiß / vnd alles zu thun Macht hat /
nach seinem Willen / also hat ers auch seiner Macht vorbehalten / was zu
Nach deme der HErr den Jüngern gezeyget / was jnen nicht gebühret / zeygeter jhnen auch fürs ander jhr rechtes Ampt / was sie bey dem Reiche Christi thun sollen / nemblich sie sollen mit Lehren vnd Predigen Christi Zeugen seyn / vnd solch Zeugnuß soll nicht alleine in Judea vnd Samaria / sondern in aller Welt geführet werden / darzu verheisset er jhnen auch nochmalen die Krafft deß heyligen Geistes. Also will der HErr daß seine Diener / in aller Welt mit Fleiß sollen jhr Ampt thun / den Außgang aber / was GOtt jeder Zeit vnnd Stunde schicken wolle / GOTT befehlen.
Diß sind die Händel / die der HErr JEsus nach seiner Aufferstehung mit seinen
Jüngern getrieben / er hat sie wöllen bekräfftigen in seiner Aufferstehung / in
der Außbreytung deß Reichs GOttes / vnd in der Außgiessunge deß heyligen
Geistes. Darauff folget nun die Auffarth / damit der HErr seinen sichtbaren
Die Zeit der Auffahrt ist vorhin genennet / da gesagt ist / daß der HErr nach seinem Leyden seinen Jüngeen sich lebendig erzeyget habe viertzig Tage lang / dann er hat nicht wollen von jhnen scheyden / er hätte sie dann zuvor gnugsamb gegründet.
Der Orth wird in diesem Capitel auch namhafftig gemachet / wan
gemeldet wird / daß nach der Aufffahrt Christi / die Jünger vmbgewandt haben gen
Jerusalem von dem Berge / der da
Die Art der Aufffahrt ist augenscheinlich allhier beschrieben / dann er ist auff gefahren offenbarlich / in beyseyn vieler Zeugen / wie er all sein Werck öffentlich gethan / so hat er auch seinen Triumph nicht ohne Zeugen halten wollen / vnnd will daß seine Auffarth von allen erkandt werde.
Er ist auffgehaben sichtbarlich / vormalen ist der Leib deß HErrn etliche mahl
verschwunden / als bey den Jüngern zu Emaus
Er ist aber auch auff gefahren Majestätisch vnd herrlich / dessen Anzeygung ist
der Dienst der heyligen Engel / dann es meldet Lucas / als die Jünger JEsu
nachsahen gen Himmel
Die zween Männer / sind zween Engel / welche dem Ansehen nach in männlicher
Gestalt erschienen seyn / sie werden gesehen / eben wie auch bey der
Aufferstehung Christi mit weissen Kleydern / anzudeuten / daß sie seyn Kinder
deß Liechts / vnd keusche reine Geister / vnnd weil die zween Engel sichtbarlich
sich haben sehen lassen / geben sie zuverstehen / wie viel tausendt heyliger
Engel vnsichtbarer Weise / dem HErrn in seiner Auffahrt gedienet / nicht zwar
daß der HErr von nöthen gehabt der Dienst der Engel / die jhn solten haben
auffheben / wie Elias durch fewrige Roß vnd Wagen auffgenomen ist
/ die weil er durch eigene Krafft durchgebrochen / vnd durch sich selbsten einen
Triumph gehalten / so viel höher geworden als die Engel / so viel einen höheren
Nahmen er bekommen hat. Das gantze himlische Heer hat diesen einzug jhres
Schöpffers / müssen herrlich machen mit jhrem Dancken
Es thun diese Engel eine Himmelfarths-Predigt: Ihr
Ist derowegen die Himmelfahrt Christi nicht eine schlechte Verwechselung deß
Orths / sondern eine solche Erhöhung deß
Wo wir weiter mit fleischlichen Sinnen wollen nachforschen / wie es mit der Aufffahrt Christi zugegangen / vnd wie er zur Rechten GOttes erhaben / so haben es die Engel verbotten / mit fleischlichen Augen gen Himmel zu sehen / vnd hat auch eine Wolcke den Leib deß Herrn bedecket / daß wir mit fleisches Augen nichtes davon sehen werden.
Nun die Engel wollen nicht haben / daß wir mit fleischlichen Augen dem HErrn JEsu gen Himmel nachsehen / doch ist jhr Begehren nicht / daß wir nicht jmmerdar mit Glaubens Augen jhme nachsehen solten. Darumb wie wir gesehen / daß vnser HERR vnnd Heyland / seines Lebens Lauff mit der Himmelfahrt geschlossen / so sollen wir auch gedencken vnsern Lauff / mit einer Himmelfarth zu schliessen / daß wir seyn wo Christus ist.
Da kan vns nicht besser gerathen werden / als daß wir Christo nachlauffen / dann
er kan vns mit seinem Exempel nicht betriegen. Wann wir durch den Glauben seine
Glieder geworden sind / so gibt er vns auch seinen Geist / der vns nach Christi
Weiß vnnd Wolgefallen regieret / von diesem Geist müssen wir vns regieren lassen
/ vnd in vnserm gantzen Lauff auff Christi Weise vnd Wolgefallen sehen. Solches
erfordert die Liebe / wer Christum liebet / der liebet auch sein heyliges Leben;
solches erfordert Christus selbst / wann er spricht: Wer mein Jünger seyn will /
der nehme sein Creutz auff sich / vnd folge mir nach. Das Leben Christi ist dem
Fleische bitter vnd schwer / man frage nur einen Welt Christen / ob er Lust habe
sein Leben nach dem Leben Christi anzustellen /
Wie vnser lieber Heyland sein gantzes Leben gerichtet hat zu vnserem Heyl / so
soll auch billich vnser gantzes Leben zu seinen Ehren gerichtet seyn. Er hat vns
gedienet mit Lehr vnnd Leben biß an seinen Todt / vnd nichts vnterlassen von
allem / damit er vnser Seligkeit befördern köndte. Nach seiner Aufferstehung hat
er sich enthalten 40. Tage / von dem Eingange zu seiner Herrligkeit / vmb nichts
anders als auß Liebe gegen vns / daß er den Weg zur Seligkeit den armen Menschen
bekräfftigte / vnnd durch sein Predig-Ampt / sein Reich bey vns anstellete. Was
were vns doch mit dem gantzen Leben Christi gedienet gewesen / wann er seine
Apostel nach seiner Aufferstehung hierin nicht gegründet vnd bekräfftiget hätte?
Durch seine Himmelfahrt hat er vnsere Seligkeit vollenführet / vnd vns eine
Stätte im Himmel bereytet / hat er nun in seinem gantzen Lebenslauff biß zu
seiner Himmelfahrt nichts anders dann vns vnd vnsere Seligkeit gesuchet / was
solten wir dann in vnserm
Der Apostel Petrus gibt vns denselben Rath mit solchen Worten: Demütiget euch vnter die gewaltige Hand GOttes daß er euch erhöhe zu seiner Zeit. Christus ist erhaben zu der gewaltigen Handt GOttes / wilst du daß er dich auch erhebe / so demütige dich vnter seinen Gewalt / daß du dich regieren lassest von seinem Geist / nach seiner Weiß vnd Wolgefallen. Demütiget euch vnter seine Gewalt / so wirdt er euch erheben.
Weiter wollen wir dermahl eins Christo gen Himmel nachfahren / so müssen wir auch jetzt mit dem Gemüthe bey Christo im Himmel wohnen / das gehöret mit zur Nachfolge Christi / darzu ziehet vns sein Geiste. Mit dem Leibe seynd wir zwar auff Erden / mit dem Gemüthe aber müssen wir seyn im Himmel. Im Himmel ist vnser Schatz / im Himmel ist vnsere Liebe / vnnd was ist es / daß wir nicht durch die fröliche Himmelfahrt Christi hoffen können? Frewe dich Fleisch vnnd Blut / dann du besitzest schon den Himmel in deinem JEsu / auß solchem Grunde singen wir:
Darumb müssen wir also bey Christo im Himmel wohnen / daß vnser Hertze an dem
Zeitlichen nicht hange / dann es ist zeitlich / vnd kan nach dem Todte in
Ewigkeit nichts helffen. Suchet nicht was drunten ist / sondern was droben ist /
da Christus ist. Welcher dazu keine Begierde empfindet / sondern nur seine Lust
in der Welt suchet / der ist zum allerwenigsten ein schwacher Christ / dann es
ist nicht wol müglich / daß vnsere Seele durch den Geist mit Christo solte
verbunden seyn / vnnd solte nicht mehr gen Himmel zu Christo gezogen werden als
zur Welt / wann aber das Gemüthe zu Christo gezogen / vnnd nicht an der Erde
hanget / so vbergibt es sich vnter den Willen GOT tes / vnnd ist zu Frieden /
was vns GOtt zuschicket / vnd weil es sein Glücke auff dieser Erden nicht suchet
oder findet / begehret es nur mit Paulo auffgelöset / vnd bey Christo zu seyn.
Erfrewet sich mit Todtesgedancken / vnd hält den Todt auch für seine Himmelfahrt
/ vnnd einen seligen Schluß seiner Wanderschafft. Vnnd wie solten wir vns nicht
frewen gegen dem Augenblick / da vnsere müheselige Wanderschafft / so selig mit
einer Himmelfahrt geschlossen wird?
Hilff lieber Heyland JEsu / daß wir mit den Augen deß Glaubens jmmer dir nachsehen / damit in der Pilgerschafft wir also wandlen / daß auch wir endlich / durch dich vnd zu dir gen Himmel fahren. Amen.
V. 8. LIeben Brüder / so seyd nun mässig vnnd nüchtern zum Gebett. Vor allen Dingen aber habt vnter einander eine brünstige Liebe / dann die Liebe decket auch der Sünden Menge.
V. 9. Seyd Gastfrey vnder einander ohne Murmeln.
V. 10. Vnnd dienet einander / ein jeglicher mit der Gabe / die er empfangen hat / als die guten Haußhalter der mancherley Gnaden Gottes.
V. 11. So jemand redet / daß ers rede als GOttes Wort. So jemand ein Ampt hat / daß ers thu als auß dem Vermögen / daß GOtt darreycht / auff daß in allen Dingen Gott gepreiset werde / durch JEsum Christ. Welchem sey Ehre vnd Gewalt von Ewigkeit zu Ewigkeit / Amen.
GLeich wie die Engel bey der Auffarth Christi vns eine Erinnerungeen wird zu
richten die Lebendigen vnd die Todten.
Bey des hilfft viel zur Beförderung der GOttes Furcht /el
gefahren / sollen wir nit gedencken / als wann er so ferne von vns gewichen /
daß er vnsers Thun nicht achte / sondern er hat sich gesetzet zur Rechten GOttes
deß Allerhöchsten / da jhm der Vatter vbergeben hat / alle Gewalt im Himmel vnnd
auff Erden / so spricht er auch selbsten: Sihe / ich bleibe bey euch alle Tage /
biß ans Ende der Welt. Wie nun ein Mensch sich fürchtet vnverschambter Weise
böses zu thun / für den Augen eines ehrbaren Menschen / also soll auch ein
Christ / sich fürchten böses zu thun / für den Augen seines Allgegenwärtigsten
Heylandes. Wiederumb wann wir wissen / daß vnser Christus wieder kommen werde /
zu richten die
Wann der Apostel Petrus im 4. Capitel seiner ersten Epistel / vns zum
Christlichen Wandel anreitzet / führet er vns auch auff die Betrachtung der
Wiederkunfft Christi vnd deß zukünfftigen Gerichtes. In gemein gehet seine
Vermahnung dahin / daß wir mit Christo am Fleisch leyden / welches nicht ist /
Trübsal erdulden selbe Geist / das ist / bereytet euch auch
am Fleische zu leyden Die Erklärung folget bald darauff: Wer am Fleische leydet
/ der höret auff zu sündigen / als wolte er sagen / wann jhr wollet Christen
seyn / so müsset jhr auch Christi Sinn haben / wie nun Christus am Fleische
gelitten hat / so muß auch ewer Sinn seyn am Fleische leyden / welches in euch
geschiehet / so jhr euch in wol vnd weh dem Willen GOttes vntergebet / vnnd
durch den Geist deß Fleisches Geschäffte tödtet. Wer das thun will / der muß
Damit man aber nicht dencke es ist noch lange dahin / setzet Petrus hinzu: Es ist
nahe kommen das Ende aller Dinge /
Es ist kommen das Ende aller Dinge / alles sichtbares Wesen muß balde vergehen /
das Leben weret nicht lange / so weret auch nicht lange die Wollust der Welt /
vnnd verlässet vns gar balde / was wird es vns dann für Nutzen bringen? Wann
auch endtlich Christus erscheinen wird / als ein Richter der Lebendigen vnd der
Todten / so wird ers gantz vnd gar ein Ende machen / mit dem sichtbaren Wesen
der gantzen Welt / als dann wehe denen / die jhr Leben zubracht haben / nach
Heydnischem Willen in der
Es führet vns auch der Apostel zugleich / mit der Erinnerung / deß vorstehenden
Endes / auff die Betrachtung der vorigen Zeit / daß wir gegen ander halten / wie
lange Zeit wir vorhin / den menschlichen Lüsten gedienet / vnd was noch von
vnserm Leben überig / welches vielleicht wenig ist / dann es ist nahe das Ende
aller
Kompt dir nun der Welt Glantz lieblich vor / so gedencke: Es ist nahe komen das Ende aller Dinge. Kompt dir das Christliche Joch dein
Fleisch zu creutzigen schwer für / da doch andere nach jhres Hertzen Lust leben
/ so gedenck abermal: Es ist nahe kommen das Ende aller Dinge.
Das ist nun der Grund / darauffer der heylige Apostel Petrus ferner bawet / seine
Vermahnung zum Gebett / vnd zu Vbung der Liebe. Dann weil wir wissen / daß nahe
ist das Ende aller Dinge / da Christus wieder kommen wirdt Gericht zu halten /
müssen wir vns in Bereytschafft halten / fertig zum Gebett / vnnd vnnachlässig
zur Liebe. Darumb wollen wir auch diese beyde Stück deß
EBen wie von Christo Petrus saget: Er ist bereyt zu richten die Lebendigen vnd die Todten: Also soll es auch bey vns heissen: Wir seynd bereyt zu erscheinen für dem Richter der Lebendigen vnnd der Todten. Christus hat sich all zugerüstet / vnd zum Gerichte alles fertig gemacht; lasset vns auch alle zeit fertig seyn: Das geschicht durch stätige vnd lebendige Vbung deß Glaubens / erstlich zwar / daß wir meiden die sündliche Luste / vnnd nicht wandeln nach heydnischer Weise in Vnzucht / Lüsten / Fressen / Sauffen / vnnd allerley Vngerechtigkeit. Hernach daß wir auch gutes thun / vnd zwar absonderlich werden vns hie vom Geist GOttes zwey Stück der Christlichen Vbung fleissig anbefohlen / Gebett vnd Liebe.
Dann erstlich spricht Petrus: So seyd nun mässig vnd
Hierumb hat Petrus durch den Geist GOttes / denen die da wollen bereyt seyn gegen
das Ende aller Dinge / diesen Rath gegeben / seyd mässig vnd nüchtern zum
Gebett: Haben wir keine Trübsal / vnd Noth / die vns zum Gebett treibet / ist
doch der Teuffel nahe / der ist viel gieriger nach der Seel / als der Wolff nach
den Schafen / vnd setzet vns zu mit vielerley Anfechtung / vnd ist leicht
geschehen / daß wir von rechtschaffenem Wandel in Christo abgeführet werden. Da
ists noth / daß ein Christ sich verwahre
Es kan zwar der Zustandt deß dürfftigen Fleisches nicht zulassen / daß wir stäts
im Werck beten; dann auch vnser Beruff vnd Dienst deß Nächsten vns vom Gebett
abfordern; doch sollen wir stäts bereyt seyn zum Gebett. Daher die Außerwöhlten
verglichen werden den fünff klugen Jungfrawen / die jhre Lampen fertig hielten /
vnd in Bereytschafft stunden / vnnd warteten auff den Bräutigam. Vnnd das ist
dazu vns Petrus vermahnet: Seyd mässig vnd nüchtern zum Gebett; wie auch vnser
So viel weltliche Luste vnd Sorge betrifft / kan ein jeglicher geübter Christ
leicht ermessen / daß es der Andacht im Gebett keinen grossen Vortheyl bringe /
dann es nimbt das Hertze ein / daß es sich nicht von der Erde zu GOtt in Himmel
erheben kan; da muß dann an vns erfüllet werden / was der HERR gesprochen hat:
Niemand kan zween Herren dienen / entweder er muß einen verlassen / vnnd dem
andern anhangen Ihr
Wann Vppigkeit vnnd Vollerey kein gemein Ding were / solte es einen Wunder nehmen
/ daß beym Christenthumb einer köndte so frech vnd sicher seyn / vnd nur auff
deß Fleisches Lust gedencken. Da ist Anfechtung vnd Noth; da ist Teuffel / Welt
vnd Fleisch; das will alles an vns / vnnd seynd wir kein Augenblick deß Endes
sicher; da hätten wir ja wol was anders zu thun / als im Sause leben / vnnd gut
Gemach in der Welt suchen. Aber vnsere Christen seynd sicher worden / vnd
bekümmern sich vmb die Welt / in allen Geschäfften hat sie jhr Rück
kehren / daß sie offt an jren Liebhaber gedenckt / offt zu jhm seufftzet; Ach
HERR / ach mein GOTT / du Liebhaber meiner Seelen; ach HERR sey gnädig; hilff
HERR / ach mein GOtt! Seyt mässig vnd nüchtern zum Gebett. Ist eines.
Zum Andern spricht Petrus: Für allen Dingen aber habt vntereinander eine
brünstige Liebe / dann die Liebe decket auch der Sünden Menge. Diß hält vns für
das ander
Darumb vermahnet Petrus: Für allen Dingen habt vnter einander eine brünstige
Liebe / dann die Liebe decket auch der Sünden Menge. Der Christen Liebe muß
nicht seyn eine schlechte Liebe / sondern eine brünstige vnnd . Daß ist nicht geredt von
vnsern eignen Sünden / die wir an vns tragen; dan darzu gehöret
eine andere Liebe / die sie decke; nemblich die Liebe Gottes in Christo JEsu. Es
wird aber geredet von den Sünden vnd Beleydigungen vnsers Nächsten / welche
durch vnsere Liebe / wann sie Christlich ist / bedeckt werden können vnd sollen.
Dann es hat Petrus diesen Spruch genommen auß den Sprüchworten am 10. Da also
geschrieben stehet: Haß erreget Hader / aber Liebe
In deme aber Petrus die Liebe also beschreibet: Sie decket der Sünden Menge; thut
er zweyerley; Erstlich zeyget er an der Christlichen Liebe Art vnd Brünstigkeit;
hernach preiset er damit zugleich die Liebe. Die Liebe ist so brünstig / daß sie
nicht leicht verlöschet. Wiederfährt jhr schon viel böses / so hat sie viel
Fewer bey sich / daß sie das Vbel wol verzehren kan. Sie erduldet nicht allein
vnnd erträget das böse / sondern decket auch / will alles gern zum besten kehren
/ vnd redet nichts böses vom Nächsten; Sie decket aber nicht eine oder zwey
Beleydigungen / sondern die Menge der Sünden. Merckts / die jhr offt klaget /
jhr seyt gar zu sehr beleydiget; die Christliche Liebe verträget nicht wenig ermehr keine Beleydigung geschehen were. Solche Antwort
bekam Petrus selbst von vnserm HERRN Christo / als er denselbigen fragte: Wie
offt soll ich im Tage meinem Nächsten vergeben / ists genug siebenmal; dann der
HERR sprach: Nicht siebenmal / sondern siebentzig mal siebenmal. Also gar ist
die Christliche Liebe viel anders als die Welt Liebe. Die Weltkinder lieben sich
auch / aber so lang jhnen gutes / vnd nicht böses geschicht; wiederfähret jhnen
etwas zu nahe / so höret die Liebe auff / vnd wird die Feindschafft so vil
grösser / als viel grösser die Freundschafft gewesen ist. Da höret man offt
solche Rede: Ich habe den Menschen so lieb gehabt / ich hätte wol das Hertz im
Leibe mit jhm theilen wollen / vnnd er thut mir das zuwieder. So lang ich lebe /
begereich keine Freundschafft mehr mit jhm zu halten. Wo bleibt da die
Christliche Liebe / die der Sünde Menge zudecket / vnnd in die Erde
verscharret?
Es ist aber damit der Obrigkeit vnd Haußvättern jhr Recht nicht benommen / sie müssen straffen / darzu seynd sie gesetzet. Wie wolte sonsten dem bösen gewehret werden? Ja ein jeglicher / wann er den Nächsten sihet böses thun / mag er jhn brüderlich vermahnen vnd straffen; dann die Liebe wehret dem bösen / vnnd den Schaden deß Nächsten / wo sie kan vnd mag. Wo man nun Gewissens vnd Ampts halben nicht auffdecken vnd straffen muß / daß dem bösen gewehret werde; da behält die Liebe jhr Eigenschafft; die hasset nicht / lässet sich nicht verbittern / decket die Schande nicht auff / ist nicht rachgierig / vnd will gerne vergeben.
Diese Eigenschafft erhebet die Liebe sehr hoch / dann wir müssen nicht em solches
Christenthumb erdencken daß ohn Mangel ist. Wo Leuthe bey einander leben / da
findet sich Sünde. Da thut einer nicht allzeit / was dem andern wolgefällt. Wann
dann einer nichts ertragen wolte / der würde gar zu ein stoltzer Heyliger
Es setzet der Apostel hinzu zwey Stücke / darinnen sich die
Das erste Stücke / vom Gastfrey seyn. Zeyget an die Liebes in der ersten Kirchen die
verfolgten Christen offtmal musten in der jrre herumb gehen; vnd auch noch heute
leicht sich begeben kan / daß ein Christ am frembden Orth Wohnung vnd
Auffenthalt suchen muß. Wie muß sich die Liebe gegen solche Leuthe halten? Seydt
Gastfrey / spricht Petrus. Es sollen sich Christen hüten / solche Leuthe nicht
zu drücken / sondern sollen vielmehr denselben helffen / nach Vermögen
mittheilen / vnnd allen guten Willen erzeygen: Das gefällt GOTT wol / dann er
nicht hie allein durch seinen Apostel Petrum sagt: Seydt Gastfrey; sondern auch
durch Paulum zun Römern am 12. Nehmet euch der heyligen
Hieher gehöret auch alle Gutthätigkeit / die man dem dürfftigen vnd nothleydenden
Nächsten erzeygen kan. Dann wer etwas hat / ist schuldig mitzutheilen von dem
daß er hat / dem der es nicht hat / vnd doch desselben bedarff. Als so einer
Hauß / Fewer / vnnd Brodt hat; ein ander hat es nicht / muß vnser Vberfluß
dienen anderer Leute Mangel. So aber jemand dieser Welt Güter hat / vnnd sihet
seinen Bruder darben / vnnd schleußt sein Hertz für jhm zu / wie bleibt die
Liebe Gottes
Was man aber gutes thun will / das thue man mit willigem Hertzen ohne Murmeln.
Seydt Gastfrey vntereinander ohne Murmeln. Dann wer mit Vnwillen gutes thut /
hat seine Gaben zu nichte gemachet. Aber einen frölichen Geber
Das ander Stück erstreckt sich weiter auff allerley Gaben: Dienet einander / ein
jeglicher mit der Gabe / die er empfangen hat / als die guten Haußhalter der
mancherley Gnade GOttes. Hie wird geredet von allerley Gaben / die GOtt auff
mancherley Weise vnter den Menschen außtheilet / sie seyn groß oder klein. Ein
jeglicher hat etwas vnd kan etwas; kan er nicht mehr / so kan er betten. Wer nun
etwas kan vnd vermag / der soll darinnen die Liebe beweisen / vnnd mit seinem
Vermögen vnd Gaben dem Nächsten dienen. Sihe / wie die Gaben vns nicht zu Herren
machen vber andere / sie zuverachten / sondern zu
Lasset vns aber ansehen die Exempel dieser Regel / die Petrus
Das erste Exempel: So jemand redet / daß ers rede als GOttes Wort. Wer dazu
gesetzet ist / daß er in öffentlicher Kirchen reden vnnd lehren soll; der hat
auch seine Gabe; wie soll er derselben gebrauchen / daß er in der Liebe dem
Nächsten diene? Der Apostel antwortet: Wer redet / der rede als Gottes Wort; das
ist / mit solcher Demuth / Andacht / Ehrerbietung vnnd Sorgfältigkeit / als sich
gebühret GOttes Wort zu reden. Eben so redet GOtt der HERR ernsthafftig beym
Jeremia am 23 Cap.
Das ander Exempel erstreckt sich weiter auff alle Aempter
Hie muß ein Christ allezeit auff zweyerley sehen / auff Gott vnd auff den
Nächsten: Auff GOtt als von welchem er Bestallung hat: Auff den Nächsten / als
der den Nutz auß vnserm Dienst vnd Ampt haben soll. Das muß in acht genommen
werden in allen Ständen. Da soll niemand also dummerweise dahin arbeiten / daß
er nicht bedencke wem er diene / oder in wessen Bestallung er sey. Wann einer in
seiner Handthierung nicht weiter sihet als auff eignen Nutz vnnd Vnterhaltung /
was thut er mehr als ein Heyde? Christen sollen gedencken; sihe hie stehe oder
sitze ich in meinem Beruff / darzu GOtt mich beruffen hat / was ich thue / thue
ich GOtt meinem HERRN zu Ehren vnd Gehorsamb / den Nutzen empfanget mein
Nächster / vnnd mir auch gibt GOtt dadurch mein
Diese Vermahnung beschleusset Petrus mit einer Vrsach / darin er den Zweck deß
gantzen Christlichen Wandels zeyget / wozu vnnd warumb man sich deß guten
befleissigen soll; nemblich / auff daß in allen Dingen GOtt gepreiset werde /
durch
Der Grund deß preises Gottes bey den Menschen ist Christus JEsus / denn so lang wir keinen Christum haben / seynd wir Feinde GOttes / wann aber Christus geboren wird / alsdann singen die Engeln Ehre sey GOTT in der Höhe. Da findet GOtt Ehre bey den Menschen / vnd die Menschen finden Wolgefallen für GOtt. Gleich wie wir durch Christum JEsum Gottes Kinder werden. Also können wir auch alleine nur durch Christum JEsum GOtt preisen.
Das geschicht nicht allein mit Worten / sondern mit dem Leben. Wann wir vns durch
Christum zum guten wenden / so wird GOtt gepreiset. Vnser armes Thun ist doch
gering / dennoch wann wir durch Christum vns deß guten befleissigen / heisset
es; GOtt werde von vns gepreiset. Also ists GOttes Preiß / wann wir durchs
glaubige Gebett vns zu jhm halten / allen Hülff / Trost vnd Seligkeit bey ihm
suchen. GOttes Preiß ists / wann wir zum Gebett vns nüchtern vnd mässig halten /
vnnd vns hüten für Fleisches Luste / daß dieselbe vns von GOtt nicht abreisse.
GOttes Preiß ists / wann wir streben nach brünstiger Liebe / vns einander
zuvergeben vnnd zu dienen in der Liebe. Darbey merckt man / daß
Nun sihestu / lieber Christ / wohin du mit deinem guten Christlichen Wandel
zielen / vnd warumb du gutes thun sollest. Einem Christen soll ja billich lieb
seyn alles / dadurch Gott gepreiset wird / dafern vns anders die Ehre GOttes
angelegen ist. Ein Weib suchet gern die Ehre jhres Herrn / ein Sohn thut gern /
dadurch sein Vatter gepreiset wird / vnd also in gemein wen ich liebe / dessen
Ehre sehe ich gerne befördert. Lieben wir dann GOTT / so suchen wir auch seine
Ehre / vnd thun gerne dadurch GOtt gepreiset wird. Nun wird GOTT gepreiset /
durch heyligen Wandel. Solten dann Christen nicht eifferig seyn zum heyligen
Wandel / nur daß jhr Gott gepreiset würde? Da kan man sagen: Ehre vnd Gewalt sey
Christo JEsu von Ewigkeit zu Ewigkeit. Wir singen offt in der Gemeine: Lob sey
der Heyligen Dreyfaltigkeit / von nun an biß in Ewigkeit. Der diß singet / vnd
dienet GOtt nicht / sondern bleibt in seinem ruchlosen Weltwandel / der bedenckt
nit was er singe. Der nicht ist ein Diener Gottes in einem Christlichen heiligen
Wandel / der singet mit seinem Leben also: Ehre sey GOtt im Himmel / aber nicht
auff Erden. Ehre sey Gott in Ewigkeit / aber nicht von nun an. Ehre sey Gott bey
den Heyligen / aber nicht bey mir. Das mögen ja feine Christen seyn. Darumb
wan du singest oder betest; Ehre vnd Gewalt sey Christo
Schet wie fein vnd fleissig der H. Geist vns ermahnet / er höret
Darumb gedenckt ans letzte Ende / vergesset nicht / daß jhr sollet ein Preiß GOttes seyn. Dann diß / welches wol zu mercken in heutiger Epistel / seynd zwey vornehme Stücke / darauff ein Christ im heyligen Wandel sehen soll. Wann der Apostel Petrus seine Vermahnung zum Christlichen Wandel anfahet / so leget er den Grund in der Betrachtung deß zukünfftigen Endes: Es ist nahe kommen / das Ende aller Dinge. Die Ruchlosen werden Rechenschafft geben müssen / dem der bereyt ist zu richten die Lebendigen vnd die Todten. Zum Beschluß aber der heutigen Vermahnung / weiset er vns auff die Ehre Gottes durch Christum JEsum.
So lasset nun das ewre Lustseyn / daß Gott in euch gepreiset werde durch Christum
Jesum. Die Seelen die es recht mit GOtt meynen / sprechen auß der andern an die
Corinther am 5. Wir befleissigen wir im Himel seyn / dann vnser
Burgerrecht / vnd Erbe ist im Himel; so lange wir auf Erden seyn
/ so lange wallen wir / vnd wandeln in der Frembde. Gleich wie wir nun Lust
haben Gott wol zugefallen / wann wir daheim seyn / so befleissigen wir vns auch
jhm zu gefallen / so lang wir wallen. Es komme Christus nun oder vbers Jahr / so
soll doch ein Christ bereyt seyn allezeit / Gott zu gefallen. So wird dann auch
vns das Ende nicht schröcklich fallen.
Begerestu aber zu wissen / wie du mögest Gott in deine Wandel wol
gefallen / so hat der Apostel Petrus dich hie auff 2. Haupttugenden gewiesen.
Erstlich / daß du nüchtern vnd mässig dich haltest zum Gebett; Zum andern / daß
du in der brünstigen Liebe deinen Nächsten ertragest / wann ers versihet; vnd
dienest nach der Gabe / die Gott darreychet / wo er deiner bedarff. Darinne übe
dich / so wirstu Gott nicht mißfallen. Mit dem Hertzen diene Gott / mit den
andern Kräfften vnd Vermögen diene deinem Nächsten: so dienstig e: Ey du frommer vnd getrewer Knecht / du bist
vber wenigem getrew gewest / gehe ein in deines Herrn Frewde.
Ach HERR / es ist dein Geschenck vnd Gab / mein Leib vnd Seel vn
was ich hab / in meinem gantzen Leben; damit ichs gebrauch zum Lobe dein / zu
Nutz vnnd Dienst deß Nächsten mein / wollest mir deine Gnade geben. Ja HERR
deine Gnade wollestu mir darzu geben durch Christum JEsum / dem sey Ehr vnd
Gewalt / von Ewigkeit zu Ewigkeit / Amen.
V. 1. VNd als der Tag der Pfingsten erfüllet war / waren sie alle einmüthig bey einander.
V. 2. Vnd es geschahe schnell ein brausen vom Himmel / als eines gewaltigen Windes / vnd erfüllet das gantze Hauß / da sie sassen.
V. 3. Vnd man sahe an jhnen die Zungen zertheilet / als weren sie fewrig / vnnd er satzte sich auff einen jeglichen vnter jhnen.
V. 4. Vnnd wurden alle voll deß Heyligen Geistes / vnd fiengen an zu predigen mit andern Zungen / nach dem der Geist jhnen gab auß zusprechen.
V. 5. Es waren aber Juden zu Jerusalem wohnend / die waren Gottsförchtige Männer / auß allerley Volck / daß vnter dem Himmel ist.
V. 6. Da nun dise Stimme geschach / kam die Menge zusammen / vnd wurden verstürtzet / dann es höret ein jeglicher / daß sie mit seiner Sprache redeten.
V. 7. Sie entsatzten sich aber / verwunderten sich / vnd sprachen vntereinander: Sihe / sind nicht diese alle / die da reden / auß Galilea?
V. 8. Wie hören wir dann ein jeglicher seine Sprache / darinnen wir geboren sind?
V. 9. Parther vnd Meder / vnd Elamiter / vnnd die wir wohnen in Mesopotamia / vnd in Judea / vnd in Cappadocia / Ponto vnd Asia.
V. 10. Phrygia vnd Pamphilia / Egypten vnd an den Enden der Lybien / bey Cyrenen vnnd Außländer von Rom.
V. 11. Juden vnd Judengenossen / Creter vnnd Araber / wir hören sie mit vnsern Zungen die grossen Thaten Gottes reden.
V. 12. Sie entsatzten sich alle / vnnd wurden jrre / vnnd sprach einer zu dem andern: Was will das werden?
V. 13. Die andern aber hattens für einen Spott / vnd sprachen: Sie sind voll süsses Weins.
NIcht ohne sonderliche Fürsehung ists geschehen / daß beydes die
Ostern vnnd Pfingsten newes Testaments eingefallen seynd / eben auff die Zeit
der Ostern vnnd Pfingsten altes Testaments. Bey dem Außzug der Kinder Israel auß
Egypten hatte Gott das Osterfest zum Gedächtniß deß Außgangs ; fünfftzig Tage hernach auffs Pfingst-Fest wird
der H. Geist vber die Jünger Christi sichtbarlich außgegossen. Damit hat GOtt
vns außdrucklich geführet auff die Betrachtung vnnd Gegensatz der beyden
Wolthaten / da er vormals seinem Volcke das Gesetz gegeben hat schrifftlich in
steinern Taffeln / nun aber geistlich ins Hertz durch seinen Geist.
Bey des ist gut vnd eine herrliche Gabe / aber eines viel herrlicher als das
ander / wie davon weitläufftig geschrieben stehet in der 2. Corinth am 3. Das
Gesetz hatte seine Herrligkeit vnd Klarheit
Das Gesetz ist ein todter Buchstabe / vnnd macht das Hertz nimmer fromb / dann es
ist geistlich / vnd erfordert den Gehorsamb deß Geistes / GOtt zu Lobe zu
verrichten / was er gebeut / vnnd zu hassen / was er verbeut / vnd das von
gantzem Hertzen / von gantzer Seelen / vnnd auß allen Kräfften; der Mensch aber
ist fleischlich gesinnet / vnd da er ja mit eusserlichen Sitten sich nach GOttes
Gesetz hält / so ist doch im Hertzen vnd Gemüthe eine Wiederwilligkeit / daß wir
das gute zu GOttes Ehren mit Luste nicht thun /
Zum Fürbilde ward das Gesetze im schröcklichen Gewitter mit Blitz vnnd Donner
gegeben: Dessen sich auch im 68. Psalm
Ein Exempel dessen was das Gesetz würcket / findet man im Cain. Nach dem der
selbe seinen Bruder ermordet / ist er sicher / vnd darff trotziglich zu GOtt
sprechen: Bin ich ein Hüter meines Brudern? Da aber das Gesetze auff wacht vnnd
schreyet? Was hastu gethan? Da fangts an zu blitzen vnd zu donnern in der
sündhafftigen Seelen / daß er rieff: Meine Sünde seind grösser dann . 12, 70.
Was dünckt euch nun / lieben Christen / wann jhr nicht mehr wisset / als das Gesetz euch lehret / was würdet jhr für Trost haben. Zwar man muß Gott dancken / daß er durch sem Gesetz seinen heiligen Willen vns offenbaret hat / ich sage aber / wüsten vnd hätten wir nichts mehr / würden wir wenig Trost vnd Frewde finden.
Nun aber lobe den HERRN meine Seele / vnd vergiß nicht was es dir gutes gethan
hat. Er gibt nun einen gantz gnädigen Regen / vnd sein Erbe das dürr ist
erquickt er. Er giesset auß über
Eine Figur dieser Gnaden finden wir in der Pfingsthistoria newes Testaments. Da
ist kein eusserlich Gesetz / daß die Apostel trieb / sondern der Geist vom
Himmel erfüllet sie / daß sie fewrige Zungen gewinnen / vnd die grossen Thaten
GOttes verkündigen vnd preisen. Sie predigen gantz muthig / seynd keck / vnnd
fürchten sich für nichts. Sie seynd gantz anders als vorhin. Eben also würcket
noch der heylige Geist in den Glaubigen / er durchgeusset das Hertz / schaffet
einen newen Menschen / newen Muth vnnd Sinn / daß wir anfahen Gott hertzlich zu
lieben / vnd Lust haben zu thun was GOtt wolgefällig ist. Er schreibet fewrige
Flammen ins Hertz / machts lebendig / daß es außbreche mit fewrigen Zungen.
IN der Pfingsthistoria wird beschrieben / die Wunder- vnnd sichtbare Außgiessung deß heyligen Geistes / welche durch die Propheten vnnd Christum so offt zuvor verheissen / nun aber absonderlich an den Jüngern Christi als den voraußerwöhlten Zeugen erfüllet wirdt / damit sie mit frewdigem Muth vnnd himlischer Weißheit den Namen Christi den Heyden in aller Welt fürtragen könten.
Wir nehmen aber in Erklärung derselbigen zu erst in acht etliche Vmbstände / als über welche / zu welcher Zeit / an welchem Orth der heylige Geist sich außgegossen habe / darauff wir gewiesen worden / wie die Historia saget: Als der Tag der Pfingsten erfüllet war / waren sie alle einmüthig bey einander.
Es wird zu erst gefraget / ob diß allein von den Aposteln zuverstehen sey / vnnd
ob alleine die Apostel oder auch andere neben jhnen allhie den heyligen Geist
empfangen / es bedarff aber keines grossen Disputats / in vorigem nemblich in
dem ersten Capitel wird nicht alleine der zwölff Aposteln gedacht / sondern auch
der Maria
Es ist dieser Leuten Gehorsamb vnd Vorbereytung zu loben.
Die Zeit zur sichtbaren Außgiessung deß heyligen Geistes bestimmet / war der Tag
der Pfingsten / das Fest deß fünff zigsten Tages. Diese Zahl zuverstehen / ist
zu wissen / daß nach dem ersten Ostertag / am andern Tag der süssen Brodt die
Israeliten
Deß Tages Stunde belangent / stellet sich der heylige Geist frühe ein / so bald
nur der Tag der Pfingsten war herbey kommen.
Der Orth / in welchem sich die Jünger deß HErrn zusammen hielten / ist im vorigen
ersten Capitel angezeichnet / in dem vermeldet
Lasset vns aber zum andern / auff die Zukunfft deß heyligen Geistes sehen / da
die Jünger einmütig bey einander waren / vnnd mit beten auffwarteten am
Pfingstage / sihe da geschahe schnell
Hie findet sich etwas sichtbares / etwas vnsichtbares. Wie der der heylige Geist inwendig die Hertzen vnnd Seelen seiner glaubigen Schüler erfüllet / köndte man nicht sehen; dennoch ließ er sich außwendig vnter zweyen leiblichen Kennezeichen sehen vnd hören / nemblich in einem brausen / vnnd in einer Fewerflamme. Mit dem einen füllet er die Ohren / mit dem andern füllet er die Augen. Vnd eben dasselbe war darinnen sich GOtt sehen vnnd hören ließ auff dem Berge Sinai / aber auff erschröckliche Weise / da hie alles lieblich vnd anmutig ist.
Daß auff solche scheinbare Art der heylige Geist vber die Jünger Christi auß gegossen / hat seine Vrsach. Dann so die Feinde so vnverschampt gewesen / daß sie bey diesen so klaren Zeichen haben sagen dürffen; sie seyn voll Weins; was hätten sie würden thun / wann diese augenscheinliche Offenbarung nicht geschehen were. Merck du aber dabey lieber Christ / wie willig der Geist GOttes sey / vnserer Schwachheit vnd Vnverstandt außzuhelffen. Daß wir deß Glaubens gewiß würden / hat er sich durch allerley sinnliche Empfindnuß wollen offenbaren.
Das erste Zeichen darinnen der heylige Geist sich offenbaret / ist gewesen ein
Brausen als eines gewaltigen Windes. Dann es geschahe auß dem Himmel schnell /
gantz vnversehens ein Schall vnnd Sausen / als eines gewaltigen brausenden /
daher fahrenden webenden vnnd durchtringenden Windes / welcher alleine auff das
Hauß / darinnen die Jünger sich auffhielten / zugieng / vnd selbiges gantz
erfüllete. Wie sonsten offt der heylige Geist. 5, 24. 1. Reg. 19, 11. 12. Ezech. 1, 4.
Es bedeutet dieses Windbrausen zweyerley / das Mittel dadurch der heylige Geist
zu vns kompt / vnd dann auch seine geistliche Würckung. Dann es kompt der
heylige Geist nicht im Stillschweigen / durch heimliche Offenbarungen / ohne
Wort; darauff muß niemand warten; sondern er will auff den Fittichen deß Windes
/ durch sein Wort zu vns einfahren / das ist die Stimm vnnd das Brausen deß
heyligen Geistes. Dardurch lehret vnd erleuchtet er / dardurch tröstet vnnd
erquicket er / dardurch ermahnet vnnd treibet er. Darumb so du wilt / daß der
heylige Geist zu dir einkehre / halte dich nach dem Exempel der Jünger Christi /
einträchtig neben andern deinen Mitbrüdern vnd Mitschwestern zu dem
Was ists aber für eine Krafft vnnd Würckung / die durch das Wind-sausen
angedeutet wird? Zweyerley ist / das angedeutet wird / zu erst eine kühlende
Krafft / vnd Erquickung der abgematten Seelen. In grosser Hitz / ists einem
Menschen sehr anmutig / wann ein kühles Lüfftlein kompt. Wann in der Hitze der
Anfechtung von wegen der Sünden vnnd vielfältigen Trübsal / vnsere Krafft
vertrucknet wie ein Scherb / was kan da erfrischen / ohn allein der heylige
Geist mit seinem Anblasen? Da ist vnsers Hertzens einige Labsal vnnd Erquickung
das kühle Lüfftlein deß heyligen Geistes. Zum andern / wird angedeutet eine
durchtringende forttreibende Krafft im Lauff deß Christenthumbs. Der Wind
treibet ein Schiff so wol als einen Menschen / vnd hilfft jhm fort. Im Lauff der
Gottseligkeit haben wir keinen andern Treiber / als
Wir wenden aber vnsere Augen auch auff das andere Zeichen
Da finden wir erstlich etwas bey den Jüngern / dann wie die Historische Erzehlung
meldet / fiengen dieselbige an zu predigen mit andern Zungen / nach dem der
Geist jhnen gab außzusprechen. Wann vorhin der HERR Christus jhnen was
Wer weiß / was für Zeit / Mühe vnnd Arbeit dazu gehöret / ehe man einen
gründlichen Verstandt in einer oder andern Wissenschafft erlange / eine oder
andere Sprache erlerne / der kan leicht ermessen / was hie für ein Wunderwerck
geschehen. Hiemit ist
Was wir bey den Jüngern gefunden haben / ist gut vnd hoch
Hie sehen wir eine Menge auß allerley Völckern / die vnter dem Himmel wohneten /
von Juden vnd Judengenossen / das ist / so wol von denen die deß Israelitischen
Geschlechtes waren / als von denen die von den Heyden sich zu dem GOtt Israels
bekehret hatten. Diesen gibt der heylige Geist das Zeugnuß / daß sie
Gottsfürchtige Männer seyn / als die vmb deß HERRN
Dieser Hauff von vielen tausenden lauffet zusammen / von wegen deß vngewöhnlichen
wunderbaren Brausens / welches wie eine Göttliche Stim vnd Schall
scheinbarlich nur auff das Hauß zufuhr / darinnen die Jünger Christi versamblet
waren. Dabey es sich auch zugetragen / daß hievon ein Geschrey hin vnnd wieder
vnter die Leute gebracht. Dieses erreget ein Getümmel vnter dem Volck / da ein
jeder zu lieff zu erfahren / was doch vorhanden were.
Was richtet aber der heylige Geist bey diesem grossen Hauffen auß? In gemein entsetzen sie sich alle / vnnd verwundern sich höchlich / dann sie wusten / daß es vngelehrte schlechte Leute weren / welche nie frembde Sprache / weder daheim / oder in frembden Ländern gelernet hatten / vnd hörten dennoch / wie dieselbige in allerley Sprachen fertig waren / vnd darinnen die grossen Thaten GOttes verkündigten / wann jemand dieselbe anredete / er wer auch wer er wolte / Parter oder Meder / von Rom oder auß Egypten / so hörte er dieselbe in seiner Muttersprach gantz fertig reden vnnd antworten. Das machte sie gantz verwirret / daß sie nicht wusten / was sie von diesen Händeln halten solten.
Viel vnter dem Hauffen die GOtt fürchten / nahmens zu Hertzen / begerten nicht zu
tadlen / was sie nicht verstunden / sondern trugen viel mehr ein Verlangen /
rechten Bericht hievon zu haben / woher diß Wunder käme / vnnd was es bedeutete
/ darumb redet einer den andern an; was bedeutet doch das? Was wirdt hierauß
werden? Es lassen sich aber auch viele vnter dem Hauffen finden / die jhr
Gespött darauß treiben / verlachten die Jünger Christi / vnnd sprachen: Sie
seynd truncken / sie haben deß süssen Weins schon zu viel zu sich genommen. Sie
waren ja voll süsses Weines / dann der heylige Geist hatte sie voll vnd truncken
gemacht. Aber das verstunden die Spötter nicht / vnnd lästertens.
Erkennet hie wie es dem heyligen Geist in seinem Werck allezeit gehe. Was dem
einen ist eine Göttliche Krafft vnd Weißheit
Lasset vns aber nur / nach dem wir die Vmbstände der Historien
Hie ist vorauß zu wissen / daß auch die Glaubige vor Christi Geburt diesen Schatz
gehabt haben. Wie dann Petrus in seiner andern Epistel am 1. von den heyligen
Propheten zeuget / daß. 23, 2.
Hie fragts sich nun: Was bedeuts dann / daß der H. Geist allererst auff Pfingsten
zu den Jüngern Christi sichtbarlich gesandt wird? Daß dieselbe durch den
heyligen Geist zum Predigampt außgerüstet / erleuchtet / vnnd großmütig gemacht
würden / bedarff eben dieser wunderbaren Außgiessung nicht / das hat gar wol
können vnsichtbar geschehen / vnd vor dem Pfingstfest; daß aber GOtt
offenbarlich nach der Himmelfarth seines Sohns den H Geist vber die außerwöhlte
Zeugen Christi hat wollen auß giessen / ist geschehen erstlich darumb / daß alle
Welt erkenne / daß der heylige Geist zu vns nicht anders als durch die Krafft
deß Creutzes Christi komme. Darumb auch der HERR JEsus den H.
Damit wir nun auff vnsere Zeit kommen / gebührts vns zu wissen / was noch heute
deß H. Geistes Geschäfft in der Kirchen Christi sey. Die heylige Schrifft eignet
dem H. Geist viele zu / als daß er muß lehren / zeugen / erklären / erinnern /
vnd in alle Warheit
Zu erst erleuchtet der H. Geist / von vns selbst seind wir blind / verstehen nit
was deß Geistes OOttes ist / seynd irrdisch gesinnet / vnnd können ohn den
heyligen Geist JEsum nicht einen Herren
Zum andern heyliget der heylige Geist. Die er erleuchtet hat / die ernewert vnd
heyliget er. Von Natur ist vnser Hertz nur böß / vnd zum bösen geneiget. Aber
wann vns GOtt seinen heyligen Geist gibt / so reiniget er zugleich vnsere
Hertzen durch den / was wolte ich lieber / dan es brennete
schon. Wirff ein Metall ins Wasser / so magstu es zwar eusserlich rein machen /
inwendig aber wirdts dadurch nicht rein; wirffs ins Fewer / so wirdts gereiniget
durch vnd durch / inwendig vnd auß wendig. Bein.
der scharffsinnigste Disputator Aristoteles were auffgetretten / dasselbige
Volck zu bereden / die Mosaische Bücher nieder zu legen / vnd seine
Philosophische Bücher anzunehmen / hätten sie sich ehe den Halß lassen
zerbrechen / ehe sie sich darzu hätten bereden lassen. Aber als Petrus ein
vorhin vngelehrter Mann aufftritt / vnd prediget jhn den geereutzigten JEsum für
einen Gott vnd Erlöser auffzunehmen / gehet jhnen das Wort durchs Hertz / daß
sie sagen: Ihr Männer / lieben Brüder / was sollen wir thun? Woher kam das? Der
heylige Geist war dabey / der macht das Wort / so Petrus redet / zu einem Fewer
in den Hertzen derer / die es höreten. Es verläßt auch nicht der heylige Geist
sein Werck / daß er in seinen Heyligen hat angefangen. Dann es bleibt / so lang
wir hie im Fleisch seyn / doch nur ein Anfang / vnnd ist bey den Heyligen viele
Schwachheit zu finden. Der H. Geist treibet zwar / zündet an / brennet zu auff
den alten Menschen / es bleibt gleichwol noch allezeit Fleisch da. Dann hie ist
noch nit der Zeit der Vollkommenheit. Solte nun der H. Geist zurücke tretten /
vnnd vns alleine lassen / wurde es mit vnserm heyligen Wandel bald gethan seyn.
Darumb bleibt der H. Geist stäts bey vns / straffet das böse / streitet wieder
schafft / werden müd / vnnd matt / vnnd
die Jünglinge fallen / aber die auff den HErrn harren / kriegen newe Krafft /
daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler / daß sie lauffen vnd nicht matt werden
/ daß sie wandeln vnd nicht müde werden. Esaiae am 40. Vnd also erhält vns der
H. Geist in der Heyligung.
Endlich zum dritten tröstet der H. Geist. Die er geheyliget hat läßt er nicht
trostloß. Manichmal wird vns die Anfechtung so schwer / daß wir mit dem
todtkrancken König Hißkia winseln vnd girren müssen. Er säuget mich dürre auß /
daß ich weder, 14, 17.
Diß seynd die edle Wercke deß H. Geistes / dadurch verkläret er den HErrn JEsum
auff Erden; wie der HErr spricht:
Diesen Edlen Schatz / damit Christus die Kirche als seine Braut begabet hat /
sollen Christen danckbarlich erkennen / vnnd GOtt preisen / daß er sich so
hertzlich vnserer Seelen angenomen.
Die nun erkennen / wie viel jhnen an diesem Schatz gelegen / die hüten sich auch
/ daß sie dem heyligen Geist sein Werck in jhnen nicht zerstören. Es bilde jhm
niemand ein / daß er den heyligen Geist habe / der das Werck deß heyligen
Geistes in jhm nicht fühlet. Dann er wirdt nicht darumb gegeben / daß er müssig
bey vns sitze / sondern daß er in vns arbeite. Wann du in dir fühlest einen
inniglichen Verdruß vnnd Wiederwillen wieder das böse / ein hertzlich Verlangen
nach der Heyligung / vnnd dabey Trost in Christo / so kanstu gewiß dafür halten
/ der heylige Geist sey in dir. Wo aber dergleichen Wercke bey dir nicht
gefunden werden / wer will sagen / daß der Meister dieser Wercke bey dir sey?
Laß seyn / es
Hie wird sich wol mancher frommer Christ finden vnd klagen; Ach ich fühle nicht
deß H. Geistes Werck / soll dann der heylige Geist in mir gar nicht mehr seyn?
Ist nun eine Seele da / der solche Gedancken einfallen / die frage ich: Hastu
ein hertzlich Verlangen darnach / daß der heylige Geist auch in dir möge sein
Werck haben? Sprichstu: Nein / ich begere solch Ding in mir nit zu fühlen; wolan
/ so hastu dem H. Geist abgesaget; sprichstu aber: Ach ja / mich verlanget
darnach; sihe / eben diß heylige Verlangen ist ein Werck deß H. Geistes; so lang
diß Verlangen noch da ist / ists nie gar mit dir auß. Es seynd auch wol Heuchler
/ die da sagen: ich wolte gerne / kans aber nicht; vnd ist jhnen doch kein
rechter Ernst; mit denen habe ich nichts zu thun. Denen es aber ein Ernst ist im
heiligen Verlangen / den sage ich dieses zur Nachricht / daß die Krafft deß H.
Geistes nicht stracks vollkommen bey vns erfunden werde. Es ist kein Mensch der
da leben solte auff Erden allezeit voll Trost vnd Frewd / vnd nur immer hurtig
vnnd lustig zum guten / ohn alle Betrübnuß der Sünden. Fühlestu dann nit
allezeit gleiche Krafft deß Geistes / so gedencke nicht fort / daß es darumb
verloren sey. Christen soll man nicht vrtheilen nach jhrer Schwachheit / vnnd
nach dem eusserlichen Ansehen. Die Junger Christi waren bißher gesessen in
Finsternuß / in Vnverstand / in Schwachheit / in Furcht / vnd war gantz kein
Muth da; war aber darumb mit jhnen nit gantz
Gedencke auch nicht / daß du in Christo Verdienst / Trost vnd Ruhe finden könnest
/ so du in dir den Geist Christi nicht leben lässest. Der Christi Geist nicht
hat / der ist nicht seyn: Zun Römern am 8. Dar an erkennen wir / daß wir in
Gott
Bedenckts lieben Christen / zween Geister regieren hie in diesem Leben / der eine
ist ein Geist der Boßheit vnd Schalckheit / der ander ist ein Geist der
Heyligkeit vnnd Lauterkeit / der vom
Erkennet jhr / daß jhr den H. Geist habet / so vertreibet jhn
So wiederstrebet nun nicht dem heyligen Geist / verstöret jhm nicht sein Werck /
lasset jhn allezeit in euch arbeiten / vnnd ohn vnterlaß seufftzen. Laß das dein
Wunsch seyn / den David setzet
Ach welch einen hertzlichen Trost haben wir / wann wir das wissen / daß der
heylige Geist in vns seine Werckstatt habe! Wir haben in vns ein lebendiges
Zeugnuß daß wir Gottes Kinder seyn. Dann die der Geist GOttes treibet / die sind
GOttes
Komb nun O Gott Heyliger Geist / erfülle vns mit deiner Gnaden / vnnd erwecke in
vns einen solchen Durst / den niemand stillen kan / als du selbst / Amen / durch
Christum JEsum / Amen.
V. 42. DEr HErr hat vns gebotten zu predigen dem Volck vnd zeugen / daß er ist verordnet von Gott / ein Richter der Lebendigen vnd der Todten.
V. 43. Von diesem zeugen alle Propheten / daß durch seinen Namen alle die an jhn glauben / Vergebung der Sünden empfahen sollen.
V. 44. Da Petrus noch die Wort redet / fiel der heylige Geist auff alle die dem Wort zuhöreten.
V. 45. Vnd die Gläubigen auß der Beschneidung / die mit Petro kommen waren / entsatzten sich / daß auch auff die Heyden die Gabe deß heyligen Geistes außgegossen ward.
V. 46. Dann sie höreten / daß sie mit Zungen redeten / vnd Gott hoch preiseten.
V. 47. Da antwortet Petrus / mag auch jemand das Wasser wehren / daß diese nicht getaufft werden / die den Heyligen Geist empfangen haben / gleich wie auch wir.
48. Vnd befahl sie zu tauffen in dem Namen deß HErrn.
EIne allgemeine vnd grosse Frewde ists / wann in einer grossen
Da mercke nun ein jeder GOttes Willigkeit / er erbeut sich
Merck aber auch was es vor Hertzen seyn / die durch den gnädigen Regen deß
Geistes sollen befeuchtet werden. Ich will Wasser giessen / spricht der HERR /
vber die Durstige / vnd Ströme vber die Dürre. Hie müssen dürre vnnd durstige
Seelen seyn. Da wird erfordert erstlich. Daß die Seele jhren Mangel erkenne /
vnd sehe wie sie vnfruchtbar ist / vntüchtig zu allem guten. Hernach / daß sie
ein Verlangen trage durch den heiligen Geist fruchtbar zu werden. Die also im
Geist vnd an der Seelen arm seynd vnd elend / vnd nur an GOttes Trost hangen /
die seynd würdig zu empfahen vnd zu schmecken die himlische Gaben / dann bey
solcher durstigen vnd geängstigten Seelen hat GOtt Lust zu wohnen vnd zu würcken
/ dann also spricht der hohe vnd erhabene / der ewiglich
Also war Cornelius durstig mit seinem gantzen Hauß / nach der Göttlichen Tröstung
/ vnd mit Begierligkeit hörete er an die Wort deß Lebens / die jhm vorgetragen
wurden durch den Mund Petri; da wurd über jhn außgegossen der Geist wie ein
Strom. Da sahe GOtt nicht an Beschneidung oder Vorhaut / sondern die durstige
Seele / nach seiner Verheissung: Ich will
Welcher Christ wolte nun nicht viel mehr GOtt Früchte
Weil wir dann beym Cornelio etliche Stücke finden / die
COrnelius hatte durch einen Engel von GOtt Verheissungsideranda quatuor.
1. Personae, quibus darur Sp. S.
Bey dieser Historia mercken wir erstlich auff die Personen / nemblich auff die
Pfingst Schuler. Diese seyn Cornelius vnd sein Haußgesind. Cornelius war seiner
Profession nach ein Kriegesmann / vnd ein Hauptman zu Caesarien
vber eine Schaar / die da heisset die Welsche. Seines Vrsprungs nach ein
vnbeschnittener Heyde / doch Gottfürchtig / der viel Almosen gab / vnd
Also sehen wir / wie der heylige Geist auch will zu vns Heyden kommen / dann zur
Zeit der newen Pfingsten / seynd wir / die weiland ferne
/ frembde vnd ausserhalb der Burgerschafft Israel gewesen / nun nahe gekommen /
durch das Blut Christi / der vnser Friede ist / vnd auß beyden / Juden vnd
Heyden eins gemacht hat / vnnd abgebrochen den Zaun der dazwischen war / in dem
daß er durch sein Fleisch wegnam die Feindschafft / nemblich das Gesetz / so in
Gebotten gestellet war / auff daß er auß zweyen einen newen Menschen in jhm
selber schaffete / vnd Fried machete / vnd er beyde versühnete mit GOtt in einem
Leibe / durch das Creutze / vnd hat verkündiget den Friede im Evangelio / beydes
vns die wir ferne waren / vnd denen / die nahe waren. Dann durch Christum JEsum
haben wir den Zugang alle beyde / Juden vnnd Heyden / in einem Geist zum Vatter.
Darumb so seyt nun nicht mehr Gäste / vnd lebet nicht wie Frembdlinge / sondern
lebet mit den Heyligen wie Burger vnd GOttes Haußgenossen / vnnd in der Krafft
deß Geistes erbawet euch auff das Wort / der Apostel vnd Propheten / welches ein
Grund ist / darinnen JEsus
Wir sehen auch / wie der heylige Geist begehre einzukehren bey den Fetten auff
Erden. Sonsten ist leyder / bey den Mächtigen der Welt / mächtig der Geist vnd
Fürst dieser Welt / der sie außgerüstet vnd gesattelt hat / vnd nimpt sie
zwischen die Sporen / vnd reitet / vnnd treibt sie nach Lust ins ewige Verderben
hinein. Dennoch ist zuweilen bey einem Gottlosen Hofe ein Gottseliger. 16, 17.
II. Mercken wir auff die Sach vnnd den Handel selbst /
Weiter III. Mercken wir auff die Gelegenheit zu dieser
Letzlich IV. Mercken wir auff das / was auff diese wunderbarliche Außgiessung deß heyligen Geistes gefolget. Erstlich / die Pfingstschuler / wie schon gemeldet / reden mit Zungen / vnnd preisen GOtt hoch. Dabey haben die Zuhörer die Gegenwart deß H. Geistes erkandt.
Hernach zum andern / die Glaubigen auß der Beschneidung die mit Petro komen waren / entsetzen sich / nit darüber daß der H. Geist sich
also wunderbarlich außgegossen hätte / sondern daß solches geschehen war über
die Heyden. Es war jhnen zwar bewust / daß auch vorhin den Samaritanern / die
keine Juden waren / der heylige Geist gegeben war / aber es waren die
Samaritaner halb Juden / vnd beschnittene Leute. Hie aber ist ein Hauff
vnbeschnittener Heyden. Daß nun solchen vnbeschnittenen Heyden / die sich nicht
zur Jüdischen Bürgerschafft vnd Ceremonien begeben hätten / dennoch der H. Geist
sich mitgetheilet hatte / das nahm jhnen als Juden / die von dem Bund der
Beschneidung viel hielten / sehr Wunder.
Folgends zum dritten / verordnet Petrus diese Pfingstschuschuler zu tauffen. Dann
er spricht: Mag auch jemand das Wasser wehren / daß diese nicht getauffet werden
/ die den H. Geist empfangen haben / gleich wie auch wir? Vnd befahl sie zu
tauffen in dem Namen deß HERRN. Petrus achtet es vor billig / daß
Möchte man aber gedencken. Cornelius war schon wiedergeboren durch den
vnvergänglichen Samen deß Wortes GOttes / vnd hat auch den H. Geist schon
empfangen / was war es dann noth / daß er getaufft würde / weil die Tauff ist
ein Bad der Wiedergeburt? so soll man sich erinnern / daß die H. Tauff nicht
allein ein Mittel sey der Wiedergeburt / sondern auch ein offentlich
Kennezeichen Christlicher Gemeinschafft / daß wir Christi Schaafe vnd Eigenthumb
seyn / die zum Reich vnd Schaafstall Christi gehören. Also ist hie Cornelius
getauffet in oder auff den Namen deß HERRN / zu bezeugen / daß sie den HErrn
JEsum allein für jhren Seligmacher erkennen / vnnd allein dem wahren GOTT Vatter
/ Sohn vnd H. Geist dienen wollen vnd sollen. Zu dem ist auch die heylige Tauff
eine Versieglung der Wiedergeburt / dadurch die glaubige Seele im Glauben vnd
Vertrawen zu GOtt gestärcket vnd bestätiget wird / vnd in Anfechtung gewissen
Trost hat / Krafft deß Bundes den GOtt in der H. Tauff mit vns auffgerichtet
hat. Hierumb ward auch getröstet der Kämmerling / in der Apostel Geschicht am 8.
Cap. nach dem er durch den Glauben
Letzlich findet sich auch bey Cornelio eine Gegenliebe / gegen dem Diener deß Wortes vnd deß H. Geistes. Dann sie baten Petrum / daß er etliche Tage da bliebe. Dasselbe erstlich darumb / daß sie weiter sich besprächen / vnnd in GOtt mit einander belustigen könten; hernach auß Danckbarkeit / Petro gutes zu thun. Sie seynd willfertig vnnd frewen sich auch das leibliche mitzutheilen / denen / durch welcher Dienst sie geistliche Gaben empfangen haben. Es stehet freylich besser / mit Wolthun die Diener deß H. Geistes nötigen zu bleiben / als mit Vndanck vnd Nachlässigkeit dieselbe nötigen abzuziehen.
Dieses ist die Historische Erklärung dieser Pfingsthistorien / welche vorauß dahin gehet / daß sie zeyge / wie die Scheidewandt vnter Juden vnnd Heyden niedergerissen. Es hat zwar zu weilen vnser HERR Christus hart wieder die Heyden geredet / als wann er das Cananeische Weiblein für eine vnwärtige Hündin außruffet / in dem er spricht: Es ist nicht fein / daß man das Brodt den Kindern auß dem Munde ziehe / vnnd werffe es für die Hunde. Deßgleichen / da er seine Jünger auff eine Zeit außsendet zu predigen vom Reiche GOttes / wie es nahe herbey kommen / verbeut er auff der Heyden Grentzen zu tretten. Hie aber ist offentlich bezeuget / wie nun mehr für Gott nicht gelte Beschneidung oder Vorhaut / sondern eine newe Creatur in Christo JEsu. Wie hie bey Cornelio der offentliche Beruff der vnbeschnittenen Heyden zur Gemeinschafft der Gnaden / vnnd der Burgerschafft Israels angefangen / also ist er auch durch die Außgiessung deß heyligen Geistes bekräfftiget; vnnd ist nicht ohne sonderbare Versehung GOttes geschehen / daß etliche von den glaubigen Juden mit Petro zu Cornelio gekommen / auff daß dieselbe ein offentlich Zeugnuß hätten / wie nun mehr durch den Glauben / die vnbeschnittene Heyden dem Samen Israels / gleich gemacht weren.
Solches wie es vns lieb vnd erfrewlich ist / also soll es vns zur
Das erste Stuck daß vns zu guten Pfingstschulern machet /en / vnd dich segnen. Das ward vormals erfüllet an dem Tempel deß
HERRN; nun aber / da sich GOtt nicht an einen gewissen Orth auff Erden verbindet
/ gehet es auff Christum / vnnd auff das Wort von Christo. Dann wo finden wir
nun jetzt das Gedächtnuß seines Namens / als in dem Worte von Christo? Wo diß
Wort getrieben wirdt / da will sich GOtt finden lassen / vnnd will den Segen
mitbringen. Vnser HERR Christus spricht vom heyligen Geist; Wann der Tröster
kommen wird / der Geist der Warheit / der wird zeugen von mir; Das ist / er wird
lehren wer ich bin / vnnd was jhr in mir habet. Diß Zeugnuß geschicht im Worte.
Solches besser zu verstehen / ist zu wissen / daß Christus allen Schatz der
Seelen schon erworben hat / der lieget aber da auff einem Hauffen / vnd ist ins
Wort eingewickelt / vnnd noch nicht vberall außgetheilet. . 16, 23
Solches wirdt klarer / wann die Würckungen deß heyligen Geistes absonderlich
betrachtet werden. Deß heyligen Geistes Werck ist / daß er erleuchte vnd
geistliche Augen mache / damit wir recht vrtheilen von GOtt vnd Welt /
zeitlichem vnd ewigem Gut. Wie aber will er erleuchten? Nicht anders als durchs
Wort / wann es betrachtet wird. Im 119. Psalm: Dein Wort ist meinese nach
Wie es nun ein thöricht Ding ist / wollen satt werden / da man alle Speise
verwirfft; wollen gewaschen seyn / da man kein nasses leyden kan; wollen
gewärmet werden / da kein Fewer ist: Also ists ein vergeblich begehren / den
heyligen Geist wollen haben / vnd doch deß Wortes nicht achten. Es will der
heylige Geist nit kommen / vnd das Himmelreich in der Seelen bawen im Schlaff;
sondern ordentlicher Weise braucht er darzu sein Wort / nicht wann es da bloß
für vns ligt / oder oben hin angehöret wird / sondern wan es mit
andächtiger Betrachtung zu Hertzen gezogen wird. Viele lesen / oder hören
geistliche Sachen nach GOttes Wort / aber selten zum rechten Ende; nur daß sie
davon vrtheilen / oder daß sie davon reden vnd predigen: Diß ist nicht der
rechte Weg. Es muß die Seel in einer rechten stillen Einfalt auffmercken / als
begierig / zu vernehmen was deß heyligen Geistes Willen ist / vnd daß Gott
dadurch die Thür zu vnsern Hertzen auffthun / vnnd darinnen inwendig würcke /
daß wir außwendig hören oder lesen / da gehets gewiß nicht ohne Frucht ab. Dann
es ist das Wort GOttes kein todtes Wort / sondern eine lebendige Krafft Gottes
deß heyligen Geistes.
Es befindet sich zwar / daß wir offt GOttes Wort / vnnd auß demselben geistliche
Sachen hören vnd lesen / vnd werden doch nicht beweget / befinden nicht daß der
heylige Geist dadurch würcket. Aber hie gilt was der HERR zu Nicodemo sagt: Der
Wind
Wer nun ein guter Schuler deß heyligen Geistes seyn will / der halte sich zu dem
sausen deß heyligen Geistes / dann im sausen / das ist im Wort / wan es mit einfältiger Andacht betrachtet wird / kompt er zu vns /
vnd hat sein Werck in vns. Jederman schaffet sich gern in seiner Nahrung Vorrath
auffs zukünfftige; lasset vns auch auffs künfftige dencken. In der letzten Noth
/ wann die Augen nicht mehr sehen / vnd die Ohren nicht mehr hören / haben wir
Trost vnd Beystandt von nöthen. Wer will vns aber zusprechen / so die
äusserliche Sinne nichts mehr verstehen? Thuts der heylige Geist nicht / wirdts
niemand thun. Wisset aber / lieben Freunde / es wird der heylige Geist alsdann
vns kein new Evangelium predigen / sondern was vns vorhin verkündiget ist / das
wird er vns erinnern. Wer aber vorhin deß Wortes nicht geachtet hat / wo will er
Trost finden?
Wir tretten zu dem andern Stück / daß gute Pfingstschuler machet vnd heisset;
folgen. Wir müssen den heyligen Geist nicht . 8. 12, 9.
Da sehe nun zu / wie er dem heyligen Geist folge / wer deß H. Geistes Jünger seyn will. Wer jhm nicht folgen will / der nenne sich auch seinen Jünger nicht; er ist nicht ein Schuler deß heyligen Geistes / sondern sein Feind. So kan er auch nicht leben / sondern er ist todt für GOtt. Es ist sonst eine betrübte Bottschafft für liebe Eltern / wann sie hören: Dein Kind ist todt. Wann aber ein Mensch wild wird / vnd will sich vom Geist Gottes nicht regieren lassen / da mag man mit recht sagen: Mein Freund / dein Kind / dein Bruder ist todt. O eine erbärmliche Bottschafft! Wer leiblicher Weise stirbt / dem ist wol / so er nur selig stirbt; wer aber an der Seelen todt ist / dessen Vnglück ist nicht außzusprechen.
Wie sollen wirs aber machen / daß der heylige Geist in vns lebe? Sihe / wann du hörest seine Stimme in seinem Worte; das gefällt mir; das gefällt mir nicht; diß ist gut / das ander taugt nicht; da vnterwerffe dich der Ermahnung deß heyligen Geistes / vnnd nimb dir ernstlich für / zu meiden was dem H. Geist zu wieder / vnd zu thun daß jhm lieb ist. Also im Leben / wann du hie oder dort zu Sünden gezogen wirst / da wirdts der heylige Geist nicht lassen / er wird dich ermahnen / vnnd das böse straffen; da verstopff deine Ohren nicht / sondern gedenck alsbald: Sihe / das ist die Stimme deß heyligen Geistes / werde ich demselben wiederstreben / werde ich meinen Trost / mein Leben vnd Seligkeit verlieren.
So lang diese beyde Stück bey vns seyn / nemblich den heyligen Geist hören vnd
folgen / so lang seynd vnnd bleiben wir gute
Wer Kinder vnnd Gesinde hat / ziehe dieselbe auch dahin / daß sie vom Geist GOttes sich lehren vnnd leyten lassen / daß er den Nahmen mit Cornelio haben möge: Er sey Gottfürchtig mit seinem gantzen Hause. Will schon das vngehaltene Gesinde nicht folgen / so thue du doch / so viel du kanst / das ist auch ein Werck deß Heyligen Geistes.
Der Geist JEsu Christi / der Geist der Warheit / mache vns zu tüchtigen Schulern
/ daß wir jhn gerne hören / vnnd jhm folgen. Amen.
V. 14. DA aber die Apostel höreten zu Jerusalem / daß Samaria das Worte Gottes angenommen hatte / sandten sie zu jhnen Petrum vnd Johannem.
V. 15 Welche / da sie hinab kamen / beteten sie vber sie / daß sie den H. Geist empfiengen.
V. 16. Dann er war noch auff keinen gefallen / sondern waren allein getaufft in dem Nahmen Christi JEsu.
V. 17. Dalegten sie die Hände auff sie / vnnd sie empfiengen den H. Geist.
WAs von der Stärcke deß Samsons die Schrifft meldet /sonis cum robore interni
hominis.
Gleich wie Samson seine Stärcke empfieng von dem Geist GOttes / der in jhm
wohnete, wie dann die Schrifft zeuget / wann er jrrgent eine gewaltige That
angefangen / daß der Geist deß
Gleich wie aber der starcke Samson ein elender Mann geworden / da er die Stärcke
deß Geistes verloren; dann seine Feinde die Philister bunden jhn mit Ketten /
stachen jhm die Augen auß / hielten jhn für einen Spott / daß er für jhnen
spielen muste; Also geräth ein Christ zu einem elenden Menschen / wann er den
Beystandt vnd die Krafft deß heyligen Geistes verlieret. Seine Feinde die
Teuffel führen jhn gebunden in Stricken / daß er zu heyligen
Woher kompt doch das? Samson hieng sein Hertz an einer
Die Alten haben hiebey auch diese Gedancken gehabt / daß durch das Haar Samsons / die geistliche Gedancken vnd Betrachtungen angedeutet werden. Dann wie das Haar auß dem Haupt gehet / so kommen die Gedancken auß dem Hertzen vnd Sinn deß Menschen. So lang ein Christ in geistlichen Betrachtungen sich übet / vnnd einen himlischen Sinn hat / bleibt er starck an dem geistlichen inwendigen Menschen; wann er aber sein Hertz vnnd Sinn kehret zu der Welt / vnnd deß Fleisches Lust / als dann verlieret sich der geistliche Muth / wird weltlich gesinnet / vnd die Krafft deß H. Geistes weicht von jhm.
Wann dann der Mensch durch Verlust deß heyligen Geistes / zu einem elenden
Menschen geräth / wann er mit Stricken deß
DIe jetzt vorhabende Pfingsthistoria berichtet / wie auch zu den Samaritanern die
Gabe deß heyligen Geistes kommen / durch was Gelegenheit vnnd Mittel solches
geschehen. Darinn haben wir zu erst die Samaritaner zu besehen / was das für
Leuthe gewesen seyn. Die Beschreibung derselben findet man in dem andern Buch
der Könige am 17. Es waren Leute die hatten einen vermengten Gottesdienst / halb
jüdisch / halb heydnisch. Dann als der König zu Assyrien die Israeliten von
Samaria hatte gefangen weg geführet / besetzte er das Land mit heydnischen
Leuthen / die den HERRN im Himmel nicht fürchteten. Darumb sandte GOTT Löwen
vnter sie / die erwürgeten sie. Diß wirdt dem König kundt gethan; dann die
Einwohner liessen jhm sagen: Die Heyden die du hast hergebracht / wissen nichts
von der Weise deß GOttes im Lande / darumb hat er Löwen vnter sie gesandt.
Darauff gebott der König / daß einer von den Priestern / wieder zu rück nach
Samaria gesandt wurde / der sie lehrete die Weise deß GOttes im Lande. Da kam
der Priester einer / die
Also haben wir hie ein newe Art Volckes / vber welches sich der heylige Geist
außgiesset. Am ersten Pfingstage hören wir / wie der heylige Geist außgegossen
wirdt vber die Jünger Christi / als die alle Jüdisches Geblüt vnd Glaubens
waren. Am andern Pfingstage / hören wir / wie auch Cornelius / vnd die bey jhm
versamblet waren als Heyden / die Gabe deß heyligen Geistes empfangen haben. Hie
am dritten Pfingstage finden wir Leuthe / die vermengtes Glaubens sind / halb
jüdisch / halb heydnisch. Vnnd also wird erfüllet / was vorhin geweissaget ist:
Ich wil meinen Geist
Ein sonderbares ist / daß bey dieser Historia wol in acht zunehmen / nemblich daß
diese Samariter vorhin / ehe der heylige Geist mit seiner Predigte zu jhnen kam
/ bezaubert gewesen seyn / durch einen Simon / der bey jhnen Zauberey trieb /
vnnd vor gab / er were etwas grosses. Dann mit seiner Zauberey nam er das
Samaritische Volck also ein / daß sie alle auff jhn sahen / beyde klein vnd groß
/ vnd sprachen: Der ist die Krafft GOttes / die da groß ist. Das gibt eine feine
Figur / wie vor der Zukunfft deß heyligen Geistes alle Menschen verblendet /
vnnd vom Sathan bezaubert seyn / das Wesen der Finsternuß für herrlich vnnd
köstlich zu halten. Sie lauffen zu den stummen Götzen / wie sie vom Sathan
geführet
Lasset vns aber auch zum andern die Gabe betrachten / die den Samaritern
mitgetheilet ist. Die Historia saget: Sie empfiengen
Nun durch was Gelegenheit / oder durch was Mittel seynd diese Leuthe zu dieser
Herrligkeit kommen? Das wird das dritte seyn / so hie zubedencken vorfällt. Zum
ersten meldet die Historia / en /
wie dann die Schrifft jhnen dieses herrliche Zeuggnuß giebet / daß sie
einmütiglich vnd fleissig zugehöret / was Philippus sagte.
Mercke hie / wie vnter der Verfolgung deß heyligen Geistes Werck nur wachse vnd
zunehme. Die Welt vnnd der Teuffel wehren / vnnd wollen den Aposteln vnnd dem
heyligen Geist das Maul binden. Die Welt kan alles hören vnd dulden / alleine
die Stimme deß heyligen Geistes / die von Zion außgehet / mag sie nicht leyden.
Der Prophet Jeremias hat zu seiner Zeit offt diß
Diß war nun ein Weg zu der wunderbaren Außgiessung deß heyligen Geistes bey den Samaritern / nemblich das Wort von Christo kompt zu jhnen / dem hören sie fleissig zu / vnnd nemmen es begierig an. Darauff folgte eine Apostolische Legation / dardurch das angefangene Werck bestätiget ward. In diesem Handel haben wir auff zweyerley zu sehen / als erstlich auff die Abfertigung der Abgesandten / vnnd dann hernach auff jhre Verrichtung.
Nach dem nun die Apostel zu Jerusalem gehöret hatten /
Zu diesem Werck seynd verordnet die zween vornehme Apostel Petrus vnnd Johannes.
Dann es lässet sich ansehen / alsfer
Act. 19, 6.
Es lassen sich auch an den Aposteln hie in dieser Abfertigung zwo Tugenden deß
heyligen Geistes mercken / die wol in acht zu nehmen seyn: Vnd zwar zu erst ein
Fleiß vnd Eyfer Christi Ehre zu befördern. Sie sorgen nicht allein für die
Glaubige die zu Jerusalem waren / sondern auch für die Gemeine die draussen bey
den Frembden gepflantzet war / vnd helffen darzu / daß die Erkäntnuß Christi je
mehr vnnd mehr offenbahret werde. Die deß heyligen Geistes Jünger seyn / bleiben
nicht faule / sondern seynd Mitarbeyter deß Geistes / vnnd helffen deß Geistes
Werck befördern. Was der HERR zu Petro gesaget: Wenn du dermal eins
In dem aber die Apostel diesen Fleiß angewandt haben eben zur Zeit der höchsten
Verfolgung / erscheinet in jhnen noch eine andere Tugendt deß heyligen Geistes /
nemblich Freymütigkeit in Trübsal vnd Verfolgung. Diese Großmütigkeit hat sich
schon
Das ist eine Frewdigkeit / die vom heyligen Geist kam. Der Geist Christi gab
jhnen Hertz vnnd Muth / Christi Nahmen zu bekennen für aller Welt. Daher heisset
er auch in Heyliger
Derselbige hat vorhin auch bey GOttes Bottschafften Hertz vnnd Muth erwecket.
Moses wuste wenig Danck zu verdienen / wenn er Pharaoni ansagen würde / er solte
Jsrael loß lassen / doch wagt ers. Elias war in Vngnaden bey dem König Ahab /
vnnd der heylosen Isabel / die dem Propheten den Todt geschworen hatte / dennoch
ist er frewdig / vnd darff dem König vnter
Dieser Exempel nach sollen wir auch muthig seyn in der Bekändtnuß Christi / wanns gleich noch so grawsam vnd finster beym Lauff deß Evangelij außsihet. Dann wir haben allezeit den lebendigen Trost deß heyligen Geistes bey vns. Ein Bekenner Christi muß sich durch das Dräwen der Welt nicht schrecken lassen. Vornemlich aber muß ein Lehrer vnd Prediger vmb der Verfolgung willen nichts hinterlassen / dardurch der Nahme JEsus kan herrlich gemacht werden. Wir müssen mit Frewdigkeit dem Teuffel vnnd seinen Genossen vnter die Augen sehen. Wie böser vnd gifftiger die Welt / je kühner man predigen soll / daß ja nur etzliche auß deß Sathans Rachen gerissen werden. Vnser Trost ist / daß der Muthmacher der heylige Geist bey vns / vnnd das predigen desselbigen Geistes Werek sey. Die Welt wirdt den Lauff deß Evangelij nicht auff heben. Die Welt ist wie ein Hündlein / welches einem starcken lauffenden Hengst nachbellet / aber kein Schaden thut. Sie ist wie ein Topff gegen dem Felsen / der Felß fall auff den Topff / oder der Topff stoß sich an den Felsen / so muß er doch brechen.
Ja in aller Noth vnd Wiederwärtigkeit / in aller Angst vnd Leyd / können vnnd
sollen wir getrost seyn / weil wir den hertzmachenden Trostgeist bey vns haben.
Es thuts jhm nicht Hertz vnnd Muth fallen lassen. Es ließ sich bey den Aposteln
anfänglich auch seltsam an / es war damit nicht verloren. Sie wurden in
Gefängnuß geworffen / aber was GOTT will loß haben / kan der Teuffel nicht
versperren. GOtt führet die seinen anfänglich tieff genug hinein / daß die
Erlösung so viel herrlicher erkandt / vnnd der Teuffel mit allen Feinden
schamroth gemacht werde. GOTT ist vnser Zuversicht vnnd Stärcke / eine Hülffe in
den grossen Nöthen die vns troffen haben Darumb fürchten . 23, 27.
Darumb lasset vns nur frewdig in GOTT seyn / der vns auch darumb seinen frewdigen
Geist geschenckt hat. Lasset sich aber noch Blödigkeit deß Fleisches mercken /
müssen wir GOtt vmb Stärcke vnnd Krafft seines Geistes anruffen / vnnd auch
darinnen den Aposteln vnnd andern Jüngern Christi nach folgen /
Wir haben vns fast zu lange auff gehalten in Betrachtung der Frewdigkeit / die
der heylige Geist wie bey den Aposteln / also bey allen seinen Schulern würcket;
wir kommen endtlich auff die Verrichtung der Apostolischen Abgesandten / was sie
zu Samaria
Zu erst forschen sie nach / wie weit die Samaritaner in jhrem Christenthumb
gekommen waren / vnnd befinden / daß sie zwar getauffet in dem Nahmen JEsu /
vnnd damit JEsum für jhren Erlöser vnnd Seligmacher angenomen;
doch aber den heyligen Geist noch nicht empfangen hätten. Sie hatten ja den
heyligen Geist
Zum andern / bemühen sich die Apostel Petrus vnd Johannes / die wunderbare Gabe deß heyligen Geistes / den newen Christen zu Samarien zu erlangen / vnd erlangen sie auch durchs Gebett vnnd Aufflegung der Hände / welches eine alte Weiß vnd Ceremonien ist / im Segnen gebrauchet / da man etwas zum GOttes dienst hat geweihet / Priester geordnet / etwas heylsames einem gewündschet vnnd gebetten. Es bestehet aber alle Krafft deß Handt-Aufflegens / in Auffhebung vnd Andacht deß Hertzens vnd deß Gebetts.
Diß ist die schrifftliche Außlegung deß historischen Berichtes
Der Weg dahin zugelangen wirdt in erklärter Pfingst-Historia angedeutet / in dem
die Samaritaner zu erst das Wort von dem Geereutzigten JEsu hören vnnd annehmen;
Zum andern / durch die Apostel in dem gefasseten Glauben gestärcket werden; vnnd
dann zum dritten / derselbigen Apostel Gebett vber jhnen bey GOTT kräfftig ist.
Darauß samblen wir zusammen folgende Mittel zu Erlangung / Erhaltung vnnd
Vermehrung deß Heyligen Geistes. Das erste ist die Annehmung deß
Das ander Mittel ist / stätige vnnd andächtige Betrachtung deß heylsamen Worts.
Die Samariter hatten zwar das Wort der Gnaden von Philippo gehöret vnd
angenommen / sie wurden aber durch der Apostel Abgesandten darinnen noch mehr
gegründet vnd gestärcket. Seynd wir erleuchtet / vnd erkennen das Heyl in
Christo / müssen wir vns in dem heylsamen Wort der Gnaden fleissig üben / mit
heyligen geistlichen Gedancken vmbgehen. Dardurch wirdt der heylige Geist
starck. Dardurch wird das Gemüth mehr vnnd mehr gen Himmel gezogen. Heylige
andächtige Betrachtungen seynd der Hammer deß Geistes / damit das harte Hertz
zuschlagen wirdt; sie seynd das Schwerdt deß Geistes / daß durch die Seele
dringt; sie seynd der fewrige
Das dritte Mittel ist das Gebett. Wie David vmb deß Heyligen Geistes Beystandt
gebetten / ist bekandt auß dem 51.. 14,
17.
Die jhr nun den Heyligen Geist gerne haben / vnd bey euch erhalten wollet / Leget
ab alle Vnsauberkeit vnd alle Boßheit / vnnd nehmet mit Sanfftmuth an das
natürliche lautere Wort / welches kan ewere Seelen selig machen. Seyt aber
Thäter deß Worts / vnd nicht Hörer allein / damit jhr euch selbst betrieget.
Dann so jemand ist ein Hörer deß Worts / vnd nicht ein Thäter /
O lieben Christen / bekümmert jhr euch vmb keine Heyligung / so begehrt jhr auch
keinen Heyligen Geist! Wie wirdts euch darüber ergehen? Im ersten Capitel der
Sprüchworten