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Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714
DVrchleuchtiger Hochgeborner Fürst / Auch Durchleuchtige Hochgeborne Fürstin. E. E. F. F. Gn. Gn. seyn meine vnterthänige Dienste / neben schuldigen Gebett zu Gott für dero zeitliche vnd ewige Wolfahrt zuvor; Gnädiger Fürst vnd Herr / auch Gnädige Fürstin vnd Fraw.
Wie ich im Werck begriffen / gegenwärtige Apostolische Auffmunterung durch
offentlichen Druck ans Tages Liecht zu bringen / ist mir vorgekommen ein
Es ist mancherley / daß den Menschen in der Welt ein Ansehen machen kan /
Reichthumb / Tapfferkeit / Ehr / grosse Macht vnd Gewalt / vnter allen aber ist
keine grössere Würde / als der Standt hoher Obrigkeit / welche mit solchem
Ansehen von GOtt begabet / daß nicht allein die Menge eines grossen Volcks einen
Fürsten ehren vnnd fürchten muß / sondern auch die himlische
Geisterlein selbsten dem Regenten vmb jhres Standes willen Ehrerbietung erzeygen
/ davon insonderheit mercklich ist / was Petrus redet / in seinem andern Brieffe
am 2. Capitel. Allda er dieselbige strafft / die die Herrschafften
Darauß ist abzunehmen / wie würdig vnnd heylig die Gewalt hoher Herrschafften
vnter Menschen seyn solle; dann das bey den himlischen Geistern
ehrwürdig ist / soll bey Menschen nicht vnheylig oder geringschätzig gehalten
werden / sondern man soll der weltliche Obrigkeit / als einer
Göttlichen Ordnung / vmb deß Gewissens
So seynd nun freylich die Herrschafften in grossem Ansehen / beydes auff Erden
vnnd im Himmel / dennoch will das vorhingesetztes Sprüchlein auß dem 49. Psalm
nicht zugeben / daß in der Welt würdig seyn / die höchste Würde sey. Wann ein
Mensch in der Würde ist / vnd hat keinen Verstand / so fähret er davon wie ein
Vieh. Was ist nun besser vnd höher als alle Würde dieser Welt? Verstandt oder
Weißheit / verstehe nicht die Weißheit dieser Welt / sondern eine andere die
Göttlich ist / dann es ist ein zweyfacher Verstand / erstlich ein jrrdischer vnd
viehischer / zum andern ein himlischer vnd geistlicher / der
jrrdische vnnd viehischer Verstandt sucht nur fleischliche Lüste / daß ein
Mensch reich werde / grosse Ehre vnnd gute Tage auff Erden habe / solcher
Verstand erhebet die Menschen nicht viel höher als das Vieh / dann auch das
vnvernünfftige Vieh gerne gute Tage verlieb nimbt / vnd seinen viehischen
Affecten nachhänget; der himmlischer vnnd geistlicher Verstandt wirdt erleuchtet
von einem lischen Gut / daß nicht mit
viehischen Augen gesehen wirdt / vnnd nicht anders als in einem Göttlichen
Liecht erkandt wirdt. Dieser himlische Verstandt vnd geistliche
Weißheit zeyget vns ein gewisses Ende / ein vollkommenes beständiges Gut / vnd
lehret vns wie wir zu solchem Ende komen müssen. Das Ende der
Seelen ist GOtt / dann was das Ende seyn soll aller Begierligkeit / muß alles
Gut in sich begreiffen ohn allen Mangel / daher kompts / daß deß Menschen
Begierligkeit in der Welt nicht kan Ruhe finden / will jmmer mehr vnd mehr haben
/ biß es gelanget zu einem solchen Gut / darinnen sie alles zusammen findet /
was man jmmer begehren kan. Wer zu diesem Ende gelangen will / muß jhm nit eigen
Wege erdencken / Gott hat selbst eine Verordnung auffgesetzet / diese Ordnung
muß man wissen / ere mich nicht vmb das Ewige / wird meine Seele nimermehr zur Ruhe komen. Zwar die glaubige Seele
soll Gott laut erlich allein meinen vn lieben vmb sein selbstes
willen / wann schon kein Höll noch Himel were / doch mags Gott
wol leyden / daß die Seele auch auff jhre eigne Wolfarth sihet / drumb er auch
dieses als den Zweck deß Christenthumbs vns fürgesetzet / daß wir Ruhe finden
für die Seele / vnd der Friede Gottes in vnsern Hertzen herrsche / welches nicht
anders als in GOtt kan erlanget werden / dann Gott selbsten ist der Seelen
Ruhe.
Hiernach trachten / ist eine Weißheit / vn eine solche Weißheit /
die aller jrrdischen Menschen Witz vnd Vernunfft übertrifft / wan
jemand verstand hat / ob er schon keine grosse Würde in der Welt hat / ist er
doch wol versorgt / es wird jm ewig wol gehen / wan aber ein
Mensch in der Würde ist / vnd hat keinen Verstandt / so fähret er davon wie ein
Vieh / er ist verlohren an Leib vnd Seel / dann auff ein viehisches Leben soll
nit anders als ein viehisches Sterben folgen. Wann jemand seine Seele mit den
gegenwärtigen jrrdischen Gütern erfüllet / vnd den viehischen Begierden
nachgehet / was ist das anders als ein viehisches Leben? Wann er dann hernach
stirbt / vnd der zukünfftigen himlischen Gütern sich nit
zuerfrewen welt-liebenden noch vnerträglicher fallen als dem Vieh /
gieng es dem Menschen nicht anders als ein Vieh / vnd hätte kein ander Leben zu
erwarten / were er zu entschuldigen / daß er nach einem andern Leben nicht
getrachtet habe / weil aber gewißlich nach diesem ein anders Leben zu erwarten
ist / ists freylich kein Lob / nur leben vnnd sterben wie das Vieh.
Darauß ist nun dieser Schluß zu fassen / daß derselbe vbel bey sich thue / der
nicht nach geistlicher Weißheit trachtet / er lebe auff Erden in Würden oder
nicht / lebt er in der Würde vnd gedencket / als wann er nichts mehr bedürffe /
vnd an seiner weltlichen Würde genug habe / betriegt er sich gar zu sehr in
seinen eignen Gedancken. Die zeitliche Glückseligkeit solte einen Menschen
billig dahin treiben / daß er Gott so viel mehr danckbar were / so viel höher er
über andere an zeitlichem Glück erhaben / da entgegen findet man leyder in der
gantze Welt dise schändliche Vnart / dz der grosse Gott für
seine Güter von keine Menschen weniger Danck bekomet als von denen / die er mit zeitlichem Glück für andern angesehen hat /
wiewol solches gemein / solts darum klüglich gethan heissen? Solt
ein vernünfftiger Mensch nicht weiter sehen / als auff das / was für Augen ist?
Solte er nit daran er bleiben könne? vnd
wan er dann davon fähret / solts jhm gleich vil seyn / er
fahre dahin wie ein Vieh oder Christ? wie viel sel ger ist der / der keine Würde
in der Welt hat / vnd nur ein gut seliges Ende erlanget? Wolte Gott / daß alle
Weltlinge möchten erkennen / wie vbel sie bey jhrer Seelen handlen / welches der
Herr jhnen für Augen stellet durch den Narren / der nur darauff trachtet / wie
seine jm jemand Schätze samlet / vnd ist nit reich in Gott / ja
also gehet es / wann jemand in der Würde hie auff Erden ist / vnnd hat keine
Würde in Gott. Es gehet jm wie einem Maulthier / der den Tag über köstliche
Seidenwahre getragen / auff den Abend wann es an seiner köstlichen Last ermüdet
ist / wird jhm die köstliche Decke abgenomen / vnd in einen
stinckenden Stall geführet. Vernünfftige Christen sehen zeitliche Glückseligkeit
nit anders an als eine Roßdecke / damit sie nur gezieret seyn / hie auff der
Reyse / vnd wissen daß auff den Abend jhres Todtes sie selbige müssen ablegen /
wer dann keine Zierd in GOtt findet / der
Die wir Christo in öffentlichem Predig-Ampt dienen / seynd Diener der geistlichen
Weißheit / Gott hat vns dise Sorge anvertrawer / den vnverständigen Menschen das
Verständniß zu öffnen / nicht allein die Weißheit zu lehren / sondern auch zu
ermahnen / daß sie nach
Diß Ampt Gnädiger Fürst vnd Herr / Auch Gnädige Fürstin vnd Fraw / hab in E. E.
F. F. Gn. Gn. Lande ich zehen Jahre getrieben / vnd dancke Gott dem Vatter Jesu
Christi / daß meine Arbeit in Christo nicht vergebens gewesen / trage auch die
Hoffnung / daß der bey mir vn durch mich kräfftig gewesen bey
meiner vorigen Gemein in dem lieben Rostock / der werde auch an diesem Orth / da
ich jetzt nach Gottes Willen lebe / sein Werck gesegnen. Ob nun wol wider meinen
Willen / doch durch GOttes wunderliche Schickung / wie E. E. F. F. Gn. Gn. zum
theil bekandt / von meiner vorigen sehr lieben Gemeine ich gerissen worden / hat
doch das Band der Liebe nicht können zerrissen werden / dann wie sie nur in en / gedachte Predigte
ordentlich auffzusetzen / vnnd jederman zu Nutz offentlich ans Liecht zu
bringen. Ists GOttes Wille / daß dadurch einem vnnd andern an seiner Seelen
Erbawung / vnnd zur geistlichen Weißheit gedienet werde / ist die Mühe
bezahlet.
Nach dem nun das Werck dem Druck vbergeben war / berichtet so wol der Verleger
als der Druckherr / wie sie es für gut erkennen / daß diß Werck in zwey Theil
abgetheilet würde / halte auch deßwegen bey mir an / den newen
Vnterbruch mit einem newen Titel vnd Vorrede von dem andern zu scheyden / damit
ein jeglicher das Buch nach dem es jhm bequem / entweder in einen oder zwey
Bände könne binden lassen. Ich hab mir solches lassen belieben / vnd dadurch die
Gelegenheit ergriffen / gegen E. E. F. F. Gn. Gn. meine vnterthänige Affection
offentlich zu beweisen / vn dero disen andern Theil vnterthäniges
demütiges fleisses zuzuschreiben / weil nicht allein in E. E. F. F. Gn. Gn. Land
/ vn dero el gesegne es / daß es wachse / grüne /
vnd blühe. Vnnd were nichts auff der Welt / daß zu solcher vnterthäniger
Affection mich bewegete / da doch viel ist / habe ich täglich allhie für Augen
E. E. F. F. Gn. Gn. nächste Blutfreundin vnnd Fraw Schwester / Meine Gnädige
Fürstin vnd Fraw / die Rose der Gottseligkeit / die Cron der Holdseligkeit / das
Kleinod aller Fürstl. Christlichen Tugenden (ich heuchle nicht / sondern rede
die augenscheinliche Warheit) die mit jrer vnverschuldeten Gnade / mir
Vnwürdigen auff mancherley Weise erwiesen / mich verbunden hat / nicht allein J.
F. Gn. alles Fürstliches Wolergehen zu wünschen / sondern auch allen so J. F.
Gn. angehörig vn lieb seyn. Gelanget demnach an E. E. F. F. Gn.
Gn. mein vnterthäniges demütiges Bitten / dieselbe wollen diß mein vnterthäniges
Beginnen jhr gefallen lassen / vnd dieses geringschätzige doch verhoffentlich
nicht vnnützlich Werck in Gnaden auff vnd annehmen / auch nicht allein mir vnd
den meinigen / sondern auch der guten Statt Rostock / vnd der löblichen
Vniversität darinn
E. E. F. F. Gn. Gn.
Vuderthäniger Diener
Joachimus Lütkeman / D.
V. 33. LIeben Brüder / O welch eine Tieffe deß Reichthumbs / beyde der Weißheit / vnd Erkäntnüß Gottes / Wie gar vnbegreifflich seynd seine Gerichte / vnd vnerforschlich seine Wege.
V. 34. Dann wer hat deß HERRN Sinn erkant? Oder wer ist sein Rathgeber gewesen?
V. 35. Oder wer hat jhm etwas zuvor gegeben / das jhm werde wieder vergolten?
V. 36. Dann von jhm / vnd durch jhn / vnd in jhm seynd alle Ding / Ihm sey Ehre in Ewigkeit / AMEN.
WAnn das heutige Fest der H. Dreyfaltigkeit in der Christlichen Kirchen angeordnet / zu sonderbarer Erklärung deß der Natur vnbegreifflichen göttlichen Wesens; wird billich einfältigen Christen der ewige GOtt auß göttlichem Worte für die Augen gemahlet / nicht allein nach seinem Wesen / sondern auch nach seinen Wirckungen vnd Eigenschafften. Nach seinem Wesen zwar / wie er ist einig in dem Wesen / dreyfaltig in den Personen. Nach seinen Eigenschafften vnd Wirckungen aber / wie er ist vnendlich / ewig vnd allmächtig / heilig / gerecht vnd warhafftig / der alles erschaffen hat / vnd erhält / ein ewiger König / der auch die armen Menschen erlöset vnd selig machet.
Beydes gehöret zur Erkäntnüß Gottes / daher derselbe / der läugnet die Gerechtigkeit oder Warheit Gottes / oder seine Vorsehung in Zweifel ziehet / GOtt verläugnet hat / eben so wol / als der schlecht läugnet / daß ein GOtt im Himmel ist. Ja so einer begehrete GOtt seiner Weißheit vnd Gerechtigkeit zu berauben / der würde jhn höher lästern / als der nur schlecht läugnet / daß ein GOtt im Himmel sey. Eben wie es einen redlichen Menschen viel mehr kräncket / so man jhn für einen lügenhafften vngerechten Menschen außruffet / als so man sage / er sey kein lebendiger Mensch. Denn dieses würde er als eine vnsinnige Rede verlachen / jenes aber würde jhm / als eine ehrenrührige Rede / wehe thun.
Also ist nun alle Welt voll solcher Leute / die GOTT nicht kennen / sondern jhn
verläugnen / in dem sie nicht trawen der Weißheit Gottes in seiner Regierung /
der Warheit in seinen Verheissungen / der Gerechtigkeit in seinen Drawungen; daß
billich von allen Menschen gesaget wird / was geschrieben stehet im 14. Psalm:
Gleich wie aber GOtt nach seinem Wesen vnbegreifflich
Damit nun auch von diesen vnerforschlichen Wegen Gottes die Gemeine erinnert
würde / seynd recht vnd wol dazu verordnet die Wort auß dem 11. Cap. an die
Römer: O eine Tieffe deß Reichthumbs / beyde der Weißheit vnd Erkäntnüß Gottes /
wie vnbegreifflich seynd seine Gerichte / wie vnerforschlich seynd seine Wege!
Die Summa ist / daß die Wege GOttes in seinem Gerichte vnerforschlich
IM 9. 10. vnd 11. Cap. an die Römer handelt Paulus von Verwerffung der Juden / als eines Volcks / das GOtt vorhin vor aller Welt zu eim Eigenthumb erwehlet / vnd darinnen er grosse Wunder geübet hatte; vnd bey solcher Verwerffung gibt er vns zu bedencken dreyerley. 1. Seine freye Macht / sich über jemand zu erbarmen / oder jemand zu verstocken / sintemal er niemand etwas schuldig ist / auch niemand mit jhm rechten darff / vnd sagen: GOtt / was machstu. 2. Die Vrsach der Verwerffung. Ob er zwar Macht hat / sich zu erbarmen vnd zu verwerffen / wenn vnd wie er will / so verwirfft er doch niemand schlechter dinge / auß freyem Willen / ohn Vrsach / sondern vmb deß Vnglaubens willen / welcher Vnglaub bey den Juden auß der Ergernüß deß Creutzes hergesprossen / alldieweil sie jhnen viel ernen andern Messiam vnd Heyland hatten eingebildet / als der geereutzigte JESVS war. 3. Gibt Paulus auch zu bedencken / die Art der Verwerffung / wie die Juden nicht schlecht in gemein überall verworffen seyn / sondern viele auß denselben erwehlet seyn / auch noch künfftig eine grosse menge auß denselben soll herzu gebracht werden.
Bey solcher Betrachtung der wunderbaren Regierung Gottes in dem Werck / das
vnsere ewige Seligkeit betrifft / fällt der hocherleuchte Apostel in solche
Bestürtzung / daß er auffschreyet:
Zweyerley wird hie geredet / die Meynung aber ist nur eine. Denn das zu erst der
Apostel mit tunckeln Worten außredet: O eine Tieffe deß Reichthumbs / beyde der
Weißheit vnd Erkäntnüß Gottes; das erkläret er stracks mit klaren
So handelt nun hie Paulus von den Wegen Gottes in seinen Gerichten / wie GOtt in seinen Gerichten handele vnd vmbgehe. Es können die Gerichte Gottes auff zweyerley weise betrachtet werden / einmal in gemein / wie GOtt alle vernünfftige Creaturen / Engel vnd Menschen regiere / vnd wie er mit denselbigen vmbgehe / in dem er derselben ein theil selig machet / ein theil verwirfft; hernach absonderlich / wann man eines einigen Menschen Leben ansihet / vnd in demselben Gottes Gericht vnd Regierung betrachtet. Zu beyden mahlen findet sich Vnbegreiffligkeit vnd Vnerforschligkeit / daß in den Regierungen vnd Gerichten deß HERRN sein Rath / Thun vnd Werck nimmermehr kan erforschet vnd ergründet werden.
Begreifflich ist / was mit den Sinnen vnd der Vernunfft kan gefasset werden; erforschlich ist / nicht das man stracks sihet vnd erkennet / sondern das ein scharffsinniger Kopff mit langem vnd scharffem nachdencken endlich erfinden kan. Also ist deß Himmels Lauff nicht jederman bekant / doch haben die Menschenkinder mit fleissigem nachsinnen viel davon erreichet: daher ist der Lauff deß Himmels noch ein begreiffliches Ding. Hingegen was in allen Tieffen / vnd im mittelsten Grunde der Erden verborgen liget / weiß niemand / kan auch niemand wissen oder erforschen / darumb heisst es ein vnerforschlich Ding. Auff solche weise redet auch Paulus von den Wegen Gottes in seinen Gerichten; sie seynd vnbegreifflich vnd vnerforschlich / seinen Rath / Weißheit vnd Gerechtigkeit sihet man nicht darin / vnd kan mans auch nicht sehen / begreiffen / oder erforschen / man forsche nach mit aller Scharffsinnigkeit / wie man will.
Eben dasselbe meynet Paulus auch mit diesen Worten: O eine Tieffe deß Reichthumbs / beyde der Weißheit vnd Erkäntnüß Gottes! Er redet von der Weißheit vnd Erkäntnüß Gottes / wann nemblich ein Mensch nachdenckt der Weißheit Gottes in seinen Gerichten vnd Wercken. Solche Weißheit in der Erkäntnüß Gottes wird vns fürgestellet / als ein vnerforschlicher Schatz vnd ein tieffer Abgrund / da man nicht kan zum Ende kommen. Vnd ist die Meynung: Wann man der Weißheit Gottes in seinen Wercken vnd Gerichten nachdencket / findet man einen tieffen vnerschöpfflichen vnerforschlichen Schatz. Gottes Werck seynd so wunderbar / daß sie nicht können zu grund erkant werden. In seiner Regierung ruhet solch ein Reichthumb der Weißheit / welcher weder zu gründen noch zu messen ist. Also werden wir geführet zu einer vngründlichen vnerforschlichen Tieffe / darinnen ein solcher Schatz der Weißheit liget / der nimmermehr zu grund kan erkant oder erforschet werden: wie mehr man suchet / wie mehr man findet; wie tieffer man sich hinein lässt / wie tieffer man hinein sincket. Wann wir haben etwas gefasset von Gottes Gerichten / vnd meynen / wir habens nun gefunden; so haben wir kaum den anfang ersehen / vnd ist noch übrig ein vnendlicher Abgrund / voller Weißheit vnd Gerechtigkeit / zu welcher Erkäntnüß wir nicht können gelangen. O eine Tieffe deß Reichthumbs / beyde der Weißheit vnd Erkäntnüß Gottes! Wie gar vnbegreifflich seynd seine Gerichte / vnd vnerforschlich seine Wege!
Diß findet sich / wann wir erstlich in gemein Gottes Wege vnd Wercke in seinen
Creaturen betrachten; vnd hernach ein jeglicher auff sich selbst kompt / vnd
bedenckt nur / wie jhn GOtt so wunderlich die Zeit seines Lebens über geführet
hat. Wann vns nun etwas fürkompt / darinnen wir vns nicht richten können / vnd
nicht begreiffen / wie es mit Gottes Güte überein komme; so
Es sagts Paulus nicht allein / die Heiligen im Himmel haben darauß einen Gesang
gemacht / wie auffgezeichnet ist in der Offenbarung Johannis am 15. Cap. Groß
vnd wundersam
Hierüber werden vns vom Apostel Paulo gezeiget drey
Wann nun niemand weiß den Sinn vnd Rath deß HErrn / warumb er diß so / vnd nicht anders mache / so meistert man jhn vergeblich in seinen Wercken / vnd bleibt dennoch dabey / daß Gottes Wege vnerforschlich seyn / voller Gerechtigkeit vnd Weißheit.
Der ander Grund ist genommen auß dem 40. Capitel deß Propheten Esaiae / da also
geschrieben stehet: Wer vnterrichteten alle Weißheit / die bey vns Menschenkindern kan
gefunden werden? Warumb meisterst du denn die Wercke deß HERRN? Meynestu du
seyest klüger denn GOtt / in dem du achtest / es wäre besser / wenn es anders
wäre? Denn so thöricht seynd wir Menschen / daß wir dürffen dencken / wann es
nach vnserm Sinne gieng / so wäre es recht. Eben als wann die vnendliche
Weißheit vnsers Raths bedürffte / vnd von vns solte Weißheit holen.
Der dritte Grund ist genommen auß dem 41. Capitel deß Büchleins Hiob / allda der
HERR spricht: Wer hat mir was zuvor gegeben / daß ichs jhm vergelte? Es ist mein
/ was vnter allen Himmeln ist. Also auch hie: Wer hat jhm etwas zuvor gegeben /
das jhm wieder werde vergolten? Denn von jhm / vnd durch jhn / vnd in jhm sind
alle ding. Alle Ding seynd von GOtt / denn er ist der Schöpffer / der auß nichts
alles gemacht. Alles durch GOtt / denn GOtt bedarff keines Instruments / wann er
alles erschaffet / Er macht alles durch sein kräfftiges Wort; vnd was die
Creaturen gutes vermögen / das thun sie durch GOtt / vnd durch eine Krafft auß
GOtt. Alles ist zu GOTT gerichtet vnd seinen Ehren / als zu einem Zweck vnd
Ziel. Weil denn alles von jhm ist / was da ist / so hat jhm auch
In dem aber / das Paulus saget: Von jhm / durch jhn / vnd zu jhm ist alle Ding: beweiset er nicht allein / daß niemand GOtt etwas zuvor gegeben; sondern leget auch zugleich einen newen Grund / darauß offenbar wird / daß Gottes Wercke vnd Gericht gerecht vnd voller Weißheit seyn / ob sie schon vns seyn vnerforschlich. Denn so alles von GOtt vnd durch GOtt; auch alles zu Gottes Ehren gerichtet ist / so thut er freylich nichts wider seine Ehre. Wir verstehen nicht alles / so sehen wir auch nicht / wie alles zu Gottes Ehr gerichtet ist; denn wir müssen vns noch über viel verwundern / welches den Schein hat / als käme es mit göttlicher Majestät vnd Billigkeit nicht überein. Aber so es deß HERRN Werck ist / vnd alles zu Gottes Ehr gerichtet ist / so muß es freylich ein gerechtes Werck seyn / voller Weißheit / obs vns schon wunderbarlich vorkompt.
Darumb müssen wir nur in allen dingen mit Paulo sagen:
Ja / Ihm sey Ehre in Ewigkeit / denn die Wege deß HErrn seyn vnaußforschlich / an
Weißheit vnd Gerechtigkeit. O eine Tieffe deß Reichthumbs / beyde der Weißheit
vnd Erkäntnüß
Hie gewinnen wir Vrsach näher zu tretten / vnd absonderlich die vnerforschliche Wege der Weißheit Gottes zu bedencken / beydes an vns vnd vnseren neben Menschen: da werden wir sagen: O eine Tieffe!
Ich will hie nicht viel sagen von dem Werck der Erschaffung. Wir waren nichts / er aber hat vns lassen zusammen rinnen wie Milch / hat vnsere Gebeine zusammen geknüpffet / vnd sie mit Fleisch vnd Haut vmbkleidet / vnd durch seinen Willen haben wir den Odem. Da gibt der gütige GOtt nicht einem jeglichen einerley Sinn vnd Hertz. Dem einen bescheret er eine gute Seele / dem andern eine geringere. Da finden sich in der Natur deß Menschen vnterschiedliche Eigenschafften / vnterschiedliche Zuneigungen. Da solte man bereits viel finden / daß man muß vnerforschet lassen.
Ich will auch nicht viel sagen von dem Werck der Erlösung / über welchem sonsten die Engel sich nicht gnug verwundern können. Wer solte gemeynet haben / daß das der rechte Weg wäre / deß Teuffels Reich zu zerstören / wenn GOTT sich würde vom Teuffel peinigen / vnd vom Todt fressen lassen? Darauff hat kein Engel gedencken können / vnd hat jhnen gelüstet das hohe Geheimnüß anzusehen.
Ich bleibe allein bey den wunderlichen Wegen in der Regierung vnd Vorsehung Gottes. Sehet an die natürliche Werck vnd Bewegung deß Menschen; Auß GOtt vnd durch GOtt ist alles. Ju Ihm leben / schweben vnd seynd wir. So ein Fisch nicht lang ohn Wasser / der Vogel nicht lang ohne Lufft dawren kan; so können wir viel weniger dawren ohne GOtt. Die Seele ist mehr in GOtt / als der Fisch im Wasser / vnd der Vogel in der Lufft. GOtt ist vns viel näher / als wir vns selber seyn. Wir vermögen nicht eine Hand außstrecken / wann GOtt sie nicht außstrecket; der muß alle Krafft vnd Bewegung geben / auch in dem Augenblick / wann wir vnsere Glieder mißbrauchen zu Dienst der Vnreinigkeit vnd Vngerechtigkeit / vnd mit denselben wider GOtt streiten. O du langmütiger GOtt! daß du dein einfliessendes Wort nicht entziehest / wenn der Sünder beginnet mit seinen Gliedern zu streiten wider dich / daß er verlähmet werde / oder zu scheittern gehe: Aber du erhältest auch mitten in den schweren Sünden die Natur / vnd schaffest die Bewegung.
Sehet an den bürgerlichen Wandel der Menschen / da finden sich wunderliche Gaben
/ vnd lässt doch GOtt offt einen Vnwürdigen zu Ehren kommen / da die Würdige vnd
Verständige im Koth bleiben. Mancher geschickter Mensch / wann ers bedenckt /
wird darüber entrüstet. Den sichern gehets nach Hertzen Wunsch / die GOtt
fürchten / müssen über sich gehen lassen Angst vnd Hertzenleid. Würde ein
verständiger Weltmensch hierüber zu ordnen vnd zu walten gesetzet werden / er
würde viel eine andere Ordnung halten / vnd kompt den Klugen die Ordnung Gottes
allezeit wunderlich für. Wunder erfahren wir / wann GOtt erwachet zur Straffe;
Wunder erfahren wir / wann GOtt auffstehet zur Hülffe. Da dann die Errettung so
viel herrlicher ist / so viel mehr verzweiffelt böß das Vnglück gewesen ist /
daß wir dem HERRN bekennen müssen auß dem 116. Psalm: Stricke deß
Für allen sehet an die wunderbare Verordnung vnd Außtheilung der Gnade / im Werck der Seligkeit. Denn diß ist eben das Werck / das den Apostel Paulum ziehet zu dieser Stimme: O eine Tieffe deß Reichthumbs / beyde der Weißheit vnd Erkäntnüß Gottes! Wie gar vnbegreifflich seynd seine Gerichte / vnd vnerforschlich sind seine Wege!
Lässet nicht vnser GOtt das Liecht seines Worts so vngleich scheinen? Abraham
steckte so tieff in Abgötterey / als ein ander. Warumb sprach der HERR zu
Abraham / vnd nicht zu einem andern: Gehe auß auß deines Vatters Hause / vnd von
deiner Freundschafft? Es hätte vielleicht auch ein ander dem Munde deß HERRN
Gehorsam geleistet / wann jhm GOtt geruffen vnd geführet
Wahr ists / daß Heyden / Juden / Türcken außgeschlossen seyn vom Reiche Christi / haben sie zu dancken jhren Vorfahren / welche muthwillig das Liecht deß göttlichen Wortes bey jhnen haben lassen verleschen. Was können aber die Nachkommen dafür / daß jhre Vorfahren so gehauset haben? Ich zweifele nicht / daß viel seyn vnter Heyden / Juden vnd Türcken / welche / wann sie vnter Christen / vnd von Christen erzogen wären / wie wir; es vns im Christenthumb möchten zuvor thun. Wo bleibet denn hie die Barmhertzigkeit Gottes / die er allen Menschen versprochen hat? Aber O eine Tieffe deß Reichthumbs / beyde der Weißheit vnd Erkäntnüß Gottes! Wie vnbegreifflich seynd seine Gerichte / wie vnerforschlich seynd seine Wege!
Eins ist gewiß / daß GOTT niemand etwas schuldig ist. Denn wer hat jhm etwas
zuvor gegeben / das jhm wieder werde vergolten? Er hat nach seiner Gerechtigkeit
vns alle können im Elend vnd in dem ewigen Todt stecken lassen / darin wir durch
Adam gefallen seyn. So hat er auch wol können auß blossen freyem Willen ein
theil der Menschen für über gehen / vnd sich deß andern theils annehmen; vnd
hätte doch niemand zu jhm sagen dürffen / was machstu? Denn er würde antworten;
Habe ich nicht Macht zu thun mit dem meinen was ich will / sihestu darumb so
Ob nun GOtt hierin niemand etwas schuldig ist / so ist doch ferner gewiß / daß
GOtt nicht wolle den Todt eines Sünders / sondern daß er sich bekehre / vnd lebe
/ wie er denn thewer bezeuget
Derwegen folgends auch diß gewiß ist / ob wol GOtt den Heyden vnd Türcken auß gerechtem Gerichtsein Wort entzogen hat / daß dennoch er sich nicht ohn Zeugnüß gelassen habe. Sie haben können GOTT erkennen / dazu seine Gerechtigkeit vnd Barmhertzigkeit. Das Schrecken vnd Anklagen jhres Gewissens / hat gezeuget vom göttlichen Gericht vnd Gerechtigkeit. Die vielfältigen Gutthaten in der Natur / da GOtt gibet Regen / Sonnenschein / vnd fruchtbare Zeiten / vnd ergetzet das Hertz mit Lust vnd Frewde / zeugen von Gottes Güte vnd Barmhertzigkeit. Denn an statt daß GOtt allen Einfluß seiner Güte vns solte entziehen / vnd mit Donner vnd Blitz die halßstarrige Sünder zur Hölle schlagen / thut er jhnen viel gutes / dabey alle Heyden haben schliessen können vnd sollen / daß noch Gnade bey GOtt für den Sünder vorhanden sey. Ob nun zwar durch dieses natürliche Liecht kein Mensch bekehret / vnd zum Glauben gebracht ist / auch nicht kan gebracht werden; doch ist kein zweiffel / wann einer vnter der Heydenschafft dieses Liecht nicht verworffen hat / sondern desselben / wie es sich gebüret / gebrauchet; GOtt würde nach seiner versprochenen vnd hochbethewrten Barmhertzigkeit / denselben Heydnischen Menschen weiter geführet / vnd zu einem andern Liecht gebracht haben / durch Weise vnd Wege / die jhm nicht schwer seyn.
Daß aber letzlich GOtt so vngleich mit dem Liecht seines Wortes fortgehe / einer
Nation nehme / der andern gebe / die dritte vorüber gehe; da ist nichts übrig /
als daß wir mit dem Apostel ruffen: O wie vnbegreifflich seynd seine Gericht!
Wie vnerforschlich seynd seine Wege! Du aber / lieber Christ / erkenne vnd
preise
Wolten wir vns weiter versencken / in Erkundigung der Gerichte Gottes / über die elende Kinder / deren viel tausentmal tausent vnter Juden / Türcken vnd Heyden in jhrer angebornen Sünde dahin sterben: da würde sich noch eine grössere Tieffe finden / vnd ein gar vnerforschlicher Weg. Wir können nicht anders sagen / als daß sie müssen sterben deß ewigen Todes / da sie doch in jhrem Leben nicht einmal erkant haben / was linck oder recht / weiß oder schwartz ist. Wir / ich vnd du / haben vnseren Verstand / vnd haben mit vnsern Sünden vielmal vnd schwerlich GOtt beleidiget; vnd gleichwol bleibt vns durch GOtt die Hoffnung der Seligkeit. OChristen Hertz / wenn du Thränenquelle in deinen Augen hättest / so soltestu sie nicht enthalten / wann du bedenckest / daß du dieser Gefahr nur durch blosse Gnad entrunnen bist. Denn was hats verhindert / daß auch du nicht vnter Heyden geboren vnd gestorben bist? O eine Tieffe deß Reichthumbs / beyde der Weißheit vnd Erkäntnüß Gottes! Wie vnbegreifflich sind seine Gericht / vnd vnerforschlich seine Wege!
Ewer Liebe haben etlicher massen besehen / die vnbegreiffliche Wege Gottes / in Beförderung der Menschen Seligkeit / so viel anlanget den Vnterscheid deß gepredigten Wortes; daß es einem Volck gepredigt werde / dem andern nicht. Da denn die wunderliche Gerichte Gottes zum hefftigsten herfür scheinen. Dennoch lassen sich auch mercken vnbegreiffliche vnd vnerforschliche Wege / vnter denen die das Wort Gottes haben vnd hören / da denn auch die Gnade Gottes nicht allerdings zu erforschen ist.
Hie ist gewiß / daß wir alle in Sünden todt seyn / vnd niemand durch eigene
Kräffte von seinem bösen Wesen kan vmbkehren; welches allein ist ein Werck deß
H. Geistes. Dennoch sehen wir / daß in einer Gemein in einer Predigt / dem einen
das Hertze beweget wird / dem andern nicht; einer wird bekehret / der ander
bleibet in seinen Sünden. Da ist ja wol wahr / daß der Vnbußfertige
Auch spüren wir einen vnerforschlichen Weg in dem Gericht vnd Langmuth deß HERRN
/ die er in seiner Kirchen brauchet / darin; wann er dem einen Zeit vnd Raum
gibt zur Busse; den andern wegreisset in seinen Sünden. So viel vnser getauffet
seyn / die haben Christum angezogen; wir haben aber jhn nicht alle behalten; wir
haben jhn zum offtern mit vnsern Sünden außgestossen. Durch Gottes Gnade seynd
vnser viel wieder vmbgekehret / vnd warten auff die selige Erlösung. Ihrer viel
aber seynd in jhrer Sicherheit weggerissen / vnd haben verschertzet jhre
Seligkeit. Hat nicht GOtt Macht vnd Recht gehabt / auch vns gleichfalls
wegzunehmen / da wir muthwillig verharreten in Vnbußfertigkeit? Ich setze / es
seynd zween Buben / gleich gut / der eine so böß als der ander. Der eine wird
durch einen schleunigen vnd schrecklichen Todt / mitten in seinen Sünden von
GOtt gestraffet; der ander wird durch deß vorigen Exempel bekehret. Wer will
zwischen diesen beyden Richter seyn / vnd sagen / warumb GOtt jenen / vnd nicht
diesen / zum schrecklichen Exempel seines Zorns gesetzet hat? Augustinus / ein
heiliger sehr würdiger Kirchenvatter / wäre ein solches Liecht der Kirchen nicht
geworden / wann jhn GOtt durch den Todt hätte dahin genommen / wie er noch im
Vnglauben vnd den Weltlüsten dahin gieng.
Dieses seynd in gemein die Wercke deß HERRN / die da
Es soll aber auch eine Christliche Seele wissen / zu welchem ende / vnd auff was
weise / die Wege vnd Gericht deß HERRN zu bedencken seyn. Nemblich also / daß
fürs erst GOtt gepreiset werde / vnd wir jhm können Lob vnd Danck geben. Mit
Jacob sollen wir sagen: HERR / ich bin zu gering aller Barmhertzigkeit
Zum andern / sollen wir bey Betrachtung der vnbegreifflichen Wege Gottes / die
Vernunfft lernen im Zaum halten. Wir haben hie ein Exempel an dem heiligen
hocherleuchteten Paulum / der seine Theologische Weißheit im dritten Himmel
studiret gehabt; dennoch muß er sich nur verwundern über Gottes Gericht: O wie
eine Tieffe! Vnmögliche Dinge soll man ja nicht anfangen. Die Geheimnüß vnd
vnerforschliche Wege Gottes außzusinnen / ist vns vnmüglich / vnd bleibts vns
doch zu hoch / daß wirs müssen lassen anstehen. Kompt nun einer in
Glaubenssachen mit seinem Warumb? so gehe bedachtlich vmb. Wann man schon nach
der Gleichförmigkeit deß Glaubens eine Richtigkeit darin finden könte; dennoch
wann wir auß Gottes Wort gegründet seyn / daß es so / vnd nicht anders sey / als
wir glauben; thun einfältige Christen wol / daß sie / nach dem Exempel deß
hocherleuchteten Apostels / jhre Gedancken einziehen; nicht in der weise vnd
vrsachen vnerforschlicher Dinge grübeln / sondern sich verwundern. Ebenmässig /
wann vns in den Wercken vnd Gerichten Gottes was fürkompt / darinnen wir nicht
begreiffen können / wie sie mit der Billigkeit vnd Gottes Gütigkeit überein
kommen / da sollen
Zum dritten / sollen wir die Wunderwege deß HERRN also betrachten / daß wir in
der Furcht Gottes wandeln / vnd jhm in seiner Heiligkeit dienen / mit heiligem
Leben. Hat GOtt vns so geführet / daß wir jhm zu dancken haben / so sollen wir
jhm auch dancken in heiligem Leben. Vergiß deß ernsthafftigen Gerichts nicht /
Letzlich sollen die vnbegreiffliche Wege deß HERRN also von vns betrachtet werden
/ daß wir vnser Glück mit Gedult tragen lernen. Ihr sollt nicht meynen / daß
etwas zufällig vnd von vngefehr euch begegne. So sollt jhr auch nicht meynen /
daß euch denn besser gerathen wäre / wann es gienge nach ewrem Sinn. Was
Nun HERR / du grosser GOtt / wir erkennen an vns die Tieffe deiner Weißheit; wir
erkennen deine vnbegreiffliche Gericht / vnd deine vnaußforschliche Wege. Groß
seynd deine Wunder / die du an vns beweisest. Was haben wir dir zuvor gegeben?
Oder was können wir dir hernach geben? Denn dein ist ja alles / was da ist / vnd
auß dir / durch dich / vnd zu dir seynd alle Ding. Auch foderstu nichts von vns
/ als daß wir selig werden; vnd auch das gibstu / vnd gibst noch Belohnung dazu
/ denen die es annehme. HERR / deine Güte ist zu groß vnd
wunderlich. Von dir / durch dich / vnd in dir sind alle Ding. Dir sey Ehre in
Ewigkeit / AMEN.
V. 16. LJeben Brüder / GOtt ist die Liebe / vnd wer in der Liebe bleibet / der bleibet in GOtt / vnd GOtt in jhm.
V. 17. Daran ist die Liebe völlig bey vns / auff daß wir eine Frewdigkeit haben am Tage deß Gerichts. Dann gleich wie er ist / so seynd auch wir in dieser Welt.
V. 18. Forcht ist nicht in der Liebe / sondern die völlige Liebe treibet die Forcht auß. Dann die Forcht hat Pein. Wer sich aber fürchtet / der ist nicht völlig in der Liebe.
V. 19. Lasset vns jhn lieben / denn er hat vns erst geliebet.
V. 20. So jemand spricht: Ich liebe GOtt / vnd hasset seinen Bruder / der ist ein Lügner. Dann wer seinen Bruder nicht liebet / den er sihet / wie kan er GOtt lieben / den er nicht sihet.
V. 21. Vnd diß Gebott haben wir von jhm / daß wer GOtt liebet / daß er auch seinen Bruder liebe.
ES hat der Welt nicht können eine angenehmere Bottschafft
Solcher gefährlichen Sicherheit widersetzet sich der liebreiche Apostel vnd Evangelist Johannes / in seiner ersten Epistel / vnd zwinget die Früchte deß Glaubens herauß / mit recht Apostolischem Geist / auß der Art vnd Natur deß Glaubens / vnd will Lieb vnd Glauben vngescheiden haben. Da dieser Apostel im letzten Abendmahl lag bey der Brust seines lieben Meisters JEsus / hat er wol empfunden / wie inbrünstig das Hertz vnsers Heylandes sey / vnd wie hertzlich lieb vns Gott habe / in Christo seinem Sohn: dadurch ist er erwarmet in der Liebe / vnd brennet / vnd mag nicht ruhen / biß auch andere durch dieselbe Liebesflamme erwarmet werden: daher ist seine Epistel so voller Liebe.
Hie ist aber zum Grunde zu mercken dreyerley / welches Johannes
Fürs ander / müssen wir hie zum Grunde mercken / die Gleichförmigkeit mit GOtt /
die da ist bey denen / die durch den Glauben schon gerecht vnd selig geworden
seyn. Denn wie Johannes saget
Zum dritten / sehen wir hie auff die Liebe / als eine Eigenschafft deß Geistes Gottes / denn GOtt ist lauter Liebe. Welches auch erkennen / dieselbe die bekennen / daß JEsus Gottes Sohn sey / welchen der Vatter gesandt hat zum Heyland der Welt. Denn daran ist erschienen die Liebe Gottes gegen vns / daß GOtt seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt / zur Versöhnung für vnsere Sünde / daß wir durch Ihn leben sollen. Denn was hat GOtt dazu genötiget / daß er sich der verdampten Sünder angenommen? Hat er nicht ohn vns seyn können in höchster Seligkeit / wie er gewesen ist von alle Ewigkeit? Was hat jhn denn genötiget sich vnser anzunehmen? Die Liebe. Was ist aber das / daß er seines eingebornen Sohns nicht verschonet / sondern für vns alle dahin gegeben? Was ists denn eine vnaußsprechliche Liebe?
Wann diese drey Stück betrachtet vnd verstanden werden / so erkennet man leicht /
wie nothwendig die Liebe bey dem Glauben seyn muß / also daß der Glaube nicht
ein wahrer / sondern ein falscher vnd heuchlischer Glaube sey / wo nicht Liebe
dabey ist. Denn das folget also auff einander: Wer in GOtt ist / vnd hat GOtt in
sich / der ist eines Geistes mit GOtt. Nun aber / wer nicht allein
Solchen Grund der Liebe hat der liebreiche Johannes im 4. Capitel auffgerichtet /
vnd die Nothwendigkeit der Liebe bezeuget / damit ein Christ nicht meyne / er
möge die Liebe wol beyseit setzen. In gegenwärtiger Lection fähret er fort / vnd
ziehet vnd
ZWeyerley findet sich in diesem Apostolischen Text / darauff
In der Hoheit der Liebe ist das ein grosses / davon Johannes
Er redet von solchen Leuten / die nicht allein in der Liebe
Solchen liebhabenden Hertzen gehöret diese Hoheit / daß sie in GOtt seyn vnd bleiben / vnd haben auch vnd behalten Gott in jhnen. Hätte die Schrifft gesaget: sie solten in einem Königlichen Pallast wohnen / daß es jhnen an Ehr vnd Ergetzligkeit nicht mangeln wird / so hätte sie was verheissen / das weltliche Hertzen groß achten. Aber viel ein grössers ist / das den liebreichen Hertzen zugesaget ist; er bleibet in GOtt / vnd GOtt in jhnen. Was ist GOtt? vnd wie kan ich höher vermahnet werden / denn in GOtt? wie kan ich höher geehret werden / denn in GOtt? vnd wie kan ich höher erfrewet werden / denn in GOtt? Ist GOtt mein Schatz / mein Ehr / mein Reichthumb / mein Ergetzligkeit / was will ich höhers wünschen? Bin ich in GOtt / vnd hab Gott in mir / so bin ich im Himmel / vnd habe den Himmel in mir.
Der Grund dieser Hoheit ist / daß GOtt ist die Liebe. GOTT brennet gantz von
Begierde / gutes zu thun seinem Geschöpffe / vnd reichet vns da / zween Spiegel
seiner Liebe: vor erst das Wort / das von Gottes Liebe zeuget. Insonderheit im
andern
Es heisst vnser GOtt nicht allein ein liebreicher GOtt / sondern die Liebe
selbst. Er ist wesentlich die Liebe / vnd könte GOtt nicht GOtt seyn / wann er
nicht die Liebe wäre. Daher ist er auch der Vrsprung aller Liebe / die man
findet in den Creaturen. Das zeiget Christus an beym Matthaeo am 19. Cap. da ein
Jüngling zu jhm kompt / vnd nennet jhn einen guten Meister; antwortet er: Wie
heissestu mich gut? niemand ist gut / denn der einige
Daher ist offenbahr / wie wahr es sey / daß die liebhabende Seele in GOtt sey / vnd in sich habe: denn GOtt ist die Liebe / vnd alle Liebe in den Creaturen ist ein Flämmlein / angezündet von dem vnendlichen Fewr der Liebe Gottes.
Hie könte man aber gedencken: Man findet die Liebe nicht allein bey den Glaubigen / sondern auch bey den Vnglaubigen / ja auch bey den vnvernünfftigen Thieren. Seynd dann auch die Vnglaubigen in GOtt / vnd haben GOtt in jhnen / was ist denn für eine sonderbare Fürtreffligkeit / in GOtt seyn? So wisse ein Christ / daß die Liebe nicht einerley / sondern fürnemblich zweyerley sey. Erstlich eine natürliche Liebe / die GOtt in der Natur gepflantzet hat / daß Eltern jhre Kinder lieben. Zum andern / eine Christliche Liebe / wann ein Mensch die Liebe Gottes in Christo Jesu erkennet / vnd dadurch angezündet wird / GOtt wieder zu lieben / vnd vmb Gottes willen alle Menschen. Solche Liebe wird vns nicht durchs Fleisch angeboren / sondern kompt auß der newen Geburt. So bleibts nun wol wahr / wo Liebe ist / da findet sich GOtt / doch mit Vnterscheid. Wo natürliche Liebe ist / da lässt sich GOtt mercken / als ein Schöpffer vnd Erhalter der Natur. Wo Christliche Liebe ist / da lässt sich GOtt mercken in seiner Gnadengegenwart / vnd wissen / daß wir in GOtt / als in vnserm Himmel seynd / vnd haben GOtt in vns / als vnser ewiges Leben vnd Seligkeit.
Diß ist der liebhabenden Seelen erste Hoheit / auß derselben fliesset die andere
/ nemblich Frewdigkeit am Tage deß Gerichts.
Johannes redet hie von einer völligen Liebe. Es ist die Liebe offt schwach in vns / wann die Liebe nicht wircket / was sie wircken soll. Doch wird die Liebe völlig bey vns / so offt wir durch Erkäntnüß der Liebe Gottes / die da ist in Christo JEsu vnserm HERRN / angezündet werden zur rechtschaffenen vngefärbten Gegenliebe. Dann was vns hie mangelt / das wird alles erstattet / durch die überflüssige Liebe JEsu Christi / der vns von GOtt gemacht ist zur Gerechtigkeit.
Bey welchem nun die Liebe völlig geworden ist / der hat diese Hoheit: Er fürchtet sich nicht / sondern hat Frewdigkeit am Tage deß Gerichtes. Die völlige Liebe leidet keine Furcht / sondern treibet die Furcht auß. Wann GOtt mit seinem Gerichte auffwachet / die gottlose Welt zu straffen / so fürchtet sich die Gottliebende Seele nicht / als würde jhr etwas böses von GOtt widerfahren / sondern sie hat Frewdigkeit. Vnd das ist die Frewdigkeit / daß die Gottliebende Seele nichts böses fürchtet / sondern alles gutes vnd liebes von GOtt erwartet / auch wenn sich Gott stellet / als zürne er.
Die Vrsach dieser Hoheit ist: Denn gleich wie GOtt ist / so seynd auch wir in
dieser Welt. Wie ist GOtt in der
Da ist nun offenbar / wie wahr es sey / daß die liebhabende Seele Frewdigkeit hat
am Tage deß Gerichts; denn sie hat einen Geist vnd Sinn mit GOtt. Die aber eines
Geistes mit GOtt seyn / haben GOtt in sich / vnd seynd in GOtt. Die aber GOtt in
sich haben / vnd in GOtt seyn / dürffen sich nicht fürchten / sondern haben
grosse Frewdigkeit. Denn ist GOtt für vns / wer kan
Hingegen / Wer sich fürchtet / der ist nicht völlig in der Liebe. Denn die Furcht hat Pein. Zum Exempel. Die Gottlosen tragen in jhrem bösen Gewissen herumb jhre Hölle vnd Verdamnüß. Kompt denn GOtt mit seiner Straff / vnd will Gericht halten / so fühlen sie die Angst in jhnen / vnd können kein gutes Vertrawen zu GOtt haben. Das ist eine Anzeigung / daß der Gottlose nicht in der Liebe ist. Die Liebe aber findet nichts in GOtt / darüber sie sich ängstigen solte oder erschrecken / sondern es ist jhr alles liebreich vnd tröstlich / was sie in GOtt findet.
Hie könte man gedencken: Soll man denn nicht fürchten / was man liebet? Freylich
/ beydes kan bey einander seyn / aber auff gewisse maaß. Die GOtt lieben /
fürchten GOtt / aber nicht auff / laß vns nur in die Hand deß HERRN fallen / denn seine
Barmhertzigkeit ist groß. Eben also verhält sich auch der fromme König Hißkias /
wie jhm angekündiget wird / wie alle seine Schätz nun bald solten ein Raub
werden / da übergibt er sich auch in den Willen deß HERRN / vnd spricht zu
Jesaia: Das Wort deß
Das ist der Liebenden Art zur Zeit deß Gerichts; wer sich aber fürchtet / vnd für GOTT fliehet / der liebet nicht / vnd ist Schande werth / daß er nicht liebet / damit er sich nicht fürchten dürffte.
Das seynd zwo Hoheiten der Liebe; Wer in der Liebe bleibet / der bleibet in GOtt / vnd hat GOtt in jhm; vnd dieweil er in GOtt ist / vnd GOtt in jhm hat / so fürchtet er sich nicht / sondern hat Frewdigkeit am Tage deß Gerichts. Das mag noch wol einen Christen bewegen / in der Liebe zu bleiben.
Wohin vnd zu wem soll denn vnsere Liebe gerichtet seyn? Dieses ist das andere
Stück / welches Johannes in vnserm Text vns fürträgt. Er weiset vns 1. auff
GOtt: Lasset vns Ihn
Daß wir also GOtt lieben / haben wir grosse Vrsach / weil er vns vor geliebet hat. Denn da wir seine Feinde noch waren / hat er vns geliebet / vnd wer kan gnug bedencken / was GOtt an vnserer Seele gethan hat. Ach lasset vns Ihn lieben / denn er hat vns erst geliebet.
Zum andern / weiset vns Johannes auff vnseren Nechsten:
Die Liebe deß Nechsten bestehet nicht in Worten / sondern in der That / daß wir jhm im Hertzen hold seyn / vnd mit Rath vnd That beyspringen / worinnen er vnser von nöthen hat / vnd wir jhm helffen können. An dieser Liebe deß Nechsten ist die Liebe Gottes so hart verbunden / daß keine von der andern will getrennet seyn. So jemand spricht / ich liebe GOtt / vnd hasset seinen Bruder / der ist ein Lügner; denn es kan nicht seyn / daß einer GOtt liebe / der nicht zugleich seinen Bruder liebe.
Vrsach / Wer seinen Bruder nicht liebet / den er
Eine andere Vrsach / warumb Gottes vnd deß Nechsten
Wer Gottes Wort nicht fest bewahret / der liebet GOtt nicht. So spricht Christus
selbst / Johannis am 14. Capitel:
Hiemit erkennet jhr nun wol die Meynung dieser Lection:
Da prüfe sich nun ein jeglicher / wie viel er in der Liebe zugenommen
Wann wir denn vnserem Nechsten keine Liebe beweisen / so betrachtet doch / was wir gethan haben. Die Liebe Gottes haben wir verworffen. Denn wer GOtt liebet / der liebet auch seinen Bruder; so aber jemand spricht / Ich liebe GOtt / vnd hasset seinen Bruder / der ist ein Lügner. Wer hat mit Ernst bedacht / daß so viel an der Liebe deß Nechsten gelegen / wiewol wirs offt gehöret haben? Meynstu nicht / daß das seufftzen der Geängstigten durch die Wolcken dringen / vnd für GOtt komme / was wolten wir denn sagen / wir lieben GOtt. Es ist zu besorgen / GOtt werde die Thränen nehmen / die vmb vnserer Vnbarmhertzigkeit willen vergossen werden / vnd thue Asche dazu / vnd bereite eine Lauge / vnd zwage vns damit / daß Haut vnd Haar hernach gehe. Lieben wir denn auch GOtt nicht / wie wollen wir den Namen eines Christen schützen? So seynd wir ja nicht gehorsame Jünger Christi / sondern Heuchler / die nur mit dem Munde / vnd nicht im Hertzen vnd in der Warheit Christum vnd den Glauben bekennen.
Darumb bey zeit / kehre vmb / liebe Seele; weistu dich schuldig / daß du in der
Liebe nicht geblieben / so bekümmere dich darumb von Hertzen / vnd klage es
Gott: Ach Vatter / du hast mir meinen Nechsten vor Augen gesetzet / daß ich an
jhm beweisen solte / wie lieb ich dich hätte; Ich bekenne / ach heiliger Vatter
/ ich habe es nie recht erwogen vnd in acht genommen. Laß nicht das Gericht über
mich kommen / wie dein Wort saget: Wer nicht in der Liebe bleibet / der bleibet
nicht in GOtt / vnd hat GOtt nicht in jhm. Ach HERR / schaff in mir ein new
Hertz / gib mir einen newen Sinn / daß ich dich vnd meinen Nechsten in dir vnd
nach deinem Willen von Hertzen liebe. In solchem Vorsatz lasset vns auch
ernstlich fortfahren. GOtt seynd wir ja schuldig zu lieben / denn er hat vns
erst geliebet / vnd ists die höchste Vndanckbarkeit / Gott
Gedenckt aber einer: Sihe / es möchte mir in Todesangst einfallen / daß ich nicht
recht in der Liebe geblieben / vnd die Liebe nicht recht geübet gegen GOtt vnd
meinem Nechsten / was würde ich denn vor Trost haben / so das wahr ist / daß der
nicht in GOtt ist / der nicht in der Liebe ist. So mercke diesen Bericht. Es
bleibt wahr in alle Ewigkeit: Wer in der Liebe bleibet / der bleibet in GOtt /
vnd GOtt in jhm; denn GOtt ist die Liebe; vnd hingegen
V. 13. LJeben Brüder / Verwundert euch nicht / ob euch die Welt hasset.
V. 14. Wir wissen / daß wir auß dem Todt in das Leben kommen seynd / Dann wir lieben die Brüder.
V. 15. Wer den Bruder nicht liebet / der bleibet im Todte. Wer seinen Bruder hasset / der ist ein Todtschläger. Vnd jhr wisset / daß ein Todtschläger hat nicht das ewige Leben bey jhm bleibend.
V. 16. Daran haben wir erkant die Liebe / daß Er sein Leben für vns gelassen hat / vnd wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen.
V. 17. Wann aber jemand dieser Welt Güter hat / vnd sihet seinen Bruder darben / vnd schleusst sein Hertz vor jhm zu / wie bleibet die Liebe Gottes bey jhm?
V. 18. Meine Kindlein / lasset vns nicht lieben mit Worten / noch mit der Zungen / sondern mit der That / vnd mit der Warheit.
ALle Verheissungen in Christo JEsu müssen Ja vnd Amen seyn; also bleibet fest der
Grund vnser Seligkeit; Wer an den Sohn Gottes Christum JEsum glaubet / der soll
nicht verlohren werden / sondern soll das ewige Leben haben; Doch aber hat sich
mannich tausent Mensch betrogen / darin / daß er sich den Glauben zu haben
eingebildet / der doch ferne von jhm ist. Darumb
Wie aber die Proba anzustellen / zeiget Johannes in seinem 3. Cap. der ersten
Epistel / vnd will / daß wir den Baum auß seinen Früchten erkenen
/ welche seynd zweyerley / Heiligung vnd Sünde.
Es redet aber Johannes nicht von einer solchen Heiligung / bey welcher gantz kein
Mangel oder Sünde zu finden sey / denn er selbst im ersten Cap. spricht: So wir
sagen / wir haben keine
Solche Kennzeichen setzet auch Paulus zun Römern am 8. Wer Christus Geist nicht hat / der ist nicht sein; welchen aber der Geist Gottes treibet / also daß sie durch den Geist deß Fleisches Geschäffte tödten / die seynd Gottes Kinder.
Wie nun alle andere muthwillige Sünde ein Zeichen eines vn Christen seyn / also
auch absonderlich hassen vnd nicht Liebe üben; wie denn auch Johannes dessen
absonderlich gedencket:
Darauß wird offenbar / wie nothwendig die Liebe deß Nechsten bey einem Christen
seyn muß / denn es ist das Kennzeichen / dabey er erkennen soll / ob er auß GOtt
/ oder auß dem Satan sey. Ist denn die Liebe gegen dem Nechsten so nothwendig /
so ist auch nötig zu wissen / wie sich die Liebe gegen dem Nechsten verhalten
soll / vnd wie weit sie gehen soll. Beydes
WAs massen Cain auß lauter Frevel seinen frommen Bruder
Hernach zeiget Johannes in demselbigen Exempel auch dieses / wie friedliebende
Christen nicht fort Fried vnd Liebe in der Welt wieder bekommen. Denn Abel
liebete vnd ehrete Cain / als den Erstgebornen / vnd seinen ältesten Bruder /
vnd ließ sich begnügen an der Gnade Gottes / nichts deß zu weniger muste er
getödtet werden. Darumb spricht Johannes: Verwundert euch
Aber diese Art der Welt stosset einen schwachen Christen hart für den Kopff / vnd
hindert jhn sehr in der Liebe; daß er gedencket: Ey / so will ich mich auch an
diesen Menschen nichts mehr kehren. Mag denn das so wol seyn? sollen Christen
wieder hassen? oder sollen sie auch wol auff hören gutes zu thun? Das sey ferne:
Wie könten wir Kinder Gottes seyn? Daß die Welt hasset / vnd einem Frommen böses
thut / das ist kein Wunder / denn sie ist durch jhre Boßheit schon versencket in
deß Teuffels Reich; Christen aber seynd andere Leute / die seyn durch den Todt
ins Leben kommen / als Kinder Gottes / darumb müssen sie auch in der Liebe
bleiben.
Der rechten Liebe Art ist / daß sie niemand arges / sondern jederman gerne alles
gutes thut. Da sie schon nichts von dem Nechsten empfahet / schencket sie doch
vnd theilet gerne alles mit; höret auch nicht auff / ob schon dieselbige nicht
wieder
Diese Liebe zeiget an / wer ein rechter Christ sey: Wir wissen / daß wir auß dem
Todt zum Leben komen seynd / denn wir lieben die Brüder. Johannes
saget nicht: Durch die Liebe gegen die Brüder werden wir vom Todt errettet. Denn
dazu gehöret eine andere Liebe; nemblich / daß der Sohn Gottes Christus Jesus
vns geliebet hat / vnd sich für vns alle dahin gegeben / auff daß / wer an Ihn
glaubet / nicht verlohren werde / sondern das ewige Leben habe. Diß aber sagt
Johannes: Wir wissen / wir spüren vnd erkennen es / daß wir vom Todt zum Leben
kommen seyn; vnd das wissen / spüren vnd erkennen wir darauß / daß wir die
Brüder lieben. Darumb gehets hie / wie mit dem natürlichen Leben. Das natürliche
Leben kompt nicht her von der Bewegung / sondern die Seele bringet dem Leibe das
Leben / vnd daher kommen denn die Bewegung deß Hertzens / der Lungen / vnd
anderer Glieder. Da machet nun die Bewegung nicht das Leben / sondern folget
auff das Leben / vnd ist deß Lebens Kennzeichen. Also ists mit dem geistlichen
Leben / das wir in GOtt haben; das kompt nicht her auß der Liebe / darinnen wir
die Brüder lieben / sondern allein auß dem Glauben an die Versöhnung Jesu
Christi / deß Sohns Gottes / der vns geliebet / vnd sich selbst für vns in den
Todt gegeben hat; dieser Glaube versetzet vns auß dem Todt ins Leben / daß wir
in GOtt das ewige Leben haben / vnd daß Gott nach seiner Gnade in vns / vnd wir
in GOtt seyn. Das Zeichen dieses geistlichen Lebens ist die Liebe gegen dem
Nechsten. Den wo geistlich Leben ist / da muß auch geistliche
Bewegung seyn. Wer in Gott lebet / der muß auch
Also ist nicht gnug / sich deß Glaubens vnd deß Liebens rühmen; der Glaube muß
sich in der Liebe beweisen. Wann vnser Hertz mit himlischem Trost durchgossen /
vnd durch göttliche Liebe beweget wird / daß der Mensch auch gegen seinem
Nechsten wird gütig / freundlich / diensthafftig / mitleidig / sanfftmütig /
gedultig / das seynd rechte Liebesbewegungen / auß welchen die newe Geburt zum
geistlichen Leben gespüret wird. Wo der Mensch wiedergeboren ist / so lässet
sich seine Wiedergeburt sehen / in der Liebesübung gegen dem Nechsten; vnd wo
die Liebe ist / da ist auch gewiß eine geistliche wiedergeborne Seele. Denn die
Liebe gegen dem Nechsten / kompt auß der Liebe / die die Seele gegen Gott hat;
die Liebe gegen GOtt kompt auß dem Glauben / dadurch wir die Liebe Gottes
erkennen / die er zu vns / als seine Kinder / träget / in Christo Jesu. Wo
dieser Glaube ist / da ist Leben vnd Seligkeit / vnd ist der Mensch vom Todt zum
Leben hindurch gedrungen.
Es haben zwar auch die vnwiedergebornen Heyden Liebe geübet / vnd vielen Leuten gutes gethan; aber das ist noch nicht eine Christliche Liebe gewesen; denn wo ist ein solcher Heyde gewesen / der auß brünstiger Liebe gegen GOtt / angezündet durch die Erkäntnüß der seligmachenden Liebe in Gott / gegen allen Menschen ein geneigtes liebreiches Hertz trage / das begierig ist / allen Menschen vmb Gottes willen gutes zu thun / vnd denselben zu helffen in allen Leibesnöthen? Denen sie fleischlicher weise gewogen gewesen / denen haben sie auch gutes gethan / aber nicht allen Menschen / auch nicht den Feinden / auch nicht von Hertzen grund / auch nicht vmb der Liebe Gottes willen / sondern vmb Ruhms willen. Darumb bleibet die recht Christliche Liebe ein Anzeigung der Wiedergeburt. Wo die Wiedergeburt ist / da folget Liebe; vnd wo Liebe ist gegen dem Nechsten / da ist gewiß die Wiedergeburt.
Also ist hingegen auch wahr; wo keine Liebe gegen dem Nechsten ist / da ist auch
keine newe Geburt. Denn wer den Bruder nicht liebet / sondern jhn hasset / der
bleibet im Todt; denn er ist ein Todtschläger / vnd jhr wisset / daß ein
Todtschläger hat nicht das ewige Leben bey jhm bleibend. Ist ein rechter
Donnerschlag für alle / die sich Christen rühmen / vnd keine Liebe haben. Es ist
dürr vnd klar beschlossen: Er bleibt im Todt / im alten Cainischen Wesen
erstarret / ohn Fühlung göttlicher Gnade. Die Vrsach / denn er ist ein
Todtschläger; Wer keine Liebe übet / sondern seinen Nechsten hasset / der ist
ein Todtschläger für Gottes Gericht / nicht besser als der
Darumb gleich wie wir wissen / daß wir durch den Geist Gottes wiedergeboren / vnd vom Todt zum Leben kommen seyn / wenn wir die Brüder lieben; also wissen vnd erkennen wir auch / daß wir nicht wiedergeboren / sondern entweder im Todt geblieben / oder vom Leben wieder in den Todt gefallen seyn / wenn wir nicht lieben / sondern dem Nechsten Leid thun / vnd jhn hassen. Darauß ist denn offenbar / wie nötig die Liebe einem Christen sey / vnd ob er ohne Liebe wol mag ein Christ heissen.
Das ist nun eins in dieser Lection; Das ander Stück zeiget die Art derselbigen
Liebe / die so nötig ist; vnd zwar in dem Exempel der Liebe Gottes; denn so
spricht Johannes weiter: Daran
Hie ist zufodderst zu erwegen / der Beweißthumb vnd Offenbarung der Liebe Gottes:
Daran haben wir erkant die
Hierauff ist ferner zu erwegen / die schuldige Nachfolge / daß
Es wird aber nicht allein in diesem Exempel gezeiget der Liebe Nothwendigkeit / daß wir GOtt in der Liebe zu folgen schuldig seyn; sondern auch insonderheit wird angezeiget / welches der Liebe Art sey / vnd wie hoch sie steige: Wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen. Man möchte sagen: Christus vnd das Gesetz erfoderte nicht mehr / als daß wir vnsern Nechsten lieben / wie vns selbst. Wie aber? erfodert Johannes noch ein höhers / weil er sagt: Wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen? Heisset das nicht seinen Bruder mehr lieben / denn sich selbst? Hierauff gehöret diese Antwort: Vmb geringes Dinges willen das Leben einem andern zu gute lassen / ist nicht nötig / auch kein Liebeswerck / sondern eine Verwegenheit / als wann ich mit meinem Todt einem könte einen Gülden gewinnen. So aber eine hohe Noth da ist / so nehme ichs mit allem Danck an / wann einer für mich sein Leben waget. Darumb seynd wirs anderen auch schuldig; nach der Regel der Liebe: Was du wilt das dir geschehe / das soltu einem andern auch thun. Zum Exempel: Da wir waren in einer Noth / die Seel vnd Seligkeit angieng / ists freylich wol gethan / daß Gottes Sohn sein Leben für vns in den Todt gegeben. Also wann eine gantze Gemein in eusserster Gefahr ist / ists ein Liebeswerck / so einer derselben auch mit dem Todt dienet.
Auß diesem ist ferner zu schliessen: So wir dem Nechsten dienen sollen mit Leib vnd Leben / wie viel mehr mit leiblichen Gütern? Wiederumb / so wir dem Nechsten nicht dienen mit vnsern Gütern / denen wir doch mit Leib vnd Leben zu dienen schuldig seyn / so ist die Liebe gewiß nicht in vns. Drumb spricht Johannes: Wenn jemand dieser Welt Güter hat / vnd sihet seinen Bruder darben / vnd schleusst sein Hertz für jhm zu / wie bleibt die Liebe Gottes bey jhm?
Johannes sihet auff das gemeine Wesen der Welt. Mancher ist reich gnug / vnd will
doch den Dürfftigen mit seinem
Da erkennen wir nun / welches der Christen Ampt in der Liebe ist. Weil sie
schuldig seyn / mit Leib vnd Leben sich zu dienen / seynd sie vielmehr schuldig
/ sich mit den geistlichen Gütern zu dienen / vnd da soll niemand sein Hertz
verschliessen. Es ist natürlich / daß Noth vn Elend einem
Menschen zu Hertzen gehe / vnd zu Mitleiden beweget. Als wann ein dürfftiger
Lazarus für vnsern Augen liget / in Hunger vnd Blöß / in Ohnmacht vnd
Schwachheit. Da muß freylich ein Christ kein Vnmensch seyn / daß er sein Hertz
verschliesse / vnd die Barmhertzigkeit außstosse; sondern er soll helffen.
Von wem aber wird die Hülff erfodert? So jemand dieser Welt Güter hat / vn etwas das zu dieses Lebens Auffenthalt vnd Notturfft gehöret /
so soll er sein Hertz nicht versehliessen. Wer nicht hat / kan auch nicht geben
/ wer wenig hat / gebe von dem wenigen. Einer ist angenehm / nach dem er hat /
vnd nicht nach dem er nicht hat. Wer viel hat / soll deß zu reichlicher gebe. Es fodert Gott nicht von vns / ohne Noth das dahin zu geben /
damit wir vns vn die vnserigen ernehren / vnd etwas er werben
müssen / denn sonsten würden wir vns selbst an Bettelstab bringen / vn nichts mehr verdienen können / daß wir hätten zu geben den
Dürfftigen. Als wann ein Ackersmann sein Acker vnd Pflug dahin gebe / könte er
auch nichts mehr erwerben / sich vnd die seine ehrlich zu ernehren / vn den Dürfftigen zu helffen. Darumb thut er wol / so er seines
Ackers fleissig wartet / vnd von den Einkunfften seines Gutes vnd Arbeit sich
redlich ernehret / vnd den Dürfftigen Hülffe leistet. Solche Ordnung weiset der
H. Geist selbst zun Ephesern am 4. vnd gebietet / daß ein
Wem soll man denn zum meisten dienen mit vnsern Gütern? Der Heilige Geist weiset vns allermeist auff die Dürfftigen. Es erstreckt sich die Liebe sonsten auff alle Menschen. Wann ein Fürst einem wolverdienten Mann ansehnliche Verehrungen schencket / thut er wol / vnd ist eine Mildthätigkeit / die zu loben ist. Wann wir von einem eine Wolthat / entweder eine geistliche oder leibliche empfangen haben / vnd wir demselben nach vnserm Vermögen von dem vnseren wieder gutes thun / das ist eine Christliche Danckbarkeit / vnd kompt auß der Liebe / vnd ist hoch zu loben. Die erbarmende Liebe aber sihet auff das arme vnd elende. So jemand dieser Welt Güter hat / vnd sihet seinen Bruder darben / vnd schleusst sein Hertz für jhm zu / wie bleibet die Liebe Gottes bey jhm? Darben aber heisset nicht allein / wann einer kein Brodt hat; sondern wann einer in seiner Nahrung gerne fort will / vnd hat mangel an Mitteln / der darbet auch / von dem muß ich meine Hand nicht abziehen / so ich jhm kan helffen. Thue ichs nicht / wo bleibt die Liebe? Was die Augen nicht sehen / das beweget das Hertze nicht. Was einer für Noth leidet / der ferne von mir ist / weiß ich nicht / drumb kan ich jhm auch nicht helffen. Wann mir aber ein Dürfftiger für Augen kompt / muß ich mein Hertz nicht verschliessen. Es begibt sich zu weilen / daß mancher reicher ist / der die Allmosen empfähet / als der sie gibet. Drumb mag man Fürsichtigkeit gebrauchen / wenn man Allmosen gibet / damit man nicht jemand in der Faulheit vnd Boßheit stärcke. Doch wann wir Dürfftigkeit für Augen sehen / sollen wir vnser Hertz nicht verschliessen. Wer die Allmosen vnwürdig vnd betrieglich empfanget / den richtet der HERR.
So ist nun diß die Art vnd das Werck der Liebe / sie dienet gern / auch mit Leib vnd Leben / so es von nöthen ist / viel mehr mit anderen geringeren Gaben. So du aber dich wegerst / den Dürfftigen mit kleinen zu helffen / wie kan in dir seyn die Liebe Gottes / die du nicht so weit achtest / daß du jhrenthalben einen Heller entperest.
Darumb schliesset der Heilige Geist diese Lection mit dieser freundlichen
Vermahnung: Meine Kindlein / lasset vns
Damit ist nun klar vnd offenbar / nicht allein wie nothwendig die Liebe sey / als die da ist das wahre Kennzeichen deß geistlichen Lebens in GOtt; sondern auch / welches der Liebe Art sey / nemblich / daß sie bereit ist / dem Nechsten zu dienen in der That vnd Warheit / nicht allein mit Geld vnd Gut / sondern auch / da es die Noth erfodert / mit Leib vnd Leben / sintemal GOtt vns also geliebet / daß er sein Leben für vns gelassen.
Das ist auffgezeichnet / vnd wird geprediget darzu / daß wir
Da prüfe sich nun ein jeglicher / vnd forsche / ob er recht in der Liebe sey / ob
er auß GOtt geboren sey / ob er noch im geistlichen Leben sey. Mundliebe /
Heuchelliebe lässet sich balde finden; aber rechte Christliche / warhafftige
thätige Liebe / ist ein seltsam Wildbrät. Falsche Christen geben grosse Liebe
für / seynd aber nur Worte. Wo seynd / vnd wie viel seynd / die vmb der Liebe
Gottes willen von Hertzen willig vnd geneiget seyn / nach allem Vermögen einem
jeglichen zu dienen / der vns zur Hand kompt? Wie viel seynd / die ohne murren
vnd vnwillen einem jeglichen Dürfftigen die Hand reichen? Man darff nicht viel
suchen / so wird man finden bey vns vnd im gantzen Lande / Haß vnd Neyd / Gewalt
vnd Vnrecht / verachten vnd verleumbden / liegen vnd
Wo es so zugehet / da rühme man sich nicht groß deß Christenthumbs. So du noch nicht zu dem geringen kommen bist / daß du einen Schilling gebest vmb Christi willen; wie viel fehlts denn noch / ehe du zu dem grössern kommest / da wir schuldig seyn / vmb Christi willen auch das Leben für die Brüder zu lassen. So es Sünde ist nicht Gutthat er zeigen / was wirds seyn / einen freventlich beleidigen / beliegen / betriegen / verfortheilen? Noch wollen wir Christen heissen. Oder Ruhm ist ertichtet; da ist Vnglaub vnd Todt; es ist ärger / als nimmer etwas vom Evangelio gehöret haben. Denn diß Vrtheil wird nicht vmbgestossen: Wer nicht liebet / sondern seinen Bruder hasset / der bleibet im Todt; Er ist ein Todtschläger / vnd jhr wisset / daß ein Todtschläger nicht habe das ewige Leben bey jhm bleiben.
Wann GOTT beym Propheten Jeremia klaget über die Gewalt vnd Triegerey seines
Volcks / folget bald darauff / was
Es kan zwar niemand sich einer Vollkommenheit rühmen / als mangele jhm nichts an
der Liebe. Doch wie das nicht ist eine Christliche Heiligkeit / der nichts
mangelt; also ist das auch nicht eine Christliche Liebe / der nichts mangelt.
Wie Johannes von
So ermahne ich euch nun im HERRN / meine Lieben / daß
Wir haben Gottes Befehl im 5. Buch Mosis am 15. Cap.
Wer nun recht zu lieben angefangen / der werde nicht müde. Es kan vns leicht müde
machen die menge der Dürfftigen / vn daß wir gar zu offt
angesprochen werden. Aber / ist denn auch Christus in seinem Leyden so bald müde
geworden für vns? Warumb wiltu so bald vermüden / wann du vmb Christi willen ein
geringes thun solt. Wirstu nicht auffhören gutes zu thun / wird auch Gott nicht
auffhören gutes zu vergelten. Lasset vns gutes thun / spricht
Es kan vns in der Liebe auch sehr müde machen die Vndanckbarkeit. Dennoch soll
ein Christ im gutes thun nicht darauff sehen / ob er Danck oder Vndanck davon
trage. Vmb Danck willen muß er nicht anfangen; vmb Vndanck muß er nicht
ablassen. Er sehe auff seinen Gott / dem er in der Liebe dienet. Vmb Gottes
willen lasset euch durch Vndanck nicht von der Liebe ziehen / viel weniger
lasset euch zur Feindseligkeit bringen. Wir sollens dem Teuffel vnd der got
losen Welt nicht zu willen thun / daß wir durch Vngedult vnd Rachgier wolten
vnsern Ruhm in Gott / den Trost der Seelen / vnd das Pfand vnser Wiedergeburt
verderben. Hasset dich jemand / so ist er vnglückselig genug / darffest jhm
nichts böses wünschen oder thun; denn er ist ein Todtschläger für GOtt / vnd
verlieret das ewige Leben. Hingegen was schadets dir / so dich jemand hasset vnd
verfolget. Der Name
Nun / erwehlet was euch gefällt; wolt jhr lieber in Haß oder Liebe leben; lieber im Finsternüß als im Liecht / lieber im Satan als in Christo; lieber im Todt als im Leben? Bedenckt / ob jhr auch wollet die Ehre haben / ewren Christum / der sein Leben für euch gelassen / in seinen Gliedern zu ehren. Einen dürfftigen Menschen sollt jhr nicht ansehen / als einen blossen Menschen / sondern als einen Bothen Gottes / den dir GOtt zur Hand geschickt / daß du an jhm beweisest / wie lieb du deinen Seligmacher habest. Wann man grossen Herren Geschenck bringet / müssen es ansehnliche kostbare Gaben seyn. Christus ist mit eim Heller zu frieden / vnd wils tausentfältig wieder vergelten. Wer den Dürfftigen etwas gibt / der leihet dem HERRN. Alles was wir haben / haben wir vom HErrn / vnd seynds schuldig dem HERRN wieder zu geben: aber GOtt gibt vns die Ehre / vnd saget / wir habens jhm geliehen / vnd will vns reiche Zinse geben.
Wer noch denckt böse zu seyn / sey jmmer hin böß; wer sich fürgenommen hat zu lieben / der liebe thätlich vnd beständig / vmb deß HERRN willen. Es ist ja / HERR / dein Geschenck vnd Gab / mein Leib / mein Seel / vnd was ich hab / in diesem armen Leben / damit ichs brauch zum Lobe dein / zu Nutz vnd Dienst deß Nechsten mein / wollest mir dein Gnade geben / AMEN.
V. 5. LIeben Brüder / Allesampt seyd vnter einander vnterthan / vnd haltet fest an der Demuth. Dann GOtt widerstehet den Hoffärtigen / aber den Demütigen gibt er Gnade.
V. 6. So demütiget euch nun vnter die gewaltige Hand Gottes / daß er euch erhöhe zu seiner Zeit.
V. 7. Alle ewere Sorge werffet auff Ihn / denn Er sorget für euch.
V. 8. Seyd nüchtern vnd wachet / dann ewer Widersacher der Teuffel gehet vmbher / wie ein brüllender Löwe / vnd suchet / welchen er verschlinge.
V. 9. Dem widerstehet fest im Glauben. Vnd wisset / daß eben dieselbige Leyden über ewere Brüder in der Welt gehen.
V. 10. Der GOtt aber aller Gnaden / der vns beruffen hat zu seiner ewigen
Herrligkeit / in Christo Jesu /
V. 11. Demselbigen sey Ehr vnd Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit / Amen.
OB zwar vom Anfang der Mensch nicht dazu erschaffen / daß er Jammer vnd Elend
leiden solte / so ist doch der Sünde halben demselben die Welt zum rechten
Jammerthal geworden / in dem das zeitliche Leben nicht allein kurtz / sondern
auch ein vnbeständiges / vnruhiges vnd elendes Leben geworden ist. Wann man nur
betrachtet / was täglich vorlaufft / mag man mit
Die Israclitische Reise in der Wüsten mag wol ein fein Fürbilde seyn / da in kurtzer Zeit so viel tausent dahin gestorben / vnd mit so mancherley Vbel seynd geplaget worden. Dann weil sie offt wider Gott murreten / musten sie auch offt vnd schwerlich geplaget werden.
Bey diesem Jammer scheinet das sehr seltzam / daß die heiligen
Damit wir vns nicht auffhalten / so bleibts dabey: Ein elend jämmerlich Ding ist
es / vmb aller Menschen Leben: Wie aber ein Christ bey solchem elenden
jämmerlichen Leben sich wol verhalten soll / daß er jhm das Elend nicht grösser
mache / das ist keine schlechte Kunst. Der Apostel Petrus setzet in heutiger
Lection drey Stücke / die einem Christen in dem gegenwärtigen elenden Leben sehr
nützlich seyn: Demuth / Ruhe in GOtt / vnd Wachtsamkeit. Die Demuth fliesset
nicht allein her auß der Betrachtung deß jämmerlichen Lebens / sondern bereitet
auch bey vnserm Elend vnser Hertz zur Werckstatt Gottes / in welcher er seine
Gnade will wircken lassen. Den Demütigen erzeiget GOtt Gnade. In GOTT ruhen ist
nöthig / damit die Last vns nicht vnterdrücke. Wachtsam seyn ist nötig / damit
wir nicht gar vmb Seel vnd Seligkeit komen. Darumb wollen wir
diese drey Stücke: nemblich
DAs erste / so einem Christen wol anstehet / so lang er ist in diesem müheseligen
Leben / ist Demuth. Davon saget
Von der Demuth ins gemein ists geredet / wann der Apostel
Ein besonders ists / daß hie auch gedacht wird / für wem sich
Hernach hat die Demuth auch mit dem Nechsten zu thun. Allesampt seyd vnter
einander vnterthan. Ist ein gemein Gebott / das alle Menschen angehet. Dann da
absonderlich zuvor von den Jungen gesaget ist: Ihr Jungen seyd vnterthan den
Eltesten; wird stracks darauff zu allen Christen ins gemein gesagt: Ihr
allesampt / hoch vnd niedrig / reich vnd arm / jung vnd alt / niemand auß
genommen / jhr allesampt seyd vnter einander vnterthan. Damit wird nicht alle
Ordnung in der Gemeine auffgehoben / als wann ein Fürst nicht mehr gelten solte
/ als ein Bawr; denn es bleibt die Regel: Gebt Ehr dem Ehr gebühret / Furcht dem
Furcht gebühret. Das ist nur die Meynung / daß ein Christ / der hoch ist am
Stand vnd Gaben / auff sein Recht vnd Hoheit nicht pochen soll / sondern sich
auch dem geringsten bequemlich mache / füge / vnd so viel es seyn kan / nach
eines andern Sinn sich richte / vielmehr als daß alles schlecht nach vnserm
Kopff gehen soll: vnd daß er durch die Demuth ein Knecht aller Menschen werde.
Das geschicht 1. im Gemüth / wann einer an sich selbst sich nicht das geringste
höher achtet / als den allergeringsten / in Betrachtung / daß die Ordnung vnd
Vnterscheid der Stände nur zu diesem zeitlichen Leben gehören. Das Wesen dieser
Welt vergehet. Hat ein Christ auch grosse Gaben / so erkennet er sie / als ein
Geschenck Gottes / damit er andern Leuten dienen soll. An jhm selbsten erkennet
er sich so dürfftig vnd vnvermögen / als ein Mensch seyn kan. Sihet dann ein
demütiger Christ einen armen gebrechlichen Menschen auff einem Misthauffen ligen
/ so verachtet er denselben nicht hochmütiglich / sondern spricht in seinem
Hertzen: Ach / was bistu deiner Natur halben besser / als dieser Mensch? Was ist
GOtt dir mehr schuldig gewesen / denn diesem? Wäre es denn mir zu nahe / wann
ich eben also in armseliger
Diß ist nun das Gebott / das wir haben von der Demuth: Haltet fest an der Demuth / erstlich zwar gegen Gott / daß jhr euch demütiget vnter die Hand Gottes; hernach auch gegen allen Menschen / daß jhr allesampt seyd vnter einander vnterthan.
Daß vns hiezu der H. Geist deßzu eher bewege / schreibet er
Hätte die Schrifft von den Hoffärtigen nichts mehr gesaget / als daß sie Gottes
Gnade verlieren / wäre es gnug. Denn was ist ein Mensch ohn Gottes Gnade? Ohn
Gottes Gnade vermag niemand etwas / ohn Gottes Gnade gilt niemand etwas. Petrus
aber redet hie noch härter. GOtt widerstehet den Hoffärtigen / sie haben jhn zum
abgesagten Feinde. Gleich wie der Engel deß HERRN dem Bileam wehret in seiner
Reise / also setzet sich GOtt entgegen den Hoffärtigen in allem Fürhaben. Er
lässet sie zwar ein zeitlang gehen nach jhres Hertzen Sinn / aber endlich müssen
sie mit dem stoltzen Pharao erfahren / was es sey / sich aufflehnen wider die
gewaltige Hand deß HERRN. Anderen Sündern übersihet GOtt noch leichter / wann
aber ein Mensch mit stoltzer auffgeblasener Vppigkeit sich aufflehnet wider GOtt
vnd seinen Nechsten / kan ers durchauß nicht erdulden / sondern stürtzet jhn.
Denn ein hoffärtiger Mensch / da er doch nichts ist / will gleichwol groß seyn /
vnd sich selbst groß machen. Aber Gott / wie er allein der Schöpffer ist / so
will er auch allein die Ehre haben / daß er auß nichts etwas mache / vnd diese
Ehre will er niemand anders geben. In dem nun der Sünder vnter die gewaltige
Hand Gottes sich nicht will demütigen / sondern sich selbst groß macht in seinem
Sin / kan vnd will Gott es nicht erdulden / sondern er
widersetzet sich allen stoltzen Fürnehmen. Was will darauff folgen? Wie einem es
übel bekompt / wann er mit blossem Kopff an eine ehrne Mawr stosset / so
Gleich wie Gott den Hochmütigen widerstehet / also gibt er hingegen den Demütigen
Gnade / vnd erhöhet sie zu seiner Zeit. An Gottes Gnad ist alles gelege / ohn welche wir nichts vermögen / auch nichts für Gott gelten.
Aber niemand hat sich dieser Gnad zu trösten / als die demütige Hertzen. Gnad
finden sie / wann sie etwas bitten; Gnad finden sie / wann sie arbeiten; Gnad
finden sie / wann sie leiden; Gnad im Leben / Gnad im Sterben. So haben sie auch
diese Verheissung: Er wird euch erhöhen zu seiner Zeit. Das thut er zu weilen
auch auff dieser Erden / wie er den Joseph erhebet auß dem Kercker / den David
auß dem Schaffstall / die Esther auß dem Staub / vnd bringet sie zu hohen Ehren.
Aber das ist noch nicht die rechte Erhöhung; Es hält vnser lieber Heyland seine
Glaubigen viel zu gut dazu / daß sie nur auff Erden solten geehret werden.
Vatter / spricht er / Ich will / daß wo ich
Hie muß man aber der Zeit warten; denn GOtt erhöhet die Demütigen zu seiner Zeit.
Er weiß wanns Zeit ist / vnd hat die Zeit auch schon bestimmet / obs bald oder
langsam geschchen soll / auff Erden oder im Himmel. Mustu / demütige Seele /
noch im Staub ligen / vnd Kummer leiden / gedenck / daß es noch nicht Zeit ist;
es gilt nicht / daß wir vns selbsten eine Zeit setzen / wann vns GOtt erhöhen
solte / das wäre zu hochmütig gehandelt / bleibt demütig vnter die Hand deß
HERRN / Er weiß wanns Zeit ist. Geschichts nicht in diesem Leben / so geschichts
gewiß im Himmel /
So seyd jhr ja selig / jhr Demütigen / denn der HERR gibt euch Gnade in allen
Dingen / vnd wird euch erhöhen zu seiner Zeit. Aber vnglückselig seyd jhr
Stoltzen / denn der HERR widerstehet euch. Doch werdet jhr selig seyn / so jhr
einmal mercket / wie euch der HERR widerstehe / daß jhr auffhöret stoltz zu
seyn.
Das ist nun die erste Regel für die / die begehren durch die Müheseligkeit der Welt wol hindurch zu kommen; nemblich / daß sie demütig seyn. Denn wie nichts vngereimbters / als in Armuth vnd Elend noch stoltz seyn / also ist nichts bequemers / als demütig seyn. So haben die Demütigen auch bey jhrem Leyden die Verheissung / daß Gott jhnen will Gnade geben / vnd erhöhen zu seiner Zeit / dessen sie mit Gedult erwarten.
Das ander Stück heisset Ruhm in GOtt: Alle ewere
Diß ist eine Kunst / die den allergeschickten Weltkindern verborgen ist; die müssen bekennen / vnd sagen: Wenn ich alles gantz wol betrachtet habe / finde ich nichts / darin ich ruhen kan. Hie hilffet nicht / die Bekümmernüß verbeissen / vnd in sich fressen; hie hilffet auch keine weltliche Kurtzweil / es hat kein Bestand / jemand von der Sorgen abzuhelffen. Also ists freylich eine Kunst / daß man wisse / wohin wir vnsere Sorge werffen sollen. Diese Kunst ist der Natur vnverborgen / auch rechte schwere: denn vnsere Augen wollen von Natur gern sehen / wo die Hülffe sey / vnd was die Augen nicht sehen / das will das Hertz schwerlich glauben. Noch ists eine gewisse bewehrte Kunst: denn es ist ein gewisses warhafftiges Wort: Der HERR sorget für euch. Er hat alles in seiner mächtigen Hand eingeschlossen / Er regieret alles / vnd schaffet wie es seyn soll / vnd richtet alles zum guten Ende; Denen die Gott lieben / müssen alle Ding zum besten dienen.
Eben diesen Rath hat der Heilige Geist auch auffgesetzet im
Folget das dritte / das wir in diesem Jammerthal wol müssen
Hie betrachte fürs erste die Gefahr / darin wir schweben.
Es wird vns vnser Widersacher auch fürgemahlet als ein brüllender Löwe; Er ist
ein starcker Feind / vnd ein grimmiger Feind / wie ein Löw der ergrimmet ist /
vnd in seinem bittern Grimm erschrecklich brüllet. Also wird er vns auch
beschrieben in
Letzlich wird vns hie der Satan beschrieben / als ein vmbstreichender listiger
Feind. Er gehet herumb / vnd suchet wie er vns verschlinge. Er ist ein
außbündiger Methodicus, vnd brauchet heimliche geschwinde Schliche. Wann er die
Evam will zu Fall vnd vnter seine Gewalt bringen / spricht er nicht alsfort:
GOtt hat nicht gesaget / jhr sollt von diesem Baum nicht essen; oder GOtt will
euch nur betriegen / vnd mißgönnet euch die Hoheit / die jhr durch Geniessung
dieser Früchte haben könnet: sondern er fanget einen Discurß an; ob der Mensch
nicht möge
Nun betrachten doch die Sünder vnd Gottlose / mit wem sie es halten. GOtt machen
sie jhnen zum Feind / vnd den Feind machen sie jhnen zum Freund / haben aber an
jhm einen gantz vntrewen Freund / der nichts anders suchet / als daß er vns
verschlinge. Zu dem gesellet jhr euch / vnd mit dem wandert jhr herumb.
Betrachtet auch / jhr Frommen / in was Gefahr jhr in der Welt schwebet. Ihr
gehet in einer Wüsten voller brüllender Löwen. Er ist nicht weit von vns / er
wandelt vns nahe an der Seiten / spatziret auch mit zur Kirchen / lauret auff
vns / wann wir beten / allenthalben sucht er vns zu beschädigen / vnd zu
verderben an Leib vnd Seel. Er erweckt Krieg / Raub / allerley Schaden vnd
Vnfall. Vor allen sucht er vns in Sünde zu stürtzen / denn durch Sünde kriegt er
Macht / da wird Holtz vnd Stroh zu allerley Vnglück zugetragen; vnd eben in der
Stunde / da er vns in willige Sünde stürtzet / ohne rechtschaffene Hertzens Rew
vnd Bekümernüß / da hat er vns verschlungen. Merckt auff jhr
Sünder; wenn vnser Widersacher herumb gehet / vnd suchet / wie er vns in Sünde
stürtzet; so heissts / er sucht wie er euch verschlinge. Betrachtet / wohin jhr
fallet / wann jhr in Sünde fallet; nemblich / in den Schlund deß Satans.
Sehe nun auch zum andern / was der H. Geist vns hie für einen
Wie sollen wir aber / fürs dritte / in vnser Noth vns verhalten
So du aber noch kleinmütig bist / vnd gedenckest an die Schwachheit der Natur /
wie leicht es mit dir geschehen sey / so kompt dir der Apostel Petrus zu hülffe
/ mit dieser Antwort: Der GOtt aller Gnad / der vns beruffen hat zu seiner
ewigen Herrligkeit / in Christo JEsu / derselbige wird euch / die jhr eine
kleine Zeit leidet / vollbereiten / stärcken / kräfftigen / gründen. Es sihet
der heilige Petrus auff zweyerley / erstlich / daß wir die Versuchung gern vnd
gedultig ertragen; hernach / daß wir einen guten Muth haben. Damit wir willig
vnd gedültig die Versuchung ertragen / hält er vns für / die kürtze vnsers
Leydens / vnd die Ewigkeit der künfftigen Herrligkeit; Wir leiden hie eine
kleine Zeit; vnd seynd beruffen zur ewigen Herrligkeit Gottes. Der GOtt aller
Gnad hat vns / die wir hie eine kleine Zeit leiden / beruffen zu seiner ewigen
Herrligkeit. Da hüte sich ein jeder / daß in der Versuchung vnd Leyden / die
nicht lang wehren / er nicht matt vnd über wunden werde / vnd die ewige Krone
verliere. Gedenck in deinen Versuchungen: Diß wird nur eine kleine Zeit wehren /
sey nur stille / vnd halte auß / daß du nicht abweichest von GOtt / es wird auff
diesen Streit folgen eine Herrligkeit bey GOtt / die nicht geendiget wird. Damit
wir aber auch ferner einen guten Muth haben / vnd nicht über vnser Vnvermögen
verzagen / weiset vns Petrus auff Gottes Stärck / der wird vns vollbereiten /
stärcken / kräfftigen / gründen. Ein Zimmermann / wann er ein daurhafftiges Hauß
bawen will / muß er alle Stücke wol
Weil aber alles von GOtt kompt / müssen wir auch alles GOTT zueignen / vnd Ihm in
allem das Lob geben mit Petro: Ihm sey Ehr vnd Macht von Ewigkeit zu
Ewigkeit.
Damit ist nun ein guter Rath gegeben denen / die durchs Jammerthal wandern müssen. Denn es kan jhnen nicht besser gerathen werden / als daß sie demütig seyn / alle Sorg auff GOtt werffen / vnd vor allem sich fürsehen / daß sie von jhrem Widersacher dem Satan nicht verschlungen / vnd vmb der Seelen Seligkeit gebracht werden.
Ein Christ muß hie viel leiden. Vnd das soll er willig vnd gerne leiden / damit er nicht begehr was sonders zu seyn. Denn also haben müssen leiden alle / die vor vns zum Himmel gereiset seyn. Vrias war so redlich / daß er nicht wolte in sein Hauß gehen / vnd der Wollust pflegen / da das Volck Gottes zu Felde vorm Feind lag. Die gantze Brüderschafft Christi ligt im Streit / so lang sie auff Erden ist / vnd wir allein wolten nur lauter Ruhe haben? Das mag nicht seyn / vnd stehet vns auch nicht wol an. Vnser Leyden gehöret mit zum Leyden deß Lebens Christi / deß solten wir froh seyn. Der GOtt / der andern außgeholffen / vnd noch täglich vielen hilfft / der wird vns auch helffen / daß wir überwinden.
In allen vnserm Leyden soll insonderheit das ein grosser Trost vns seyn / daß das beste / der Seelen Herrligkeit / vns wol soll verwahret bleiben. Denn GOtt / der vns beruffen hat zu seiner ewigen Herrligkeit / ist ein GOtt der Gnaden / darumb will er nicht allein vns beruffen / sondern auch stärcken vnd erhalten. Denn gleich wie vnmüglich ist / daß Fewr nicht solte brennen / wann es für sich findet dürr Holtz oder Stroh; so ists auch vnmüglich / wann die demütige Seele zu Gottes Gnaden fliehet / daß Gottes Gnad sie nicht solt stärcken vnd erhalten.
Aber was gehöret hiezu? Es ist schon mit einem Worte gesagt. Nemblich / daß die
demütige Seele zu Gottes Gnaden fliehe. Das begreifft alles in sich / was Petrus
hie stückweiß gelehret hat. Solches kürtzlich zu wiederholen. Ist 1. der
glaubigen Seelen in diesem Jammerthal sehr nützlich / demütig seyn / das stehet
jhr bey
Was ist doch ein Mensch ausser der Gnade Gottes? Hätte er auch alles in der Welt überflüssig / wäre er doch ein elender Mensch. Was aber kan vns schaden / wann wir Gottes Gnade haben. Hätte ich bey Gottes Gnade nur einen gesunden Finger / vnd ein bißlein Brodts / solte mirs viel lieber seyn / als wann ein ander hat einen gantz frischen vnd gesunden Leib / vnd alles vollauff / aber ohn Gottes Gnade. Vmb Gottes Liebe vnd Hulde willen soll mir alles lieb seyn; aber so ich Gottes Hulde nicht habe / was solte mich erfrewen? Nun aber hat GOtt seine Hulde vnd Gnade verheissen den Demütigen. In göttlichen Verheissungen ist nicht auß der acht zu lassen / weme dieses oder jenes zugesaget. Als wann GOtt spricht: Ich will erhören vnd helffen; so gehet solch Versprechen nicht jederman an / sondern denen die anruffen / vnd zwar die den Namen Gottes anruffen / vnd keinen andern. Also hat GOtt verheissen; Ich will Gnade erzeigen. Aber wem? Den Demütigen. Den Demütigen gibt er Gnade.
Eben denselben Demütigen ist auch zugesaget die Erhöhung. Demütiget euch vnter
die gewaltige Hand Gottes / so wird er euch erhöhen zu seiner Zeit. Sic itur ad
astra! So muß man gen Himmel fliehen! nicht Berg an / sondern Berg ab. Es ist
die demütige Seele bereits hoch in GOTT erhaben. Denn ist das nicht eine grosse
Ehre / vnd grosse Hoheit / wann der Engel zu dem lieben Daniel sagt: Du werther
Mann / du bist lieb vnd werth bey GOtt. Wann mich die gantze Welt lobet / vnd
ich bilde mir aber ein / sie lästere mich / was hilfft mich jhr
Aber wehe / jhr Hochtrabende / wie macht jhr euch ewren Jammer so schwer. Ihr
lebet doch auff Erden nicht ohn Vngemach / es wird euch nimmer alles gantz vnd
gar nach ewrem Kopff gehen. Es Arbeit gewesen. Wie macht jhr euch aber diß elende
Leben noch so viel beschwerlicher / mit ewrem Hochmuth? Denn den Hochmüthigen
widerstrebet Gott. Ihr Hochfahrende / wann jhr zum schleunigsten über euch
fahret / stosset jhr den Kopff. Denn Gott widerstehet ewrem beginnen. Was ist
ein Mensch / wann er Gott nicht auff seiner Seiten hat? Aber vielmehr was ist er
/ wan er Gott zum Widersacher hat? Gott widerstrebet den
Hochmütigen. O jhr Hochmütige / wie seyd jhr so elende Creaturen? Wie ists
müglich / wann jhr diß höret vnd bedenckts / daß jhr noch ferner könnet
hochmüthig seyn? Bedenckts doch / jhr elende Creaturen. Gott / von welchem alle
Hülffe kompt an Leib vnd Seel / den macht jhr euch zum Feinde / denn Gott
widerstrebet den Hochmütigen. Den Teuffel / der vnser Widersacher vnd Feind ist
/ den nehmet jhr an zum Gefehrten. Denn der Satan ist ein Vatter der Hochmut /
der von Anfang auß Hoch mut ein
Hochmütiger laufft nicht allein von Gott ab / vnd hälts mit dem / der herumb
gehet wie ein brüllender Löwe / vnd suchet vns zu verschlingen; sondern er
machts auch / daß Gott sich jhm widersetzet / den Hochmütigen widerstrebet
Gott.
Darumb / gleich wie zu Krieges zeiten einem der überwunden ist / oder der leicht
von einem mächtigen Herrn kan überwunde werden / nichts bessers
kan gerathen werden / als daß er sich demütige / vnd Gnade suche; also auch vns
/ die wir mit einem grossen vnd erhabenen Gott zu thun haben / kan nicht besser
gerathen werden / als daß wir vns demütigen / denn als denn schonet er / vnd
will vns nicht widerstreben / sondern in Gnaden zu hülffe kommen / vnd erhöhen.
Sehen wir aber einen stoltzen Menschen / der vns oder einen andern veracht oder
vnterdruckt; so gedencke daran / wie GOtt / der im Himmel sitzet / seiner
spottet / vnd jhm zu wider stehe. Liebet den
Wie es nun wol stehet vnd nützlich ist in diesem Jammerthal / demütig seyn / also ists auch sehr nötig / alle Sorge wissen auff GOtt zu werffen. Ists nicht besser / ohne Sorge seyn / als sich mit Sorgen quälen / wenn wir nur wissen / daß GOtt für vns sorget? Nun aber sorget er für vns. Seynd wir in Noth / so weiß ers wol / vnd weiß auch wol / wie er vns soll außhelffen / darumb ist er vnser Gott / darumb heisst er auch vnser Vatter. So werffet nun ewre Sorge auff den HERRN / jhr beängstigte Seelen. Gedencke daran / daß du mit alle deinem Vnglück ligest in der Hand deß HErrn / die alles begreifft / vnd alles regieret. Dein Vnglück kan er wenden / es steht in seinen Händen. Er wills auch thun / weil er ist dein Gott vnd dein Vatter.
Die Heiligen werden auch offt von Sorgen überwunden. Ein jeder weiß was jhn druckt. Wann wir dann vor Augen sehen / wie vnsere Sache nicht will fortgehen / hie vnd dort werden wir verlassen / hie vnd dort werden wir verhindert; vnd werden auch geängstiget bald hie / bald dort. Da wünschen wir vns offt den Todt / vnd nehmen vns auch wol für / mit zu viele vnd vnzeitiger Mühe vnd Arbeit das Leben abzubrechen / daß wir nur davon kommen. Aber das taug nicht. Wir sollen vns vnter die mächtige Hand demütigen / vns derselben vntergeben / vnd der Gnade Gottes vertrawen. O wie wol wissen wirs / vnd wie schwerlich thun wirs! Das ist vnsere Schwachheit. Doch bedencke dich darin / vnd sehe zu / was du thust oder fürnimbst. Vbergibstu dich den Sorgen vnd Zagen / so plagstu dich. Trittstu für GOtt / mit demütigem Gebet: Ach mein Vatter / ich bin nicht werth der geringsten Barmhertzigkeit / doch weiß ich / du bist mein GOtt vnd mein Vatter / du wollest mich nicht ewiglich in Vnruhe lassen: das bringet dir Lufft zum Hertzen.
Letzlich nehmet ewre Seele wol in acht / daß jhr dem Satan keine Gelegenheit lasset / euch von ewerer Seligkeit zu stürtzen. Diß ist das einige / das allermeist vns soll angelegen seyn. Es wiederfahre vns was jmmer kan / so wir nur das davon bringen / daran vns zum meisten gelegen / nemblich der Seelen Seligkeit / haben wir nicht zu klagen. Darumb seyd nüchtern vnd wachet / vnd im Glauben widerstehet dem Widersacher / daß jhr seinem beginnen nicht raum gebet. Wachet / sage ich / denn der Feind ist mächtig vnd geschwinde / vnd versäumet keine Gelegenheit euch zu verschlingen. Doch durch die mächtige Hand Gottes hoffen wir zu überwinden.
Ach GOtt / du Vatter Jesu Christi / du Gott aller Gnaden / der du vns beruffen hast zu deiner ewigen Herrligkeit / in Christo Jesu / du wollest vns / die wir eine kleine Zeit leiden / vollbereiten / stärcken / kräfftigen / gründen; Dir sey Ehr vnd Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit / Amen.
V. 18. LIeben Brüder / Ich halte es dafür / daß dieser Zeit Leyden der Herrligkeit nicht werth sey / die an vns soll offenbaret werden.
V. 19. Dann das ängstliche harren der Creatur / wartet auff die Offenbarung der Kinder Gottes.
V. 20. Sintemal die Creatur vnterworffen ist der Eitelkeit / ohn jhren Willen / sondern vmb deß willen / der sie vnterworffen hat auff Hoffnung.
V. 21. Dann auch die Creatur frey werden wird / von dem Dienst deß vergänglichen Wesens / zu der herrlichen Freyheit der Kinder Gottes.
V. 22. Dann wir wissen / daß alle Creatur sehnet sich mit vns / vnd ängstet sich noch jmmerdar.
V. 23. Nicht allein aber sie / sondern auch wir selbs / die wir haben deß Geistes
Erstlinge / sehnen vns auch
WAnn ein armer Sünder durch den Glauben Jesu Christi für GOTT gerecht gesprochen
ist / hat er diesen Ruhm / daß nichtes verdamliches an jhme ist / doch mit
diesem Anhang / so er nicht nach dem Fleische / sondern nach dem Geiste lebet.
Ferner / wann er nach dem Geiste Jesu Christi lebet / so ist er warhafftig ein
Kind vnd Erbe Gottes / vnd ein Miterbe Christi / das bezeuget der Geist der
Kindschafft / doch abermal
Wann der Apostel saget: Wer ein Miterbe Christi seyn will / vnd mit jhm will zur
Herrligkeit erhaben werden / der muß mit leiden / das spricht er im selbigen
Capitel
Die fürgesetzte Seligkeit ist Frewd ohne Leyd / Heiligkeit ohne Sünde / ewige
Frewde ohne alle Vnruhe. Das will sich in diesem Leben nicht finden / das ist
denn vnser Leyden. So feyret der Satan auch nicht / Wer Christi Freund ist / der
ist deß Teuffels Feind / darumb wie derselbige Christum geplaget / so schonet
Hie muß ein Christe können Gedult üben. Falsche Christen suchen nur an Christo / was jhnen wol vnd sanffte thut / wahre Christen schewen sich nicht / vmb Christi willen etwas zu leiden. Leiden wir doch nicht alleine / sondern leiden mit Christo / wie alle Heiligen vor vns mit Christo haben leiden müssen. Frage alle von Adam her / so wird ein jeglicher seine Plage bekennen. Wollen wir mit Christo Brüder seyn / so müssen wir auch mit jhme gleiche Kappen tragen / wie wir seinen Namen führen / vnd nach Christo Christen heissen / so müssen wir auch führen sein Mahlzeichen an vnserm Leibe / sein Creutze / dorne Kron / vnd Geissel / das ist das Feldzeichen / darnach der HERR fragen wird an jenem Tage / wo ist mein Creutz / meine dorne Kron vnd Geissel? Wer das nicht zeigen kan / dem wird die Kron der Herrligkeit auch nicht wol anstehen. Darumb gedencke / Leyden sey deines Erbes ein Stück / wilstu Christi Miterbe seyn / so mustu auch sein Mitmärtyrer seyn / denn auch nicht Christus ehe zur Herrligkeit erhaben wird / er muß zuvor leiden.
Damit wir aber bey solchem Leyden nicht überdrüssig
IN allen Händeln sihet man viel auff Gewinst vnd Verlust / verkauffet jemand etwas / so sihet er zu / daß er auch den werth dafür bekomme. Arbeitet jemand / so sihet er darauff / daß jhm seine Arbeit gelohnet werde. Ein Thor wäre es / der vmb geringe Ehre grosse Mühe auff sich laden würde.
Ein Christ hat auch zu bedencken / wenn er bey seinem Christenthumb viel leiden
soll / ob jhm auch seine Mühe belohnet werde /
Halte hiegegen / was derselbe Apostel spricht in der andern
Also weiß Paulus der Christen Trübsal anzusehen / wann er saget: Wir haltens dafür / daß dieser Zeit Leyden nicht werth sey der Herrligkeit / die an vns soll offenbaret werden. Solchen Sinn sollen wir auch haben / denn gleich wie in der that vnser Leyden der künfftigen Herrligkeit vnwerth ist / also sollen wir es auch für vnwerth halten / vnd sagen / Ich halte diß mein Leyden viel zu gering gegen der Herrligkeit / die darunter verborgen ist / denn es ist der Christen Trübsal gleichsam eine heßliche Larve / darunter ein schön Bild verborgen ist / Da spricht die glaubige Seele / nur her / du erschreckest mich nicht / ich kenne dich wol. Vnd in solcher Betrachtung übergeben wir vns dem Leyden deste williger / da es sonst der Natur was hart würde für kommen.
Nun folget das Exempel der Creaturen vnd der Heiligen /
Die vnvernünfftige Creaturen werden vom Geiste Gottes vns fürgestellet / vnter
der Figur einer vernünfftigen Creatur / Denn das ängstige harren der Creatur /
spricht Paulus / wartet auff die Offenbarung der Kinder GOttes. Durch die
Creaturen verstehe Himmel vnd Sterne / alle Elementen
Fragen wir nach der Vrsache / so offenbarets vns der Geist Gottes / Sintemal die
Creatur vnterworffen ist der Eitelkeit / ohn jhren Willen / sondern vmb deß
willen /
Die Creaturen wie sie rein seyn / also begehren sie auch
An solchem Dienst hat die Creatur keinen gefallen / sie thut
Daß aber die Creatur dennoch dienet in der Eitelkeit / geschicht durch Gottes Willen / Sie ist vnterworffen der Eitelkeit ohn jhren Willen / doch aber vmb deß willen / der sie vnterworffen hat / Sie thut nichts gerne / doch ist sie GOtt gehorsam / denn GOtt gebeut der Sonnen auffzugehen / vnd dem Regen zu fallen / beydes über gute vnd böse. Am Anfang schuff Gott alles zu seinen Ehren / vnd zum Dienste desselbigen Menschen / der nach dem Ebenbilde Gottes gemacht war / wann aber durch die Sünde das Bilde Gottes im Menschen verdorben / ist die Creatur nicht mehr schuldig / dem abtrünnigen Menschen zu dienen / hat auch einen Widerwillen dazu / doch gebeut jhr der Schöpffer / daß sie sich vnterwerffe vnd diene / auff solche Ordnung jhres Schöpffers ist sie gehorsam / vnd dienet der Eitelkeit / wiewol ohne jhren Willen. Solte es nach dem Willen der Sonnen zugehen / würde ein Gottloser nicht den geringsten Dienst von jhr bekommen / daß sie aber scheinet / das kompt von GOtt / der es jhr gebeut / das erduldet sie gehorsamlich / vnd das ist jhr Creutz.
Vnter diesem Creutz hat die Creatur gleichwol eine Hoffnung / daß sie frey werden
wird von dem Dienst deß
Es kan zwar bey vnvernünfftigen Creaturen die Hoffnung nicht auff solche weise statt haben / als bey den Menschen / doch findet sich bey jhnen Hoffnung nach jhrer masse. Als wann ein Kraut oder Baum / den Winter über vnter der Kälte kahl stehet / vnd vnterdrucket wird / daß es seine güte nicht herfür bringen kan / so erkennet es doch / daß es noch nicht Zeit ist / es werde aber eine andere Zeit kommen / da es seine Macht wieder wird bekommen / derselbigen Zeit erwartet es / vnd das ist seine Hoffnung.
Auff solche weise ist der gantzen Natur eine Hoffnung eingepflantzet / auff die zukünfftige Erfreyung / vom Dienst deß vergänglichen Wesens / was das für eine Erfreyung seyn wird / davon hat man nicht einerley Gedancken. Viele halten dafür / daß die gantze Welt am Jüngsten Tage werde ernewert werden / da zwar nach Gottes Wort die Himmel vnd alle Elementen werden verschmeltzen / doch aber auß derselben Aschen ein newer Himmel vnd eine newe Erde soll erschaffen werden / darinnen Sonn vnd Mond viel heller leuchten werde / als nun / die Erde auch nicht mehr werde etwas vnliebliches vnd widriges herfür bringen.
Die H. Schrifft gibt so viel zu verstehen / daß Himmel vnd Erde werde vergehen / also / daß jhre stätte nicht mehr werde gefunden werden / so gedencket auch hie der Geist Gottes keiner Ernewerung / sondern nur einer Erfreyung vom Dienste der Eitelkeit / welches auch geschehen kan / durch der Creaturen gäntzlichen Vntergang / denn es nicht glaublich ist / daß die vnvernünfftige Thiere eben wie die Menschen / zum ewigen Leben erschaffen seyn.
So wird nun eine solche Zeit kommen / darinnen die Verdampten werden beraubet
seyn aller Creaturen Wolthaten / daß sie auch nicht eines Tröpflein Wassers
werden geniessen können / nach solcher Zeit verlanget die Creaturen / daß sie
nur den Sünden nicht mehr dienen / ob es jhnen schon kostet jhr eigen
Die Zeit der Erfreyung der Creaturen ist verbunden mit der Erfreyung der Kinder Gottes / drumb saget Paulus / daß die Creatur frey werden wird / von dem Dienst deß vergänglichen Wesens / zu der herrlichen Freyheit der Kinder Gottes.
Wie der Satan ist ein Fürst dieser Welt / so wäret auch sein Reich nicht länger / als in dieser Welt. Wann dann die Kinder Gottes kein ander Leyden zu fürchten haben / als vnter dem Reich deß Satans / so folget / daß die Trübsal der Frommen auff hören werde / wenn auffhöret das Reich deß Satans / wann aber die Welt verstöret wird / so wird auch verstöret das Reich deß Satans / vnd seynd die Kinder Gottes von aller Trübsal erfreyet. Darumb muß die Creatur vntergehen dazu / daß darauff folge die herrliche Freyheit der Kinder Gottes.
Also auch / wann die Kinder Gottes erfreyet werden / mögen die Creaturen nicht mehr vnter dem Dienst der Eitelkeit bleiben. Denn daß GOtt die Welt erhält / geschicht vmb der Glaubigen willen / wann GOtt darinnen keine Kinder gezeuget werden / so ist die Welt nicht nütze / so lange aber noch Christen leben vnd gezeuget werden / muß vmb solcher Christen willen die Welt noch stehen / vnd sich vnter deß Teuffels Reich zu vieler Boßheit brauchen lassen / doch aber mit der Hoffnung / daß wenn die Zahl der Kinder Gottes erfüllet / sie mit den Kindern Gottes von jhrem Creutz soll erfreyet werden.
Dieses ist die warhafftige Vrsach deß hertzlichen harrens der Creaturen / nach
der Offenbarung der Kinder Gottes / für sich selbsten haben sie nichtes zu
erwarten / man möchte denn sagen / daß die Creaturen in dem menschlichen Leibe
würden erhöhet vnd geehret werden / denn alle Creatur endlich auff den Menschen
zielet /
Damit wir aber nicht meynen / es sey nur eine verblümbte
Vorhin hat der Apostel die Creaturen vns fürgestellet / als eine menge Volcks /
die mit auffgerecktem Halse warten auff den Einzug jhres Fürsten / als wolten
sie sagen: Kompt er nicht balde? Hie stellek er sie vns für / als ein gebärendes
Weib / dem angst zur Geburt wird / vnd nichts lieber sihet / als daß die Stunde
fürüber wäre / darin sie gebären solle: denn eben also schreyet vnd ängstiget
sich die Creatur / vnd wolte jhrer Bürde gern loß seyn. Vor der Sünde dieneten
die Creaturen dem Menschen mit lust / aber nach der Sünde ist die Creatur mit
beschweret / in dem sie der Eitelkeit dienen muß / davon begehret sie / als von
einer schweren Last / gern loß zu seyn. Darumb seufftzet sie. Wann die Creaturen
den Gottlosen dienen müssen / wider den Frommen / oder zu Schmach deß Schöpffers
/ darüber seufftzen sie / sampt den Frommen. Die Erde trifft der Fluch mit nach
den Sünden / vnd muß noch dazu den Sündern in jhren Sünden dienen / sie tragen
vnd nchren / das ist jhre Angst / darüber seufftzet sie. Das Meer vnd alle
Wasser seynd beschweret / die Schandlappen in jhrem Vnflat zu reinigen / in
Hitze zu kühlen / in Durst zu träncken / sie wolten dieselbe lieber verschlingen
/ oder selbst gar versiegen vnd vertrocknen; weil sie
Wer solte wol den Creaturen angesehen haben / daß sie sich so ängstigen? Wer
solte glauben / daß sie also schreyen? Doch ists wahr / der Apostel sagt: Wir
wissens / daß es also sey. Ob wol die Creaturen nicht haben eine Zunge vnd
Sprach / die du verstehest / so haben sie doch eine solche Zunge vnd Sprach /
die der Geist Gottes höret vnd verstehet. Kein Mensch kans glauben /
Diß Exempel deß ängstlichen harrens / das bey den Creaturenel vnd Erd mit grossem seufftzen vnd
sehnen warten muß auff jhre Erfreyung.
Wir kommen auff das ander Exempel / denn nicht alleine sie /
So bezeuget nun der Apostel / daß alle Glaubige / die deß
Vnd eben diß ists / das Paulus selbsten an diese Legion hinan hänget: Wir sind
wol selig / doch in der Hoffnung.
Hie merck die Art deiner Seligkeit. Wir seynd wol selig / doch in der Hoffnung.
Wir heissen die Todten selig; wie man sagt: Mein seliger Vatter / mein seliger
Bruder; vnd reden recht daran / so sie nur im Glauben Jesu Christi entschlaffen
seyn; denn selig seynd die Todten / die im HERRN sterben. Wie aber / seynd
Hieher entstehet das Verlangen vnd die Gedult der glaubigen Seelen / daß wir
vnserer völligen Seligkeit mit Gedult warten / wie Paulus redet. Wann er der
Gedult gedenckt / zeiget er an / daß man noch viel leiden muß bey der Seligkeit
/ die wir in Hoffnung haben; denn sie ist vermischet mit Sünd vnd Jammer. Das
dulden wir / vnd warten durch Gedult der rechten vollkommenen Seligkeit / vnd
tragen auch hertzlich Verlangen darnach. Von diesem Verlangen redet Paulus in
der andern an
Mit diesem Exempel aller Heiligen will abermal der Heilige
Ihr wisset nun / meine Lieben / wie willig jhr ewer Leyden tragen
So lernet nun auff dißmal / durch die Hoffnung der zukünfftigen
Vor allen müssen wir vns dahin gewehnen / die Kindschafft
Diß ist die Eigenschafft aller Heiligen. Die wir deß Geistes Erstling haben / wir sehnen vns nach der Kindschafft / vnd warten auff vnsers Leibes Erlösung. Wo du dein Angesicht zum Zeitlichen kehrest / im Zeitchen dich frewest / das Zeitliche nicht gerne lassen wilst / sondern dich betrübest / so du es entbehren must; das wird keine gute Anzeigung seyn. Denn hie finde ich nicht die Eigenschafft derer / die deß Geistes Erstling haben: welches ist / sich sehnen nach der Kindschafft / vnd warten auff deß Leibes Erlösung.
So du den Creaturen anhangest / vnd sehnest dich nicht nach der zukünfftigen Herrligkeit / vnd deines Leibes Erlösung / machstu dich damit viel geringer / als die vnvernünfftige vnd leblose Creaturen / denen verlanget / daß sie frey mögen werden von dem Dienst der Eitelkeit. Du aber trägst lust zur Eitelkeit. Betrachts doch / du liebest die Creaturen / vnd das du liebest / hat ein verdruß an seinem eignen Wesen / vnd seufftzet vnd ängstiget sich. Ach wie eitel ist deine Liebe!
Die Creaturen haben kein theil an der Kindschafft vnd zukünfftigen Herrligkeit /
gleichwol wartet das ängstliche harren der Creaturen auff die Offenbarung der
Kinder Gottes / weil sie hoffen / daß sie als dann werden frey werden / von dem
Dienst der Eitelkeit. Wir haben viel mehr Vrsachen / ängstiglich darauff zu
Wären wir zu diesem Leben getauffet / wäre es kein Wunder / daß wir vnsere Luft vnd Seligkeit in diesem Leben suchten / an Geld / Ehr vnd Wollust. Nun aber seynd wir zu diesem Leben nicht getauffet / sondern auffs ewige Leben. Darumb Thorheit / O lieben Christen / daß jhr in diesem Leben Lust vnd Ruhe suchet. Zum Ewigen / zum Ewigen / dahin lasst vns gedencken. Daß ein Mensch so grosse lust an dem zeitlichen Gut hat / kompt daher / daß es sichtbar ist. Denn was man sihet / das bewegt das Hertz. Solten wir aber einen Tag über geniessen der offenbaren Herrligkeit Gottes / würden wirs verachten / so wir solten wieder in diß Leben kommen / wann wir schon solten leben tausent Jahr voll aller weltlichen Frewden.
Wann wir vns nun also mit vnsers Hertzens Sinn gewandt
So lasst vns nun vnser Angesicht richten auffs künfftige ewige Gut / als sehen wir nicht Glück oder Vnglück in dieser Welt. Lasset vns mit allen Creaturen / vnd mit allen Heiligen ängstiglich warten auff die Offenbarung der Kinder Gottes / vnd vnsers Leibes Erlösung. Lasset vns seufftzen: Komm / HErr Jesu / komm. GOtt gebe / daß es nur bald offenbaret werde / wanns jhm gefällt / damit wir erfahren / was wir nun im Worte hören vnd glauben / AMEN.
V. 8. VEyd allesampt gleich gesinnet / lieben Brüder / mitleidig / brüderlich / barmhertzig / freundlich.
V. 9. Vergeltet nicht böses mit bösem / oder Scheltwort mit Scheltwort / sondern dargegen segnet. Vnd wisset / daß jhr darzu beruffen seyd / daß jhr den Segen ererbet.
V. 10. Dann wer leben will / vnd gute Tag sehen / der schweige seine Zunge / daß sie nicht triege.
V. 11. Er wende sich vom bösen / vnd thue gutes / Er suche Friede / vnd jage jhm nach.
V. 12. Dann die Augen deß HERRN sehen auff die Gerechten / vnd seine Ohren auff jhr Gebet. Das Angesicht aber deß HERRN sihet auff die / die da böses thun.
V. 13. Vnd wer ist / der euch schaden könte / so jhr dem guten nachkommet?
V. 14. Vnd ob jhr auch leidet vmb Gerechtigkeit willen / so seyd jhr doch selig. Fürchtet euch aber vor jhrem trotzen nicht / vnd erschrecket nicht.
V. 15. Heiliget aber GOtt den HERRN in ewren Hertzen.
WAnn das Glück der Christen von Christo also beschrieben
In diesen Widerwärtigkeiten ist es schwer / wol hindurch kommen / denn die Natur reitzet vns zur Vngedult vnd Rache / wann das aber die rechte Art wäre / in Widerwärtigkeit zu siegen / so würden allezeit die Mächtigen oben ligen / Wehe aber den Armen vnd Vnvermögenen! Es hat aber GOtt auch für die Arme vnd Vnvermögene wollen rath schaffen in Widerwärtigkeit / also daß sie siegen können / vnd wol hindurch kommen / wann die Gewaltigen auch noch so böse seynd.
Wie aber das geschehe / zeiget vns Petrus in der heutigen Lection / vnd weiset
vns auff die brüderliche Freundligkeit / wie nun vns Christen daran gelegen ist
/ daß wir die Ruhe deß Hertzens behalten / welches nicht seyn kan / wann wir vns
nicht recht wissen vnter die Leute zu schicken / so müssen wir dem Rath deß H.
Geistes
WAnn erstlich in gemein gefraget wird / wie ein Christ sich soll verhalten gegen
dem neben Christen / er sey friedfertig oder böse / so antwortet der Geist
Gottes durch Petrum: Lieben Kinder / seyd allesampt gleich gesinnet / mitleidig
/
Dadurch wird von rechtschaffenen Christen erstlich erfodert die Einmütigkeit /
daß sie alle vnter einander einen gleichen Sinn vnd Muth haben. In natürlichen
Fragen vnd weltlichen Rathschlägen kan solches kaum seyn / da mag man lassen
einem jeglichen seinen Sinn / aber was den Glauben vnd Christliches Leben
angehet / da muß vnter allen rechtschaffenen Christen nur ein Sinn seyn / einen
Sinn müssen wir haben nicht nach der Welt / denn das sey ferne / daß wir vns
nach dem Weltsinne richten
Wer nun mit der wahren Christenheit will gleich gesinnet seyn / der muß für allen dingen auff Gottes Wort sehen / vnd darauß suchen / wie er recht glauben vnd leben soll / vnd hierinnen gantz vnd gar seinem eigenen einbilden absagen / welche Christen dieses thun / die bekommen alle einen Sinn / haben einen GOtt / eine Seligkeit / einen Heyland / einen Glauben / einen Gottesdienst / einen Zweck / dahin sie alle zielen / daß GOTT geehret werde in vns / durch Christum JEsum / darauff folget denn / daß sie Gaben vnd Ampt lassen vnterschieden seyn / vnter sich aber achten sie sich gleich hoch in Christo / vnd wie ich meyne / daß ich in meinem Ampt vnd Gaben GOTT diene / so achte ich auch / daß es ein ander kan mit seinen Gaben vnd in seinem Stande.
So aber einer von dem Worte abgehet / so machet er jhm einen eigen Sinn / daher kommen Secten vnd Spaltungen / denn wie von einem richtigen Wege können abgehen viele Nebenwege / also ist Gottes Wort ein richtiger Weg / welche demselben folgen / die seynd eins / die davon weichen / die weichen von der Einigkeit / da kompt eigen Sinn im Glauben / daß ein jeglicher glaubet / wie es seiner Vernunfft gut düncket / da kompt eigen Sinn im Leben / vnd erdenckt ein jeglicher einen absonderlichen Gottesdienst / dadurch er für GOtt besser seyn will / denn ein ander / oder auch es folget ein jeglicher seines Fleisches Lüsten / wie jhn die Natur treibet / vnd meynet doch / er diene Gott.
Die nun wollen gute Christen seyn / die begehren nicht was sonders zu seyn im
Glauben vnd im Leben / sondern bleiben bey dem gemeinen Sinn aller frommen
Christen. Wie aber / wenn sie alle vom Worte abweichen / soll ich gleichwol es
mit jhnen halten? Da habe ich vor gesaget / daß es soll ferne von vns seyn / dem
Weltsinne folgen / ich muß bey Gottes Wort bleiben / wie es einem Christen
gebühret / es wird noch einer oder der ander seyn / der es
Es wäre eine über auß grosse Glückseligkeit in der Christenheit / wenn darinnen
viele recht gleich gesinnet wären / daran würden GOtt vnd Menschen einen Lust
sehen. Der Geist Gottes hält diese Tugend so werth / daß er durch Paulum in der
ersten an die Corinth. am 1. Cap. durch den Namen Jesu Christi vns darzu
Doch ist es seltzam Wildbrät auff Erden / denn die Leute wollen sich Gottes Wort nicht regieren lassen / daher kompt dann Vneinigkeit / Streit / Zanck / Hochmuth / da einer besser vnd mehr seyn will denn der ander / das ist vom Bösen. Alle Christen müssen so gesinnet seyn / im Glauben vnd Christlichem Wandel / als wann sie alle nur ein Mann wären / damit wird denn auch ein schöner vnd beständiger Grund zur Christlicher Freundschafft geleget.
Das ander / welches von vns erfodert wird gegen dem Nechsten / ist Mitleiden vnd
Erbarmung / dadurch nehmen wir vns deß Nechsten Notturfft an / als vnsers
eigenen / wie wir an David sehen / welcher im 35. Psalm spricht / vnd zwar von
denen / die jhm
Diesem ist sehr zu wider der schändliche Teuffel / der da heisset Schadenfroh / vnd ist doch in der Natur tieff eingepflantzet / es kan vns gar balde wolgefallen / so es denen übel gehet / welchen wir es gerne gönnen / das ist gar eine böse Vnart / doch seynd wir auch nicht die besten alsdann / wann wir zwar das Vnglück vnserm Nechsten nicht gönnen / aber doch auch kein hertzliche Erbarmung mit jhm tragen / vnd vns seiner Notturfft nicht hertzlich annehmen.
Zum dritten / wird erfodert Brüderschafft / daß wir brüderlich
Hie muß nun ein Christ den andern ansehen / als seinen Bruder / vnd in Worten vnd
Wercken mit jhm vmbgehen / als mit seinem Bruder. Ein Bruder hält dem andern
viel zu gut / kehret alles zum besten / lässet sein thun sich gerne gefallen /
ist er aber böse / so wünschet er / daß er fromb werde. Also auch wir müssen vns
vnter einander als Brüder vertragen in der Liebe mit aller Demuth /
Letzlich wird erfodert Freundligkeit / nicht allein in Worten / sondern auch in Wercken / daß wir darin den Nechsten nicht betrüben / sondern erfrewen / vnd vns willfertig erzeigen. Soll aber diese Freundligkeit Christlich seyn / vnd nicht eine heuchlische Weltfreundligkeit / so muß sie herfliessen auß einem brüderlichen Hertzen / dadurch wir vns in Christo lieb gewinnen.
Nun folget ferner / wie wir vns gegen vnartige vnd feindselige Leute schicken
sollen. Vergeltet nicht Böses mit Bösem
Dieses ist ja der ernste Wille Gottes / Aber wie wirds von der Welt angenommen?
Doch mercket jhr Christen / was für
Der Apostel Petrus bekräfftiget seinen Schluß mit einem
Mercket bey diesem Spruch erstlich / die Verheissung deß
Mercket fürs ander die Ordnung Gottes / mit was beding GOTT das gesegnete Leben versprochen habe; wollen wir leben / vnd gute Tage haben / so müssen wir erstlich vnser Zunge behüten für bösem / vnd vnser Lippen / daß sie nicht falsch reden / es muß keine Falschheit / keine Boßheit / keine Gifftigkeit in vnserm Munde gefunden werden / ja auch nicht im Hertzen / denn das Hertz ist der Brunn / wessen das Hertz voll ist / das quillet auß dem Munde herfür / wie Wasser auß einer Rinnen.
Zum andern müssen wir vom bösen lassen / vnd gutes thuen / abermal nicht allein im äusserlichen Thuen / sondern in den junerlichen Hertzensbewegungen. Wer sich reinigen will / muß vom Hertzen anfangen. Drumb ruffet die Schrifft: Ernewert euch nach dem Geist ewers Gemüths.
Zum dritten müssen wir Friede suchen / vnd jhm nachjagen / Es ist nicht genug / daß wir nicht Anlaß zur Feindschafft gegeben haben / wollen wir Christen seyn / vnd nach Gottes Willen thun / so müssen wir den Frieden vnd Freundschafft suchen / vnd demselben nachjagen / also / daß wir alle Gelegenheit suchen vnd in acht nehmen / damit ein bitteres Hertz wieder möchte versöhnet werden / da begehen wir eine doppelte Tugend / wir selbsten geben nicht böses vmb böses / vnd den feindseligen Menschen ziehen wir ab vom bösen. Fried ist ein Wildprät / wir müssen nicht dencken / dieses Wild kommet zu vns selbsten geflogen / es lauffet nun nimmer von vns / bistu aber ein Gesegneter deß HERRN / so lauffestu jhm nach. Erkennet doch / lieben Christen / was es für eine Schande für Gott sey / den Frieden anbieten.
Dieses ist nun Gottes Ordnung / wer ein gesegnetes Leben haben will / der muß in seinem gantzen Leben vom bösen sich enthalten / dem guten vnd dem Friede nachlauffen / wer böse ist / wer Bittrigkeit führet im Hertzen vnd Munde / derselbe soll auff keinen Segen hoffen. Sprichstu aber / es hat so bald ein toller Kopff einen guten Tag / als ein sanfftmütiger / so wisse / daß das arme gute Tage seyn / da man Gott nicht hat.
Mercket fürs dritte / die Vrsach dieser Ordnung / woher es
Die Augen vnd Ohren deß HERRN seynd GOtt selbsten in seiner Gegenwart / dadurch er alles erkennet / vnd jhm nichts verborgen bleibet. Wann denn gesaget wird / Die Augen deß HERRN mercken auff die Gerechten / vnd seine Ohren auff jhr schreyen: ist so viel gesaget / daß GOtt mit seiner Hülffe vnd Gnade wohne bey den Frommen / vnd gar genaw achtung auff sie gebe / also / daß er sehe jhre Noth / vnd erkenne jhr jnnerlich Seufftzen vnd Verlangen. Hingegen so setzet sich das Angesicht deß HERRN / die gantze Heilige Dreyfaltigkeit / wider den Gottlosen / mit Zorn / Rach vnd Straff / biß sein Gedächtnüß auß dem Lande der Lebendigen außgerottet werde / das ist / daß er ewig vmbkomme vnd verderbe. Da haben wir Grund vnd Vrsach / warumb die bittern Hertzen vnd rachgierige Gemüther keinen Segen ererben können / denn GOtt ist aller Boßheitso feind / daß die Krafft der H. Dreyfaltigkeit sich rüste wider die Bösen.
Da habet jhr Rachgierigen ewer Vrtheil / Ihr möget gedencken was jhr wollet / so bleibet diß der ewige Schluß Gottes / Wiltu meinen Segen ererben / so thue kein böses / sondern gutes / denn mein Antlitz setzet sich wider die Bösen / daß ich sie vertilge.
Diesem entgegen schreyet die gantze Welt / Soll ich mir
Wann ein Mensch böses thut / so beleidiget er viele / die thun jhm wiederumb
böses / wann er aber gutthätig ist / so gibt er niemand Vrsach zur Feindschafft
/ vnd ziehet vieler Leute Gemüther zu sich / das ist schon ein Nutzen / den man
davon hat / wenn man dem Guten nachkommet / doch kan mans nie so gut machen /
daß man nicht etwas Widerwillen von Leuten leiden müste. Da ist aber dieses das
beste bey dem Guten / daß den Guthertzigen vnd Frommen nichts schaden könne.
GOtt ist allein gut / so wir diesem gütigen GOtt nachfolgen in der Gütigkeit /
vnd nicht böses mit bösem vergelten / da saget Petrus: Wer kan euch Schaden
thun? Denn was einem gottseligen Hertzen wiederfähret / ist in Warheit nicht
böse / vnd solten auch aller Welt Vnglück über jhn gehäuffet werden. Vnd so sie
schon vmb der Gerechtigkeit willen etwas leiden / so sind sie doch selig / die
Vrsach ist / die Augen sehen auff die Gerechten / Wie selig ist der / der GOTT
zu einem Beschützer vnd Helffer hat. Christus spricht auch also Matth. am 5.
Darumb wann du ein solches Hertz gefasset hast / daß du durch das böse dich nicht
wilt verbittern lassen / Böses vnd Scheltwort mit gleichem zu vergelten / so
saget Petrus erstlich / du darffst dich nicht befürchten / daß dir jemand schade
/ es kan auch das allerböseste Hertz offt durch Gütigkeit überwunden werden /
Sollstu aber ja darüber leiden / daß du böses mit bösem nicht wilt vergelten /
als wenn du deßwegen must Schimpff leiden / daß die Leute sagen /
So du aber solches nicht leiden kanst / so heisst es für GOtt vnd in der Warheit
/ Wer ist der euch kan selig machen / so jhr dem bösen nachfolget / eben darin
du begehrest dem bösen zu entfliehen / dadurch fällestu recht in das böse / vnd
in demen ewigen Schaden / denn das glaube nur / daß kein Mensch grössern Schaden
leide / als durch sich selbsten / nemblich / wann er dem guten nicht nachkomet / vnd den gütigen Gott nicht bey sich hat. Darumb sehe zu /
daß du dir selbst keine böse Tage erweckest.
Ich bekenne / es ist dem Fleisch ein über die masse schweres Creutz / so man Böses vnd Scheltwort mit Gedult soll ertragen / vnd noch darüber bey der Welt den grösten Spott haben. Aber wolte GOtt / daß der Mensch auch bedächte / welch eine Ehre darinnen er für GOtt hätte / möchtestu dein Gemüth hie zwingen können vnter dem Creutz Christi / was würdestu für eine Frewde in deinem Gewissen empfinden? vnd köntest auch mit Frewden warten in diesem Leben / auff Gottes Schutz vnd Errettung / vnd auff den grossen Lohn im Himmel.
Hier auff schliesset der Apostel: So fürchtet euch nicht
Darumb soll ein Christ auff GOtt sehen / vnd denselben in seinem Hertzen heiligen / also daß es bey jhm thewer vnd werth sey / was GOtt saget / es möge die Welt davon urtheilen wie sie wolle / thut er das / so wird Gott auch seine Heiligung seyn / vnd jhn lassen erfahren / wie werth er Gott sey.
Dieses ist die Ermahnung deß Heiligen Geistes / durch den Mund deß heiligen Petri / dadurch wir vnterwiesen werden / wie mit dem neben Menschen vmbzugehen / daß wir seinethalben nicht Vnruhe vnd böse Tage erfahren / sondern vielmehr wol mit jhm durch die Welt kommen.
Dieses überzeuget nun vnser Gewissen / daß wir schuldig seyn gute Achtung drauff
zu haben / wie wir mit andern Leuten vmbgehen / daß wir den Menschen nicht
ansehen als ein Ding / das vns nicht angehet. Dreyerley ist / darauff wir sehen
müssen / auff GOtt / auff vns / vnd auff den Nechsten / einem jeglichen müssen
wir sein Recht thun / den Nechsten hat vns GOtt fürgesetzet / daß wir an jhm
beweisen / was für einen Gehorsam vnd Liebe wir zu GOTT haben / für sich bedarff
GOtt nicht vnser Liebeswerck.
Was aber hie zu thun / davon gibt vns gute Nachricht der
Absonderlich wie gegen denen / die vns beleidiget / Gedult zu
Wiltu aber solches in die Vbung bringen; so lasse nimmer auß deinem Hertzen kommen das Vrtheil Gottes: Wer böses mit bösem vergeltet / der kan den Segen nicht ererben / er wird nicht leben / noch gute Tage sehen / denn das Antlitz deß HERRN setzet sich wider jhn / daß er jhn vertilge. Rachgierigkeit / Verbitterung / vnd Stichelrede bleiben Früchte eines bittern Baums / vnd zeugen davon. Wer solche Früchte bringet / mag sich wol einen Christen nennen / in der That aber ist er eine Cloac deß Satans.
Das Exempel Davids ist bekant; der Ehrenschänder thät jhm kein geringes Leyd; er aber sprach: Der HERR hats jhm besohlen. Dem folge nach. Das grösseste Exempel hastu im Sohn Gottes / deinem Heyland / vnd ist auch bekant.
Es gilt nichts / daß du sprichst: Soll ich denn zu allem still schweigen / vnd alles leiden? Ja ehe ich selbsten wolte böse werden / vnd böses mit bösem vergelten / ehe wolte ich alles leiden. Bin ich ja so hart beleidiget / daß es nicht zu erdulden stehe / so befehl ichs Gott vnd der Obrigkeit / was die nicht rächen / das begehr ich nicht zu rächen.
So kehre dich nun wie du wilt / dieses ist Gottes Will / nicht böses wieder
vergelten. Dagegen aber soltu segnen / den Frieden suchen / vnd jhm nachjagen.
Welches geschicht 1. durch verschmertzen vnd verschweigen. Ein rauhes Lüfftlein
kan man ja wol über sich gehen lassen; man muß nicht alles genawe suchen /
sondern das beste zu der Sache reden. Hernach 2. müssen wir dem Frieden
nachjagen / durch gutes thun vnd segnen / vnd damit das böse Hertz überwinden;
wir müssen nicht allein fertig seyn / die Versöhnung gerne anzunehmen / sondern
auch anzubieten / müssen alle
Da haben wir die Art / wie wir vns verhalten sollen gegen
Es ist vnd bleibet schwer / das bekenne ich nochmal / nicht allein nicht wieder schelten / sondern auch noch dagegen segnen. Der Acker deß Hertzens ist vnfruchtbar / zu den Früchten deß Geistes. Von Natur ist es zu Zorn vnd Vngedult geneiget / vnd nicht zu dieser Sanfftmuth. Aber was hilffts? wir seynd auff die Natur nicht gewiesen / sondern wir seynd gesetzet wider die Natur. Wollen wir Christi Jünger seyn / so müssen wir auch diß Joch auff vns nehmen.
Ein Weltmensch wird es verlachen. Aber wisse / wer diß Wort verlachet / der hat
Gott verlachet. Denn Gott ists / der hats geredet: Vergeltet nicht Böses mit
Bösem / noch Scheltwort mit Scheltwort / sondern dagegen segnet / vnd wisset /
daß jhr dazu beruffen seyd / daß jhr den Sege ererbet. GOtt gebe
/ daß wir mit vnserm Nechsten also wandeln / daß wir den himlischen Segen / dazu
wir beruffen seyn / nicht verlieren / Amen.
V. 3. LIeben Brüder / Wisset jhr nicht / daß alle / die wir in Jesum Christum getaufft sind / die seynd in seinen Todt getaufft.
V. 4. So sind wir je mit jhm begraben / durch die Tauffe in den Todt: auff daß / gleich wie Christus ist aufferwecket von den Todten / durch die Herrligkeit deß Vatters / also sollen wir auch in einem newen Leben wandeln.
V. 5. So wir aber sampt jhm gepflantzet werden / gleich wie er in seinen Todt / so werden wir auch der Aufferstehung gleich seyn.
V. 6. Dieweil wir wissen / daß vnser alter Mensch sampt jhm gecreutziget ist / auff daß der sündliche Leib auffhöre / daß wir hinfür der Sünde nicht dienen.
V. 7. Dann wer gestorben ist / der ist gerechtfertiget von der Sünde.
V. 8. Seynd wir aber mit Christo gestorben /
V. 9. Vnd wissen / daß Christus von den Todten erwecket / hinfort nicht stirbet. Der Todt wird hinfort über jhn nicht herrschen.
V. 10. Dann daß er gestorben / das ist er der Sünde gestorben zu einem mahl: Daß er aber lebet / das lebet er GOtt.
V. 11. Also auch jhr / haltet euch dafür / daß jhr der Sünde todtseyd / vnd lebet GOtt / in Christo Jesu vnserm HERRN.
ES hat ein Weiser auß den Griechischen Heyden gesagt:.
Das bleibet nun wahr vom Todte der Gottlosen in alle
Solches müssen die Gottlosen bekennen mit jhrer Furcht / die sie gegen dem Todte tragen / es ist geschrieben: Die Gottlosen werden jhr Leben nicht zur helffte bringen / vnd das ist wahr / denn wie alt sie auch seyn / kommet jhnen doch der Todt zu balde / wolten noch wol gerne länger leben. Mit dieser Furcht bezeugen sie / daß sie nicht viel gutes in dem Todte zu erwarten haben.
Die Schrifft saget im 34. Psalm: Den Gottlosen wird das Vnglück tödten. Dem Gottlosen ist seine Gottlosigkeit das grösseste Vnglück / das wird jhn tödten / darumb ist sein Todt ein vnglückseliger Todt. Also bleibets freylich wahr gesagt von der Gottlosen Todte / daß er vnter allen erschrecklichen das erschrecklichste sey.
Von der Gottseligen Todte muß man anders urtheilen / denn sie finden einen besseren Tausch in jhrem Todte. Im 116. Psalm stehet geschrieben: Der Todt seiner Heiligen ist werth geachtet für dem HERRN. Freylich ist das ein köstlich Ding für GOtt / das Gottes Sohn gewürdiget hat / mit seiner Seelen vnd mit seinem Blute zu erkauffen / so werth ist der Seligen Todt für dem HERRN / aber das hat kein Weiser dieser Welt ersehen.
Es ist noch ein Todt der Gottlosen / davon ein Heyde auch nichts hat wissen
können / davon Paulus predigen kan / der nicht schrecklich / sondern sehr
lieblich ist; Der Todt ist der
ES hatte der Apostel in der Epistel an die Römer herrlich
Es redet der Apostel von solchen Leuten / die getaufft seyn / denen stellet er
jhre Tauffe für Augen / als einen Todt vnd Aufferstehung. Wann wir getaufft
werden im Namen GOttes deß Vatters / Sohns / vnd Heiligen Geistes / so werden
wir in Jesum Christ getaufft / daß wir denselben zu einem Seligmacher annehmen /
vnd mit jhme eins seyn. Wann wir dann durch den Glauben mit Christo eins seyn /
vnd sein Verdienst annehmen / so nehmen wir auch seinen Todt an / als eine
Versöhnung für vnsere Sünde / das heisset denn in den Todt JESV Christi getaufft
seyn / nemblich / wir werden getaufft auff einen solchen Glauben / dadurch wir
Christum erfassen / als einen Seligmacher / der mit seinem Todte vnsere Sünde
bezahlet hat. Denn wer sündiget / der muß den Todt leiden / nemblich die
Höllenangst vnd die Verdamnüß / denn das ist der Sünden Sold. Wann dann alle
Menschenkinder in Sünden empfangen vnd gebohren werden / so werden sie in der
Tauffe für das Gerichte Gottes gestellet / als arme Sünder / vnd Kinder deß
Zorns / die deß Todtes vnd Verdamnüß von Natur schuldig seyn. GOtt aber kommet
In solcher Betrachtung solte mans mit dem Pracht was sachte angehen lassen / bey der H. Tauffe / vnd den Hoffart nur einstellen / vnd vielmehr recht zu Hertzen fassen / wie das armselige Kind / als ein Mißthäter / daselbst für Gottes Gericht geführet würde / vnd wie durch Gottes lautere Gnade / dasselbe Kind / das vmb seiner Sünde willen solte den ewigen Todt leiden / zu dem Todt deß Sohnes Gottes zugerechnet würde / auff daß damit vnd durch denselben die Sünde bezahlet werde.
Es spricht Paulus nicht allein / daß wir in den Todt Christi getaufft seyn /
sondern auch / daß wir durch jhn begraben seyn / durch die Tauffe in den Todt.
Da Christus für vnsere Sünde gestorben ist / hat er vnsere Sünde mit sich ins
Grab genommen / vnd begraben. Also sterben wir nicht allein in Christo / sondern
wir werden auch begraben in den Todt / das ist / als die mit Christo gestorben
seyn. Wann dann der Glaube in heiliger Tauffe den Todt Christi annimbt / das
gilt für GOtt so viel /
Auff solchen einen lieblichen Todt folget auch eine selige Aufferstehung / Denn gleich wie Christus ist aufferwecket durch die Herrligkeit deß Vatters / also sollen auch wir in einem newen Leben wandeln. Da mercke: das natürliche Leben deß Menschen ist nichts anders / denn ein Todt / dann die Seele hat GOtt in seiner Gnaden verlohren / die Krafft dieses Todtes wird in diesem Leben nicht gefühlet / denn es gehöret dazu die Empfindnüß der höllischen Schmertzen / vnd das ist der ander Todt. Diesen Todt hat Christus für vns erduldet / vnd solch Leyden schencket er vns in der Tauffe vnd durch den Glauben / dadurch kommet GOtt wieder in die Seelen / wircket darin durch seine Liebe vnd Gnade / das ist denn das newe Leben. Wie nun Gottes Herrligkeit daran groß geworden / daß er den geereutzigten JESVM auß dem Todt vnd Gericht herauß gerissen / also wird auch die Herrligkeit Gottes bey vns groß / wann dieselbe vns auch auffwecket zum ewigen Leben / daß wir nicht mehr in Sünden todt ligen / sondern daß wir wandeln in der Gerechtigkeit / getrieben von dem H. Geist / als die durch Christum sind wieder lebendig worden.
Darauß erkennen wir nun die Krafft deß Apostolischen Spruches: Wir sind der Sünden abgestorben / darumb sollen wir den Sünden nicht mehr leben; denn wer der Sünden gestorben ist zu solchem ende / daß er in einem newen Leben wandele / der muß der Sünde nicht dienen.
Es belüstiget sich der Apostel in diesem Bilde deß Todtes
Wie solches zugehe / wird stückweise erkläret / erstlich zwar /
Der alte Mensch ist die alte Natur / das ist / der natürliche
Gottesverachtung. Der heisst der alte Mensch / nicht von wegen der Jahren /
sondern von wegen deß newen Menschen / welcher lebet nach Gottes Wort vnd Willen
/ denn so lange der natürliche vnd fleischliche Mensch noch nicht anders Sinnes
worden / als wie er in der Sünde von Adam herkommen ist / so heisst er der
Alte.
Von diesem alten Menschen zeuget Paulus / daß er mit Christo gecreutziget sey / denn dieweil er nur böse ist / so muß er als ein Vbelthäter vnd verfluchter Mensch nur gecreutziget / hingerichtet / vnd abgethan werden. Das aber ist geschehen in dem Todte Christi / denn Christus hat mit seinem tödtlichen Leyden für vnsere Sünde bezahlet vnd gnug gethan / vnd wir / wenn wir getaufft werden / nehmen wir an / den Todt Christi / als den Todt vnsers alten Menschen / denn vnser Glaube an den gecreutzigten JEsum gilt so viel / als wann der Sünder selbsten gerichtet vnd gecreutziget wäre.
Worzu aber ist solches geschehen? Vielleicht daß wir Freyheit zur Sünden haben.
Mit nichten / sondern Paulus saget: Vnser alter Mensch ist sampt Christo
gecreutziget / auff daß der sündliche Leib auffhöre / daß wir hinfort der Sünden
nicht dienen. Der sündliche Leib ist das Regiment / Wesen / vnd Verbündnüß der
Sünden / denn wie ein gantzes Heer / oder eine gantze Gemeinschafft / ein Corpus
vnd ein Leib genennet wird / vnd wie die Christliche Kirche / die an Christo als
dem Haupte hanget / auch einen geistlichen Leib machet / also machet das Reich
der Sünden auch einen Leib / dasselbe muß auffhören / geschwächet / vnd
vntüchtig gemacht werden / daß wir / wie Paulus es selbsten außleget / hinfort
der Sünden nicht dienen. Denn ich muß nicht meynen / daß meine Heiligkeit darin
bestehe / daß ich keine Sünde in mir fühle / denn so lang
Also ist der Leib der Sünden zwar zugegen / aber er soll nicht herrschen / sondern krafftloß gemacht werden / daß wir jhme nicht dienen. Also höret denn auff der Leib der Sünden in diesem Leben / durch den zeitlichen Todt aber muß er gar vntergehen / denn weil der sündliche Leib nicht will sterben / sondern widerstrebet noch jmmerdar / muß GOtt jhn endlich gar hinreissen / daß er den Todt an der Sünden fresse.
Sehet / zu was ende vnser alter Mensch mit Christo gecreutziget wird / zu was ende wir das Creutz Christi zu einer Versöhnung annehmen / nemblich / daß der sündliche Leib auffhöre / vnd vnkräfftig gemachet werde / daß wir der Sünden nicht mehr dienen. Wo denn der Sünden noch alle Krafft gelassen wird / da ist freylich der alte Mensch nicht gecreutziget / da gilt denn auch keine Versöhnung / sondern der Mensch bleibet vnter dem Zorn / in einem bösen Gewissen / vnd kan zu Gottes Reich nicht kommen.
Fragstu aber / was für eine Nothwendigkeit sey in diesem
Nun folget / wie wir sampt Christo gepflantzet werden / jhme gleich zu seyn in
der Aufferstehung / denn es saget Paulus:
Gleich wie wir nun Christo gleich worden seyn in seinem Todte / also seynd wir auch in jhme gepflantzet / daß wir jhm gleich seyn sollen in seinem Leben / erstlich zwar / daß wir durch seinen Geist hie in einem newen Leben wandeln / darauff denn hernach folget das Leben in der Herrligkeit. Das glauben wir / spricht der Apostel. Der Grund deß Glaubens ist das Leben Christi / das in Ewigkeit nicht geendiget wird / der Todt herrschete über Christum in seinem Leibe / hinfort aber wird er über jhn nicht mehr herrschen / denn daß er gestorben ist / das ist er für vnsere Sünde gestorben / vnd nur einmahl / dann mit einem Todt hat er eine vollkommene Erlösung erfunden / wann er aber von den Todten wieder aufferwecket ist / so lebet er durch vnd zu der Herrligkeit deß Vatters jmmerdar.
Krafft dieses Spruchs glauben wir / daß die Menschheit /
Das ist also die Erklärung deß lieblichen Bildnüß / vom Todte vnd Aufferstehung
in Christo / welches auch zun Colossern am 2. Cap. derselbe Apostel mit wenigem
berühret / wenn er spricht: In Christo Jesu seyd jhr beschnitten / mit der
Beschneidung
So hüte dich nun / frommer Christ / daß du vnter der Hoffnung der Gnaden dich ja nicht in Sünden belustigest. Der rohe freche Hauffe will frey seyn / vnd kein ding thun / ohn was jhm gefällt / vnd tröstet sich bey jhrer Frechheit der Gnaden. Ist aber nichts / der Apostel macht solch einbilden der Gnade gantz zu nicht. Die Gnade vermehret nicht die Sünde / sondern frisst sie; vnd eben darumb ist die Gnade da / daß sie die Sünde sresse vnd tödte.
Fasse nur eben wol den Grund / den vns der Knecht Gottes Paulus hierin vorhält. Erstlich stellet er vns den Glauben für / nicht als ein blosse Wissenschafft / sondern als eine Creutzigung vnd Tödtung. Denn das heisst glauben / wann ich über die Sünde betrübt vnd erschrocken / lauffe zu dem Todte deß Sohnes Gottes Jesu Christi / denn er an meiner statt gelitten / vnd nehme denselben also an / als wäre er mein eigen Todt vnd Gnugthuung für meine Sünde.
Sihe nun / wie es vnmüglich ist glauben / vnd in Sünden bleiben. So lange ich
glaube / so lange werde ich für GOtt gehalten als einer / der in vnd mit Christo
der Sünden stirbet; wie solte ich denn der Sünden leben? Durch den Glauben halte
ich den Todt Christi demütiglich für dem Gerichte Gottes / als meinen Todt vnd
Gnugthuung für meine Sünde / vnd also sterbe ich mit Christo. Darumb in welchem
Augenblick ich mich in Sünden belustige / willig vnd beharrlich / in demselben
Augenblick höret mein Glaube auff; denn ich sterbe nicht in Christo / vnd
versühne nicht mit erschrockenem Hertzen durch den Todt Christi meine Sünde. In
dem ich zur Bezahlung für meine Sünde den Todt Christi annehme / in dem muß ein
Verdruß über die Sünde seyn / daß ich sie verfluche vnd verdamme / an meinem
eignen Leibe.
Darumb wisse / O Mensch / so du glaubest / so bistu der
Diß ist das vornembste / das du betrachten sollest / nemblich /
Endlich kan auch die Vereinigung vnd Verbündnüß der Glaubigen mit Christo keine
Freyheit der Sünden zulassen. Wir seynd in jhm gepflantzet / als Reißlein / zu
gleichem Todte / so müssen wir auch der Aufferstehung gleich seyn. Die Glieder
nehmen an die Natur deß Leibes / dessen Glieder sie seyn; ein Hundesglied hat
Hundes Natur; einer Sawen Glied hat Sawen Natur; ein
So treib nun kein Schertz mit der Gnade / es muß hie ein Ernst seyn. Ists nicht wahr? wo grosse Noth / muß auch grosse Errettung seyn. Sollstu aber darumb sprechen / Lasst vns ins Fewr lauffen / oder mitten ins Meer stürtzen / daß die Errettung deßzu herrlicher sey / würdestu GOtt nicht versuchen? Wo die Sünde groß ist / da ist die Gnade deßzu grösser. Das ist ja wahr / denn es gehöret grosse Gnade dazu / daß ein Sünder auß den Sünden gezogen werde / vnd wie grösser deine Sünde gewesen / wie höher du die Gnade preisen solt. Du bist auß grossem Verderben gezogen. Soltestu darumb in Sünden gedencken; Ich wils wagen / Gott ist gnädig / er wird die Sünde wol vergeben. Wird nicht an dir erfüllet werden das Sprichwort: Wer sich in Gefahr stürtzet / der wird darin vmbkommen.
Laß vielmehr bey dir gelten / was Paulus saget: So lasset nun die Sünde nicht
herrschen in ewrem sterblichen Leibe / jhr Gehorsam zu leisten in jhren Lüsten;
auch begebet nicht der Sünden ewre Glieder zu Waffen der Vngerechtigkeit /
sondern begebt euch selbst GOtt / als die da
Deinem Fleisch wirds ja nicht wol thun / aller Freyheit beraubet
Allein gib acht darauff / wann die Versuchung deß Fleischesdi rentationibus de
gratiâ.
V. 19. ICh muß menschlich davon reden / vmb der Schwachheit willen ewers Fleisches. Gleich wie jhr ewere Glieder begeben habt / zu dienste der Vnreinigkeit / vnd von einer Vngerechtigkeit zu der andern / Also begebet auch nun ewere Glieder zu dienste der Gerechtigkeit / daß sie heilig werden.
V. 20. Dann da jhr der Sünden Knechte waret / da waret jhr frey von der Gerechtigkeit.
V. 21. Was hattet jhr nun zu der Zeit für Früchte? welcher jhr euch jetzt schämet. Dann das Ende derselbigen ist der Todt.
V. 22. Nun jhr aber seyd von der Sünden frey / vnd Gottes Knechte worden / habt jhr ewer Frucht / daß jhr heilig werdet / das Ende aber das ewige Leben.
V. 23. Dann der Todt ist der Sünden Sold / aber die Gnade Gottes ist das ewige Leben / in Christo Jesu vnserm HERRN.
AVff dieser Welt seynd allezeit bey einander zwey grosse Regimenter
Von Anfang war es nicht also da GOTT alleine / Krafft seiner Schöpffung herrschete / vnd der Mensch sich auch von GOtt regieren ließ / denn es brauchet der Mensch im Stande der Vnschuld nicht seinen eigenen Willen / sondern Gottes Wille war sein Wille / ja GOtt war jhm alles. Durch Betrug deß Satans ist auff gestanden ein newes Reich / nach dem demselbigen nicht mit war / daß in seiner fürtrefflichen Weißheit er solte vnter GOtt seyn / vnd erkennen / daß all sein Vermögen nur auß GOtt herfliesse / auch alle Ehre seines Thuens vnd Wesens zu GOtt solte wieder fliessen / ist er von GOtt abgefallen / vnd hat damit zu erst eine Trennung im göttlichen Regiment gemacht. Damit er noch nicht ist friedlich gewesen / sondern nach dem er einen vnversöhnlichen Haß gefasset / als ein verdampter vnd von GOtt verworffener Geist / hat er dahin getrachtet / wie er auch Gotte das Regiment in den Seelen der Menschen benehmen möchte / damit er Gotte / welchem er vnmittelbar nicht schaden konte / in seinen edelsten vnd liebsten Creaturen ein Verdruß thäte.
Der grosse GOtt wird zwar durch diesen Abfall der Engel vnd der Menschen nicht geringer / oder vnglückseliger / denn er hat alle fülle vnd alle gnüge deß Guten bey jhm selbsten / wie alles Gute von GOtt herkompt / also ists in GOtt gewesen in Ewigkeit. Zu dem soll keine Creatur gedencken / daß sie dem Regiment Gottes schlechter dinges entlauffen könne / fallen wir auß dem Reich der Gnaden / bleiben wir dennoch vnter seinem mächtigen Zepter / damit er schläget vnd straffet / alldieweil auch der König deß verdampten Reichs vnter dem gewaltigen Gerichte Gottes ist / vnd bleiben muß.
Doch erkenne die Liebe deines HERRN / der dich auß dem
Vnter deß bleibet der Satan beschäfftig / schläffet nicht / sondern suchet sein bestes / wie er sein Reich erhalten vnd erweitern möge / vnd wie weniger Zeit er übrig hat / je mehr er arbeitet / seiner Zeit zu gebrauchen.
Also regieren stets bey einander auff Erden CHristus vnd Belial; wann aber das
Ende aller Dinge kommen wird /
Seynd derwegen vier grosse Reiche vnd Monarchien / erstlich das Reich deß
Schöpffers / da alle Creaturen / weil sie durch die Schöpffung von GOtt alles
empfangen haben / schuldig geworden seyn / mit allem Vermögen GOtt nach seinem
Willen zu dienen. Das ander deß Satans / der an Gottes statt durch die Sünde
sich in deß Menschen Hertz gesetzet hat. Das dritte ist das Reich Christi /
welches er verwaltet durch den Glauben / da er als ein Gewaltiger dem Starcken
seinen Raub außführet / vnd durch den H. Geist die vnreine Seele zu einem
heiligen Leben ernewert. Das vierdte ist deß Vatters / wann der Sohn dem Vatter
das Reich übergibet / vnd jhm die
Da hat nun ein Mensch sich zu bedencken / vnter welchem Regiment er leben wolle /
daß es jhne in Ewigkeit nicht gerewe. Zu solchem ende werden in vorhabender
Lection beyderley Regierungen
VOrhin hat der Apostel Christi einen Christen vns fürgestellet / als einen
verfluchten Sünder / der in Christo selig stirbet / vnd wieder lebendig wird;
nun stellet er jhn für / als einen von schändlicher Dienstbarkeit erfreyeten
Knecht: beydes zu dem ende / daß er vns das einbilden eines frechen freyen
Lebens beym Evangelio benehme. Vorhin brauchte er solche Worte / die der Welt
nicht käntlich seyn; mit Christo der Sünden absterben / in seinen Todt begraben
werden / mit jhm gepflantzet werden zu gleichem Todt / daß wir auch der
Aufferstehung gleich werden; das ist eine solche Rede / die kein Heyde
verstetzet / kan auch schwerlich / ohn allein von wolgeübten Christen /
verstanden werden / ob wol die rechte lebendige Krafft deß Glaubens darin
außgedrucket wird. Nun will er einfältiger weise von der Sache reden / vnd
spricht: Ich muß menschlich davon reden / vmb der
So sihet nun Paulus abermal dahin / daß er vns überrede / bey der Erkäntnüß deß
Glaubens nicht der Sünden / sondern GOTT zu dienen / wie er denn spricht: Gleich
wie jhr ewre Glieder begeben habt zu Dienst der Vnreinigkeit / vnd
Diese ist eine harte Herrschafft / vnd schwere Dienstbarkeit / denn sie leidet nichts anders als Sünde / vnd lässt keinen frembden Dienst zu. So kan auch kein Mensch durch eigne Kräffte von dieser Dienstbarkeit abkommen. Vom Dienste Gottes hat er sich wol können loß machen / die Sünde aber will jhn auß jhrem Dienst nicht lassen / sondern vielmehr stürtzet sie den Menschen von einer Sünde zur andern. Denn es will nicht gerne eine Sünde allein seyn. Wann Cain vor erst in seinem Hertzen wider seinen Bruder einen Groll fasset / verstellet er bald darauff sein Angesicht / darauff folget Todtschlag / Sicherheit / Lügen / Verzweifflung. Also fiel Judas vom Geitz auff verrätherische Falschheit / von dannen in Verzweifflung. Eben das findet sich auch bey den Frommen / wann sie der Herrschafft deß Fleisches nur etwas raum geben. Wenn David seinen Lüsten gegen einem schönen Weibe folget / fällt er bald darauff in Falschheit gegen dem Nechsten / in Heucheley vnd Scheinheiligkeit / in Todtschlag / vnd wol gar in Sicherheit.
Das Reich der Gerechtigkeit ist diesem Sünden Reich gantz zu wider. Da ist GOtt
König vnd HERR / vnd regieret in den Menschen durch einen newen Geist. Weil dann
GOtt König vnd HERR ist / so muß er auch Diener haben / das sollen seyn abermal
vnsere Glieder. Wie nun ein Sündenknecht thut / wozu jhn seine fleischliche Lust
vnd Begierde treibet; so muß ein Diener Gottes vnd der Gerechtigkeit acht haben
auff den Willen Gottes / vnd auff den Rath vnd Trieb deß ernewerten Geistes /
der Krafft der Wiedergeburt / die in jhm ist. Zum Exempel. Lob
Das erfodert die Billigkeit selbst. Denn wisset jhr nicht / daß jhr dessen Knecht
seyd / dem jhr dienet. Nun ist ein von Sünden erkauffter / vnd vons Teuffels
Banden erlöseter Mensch / ein Diener Gottes / dafür wir auch wollen angesehen
seyn; so schicket es sich ja nicht / daß ein vons Teuffels Banden erlöseter
Mensch wolte Lust haben / dem Teuffel zu dienen / er wolte denn von newem ein
Knecht deß Teuffels vnd der Sünden werden / weil auch Christus
Mag aber die Billigkeit nichts bey vns erhalten / so setzet der Apostel eine
andere Vrsach hinzu / vns zu bewegen / daß wir vns gefallen lassen / viel lieber
der Gerechtigkeit vnsere Glieder zu Diensten zu begeben / als der
Vngerechtigkeit. Nemblich / er gibt vns das Ende zu bedencken / was für Nutzen
wir auß diesem oder
Da merck / lieber Christ / was du bey deinem Dienst zu erwarten hast / du dienest
der Gerechtigkeit oder der Sünden. In dem Sündendienst findestu zweyerley / 1.
eine Freyheit / 2. den Nutzen / den du endlich davon bringest. Von der Freyheit
sagt Paulus: Da jhr der Sünden Knecht waret / da waret jhr frey von der
Gerechtigkeit. Ein Knecht Gottes muß in allem seinem Leben sich hüten / daß er
nicht thue seinen Willen / ja muß auch seine Gedancken wissen im Zaum zu halten;
davon ist ein Sündendiener frey / der mag gedencken / reden vnd thun nach aller
Lust seines fleischlichen Hertzen. Ein Knecht Gottes hat eine einige Richtschnur
/ darnach muß er sich richten in allem seinem Leben / das ist jhm Gottes Wort
vnd Wille. Der Sündenknecht ist an solcher Richtsehnur nicht verbunden / darff
nicht sehen auff GOtt oder Gewissen / sondern nur / wanns jhm so eben fällt /
seinen Begierden vollen lauff lassen. Solches zu verstehen / mustu wissen / daß
im Gesetz zwey Stück zum Zweck dem natürlichen Menschen vorgesetzet seyn / so
lang er vnter deß Gesetzes Zwang vnd Bottmässigkeit ist; deren eines er
nothwendig erwehlen / vnd auff sich nehmen muß / also / daß wann er eines
erwehlet / er vom andern frey ist. Diese Stücke heissen Gerechtigkeit / oder
Fluch. So lang nun der Mensch in vollkommener Gehorsamkeit der Gerechtigkeit
sich vntergibet / ist er frey vom Fluch; so bald er aber vnter den Fluch
gerathen / ist er frey von der Gerechtigkeit. Denn das ist die Stimme deß
Gesetzes; Diß soltu halten / oder sterben. Wann dann der Sünder sich ergibet zu
sterben / darff er vom Gesetz zur Gerechtigkeit sich nicht mehr zwingen lassen /
sondern mag leben jmmer hin / nach deß Fleisches Freyheit.
Was bringts aber für Früchte? dessen wir vns müssen schämen / denn das Ende ist der Todt. Man solte meynen / die Weltmenschen müsten gewiß grossen Gewin davon haben / daß sie auß der Regierung deß Schöpffers sich zur Dienstbarkeit deß Satans begeben. So hälts auch die Welt für köstlich Leben / denn es thut dem Fleische sanfft. Ihr Lohn aber ist Schand vnd Todt / ein billiger Lohn für solchen Dienst.
Erstlich hat der Sündenknecht Schand zu Lohn / ob ers wol anfangs nicht mercket / denn mancher rühmet sich wol seines Muthwillens / doch bleibet die Sünde in der Warheit seine höchste Schande / dessen er sich zum meisten zu schämen hat / denn er ist in seinen Sünden ein Stanck für GOtt / wie ein Aaß / wann die Seele darauß fähret; vnd kan nichts schändlichers erdacht werden / als daß ein Christ / der mit Gottes Blut erkauffet vnd gereiniget ist / sich vom Teuffel soll gebieten vnd führen lassen. Zu seiner Zeit wird diese Schande gnugsam offenbar werden / nemblich / wann die Sünde recht erkant wird. Denn so lange die Sünde nicht erkant wird / so lange schämet man sich nicht. Adam vnd Eva schämeten sich / für GOtt zu erscheinen / vnd musten sich ins Hertze schämen / da sie jhre Schande fühleten. Ob du nun zwar / du armer Sünder / von keiner Schand vnd Scham weissest / so wirstu doch einmal gewiß deine Schande sehen / entweder zum guten / wann du durch wahre Busse zum andern Leben gekehret wirst / (denn von denselben redet Paulus hie / daß die vorhin der Sünden gedienet / sich jetzo derselben schämen) oder zum ewigen Verderben / da die Sünde mit aller anklebenden Schande in deinem Gewissen wird entdecket werden.
Denn fürs ander hat der Sündenknecht zum letzten Lohn / den Todt. Wer sich hie nicht will schämen lernen / der muß sich ewig schämen / vnd dabey sterben. Die Sünde ist an jhr selbst ein Todt / in dem die Seele durch Vngehorsam sich von GOtt / als vom Brunnen deß Lebens / scheidet. Daher kompt auch der Stanck / vnd Schande der Sünden. Dann wie der Leib stinckend wird / wann die Seele außfähret; also kan auch bey der Seelen nichts denn Stanck seyn / bey der GOTT nicht mehr zu wohnen lust hat. Dennoch aber lässet der Todt seine Bitterkeit nicht schmecken / ehe die Seele ins Gericht gezogen wird / da fanget an der ander Todt / ein Wurm / der vnauffhörlich die Seele naget vnd ängstiget / vnd nicht stirbet noch müde wird; vnd ein Fewr / das vnauffhörlich brennet / vnd nicht verleschet. Da hastu den Lohn / vnd das ende deiner Freyheit.
Nun besihe auch / was in vnd beym Dienste Gottes du zu erwarten hast. Wenn jhr von der Sünden frey seyd / vnd Gottes Knechte worden / habt jhr ewre Frucht / daß jhr heilig werdet / das Ende aber das ewige Leben. Da findestu auch zweyerley / 1. eine Last / 2. den Nutzen. Wie Paulus vorhin redet von solchen Leuten / die der Sünden dienen / vnd denselben jhr Glück vorgeschrieben / also redet er hie von solchen Leuten / die von der Sünden frey gemachet seyn; das ist / die durch Christum Jesum im Glauben Vergebung jhrer Sünden erlanget haben; denen zeiget er auch jhr Glück. Erstlich finden sie eine Last / daß sie Gottes Knechte werden; das ist / daß sie nach Gottes Worte leben / vnd nach demselben Worte GOTT dienen müssen. Sintemal ich alsdenn erst ein Knecht GOttes heisse / wann ich jhm nach seinem Worte diene / vnd Gehorsam leiste. Das ist aber eine schwere Last dem Fleisch / denn hie muß der eigne Will zurücke stehen. Doch ists besser GOtt dienen / als der Sünden. Da werden wir recht frey von dem Zwang der Sünden / daß dieselbe in vns nicht mehr herrsche.
Hernach finden wir auch einen Nutzen bey dieser Last / Denn jhr habt ewre Frucht
/ daß jhr heilig werdet / das Ende aber ist das ewige Leben. Erstlich werden sie
heilig. Wann man jemand dienen muß / ists ja besser / GOTT dienen / denn dem
Satan / der Gerechtigkeit dienen / denn der Sünden. Denn wann wir vnsere Glieder
/ vnd die Kräffte Leibes vnd der Seelen abziehen vom Dienst der Sünden / vnd zum
Dienst der Gerechtigkeit begeben / obs dem Fleisch wol wehe thut / ists doch
Heiligkeit / damit offenbar wird / daß wir Gottes Tempel vnd eigen seyn / vnd
vom Zwang der Sünden vns entfreyet haben / also / daß dieselbe in vns nicht mehr
herrsche. Alles was zum Dienst Gottes sich brauchen lässt / ist Heiligthumb;
drumb ists auch werth für GOTT / als sein Eigenthumb vnd Erbgut. Gleich wie wir
vnsern Leib von der Welt Befleckungen absondern / zum göttlichen Gebrauch / in
Vbung der Gerechtigkeit / also sondert vns GOtt auch ab von der Welt / daß wir
sein Eigenthumb seyn; das liebet / schützet / vnd erhält er vielmehr / denn die
Welt selbsten; dieweil die Welt nur als ein frembdes Gut für jhm geachtet wird /
welches er lässt vntergehen; die Seelen aber / die jhm dienen / hat er / als ein
eignes Gut / jhm von der Welt erwehlet. Wie lieb jhm diß Eigenthumb für der
gantzen Welt sey / zeiget er selbst beym Propheten Jeremia am 31. Capitel:
Hernach finden dieselbe / die GOtt dienen / auch zuletzt das ewige Leben. Hie / weil sie noch mit dem Leib der Sünden vnd deß Todtes streitten / haben sie es in Hoffnung; nach vollendtem Streit haben sie es in völligem Besitz / vnd gebrauchen es vnverhinderlich / gäntzlich vnd vnauffhörlich. Vnd das ewige Leben ist GOtt selbst / bey welchem ist Frewde die Fülle / vnd liebliches Wesen ewiglich. Ich meyne / das möge dem Menschen seine Mühe wol belohnen.
Damit aber niemand meyne / es sey Kinderspiel / was hie
Gleich wie Paulus vorhin gelehret: Das Ende der Sünden ist der Todt; also
bekräfftiget ers hie / vnd saget: Der Todt ist der Sünden Sold. Ein Arbeiter ist
seines Lohns würdig / vnd wers jhm versagt / thut jhm vnrecht. Einem Kriegsmann
gebühret sein Sold / sein Nahrung vnd Kleidung; wird jhm das versagt / geschicht
jhm nicht recht. Also auch / wer der Sünden dienet / ist würdig eines Lohns /
vnd würde jhm der versagt / geschehe jhm nicht recht; dieser Lohn aber ist /
nach Pauli Außsage / der Todt vnd das Verdamnüß; denn gleich wie die Belohnung
der Gottfürchtigen ist das ewige Leben / also ist der Sünden Sold der ewige Todt
/ vnd das ewige Verdamnüß. Es seynd
Gleich wie auch Paulus gelehret: Das Ende derer / die GOtt dienen / ist das ewige
Leben; also bekräfftiget ers hie gleichfalls / vnd saget: Die Gabe Gottes ist
das ewige Leben / in Christo JEsu vnserm HERRN. Die Sünde ist ein rechter
Verdienst deß Todtes / vnd ist eins deß andern würdig / denn es wird die
Verdamnüß nicht grösser seyn / als die Sünde gewest ist. Das ewige Leben aber
ist zu groß / daß es mit keinem Dienst oder Werck könne verdienet werden; denn
gleich wie dieser Zeit Leyden nicht würdig ist der Herrligkeit / die an vns soll
offenbaret werden / also ist auch derselben nicht würdig alles / was wir thun in
diesem Leben. Darumb wird das ewige Leben vns Sündern auß Gnaden zugeeignet vnd
geschencket / durch den Glauben an JEsum Christum vnsern HERRN / nach der
Schrifft:
Da sehe nun ein jeglicher Mensch wol zu / was er thue; die
Diese Vermahnung gehet vns alle an / allermeist wann wir
So jhr der Billigkeit wollet nachgehen / vnd darauff sehen / was sich gebüret / vnd euch wol anstehet / so sehet auff euch / vnd gedenckt / als wann jhr ein Herrwäret / vnd wie es euch würde gefallen / so einer von euch thewer erkauffter vnd sehr geliebter Knecht / euch allen guten Willen versagte / vnd ewrem Feinde gerne allen Dienst erzeigete. Diß ewer eigen Recht haltet euch der H. Geist für: Dessen Knecht einer ist / dem ist er auch Gehorsam schuldig. Ihr wollet ja nicht Teuffelsknecht / sondern Gottes Diener heissen / so dienet GOtt / vnd nicht dem Satan.
So gedenckt nun ewer Leblang nicht / ein Christ ist frey vom Gesetz vnd der Sünden / drumb schadets nicht groß / wann man schon sündiget. Wann ein Christ durch Christum gerecht worden ist / so ist er ja frey von Sünden / vnd vom Gesetz / daß vns das Gesetz nicht kan zwingen / noch verfluchen. Vnter deß aber seynd wir Diener Gottes geworden / denn wir göttlichen Dienst mit willigem Geist leisten sollen. Ists doch im weltlichen Regiment auch also: wer Gnade bittet / bekennet seine Schuld / vnd verheisset Besserung. Wer gestolen hat / der wird durch den Glauben zwar frey von der Schuld für GOtt / findet aber keine Freyheit / noch mehr zu stehlen.
Wollet jhr auch auff Nutzen sehen / so geb ich zu / bey dem Sündendienst findet
jhr eine Ergetzligkeit für das Fleisch. Ewer fleischlicher Will wird eine
Regentin / vnd führet das Regiment in ewrem Thun vnd Leben / als eines mächtigen
Königes Tochter; welches einem fleischlichen Menschen auß dermassen angenehm.
Hingegen im Dienste Gottes wird einem das Leben schwer gemacht / denn vnser
eigner Wille muß vnterdruckt vnd getödtet werden: das ist über die masse schwer
einem fleischlichen Menschen. Aber laß das so seyn / vnd sihe auffs Ende. Denn
wer der Sünden dienet / dessen Ende ist der Todt / vnd wer GOtt dienet / dessen
Ende ist das ewige Leben. Denn der Todt ist der Sünden
Wann nun das Ende recht betrachtet ist / befindet es sich / daß die Ergetzligkeit
im Dienst der Sünden / vnd die Beschwerligkeit im Dienst Gottes / eben so groß
nicht ist / wie ein Weltkind meynet. Denn was ists für eine Ergetzligkeit / die
man in Sünden hat? eignen Willen haben / vnd daß das Fleisch eine Regentin wird.
Aber von wannen kompt diese Herrschafft? vom Satan /
Eben so / was ists für eine Beschwerligkeit / die man beym Dienst Gottes erdulden
muß? Deß Fleisches Lust muß nicht herrschen / der eigne Will muß auffhören / vnd
GOtt muß in mir die Herrschafft haben. Ist denn das so beschwerlich / so GOtt in
mir die Herrschafft hat? Mein Freund / glaube mir / daß bey dem Sündendienst
viel mehr Beschwerligkeit ist. Den Sünden dienen / ist rechte Vnruhe / denn ja
dein Will nicht allzeit geschehen kan / vnd wann du deinem Fleisch den Willen
lässt / hastu ein böß Gewissen daneben. In GOtt ruhen / vnd GOtt herrschen
lassen / ach das bringt schönen Fried / vnd im Gewissen entstehet eine süsse
Fröligkeit / wann es der Gerechtigkeit dienet / vnd die Sünde überwindet. Doch
gesetzet / daß der Gottesdienst einem grosse Beschwerligkeit brächte / vnd du
soltest tragen die allerschwereste Last im Reich Christi; gesetzet / du soltest
alle Tag zwölffmahl / vnd also zu jeder Stund im Tage einmahl mit Christo
gegeisselt / gecreutziget / vnd getödtet werden; was wäre es gegen dem Nutzen /
den man dabey hat. Hätte ich nichts anders vom Gottesdienst / als daß ich Gottes
Diener heiß / wäre es doch ein grosses. Ihr wisset / wie in der Welt die
Menschen sich rühmen / wann sie grosser Herren Diener seyn. Wie eine grössere
Ehre ists denn / der himlischen Majestät Diener seyn. Noch höher ists / daß wir
der himlischen Majestät Heiligthumb seyn. Nun aber seynd wir Gottes Heiligthumb
eben darin / daß wir GOtt in vns leben vnd wircken lassen. Das erhebet vns weit
über den König der Finsternüß. O Blindheit / Jammer vnd Elend; wann die Seel zur
Schlamgruben der höllischen Schlangen wird / die da könte ein Heiligthumb Gottes
seyn! vnd wann sie zur Dienstmagd deß Satans
So schliesset nun / lieben Christen / vnd habet die Wahl / ob jhr wollet GOtt
dienen / oder dem Satan. Zwar es ist gantz ein vnbilliges / daß der schon in der
H. Tauffe dem Teuffel entsaget / vnd mit GOtt einen Bund eingegangen / nun erst
sich soll bedencken / ob er lieber GOtt / oder dem Satan dienen wolle. Doch
habet die Wahl / vnd schliesset / wem jhr euch zu Dienst ergeben wollet. Da
Josua nun alt war / vnd beym Volck Gottes nicht lang mehr bleiben würde /
stellet er einen Rathschlag an mit gantz Israel / vnd gibt jhnen zu bedencken /
obs jhnen besser sey / dem HERRN dienen / oder frembden Göttern dienen. Da
antwortet das Volck / vnd sprach: Das sey ferne von vns / daß wir
Wann du nun geschlossen hast / dich deinem GOtt zu Dienst est DEO 1. Omni
studio.
Hernach diene deinem GOtt auch auffrichtig / schlecht vnd bloß auß Liebe / gegen
Gott vnd seiner Heiligkeit. Wie vns zur Sünden keine Furcht treibet / sondern
die Lust zur Sünden / vnd eigner Will vnd Wolgefallen; also sollen wir vns
billig zum göttlichen Dienst nicht treiben lassen / durch Furcht der Straffe /
sondern durch Liebe vnd Lust zu GOtt; allermeist nach dem wir nun den Vorsatz /
GOTT zu dienen / schon genommen haben. Ein trewer Diener Gottes gedencket: Ob
ich schon Gelegenheit habe / diß vnd das zu thun / vnd könte es thun / daß es
niemand jnnen würde; will ichs doch nicht thun / GOtt zu Gehorsam / vnd meinem
en Joseph / wie er von
seines Herrn Weib genötiget ward
V. 12. SO sind wir nun / lieben Brüder / Schuldener / nicht dem Fleisch / daß wir nach dem Fleisch leben.
V. 13. Dann wo jhr nach dem Fleisch lebet / so werdet jhr sterben müssen. Wo jhr aber durch den Geist deß Fleisches Geschäffte tödtet / so werdet jhr leben.
V. 14. Dann welche der Geist Gottes treibet / die sind Gottes Kinder.
V. 15. Dann jhr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen / daß jhr euch abermal fürchten müsset / Sondern jhr habt einen kindlichen Geist empfangen / durch welchen wir ruffen / Abba / lieber Vatter.
V. 16. Derselbige Geist gibt Zeugnüß vnserem Geist / daß wir Gottes Kinder seynd.
V. 17. Seynd wir dann Kinder / so seynd wir auch
ALles was zum Christenthumb gehöret / im Glauben vnd Leben
Deß Glaubens Summa ist: Nichts verdammlichesliches an denen / die
in Christo Jesu seyn.
Doch aber muß fürs ander auff den Glauben auch folgen / ein gewissenhafftiges
vnsträffliches Leben / das ist / die in Christo JEsu seyn / die wandeln nicht
nach dem Fleisch / sondern
Da hebet sich an vnsere Epistolische Lection / in welcher vns der Geist Gottes
fürlegt die Nothwendigkeit / zu wandeln
ESspricht Paulus: Wir seynd / lieben Brüder /
Fleisch ist nicht allein die vnflätige Lust der Hurerey vnd Vnzucht / sondern / wie offt gesagt / der gantze Mensch / wie er von der Mutter kompt / oder alles was der natürliche Mensch durch die Empfängnüß bekommet / vnd mit sich von der Mutter auff die Welt bringet / wann du das thust / was dich dein Natur heisset / vnd auff den trieb deiner Natur sihest / vnd dein wircken darnach richtest / so heisst es / daß du nach dem Fleisch lebest. Hingegen / wann du sihest auff den trieb deß Geistes Christi / vnd dich lässest von demselben in deinem Thun regieren / also / daß du tödtest die Wercke deß Fleisches / das ist / daß du das regen vnd treiben deß Fleisches in dir dämpffest / so heisst es / daß du nach dem Geist lebest.
Mercke hie / wann gesagt wird / daß das Werck deß Fleisches in einem Christen
soll getödtet werden / daß wir damit bekennen / daß auch bey einem Christen das
Fleisch sey / nemblich etwas / das da soll getödtet werden. Daher auch fürs
ander zu mercken / daß durch die tödtung deß Fleisches / das Fleisch hie auff
Erden nicht
Betrachtung deß beliebten Gutes gestärcket vnd gemehret / seynd sie durch das
Fleisch gestürtzet.
Da sihe nun die Nothwendigkeit / zu wandeln nach dem Geist / vnd nicht nach dem
Fleisch / denn es spricht der Apostel: Wir seynds schuldig. Wir seynd zwar dem
Fleisch auch schuldig Speiß / Tranck / Kleider vnd Wartung / zu seiner Notturfft
/
Wie nun ein Christ dem Fleisch nichts schuldig ist / so seynd wir hingegen
schuldig dem Geist / daß wir dem Geist folgen / vnd gutes thun / vnd dasselbe
vmb all deß guten willen / das wir von Christo in GOtt empfangen haben. Christus
hat Wohnung gemacht in vnser Seele / mit seinem Geist / das macht vns zu
Drumb folget nun weiter eine Bewegung deß H. Geistes /
Der Apostel setzet einen solchen Grund. Ein Kind Gottes
I. Welche der Geist Gottes treibet / die seynd
Hingegen / die in vnd durch Christum GOtt dienen / getrieben durch den Geist
Christi / die haben einen kindlichen Geist. Ein Kind arbeitet nicht vmbs Brodt /
dieweil es ohn das der Erbe ist / was es thut / thut es auß freyem Gemüth / dem
Vatter zu gefallen / vnd weiß / daß der Vatter hertzliche Frewd vnd Lust daran
habe / so er etwas gutes thut; versihet ers einmahl / so weiß er dennoch / daß
er der Sohn ist / vnd getröstet sich der Liebe seines Vatters / vnd darff nicht
sorgen / daß er zum Hause außgestossen werde.
Wer nun mit solchem Geist GOtt dienet / der hat das lebendige Gezeugnüß in jhm / daß er sey ein Kind Gottes. Sich halten für ein Kind Gottes / kompt nicht her auß der Natur / sondern auß diesem Geist / der vns in Christo zum guten treibet / auß hertzlichen kindlichem Vertrawen. Eben derselbige Geist gibt Zeugnüß vnserm Geist / vnserm Hertzen vnd Gewissen / daß wir Gottes Kinder seynd / vnd solch Zeugnüß gibt vns dieser Geist / auch wider das Schrecken deß Gesetzes / vnd wider das Fühlen vnserer Schwachheit.
Dieses ist das wahre vnd einige gewisse Zeugnüß in vns / der Kindschafft Gottes /
wann schon ein Mensch in seinem Gemüthe sich feste einbildet / er sey ein Kind
Gottes / er habe die Gnade Gottes / vnd das ewige Leben / vnd hat doch nicht vnd
folget nicht dem Geist Christi / der in der kindliche Liebe vns
stets zum gute anmahne / der betreugt sich sehr. Wir aber / die
wir nicht auß Furcht oder Zwang / sondern auß kindlicher Lieb vnd Vertrawen für
den Augen Gottes / als vnsers lieben Vatters wandeln / das böse meiden / vnd
nach dem guten trachten. Wir haben den Geist der Kindschafft / der vns gewiß
Zeugnüß gibt / daß wir Gottes Kinder seynd.
Weiter II. spricht Paulus: Seynd wir denn Kinder / so seynd wir auch Erben /
nemblich Gottes Erben / vnd Miterben Christi. Christus ist der fürnembste Erbe /
welchen
Hie ist aber zu mercken / mit was beding den Kindern Gottes das Erbe vorgesetzt
sey; nemblich / wir seyn Christi Miterben / so wir anders mit leiden / auff daß
wir auch mit zur Herrligkeit erhaben werden. Wer mit Christo will herrschen /
muß vor mit jhm leiden / auff daß wir in allen vnsern dingen Christo vnserm
Haupt gleich seyn; das vornembste aber vnter dem Leyden
Es möchte wol für der Natur scheinen / als stritte es mit der Kindschafft Gottes / viel leiden; aber der Geist hat hie bezeuget / daß es der Kinder Gottes Eigenschafft sey / mit vnd in Christo leiden / vnd solches muß auch dienen zu vnser Herrligkeit. Denn wie mehr wir leiden / wie mehr wir dem Bilde Christo ähnlicher werden / denn es wird auch die Herrligkeit so viel grösser seyn / so viel mehr wir in Christo vnd vmb Christi willen gelitten haben / wie hingegen auß der Gnade Gottes fällt derselbige / der nichts in Christo leiden will.
Wir haben nun gesehen / wie ein rechtschaffener Christ / der durch den Geist Gottes geführet wird / warhafftig Gottes Kind sey / dieweil er nicht einen knechtischen / sondern einen kindlichen Geist hat. Wir sehen auch / wie die Kinder Gottes auch Gottes Erben seyn / vnd Miterben Christi in dem himlischen ewigen Leben. Darauß bleibet denn gewiß dieser Trost allen frommen Christen / daß sie / als die vom Geist Gottes getrieben werden / warhafftige Erben seyn deß ewigen himlischen Lebens.
Da haben wir den Nutzen deß gottseligen Lebens / nemblich das Leben / vnd
hingegen den Schaden deß vngöttlichen Lebens / nemblich den Todt / darauß wir
erkennen / wie nötig es sey / geistlich seyn. Wer nicht will ewig sterben / der
muß nothwendig geistlich gesinnet seyn / dazu seynd wir Schuldener / allermeist
darumb /
Erkenne / liebe Seele / diese deine Schuldigkeit / wandele nicht nach dem Fleisch / sondern nach dem Geist. Zwey Dinge seynd / darnach das gantze menschliche Leben vnd alles thun gerichtet wird / nemblich Geist vnd Fleisch / oder welches eben so viel / ein guter Geist oder böser Geist; daher ein jeglicher Mensch / vnd eines jeglichen thun entweder gut oder böß genennet wird. Vnd diese beyde seynd allezeit in einem Menschen beysammen / einen Geist müssen wir haben / der vns treibet / ists nicht Gottes Geist / so ists der böse Geist. Gottes Geist treibet ab vom Fleisch / der böse Geist treibet zum Fleisch / vnd darnach einer sich treiben lässt / darnach ist er / entweder ein Kind Gottes / zur Herrligkeit vnd Leben / oder ein Kind deß Satans / zum Todt vnd zur Schmach. Ein jeder sehe auff sich / daß er sich selbst nicht betriege.
Lebestu nach dem Geist / so bistu ein Kind Gottes / darffst auch frölich vnd vnerschrocken für GOtt kommen / vnd ruffen / Abba / mein wolgeneigter lieber Vatter; lebestu aber nach dem Fleisch / so bistu ein Kind deß Satans / von welchem du getrieben wirst / vnd darffst nicht frölich für Gott tretten / vnd jhn anruffen / denn du machst all dein Gebet zur Sünde / dieweil du nicht hast die Hulde deß himlischen Vatters.
Also verhält es sich in der That vnd Warheit / so du aber dennoch dir einbildest
die Gunst Gottes bey deinem vngeistlichen Leben / so wisse / es ist ein
vergebliches einbilden / denn wo ist der Geist der Kindschafft? Bistu aber kein
Kind / so bistu auch kein Erbe / vnd wartest vergebens auff die Seligkeit. Was
es denn für ein Vnruhe sey / wenn das Gewissen anfähet zu zweiffeln an der
Seligkeit / das hastu Ruchloser vielleicht nicht erfahren / dieweil du nach der
Seligkeit nicht viel getrachtet hast: doch ist zu besorgen / es möcht ein
Stündlein kommen / darin du es mit deinem Schaden müstest erfahren. Dagegen ein
Christ / der vom Geist Gottes getrieben wird / der fühlet in sich das lebendige
So ists beschlossen: Wer nach dem Fleisch lebet / der soll sterben / wer aber durch den Geist deß Fleisches Geschäffte tödtet / der soll leben. Hüte dich / der du dich rühmest der Gnade vnd deß Lebens / daß du nicht für die Gnade den ewigen Zorn über dich führest / sihe nicht darauff / daß die fleischliche Lust dem Fleisch so wol thut / sie betreugt die Seel / vnd verzehret sie / wie die Schaben die Wolle. Diß glaubet ein Weltkind nimmer / würde ers glauben / würde er auch andere Gedancken fassen / aber es ist beschlossen; Wer dem Fleisch dienet / soll sterben.
So nimb nun von dieser Stund an den Vorsatz / lieber Christ / daß du dich nicht mehr wollest treiben lassen von dem bösen Geist / sondern daß du durch den Geist Gottes die Geschäffte deß Fleisches wollest tödten. Es wird zwar das Fleisch nicht gantz getödtet werden / es bleibet allezeit noch etwas vom Fleisch / vnd lebet / so lang es sich reget / es soll aber getödtet werden in seinen Geschäfften also / daß das Fleisch nicht ins Werck richte das jenige / das sie beginnen / es findet sich jmmer zu in vns Mißtrawen / Trägheit zum Wort vnd Gebet / Vngedult vnd Murren im Leyden / Zorn / Verringerung deß Nechsten / vnzeitige Sorge / Vnzucht; So lang diese vnd dergleichen Stück noch stecken im Fleisch vnd Blut / hören sie nicht auff / einen Menschen zu bewegen vnd an zufechten / vnd so der Mensch sich nicht fleissig gnug hütet / übereilen sie jhn; so er sich nicht wehret / vnd diese Geschäffte deß Fleisches tödtet / so überwältigen sie jhn. Daher ist einem Christen von nöthen ein hefftiges vnauffhörliches streitten / sey nicht faul / sondern tödte das Fleisch / daß du nicht von dem Fleisch getödtet werdest. Denn wer nach dem Fleisch lebet / der soll sterben.
Daß du hie wol fortfahrest / so gib fleissig acht auff deine
Ist nun einer / der sich vom Geist Gottes regieren lässt / der vergesse ja dieses
Trostes nicht / daß er sey ein Kind Gottes / vnd deß wegen nicht sey im Todt /
sondern im Leben. Es ist doch über Sinnen vnd Gedancken / wie groß doch sey die
Herrligkeit vnd Majestät der Kinder Gottes; darüber mögen wir wol jubiliren /
das lassen wir seyn vnsern höchsten Ruhm / vnd lassen dagegen der Welt gerne
jhre Ehre vnd Hoheit. Komptes mit den Weltkindern zum höchsten vnd zum letzten /
so seynd es Satans Kinder; da
Vergiß auch nicht der Erbschafft / die du als ein Kind von Gott erwartest. Das
mag dich auch trösten / auch in dem höchsten Leyden / auff daß du dein Creutz
desto gedültiger trägest / nicht allein Christi Exempel nachzufolgen / sondern
auch vmb der Hoffnung willen der zukünfftigen Herrligkeit. Denn ich weiß / so
ich mit leide / daß ich auch mit erhaben werde / Was ist aber dieser Zeit Leyden
/ die kurtz vnd gering ist / gegen die zukünfftige Herrligkeit / die wir als
Kinder von vnserm himlischen Vatter ererben / die da vnendlich / vnd über alle
maß wichtig ist? Denn darnach der Vatter ist / darnach muß auch das Erbe seyn;
In diesem Erbgut mag vns keine Creatur abbruch thun. In weltlicher Erbschafft je
mehr Erben / je geringer das Theil; aber in dem Himlischen wird vns nichts
abgehen / da viele so viel finden / als wenige / vnd ein jeglicher so viel / als
sie alle. Denn Gott kan nicht außgeschöpffet werden / wie auch im 16. Psalm
geschrieben stehet: Bey dir ist Frewde die fülle /
V. 6. DAs ist aber vns zum Fürbild geschrieben / daß wir vns nicht gelüsten lassen deß Bösen / gleich wie jene gelüstet hat.
V. 7. Werdet auch nicht Abgöttische / gleich wie jener etliche wurden / als geschrieben stehet: Das Volck satzte sich nieder zu essen vnd zu trincken / vnd stund auff zu spielen.
V. 8. Auch lasset vns nicht Hurerey treiben / wie etliche vnter jhnen Hurerey trieben / vnd fielen auff einen Tag drey vnd zwantzig tausent.
V. 9. Lasset vns aber auch Christum nicht versuchen / wie etliche von jenen jhn versuchten / vnd wurden von den Schlangen vmbbracht.
V. 10. Murret auch nicht / gleich wie jener etliche murreten / vnd wurden vmbbracht durch den Verderber.
V. 11. Solches alles widerfuhr jenen zum Fürbilde.
V. 12. Darumb wer sich lässet düncken / er stehe / mag wol zusehen / daß er nicht falle.
V. 13. Es hat euch noch keine / dann menschliche Versuchung betretten. Aber GOtt ist getrew / der euch nicht lässet versuchen über ewer Vermögen: sondern machet / daß die Versuchung so ein ende gewinne / daß jhrs könnet ertragen.
WAnn der Tichter deß 78. Psalms jhm fürnimbt zu reden
Auß diesen Worten mercken wir / wie nützlich vnd heilsam es sey / der alten Geschichte vnd der Thaten Gottes offt gedencken / vnd nicht vergessen. Es soll sie ein Geschlecht dem andern verkündigen / von Kind zu Kindeskind / das ist Gottes ernster Wille / vnd das darumb / auff daß sie setzen auff GOtt jhre Hoffnung / vnd seine Gebott halten / vnd nicht werden wie die vorigen Vätter / eine abtrünnige vnd vngehorsame Art. Denn in den alten Geschichten wird nicht allein erzehlet / was GOtt für Gesetze seinem Volck gegeben / sondern auch / wie er drüber gehalten. Wann man denn höret / wie GOtt so gnädig ist / denen die Ihn fürchten / vnd auff Ihn jhre Hoffnung setzen; vnd hingegen / wie er zürne / vnd straffe die Abtrünnigen / wird das Hertz bewogen / Gott anzuhangen / vnd nicht von jhm zu weichen. Denn wie es einer Policey nicht groß hilfft / wann gute Gesetze vnd Ordnung gemacht wird / so man nicht drüber hält / so man aber den Ernst mit Exempeln beweiset / so weiß ein jeglicher fürsichtiger Bürger sich für Vngelegenheit zu hüten / vnd die vorgeschriebene Ordnung zu halten; also wann GOTT nicht allein heilige Ordnung in Israel auff gerichtet / sondern auch die Verbrecher hart gestraffet hat / soll vns solches klug machen / daß wir auch nicht abtrünnig werden / sondern daß vnser Hertz vnd Geist fest vnd trewlich an GOtt halte. Zu solchem ende will GOtt / daß man seiner Thaten nicht vergesse. Grosse vnd gewaltige Leute haben gerne / thun auch viel darumb / daß jhrer tapfferen Thaten rühmlich bey den Nachkommen möge gedacht werden / suchen aber selten mehr denn eitele Ehre / GOtt aber suchet das Heil der Menschen / auff daß wann sie hören Gottes Weise vnd Gewonheit / sie den HERRN fürchten / vnd auff seine Güte jhre Hoffnung setzen.
Eben zu solchem ende thut auch der Apostel Paulus in heutiger
Also haben wir vier Epistolische Texte nach einander / die dahin gehen / daß ein
Christ bey seinem Christenthumb nicht sicher werde / vnd jhm eine Freyheit zu
sündigen einbilde / denn der Mensch ist leicht verführet. Der Teuffel hat auch
seine
Wann jhr nun / meine Lieben / solche Exempel vnd Fürbilde deß Zorns höret /
sollet jhr lernen Sicherheit meiden / vnd mit Furcht vnd Zittern schaffen / daß
jhr selig werdet. Wer stehet /
DAmit nicht jemand meyne / daß die alte Historien Heiliger
Das erste ist böse Begierde: Daß wir vns nicht gelüsten lassen deß bösen / gleich
wie jene gelüstet hat. Davon stehet geschrieben im vierdten Buch Mosis am 11.
Cap. Denn da das Volck Israel kaum auß Egypten gegangen war /
Das ander Laster / dessen hie Meldung geschicht / ist Abgötterey:
Bey Christen wird Abgötterey auff zweyerley weise getrieben: erstlich im offentlichen Gottesdienst / wann man einen Gottesdienst anstellet / nicht nach Gottes Wort. Wann man Gottes Wort auß den Augen schlägt / dann erwehlet Menschenwitz eigen Gottesdienst / hält solches für köstlich ding / vnd solches soll denn GOtt gefallen / gleich wie es den Menschen wol gefällt. Hernach wird Abgötterey begangen im Gemüth vnd Vertrawen / wann ich an Gottes Trost / Hülff vnd Beystand mich nicht will begnügen lassen / vnd sehe auff äusserliche Mittel / als auff Geld / Menschen Macht vnd Freundschafft. So lang wir äusserliche Mittel für Augen sehen / haben wir ein gut Vertrawen; wann die äusserliche Mittel verschwinden / ist auch der Muth verlohren. Das ist das wahre Zeichen der geistlichen Abgötterey; denn die Seele / die sich solte an GOtt halten / suchet jhr Auffenthalt bey den Creaturen / vnd damit daß sie jhr Lieb vnd Vertrawen / die GOtt gebüret / auff das wendet / das nicht GOtt ist / macht sie die Creatur zum Abgott.
Diß aber soll nicht seyn: Werdet nicht abgöttisch / gleich wie jener etliche
wurden. Machet euch nicht Brunnen hie vnd da / die doch kein Wasser halten.
Warumb setzet jhr ewer Vertrawen auff das / das nicht helffen kan? Wie Moses die
Abgötterey deß Volcks gesehen / ist er zornig geworden / vnd hat
Folget das dritte / nemblich Hurerey vnd vnzüchtiges Wesen.
Hurerey / allermeist wo dieselbe muthwillig getrieben wird / ist eine schwere Sünde. Denn wir nehmen die Glieder / die Christo zugehören / vnd machen darauß Hurenglieder; damit entheiligen vnd zerbrechen wir den Tempel Gottes in vns. Gleich wie die Israeliten durch Hurenbrunst also verleitet wurden / daß sie jhren GOtt hindan setzten; so verblendet dieselbe Brunst noch die Leute / daß sie Gottes Gnad vnd Gunst hindan setzen / nur daß sie jhre Lust büssen. Wie wol GOtt solches gefalle / hat er in dieser Historia nicht allein bezeuget / mit einer harten schweren Plage / sondern mit dem Lobe Pineas. Denn da ein Mann auß den Kindern Israel / ein Fürst vnter den Simeonitern / kam vnd brachte vnter seine Brüder eine Midianitin / auch Fürstliches Geschlechts / vnd that solches offentlich / das Moses vnd die gantze Gemeine in jhrem trawren zusahen. Da stund auff Pineas / der Sohn Eleasar / deß Sohns Aarons deß Priesters / vnd nahm einen Spieß / vnd gieng dem Israelitischen Mann nach / in den Hurenwinckel / vnd durchstach sie beyde / den Israelitischen Mann / vnd das Weib / durch jhren Bauch. Derselbe Eyffer gefiel Gott so wol / daß er nicht allein dem Pineas einen herrlichen Segen versprach / sondern auch dem gantzen Volek gnädig ward. Darumb werden wir hie gewarnet: Lasset vns nicht Hurerey treiben / wie etliche vnter jenen Hurerey trieben; preiset Gott an Seel vnd Leib / denn das ist Gottes / vnd nicht ewer eigen.
Die vierdte Sünde / so an den Kindern Israel gestraffet
Merck hie / wie Paulus zeuge / daß Israel Christum versuchet habe in der Wüsten.
Ein herrlich Zeugnüß / daß Christus nicht allererst angefangen zu seyn / als er
von Maria empfangen vnd geboren ward; Er ist der GOtt / vnd der Engel Gottes /
der Israel auß Egypten führete / vnd in der Wüsten durch die fewrige Seule
geleitet / welchen auch die Israeliten in der Wüsten verbittert vnd versuchet
haben. Also hat vorhin Paulus gesaget / daß die Israeliten getruncken von dem
Felß / der jhnen nachfolgete / welcher war Christus. Solches dienet dazu / daß
wir von der Person vnd ewigen Gottheit Christi / als deß Sohns Gottes / deß zu
Wir werden aber hie gewarnet / Christum / als vnsern Gott / nicht zu versuchen.
Wo kein Wort ist / sollen wir auch keinen Glauben fassen; denn das gilt nicht.
Daß dir vnd deinen Kindern es wol gehen soll / wann du Reichthumb vnd gute
Freunde
Die letzte Sünde / die an den Israeliten getadelt wird / ist
Hie wird vns eine Sünde vorgehalten / die fast noch grösser ist / als GOtt versuchen. Denn GOtt versuchen / heisset / wie auch vor gesaget / erstlich / wann einer ohn Gottes Befehl / von einer Ordnung Gottes vnd der Natur abweichet / vnd dabey meynet / es soll doch noch wol ablauffen; hernach / so man Gottes Verheissung hat / vnd doch zweiffelt. Murren aber ist eine Vngedult / wann man nicht zu frieden seyn will mit Gottes Schickung vnd Ordnung. Hätte GOtt die Kinder Israel stracks Weges ins gelobte Land geführet / vnd alsbald auffs weiche Bett gesetzet / vnd keinen Widerstand vnd gantz keine Beschwerung sehen lassen / das hätte jhnen mögen wolgefallen / nun sie aber etwas Gefahr vnd Beschwerung sollen außstehen / werden sie vngedültig.
Dafür sollen wir vns hüten: Murret nicht / gleich wie jener etliche murreten /
vnd wurden vmbbracht durch
Wir haben gesehen / nicht allein was das für Laster seyn / die.
Darumb / Wer sich lässet düncken / er stehe / mag wol zusehen / daß er nicht
falle. Diß ist der Hauptspruch in diesem Text / gezogen auß dem Fürbilde der
Kinder Israel / die Gottes Volck waren / hoch begnadiget / vnd fielen doch
grewlich. Darumb wer sich lässet düncken / er stehe / mag wol zusehen / daß er
Damit aber niemand kleinmütig werde / vnd gedencke:
So bleibet nun zwar wahr / daß ein Christ sich wol muß vorsehen / als der in einem gefährlichen Stande lebet / da er leicht kan zu Fall gebracht werden: doch darff er nicht gar verzagen.
Darumb erinnere dich hie / lieber Christ / deiner Schwachheit / wie leicht du zum
Abfall gerathen könnest / vnd vmb der Seelen Seligkeit gebracht werden. Christen
stehen noch im Streit mit der Welt / dem Teuffel / vnd jhrem Fleisch. Hie ist
noch nicht gesaget / wir stehen täglich zwischen den Spiessen deß Satans / der
ist gewaltig listig / vnd vnverdrossen; dagegen ist vnsere Natur schwach / vnd
sündlich / vnd ist keine Sünde / darin wir nicht leicht könten gestürtzet
werden. Es ist vns der vielfältige Fall der Israeliten in der Wüsten / nicht
allein zum blossen Exempel / sondern zum Fürbilde vorgesetzet. Die Erlösung ist
angefangen / auß Egypten seynd wir kommen / durchs rothe Meer seynd wir geführet
/ das ist / wir seynd getauffet / vnd außgeführet auß dem Reich deß Satans: doch
aber seynd wir noch nicht durch die Wüsten ins gelobte Land / vnterwegens können
wirs versehen / daß wir geschlagen werden. Es seynd nicht vergebens in H.
Schrifft auffgezeichnet / die erschreckliche Fälle der Heiligen / Aarons /
Davids / Salomons / Judae. Judas war ein Apostel vnd Jünger Christi / hatte
Christum geprediget / vnd verläugnet jhn doch hernach / geräth dadurch in
Verzweifflung / vnd erhängt sich selbst / vnd bleibt ewiglich verflucht. Doch
hat ers im anfang so böß nicht gemeynet / denn er gedacht: Mein Meister ist
allen seinen Feinden wol gewachsen / ich will das Geld verlieb nehmen / vnd zwar
vnsern Meister in der Hohenpriester Hände bringen / aber er wird sich wol von
jhnen nicht binden lassen / da ist er zu mächtig zu. Daß er mit solchen
Gedancken vmbgangen / ist darauß offenbar / daß die Historia meldet / daß Juda
die That hefftig gerewet / nach dem er gesehen / wie es wolt hinauß gehen. Also
lässet vns der Versucher die Gefahr der Sünden nicht im anfang sehen / bildet
vns
Nun ists ein elend Ding / daß ein Mensch / der in Gottes Gnade lebet / also falle
in Sünde / vnd durch die Sünde in die Gewalt deß Satans vnd der Höllen. Denn
andere Hoffnung haben wir vns nicht zu machen / wo wir anders nach Gottes
heiligem Worte richten wollen. Denn so spricht GOtt durch den Propheten
Wenn denn der Mensch so leicht kan durch die Sünde vmb
Wie sollen wir denn die Sache recht anfangen? Wer stehet / der sehe zu / daß er
nicht falle. Darumb erstlich prüfe dich selbst / ob lapsum.
Zum andern / so du befindest / daß du dich bißher von Christi Geist nicht hast führen lassen / so bilde dir den Himmel nicht ein / du stehest nicht recht im Glauben. Darumb werde nicht sicher / sondern fürchte dich für dem Zorn Gottes / vnd besser dein Leben / sonsten wirds dir gehen wie den Israeliten; du bist auff den Weg deß Himmels gebracht / aber du wirst niedergeschlagen in der Wüsten. GOtt hat auch deß Geschlechtes Christi im Stamm Juda nicht verschonet; vnd hat man sich drob zu wundern / daß Christus in dem Volck / an welchem er seine Lust hatte / daß er vnter jhnen gespielet / dennoch hernach so grewlich rumoret. Aber es ist dir zur Warnung geschehen vnd geschrieben. Sihe / da du zum Christenthumb gebracht / ist deine Seele eine Braut Christi geworden / nicht vmb deiner Keuschheit willen / denn sie war mit hurischer Vnkeuschheit vnd sündlicher Boßheit verunreiniget; sondern auß Barmhertzigkeit hat er sie angenommen / dann er hatte Lust zu jhr. So aber diese Braut / da sie zu Ehren vnd hohen Würden gebracht / jhre Ehre nicht rein behält / soll sie sich nicht fürchten / daß sie zu jhrer vorigen Schande verstossen werde?
Zum dritten / wo du erkennest / durch den Geist Christi / der dich treibet / daß
du im Glauben stehest / vergiß der Schwachheit nicht. Der Apostel Paulus ruffet
vns allen zu in der Epistel an die Philipper am 2. Cap. Schaffet / daß jhr selig
werdet / mit
Hiebey lerne auch zuletzt diß / daß du dich über keines Menschen Fall lustig machest / du sollst vielmehr hertzlich Mitleiden haben / mit dem gemeinen Elend aller Menschen. Greiff nur in deinen eigen Busen / vnd fühle / was du für Fleisch habest. Allermeist wann sich ein Christ nach schwerem Fall gebessert hat / vnd vorhin gnugsam darüber betrübet geworden ist; sollstu jhm seine Trübsal nicht grösser machen / vnd jhm seinen Fall nicht auffrücken.
Nun / heiliger Vatter / wir seynd schwach / vnd zu Sünden sehr geneiget / alles tichten vnd trachten ist nur böse / bewahr vns / lieber Vatter / daß wir nicht abfallen von deiner Gnade / vnd nimb deinen H. Geist nicht von vns. Verschaff allewege / daß die Versuchung ein solch ende gewinne / daß wir der Gewalt deß Satans entrinnen / durch den Heyland JEsum CHristum / Amen.
V. 1. VOn den geistlichen Gaben aber / will ich euch / lieben Brüder / nicht verhalten.
V. 2. Ihr wisset / daß jhr Heyden seyd gewesen / vnd hingegangen zu den stummen Götzen / wie jhr geführet worden.
V. 3. Darumb thue ich euch kund / daß niemand JEsum verfluchet / der durch den Geist Gottes redet / vnd niemand kan JEsum einen HERRN heissen / ohn durch den Heiligen Geist.
V. 4. Es sind mancherley Gaben / aber es ist ein Geist.
V. 5. Vnd es sind mancherley Aempter / aber es ist ein HERR.
V. 6. Vnd es sind mancherley Kräffte / aber es ist ein GOtt / der da wircket alles in allen.
V. 7. In einem jeglichen erzeigen sich die Gaben deß Geistes / zum gemeinen Nutz.
V. 8. Einem wird gegeben durch den Geist / zu reden von der Weißheit. Dem andern wird gegeben zu reden von der Erkäntnüß / nach demselbigen Geist.
V. 9. Einem andern der Glaube in demselbigen Geist. Einem andern die Gabe gesund zu machen / in demselbigen Geist.
V. 10. Einem andern Wunder zu thun. Einem andern Weissagunge. Einem andern Geister zu vnterscheiden. Einem andern mancherley Sprachen. Einem andern die Sprachen außzulegen.
V. 11. Diß alles wircket derselbige einige Geist / vnd theilet einem jeglichen das seine zu / nach dem er will.
YEben anderen Vnordnungen in der Corinthischen Kirchen / hat sich gefunden eine
Zertrennung vnter der Gemeine / da sich einer nach Paulo / der ander nach Petro
/ vnd der dritte nach einem andern genennet. Die Apostel hatten allesampt recht
vnd einträchtig gelehret / doch hatte einer bessere vnd mehr Gaben / besser vnd
mehr Ansehen / denn ein ander / daher kam es / daß einer diesem / der ander
einem andern anhieng. Auch scheinets / daß bey jhnen viel Einfältige gewesen /
die sich vmb gute Gaben bekümmert haben / vnd betrübet geworden seyn / daß der
Geist Gottes bey vnd durch jhnen nicht so viel hat wollen wircken / als bey
einem andern. Darüber gibt jhnen Paulus einen Bericht / im zwölfften /
dreyzehenden vnd vierzehenden Capitel der ersten Epistel / vnd lehret erstlich /
wie der Vnterscheid der Gaben von GOtt sey. Zum andern / daß keiner vmb der
Gaben willen
Es scheinet / als sey solche Lehre bey vns nicht so gar nothwendig
Darumb wollen wir zu der Erklärung dieser Epistel schreitten / darinnen vns
Paulus lehret / wie der Vnterscheid der
ESaiae 26. bekennet die Kirche Gottes / Alles was wir außrichten / das hastu HERR
vns gegeben. Denn was ein Mensch gutes gedencket oder thut / das empfanget er
von GOtt. Eben dasselbe lehret auch hie Paulus von allen geistlichen Gaben. Er
führet vns aber zuvoderst auff vnser Vnvermögen / in dem er spricht: Von den
geistlichen Gaben will ich euch / lieben Brüder / nicht verhalten. Ihr
Hie zeiget Paulus sein Vorhaben an / daß er von geistlichen Gaben reden will /
nemblich / wie dieselbe von GOTT kommen. Verstehet aber insonderheit solche
Gaben / die nothwendig oder dienlich seyn / zu Erbawung der Kirchen / andere zu
befodern in der Erkäntnüß Christi / vnd seines Heils. Sonsten seyn auch
ausserhalb der Kirchen herrliche Gaben Gottes zu finden / als Beredsamkeit / vnd
Erfahrung in Sprachen / vnd in dem fall seyn die äusserlichen Gaben nur für
gemein zu achten / die bey Glaubigen vnd Vnglaubigen zu finden seyn. Wann aber
in der Kirchen bey Christen solche Gaben gefunden werden / dadurch die Kirche
gehawet / vnd das Reich vnd die Ehre Christi befodert wird / alsdenn
Da führet er vns zufoderst / wie gemeldet / auff vnser Vnvermögen
Hie werden einander entgegen gesetzet zwey widrige Wirckungen: JEsum verfluchen /
vnd JEsum für einen HERRN bekennen. Jesum verfluchen / ist insonderheit / jhn
öffentlich lästern / wie im Heydenthumb geschehen / damit daß sie jhr Heyl in
stummen Götzen gesuchet. Hernach heisset auch JEsum verfluchen / wenn man
Christum nicht prediget / vnd erkennet / als den Grund deß Glaubens / wenn man
von jhm auff etwas anders weiset vnd lauffet / auch nicht erkennet / wie in
Christo Jesu ein rechtschaffenes Wesen sey. Denn wer da meynet / er möge bey dem
Glauben vnd bey Christo wol bleiben an den Heydnischen Lüsten / vnd in
Vnheiligkeit / der hält Jesum für vnrein / für einen vntüchtigen Heyland / vnd
für einen Fluch. Daß ich aber Christum einen HERRN heiß / geschicht 1. durch das
äusserliche Erkäntnüß Christi / 2. durch die Neigung deß Hertzens zu Christo /
Wie nun auß dem ersten Werck geschlossen wird / daß der Geist Gottes nicht wircke; also kan man auß dem andern / daß man JEsum einen HERRN heisst / billich schliessen / daß der H. Geist bey einem Menschen noch etwas gethan habe. Denn wie niemand / der durch den Geist Gottes redet / Christum verfluchet / sondern erkennet jhn für seinen HERRN / denn dazu treibet jhn der Geist Gottes / von welchem er erleuchtet wird: Also wer den Geist Gottes nicht hat / der kan Christum nicht einen HERRN heissen / denn jhm mangelt die Erleuchtung deß Heiligen Geistes.
Niemand verflucht JEsum / der durch den Geist Gottes redet. Durch welchen der Heilige Geist lehret / der führet nicht von Christo ab. Welcher aber von Christo abführet / der lehret nicht durch den Heiligen Geist. Also wer vom Heiligen Geist getrieben wird / der schmähet Christum mit seiner Lehr vnd Leben nicht / wer jhn aber schmähet / der wird nicht getrieben durch den Heiligen Geist. Ob er sonst Gaben hat / die Gottes Geist in jhm wircket / so wircket doch in dem der H. Geist nicht in jhm / darinnen er Christum schmähet. So ist nun da kein guter Geist von Gott / da man Jesum schmähet.
Hingegen wo man JEsum ehret / das kan nirgend anders herkommen / als vom Heiligen
Geist. Niemand kan JEsum einen HERRN heissen / ohn durch den Heiligen Geist.
Christum schmähen können wir von vns selbst / aber Christum ehren können wir von
vns selbst nicht. Die Natur vnd das Fleisch richtet hie nichtes auß / wie
Christus zu Petro spricht Matth. 16. el. Derselbe thut es durch seinen Geist /
Daß wir solches scheinbarlich erkennen / führet vns der Apostel
So bleibet nun wahr: Niemand kan JESVM einen HERRN heissen / ohn durch den
Heiligen Geist. Das kan auff zweyerley weise verstanden werden / eben wie wir
Christum einen HERRN heissen auff zweyerley weise / 1. mit dem Munde allein /
vnd äusserlichen Erkäntnüß / wie alle Christen jhn für jhren HERRN bekennen /
von welcher Erkäntnüß Christus bezeuget / daß nicht alle / die zu jhm sagen:
HERR / HERR / ins Reich Gottes kommen werden. Zum andern / erkennet man Christum
für einen HERRN / mit lebendigem Glauben vnd Gehorsam / wann wir im Glauben mit
vnserm gantzen Leben Christo dienen; das heisst recht / Christum für einen HERRN
erkennen.
Hieher entstehet ein zweyfacher Schluß. Der erste Schluß gehet dahin / daß dem
Menschen ohn den Heiligen Geist keine Gaben heilsam vnd nützlich seyn. Denn wer
ohn den Heiligen Geist
Der ander Schluß gehet darauff / daß man schlechter dinge nicht könne ohn den Heiligen Geist geistliche Gaben haben. Denn so ich ohn den Heiligen Geist Jesum nicht einmal mit äusserlicher Bekäntnüß einen HERRN heissen kan / kan ich viel weniger ohn den Heiligen Geist von solchem geistlichen Erkäntnüß mit geistlichen Gaben lehren vnd predigen. Nun aber bezeuget Paulus / daß wir ohn den Heiligen Geist JESVM nicht können einen HERRN heissen. Drumb können wir auch ohn den Heiligen Geist keine geistliche Gaben haben / die erbawlich seyn / vnd helffen zu dem seligmachenden Erkäntnüß Jesu Christi. Vnd das ist eigentlich der Zweck Pauli.
Auß der Erfahrung hat nun Paulus augenscheinlich gezeiget
Es ist ein Vnterscheid vnter Gaben / Aemptern / vnd
Es seyn mancherley Aempter: Ein ander ist ein Apostel / ein ander ist ein Evangelist / Prophet / Außleger. Ein Apostel ist grösser / denn ein Außleger / ein Außleger ist nützlicher / denn der mit Sprachen redet / wie nun mancherley Aempter seyn: also seyn auch mancherley Gaben / vnd mancherley Kräffte / dennoch kompt das alles von einem Geist / von einem GOTT vnd HERRN.
Es rühret hie Paulus den Glaubens Artickel von der Heiligen Dreyfaltigkeit. Der
Sohn / weil er ist der HERR vnd das Haupt der Gemeine / so werden auch von jhm
die Aempter außgetheilet / denn dem HERRN gebüret es / die Aempter vnd
Geschäffte vnter den Dienern außzutheilen. Die Gaben werden außgegossen durch
den H. Geist. Der Nachdruck vnd die Kräffte seynd von GOtt dem Vatter / der da
wircket alles in allen. In allen / in welchen vnd bey welchen Gaben seynd / vnd
durch Gaben etwas
Der Apostel fähret fort / vnd erkläret dieses mit mehrem:
Bedencke hie zu erst die mancherley Gaben / damit GOtt die Kirche außgezieret
hat; Weißheit ist der einfältige Verstand / von GOtt vnd seinem Willen / vnd
begreiffet rechte Lehr vnd Leben. Die Erkäntnüß ist der hohe Verstand der Lehr
vnd der Geheimnüß heiliger Schrifft; imgleichen aller Fälle im äusserlichen
Leben vnd Christlicher Freyheit / wie man gegen jederman / gegen Schwache vnd
Starcke / sich recht verhalte. Die Gabe zu reden von der Erkäntnüß vnd Weißheit
/ ist noch mehr / als die Weißheit vnd Erkäntnüß selbst / vnd ist eine
Geschickligkeit / vornemblich in dem offentlichen Predigampt / entweder den
einfältigen Glauben zu lehren / recht zu vnterweisen / straffen vnd trösten /
oder auch die hohen Geheimnüssen der heiligen Schrifft zu erklären / sampt der
Christlichen Freyheit. Der Glaube ist eine Gabe / GOtt vnd seinem Wort mit hoher
sich widersetzen den mächtige Reichen der
Welt. Die Gabe gesund zu machen / ist eine besondere Wirckung deß heroischen
Glaubens in den Heiligen / auch durch blosse Wort / vnd blosse aufflegung der
Hände die Krancken gesund zu machen; wie solches in der ersten Kirchen deß Newen
Testaments ist gebräuchlich gewesen. Heute mag ich an statt derselben Gaben
setzen die Gab / der Elenden sich anzunehmen / weil man doch befindet / daß
einer vielmehr denn der ander angezündet wird / sich der Nothleidenden
anzunehmen. Die Kräffte Wunder zu thun vnd mächtig zu wircken / erzeigen sich /
wenn die Gaben in Wercken sich hefftig herfür thun / als wann Christus seinen
Jüngern Macht gegeben / Teuffel außzutreiben / auff Schlangen zu tretten / Gifft
zu trincken / so hat die Wirckung vnd die Krafft solcher zugelassener Macht bey
einem sich mehr sehen lassen / denn bey dem andern.
Von diesen vnd dergleichen mannigfaltigen Gaben zeuget Paulus weiter / daß in
einem jeglichen Christen sich die Gaben deß Geistes erzeigen / vnd einem
jeglichen / doch mit Vnterscheid / gegeben werde die Beweisung deß Geistes / in
dem der Heilige Geist durch die Gaben / als durch seine eigentliche Wirckungen
offenbaret wird; ja auch bey den Heuchlern lassen sich herrliche Gaben deß
Geistes sehen: wie denn Christus zeuget
Christi willen gegeben werden / der Person aber seynd sie nicht nütz / es sey
denn / daß sie auß dem Glauben / vnd in Demuth zu Gottes Lob gebrauchet werden.
Darumb seynd die Gaben niemand nützlich vnd heilsam / als frommen glaubigen
Christen / da ist denn kein Christ so einfältig / hat er den Geist / so wird
auch derselbige Geist in einer Gab vnd in einem Werck sich sehen lassen / es sey
so gering es wolle.
Woher kompt aber der Vnterscheid der Gaben? Paulus weiset auff einen einigen Geist / der alles wircket / der theilet einem jeglichen seines zu / nach dem er will. So stehets nun nicht in jemands Wahl / ob er diese oder jene Gabe haben wolle. Es liget an Gottes Willen / der theilet seine Gaben auß / wie er will.
Warumb aber machts GOtt so vngleich? Paulus saget /
Damit haben wir ein Apostolisch Zeugnüß / daß kein
Das soll von vns also angenommen werden / daß für erst ein donorum agnitione.
Insonderheit sollen wir die geistlichen Gaben / dadurch GOtt im Predigampt seine
Kirche bawet / thewr vnd werth halten / du findest sie bey dir / oder bey einem
andern; mit nichten soll man sie so gering halten / als sie vor der Welt
scheinen / sondern man soll GOtt in seinen Gaben die Ehre geben / denn es ist
doch nicht vnser Thun vnd Geschickligkeit / sondern Gottes / doch sollen nicht
solche Gaben allein darumb hochgehalten werden / dieweil sie von GOtt seyn /
sondern auch vmb deß Geschencks vnd Nutzens selbsten / es seyn gewiß keine rohe
Bonen / noch taube Nüß / die GOtt seiner Kirchen schencket. Wann du nur die
Gaben / die gemein / vnd für der Welt gering scheinen / soltest bezahlen /
würdestu sie mit keinem Käyserthumb kauffen können. Tauffen vnd Absolviren ist
gemein / dennoch ein solche Gabe / dagegen aller Welt Schätze nichts zu achten
seyn. Für ein gesundes Aug vnd Ohr würdestu nicht viel Geld nehmen / doch ists
nur eine leibliche Gabe; wie viel thewrer ist zu schätzen die Gabe / die er der
Kirchen außtheilet / für die Seelen der Menschen / daß sie auß deß Teuffels
Rachen herauß gerissen / vnd zu Gottes Reich vnd Herrligkeit gebracht werden.
Kein Potentat / vnd wäre er noch so mächtig / kan mit aller seiner Macht trösten
ein blödes / vnd für der Sünde erschrockenes Hertze; der geringste Christ aber /
der den Geist Gottes hat / kan es thun. Wann dann GOtt zu diesen
Seelen-Geschäfften schicket vnd außrüstet geschickte / hochbegabte Männer / die
in aller Weißheit vnd Erkäntnüß die Geheimnüssen Gottes vns wissen fürzulegen /
Christum in vnser Hertze schreiben / vnd kräfftig seyn niederzureissen alles /
was sich noch wider Christum vnd desselben lauteres heiliges Leben aufflehnet /
vnd dagegen den Himmel in der Seelen auffzubawen / soll es nicht / wie geschicht
/
Auß diesem folget / daß man nach guten erbawlichen Gaben trachten mag. Es ist vnd
bleibet die Liebe der fürtrefflichste Zierat aller Gaben / dadurch auch die
geringsten Gaben töstlich gemacht werden; doch können auch die geistliche Gaben
einem lieb vnd angenehm seyn / als dadurch GOtt gepreiset / vnd das Heil Christi
vnter den Menschen befodert werde. Drumb spricht Paulus: Strebet nach der Liebe
/ vnd fleissiget euch der geistlichen
Es findet aber auch / fürs ander / ein jeglicher hie diese Vermahnung
Solls aber heissen / daß du GOtt mit deinen Gaben dienest / mustu dich nicht in
den Gaben / sondern in GOtt deinem himlischen Vatter belustigen. Habe deine Lust
an dem HERRN / vnd nicht an den Gaben. Drumb hab ich gesaget / daß man die Gaben
in Demuth / zu Gottes Ehren gebrauchen soll. Es ist wol zu bedencken / was vnser
Heyland Christus zu seinen Jüngern gesaget / welche Macht über die Teuffel
bekommen / vnd sehr frohe waren / daß sie mit grosser Krafft groß Ding
verrichten konten:
Hierumb werden wir auch / fürs dritte / ermahnet / daß ein jeglicher mit seinen
Gaben zu frieden sey / daß niemand einen andern in seinem Ampt vnd Gaben
verachte / oder neide. Wisset / daß jhr von euch selbsten nichts seyd / vnd
vnwürdig auch der geringsten Gaben / gedencke / wie auch vnsere Vätter geführet
seynd zu stummen Götzen / nicht allein im Heydenthumb / sondern auch noch bey
der Erkäntnüß Christi / da sie zu Lappen vnd Todtenbein / als zu einem
heiligmachen ding geführet seyn. Darumb ein jeglicher wol solte mit dem seinen
zu frieden seyn / vnd GOtt dancken / daß er Christum kenne. Die eine Gabe kommet
so wol von GOtt / als die ander / die kleine so wol als die grosse / vnd wird
gegeben zum gemeinen Nutz / daß einer dem andern damit diene. Darumb sollen wir
die Gaben gebrauchen nach dem Wolgefallen / vnd zu Ehren desselben / von welchem
sie gegeben seynd / nicht daß wir vns erheben / vnd andere niederdrucken. Der du
herrliche
Darumb nun / ist jemand / der mit einer herrlichen Gabe gezieret ist / der
erkenne sie / als ein göttlich Geschenck / verachte aber nicht einen andern /
denn auch der Name einer Gabe selbst soll dich der Demuth erinnern / denn darumb
heisst es eine Gabe / weil du es nicht durch deinen Fleiß erworben habest.
Gebrauch aber der
Ist auch einer / der nur mit geringen Gaben versehen ist / der soll sich darumb nicht geringer achten. Laß dir das genug seyn / daß daß du so wol in deinem Ampt mit deinen Gaben GOtt dienest / als ein ander / das ist groß gnug / wann ich deß gewiß bin / daß ich in allem meinem Thun Christum kan einen HERRN nennen / das ist / daß ich weiß / daß ich in meinem Ampt vnd Thun GOtt vnd Christo diene / kan ich das thun / so bin ich nicht ohn den H. Geist / vnd Christus ist gewiß in mir. Da hastu / lieber Christ / eine Gabe deß Geistes / groß genug / es mag wol seyn / daß andere ein ansehnlicher Ampt / ansehnlichere Kräfft vnd Gaben haben / wer weiß aber / ob sie den Ruhm haben / daß sie in jhrem Ampt vnd Gaben Christum einen HERRN heissen? Offt wissen sie nicht / oder wollen nicht wissen / wem sie für jhr Ampt vnd Gaben dancken sollen / oder zu wems Ehre sie es anwenden sollen. Was nützet jhnen denn jhr herrliches Ampt vnd Gabe? Sie haben nicht Christum / vnd werden nicht geleitet von dem rechten Geist Christi; wie viel seliger bistu / der du dein Ampt vnd Gabe recht erkennest / vnd weisst / daß es Gottes ist / dem zu Ehren du es auch anwendest?
So mißgönne nun nicht anderen die grosse Gabe / ob du schon geringere hast / vnd der du grosse Gaben hast / verachte nicht einen andern / ein jeglicher sey friedlich mit seinem. Erkennet Gottes Werck vnd Gaben also / daß wir jhm sämptlich dafür dancken / vnd mit Demuth einer dem andern diene. GOtt sey gelobet für alles Gut / in Christo vnserm HErrn / AMEN.
V. 1. ICh erinnere euch aber / lieben Brüder / deß Evangelij / das ich euch verkündiget hab / welches jhr auch angenommen habt / in welchem jhr auch stehet.
V. 2. Durch welches jhr auch selig werdet / welcher gestalt ich es euch verkündiget habe / so jhrs behalten habt / es wäre dann / daß jhr vmbsonst geglaubet hättet.
V. 3. Dann ich habe euch zuförderst gegeben / welches ich auch empfangen habe / daß Christus gestorben sey für vnsere Sünde / nach der Schrifft.
V. 4. Vnd daß er begraben sey / vnd daß er aufferstanden sey am dritten Tage / nach der Schrifft.
V. 5. Vnd daß er gesehen worden ist von Kephas / darnach von den Zwölffen.
V. 6. Darnach ist er gesehen worden von mehr dann
V. 7. Darnach ist er gesehen worden von Jacobo / darnach von allen Aposteln.
V. 8. Am letzten nach allen / ist er auch von mir / als einer vnzeitigen Geburt / gesehen worden.
V. 9. Dann ich bin der geringste vnter den Aposteln / als der ich nicht werth bin / daß ich ein Apostel heisse / darumb daß ich die Gemeine GOttes verfolget habe.
V. 10. Aber von Gottes Gnaden bin ich / das ich bin / vnd seine Gnade ist an mir nicht vergeblich gewesen / sondern ich hab viel mehr gearbeitet / denn sie alle / nicht aber ich / sondern Gottes Gnade / die in mir ist.
WIe närrisch den Heyden der Glaubens-Punct von der Aufferstehung deß Fleisches
vorgekommen / ist zu vernehmen auß der Stimme deß Römischen Landpflegers in
Judea / welcher / nach dem Paulus etwas von der Aufferstehung der Todten gedacht
hatte / mit lauter Stimme sprach:
Es ist aber dieser Vnglaub der Heyden ein Zeugnüß dessen /
Daß sie aber gesaget / es wäre nicht müglich / daß der Staub deß menschlichen
Leibes / der so tausentfältig zertheilet wird / wieder solte zusammen gebracht
werden / damit haben sie der Allmacht Gottes einen grossen Eingriff gethan. Wie
leicht es GOtt gewesen / daß er diese meine Glieder von stück zu stück mit allem
Doch ists kein Wunder / daß bey Heyden / bey welchen wol grewlichere Dinge
gefunden / die Aufferstehung der Todten für nichts geachtet ist; darüber hat man
sich mehr zu verwundern / daß vnter Christen / vnd zwar solchen Christen / die
von Paulo vnd andern Aposteln selbsten das Evangelium vom Todt vnd Aufferstehung
Christi empfangen hatten / dennoch Leute gefunden / die nicht haben wollen
zugeben / daß an der Aufferstehung der Todten etwas sey / wie deren viele in der
grossen Gemeine zu Corintho vnd anderen Orten gewesen / daß man ja sehe / wie
der menschliche Verstand zum Irrthumb geneiget ist. Vnd ob sie zwar nicht
läugnen konten / daß die Apostel jhnen von Aufferstehung der Todten gepredigt
hatten / sagten sie doch; die Aufferstehung der Todten wäre schon geschehen /
nemblich / wann der Mensch durch die Tauff mit Christo geistlich begraben / vnd
wieder aufferwecket wird zu einem newen Menschen. Wie die Sadduceer zu Christo
sagten: Es war ein Weib / die hatte sieben Männer nach einander; sage nun /
wessen Manns wird dieses Weib seyn in der Aufferstehung der Todten. Also haben
diese vnglaubige Jünger gleiche Rede getrieben: Wo werden wir alle Raum finden?
woher werden wir alle gnug bekommen zu vnser Notturfft / so wir bey einander
allesampt sollen leben / essen / trincken / Kinder zeugen / vnd andere
natürliche Wercke treiben. Wie aber Christus den Sadduceern geantwortet: Ihr
verstehet die Schrifft nicht; im ewigen Leben wird man nicht freyen /
Wie vnbesonnen aber von einem Christen die Aufferstehung
ES fanget der Apostel die heutige Lection also an: Ich erinnere
Wir nehmen darinnen in acht den Grund deß Glaubens / oder die Summa deß Evangeliums / vnd wie vns solcher Glaubensgrund zu bedencken fürgehalten wird. Der Grund vnd die Summa deß Evangeliums bestehet darin / daß Christus für vnsere Sünde gestorben / nach der Schrifft / vnd daß er begraben vnd aufferstanden sey am dritten Tage / nach der Schrifft. Wann Christus deß lebendigen Gottes Sohn stirbt / leidet er nicht für sich / als der nichts böses gethan hat; sondern er leidet für vnsere Sünde / die Straffe ligt auff jhm / was wir verschuldet haben / das leidet er / auff daß wir Friede haben / vnd für Gottes Straff vnd ewigem Verderben vns nicht fürchten dürffen. Wie nun Christus wegen vnser Sünde warhafftig gestorben / so ist er auch begraben; doch aber wieder aufferstanden / vnd das wegen vnser Gerechtigkeit / weil er völlig für vnsere Sünde bezahlet. Dieses alles ist in den Schrifften Altes Testaments zuvor verkündiget; denn es ist nicht von vngefehr geschehen / sondern nach dem Rathe Gottes / zu deß elenden Menschen Erlösung.
Diesen Glaubensgrund haben wir hie anzusehen / als das Evangelium / das Paulus sampt andern Aposteln vns gegeben vnd verkündiget hat / wie ers auch empfangen hat / ein Wort / das wir angenommen haben / darinnen wir stehen / vnd selig werden.
Es ist diß das Evangelium / das vns Paulus sampt andern Aposteln gegeben vnd verkündiget hat / vnd zwar zufodderst / das ist / als ein Grundfest vnser Seligkeit. Es haben zwar die Apostel viel mehr gepredigt / dieses aber ist der Grund / vnd die Hauptsumma. Wo dieses falsch ist; so ist vnser Glaub vnd Hoffnung vergebens / der Grund vnser Wiedergeburt ist vmbgestossen / vnd wir seynd die elendesten Creaturen / die vnter der Sonnen seyn / dieweil wir allein hoffen auff Christum in diesem Leben / der hernach in Ewigkeit vns nicht kan nutz seyn.
Wann dann Paulus vns ein solches Wort fürträgt / daran so viel gelegen / so muß
ers freylich nicht auß seinem eignen Kopff herfür bringen / darumb spricht er /
er hab es so gegeben / wie ers empfangen habe. Wie ers aber empfangen habe /
zeiget er insonderheit in der Epistel an die Galater am 1. vnd 2. Cap. Ich thue
euch kund / lieben Brüder / daß das Evangelium
Diß Evangelium / wie es von Paulo geprediget / also ist es auch von den Gemeinen hin vnd wieder angenommen; denn es hat eine durchdringende Krafft / das Hertz vnd Gewissen zu binden. Es bestehet nicht in Vberweisung der Vernunfft / sondern in der Krafft deß Geistes. Falscher Propheten / als deß Mahomets Lehre / wird auch wol häuffig auffgenommen / es mangelt jhr aber an Bekräfftigung deß Geistes im Gewissen. Würden die Leute in jhr eigen Hertz gehen / vnd dem Grunde nach sinnen / darauff sie baweten / würden sie jhre eigne Gedancken mehr verklagen / als loßsprechen.
Diß ist das Evangelium / dadurch wir stehen / haben Gnade vnd den H. Geist. Wann
ein Mensch sein gesundes
Diß ist endlich das Evangelium / dadurch wir selig werden. Bey diesem Evangelio ist vns alleine wol. Sihe / wann alles Gut der Welt dich verlässt / vnd dein bleiben nicht mehr hie ist / muß dieses allein dich erfrewen.
Auff die Betrachtung dieses Evangeliums ziehet der Apostel seine Corinther / daß
sie sich erinnern / was der Inhalt deß Evangeliums sey / das jhnen verkündiget /
vnd sie auch angenommen / also daß sie dadurch haben stehen können / vnd selig
werden: Ich erinnere euch dessen / spricht er / welcher gestalt ich es euch
verkündiget habe / so jhrs behalten habt / es wäre denn / daß jhr vmbsonst
geglaubt hättet. Es will Paulus hie mit keinen Vnglaubigen zu thun haben /
sondern mit denen / die das Evangelium wissen / vnd angenommen haben. Haben nun
die Corinther das Evangelium von sich gestossen / vnd sich wieder zu den
vnglaubigen Heyden gegeben / muß ers geschehen lassen /
Weils dann dem Apostel darumb zu thun ist / daß er seine Gemeine auffs newe
bekräfftige in der Haupt-Lehre / daß der JESVS / so / wie aller Welt bekant /
gecreutziget war / auch von den Todten warhafftig aufferstanden wäre / führet er
ferner Zeugen ein der Aufferstehung Christi. Deß vornembsten Zeugen ist schon
vorhin gedacht / wann er gesagt / daß Christus gesterben sey nach der Schrifft /
vnd daß er aufferstanden sey nach der Schrifft. Denn der Geist / der in den
Schrifften der Propheten es zuvor verkündiget / ist GOTT selbst / die höchste
Warheit. So der Menschen Zeugnüß diese Krafft hat / in den Gewissen der Menschen
/ daß wir vnzweiffelhafftig für wahr halten / was viele vnd redliche Menschen
bezeugen; so hat Gottes Zeugnüß grösser Krafft / vnd bezwinget das Gewissen /
daß wann der Mensch schon will widersprechen / als wäre es ein lügenhafftiges
Geticht / was von Christo geprediget wird / er einen Wiederschall in sich
empfindet / dadurch er sich selbsten anklaget / vnd überzeuget wird / er thue
vnrecht / daß er sich dieser Warheit widersetze. Ob wol Petrus augenscheinlich
die Herrligkeit Christi gesehen / auff dem heiligen Berge / vnd die Stimme
Gottes deß Vatters mit seinen Ohren gehöret / trawet er doch nicht so sehr
seinen eigenen Augen vnd Ohren / als den göttlichen Zeugnüssen in den Schrifften
der Propheten; darumb als er in seiner andern Epistel am ersten Capitel gesaget
hatte von eigner Offenbarung /
Es nennet aber Paulus auch andere Zeugen auß dem Hauffen der Menschenkinder / so wol anderer Leute / als sein eigen Erfahrung. Er gedenckt nur der vornembsten Offenbarungen / die nicht Weibern / sondern glaubhafftigen vnd in der Kirchen ansehnlichen Männern wiederfahren seyn. 1. Gedenckt er deß Petri / welchem / als einem schwer-gefallenen vnd sehr betrübten Sünder / der HErr Christus zeitig sich hat sehen lassen nach der Aufferstehung; wie er denn nicht lange den betrübten Seelen sich vorenthalten kan. 2. Gedenckt er der Zwölffen. Denn ob schon Judas abgefallen / ward doch die Versamlung der Aposteln mit dem Namen der Zwölffen angedeutet / weil zwölff hinein gehörten; wie man sonst in einem Regiment ein Collegium die fünffzehen Männer nennet / darzu fünffzehen gehören / ob schon in der that nicht fünffzehen darin seyn. 3. Gedenckt er fünffhundert Brüdern / von welcher Offenbarung doch nichts bey den Evangelisten zu finden. Ist vielleicht dieselbe / die Christus verheissen / da er gesagt: Ich will vor euch hingehen in Galilaeam / da werdet jhr mich sehen. 4. Nennet er Jacobum / davon die Evangelisten auch nichts melden. Daß man also dafür halten muß / daß der HERR nach seiner Aufferstehung vielmehr sich geoffenbaret / als die Evangelisten angezeichnet. 5. Setzet er alle Aposteln / darunter nicht allein die Zwölffe / sondern auch die übrigen siebentzig Jüngere begriffen werden.
Zuletzt setzet er sein eigen Zeugnüß hinzu. Denn anderer himlischen Offenbarungen
zu geschweigen / deren gedacht wird / Gal. 1. 2. Cor. 12. so hat sich Christus
leibhafftig von Paulo sehen
Damit man aber nicht meyne / sein Zeugnüß könne nicht viel gelten / bekennet er
zwar seine Vnwürdigkeit / pochet dennoch auff sein Ampt vnd die Gnade Gottes /
die er in seinem Ampte erfahren
Er gibt vns zu erkennen 1. seine Vnwürdigkeit / nennet sich eine vnzeitige Geburt / welches zum einfältigsten also verstanden wird / wie es der Apostel selbst erkläret: Ich bin der geringste vnter den Aposteln / als der ich nicht werth bin / daß ich ein Apostel heisse. Eine vnzeitige oder Mißgeburt wird nicht so viel geachtet / daß es vnter die Kinder gezehlet werde / vnd bleibt ohn Namen. Also rechnet sich Paulus vnter den Aposteln / seiner Person halben / nicht anders als eine vnzeitige Geburt / der nicht werth sey / daß er vnter jhnen gezehlet werde. Vnd dasselbe vmb seiner vorigen Feindseligkeit willen / dieweil er ein Mörder gewesen / vnd zwar ein Feind vnd Mörder Christi vnd seiner Gemeine.
2. Gibt er vns zu erkennen die Gnade / die jhm gegeben ist. Er kan nicht läugnen
/ daß er durch Gottes Gnade groß gemacht / mit vielen herrlichen Gaben
außgerüstet / vnd durch seine Gaben viel außgerichtet habe / also auch / daß er
mit seiner Arbeit
Er erinnert aber solches / daß man jhm deß zu mehr Glauben gebe / wann er von Christo vnd seiner Aufferstehung zeuget. Will man jhm nicht glauben / weil er ein Apostel ist / so soll man jhm doch glauben / weil er vorhin selbst ein Feind vnd Verfolger Christi gewesen ist.
Wir erinnern vns aber dabey / wie ein Christ Person vnd Ampt vnterscheiden soll.
Paulus hält sich für eine geringe Person / vnd seiner Person nach / nichts gegen
die andere; nach seinem Ampt aber vnd der Gnaden Gottes / macht er sich jhnen
gleich. Du kanst / frommer Christ / deine Gaben erkennen / vnd bedencken / was
du mit deinen Gaben für Früchte schaffest; denn so du nicht außrichtest / was
dein Ampt fodert / so ist die Gnade an dir vergeblich; richtestu abes was gutes
auß / so hast deine Gabe nicht vergeblich empfangen. Das magstu erkennen; doch
aber vergiß deiner Vnwürdigkeit nicht / gedenck auff die Boßheit vnd Vnart
deines Hertzens; gedenck auff dein Vnvermögen / denn wir seynd nicht tüchtig
etwas gutes zu gedencken / ich geschweige etwas grössers zu thun. Wann wir vns
schon setzen über das Wort Gottes / vnd demselben nachdencken / werden wir doch
nichts tüchtiges oder fruchtbares erreichen / ohn allein was der H. Geist in vns
wircket. Also sollen wir bey vnsern Gaben die gründliche Demuth erhalten / damit
GOTT ja allein alle Ehre bekomme. Wir seynd doch gar nichts / vnwürdige
stinckende Würme / seynd wir aber was / das seynd wir / OGOtt / allein durch
deine Gnade. Wir thun nichts gutes / böses können wir mehr denn zu viel thun.
Eben so gedencke auch von andern. Sihestu einen begabten Menschen / der herrlichen Nutzen schaffet / halt jhn nicht für gering / sondern achte / es sey eine Gnade vnd Geschencke Gottes / der mit Paulo sagen könne: Ich bin einer von Gottes Gnaden. Vnd ist auch freylich solcher Mensch ein groß Gnadengeschenck / damit GOtt seine Gemeine begabet. Er sey seiner Person halben wie er wolle / groß oder klein / gesund oder gebrechlich / das laß du fahren / wir seynd allesampt vnser Person halben vnwürdig vnd vntüchtig / erkenne du die Gabe Gottes in dem schwachen Werckzeug / vnd gib GOTT auch / wie du denn schuldig bist / ein wenig Danck dafür.
So hat nun Paulus den Hauptgrund vnsers Glaubens in heutiger Lection bekräfftiget
/ wie Christus vmb vnser Sünde willen gestorben / auch wieder von Todten
aufferstanden ist. Darauff führet er auffs newe seine jrrige Corinther / vnd
schliesset darauß
Wie nun die jrrige Corinther von der Verführung auffs tanquam fundamentum fidei
& sanctae vitae. / weichen wir davon / so fallen wir. Es ist der Grund /
dadurch wir selig werden / weichen wir davon / so tretten wir ab von vnser
Seligkeit. Es kennet GOtt niemand besser / denn er selbst; so kan auch niemand
von jhm vnd seinem Willen besser reden / denn er selbst; darumb auch müssen wir
von jhm allein hören vnd lernen / was wir von jhm halten / vnd wie wir für jhm
leben sollen.
Meine Lieben / es ist viel in der Welt / das vns vom reinen Glauben vnd heiligem Wandel in Christo kan abhalten vnd abziehen. Wider das alles müssen wir vns halten an das Wort / das vns gepredigt ist / das muß vnser Regel seyn / darnach wir glauben vnd wandeln / vnd nichts anders / es habe Namen wie es wolle.
Ihr findet in der Welt einen hauffen grosser Leute / die anders glauben / als jhr gelehret seyd. Viele seynd darinnen erwachsen / viele von den vnserigen fallen zu jhnen. Das muß vns kein Wunder seyn / weil wir wissen / wie der menschliche Verstand so sehr zum Irrthumb geneiget ist. Seynd doch Pauli eigne Jünger gefallen / welche auß dem Munde deß Apostels das Wort deutlich / lauter vnd rein erlernet hatten. Wann jhr dergleichen Exempel sehet / so gedenckt an menschliche Schwachheit / vnd sehet auff das Wort / vnd betet: Ach HERR / laß mich ja auch nicht also fallen.
Ewer eigne Vernunfft ist dem Glauben nicht gar gut. Es ist zwar die H. Schrifft
nicht den Ochsen vnd Kälbern fürgeleget /
Auff Erfahrung vnd Empfindnüß können wir auch nicht allezeit gehen. Wir haben ja auch Erfahrung in vnserm Glauben. Aber Erfahrung muß nicht vorgehen / sondern nachfolgen. Wann ich in höchster Trübsal Gottes Gunst wolte richten / nach meinem Empfinden / würde ich übel daran seyn. Der heilige Job hat bey seiner schweren Seelen-Angst nicht können empfinden / wie lieb er GOtt wäre / vnd wie jhn GOtt gedächte zu ehren. Was soll man denn da thun? Allein bey dem Worte bleiben / das den betrübten zerschlagenen Hertzen Gottes Gnad vnd Gunst verheisset. Dabey bleib / du magst empfinden was du wilst. Zu seiner Zeit wirstu wol empfinden / daß du nicht vergebs dem Worte Gottes geglaubet habest. Also / daß es nicht gut sey / sich auff menschliche Hülffe verlassen / sondern auff GOtt; das empfinde ich nicht fort in der Erfahrung / sondern das Wiederspiel; doch muß ich dem Worte glauben / vnd dabey bleiben / daß es wahr sey; die Erfahrung muß sich hernach finden.
In Heiligkeit deß Lebens leiden wir grosse Anstöß von der Gewonheit. Wer sich hie
nicht an das Wort hält / der wird sein
Darumb / meine Lieben / haltet euch wider alle Exempel vnd Gewonheit / wider alles Fühlen vnd Vernunfft an dem Worte Christi / das gewiß ist / vnd recht lehren kan; vnd samlet euch darauß einen Schatz auffs künfftige / denn jhr wisset nicht / in welcherley Anfechtung euch GOtt üben werde. Es ist vns verkündigt ein solches Wort / dadurch wir stehen / vnd selig werden / GOtt laß vns dabey fest bleiben / vnd behüte vns / daß wirs nicht vergebs empfangen haben / AMEN.
V. 4. LIeben Brüder / Ein solch Vertrawen aber haben wir durch Christum zu Gott.
V. 5. Nicht daß wir tüchtig seynd / Rath zu finden von vns selber / als von vns selber. Sondern / daß wir tüchtig seynd / ist von Gott.
V. 6. Welcher vns auch tüchtig gemacht hat das Ampt zu führen / deß Newen Testaments / nicht deß Buchstabens / sondern deß Geistes / dann der Buchstabe tödtet / aber der Geist machet lebendig.
V. 7. So aber das Ampt / das durch die Buchstaben tödtet / vnd in die Steine ist gebildet / Klarheit hatte / also daß die Kinder Israel nicht kunten ansehen das Angesicht Mosi / vmb der Klarheit willen seines Angesichts / die doch auffhöret.
V. 8. Wie solte nicht vielmehr das Ampt / das den Geist gibt / Klarheit haben?
V. 9. Dann so das Ampt / das die Verdamnüß
V. 10. Dann auch jenes theil / das verkläret war / ist nicht für Klarheit zu achten / gegen dieser überschwencklichen Klarheit.
V. 11. Dann so das Klarheit hatte / das da auffhöret / vielmehr wird das Klarheit haben / das da bleibet.
IM andern Capitel der andern Epistel an die Corinther preiset
Gleich wie aber ein starcker Geruch bey allen nicht einerley
Daher findet ein getrewer Prediger allezeit Sieg / daß er mit Paulo sagen kan:
Gelobet sey GOtt / der vns allezeit Sieg gibt in Christo. Es wird Christi Wort
nimmermehr vergebens geprediget / es übet allezeit seine Krafft / wirds nicht
ein Geruch deß Lebens zum Leben / so wirds doch ein Geruch deß Todtes zum Todte
/ dadurch die widerspenstige vnd vngehorsame jhres Todtes vnd künfftigen
Gerichtes überzeuget werden; vnd haben jhr Gericht vnd Verdamnüß in jhnen / ob
sie es schon auß dem Sinn schlagen. Denn eben das Wort / das sie hören / wird
Dieses erwehnet Paulus als ein Prediger / beydes zu seiner
Gleichwol so gereichet diß auch zur Hoheit Pauli / daß er nicht ein vergeblicher Prediger ist / vnd darff sich dessen wol rühmen gegen seine Widersacher. Denn es waren viele falsche Apostel zu Corintho / die viel von jhrer Kunst vnd Geist rühmeten / verfälschten das Wort / redeten viel vom Gesetz / lehreten aber nicht den rechten Gebrauch / sondern führeten ab von Christo auff eigne Werck / vnd verkleinerten das Ampt Pauli. Diesen zu trotz rühmet er sich / er habe das Evangelium Christi lauter vnd rein gelehret / so habe auch sein Ampt rechtschaffene Krafft gehabt / die Gottlosen entweder zu bekehren / oder zu beschuldigen; doch nicht durch seine eigne Kunst oder Vermögen / sondern durch GOTT.
Wie er nun im andern Capitel angefangen zu reden von der Krafft seines
Evangelischen Predigampts / also fähret er fort im dritten Capitel / vnd rühmet
das Ampt deß Evangelij / vnd bezeuget in der heutigen Lection / Wie die Predigt
deß Evangelij
NAch dem der Apostel Paulus nicht allein zum ende deß andern Capitels gerühmet /
die Krafft deß Evangelij / wie es allewege einen starcken Geruch von sich gebe /
entweder zum Todt oder zum Leben; sondern auch im anfang deß folgenden dritten
Capitels davon geredet / wie sein Wort bey den Corinthern kräfftig gewest / also
daß sie dadurch ein Brieff Christi geworden / denen Christus lebendig ist ins
Hertz geschrieben; setzet er darauff
Ob nun zwar kein Mensch tüchtig ist / etwas gutes durchs Predigampt außzurichten / sondern von GOTT muß es allein kommen / so hat doch Paulus ein gut Vertrawen / vnd saget: Ein solch Vertrawen haben wir durch CHristum zu GOtt / welcher vns auch tüchtig gemacht hat / zu treiben das Ampt deß Newen Testaments. Nemblich / wenn wir predigen / so trawen wir / GOtt werde seinem Worte Krafft geben / daß es ein starcker Geruch werde / es sey zum Leben oder zum Todte / vnd daß dennoch bey etlichen Christus auffgenommen werde. Vnd solch Vertrawen haben wir durch Christum: das ist / weil das Werck nicht vnser ist / sondern Christi. Daran können fromme Prediger gedencken / wann sie jhr Ampt verrichten: Ach HERR / mein GOtt / ich soll jetzt Christum predigen / vnd also / daß er von der argen Welt angenommen werde. Wer ist hiezu tüchtig? Ich bin nicht tüchtig von mir selber etwas zu gedencken: soll ich tüchtig seyn / so muß es von dir kommen. Vnd solch Vertrawen habe ich auch zu dir / durch Christum / dieweil das Ampt ja nicht mein ist / sondern deines Sohns Christi JEsu. Das ist das erste / das Paulus lehret in heutiger Lection / in dem er vns führet auff den Vrsprung aller heilsamen Wirckungen im Evangelischen Predigampt.
Darauff fähret er weiter / vnd prediget von der Herrligkeit vnd Klarheit deß
Predigampts / zeuget doch zuvor an / was es für ein Ampt oder Wort sey / das er
hie preisen werde: Nemblich
Den alten Bund heisset Paulus den Buchstab / den newen heisset er den Geist. Der
Buchstab heisset hie alles / das also entweder geschrieben oder gelehret wird /
daß es nur bleibe ein Wort / vnd nicht ins Hertz geschrieben / vnd lebendig
gemacht
Es macht Paulus auch diesen Vnterscheid vnter dem Gesetz vnd Evangelium: das
Gesetz nennet er ein Ampt deß Todtes / das Evangelium ein Ampt deß Lebens / denn
der Buchstabe tödtet / aber der Geist macht lebendig. Das Gesetz wircket den
Todt allwege / es werde recht verstanden / oder nicht. Verstehet man das Gesetz
nicht recht / so meynet man mit den Phariseern / wir seyn gar heilig / wann wir
nur äusserlich vns wol gehalten / vnd seyn schon im Himmel; vnd dadurch wircket
das Gesetz recht den Todt: Verstehet mans aber recht / wie es geistlich ist /
vnd eine geistliche Heiligkeit deß Hertzens von vns fodere / so tödtet
Es gedenckt Paulus hernach noch eines andern Stücks / darin das Gesetz vnd Evangelium vnterschieden werden; nemblich das Gesetz muß auffhören / das Evangelium bleibet. Das Gesetz höret nicht auff in solcher Meynung / als wann es in der Kirchen Christi nicht dürffte gelehret werden; sondern weil es dem Evangelio weichen muß. So lange die Stimm deß Evangelij nicht gehöret wird / klaget das Gesetz an / vnd schrecket; so bald aber das Evangelium im Hertzen auffgenommen wird / muß das Gesetz weichen / mit seinem schrecken vnd verdammen. Der erste Bund oder das erste Testament / so lang es bleibet / kans vns zum Leben nicht bringen / sondern muß zu diesem Werck einem andern Worte raum geben; das ist das Evangelium vnd der newe Bund / vnd das Newe Testament / das kan selig machen / das wird auch bleiben / vnd haben wir in Ewigkeit auff kein ander Wort zu hoffen.
Wann nun Paulus sein Ampt ehren will / rühmet er sich nicht dessen / daß er das Gesetz predigen kan / sondern daß er ein Diener sey deß Newen Testaments; vnd wann er reden will von der Herrligkeit deß Predigampts / meynet er nicht das Ampt / das das Gesetz treibet / sondern das den Gnadenbund deß Evangelij den armen Sündern fürträgt.
Was nun dieses Ampt deß Newen Testaments für grosse herrligkeit vnd Klarheit habe
/ zeiget Paulus durch einen Gegensatz
Hie ist vorauß zu mercken / was das Alte Testament für Klarheit habe. Klarheit
bedeutet hie ein Liecht / in der Seelen angezündet. Nun aber hat auch das Gesetz
sein Liecht. Von Natur ist einem Menschen das Gesetz ins Hertz geschrieben; Man
soll niemand beleidigen / einem jeglichen das seine zukehren / vnd GOtt ehren.
Dieses ist ein klein Liecht im Verstand der Menschen / das bald vnd leicht kan
verdunckelt werden. Doch wann Gottes
Dieses ist fürgebildet in dem gläntzenden Angesicht Mosis / davon geschrieben
stehet im andern Buch Mosis am 34. Cap.
Wann wir nun wissen / was das Gesetz für Klarheit gehabt / müssen wir ferner acht haben auff den Schluß Pauli: So das Alte Testament Klarheit hat / wie viel mehr Klarheit wird das Newe Testament haben? Ja jenes / das verkläret war / ist nicht für Klarheit zu achten / gegen dieser überschwencklichen Klarheit / die da leuchtet in dem Evangelio Christi. Wie sich verlieret deß Mondes Schein / wann die Sonne herfür bricht; also wird deß Gesetzes Klarheit abgeschaffet / wann Christus anfähet zu scheinen mit seiner Gerechtigkeit. Die Vrsach dieses Schlusses ist / daß das Gesetz ist ein Ampt deß Buchstaben / das nur in Steine gebildet ist / das da tödtet / vnd die Verdamnüß prediget / vnd das auffhören muß; vnd hingegen das Evangelium ist ein Ampt deß Geistes / das den Geist gibt / die Gerechtigkeit prediget / vnd lebendig macht / vnd keinem andern Liecht weichen darff. Da ist freylich ein grosser Vnterscheid. So denn das Herrligkeit hat / vnd einen Schein in die Seele bringet / das nur ein Buchstab ist / vnd den Geist nicht geben kan; wie viel mehr wird die Seel erleuchtet durch das Ampt / das den Heiligen Geist bringet / da wird das Wort nicht ein blosses Wort bleiben / sondern es wird durch den Geist lebendig gemacht / vnd in die Seele gedruckt. So das Ampt deß Todtes Klarheit hat / das die Verdamnüß ankündiget; wie viel mehr Klarheit führet mit sich das Ampt / das Gerechtigkeit vnd das Leben wircket? So Klarheit hat das Ampt / das auffhören muß / vnd das ewige Leben nicht wircken kan / sondern zu diesem Werck einem andern Liecht raum geben muß / so wird ja das Liecht / das vns genugsam zum ewigen Leben erleuchtet / vnd keiner andern Klarheit mehr bedarff / überschwenckliche Klarheit haben.
Dieses hat sein Fürbilde in zwo Historien Heiliger Schrifft. Wann Moses mit dem
Gesetze von GOTT kompt / gläntzet er /
Ob nun zwar das Gesetz Klarheit hat / ist doch nicht zu rechnen gegen der Klarheit deß Evangelij; denn es lehret wol / aber es bringet keinen Geist noch Krafft / noch Willigkeit zu thun / das was gebotten ist; daher kans auch nicht lebendig machen / sondern verkündiget nur Todt vnd Verdamnüß / vnd dafern auß dem ewigen Leben etwas soll werden / muß es einem andern Liecht raum geben. Halt hiegegen das Liecht der Natur / das bey den Heyden zu finden gewesen / vnd bedencke denn / welch eine Herrligkeit vns wiederfahren ist / denen Christus leuchtet in seinem herrlichen Evangelio.
Also hat Paulus bewiesen / daß eine überschwenckliche herrliche
Zu anfang spricht Paulus: Ihr seyd offenbar worden /
Zum Beschluß deß Capitels setzet Paulus solche Wort: Wir alle schawen die
Klarheit deß HERRN / als in est
speculu.
Wie aber? erstlich mit auffgedecktem Angesicht.
Zum andern / schawen wir die Herrligkeit GOttes in dem Spiegel deß Evangelij / also / daß wir in dasselbe Bild verkläret werden. Denn es ist ein kräfftiges Bild / vnd verwandelt vnser Seel vnd Gemüth / daß wir seiner Schönheit ähnlich werden; Eben wie Moses ein gläntzendes Angesicht bekam / darvon / daß er mit GOtt redet vnd vmbgieng. Da der Mensch anfänglich erschaffen ward / hatte er das Bild Gottes bey sich; bald darauff ward er verwandelt ins Satans Bilde / in dem er durch die Sünde von GOtt abfiel. Nun aber werden wir ernewert zum Bilde Gottes / in dem vns GOtt scheinen lässt seine Herrligkeit vnd Klarheit / in dem Angesicht Christi Jesu. Das Gesetz zeiget vns auch wol das Bilde Gottes / aber mit verdecktem Angesicht / vnd ohne Krafft demselben gleichförmig zu werden. Aber in der gnädigen Verkündigung der Gerechtigkeit / die wir haben in Christo Jesu / werden wir lebendig gemacht / vnd finden Krafft in dem Geist Christi / dadurch wir zu seinem Bilde ernewert werden.
Es ist aber hie wol zu mercken / das gesaget wird: Wir werden verkläret in dasselbige Bild / von einer Klarheit zu der andern. Es ist die Ernewrung zu dem Bilde Gottes nicht alsbald vollkommen / sondern sie hat jhren Wachsthumb. Wie mehr wir in den geistlichen Spiegel schawen / vnd die Herrligkeit Gottes in Christo betrachten / das ist / wie mehr wir mit dem Wort deß Evangelij vmbgehen / wie mehr der jnnerliche Mensch an dem Bilde Gottes wächset vnd zunimbt.
Woher kompt diese Verklärung? Vom Geist deß HERRN; Denn es ist das Wort deß
Evangelij nicht allein
Also hat vns Paulus gezeiget / was für eine fürtreffliche Herrligkeit die Predigt deß Evangelij wircke / nicht zwar durch menschlich Vermögen / sondern durch die Krafft deß Geistes / der der HERR ist.
Diß soll nun gemercket werden / erstlich von Lehrern vndrmenden Augen vns ansihet / vnd zu sich locket / vnd
anbeut all sein Verdienst / sein Blut vnd Todt / dadurch allein GOTT kan
versöhnet werden. Sie müssen mit Christo jhren Brieff voll machen / in dem sie
zum andern Christum abmahlen / in seinem heiligen vnschuldigen Leben vnd Wandel
/ daß wir in sein heiliges Leben verwandelt werden.
Solchen Brieff schreiben / ist der Prediger Ruhm vnd Lobbrieff / wie denn Paulus
keinen andern Lobbrieff begehret. So soll das auch in vnserm Evangelischen
Predigampt vnsere höchste Sorge seyn / daß wir solchen Brieff schreiben können.
Es ist nicht drumb zu thun / daß man weiß / was du könnest: Auch soll das nicht
deine Sorge seyn / wie du durchs Predigampt dein Brodt gewinnest / sondern daß
die arme Seelen Christo zugeführet werden / daß Christus in jhnen lebe / vnd sie
in Christo. Lasset vns bedencken /
Darumb lasset auch das vnsern Ruhm seyn / wie sich Paulus rühmet / zu ende deß
andern Capitels seiner andern Epistel an
Hernach haben dieselbe hie auch zu mercken / worauff sie sehen sollen / daß jhr
Ampt wol fortgehe / vnd wem sie den Danck geben sollen. Christum ins sündliche
Hertz bringen / ist nicht menschlich Vermögen / es kompt von dem Geist / der der
HERR ist. Wir
Diß wird gesaget nicht der Faulheit zu stewer / wie denn der vntüchtigen Arbeiter
genug seyn / die sich jhrer Vntüchtigkeit trösten / da sie doch noch wol etwas
gutes könten erreichen / wann sie die gebürliche Arbeit dazu thäten: der Geist
muß bey vns erwecket werden. Sondern darumb werden wir vnsers Vnvermögens vnd
vnser Vntüchtigkeit erinnert / daß wir vns nicht zu viel vermessen / vnd stoltz
werden / wie wir ermahnet werden zun Römern am 12. Cap. daß niemand weiter von
jhm halte / denn sichs gebüret zu
Die solch demütig Vertrawen zu GOtt haben / deren Arbeit geräth zum besten. Sie
können jmmerdar versichert seyn / jhre Arbeit sey nicht vergebens. Es wird
allezeitetwas außgerichtet / den sie stehen da in der Krafft
Gottes / vnd treiben nicht jhr Werck / sondern Christi Werck. Seynd sie nicht
ein Geruch deß Lebens. zum Leben / so seynd sie ein Geruch deß Todtes zum
Todte.
Dieses ist Lehrern vnd Predigern gesagt. Hernach hat jederman was für sich zu
mercken / so weit er ist ein Hörer deß göttlichen Wortes. Vnd zwar erstlich wird
vns sämptlich die Würdigkeit deß Evangelischen Predigampts zu bedencken
fürgelegt. Wisse / daß diß das Ampt sey / darumb GOtt noch die Welt erhält.
Hiedurch wird die Klarheit Gottes in deine sündliche Seele gebracht. Darumb
verachte nicht fort / was in diesem Ampt arbeitet / allermeist so sie trewlich
mit göttlicher Krafft vnd Eyffer dienen. Achte sie für ein Gnadengeschenck
Gottes / die mit Paulo sagen: Von Gottes Gnaden bin ich was ich bin. Achte sie
für Christi Mahler / die da Christum mit seiner Gerechtigkeit vnd heiligem
Wandel sollen ins Hertze bilden. Achte sie für göttliche Schatzmeister / die
herumb führen einen Wunderspiegel / darinnen sie zeigen die Klarheit Gottes /
mit solcher Krafft / daß du in dasselbe Bild kanst verkläret werden / von einer
Herrligkeit zur andern. Das seynd sie warhafftig. Darumb vmb jhres Ampts willen
achtet sie nicht gering / allermeist so euch GOtt die Gnade gibt / vnd
rechtschaffene tüchtige Arbeiter zuschickt. Paulus saget zu seinen
Zum andern / wird vns sämptlich hie gezeiget / wozu wir deß wirstu verwandelt in desselbigen Bilde
/ von einer Scheußligkeit zur andern. Wer solt meynen / daß mancher in seinem
wolgestalten wolgeschmückten Leibe solche Scheußligkeit trüge? O wie mancher
putzet sich so zierlich / vnd frewet sich über seine schöne Gestalt / vnd
vergisset der besten Zierat seiner Seelen! Ja schmücke dich / spiegle dich /
ergetze dich in deiner Schönheit / vnd schleppe dich mit deß Teuffels Bild in
deiner Seelen. Wie wol thätstu / wann du
Hastu nun Lust zu dieser Herrligkeit / so suche sie in dem Wort / das ist der
Spiegel / darin wirstu finden das Bilde Gottes / vn wie mehr du
es anschawest / je mehr du in dasselbe wirst verwandelt werden. Ohn das Wort
sollstu die Klarheit nicht suchen. Vnd merck nur eben / daß Paulus zeuge von den
Christen zu Corintho / wie sie ein Brieff Christi seyn / geschrieben mit dem
Geist deß lebendigen Gottes / vnd zugerichtet durchs Predigampt. Den Hochweisen
in der Welt ist das zu gering; aber die Thoren sehen auff Person / vnd nicht
auff die Krafft deß H. Geistes / der durch solches Ampt sein Werck wircken will;
darumb erlangen sie wenig von dieser Klarheit Gottes / wenn sie sich auch noch
eins so weise vorkommen. Mit den Einfältigen kompt der Geist Gottes zum besten
zurecht.
Wer sich nun zu Gottes Wort vnd zu dem Ampt deß Geistes halten will / der thu es mit solchem Vorsatz in Einfalt / daß er ernewert werde nach dem Geist seines Gemüthes / vnd er anziehe den newen Menschen / der nach GOtt geschaffen ist / in Heiligkeit vnd Gerechtigkeit / vnd daß der inwendige Mensch jmmer mehr vnd mehr verkläret werde in die Klarheit Gottes. Bedenck hie / wie manche Predigt du habest angehöret / wie mannichmal du dich gesetzet geistliche Sachen zu lesen / vnd hast doch nicht diß Fürnehmen gehabt / daß dadurch deine Seele solte verkläret werden.
Letzlich haben wir auch dieses hiebey zu bedencken / daß auß keinem menschlichen
Vermögen hie etwas tüchtiges geschehe. Wie ein Prediger muß sagen / wann er zu
seinen Amptsgeschäfften tritt: Ach HERR / ich bin nicht tüchtig etwas zu
gedencken von mir selbst / viel weniger mit meinem Wort Christum in die Seelen
zu:
Nun / du grosser GOtt / Christe JEsu / der du bist der Hirte vnd Bischoff vnserer Seelen / deine Krafft allein muß vnseren Seelen helffen / so gib Krafft vnseren Predigten / daß dadurch die Herrligkeit Gottes in vnsere Seelen geschrieben werde / also / daß wir verwandelt werden nach demselben Bilde / von einer Klarheit zur andern / zu deinem ewigen Lob vnd Ehre / AMEN.
V. 15. LIeben Brüder / Ich will nach menschlicher weise reden / verachtet man doch eines Menschen Testament nicht (wann es befestiget ist) vnd thut auch nichts darzu.
V. 16. Nun ist je die Verheissung Abrahae / vnd seinem Samen zugesagt. Er spricht nicht / durch die Samen / als durch viele / sondern / als durch einen / durch deinen Samen / welcher ist Christus.
V. 17. Ich sage aber davon / das Testament / das von Gott zuvor bestättigt ist auff Christum / wird nicht auffgehaben / daß die Verheissung solte durchs Gesetz auffhören / welches gegeben ist über vierhundert vnd dreyssig Jahr hernach.
V. 18. Dann so das Erbe durchs Gesetz erworben würde / so würde es nicht durch
Verheissung gegeben /
V. 19. Was soll dann das Gesetz? Es ist dazu kommen / vmb der Sünde willen / biß der Same käme / dem die Verheissung geschehen ist / vnd ist gestellet von den Engeln / durch die Hand deß Mittlers.
V. 20. Ein Mittler aber ist nicht eines einigen Mittler / Gott aber ist einig.
V. 21. Wie? ist dann das Gesetz wider Gottes Verheissung: Das sey ferne. Wann aber ein Gesetz gegeben wäre / das da könte lebendig machen / so käme die Gerechtigkeit warhafftig auß dem Gesetz.
V. 22. Aber die Schrifft hat es alles beschlossen vnter die Sünde / auff daß die Verheissung käme durch den Glauben an Jesum Christum / gegeben denen / die da glauben.
ES ist die Epistel an die Galater insonderheit darauff gerichtet
Zu diesem Zweck ist auch die heutige Lection gerichtet / in welcher vnser Glaub von vnser Gerechtfertigung bekräfftiget wird / durch eine Vergleichung der Verheissung Gottes / mit einem menschlichen Testament / welches wann es bekräfftiget / nicht vmbgestossen wird.
Nun ist vns daran gelegen / daß wir wissen / ob wir auch ein Antheil haben am
Testament / vnd was vns darinnen vermacht ist. Hierumb pflegen sich ja die
Menschen bekümmern / allermeist wann das Testament streittig gemacht wird / in
welchem fall dann niemand / der etwas gutes auß dem Testament zu erlangen
verhoffet / zugibet / daß die Wort deß Testaments nicht solten in jhren Würden
bestehen bleiben. Nun haben wir kein geringes Antheil an Gottes Testament / auch
keine geringe Güter darauß zu erwarten. Gieng es Geld vnd Gut an / würden wir
drumb sorgfältig seyn; gieng es den Leib an / würden wir mehr drumb sorgen;
gieng es vnsern ehrlichen Namen an / würden wir auffs höchste
Es ist wol ein schwerer Text / wie die gantze Epistel an die Galater / darinnen
der Apostel mit hohem Geist wider die falsche Apostel disputiret / von der
Gerechtfertigung / von der Krafft deß Gesetzes vnd Evangelij / von der Natur deß
Alten vnd Newen Testaments / vnd holet sinnreiche Gründe auß den Propheten vnd
Fürbilden Altes Testaments / welches den einfältigen Verstand übersteiget.
Dennoch wollen wir / so viel müglich / mit Einfalt in diesem Text nachforschen /
nicht allein / was das göttliche
ES ist ein menschlich Werck / Testament auffrichten; so ist
Hat nun eines Menschen Testament solch Ehr vnd Recht / soll man dieselbe Ehr vnd
dasselbe Recht dem Testament Gottes
Es seynd viele Verheissungen Abrahae vnd seinem Samen gegeben / als; Ich will
dein GOtt seyn / vnd deines Samens GOtt; Dir vnd deinem Samen will ich diß Land
geben. Ich will deinen Samen vermehren / wie die Sterne am Himmel. Hie aber
redet er von einer solchen Verheissung / die nicht auff allen Samen Abrahae /
sondern auff einen gewissen Sohn soll gezogen werden: Eine solche ist diese:
Durch deinen Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechte der Erden. Wann
vorhin gesaget: Deinen Samen will ich vermehren / deinem Samen will ich das Land
geben / Ich will deines Samens GOTT seyn. Da werden gemeine Güter versprochen /
die auch in heiliger Schrifft auff viele gezogen werden: Wann aber hie stehet:
Durch deinen Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechte der Erden; redet GOtt
von einem solchen Werck / das nicht gemein ist / vnd auch in heiliger Schrifft
nicht auff allen Samen / sondern nur auff einen cinigen / nemblich auff Christum
gezogen wird. Vnd solches Werck ist / den Segen bringen über alle Geschlecht der
Erden. Dann weil alle Menschen im Fluch lagen / solte durch einen vom
Geschlechte Abraham / nemblich Christum / der Fluch von jhnen genommen werden /
in dem er ein Fluch für jhnen wurde / auff daß der Segen / Gottes Gnade / vnd
Diese Verheissung wird hie einem Testament verglichen. Wie in einem Testament
auff dreyerley zu sehen / 1. auff den Herrn / der ein Testament machet / 2. auff
die Güter / die er vermachet / vnd 3. auff die eingesetzte Erben / wer sie seyn:
Also ist solches auch im göttlichen Testament in acht zu nehmen. Der HERR ist
groß vnd mächtig / der Allgewaltige GOTT / vnd König Himmels vnd der Erden; der
vermacht eine Hoheit / welche niemand anstehet / denn GOtt allein / nemblich die
segenhafftige seligmachende Krafft / das verfluchte Geschlecht der Menschen vom
Fluch zu erlösen / mit GOtt versöhnen / vnd zum ewigen Leben zu bringen. Diese
Hoheit / ob sie wol niemand anstehet / dann GOtt selbsten / wird sie doch
geschencket Abrahae vnd seinem Samen; Abrahae zwar nicht für sich / vnd auff
seine Person / dann für sich war er dieser Hoheit nicht fähig / sondern auff
seinen Samen / daß nemblich einer von seinem Samen solte erwecket werden / dem
GOtt diese seligmachende Krafft geben würde: denn also lautet das Testament;
Durch deinen Samen sollen gesegnet
Dieses ist das Testament / darauff die gantze Schrifft gegründet ist. So ist auch
die heilige Schrifft nichts anders / dann eine Außlegung dieses Testaments. Beym
Johanne am 6. Cap. hat Christus dasselbe mit diesen klaren Worten wiederholet:
Das ist der Wille deß Vatters / der mich gesandt hat /
Diß ist ein bestättigtes Testament. Zu erst hat GOtt diesen seinen Willen
offenbaret im Paradiß / da er gesaget: Deß Weibes Same soll der Schlangen den
Kopff zertretten. Es war aber noch nicht ein gewiß Geschlecht genennet / auß
welchem dieser gesegneter Same solte her kommen; biß dem Abrahae diese
Verheissung geschahe: Durch deinen Samen sollen alle Völcker der Erden gesegnet
werden; auch ist hernach diese Verheissung verbunden an Isaac / Jacob / Juda /
vnd endlich an David vnd seinen Samen. Also ist das Testament Gottes vom
gesegneten Samen / bekräfftiget durch den ewigen Schluß / vnd die ewige Warheit
Gottes / durch die vielfältige Wiederholung / ja durch den Eyd Gottes; wie
geschrieben stehet: Der HERR hat geschworen / vnd wird jhn nicht gerewen / Du
bist ein Priester ewiglich. Eines Priesters Ampt war / versöhnen; solches
Priesterlich Versöhn-Ampt ist Christo auffgetragen / vnd wird auch von jhm
verwaltet / so lang Sonn vnd Mond bleibet; das hat GOtt / der nicht liegen kan /
mit einem Eyde bestättiget. Endlich ist das göttliche Testament bestättiget /
durch den Todt Christi / welches erstlich ist eine Versöhnung / hernach auch
eine Bekräfftigung deß göttlichen Testaments. Denn eben damit / daß Gottes Sohn
durch seinen Todt die verdampten Menschen versöhnet hat / hat er das göttliche
Testament bekräfftiget / darin verordnet / daß durch jhn die Verfluchten solten
gesegnet werden. Weil auch der Todt Christi GOtt von Anfang vor Augen gestanden
/ auch alle Heiligen von Anfang her auff diesen Todt gesehen / wie dann auch
durch alle Opffer der Glaubigen / von Adam vnd Abel her / dieser Todt Christi
vorgebildet / so heisst Christus recht das Lämblein / das geschlachtet ist von
Anbegin der Welt / vnd ist sein Todt so kräfftig von Anbegin her / als wann er
alsbald nach der ersten Verheissung im Paradiß den Todt gelitten hätte. Also ist
dann schon von Anfang das
Was nun bey allem menschlichen Testament recht ist / das muß auch recht seyn bey Gottes Testament. Nun aber verachtet man nicht eines Menschen Testament / wann es bestättiget ist / man thut auch nichts dazu. Wie solt man denn Gottes Testament verachten / vnd vnkräfftig achten / da es durch die Warheit / durch den Eyd / vnd durch den Todt Gottes bekräfftiget ist? Darumb bleibet dir das gewiß vnd warhafftig / so lange GOtt ein GOtt bleibet / du glaubige Seele / daß dein Fluch / wie verflucht du auch bist / durch Christi Todt von dir genommen werde / laut deß Testaments Gottes / das so thewr bekräfftiget ist; darauff kanstu dich in deiner Sünden-Angst starck vnd fest beruffen / vnd darffst nicht ein Haar breit davon weichen / GOtt will vnd muß halten.
Nun ist gleichwol nach diesem von GOtt durch Mosen das vier hundert vnd
dreyssig Jahr / die verflossen von der ersten Verheissung Abrahae / biß auff die
offentliche Vbergebung deß Gesetzes.
Nun lautet das Gesetz also: Thue das / so wirstu leben. Vnd / Wer nicht hält
alles / was im Gesetz geschrieben stehet / der sey verflucht. Ist denn dadurch
nicht die vorige Verheissung vmbgestossen / oder zum wenigsten geändert / also /
daß die Verheissung durchs Gesetz seine Vollkommenheit erlange / vnd die
Gerechtigkeit für GOtt wircke? Paulus antwortet: Nein. Das Testament / das von
GOtt zuvor bestättiget ist auff
Solches beweiset Paulus: Denn so das Erbe durchs
Hie ist zu mercken / daß keine Creatur / weder Engel noch Menschen / das ewige
Leben / vnd die Geniessung der ewigen Seligkeit durch Verdienst erwerben könne.
Denn erstlich / was eine en durch Krafft eines
Bundes. Es finden sich aber zweyerley Bündnüssen Gottes. Das erste ist das
Gesetz / darinnen fodert GOtt vollkommene Liebe vnd Gehorsam / vnd verheisset zu
Lohn das ewige Leben. Nach solchem Bunde sitzen die außerwehlten Engel noch in
jhrer Seligkeit / vnd seynd darin bestättiget; vnd die Menschen wären durch
desselben Krafft selig geworden / wann sie das Gesetz nicht gebrochen hätten.
Wie Christus saget im heutigen Evangelio: Thue das / so wirstu leben. Der ander
Bund Gottes stehet im Evangelio: Im Samen Abrahae sollen alle Völcker gesegnet
werden. Wer glaubet / der soll selig werden. Ob nun wol keine Creatur die ewige
Seligkeit eigentlich GOtt abverdienen kan / dennoch wann man durchs Gesetz
gerecht vnd selig wird / heissets in heiliger Schrifft: durch Verdienst gerecht
werden / die Seligkeit verdienen / den Himmel durchs Gesetz erwerben: vnd das
wird entgegen gesetzet der Gnaden / vnd der Verheissung deß Segens in Christo;
wie denn auch geschrieben stehet zun Römern am 11. Ists auß Gnaden / so ists
nicht auß Verdienst der
Nun aber wird das Erbe durch Verheissung gegeben. Das ist offenbar in dem Exempel
Abrahams: GOtt hats Abraham durch die Verheissung frey geschenckt. Es wird
beydes von Christen vnd Juden zugegeben / daß wir müssen auff solche weise für
GOtt gerecht vnd selig werden / wie Abraham. Daher heisst er ein Vatter vieler
Völcker. Nun aber hat Abraham den Segen vnd das himlische Erbe erlanget durch
Verheissung: GOtt hats jhm frey geschenckt. Die Verheissung lautet also: In
deinem Samen sollen gesegnet werden alle Geschlecht der Erden; damit wird dem
Abraham zugesaget ein Sohn / der künfftig solte geboren werden / dadurch der
Segen vnd die himlische Seligkeit nicht allein auff jhn / sondern auff alle
verfluchte Menschen kommen solte. Das glaubte Abraham; denn Verheissung vnd
Glaube gehören beysammen. Wo eine göttliche Verheissung ist / muß sie durch
Glauben auffgenommen werden / so bleibet sie fest. Weil nun Abraham durch den
Glauben die Verheissung annahm / erlanget er dadurch den Segen /
Wie nun Abraham die Gerechtigkeit / den Segen vnd das himlische Erbe erlanget hat
/ so sollen wirs auch erlangen; darumb
Wird nun das Erbe durch Verheissung frey geschenckt / wie offenbar in dem Exempel Abrahams / so wirds nicht durch Gesetz erworben. So wirds auch mit dem Gesetz die Meynung nicht haben / daß es das Testament / das von GOtt zuvor auff Christum bestättiget ist / vmbstosse / vnd dieselbe Verheissung in Christo auffhöre.
Was soll denn das Gesetz? Wozu ist es gegeben? Paulus
Ob nun das Gesetz wol nicht dazu dienet / daß es das Leben bringe / ists doch nicht vergebens gegeben / sondern hat doch seinen Nutzen; vnd zwar erstlich offenbaret es die Sünde / hernach zum andern hat es auch die Juden im äusserlichen Gehorsam deß Gottesdiensts behalten / biß auff die Zeit der Erfreyung; wie denn auch noch das Gesetz so lange verklaget / zwinget vnd verdammet / biß daß wir im Glauben Christi die Erfreyung finden.
Es gedencket Paulus dabey deß Dienstes / welchen GOtt gebrauchet bey Außruffung
seines Gesetzes; nemblich / daß es gestellet ist von den Engeln / durch die Hand
deß Mittlers. Dieses ist bekant auß der Historia. Da ließ sich
Darauß nimpt der Apostel Paulus durch hohe Weißheit
Dieses ist hie nur kürtzlich vnd dunckel angedeutet / damit es
Das Gesetz verheisset das Leben / wann es aber das verheissene Leben auch geben
könte / den himlischen Segen / vnd ewige el käme durch den Glauben an Jesum Christum / gegeben denen
/ die da glauben.
Zweyerley sagt Paulus / 1. daß das verheissene Erbe gegeben werde denen / die da
glauben. 2. Daß es gegeben werde durch den Glauben. Es ist gewiß / vnd Gottes
Testament will es / daß der Segen zu den Verfluchten / das himlische Leben zu
den Verdampten kome / durch den Samen Abrahae / das ist / durch
Christum Jesum. Es fragt sich aber noch / wodurch vnd zu wem dieser Segen komme.
Da antwortet Paulus / der Segen vnd die Seligkeit / die vns Christus gibt /
kompt zu niemand als den Glaubigen / vn durch nichts als durch
den Glauben. Denn weil der Segen in Christo vns durch eine Verheissung
fürgestellet / so muß es auff keine andere art genommen werden / als die sich
bey Verheissung schicke. Nemblich / zu Verheissungen gehöret Glaube; vnd wenn
Gott etwas verheisset / will er / daß es durch Glauben von vns angenomen werde. Solches zeiget das Exempel Abrahams / dem ward die
Verheissung deß Segens gegeben / solche Verheissung nahm er im
Es ist hie nicht die Frage / wie der Glaube sich zieren soll / wann wir nun
gerecht geworden seyn / vnd die Verheissung durch den Glauben angenommen haben /
sondern wie ich mich verhalten muß / daß ich die Verheissung deß Segens bekomme
/ vnd wodurch ich den verheissenen Segen muß annehmen. Da / in dem Stück / vnd
in dem Handel / darff ich nit drauff sehen / ob ich heilig oder vnheilig /
gerecht oder vngerecht / gesegnet oder verflucht / selig oder verdampt; denn ja
Christus nicht will die Heiligen heilig machen / nicht die Gerechten gerecht
machen / nicht die Gesegneten segnen / nicht die Lebendigen lebendig machen /
nicht die Seligen selig machen; sondern das ist die rechte Haupt-Kunst Christi /
daß er den Vnheiligen bringe Heiligkeit / den Vngerechten Gerechtigkeit / den
Verfluchten den Segen / den Todten das Leben / den Verdampten die Seligkeit. O
wie ein thewres werthes Wort ists / daß JEsus Christus in die Welt komen / die armen Sünder selig zu machen. Darumb sage
Hie ist auch diß offenbar / wie kein Vnglaubiger den himlischen Segen vnd
Seligkeit erlangen könne / vnd daß von keinem Heyden / er habe auch äusserlich
ein Ansehen wie er wolle / wir vns sollen Gedancken machen / daß er auch selig
werde / denn es bleibet
Also ist in dieser Lection bekräfftiget / wie das Testament / das von Gott zuvor
bestättiget ist auff Christum / nemblich daß durch jhn alle Geschlecht der Erden
sollen gesegnet werden / vnwandelbar sey. Es ist zwar das Gesetz hinzu kommen /
aber vmb der Sünde willen / daß die Sünde offenbar würde; mit nicht aber daß die
Verheissung solte auffhören / oder zu der Verheissung noch etwas solt hinzu
gethan werden. Denn ein bestättigtes Testament verändert man nicht / man thut
auch nichts hinzu. Drumb bleibets bey der einen Art / gerecht vnd selig zu
werden / die bey Abraham gefunden / welcher das Erbe durch Verheissung erlanget
/ vnd nicht durchs Gesetz erworben hat. Wann wir nicht wären Vbertretter deß
Gesetzes / so könten wir durch das Gesetz den Segen erlangen / nun aber hat die
Schrifft alles vnter die Sünde beschlossen. Darumb
Dieses wird nicht allein dazu geprediget / daß wir es wissen /
Darumb / meine Lieben / gebraucht zu erst das Gesetze dazu / dazu es euch gegeben
ist / daß jhr nemblich die Sünde darauß erkennet. Denn wo keine Erkäntnüß der
Sünden ist / da ist auch keine Vergebung der Sünden / da ist auch kein Christus.
Denn im 51. Psalm: Die Opffer / die Gott gefallen / sind ein
geängster Geist / ein geängstes vnd zuschlagen Hertz wirstu GOtt nicht
verachten. Es findet das zerbrochen Hertz nicht allein Gnade bey GOtt / sondern
empfindet auch vnd schmecket die Gnade. Wo die Sünde mächtig ist / vnd das Hertz
rechtschaffen ängstet vnd zerbricht / da ist die Gnade auch mächtig / vnd
bringet recht lebendigen Trost. Hingegen / wo man keine Sünde empfindet / da
weiß man nicht / was für Gnade es ist / daß GOtt in Christo Sünde vergibt. Wer
nicht mit Paulo klagen kan: Ich elender Mensch / wer will mich erlösen von dem
Leibe dieses Todtes; Ich finde doch nichts gutes in mir; der kan auch mit
demselben Paulo nicht jauchzen: Gelobet sey GOtt in Christo Jesu. Ach wie ein
thewres werthes Wort ists / daß Jesus Christus in die Welt kommen ist / die
armen Sünder selig zu machen. Christus ist in die Welt kommen / daß er selig
mache; aber niemand macht er selig / als arme Sünder. Daß Christus will die
armen Sünder selig machen / ist ein
Wie soll mans dann machen? Nimb die zehen Gebott für dir / vnd halt dargegen dein Leben / nicht allein die eusserliche Wort vnnd Wercke / sondern die Gedancken / die Begierden / vnd allergeringste Bewegung deines Hertzens. Dann das Gesatz ist geistlich; vnnd alle Sünde gehen auß dem Hertzen. Darumb muß der Grund deines Hertzen / vnnd deiner Sinne nach GOttes Gesatz erforschet werden. Zum Exempel. Das siebende Gebott saget: Du solt nicht stehlen; das wirdt nicht allein dem eusserlichen Menschen gesaget / sondern dem Geist vnd dem Hertzen; vnnd will das Gebott / daß in deinem Gemüth nicht der geringste Gedanck soll auffsteigen / nur zu begehren etwas / daß nicht dein ist. Haben nun deine Hände nicht gestolen / bistu dadurch noch nicht frey von Sünden; besihe dein Hertz vnnd Gedancken. Also thue in allen anderen Gebotten mit allem Fleiß vnnd Ernst / so wirstu bald finden / was für eine Creatur du bist. Gedencke nicht / lieber Mensch / daß GOtt seine Gebott vns vergebens gegeben habe / so es vns nit Nutz were / hätte ers wol können zu Hause lassen. Bistu klug / so gebrauche es dazu / dazu es dir gegeben ist.
Wann du nach dem Gesätz deine verfluchte Natur erkandt hast / da wende dich zu der gnädigen Verheissung GOttes / darinn er dir den Segen anbeut wieder deinen Fluch / die Gerechtigkeit wieder deine Sünde / die Seligkeit wieder dein Verdamnuß / vnd das alles in Christo JEsu. Dann in jhm ists beschlossen; durch jhn sollen alle Geschlecht der Erden gesegnet werden. An solche Verheissung halt dich fest durch den Glauben / so hast du was du glaubest / Gerechtigkeit / Segen / Leben vnd Seligkeit.
Es ist ein vberauß grosser Trost / daß die Verheissung Gottes nicht wancket /
noch vmbgestossen wirdt. Falle ich tausendtmal im Tage / kan ich tausentmal
durch diese Verheissung mich wieder auffrichten. Falle ich noch tausentmal / kan
ich aber tausentmahl auffstehen / wo es nur müglich ist / daß ich bey so offt
wiederholten Sünden kan hertzlich die Sünde berewen. Es sey wie jhm will / so
offt mein Hertz vmb der Sünde willen zerschlagen wirdt / so offt finde ich in
der Gnaden Verheissung / was mir Gott
Wann nun der Sathan einmahl solte von dir Grund fordern der Hoffnung die du hast / allermeist in der Stunde deß Todtes; kanst du dich gründen auff diß Göttliche Testament: Dann da stehts: Was gesegnet soll werden / das muß durch den Samen Abrahae gesegnet werden. Wer vom Fluch will loß seyn / muß durch Christum vom Fluch erlöset werden. Dann darumb hat GOTT seinen Sohn dahin gegeben / auff daß alle / die an jhn glauben nicht verlohren werden / sondern das ewige Leben haben. Dabey bleibe / wo du nicht anders ein Ehrendieb seyn wilst / vnd Christo die Ehre nehmen / die jhm GOtt im Testament vermacht hat. Das ist aber der Segen / daß er kräfftig segnen kan alle verfluchte Sünder die zu jhm kommen / vnnd so offt sie kommen.
Ja gesetzet / daß ich die abschewligste Sünde begangen hätte / vnnd were ein
Grewel geworden für GOTT vnd allen Menschen; soll ich doch nicht verzagen /
sondern also gedencken: GOtt lob daß ich erkenne wie ich ein Fluch bin / nicht
allein daß ich diß vnnd das gethan habe / sondern weil meine gantze Natur wieder
GOtt vnnd sein Gebott ist. Diß saget mir das Gesätz / vnd damit hat es sein Ampt
gethan / dann das Gesätz ist darzu gegeben / daß es Sünde offenbar. Weiter soll
es nicht kommen. Es kan mich nicht selig machen / so soll es mich auch nicht
verdammen. Es verkündiget mir wol mein Verdamnuß. Aber es soll mich nicht in die
Verdamnuß stürtzen. Dann ich habe eine andere Predigt von GOTT gehöret / darinn
er sein Kind JEsum geehret hat / daß durch jhn sollen alle Verfluchte gesegnet
werden. Das will ich nimmermehr vmbkehren / sondern weil ich verflucht bin / so
will ich mitlauffen zu Christo JEsu / der auch mein JEsus
Will sich das Hertz so bald nicht stillen / so mache dich zu dem Abendmahl / da GOTT dich speiset mit dem Leibe seines Sohns / vnnd dich träncket mit dem Blut / das für deine Sünde vergossen ist. Das versaume nicht; vnd halte GOtt rechtschaffen für das Blut deiner Versöhnung: Heyliger Vatter: Ich bin ja ein armer verfluchter Sünder. Aber sihe an das Blut deines Sohns JEsu Christi / daß mich reiniget von allen meinen Sünden. Sihe an das Blut daß ich nun trinck. Diß laß meine Versöhnung seyn. Sey mir gnädig durch das Blut Jesu Christi. Ach wie eine feine Klugheit! Wol dem der sich daran hält / er lebet ewiglich. Amen.
V. 16. LIeben Brüder / wandelt im Geist / so werdet jhr die Lüste deß Fleisches nicht vollbringen.
V. 17. Dann das Fleisch gelüstet wider den Geist / vnd den Geist wider das Fleisch / dieselbige seynd wider einander / daß jhr nicht thut was jhr wollet.
V 18. Regieret euch aber der Geist / so seyd jhr nicht vnder dem Gesetz.
V. 19. Offenbar seyn aber die Werck deß Fleisches / als da seynd Ehebruch / Hurerey / Vnreinigkeit / Vnzucht.
V. 20. Abgötterey / Zauberey / Feindtschafft / Hader / Neid / Zorn / Zanck / Zwytracht / Rotten.
V. 21. Haß / Mord / Sauffen / Fressen vnd dergleichen. Von welchen ich euch habe zuvor gesagt / vnnd sage noch zuvor / daß die solches thun / werden das Reich Gottes nicht Erben.
V. 22. Die Frucht aber deß Geistes ist / Liebe / Frewde / Fried / Gedult / Freundlichkeit.
V. 23. Gütigkeit / Glaube / Sanfftmut / Keuschheit / wider solche ist das Gesetze nicht.
V. 24. Welche aber Christum angehören / die Creutzigen jhr Fleisch / sampt den Lüsten vnd Begierden.
DAß wir arme Sünder für GOtt gerecht vnnd selig werden / allein auß lauter Gnad /
durch den Glauben an JEsum Christ / heißt in heiliger Schrifft eine Freyheit.
Dann nach dem Paulus in der Epistel an die Galater gründlich gelehret hatte /
wie wir die Seligkeit nirgends anders dann in den Verheissungen von Christi
Erlösung suchen sollen / spricht er zu Anfang deß 5. Capitels: So bestehet nun
in der Freyheit / damit vns Christus befreyet hat. Das ist aber keine geringe
Freyheit. Wann ich stehe für GOttes Gericht / will haben Vergebung der Sünden /
vnnd noch darzu GOttes Erbeim Himmel seyn / bedarff ich nichts / als daß ich in
Erkandtnuß meiner Sünden GOtt das Blut Christi fürhalte / mit gewisser
Zuversicht / das werde meine Versöhnung seyn. Hie gilt weder Lauffen noch
Arbeiten / sondern allein kindlich Vertrawen. So wir solten durchs Gesetz suchen
/ für GOtt gerecht werden / das würde Mühe vnnd Arbeit kosten / vnnd nichts
helffen; nun aber seynd wir davon frey. Tretten wir für GOttes Gericht / ist
nicht noth zu sehen darauff / was das Gesetze fordere / ohn allein so weit es
die Sünde offenbahret / sondern ohn allen Beding ergreiffen wir den Segen in
Christo / nach GOttes Testament vnd Ordnung: In dem Samen Abrahae sollen
gesegnet werden alle Geschlecht der Erde.
Es ist aber hiebey nicht zuvergessen / was Paulus hinzu setzet / eben in dem 5.
Capitel an die Galater. Ihr seyd / lieben
Gedenckt man dann / so seyn wir ja noch vnter dem Gesetz. So antwortet Paulus:
Nein / gar nicht. Das Gesetz soll bey den Glaubigen nichts mehr thun / als daß
es vnsere Schuld anzeyge: Was GOtt von vns zu fordern habe. Wie dann auch in der
1. an Timotheum am 1. geschrieben stehet: Den Gerechten ist kein
in Spiritu.
EBen wie Paulus zun Römern am sechsten Cap. schreibet: Nu jhr seyd von der Sünde
frey / seyd jhr Gottes Knechte worden; auff solche Weise will er auch hie sagen:
Nu jhr seyt vom Gesetze frey / sollet jhr nach dem Geiste leben. Dann so lauten
seine Worte: Wandelt im Geist / so werdet jhr die Lüst deß Fleisches nicht
vollnbringen. Dann das Fleisch gelüstet wieder den Geist / vnd der Geist wieder
das Fleisch / dieselbigen sind wieder einander / daß jhr nicht thut / was jhr
wollet. Regieret euch aber der Geist / so seyd jhr nicht vnter dem Gesetz. Damit
zeyget er die Art der Freyheit recht zu gebrauchen / vnnd will so viel sagen: So
jhr nach dem Geist wandelt / werdet jhr dem Fleisch nicht Raum geben / vnd doch
in der Freyheit bleiben. Wie das? Dann Fleisch vnd Geist seynd Feinde / vnnd
streiten wieder ein ander. Darumb & Spiritu
pugna.
Hie haben wir zu erst zubedencken / den Streit deß Fleisches vnnd deß Geistes.
Dann das Fleisch gelüstet wieder den Geist / vnnd den Geist wieder das Fleisch /
Die zween Obristen in diesem Streit / seynd zween Fürsten vnd Regenten vnsers Lebens / vnd heissen Geist vnd Fleisch. Der Geist ist ein newes Liecht in der Seelen von GOtt dem heyligen Geist angezündet / vnnd eine innerliche geistliche Krafft deß Hertzens vnd der Seelen / die vns reget vnd beweget / zu GOtt vnd allem guten. Oder aber / es ist GOtt der heylige Geist selbst / so weit derselbe das innerliche Liecht / vnd die newe geistliche Krafft in der Seelen außgeusset. Dann der heylige Geist wird auff zweyerley Weise betrachtet / erstlich nach seinem Wesen / hernach nach seiner Würckung. Wann nun der heylige Geist in der Wiedergeburt / die Seel erleuchtet / ein newes Liecht vnd geistliche Krafft in die Seele bringet / das heißt der Geist / vnd ist der Vrsprung vnd der Anfang aller geistlichen Tugenden / vnd deß gantzen Christlichen Wandels.
Das Fleisch heisset die begierliche Lustseuche der Affecten / oder der gantze natürliche Mensch / wie er nach der Natur von Vatter vnd Mutter gezeuget wird / in dem derselbe mit allen Bewegnussen deß Hertzens / der Seelen / vnd allen Kräfften zur Wiederspenstigkeit vnd Vngehorsamb / wieder GOTT vnd seinen Willen sich mercken läßt. Solche natürliche angeborne Vnart ist der Vrsprung vnd Anfang aller Laster / vnd deß gantzen sündlichen Lebens.
Diese Fürsten seynd sich vntereinander Spinnefeind / vnnd wohnen doch zusammen / in einem Lande / in einer Statt / in einem Hause / in einem Menschen / in einer Seelen. Daher entstehet ein wunderlicher Streit. Der Geist fänget an zu streiten in mir vnd wieder mich; wieder dasselbe daß auch ist in mir / vnnd wieder mich. Das ist das rechte Kennezeichen der Kinder Gottes.
Auffdiesen Streit folget / daß wir nicht thun was wir
Wann wir die streitende Parteyen besehen haben / müssen wir zum andern bedencken / zu welchem Theyl wir vns schlagen sollen. Der Apostel spricht: Wandelt nach dem Geist. Ist so viel: Lieben Christen / weil jhr glaubet / seyd jhr ein Tempel deß H. Geistes / der wohnet in euch / vnd straffet in euch das böse / vnd treibet euch zum guten / vnd gibt euch einen erleuchteten Verstandt / vnd einen heyligen Willen; demselben folget / den lasset ewren Fürsten seyn / vnd dem springet bey / das ist mein Rath.
Warumb aber: Wandelt im Geist / so werdet jhr die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen; vnnd abermahl: Regieret euch der Geist / so seyd jhr nicht vnter dem Gesetze. Damit ist vns so viel gesagt: Ich weiß daß in euch vnderschiedliche Lüste ermercket werden. Ich will euch aber zeygen was jhr thun sollet; folget dem Geist vnnd thut / wozu der Geist euch treibet / so werdet jhr deß Fleisches Lüst dämpffen / vnd gleichwol in ewrer Freyheit fest stehen.
Zweyerley wird hie gesaget von denen / die im Geist wandeln: Erstlich sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Dann der Geist streitet wieder Fleisch / vnnd läßt jhm den Willen nicht. Daß ein Christ keine Lüste deß Fleisches fühlen werde / ist nicht gesagt; hats doch der heylige Mann Paulus fühlen müssen. Daß aber wirdt gleichwol gesagt: Sie werden die Lüste deß Fleisches nicht vollnbringen. Das Fleisch wird vns zu allem bösen rathen vnd treiben; aber der Geist merckts / daß es nicht vollnbracht wird.
Zum andern wird gesagt / daß die so vom Geist sich regieren lassen / nicht vnterm Gesetze seyn. Das Gesetze verdammet sie nit; dann sie seind vom Fluch deß Gesetzes erlöset / vnd seynd gerecht worden durch die Gnade JEsu Christi; das Gesetz treibt vnnd zwinget sie nicht: Eben darumb / weil sie regieret werden / durch den Geist Christi. Das Gesetz richtet hie wenig auß. Wo ich mich selbst recht kenne / finde ich in mir solche Natur / wann das Fleisch hitzig wird / daß es sich nicht wehren lässet / wann ich schon gedencke ans Gesetz / Fluch vnnd Verdamnuß. Weil ich aber durch den Glauben den heyligen Geist empfangen habe / der erinnert mich / wie einen gnädigen GOtt ich habe / vnd daß ich doch die Liebe vnd Gnade meines GOttes nicht geringschätzig achte. Daher gewinnet das Hertz Lust vnd Lieb GOtt gehorsamb zu seyn / vnd sich für Sünde zu hüten.
Also stehen wir recht in der Freyheit / davon auch Paulus
Hingegen / so jemand die Gerechtigkeit für GOtt auß dem Gesetze holen will / ladet er nur Mühe auff sich / vnd erlanget doch dadurch nichts; wer aber in Sicherheit fällt / vnnd begehret keiner Sünden zu wehren / weil er auß Gnaden gerecht wird / stehet nicht in der Freyheit / sondern ist der Sünden Knecht geworden / vnd bezeuget mit seinen Früchten / daß er nicht in Christo als dem Baum deß Lebens grüne / vnd seines Geistes theylhafftig sey.
So haben wir nun gesehen / wie durch den Geist wir in rechter Freyheit geführet werden / dann wann wir vns vom Geist regieren lassen / darff vns das Gesetz nicht treiben / vnnd lassen doch dem Fleisch nicht seinen Muthwillen. Darumb / wie wir ermahnet werden / zu stehen in der Freyheit / darzu wir in Christo JEsu beruffen seyn; so werden wir auch ermahnet / nach dem Geist zu wandeln / damit wir durch die Freyheit dem Fleisch nicht Raum geben / sondern die Lust deß Fleisches in vns tödten / als dann dörffen wir nicht über knechtischen Zwang klagen / sondern wir seynd recht frey.
Diß in die Vbung zu bringen ist von nöthen / daß wir wissen / welche da seyn
Wercke deß Fleisches / oder Wercke deß Geistes. Darumb legt vns Paulus ein
Register für / darinn stehet also: Offenbar sind die Werck deß Fleisches / als
da sind Ehebruch / Hurerey / Vnreinigkeit / Vnzucht / Abgötterey / Zauberey /
Feindtschafft / Hadder / Neid / Zorn / Zanck / Zwytracht / Rotten / Haß / Mord /
Sauffen / Fressen vnnd dergleichen. Von welchen ich euch habe
Die Früchte deß Fleisches nennet der Geist GOttes / offenbarliche Früchte: Die Wercke deß Fleisches seyn offenbar. Dann es ist auch eine verborgene Sünde / als die angeborne Erbsünde / welche tieff im verborgen lieget / vnd nicht leicht kan erkant werden / ohne durchs Wort GOttes / wann nach demselben die Wiedergeborne sich recht von Grunde auß prüfen: Aber die Früchte deß Fleisches / vnd der angebornen anklebenden Sünde / wann dieselbe in vns anfahet sich zu regen vnd zu wüten / lassen sich eusserlich im Werck sehen / daß sie auch von der Vernunfft erkant vnnd gerichtet werden können / daher auch die Weisen vnter den Heyden auß dem Liecht der Natur / viel vnd herrlich wieder die Laster geschrieben haben.
Die Früchte deß Fleisches / seyn allesampt dreyerley Art / dann etliche seynd
gerichtet wieder GOtt / etliche wieder den Nächsten / etliche wieder den
Menschen selbst / der sündiget. Es seynd zwar alle Sünde wieder GOtt / der in
allen Sünden beleydiget wird; sie seynd auch alle wieder den Nächsten / so weit
derselbige geärgert wird; auch seynd sie alle wieder den Sünder selbst / so fern
sie jhn verderben. Doch ist ein Vnderscheyd vnter denselben. Dann etliche
beleydigen GOtt vnmittelbar / als die Sünde wieder die erste Tafel; andere Sünde
beleydigen zu erst / vnnd
So wütet nun das Fleisch / zu erst wieder GOTT durch Abgötterey vnnd Zauberey.
Abgötterey ist eine Frucht deß Fleisches / wann der Mensch sich mit seinem
Hertzen von GOtt abwendet zu den Creaturen. Geschicht nicht allein / wann man
eusserlich selbst Gottesdienst erdichtet / vnd mit Hertzens Andacht anruffet /
dem die Ehre der Anruffung nicht gebüret / es seyn Engel oder Menschen / Todte
oder Lebendige; sondern auch wann man deß Hertzens Vertrawen zur Creatur wendet
/ imgleichen so man die Creatur mehr fürchtet dann GOtt. Diß ist eine
offenbarliche
Zauberey ist auch eine vnmittelbare Sünde wieder Gott / wann einer sich hält zu
Teuffels Künsten vnd vnnatürlichen Mitteln / dardurch zukünfftiger Dinge sich
zuerkundigen / auch wunderliche Dinge zu würcken / den Nächsten zu beschädigen
oder zubelustigen. Geschicht nicht allein / wann jemand in solcher Teuffels
Kunst ein Meister wirdt / sondern auch / wann jemand zu den vnnatürlichen
Teuffels Künsten laufft / vn derselbigen gebraucht / wie der
Gottlose König Ahasja deß wegen vom Prophete Elia gescholten ward
/ daß er in seiner Kranckheit sich raths erholte bey einem Abgott: Ist dann nun
kein GOtt in Israel? Sprach der Prophet zu den Botten deß Königes / daß jhr
hingehet / zu
Zum andern folgen Sünde / dardurch das Fleisch sich setzet wieder den Nächsten /
als da seynd: Zorn / Haß / Feindschafft / Hader vnd Zanck / Zwytracht vnd Rotten
/ Neid vnd Mord. Zorn / ist dem Menschen angeborn. Geschicht vns etwas zu nahe /
werden
Diese Stücke allesampt / seynd offenbarliche Früchte deß Fleisches. Im Gesetz
spricht Gott: Du solst nicht tödten.
Hertzen / so rühmet das ist nicht die Weißheit die von oben herab kompt /
sondern irrdisch / menschlich / vnd teufflisch. Dann wo Neid vnnd Zanck ist / da
ist Vnordnung vnnd eytel böß Ding. Haß vnd Neid entspringt auß dem Teuffel / der
hat auß Haß vnd Neid im Anfang den Menschen ins Verderben gestürtzt. Daher heißt
er ein Mörder von Anfang. Hütet euch lieben Christen / für Haß vnd Neid. Nempt
eweren Zorn in acht. Vnd lernet demselben stewren im Anfang. Es ist ein
gefährlich Ding vmb den Zorn / lässestu dich von Zorn übereilen / vnd wehrest
nicht / kanstu nichts gutes schaffen / vnd thust leicht / daß dir die Tage
deines Lebens leyd ist. Wirstu ja gereitzt durch vnbilliche Schmache vnd Vnrecht
/ so gedencke an deinen lieben HERRN Christum / was der hat müssen außstehen vnd
leyden / vnd hats gelitten ohne Zorn vnd Verbitterung / mit grosser Gedult vnd
Sanfftmuth / nicht allein zu Bezahlung deiner Sünde / sondern auch dir zum
Exempel / daß du möchtest nachfolgen seinen Fußstapffen. Hütet euch für Neid.
GOtt ists ja der die Gaben außtheylet. Du hast nichts darzu gegeben. Vnnd wem
schadet doch ein Neidhalß als jhm selbst? Dann er peiniget sich in seinem
Hertzen / vnnd macht jhm selber grosse vergebliche Vnruhe.
Letzlich folgen die Früchte deß Fleisches / durch welche der Sünder sich selbst
schändet. Solche Sünde seyn / Ehebruch / Hurerey / Vnreinigkeit / Vnzucht.
Ehebruch wird begangen von Personen die im Ehestand leben; Hurerey von Personen
ausserhalb der Ehe. Vnreinigkeit vnd Vnzucht ist / wann man im verborgen
heimliche Schande treibt / die nicht zu sagen ist. Das seynd ja offenbarliche
Früchte deß Fleisches. Wie spricht Paulus 1. Corinth. 6. Wisset jhr nicht / daß
ewere Leiber Christi
Fressen vnnd Sauffen seynd auch solche Früchte deß Fleisches / dadurch der Mensch
seinen eygnen Leib beleydiget. Ein Laster in Teutschen Landen leyder mehr
bekandt als es gut ist; dennoch ein offenbarliche Frucht deß Fleisches. Da
werden die Creaturen mißbraucht / die schreyen wieder vns. Da entstehen
allerhandt Laster / Vnzucht / Zanck / Lästerung. Die Amptsgeschäfft vnnd das
Gebett wirdt verhindert. Was ist aber ein Mensch der nicht betten kan? Ich muß
sagen; in der Stunde darin ein Mensch zum hertzlichen Gebett vntüchtig / ist er
auch vntüchtig zum Reiche Gottes. Daher liget ein Mensch / der seine Vernunfft
mit Fressen vnd Sauffen begraben hat / in grosser Gefahr der ewigen Verdamnuß.
Wann einer alsdann / plötzlich durch den Todt hingerissen wirdt / wie es dann an
Exempeln nicht ermangelt / so fähret der Mensch dahin ohne Vernunfft vnd Gebett
/ wohin / ist
Diß ist die Erläuterung deß Sünden Registers / welches vnsere Lection vns fürgelegt / darinnen doch der Apostel nicht alle Wercke deß Fleisches erzehlet. Darumb setzet er hinzu: Vnd dergleichen. Dann es seynd noch andere Früchte / beydes wieder die erste vnd andere Tafel / aller meist wieder das vierdte / siebende vnd achte Gebott / die auch hieher gehören: Als Vngehorsamb / Vngerechtigkeit / Geitz / Dieberey / Falschheit vnd Lügen. Seynd alle offenbarliche Früchte deß Fleisches.
Aber lasset vns auch besehen das Tugendt Register: Die warhafftige ewige Frewd.
Die Frewde die GOtt in der Seelen würckt / ist viel edler vnd viel
fürtrefflicher / als die die Creaturen bringen. Der Friede sihet auff GOtt /
auff den Nächsten / vnd vns selbst. Wer von fleischlichen Lüsten getrieben wird
/ der findet allenthalben Vnruhe. Die Gottlosen haben keine Ruhe. Den aber der
Geist GOttes treibt / der hat grossen Frieden. Die Beleydigung vn
Schwachheit deß Nächsten erträgt er mit Gedult vnd Sanfftmuth. Gegen GOtt hat er
ein gutes frewdiges Gewissen / kan im Glauben JEsu Christi mit aller Zuversicht
GOtt anruffen / als seinen lieben Vatter. Sanfftmuth / vnd Gedult / oder
Lindigkeit / seynd dz Mittel dardurch Friede vnter Menschen erhalten wird. Ein
gelinder vnnd sanfftmütiger Mensch / erträget nicht allein was an
Wiederwärtigkeit von GOTT zugeschickt wird / sondern träget auch vnd duldet die
Schwachheit deß Nächsten / vergilt nicht böses mit bösem / sondern vergibet
gern. Freundligkeit / machet vns bequem gegen dem Nächsten / mit Worten vnnd
Wercken. Gütigkeit macht vns geneiget alles gutes dem Nächsten zu erzeygen.
Glaube gegen dem Nächsten ist eine Auffrichtigkeit in Worten vnd Zusagungen /
ohn einigen Hinderlist. Keuschheit bezwinget die Vnzucht / vnd andere
fleischliche Lüsten / vnd lehret vns in Essen vnd Trincken / vnd allenthalben
gute Maß halten.
Diese allesampt seynd solche Tugenden / die der H. Geist bey Christen durch den
Glauben würcket. Bey den ehrbaren Heyden hat man zwar auch Leuthe gefunden / die
nicht allein Begierden / von welchen
er nicht gewaschen noch gereiniget ist. Christen aber werden getrieben von dem
heyligen Geist / bawen auff jhr Vermögen gar nicht / sondern werden bey jhnen
selbsten zu nicht / vnd hangen mit jhrem Vertrawen an GOtt / den ruffen sie auch
an; was dann von natürlicher Schwachheit jhnen noch anhanget / davon werden sie
gereiniget durch das Blut der Versönung / vnd haben den Geist der sie bey GOtt
vertritt mit vnaußsprechlichen Seufftzen. Daher heissen jhre Tugenden Früchte
deß Geistes / die auß dem Glauben herkommen.
Da haben wir nun gehöret ein zwyfach Register / darinnen fürnehme Früchte deß Fleisches vnnd deß Geistes erzehlet seyn. Was vom Geist kompt / ist eine Frucht deß Geistes; was vom Fleisch kompt / ist eine Frucht deß Fleisches. Darbey soll man mercken / ob wir vom Geist oder Fleisch getrieben werden. Dann an den Früchten muß man den Baum kennen.
Es ist aber der Rath deß heyligen Geistes gewesen / daß wirdi sin fructus Spiritus.
Hingegen wann der Geist in jemand lebet vnd Frucht bringet
Hiezu gehöret der Beschluß dieser Lection / welcher auch die Nothwendigkeit
anzeyget / wie dieselbe die durch Christum gedencken selig zu werden / nicht
nach dem Fleisch leben müssen:
Hiemit endet sich die heutige Lection / welche nicht allein zeyget den rechten Gebrauch der Freyheit / sondern auch darzu ermahnet; vnd will kürtzlich so viel sagen: Lebet nach dem Geist / wo jhr euch aber deß wegert / vnd wollet nur das Fleisch herrschen lassen / so sage ich euch: Ihr könnet dergestalt durch Christum das Reich Gottes nicht ererben.
Darinn kan ein frommer Christ Vnterricht finden / wieder
Die jhr nun durch Christum gedenckt gerecht vnnd selig zu werden / nehmet an den Rath Pauli: Wandelt im Geist. Sehet zu / daß jhr durch die Freyheit / dem Fleisch nicht Raum gebet.
O wie haben wir vns die Freyheit so weit außgedenet! Suche vnd forsche / ob du
dich haltest nach der rechten Christlichen Freyheit. Auß den Früchten deß
Fleisches vnd Geistes wirstu es wol können erkennen. Kan es mit dem
Christenthumb bestehen / daß du in Feindseligkeit lebest? So scheints / dann es
ist der Natur zu wieder das Vnrecht so bald vergessen. Kan es mit dem
Christenthumb bestehen / wann wir mit rachgirigen Gedancken vmbgehen / auch in
der That Rache an vnsern Beleydigern üben? So scheints / dann was hält man von
solchen Leuten / die sich viel vexieren lassen? Kan das gewohnliche Fressen vnd
Sauffen wol mit dem Christenthumb bestehen? So scheints / dann womit kan man
sonsten einem guten Freunde besser Ehre anthun? Kans mit dem Christenthumb
bestehen / die gewohnliche Vnreinigkeit vnnd Vnkeuschheit / darinn man ohne
hertzliche Buß sich besudelt? So scheints / dann es ist ja der Mensch kein Stock
/ kein Stein / kan mit dem Christenthumb wol bestehen das vnrechtfertig Wesen in
der Welt? So scheints / dann ein Mensch ist ja schuldig für die seine zu sorgen
/ daß er den seinen etwas hinderlasse. Obs zwar wol anders seyn solte / doch
achten wir / GOtt werde es so genaw nicht suchen / vnd das betrachten / daß wir
hie in der Welt leben. Aber was
Fragstu aber; wo ist dann die Freyheit? Was rühmen wir viel von Freyheit? So frag ich auch; wann wir frey seyn vom Fluch deß Gesetzes / ist das eine geringe Freyheit? Wann wir vns nicht dörffen vom Gesatz zum guten treiben lassen / sondern haben inwendig im Hertzen einen freyen willigen Geist darzu / ist das nicht Freyheit? Wann bey den übrigen Schwachheiten ich nicht darff erschrecken für der Gestrengigkeit / vnd für dem Fluch deß Gesetzes / ist das nicht Freyheit? Meinstu daß diß bessere Freyheit were / wann du dem Teuffel immerhin frey in den Lüsten deß Fleisches dienen möchtest?
Was soll man denn thun? Es bleibt bey dem Rath deß heyligen Geistes: Lebet im
Geist. Wann du Reitzung deß Fleisches spürest / so gedenck / da reget sich der
Feinde / der will mich von Christo trennen / vnd meines Erbes im Reich GOttes
berauben /
Bistu ein Knecht oder Magd / so frewestu dich / so du kanst deinem Herrn etwas zu
gefallen thun. Bistu ein getrewer Vnterthan / so ists dir lieb / so du deinem
gnädigen Fürsten vnnd Herren etwas kanst zu Gefallen thun. Bistu ein getrewer
Freund / so frewestu dich / so du deinem Freund etwas kanst zu Gefallen thun.
Bistu ein frommes liebes Kind / so ists dir lieb / so du deinem Vatter oder
Mutter kanst etwas zu Gefallen thun. Bist du ein tugendtsame Braut oder Frawe /
so frewestu dich / daß du deinem Bräutigam oder Ehemann kanst etwas zu Gefallen
thun. Die Liebe wartet nicht biß man sie zwinget. Nun bistu ein Knecht. GOTT ist
dein HERR / da du nichts warest / hat er gemacht / daß du etwas warest / vnd da
du verlohren warest / hat er dich thewr erkaufft vnnd wieder gebracht. So ist er
ja dein HERR. Du bist ein Freund / vnd dein Freund ist GOtt. Dann er hat ja
Freundesstück dir bewiesen. Was kanstu höhers vom Freunde fordern / als so er
sein Leben für dich läßt? Du bist ein Kind / GOTT ist dein Vatter. Ich will
nicht gedencken / daß er dich erschaffen / daß er dich erhält / daß er dir gibt
Nahrung vnnd Frewde / das begehr ich
Der nun stehet in der Krafft deß Geistes im Kampff wieder
V. 25. SO wir im Geist leben / so lasset vns auch im Geist wandeln.
V. 26. Lasset vns nicht eyteler Ehre geitzig seyn / vnnd vnter einander zu entrüsten / vnnd zu hassen.
V. 1. Lieben Brüder / so ein Mensch etwan von einem Fähl vbereylet würde / so helfft jhm wieder zu recht mit sanfftmütigem Geist / die jhr geistlich seyd / vnnd sihe auff dich selbs / daß auch du nicht versucht werdest.
V. 2. Einer trage deß andern Last / so werdet jhr das Gesetz Christi erfüllen.
V. 3. So aber sich jemand laßt duncken er sey etwas / so er doch nichts ist / der betreuget sich selbs.
V. 4. Ein jeglicher aber prüffe sein selbs Werck / vnd als dann wird er an jhm selber Ruhm haben / vnd nicht an einem andern.
V. 5. Dann ein jeglicher wird sein Last tragen.
V. 6. Der aber vnderrichtet wirdt mit dem Wort / der theyle mit / allerley gutes / dem der jhn vnderrichtet.
V. 7. Irret euch nicht / GOtt läßt sich nicht spotten. Dann was der Mensch säet / das wirdt er ernden.
V. 8. Wer auff sein Fleisch säet / der wird vom Fleisch das Verderben ernden / wer aber auff den Geist säet / der wird von dem Geist das ewige Leben ernden.
V. 9. Lasset vns aber guts thun / vnd nicht müde werden / dann zu seiner Zeit werden wir auch erndten ohn auffhören.
V. 10. Als wir dann nur Zeit haben / so laßt vns gutes thun an jederman / allermeist aber an den Glaubensgenossen.
ES ist ein seliger Mensch / der weiß zu rechter Zeit Buß zu
So halt ich nun denselben für selig / der die rechte Zeit Buß zu thun / weiß in
acht zu nehmen. Dann es muß doch dahin kommen / daß er einmal seine Sünde berewe
vnd beweine / geschicht es hie / so lang die Thür der Gnaden offen stehet; ist
dem Sünder sein Weinen vnd Hertzenleyd nutzlich vnd selig. Geschichts nicht hie
/ muß es doch geschehen zur andern Zeit / da die Thür zur Gnaden verschlossen
ist. Dann wirstu ja heulen vnd weinen / vnnd dich selbsten verfluchen / daß du
darumb für GOtt / die kurtze Ergetzligkeit der Welt für ewiges vnd himlisches
Wolleben genommen / vnd darüber in ewige vnd höllische Pem gefallen bist.
Wurdestu als dann gantz in Thränen zerfliessen / wird doch dein Verdamnuß nicht
von dir genommen werden / ja nicht einmal auff ein Stäublein verringert werden /
dann da ist die Zeit deß Gerichts. Vnnd damit ein Mensch nicht meyne / die
Barmhertzigkeit Gottes werde nicht zugeben können / daß ein Mensch solte
ewiglich die vnerträgliche Höllenangst leyden, hat GOtt zu weilen solche
Zornzeichen auff Erden sehen lassen / dabey keine Barmhertzigkeit zu finden /
daß der Mensch erkenne / was der Zorn GOttes thun werde zur Zeit deß Gerichts /
wann die Thür zur Barmhertzigkeit wirdt ewig verschlossen bleiben. So ists ja
besser nun trauren / da man
Solche vnglückselige Zeit deß künfftigen Gerichts / hält die Schrifft den
Gottlosen für / daß sie doch klug werden; wie dann in nächster Predigt / der
Apostel Paulus eine harte Lection gelesen /
Weil es dann so gefährlich vmb einen Sünder steht / hat GOtt durch seinen Knecht
Paulum vns einen guten Rath gegeben / wie wirs angreiffen sollen / daß die Sünde
in vns die Herrschafft nicht erlange / nemblich: Wandelt im Geist / so
werdet
In solcher Meynung bleibt Paulus beständig / vnd ermahnet auch in der heutigen
Lection / daß wir doch im Geiste wandeln.
DAs Leben wird offt in heyliger Schrifft verglichen einer Wanderschafft. Wie eine
Wanderschafft verricht wird durch vnterschiedliche Tritt / da ein Tritt dem
andern folgt / biß wir an vnsern Orth kommen; Also bringen wir vnsere Zeit zu
mit vnterschiedlichen Gedancken / Worten vnd Wercken / da eins dem andern folget
/ biß wir zum Ende kommen. Da muß ein Christ einen jeglichen Tritt in acht haben
/ daß er von Göttlicher Bahn nicht abtrette; das ist / er muß alle seine
Gedancken / Wort vnnd Werck in acht nehmen / daß er darinn nicht sündige; dann
einem Christen nicht frey steht / seinen Gedancken / Worten vnd Wercken freyen
Lauff zu lassen. Wiltu aber wissen / warnach du dich / deine Gedancken / Wort
vnnd Werck richten solt:
Daß du aber wissest / wann dein Christenthumb solche Fürsichtigkeit erfordert / so mercke wie Paulus redet: So wir im Geiste leben / so lasset vns auch im Geiste wandeln. Im Geist leben / vnd im Geiste wandeln ist hie zweyerley. Solches zu verstehen habt jhr euch zu erinnern / daß ein Mensch zweyerley Seel vnnd Leben habe. Erstlich eine natürliche Seele / die gibt das natürliche Leben. Aber ein Mensch der nicht mehr hat als das natürliche Leben / ist für GOTT todt vnnd ein Aaß. Darumb muß fürs ander zu vns kommen eine geistliche Seele / die ist GOtt / wann der in Gnaden sich mit vns vereiniget; alsdann fanget an das geistliche Leben / vnnd heisset eine Wiedergeburt. Wann nun ein Mensch zum newen Leben wiedergeboren ist / das heißt hie im Geist leben. Wann in demselben die Wiedergeburt jhre Früchte bringet / das heißt hie im Geiste wandeln.
Ists nun wahr / daß wir zum newen Leben durch den Glauben wiedergeboren seynd / GOttes lebendige Kinder geworden seyn / so muß auch folgen / daß wir in der Krafft der newen Geburt wandeln / vnd die Früchte deß Geistes in vns sehen lassen. Ists der Geist GOttes / der vns das Leben für GOtt gibt; so muß es auch der Geist GOttes seyn / der vns regirt vnd führet in vnserm Leben. Wollen wir das Ansehen haben / daß wir durch GOttes Geist wiedergeboren seyn / müssen wir solches im Werck beweisen. Wie es eine vnsinnige Rede ist / wann einer im finstern Loch in allerley Vnflat sich weltzet / vud gleichwol rühmen wolte / er lebte in einem gläntzenden herrlichen Saal; so ist es auch eine vnbesonnene Rede / wann einer fürgibt / er lebe im Geist GOttes; der sich doch weltzet in allerley Vnflat deß Sathans.
Dieses ist noch in gemein vom geistlichen Wandel geredet / was folget / seynd
sonderbare Stücke deß geistlichen Wandels; dann es führet vns der Apostel auff
Sanfftmuth vnnd Wolthätigkeit
Wann vns aber Paulus auff Sanfftmuth führet; führet er vns auff das Stück deß Geistes / dazu vns Christus lockt / wann er rufft: Kompt her zu mir / vnd lernet von mir / dann ich bin sanfftmütig vnd von Hertzen demütig. Es will Christus nicht / daß wir von jhm lernen / grosse Weißheit / Beredtsamkeit / Wunder thun sonder Sanfftmuth vnd Demuth.
Es hat aber Sanfftmuth zu streiten mit zween gewaltigen Fürsten / mit Ehrgeitz / vnnd Vngedult. Darumb schreibt der Apostel den Sanffmütigen zwo Regel für / darnach sie sich richten müssen / wollen sie nicht von den Feinden der Sanfftmuth vnnd Demuth überwältiget werden.
Die Erste Regel: Lasset vns nicht eyteler Ehr geitzig seyn / vntereinander zu
entrüsten / vnd zu hassen. Nach Ehren trachten / das ist / in allem Thun sich
eines guten Nahmens
Hat einer für treffliche Gaben / so kan er nicht leyden / wo er anders seiner
Natur folgen will / daß ein ander komme / der in denselbigen Gaben jhn
übertrifft. Cain liebte Abel / als seinen Bruder natürlicher Weise / als er aber
merckte / daß jhn GOTT vorgezogen hatte / vnd mehr von Abel hielte als von Cain
/ da ergrimmet er vnd neidet seinen Bruder bitterlich. König Saul liebte David
als einen geschickten Mann / als er aber hörte / daß er jhm solte vorgezogen
werden / vnnd mehr Ehr dar von tragen als er der König selbst / da neidet er jhn
biß auff den Todt. Das ist ein gemeines Laster in allen Ständen. Findet eine
Magd mehr Gunst / bey der Frawen als die ander / das macht Neid; hat ein
Handtwercks-Mann etwan einen besonderlichen Griff in seiner Kunst / der siht
nicht gern / daß einer auff stehe / der jhms nach- oder zuvor thue. Gerathen
dann hie zween harte Köpff an einander / die stossen sich.
Diese alle mit einander macht der Apostel zu Schanden / vnd spricht; ey pfui! Ist das der Geist Christi! Ist daß der Geist der Sanfftmut! Lebet jhr im Geist / der da ist ein Geist der Sanfftmuth vnnd Demuth / so wandelt auch im Geist der Sanfftmuth vnd Demuth. Lasset vns nicht eiteler Ehr geitzig seyn / vntereinander zu entrüsten / vnd zu hassen. Das ist die erste Regel / für denen die da wollen im Geist der Sanfftmuth wandern.
Die andere Regel: Lieben Brüder / so ein Mensch etwa von einem Fehl vbereilet
würde / so helfft jhm wieder zu recht / mit sanfftmütigem Geist / die jhr
geistlich
Hie ist zu mercken / das Mitleyden deß heyligen Geistes / dan in
dem er die gefallene Christen beschreibet / als die von einem Fehl vbereilet
worden / bezeuget er gleichfalß sein Mitleyden mit der schwachen Natur / vnd
bringt die Schuld auff den Wiedersacher den Sathan / vnd seinen Schlangensamen /
diß seynd die geistliche Feinde / die mit jhren Versuchungen derfrommen Seelen
nachgehen / vnd jhr offt zuvor kommen / ehe sie recht erweget / was sie thut.
Ein solches Mitleyden findet man auch im 3. Buch Mosis am 5. jm auß dem Mund ein schwur
entfähret / Schaden zu thun. Daselbst setzet der gütiger hinzu: Wie dann einem
Menschen ein Schwur entfahren mag / ehe ers bedacht. Mit dieser vnd dergleichen
Art zu reden / bezeuget der frome Gott sein Mitleyden mit der
schwachen Natur.
Was sollen aber Christen thun bey dem Fehltritt jhres Nächsten?
Diß fordert der heylige Geist von geistlichen Leuten: Ihr die jhr geistlich seyd / helfft jhm wieder zu recht mit sanfftmütigem Geiste. Was Eltern vnd Obrigkeit / Prediger vnd Schulmeister hiebey jhrem Ampt nach thun sollen / wird am andern Orth berichtet; hie hat der heylige Geist zu thun mit Christen in gemein / wie ein Christ gegen dem andern in gemeinem Leben soll gesinnet seyn. Paulus als der Werckzeug deß heyligen Geistes / redet sie freundlich an / nennet sie erstlich seine lieben Brüder / hernach geistliche Leute. Das ist ein recht feiner Titel für Christen / die sollen geistlich seyn / das ist / solche Leuthe / welche den heyligen Geist in sich haben / vnd von demselben vnderwiesen / vnd getrieben werden.
Mit diesen Titeln zeyget zugleich Paulus Vrsachen / warumb Christen einen
gefallenen Sünder mit sanfftmütigem Geist tragen / vnnd wieder zu recht helffen
sollen. In dem er sie nennet er sie nennet geistliche Leute / erinnert er
sie jhrer Pflicht: Lebet jhr im Geist / so wandelt auch im Geist. Der Geist
vnserer Wieder geburt ist ein Geist der Sanfftmuth. Ists nun wahr daß wir
geistlich seyn / müssen wir dasselbe auch in der Sanfftmuth beweisen. Vnd ist
kaum etwas / daß mehr einen geistlichen Menschen beweiset / als Sanfftmuth gegen
irrende vnd gefallene Sünder.
Vber dieses gibt der heylige Geist vns noch zweyerley außtrucklich
Wann solches betrachtet wird / werden wir keine Vrsach haben / einen andern in
seinem Fall zuverlachen / verschmähen / vnnd jhn mit Vngestüm von vns zu treiben
/ sondern werden viel mehr Mitleyden vnd Gedult mit jhm haben / vnd mit Sanff
muth jhn ertragen. Das ist dan / dazu vns Paulus ermahnet: Einer
trage en
vnvermögen ist / so muß er entweder zu rücke bleiben / vnd wol gar auff dem Wege
vmbkommen / oder die Geferten müssen jhm helffen die Bürde leichter machen. Wird
jhm die Bürde leichter gemacht / daß er mit fort kommet / kan er nachmals einem
andern / wan der ermüdet wieder fort helffen. Also auch / wann
einem Fuhrmann die Pferde ermüden / vnd allein auß der Pfütze nicht kommen kan /
kompt jhm der ander zu Hülff mit seinen Pferdten / damit sie samptlich
fortkommen. So soltens wir Christen auff vnserer geistlichen Reyse auch machen.
Einer trage deß andern Last. Zum Exempel: Ist jemand der langsamb ist / vnd in
seinen Geschäfften übel fortzubringen / so bistu jachzornig / vnd fährest mit
Eyffer vnd Vngestüm herauß. Da muß ein ander mit dir Gedult haben. Wie du nun
wilt / daß ein ander dich ertrage / vnd dir etwas zu gute halte / so mach es
auch mit einem andern / so trägt einer deß andern Last. Laufft etwas für daß dir
mißfällt an einem andern / so gedenck / daß auch viele dir anhängt / daß einem
andern nicht gefällt. Darumb trage einer deß andern Last / habt Gedult vnter
einander / vnd wer den andern
Wann das geschicht / alsdan erfüllen wir das Gesetze Christi / daß
ist das ander / welches vns hie Paulus zubedencken fürleget: /
was bedeuts / daß Christus der HERR den Jüngern die Füsse waschet / so zeyget
vns Petrus zweyerley. Erstlich / daß vns allen die sündliche Vnreinigkeit
anklebe. Zum andern / daß einer deß andern Vnreinigkeit vnd Schwachheit in der
Liebe mit Sanfftmuth vertrage / vnnd bessern helffe. Diß ist das Gesetz Christi
vns seinen Jüngern anbefohlen. Diesen Befehl seynd wir schuldig in Würden vnd
Ehren zu halten. Einer trage deß andern Last / so werdet jhr das Gesetz Christi
erfüllen.
Diß seynd die beyde Stücke / die vns Paulus hie außtrücklich zu bedencken gibt /
nemblich vnsere eygene Schwachheit / vnd der Befehl Christi. Damit will er vns
bewegen / daß wir vnsern Nächsten mit Gedult in seiner Schwachheit ertragen /
vnd alle zeit mit Sanfftmuth wieder auff vnd zu rechte helffen. Weil aber
mancher nicht will wissen / was er selber ist / vnd von seiner Wahr gar viel
hält / hält sich Paulus hie noch etwas auff / vnd redet von
Ist nun jemand der mehr zu seyn vermeynt als ein ander / als wann er sich keines
Falls zu besorgen hätte / denen entdeckt Paulus zu erst jhren Vnverstand / vnd
spricht: O du Thor betreugst dich selbst. Du bist doch nichts: So sich jemand
läßt duncken er sey etwas / so er doch nichts ist / der betreugt sich selbst:
Dann gewiß wir seynd doch nur allesampt ein gebrechlich Gefäß.
Zum andern / gibt Paulus solchen hochfahrenden Geistern einen Rath / was sie thun
sollen: Ein jeglicher prüfe sein selbst Werck. All dein Werck / dein Thun vnnd
Lassen setze auff die
Das ist ein recht guter Rath / vnnd eine heylsame Vbung. Dann erstlich wer solches thut / der wird als dann an jhm selber Ruhm haben / vnd nicht an einem andern. Viel haben darzu Lust / daß sie Ruhm vnd Lob auß eines andern Schande suchen. Sie verkleinern gerne einen andern / daß sie deßzu grösser geachtet werden. Das gilt nicht. Besser ists / daß wir den Ruhm bey vns selbst / ohn deß Nächsten spott suchen / welches geschicht / wann wir / wie gesagt / vns selbst prüfen. Dann als dann werden wir einen solchen Balcken in vnsern Augen finden / daß wir deß Splitters in den Augen vnsers Nächsten wol vergessen werden. Richten vnd vrtheylen / stehet vns nimmer besser an / ist auch nimmer heylsamer / als wann wir vns selbst richten.
Zum andern ist diß auch wol gerathen darumb / weil ein jeglicher seine eigne Last
tragen werde. Gleich wie vns vil anbefohlen ist / daran wir genug zu tragen
haben / also werden wir auch viel im künfftigen Gericht für Gott zu verantworten
haben. Da werden wir nicht nach eines andern / sondern nach vnserem eigenen
verhalten gerichtet werden. Da wird ein jeglicher müssen für sich Antwort geben.
Hie zwar / in dem wir noch auff dem Wege seyn / muß einer dem andern die Last
tragen helffen / wie Paulus vorhin gelehret hat. Die Starcken müssen Sanfftmut
gegen die Schwachen üben / daß jhnen die Last nicht zu schwer werde / vnd sie
gar zurück bleiben. Wann wir aber ins Gericht kommen / muß ein jeglicher seine
eygne Last tragen / vnd wird nach seinen eignen Wercken gerichtet / es sey gutes
oder böses. Hastu was dir nach deinem Ampt vnd Christe thumb anbefohlen nicht
recht verwaltet / wirst du genug zu verantworten bekommen. Also auch / wann du
hie in dieser Wanderschafft nicht wilst die Last deinem schwachen
Nun folget ein ander Stück deß Christenthumbs / darinnen wir gleichfalß müssen
beweisen / wie wir im Geiste leben / vnnd das ist Gutthätigkeit. So höret nun
auch / was der Geist GOttes
Den Grund dieser Vermahnung leget Paulus in der künfftigen Wiedervergeltung / die
er als eine reiche Erndte vns für Augen stellet. Was der Mensch säet / das wird
er erndten. Wer auff sein Fleisch säet / der wird von dem Fleisch das Verderben
erndten. Wer aber auff den Geist säet / der wird von dem Geist das ewige Leben
erndten. Da sihestu zweyerley Acker / das Fleisch vnd den Geist. Da sihestu
zweyerley Samen. Was vom Fleisch kompt ist ein fleischlicher Same /
Auff disem Grunde bawet Paulus eine solche Ermahnung: Als wir dann nun Zeit haben
/ so lasset vns gutes thun an jederman / allermeist aber an deß Glaubens
genossen. Wer vnterrichtet wird mit dem Wort / der theile mit allerley gutes /
dem der jhn vnterrichet. Lasset vns aber gutes thun vnd nicht müde werden / dann
zu seiner Zeit werden wir auch erndten ohn auffhören. Die Suma
ist.
Wisse aber auch wem du gutes thun sollest / daß es wol angeleget sey. Paulus
macht eine gewisse Ordnung: Lasset vns gutes thun an jederman / allermeist aber
an deß
Vnter den Christen vnnd Glaubensgenossen finden wir abermal einen Vnderscheyd.
Blutfreunde vnnd Haußgenossen / seynd vns zu forderst zur Hand gestellet /
denselben alles gutes zubeweisen / nach dem Spruch 1. Timoth. 5. So jemand die
seinen
Weil aber die Leuthe vielerley Außflucht suchen / wanns geben gilt / benimbt vns dieselben der H. Geist allesampt mit einem Wort / wann er hie spricht: Irret euch nicht / GOtt läßt sich nicht spotten. Außflucht suchen in den Dingen die GOtt angeordnet hat / ist nichts anders als GOttes spotten. Damit wird sich der Mensch grewlich betriegen / dann der Spott wird auff seinen Kopff fallen.
Derwegen bedenckt euch / die jhr euch der Nothleydenden nit begehret anzunehmen.
Bedenckt euch / wann jhr an statt deß Brodes / eweren hungerigen Bruder mit
Scheltwort abspeiset. Bedenckt euch / wann jhr die krancke Brüder vnd Schwestern
Christi bey euch verschmachten lasset. Was thut jhr anders / als daß jhr den
armen verwundeten / vnnd für euch getödteten Christum ohne Hülffe für euch
liegen lasset / vnd dargegen dem Teuffel zwantzig / nun vnd beklage dich / es ist deß außgebens viel / vnd wenig
erwerbens. Irret euch nicht / GOtt lässet sich nicht spotten / er sihet wol was
jhr im Schilde führet. Es fühlet ja wol mancher seine eigene Noth / der sonsten
gerne gutes thät; der wisse daß jemand angenehm ist / nach dem er hat / vnnd
nicht nach dem er nicht hat. Wisse aber auch bey deiner Notturfft / daß Gott
reich ist / vnd noch viel für dich hat / nur daß du glauben könnest.
Bedenckt euch auch / jhr / die jhrs gleichviel achtet / jhr thuet denen die am
Worte Christi dienen / gutes oder nicht / da jhr doch vom Geiste Gottes ermahnet
seyd / jhnen allerley gutes mitzutheilen. Wie mancher muß ewerthalben mit Paulo
auß der 1. an die Corinther am 4. diese Klage führen: Biß auff diese Stundeen geordnet / daß auch ein Vberfluß vorhanden gewesen. Bey vnsern
Zeiten hat man gedacht / die Diener GOttes möchten zu viel haben. Da hat man den
grössesten Theil zu sich gerissen / das wenigste Gott vnd seinem Dienste
gelassen. Wann dann noch das wenige / den Dienern Christi gelassen wird / leben
sie / vnd werden vnterhalten nicht von deiner Gabe; sondern die Verstorbene
müssen deine Lehrer ernehren. Aber auch das wenige daß jhnen zu jhrem Sold
gelassen wird / wird so liederlich beachtet / dz auch fast nichts über ist. e / daß die das Evangelium predigen / auch nach
Christi Ordnung vom Evangelio sich nehren. Da will nie mand meynen / daß er was
schuldig ist. Thue wie deine Vorfahren. Wo kein Sold ist / muß man ein machen.
Man brummet zwar zuweilen: Es ist nicht recht / daß Prediger Noth leyden; daß
sie vmb sonst dienen; ists nicht recht / du Heuchler / so machs recht. Könt jhr
Rath finden zu leiblichem Schatz / so findet auch Rath zum geistlichen Schatz.
Gott ist ewer Hertz nicht verborgen / er sihet wol was jhr thun könnet / vnd was
jhr nicht thun wollet. Irret nicht / Gott läßt sich nicht spotten. en / vnd muß seine Arbeit
thun mit Seufftzen? Es ist euch nit gut. Was nutzets / wann er zur Cantzel gehet
/ vnd sihet den Ort seiner Arbeit / vnd muß hinan gehen mit Seufftzen? Es ist
euch nicht gut. Was nutzt es / wann er von seiner Arbeit zu Hause kommet / vnd
sich erlaben soll / vnd sättiget sich an statt deß Brodes mit Seufftzen? Es ist
euch nicht gut / es ist euch nicht gut.
Endlich alle ins gemeine / die jhr höret das Wort ewres Gottes / irret nit /
verfüret euch nicht / mit vergeblichen losen Auß flüchten / GOtt lässet sich
nicht spotten. Was Paulus in dieser Lection geprediget / das hat er denen
gepredigt / die da wollen angesehen seyn für Christen / als die durch Christi
Geist seynd wiedergebohren. So jhr im Geiste lebet / so wandelt auch im Geist.
Lasset
V. 13. DArumb bitte ich / daß jhr nicht müde werdet vmb meiner Trübsalen willen / die ich für euch leyde / welche euch ein Ehre seynd.
V. 14. Derhalben beuge ich meine Knie / gegen dem Vatter vnsers HERRN JEsu Christi.
V. 15. Der der Vatter ist / vber alles was da Kinder heisset / im Himmel vnd auff Erden.
V. 16. Daß er euch Krafft gebe nach dem Reichthumb seiner Herrligkeit / starck zu werden durch seinen Geist / an dem inwendigen Menschen.
V. 17. Vnd Christum zu wohnen durch den Glauben in ewern Hertzen / vnd durch die Liebe eingewurtzelt vnd gegründet werden.
V. 18. Auff daß jhr begreiffen möget mit allen Heyligen / welches da sey die Breyte / vnd die Länge / vnd die Tieffe / vnd die Höhe.
V. 19. Auch erkennen / das Christum lieb haben / viel besser ist dann alles wissen / auff daß jhr erfüllet werdet mit allerley Gottes Fülle.
V. 20. Dem aber / der vberschwencklich thun kan / vber alles das wir bitten oder verstehen / nach der Krafft / die da in vns würcket.
V. 21. Dem sey Ehre in der Gemeine / die in Christo JEsu ist / zu aller Zeit / von Ewigkeit zu Ewigkeit / Amen.
ZWey Dinge seynd / dahin Lehrer vnd Zuhörer bey der Predigtdenda in docendo &
discedo verbo Dei.
Das ander ist / daß wir wieder Versuchung gestärcket werden / damit wir beständig bleiben / bey dem was in vns angefangen ist / dann was hilffts angefangen haben / vnnd nicht zu Ende bringen? Dadurch möchte nur vnser Verdamnuß grösser gemachet werden.
Der Apostel Paulus hat beydes getrieben / bey allen seinen
Ferner ist er sorgfältig / die newgeborne Christen in jhrer Seligkeit nicht allein zu behalten / sondern auch zu stärcken / welches er thut in dieser Epistel / nicht alleine durch Vermahnung / sondern auch durch ein hertzliches Gebett.
Mit solchem seinem Exempel zeyget dieser Lehrer / wie alle andere Lehrer das
Volck bessern sollen / sie müssen nicht gedencken / daß sie gleich in einer
Predigt lauter Heyligen gemachet haben / man muß mit grosser Gedult viel
ertragen / mit Ermahnung anhalten / auch mitdem Gebett GOtt ohn vnterlaß in den
Ohren ligen / da will dann GOtt auch seinem Donner Krafft geben / wann aber das
stätige Auffmuntern / vnnd das Gebett zurücke bleibet / so leydet das
Christenthumb Noth / darumb ist wol werth / mit Andacht
DA Paulus diese Epistel geschrieben / war er ein gefangener zu Rom / darumb war er sorgfältig für seine Gemeinen / daß er nicht möchte vergebens gearbeitet haben / vnd was er noch gutes thun kan / das thut er / nemblich mit Vermahnen vnd mit Betten / wie dann beydes in dieser Epistel bey einander ist. 1. ein herrliche Vermahnung. 2. ein brünstig Gebett.
Die Ermahnung zur Beständigkeit ist diese: Ich bitte
Wann Paulus als ein Lehrer deß Evangelij zu Rom gelitten / hat auch das
Evangelium mit gelitten / dann da hat man gedencken können / siehe dieser Paulus
hat grosse Ding fürgegeben / vnd wir haben auch selbst viel von jhm gehalten /
weil er von Christo selbsten gelehret / were aber sein Lehr vnd Ruhm recht /
würde GOTT jhm ja solches nicht wiederfahren lassen. Hernach hat man auch
gedencken können / der Anfang ist bey Paulo gemacht / die Verfolgung wird wol
balde zu vns kommen. Bey geübten vnd bewährten Christen hat es so balde keine
Noth / aber bey den Schwachen vnd Zarten ist Noth / wann einer vorhin vom
Glauben nichtes gehöret hat / vnnd soll dann einen gecreutzigten Menschen zum
GOtte auffnehmen / vnnd demselben seine Seligkeit vertrawen / auch demselbigen
sich in allem vntergeben / also daß er seinem eygenen Fleische wehe thue / vnd
soll dennoch kein Glücke darzu haben / sondern Spott vnd Verfolgung leyden / das
möchte mannichen abschrecken; also auch jetzt / wann ein Weltkind zu einem
bessern Sinne gekommen / vnnd sich zum rechten Christenthumb gewendet hat / also
daß er nicht mehr mit der Welt will Fressen vnd Sauffen / will Schmachwort
verachten / vnd sich der Heyligunge ergeben / so kan es leichte kommen / daß er
dar durch
Dargegen ermahnet der Apostel: Ich bitte euch / daß
Paulus brauchet für seine Epheser zweyerley Vrsachen / dardurch er das Ergernuß seiner Bande hoffet auffzuheben. Erstlich spricht er; Ich leyde die Trübsal für euch. Dann in deme er die Heyden gelehret / ist er darüber in Trübsal vnnd Bande gerathen / dieselbe erträget er auch willig vnnd gedultig / abermahl vmb der Heyden willen / daß sie in jhrem angefangenen Glauben gestärcket werden / darumb wann er spricht: Ich leyde die Trübsahl für euch / will er so viel sagen / wenn ich meinen Mund bey euch nicht auff gethan hätte / dürffte ich keine Bande ertragen / ich bin aber bereyt / bey dem Evangelio auffzusetzen alles was ich bin vnd habe / damit jhr erkennet / es sey ein Ernst / darumb sollen meine Ketten euch seyn eine Bestättigung deß Evangelij / dardurch jhr selig werdet.
Zum andern spricht er / meine Trübsahl ist euch eine Ehre / der Apostel Christi
weiß anders von Trübsahl vnnd Gefängnuß zu vrtheylen / als die Welt / dann diese
wird Schmach nicht für Ehre halten / Paulus achtet seine Trübsal nicht alleine
Diese Vrsachen gelten heute auch noch. Wann Zuhörer sehen / daß man den Anfang der Verfolgung bey jhren Lehrern machet / sollen sie gedencken / daß die Diener GOttes solches leyden für sie / vnd weiter sagen / GOtt hat mir sein Wort durch seine Diener predigen lassen / die Noth vnnd Trübsal darüber leyden / solte ich dann diß Wort verwerffen / das würde mir eine schwere Verdamnuß seyn.
Also auch / wann wir selbsten bey vnserem Christenthumb müssen Vngemach leyden / daß man verächtlich von vns redet / sollen wir daran gedencken / daß solche Schmach vnser Ehre sey. Wann der Mensch nicht wolte sehen auff anderer Menschen Vrtheil / würde er noch eins so starck seyn im Christenthumb. Als wann ich ein Trübsal habe / dadurch ich bey andern in Verkleinerung gerathe / so thuts mir wehe / wann ich gedencke an die Rede der Leuthe / kan ich aber der Menschen Reden verachten / vnnd alleine darauff sehen / was GOtt von meiner Trübsal halte / so darff ich mich nicht groß grämen. Also auch soltestu ja bey der Welt darumb in Verkleinernng gerathen / daß du es nicht wilt mit jhnen halten / so wisse eben diese Verkleinerung ist eine grosse Ehre für GOTT.
Wir kommen auff das Gebett / darinnen Paulus bittet
Bey diesem Gebette haben wir zu bedencken / erstlich / wie man GOtt im Gehette soll ansehen / nemblich als einen Vatter / vnd zwar anfänglich als einen Vatter vnsers HErrn JEsu Christi. Dann soll ich jhn für meinen Vatter halten / vnnd als meinen Vatter anruffen / so muß ich vor seinen Sohn JEsum Christum erkennen als meinen HERREN / nicht zu einem Schrecken / als würde er mich vnter drücken / sondern zur Frewde / weil ich an jhm einen solchen HERRN habe / der mich schützen kan wieder alle frembde Herren / die Tyranney an vns verüben / sie haben Nahmen wie sie wollen / sie heissen Todt oder Teuffel.
Hernach muß ich wissen / daß Gott dieses meines Herrn Vatter ist / der mich vnnd
alle Menschen so geliebet / daß er für vns seinen Sohn dahin gegeben hat / daß
wir nicht möchten verloren werden / sondern das ewige Leben haben. Darauff
folget weiter / daß wir GOtt erkennen / als einen allgemeinen Stam-Vatter. Dann so redet Paulus eygentlich: Von jhm / nemblich dem Vatter vnsers
HERRN JEsu Christi / hat das gantze Geschlecht (der Heyligen) so wol deren die
im Himmel / als deren die auff Erden seyn / den Namen. Ist so viel gesaget: Alle
Heylige / so wol die jenige die bereyts im Himel leben / als dieselbe die noch auff Erden wallen / sie kommen her von Juden
oder Heyden / machen sie doch nur eine Gemeine / vnd ein Geschlecht / welches
von GOtt / als dem allgemeinen Vatter den Vrsprung vnd Namen hat / daß sie
heissen die Gemeine GOttes / eine Statt Gottes / Kinder GOttes / Kinder GOttes
deß Allerhöchsten. Dann weil vnser HERR JEsus ist der ewiger vnd natürlicher
Sohn GOttes / werden wir / die wir Christo angehören auch Kinder Gottes durch
Von Natur mögen wir ehe Gott fürchten als einen Richter / als daß wir jhn solten lieben als einen Vatter / dann das Band der Liebe ist zerbrochen durch die Sünde / wie mehr ich denn GOtt vnd seinen Willen nach seinem Gesetz erkenne / je mehr ich mich zu fürchten Vrsach habe / wann ich aber höre / daß er mir seinen Sohn gesandt habe zu einem HErrn vnd Erlöser / der mich auß der höllischen Herrschafft herauß reisset / vnd zur Göttlichen Gnaden / vnnd zur Kindtschafft bringet / so bekomme ich wieder einen Muth / vnd kan GOtt als meinem Vatter trawen.
Darumb so offt wir GOtt wollen anruffen / müssen wir jhn erkennen als den Vatter vnsers HErrn JEsu Christi / vnd aller Glieder Christi die im Glauben mit Christo Jesu verbunden seyn. Das ist ein nothwendiges Stück zum Gebett / niemand vnterwinde sich etwas für GOtt zu handeln / er ergreiffe jhn dann bey solchem Nahmen / wie er ist ein Vatter vnsers HErrn JEsu Christi / vnd vnser aller in Christo. Wann er also ergriffen wirdt / das machet einen Muth. Wann auff Erden einer schon nicht der natürliche Vatter ist / so bringet doch der Nahme Vatter mit sich eine tröstliche Zuversicht. Ist GOtt vnser Vatter / so muß er vns auch helffen als seinen Kindern. Alle vätterliche Liebe auff Erden / wie groß sie auch ist / ist doch gegen dem vätterlichen Hertzen GOttes nur wie ein gemaldtes Bilde. Dann von welchem alles fliesset / von dem fliesset auch die Liebe in dem vätterlichen Gemüthe aller Creaturen. So ist ja der Vrsprung noch grösser / als dasselbe was auß dem Vrsprung entspringet.
Ist dann GOtt ein solcher Vatter / gegen welchem alle vätterliche Gunst nur ein
Schertz oder Spiegelfechten ist / was darff ich nicht von jhm bitten? Vnd was
solte er mir versagen? Da kan ja
Fürs ander / ist bey dem Gebette Pauli zu mercken / die Art vnd Weise mit was
Geberden man für GOtt im Gebette erscheinen soll / Paulus spricht: Ich beuge
meine Knie / Knie beugen ist ein Zeichen eines ernsthafftigen vn
demütigen Gebetts. Darum bezeuget hie Paulus / daß er zu GOtt
geflehet mit Demuth vnnd Ernst. Eusserliche Geberde so sie alleine seyn / ist
lauter Heucheley / wann aber das Hertze brünstig ist / als dann wird das Fewer
der Andacht auch leicht herfür brechen in eusserlichen Geberden / vnd hebet gen
Himmel wie das Gemüthe / also auch Hände vnnd Augen.
Endlich fürs dritte / haben wir wol zu bedencken das Gebett selbsten / darinnen Paulus bittet / daß GOtt vns gebe nach dem Reichthumb seiner Herrligkeit durch seinen Geist / kräfftiglich starck zu werden an dem inwendigen Menschen.
Wir haben einen zweyfachen Menschen / einen eusserlichen vnd einen innerlichen /
der Außwendige wird mit der Vernunfft erkandt / vnd mit den Sinnen begriffen /
mit Augen gesehen / vnnd mit Händen betastet; der inwendige Mensch ist
vnsichtbahr den Augen vnnd der Vernunfft new geschaffen durch den H. Geist.
Hiezu gehöret Stärcke / ja es muß der inwendige Mensche in seiner Krafft immer
wachsen vnnd zunehmen / das ist dann das vns der Geist GOttes durch den Mund
Paulihie wünschet / Hülffe / es mag das
eusserliche jhm zu lachen oder verfluchen. Leyden wir eusserlich etwas
vngebührlich / so wird der eusserliche Mensch entrüstet / der inwendige Mensch
spricht: Nicht also / das habe ich in Christo nicht gelernet. Sihestu einen
Dürfftigen vnd Elenden / da wil der Außwendige nicht gerne etwas entbehren / vnd
gedenckt daran was er selbst bedarff / der inwendige drückt dem außwendigen die
Augen zu / vnd sihet nicht auff das sichtbare /
Woher aber kompt diese Krafft / Paulus zeyget den Vrsprung / vnd nennet den Reichthumb der Göttlichen Herrligkeit vnd den heyligen Geist.
So kompt nun die Krafft deß inwendigen Menschen her / erstlich auß dem H. Geist / die Natur vermag nichtes / sondern ist vns nur zu wiedern / der heylige Geist / wie er den inwendigen Menschen in vns muß erschaffen / also muß er jhn auch stärcken / also gar kan der Mensche jhm nichtes in gutem zueygnen; wo der heylige Geist keine Kräffte schaffet / da kan der Mensche auch nichts guts würcken / wann aber der H. Geist newe Kräffte gibet vnd vermehret / so kan auch der Mensche auß solchen Kräfften etwas gutes würcken / da ist dann die Krafft nicht vnser / sondern GOttes.
Hernach fliesset die Stärcke deß inwendigen Menschen her / auß dem Reichthumb
Göttlicher Herrligkeit. GOttes Herrligkeit vnd Preiß ist / daß er vermag viele
gutes zu thun vnd zu geben / wie dann bey aller Vernunfft daß für ein GOTT
gehalten wird / von deme man etwas gutes hoffen / vnnd in Nöthen Hülff erwarten
kan. Also machen die Reichen das Geld zum Gott / wann sie darauff jhre Hoffnung
stellen. Wie grösser nun / vnd wie kräfftiger ein GOtt im geben ist / je mehr
Ehre vnnd Herrligkeit hat er. Vnsers GOttes Herrligkeit aber ist so groß / daß
es billig ein Reichthumb mag genennet werden. An leiblichen Gaben bezeuget ers
täglich / auch an den gemeinen natürlichen Gütern / da er vns durch die
Elementen gutes thuet; noch mehr aber wirdt dieser Reichthumb erkandt / wann
GOtt der armen Seelen wol thut. Nach solchem Reichthumb seiner Herrligkeit muß
GOtt handlen / wann er den inwendigen Menschen schaffen vnd stärcken dieselbe
auß einem Gefäß deß Zorns einen Heyligen Tempel Gottes zurichtet. Wann GOtt
allen Koth in Gold verwandelte / were es ein Reichthumb seiner Herrligkeit /
aber viel grösser ist / wann auß einem Teuffelskind ein Gottliebendes Kind
gemachet wird. Wir seyn vnwerth / dann was hat GOTT an vns gesehen / daß jhn
bewegen möchte vns zu erneweren / was / spreche ich / hat er an vns gesehen als
Fluch vnnd Elend? seynd wir dann nicht werth / die zu einem himlischen Stande
erhaben werden / so ist es doch GOtt werth / daß man seine Herrligkeit erkenne /
in dem er die himlische Güter außschüttet in die verfluchte Seele
/ vnd dasselbe reichlich vnnd vmb sonst.
So will nun Paulus so viel bitten / daß die Christen so durch den Glauben eine newe Creatur geworden seyn / in solcher newen Geburt / vnd an allem das darzu gehöret / mögen wachsen vnd zunehmen / nicht durch vnser Vermögen / vnd nach vnserer Würdigkeit / sondern daß es GOtt würcket / durch den H. Geist / nach dem Reichthumb seiner Herrligkeit.
Soll nun der innerliche Mensch gestärcket werden / muß es
Ich habe aber gesagt / daß sich Christus setzen muß in den innersten Grundt deß
Hertzens. Dann das Reich Christi bestehet nicht in eusserlichen Geberden /
sondern im innerlichen Schmuck. Darumb nennet Paulus auch den wiedergebornen
Wiltu nun nicht stracks beym Anfang eines wahren Christenthumbs irren / so sehe dich für / daß du Christum nicht nur auff der Zungen führest / sondern daß du jhm dein Hertz zu besitzen eingiebest / vnnd er mit seinem Geist auß dem Grunde deß Hertzens dich / deine Begierde / Gedancken / vnnd alles Vorhaben regiere. Das ist ein guter Anfang bey dem / dem es ein Ernst ist.
Es muß dieses alles geschehen / durch den Glauben. Ich muß Christum kennen vnd
wissen / was ich mich zu jhm versehen solle; vnd wie durch jhn ich dahin komme /
daß ich armer Sünder Gott für meinen Vatter halten könne. Darauff thut sich mein
Hertz auff / vnnd nimpt Christum an. Dann gewißlich / ist der
Darauff folget die Einwurtzlung in der Liebe / welches das
Wann ein Hauß nicht wol gegründet / kan es nicht lange stehen; wie fester vnd
tieffer der Grund geleget / je besser vnnd sicherer kan das Gebäw in die Höhe
geführet werden. So ists auch mit dem newen Menschen. Wann Christus in vnserm
Hertzen Wohnung
Wie auch ein Baum leichtlich außgerissen / oder vom Winde vmbgeworffen wird / der nicht wol in der Erden bewurtzelt; also werden wir in den Versuchungen leicht von Christo gerissen / nach dem wir als junge Bäume in Christum verpslantzet seyn / so wir nicht wol eingewurtzelt. Wann aber ein Baum tieff in die Erde wurtzelt / stehet er fest / vnd traget viel Frucht; so ists auch mit dem inwendigen Menschen / er muß wie ein junger Baum tieff einwurtzeln in Christo.
Wie geschicht das! Durch die Liebe. Durch die Liebe müssen wir eingewurtzelt vnd
gegründet werden. Dann Christus liebet vns sehr / gibt vns auch seine Liebe zu
erkennen / erwärmet dardurch vnser Hertz / daß wir nicht allein im lebendigen
Glauben der
Hierauff folget eine lebendige Erfahrung. Dann die auff besagte Masse durch den
Glauben Christum in jhnen wohnen lassen / vnd durch die Liebe sich gründen vnd
einwurtzeln / die können alleine erfahren was die Liebe Christi sey. Das mag das
dritte seyn / zur Stärck deß inwendigen Menschen gehörig. Diese Ordnung macht
Paulus / für die Gemeine Christi also betend: Ich bitte / daß Christus durch den
Glauben in ewren Hertzen wohne / auff daß
Paulus redet als ein Meister in der Meßkunst / vnd will vns lehren etwas abmessen
nach der Länge vnd Breyte / nach der Tieffe vnd Höhe. Man verstehe solches von
dem geistlichen Gebäw / welcher auff Christum gegründet / wächst zu einem
heyligen Tempel
Fragstu nach der Breyte / erstreckt sich die Liebe Christi auff alle Menschen /
auff Juden vnnd Heyden / die haben alle einen Zutritt zur geistlichen
Gemeinschafft. Christus ist reich vber alle. Fragstu nach der Länge / so hat sie
kein Ende. Wirstu schon von einem Fehl vbereilet / wirstu darumb nicht gantz
außgestossen von
Diß lernen verstehen / die durch die Liebe in Christum eingewurtzelt seyn / die werden tüchtig es zubegreiffen / vnnd zuvernehmen. Vnd die diß vernehmen / die wissen was von der Liebe Christi zu halten / die da ist zwischen Christo vnd der glaubigen Seelen / wann nemblich die glaubige Seele mit Christo in der Liebe lebet / Christi Liebe im Hertzen empfindet / vnnd dadurch wieder zu lieben angezündet ist. Sie wissen vnd müssen bekennen / daß die Liebe Christi vbertreffe alles wissen / vnd wie es viel besser sey / Christum lieben / dann alles wissen. Wie nicht zu begreiffen / wie breyt vnnd lang / wie tieff vnnd hoch Christi Liebe ist gegen vns / so ist auch die Liebe Christi / die zwischen Christo vnd der glaubigen Seelen ist / nichts zu vergleichen. Die Erkandtnuß mancherley Geheimnussen ist gut / aber gegen der Liebe Christi ist sie nicht so groß zu rühmen. Christum lieb haben ist besser dann alles wissen. Hat eine einfältige Seele so viel gelernet / daß sie Christum kan lieben / hat sie mehr gelernet / als ein hochgelehrter verständiger Mann / bey dem viel erkandtnuß ist / aber wenig Liebe.
Hievon vernehmen nichts all die jenige / in deren Hertzen die Welt wohnet / sie
mögen etwas davon lallen / aber Empfindnuß vnnd Erfahrung haben sie nicht. Die
aber Christum im Hertzen
Endlich fürs vierte folget die GOttes Fülle / daß wir erfüllet
Grosse Dinge seynds / die Paulus begeret / dennoch trawet ers durchs Gebett zu
erlangen / darum in guter Zuversicht / schliesset er actio. V. 20. 21. der vberschwenglich thun kan
vber alles / daß wir bitten oder verstehen / nach der Krafft / die da in vns
würcket / dem sey Ehre in der Gemeine / die in Christo JEsu ist / zu aller Zeit
/ von Ewigkeit zu Ewigkeit / Amen.
Merck hie wol / was für ein Titel Gott gegeben wird: Er ist ein GOtt / der vberschwänglich thun kan / vber alles daß wir bitten oder verstehen. Es ist Paulo die Schwachheit menschlicher Natur nicht verborgen / so hat ers nicht vergessen / wie schwer es falle / die sündliche Natur so weit zu bringen / daß sie Christo das gantze Hertz einraume / dem nach weiß er auch / daß durch vnsere Kräffte hie nichts angefangen / nichts vollführt werde / verläßt sich derwegen auff die vberschwengliche Krafft GOttes / welcher vberschwenglich thun kan / vber alles daß wir bitten oder verstehen. In leiblichen Sachen / wünschet ein elender Joseph offt nur / daß er auß dem Loch der Gefängnuß gezogen werde; vnnd erlanget nicht das allein / sondern noch ein viel grössers / daß er gesetzet wird neben dem König Pharao / darauff der arme Joseph sein Lebelang nicht hätte dencken können. In geistlichen vnd himlischen Sachen erfahren wir diß noch viel mehr. Wann wir einmal durch GOttes Gnade in den Himmel werden auffgenommen werden / werden wir vns verwundern / vber alle das gute / daß vns der HErr geben wirdt / vnnd gleichsamb sagen: Hätte ichs doch mein Tage nicht gedencken können / daß mir GOtt so grosse Dinge bereyten würde.
Damit wir an diesem nicht zweifflen / führet der heylige Geist vns auff die
Erfahrung / vnnd auff die Krafft / die da in vns würcket. GOtt kan
vberschwenglich thun / vber alles daß wir bitten oder verstehen / nach der
Krafft die da in vns würcket. Ist so viel gesagt: Ihr dörfft nicht zweifflen /
ob GOtt den inwendigen Menschen auch stärcken / vnnd vollkommen machen könne /
sehet nur auff die Krafft die er bereyts an euch geübet hat. Im ersten Capitel
der Epistel an die Epheser darff der Geist Gottes sagen
Weil dann alle Krafft muß von GOTT herkommen / so lerne auch hie von Paulo / daß du in allem jhm / vnnd nicht dir die Ehre gebest; vnd sprich: Ihm sey Ehr zu aller Zeit / von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Es ist auch hie zu mercken / daß GOtt diese Ehre soll gegeben werden / in der
Gemeine die in Christo JEsu ist / durch Christum JEsum beruffen vnd gesamblet.
Das geschicht /en zu einerley Glauben vnd Erkändtnuß deß Sohns GOttes /
vnnd ein vollkomner Mann werden in Christo JEsu. Dadurch wird Gott geehrt.
Schließlich spricht Paulus: Amen. Zweiffelt nicht / GOtt werde alles also geschehen lassen / wie ers gewünschet vnd gebetten hat. Also auch jhr lieben Christen / die jhr diß Wort höret / sprecht Amen: GOtt laß es auch in vns erfüllet werden.
Damit gehet in ewren Gedancken zu rucke / vnnd bedenckt / was für herrliche Wort
der Apostel auß hitzigem Geist herfür gebracht / vnd gehet doch nur alles dahin
/ daß jhr nicht abfallet / sondern stärcker werdet. Darumb wie Paulus als ein
Diener Gottes / diß mit ermahnen vnnd bitten bey euch gesuchet hat / also suche
ich es auch / vnd wünsche / daß jhr nicht müde werdet / sondern jmer stärcker werdet an dem inwendigen Menschen.
Vor erst stehet fest / vnnd werdet nicht müde. Manchem wirds beschwerlich bey der
Bekantnuß JEsu Christi Vngemach leyden. Das findet sich / wann vns solche
Versuchung zur Hand stosset / daß wir entweder Christum vnd sein Wort müssen
hindan setzen / oder Gut / Ehr vnd Ansehen in der Welt verlieren. Da ermüdet
mancher / vnnd wirfft das Christenthumb als eine schwere Last von sich. Du aber
/ so du getrew / ermüde nicht / vnd halte es für eine Ehre / so du vmb Christi
willen Vngemach kanst auf dich nehmen vn etwas leyden. Am
Jüngsten Gericht / wird kein grösser Lob gefunden werden / als vmb Christi
willen etwas gelitten haben. Diß ist eine Ehre / die den Engeln versaget ist.
Darumb frewe dich vielmehr in Schimpff vnd Schaden / daß du Christo zu gefallen
leyden must / als daß du woltest müde werden.
Fürs ander bleibt nicht allein beständig / sondern strebet auch darnach / daß jhr
die Krafft deß Wortes in ewren Hertzen empfindet / daß jhr dadurch an dem
inwendigen Menschen gestärcket werdet / vnd immer newe Krafft bekommet. Der
eusserliche Mensch ist geneiget viel böses zu thun / vnd ist vns in Vbung deß
guten hinderlich / dargegen muß der inwendige gestärcket werden / damit er nicht
vnderlige. Lasset derwegen Christum in ewrem Hertzen wohnen / führet seinen
Nahmen nicht allein auff der Zungen / sondern
Sihe das ists / dazu euch der H. Geist hie ermahnet / das ist / daß er auch in
dem Gebet seines Knechts Pauli wünschet. So lasset euch nichts liebers seyn /
als daß dieser Wunsch deß H. Geistes in euch erfüllet werde. Sihe / wo hat
jemals der H. Geist also geflehet vmb die Stärcke deß außwendigen Menschen / daß
der starck vnd gesund sey / in Ehr / Reichthumb vnd guten Tagen sitze? das / ist
solcher Bitte nicht werth. Aber was in diesem Gebett vns gewünschet wird / ist
ein Gut von vberschwenglicher Würden. O der hertzlich wol geneigter Wille
Gottes! Ist er doch so brünstig / daß er mit all seiner Fülle vns erfüllen will.
Was solte mich mehr ergetzen / als daß ich also in der Liebe eingewurtzelt werde
/ daß ich grüne vnd blühe für GOttes Angesicht als ein Paradißröselein? Was kan
mir höhers wiederfahren / als daß ich vnschuldige lebe / vnd nur von Gott
getrieben werde? wie herrlich / wie lieblich ist / dises Stuck erreichen.
Verflucht sey alles was hieran vns hindert. Diß ist das nächste bey der
himlische Seligkeit / der nächste Grad bey der himlischen
Thür. Höher kanstu in dieser Welt nicht kommen.
Sage nicht / es ist vergebens hierauff zu dencken / man wirdts doch nicht erreychen. GOtt kan vberschwenglich thun / vber alles daß wir bitten oder gedencken / nach der Krafft / dadurch er in vns würcket. Du must das nicht für eine geringe Kraffthalten / dadurch GOtt in seinen Heyligen würcket. Kanstu schon alles nicht vollkommen erreychen / solstu doch nicht vnterlassen darnach zu seufftzen. Doch lege auch die Hand mit ans Werck / vnd nach allem Vermögen / trachte nach der Stärcke deß inwendigen Menschen / vnd der Göttlichen Fülle.
Ich erlange so viel ich kan / will ich mich doch drüber frewen / daß mir nur zugelassen ist / vmb diese Seligkeit zu bitten. Ja daß ich nur einen Zugang habe zu dieser Gnade / ist meine höchste Frewde; vnd weiß nicht ob mich etwas höhers erfrewen könne / als daß ich nur von Gott begeren darff / dz er mich erfülle mit aller seiner fülle.
Darumb beuge ich meine Knie / gegen dir O Heyliger Vatter / du Vatter vnsers HERREN JEsu Christi / der du der rechte Vatter bist vber alles / was da Kinder heist / im Himmel vnd auff Erden / daß du vns Krafft gebest nach dem Reichthumb deiner Herrligkeit / starck zu werden / durch deinen Geist / an dem inwendigen Menschen / vnnd Christum zu wohnen durch den Glauben in vnsern Hertzen / auff daß wir durch die Liebe eingewurtzelt vnnd gegründet / begreiffen mögen mit allen Heyligen / welches dasey die Breyte vnd die Länge / vnd die Tieffe / vnd die Höhe / auch erkennen / daß Christum lieb haben / viel besser ist / dann alles wissen / auff daß wir erfüllet werden mit allerley Gottes Fülle. Dir O heiliger Vatter / der du vberschwenglich thun kanst vber alles / daß wir bitten oder verstehen / nach der Krafft / die da in vns würcket / dir sey Ehre in der Gemeine / die in Christo JEsu ist / zu aller Zeit / von Ewigkeit zu Ewigkeit / Amen.
V. 1. LIeben Brüder / so ermahne nun euch / ich gefangener in dem HERRN / daß jhr wandelt wie sichs gebürt in ewrem Beruff darinn jhr beruffen seyd.
V. 2. Mit aller Demuth vnnd Sanfftmuth / mit Gedult / vnd vertrage einer dem andern in der Liebe.
V. 3. Vnnd seyd fleissig zu halten die Einigkeit im Geist / durch das Band deß Friedens.
V. 4. Ein Leib vnd ein Geist / wie jhr auch beruffen seyd auff einerley Hoffnung ewers Beruffs.
V. 5. Ein HErr / ein Glaube / ein Tauffe.
V. 6. Ein GOtt vnd Vatter (vnser) aller / der da ist vber euch alle / vnnd durch euch alle / vnnd in euch allen.
ZV der Aufferbawung eines wahren Christenthumbs / ist. Ad aedificationem Christia-ta ad pietate, sed addeda
specialia???
Beydes hat wol in acht genommen Paulus / welcher nicht allein in gemein darauff
dringet / in seinem Schreiben / daß man den alten Menschen ablege / vnd einen
newen anziehe / sondern auch alle Stuck eines wahren Christenthumbs so
beschrieben / daß ein Christ vollkommen darinn kan vnterwiesen werden / wie er
dann auch in gegenwärtiger Lection nach der gemeinen Regul würdiglich zu wandeln
nach vnserm Beruff / ein herrliches Stuck eines
Diß ist eine nötige Lehre / dann hie fehlet man leichtlich / diß ist die schönste
Tugendt eines Christen / dann sie hält vnnd bindet die Christen hart zusammen /
sie ist eine von Christo gewünschete Lehr. Dann da er etwas herrliches für seine
Christen bitten wolte / bittet er Johan. 17. Gib Vatter / daß sie eins seyn /
gleich
WAnn der Apostel zun Philipp. am 1. seine Gemeine will ermahnen
Diese Regel zuverstehen / müssen wir bedencken / 1. Die Hoheit
Der natürliche Mensch muß für dem Gericht GOttes erschrecken; ein Mensch in Christo erwartet desselben auch mit Frewden. Dieser Beruff erhebet vns hoch vber andere Menschen / nach dem wir viel ein anders Gut in Christo erlanget haben.
2. Ist zu bedencken / das würdige Leben in diesem Beruff / das ist aber das würdigste Leben / so wir tretten in die Fußstapffen vnsers Heylandes Christi. Ein jeglicher hält sich billich nach seinem Standt / so müssen auch wir Christen also leben / als die wir nach einem grössern Gut trachten / als die Welt thut. Das vnwürdige sündliche Leben schmähet vnsern Vatter im Himmel / vnd gibt den Feinden Vrsach / den Namen Gottes zu lästern.
Es ist bey dieser Vermahnung nicht zuvergessen deß Ehrentitels deß Apostels / den er nennet sich einen Gefangnen in dem HERRN / der das Bekandtnuß deß HErrn JEsu Christi mit Banden vnnd Gefängnuß bekräfftigen muste. Er hätte sich wol mögen nennen ein außerwöhlten Rüstzeug JEsu Christi: Ich Paulus ermahne euch / der ich im dritten Himmel das Evangelium gelernet habe; aber es ist jhm das angenehmste / daß er seiner Banden gedencken möge / zu bezeugen / daß er ein trewer Reichsgenoß JEsu Christi sey / der vmb deß Erkendtnuß willen seines HERRN etwas begehre außzustehen / damit seine Vermahnung bey Christen desto mehr Raum vnd Statt gewinne.
Will derwegen so viel sagen: Ich Paulus / der ich vmb deß Evangelions willen
jetzt lige in Gefängnuß vnd Banden / ermahne euch ewers Beruffs / daß jhr
betrachtet / wozu jhr durch mein Evangelium von GOtt beruffen seyd; vnd warumb
jhr Christen heisset / nemlich daß jhr eins seyd mit Christo / vnd seine
Miterben. Darumb lasset solches für der Welt scheinen / daß durch ewer
Hierauff folget absonderlich die Vermahnung von der Einigkeit deß Geistes / daß
wir würdiglich wandeln nach vnserm Beruff / mit aller Demuth vnd Sanfftmuth /
vnd Gedult / vn vertraget einer den andern / spricht er / in der
Liebe / vnd vnd seyd fleissig zu halten die Einigkeit im Geist / durch das Band
deß Friedes.
Die Einigkeit deß Geistes ist eine Verbindung der Christen
Es erfordert die geistliche Einigkeit / 1. Ein gemein Erkantnuß
Hie möcht man fragen / kan dann kein Einigkeit vnd Freundschafft gehalten werden
/ mit eine der frembder Religion zugethan ist? Hie ist freylich
ein Vnderschied zu machen mit den Verführern / vn Verführten.
Trennung der Lehr / kompt gemeiniglich von vnruhigen / eygensinnigen /
ehrsüchtigen Köpffen / die etwas sonders seyn wollen. Solche Leuthe werden
freylich nicht getrieben von einem guten Geist / dan sie richten
an schädliche Ergernuß / vil der schwachen vnnd guthertzigen Leuthe führen sie
in Zweiffel / daß sie nit wissen was sie glauben sollen oder nicht / viel machen
sie zu Epicurer / die von einer Religion so viel halten als von der andern / sie
richten Verbitterung an vnter Christen / in dem dieselbe vber Religions Sachen
streiten / so zerreissen nun solche Leuthe das Band deß Friedens. Bey welchen in
acht muß genommen werden die Regel deß Apostels: Ziehet nicht am frembden Joch
mit den Vnglaubigen. Andere die sich einfältig an Christum halten / wiewol mit
vieler Schwachheit / sollen mit Gedult ertraget werden. Dann bey diesen ist das
Band deß Friedens noch nicht gar zubrochen.
Nebenst der Einhelligkeit im Glauben / gehöret zu der geistlichen Einigkeit. 2. Eine Verbündnuß der Gemüther / daß sie sich alle / für Glieder Christi / vnnd durch Christum für GOttes Kinder halten / vnnd sich vntereinander lieben / nicht hassen / noch verachten.
Zu dieser Einigkeit deß Geistes vermahnet vns der Apostel / studiosè sit servada, 1. Pet. 3, 11.
Wie aber vnd durch was Mittel? Das zeuget der Apostel:
Niedrigkeit vnd Demuth ist eine Christliche Tugend / dardurch der Mensch sich selbsten erkennt / vnnd gering wird in seinen Augen / er erkennt menschliches Vnvermögen vnd Schwachheit / vnd schreibet alles zu der Barmhertzigkeit GOttes / das hilfft viel zu Einigkeit. Dann ein solcher Mensch ziehet sich keinem vor / verachtet auch niemand / wirdt auch nicht entrüstet / wann sich andere erheben. Dann wer demüthig ist / kan die Thoren wol ertragen.
Sanfftmuth ist eine Tochter der Demuth / vnnd macht den Menschen freundlich in
Worten vnd Wercken / auß rechte Grund deß Hertzens / gibt niemand
Gelegenheit zur Feindseligkeit / durch Vngestümigkeit oder
Storrigkeit / vnnd damit befördert es auch die Einigkeit.
Gedult oder Langmuth ist eine Gelindigkeit deß Gemütes / welche macht / daß ein
Christ viel ertragen kan / ist langsam zu Zorn /
Es erkläret auch der Apostel / das Band deß Friedes / das ist der Grund / welcher Christen bewegen soll fest zu halten an dem Frieden / vnnd ist mit einem Wort ein gemeiner Schatz aller Christen. Ein Leib vnd ein Geist / wie jhr auch beruffen seyd / auff einerley Hoffnung ewers Beruffes. Ein HERR / ein Glaube / eine Tauffe / ein GOtt vnd Vatter vnser aller / der da ist vber euch allen / vnd durch euch allen / vnd in euch allen.
Wir Christen haben einen Leib vnd einen Geist / das Haupt ist Christus / wir
seynd seine Glieder / vnnd werden alle von dem Geist Christi / als von einer
Seelen regieret. Nun wer es ein vngehewres Ding / wann die Glieder eines Leibes
vnter einander sich anfeinden. Wir haben auch einen Zweck / vnnd seynd beruffen
auff einerley Hoffnung vnsers Beruffes / vnd erwarten alle einerley Seligkeit.
Ist nun einer der stoltz ist / von wegen der Güter dieser Welt / der soll wissen
/ daß wir ein viel höhers Gut haben. Bistu aber auch desselben theylhafftig /
vnd haltest auch meine Seligkeit für dein höchstes Gut / wirstu mich nicht
verachten. Wir haben auch nur einen Weg vnd Mittel zur Seligkeit / einen Herren
/ einen Glauben / eine Tauffe. Wir haben alle einen HErrn / der vns alle zu
seinem Dienst gleich thewr erkaufft vnd erlöset hat. Wir haben alle einen
Glauben / ein Mittel zu kommen zu diesem HErrn / vnd ist in diesem Stuck kein
Patriarch / kein Prophet oder wie sie allesampt nicht mehr dann eine Beschneidung gehabt / so haben wir
auch nit mehr dann nur eine Tauff. Achtestu nun das für deinen höchsten Ruhm /
daß du durch die Tauff vnd den Glauben mit Christo vereiniget bist / so gedenck
/ daß derselbe Ruhm auch bey andern Christen zu finden ist: wir haben allesampt
nur einen GOtt / der gegen vns allen vätterlich gesinnet ist / gewiß ein grosses
Band deß Friedes / der GOTT Himmels vnd der Erden ist mein Vatter vnd dein
Vatter / vnnd vnser aller Vatter. Dieser GOtt ist vber vns alle / ein einiger
Herrscher vnnd Regierer vber die gantze Christenheit / dieser GOtt ist durch vns
alle / er würcket durch vns alle / vnd giesset auß durch alle Glieder der
Kirchen seine vielfaltige Wolthaten. Dieser GOTT ist in vns allen / er wohnet in
vns / dann es ist kein Christ / wo er nur ist ein wahrer Christ / der nicht bey
sich hat diesen Gast / GOtt Vatter / Sohn vnnd H. Geist / nach der Verheissung
Christi: Wer mich liebet der wird meinen vnd
Wohnung bey jhm machen. Ist dann GOtt vber vns alle / was erhebest du dich vber
einen andern? Würcket GOtt durch vns alle / so wisse / ein jeglicher Christ ist
so wol ein Werckzeug GOttes als du. Ist GOtt in vns allen / was solt vns fester
zusammen binden?
So befleissige dich nun lieber Christ / zu halten die Einigkeit
Gemein aber teufflisch ist es / daß Christen sich vntereinander hassen / auch
wegen der Güter vnd Gaben / die Gott auß freyer Gnad den dürfftigen Menschen
außtheilet. Wann etwa einer den andern vbertrifft mit Scharffsinnigkeit / Kunst
vnnd Erfahrung / so findet er seine Neider. Dieses ist so gemein / daß auch in
Handtwercken einer den andern anfeindet / so einer ein besser Stuck machen kan /
oder einen bessern Griff in seiner Kunst hat als der ander / ich geschweig was
vnter Gelehrten geschicht. Wirdt etwan ein frommer David herfür gezogen / vnnd
kompt zu Ehren / so findet
Also können wir vmb geringer / ja nichtiger Vrsach willen Groll tragen im Hertzen
/ was wird dann geschehen / so man schwer
Erschreck doch Odu Christliche Seel vber diß Vnhey / vnd
Dazu soll dich bewegen / 1. die nahe Verwandnuß der Christen
2. Bedenck / daß dieses das würdige Leben ist / damit du Christum ehren / vnd
deinen Beruff zieren sollest. Hiebey wird man den Adel deines Gemüthes spüren /
Friedseligkeit ist eine Anzeygung eines reinen vnnd Adelichen Gemüthes; der ist
viel herrlicher zu halten / der sich selbsten vberwinden kan / als der viel Land
vnd Leute vberwunde hat / dabey spürt man den / wie wir in
Christo zugeuommen haben. Hingegen ist einem Christen nichts vnwürdigers / als
die Feindseligkeit / dadurch GOtt vnnd alle fromme Christen betrübet / der Satan
aber vnd alle Gottlosen erfrewet werden. Wie mehr ein Mensch GOtt liebet / wie
mehr er vber Feindseligkeit betrübet wird: Wie mehr der Satan vnd seine Glieder
GOtt hassen / wie ein höher Frewden Spectacul sie an Feindseligkeit haben. Wer
ist doch / zu welches Dienst du / durch einen geistlichen Beruff beruffen bist?
Ists nicht GOtt? Wer ists? Dessen Dienst du in dem Christlichen Beruff abgesagt?
Ists nicht der Satan? Wie aber GOtt ist ein Liebhaber deß Friedens vnd der
Einigkeit / so ist der Sathan ein Liebhaber vnnd Anstiffter der Feindseligkeit
vnd Zwytracht. Jacobus sagt in seiner Epistel am dritten Capitel:
Habt jhr bittern Neid vnd Zanck in ewren Hertzen / so rühmet euch nicht / dann
das ist nicht die Weißheit / die von oben herab kommet / sondern irrdisch /
menschlisch / vnd teufflisch. Dann es ist doch Neid vnnd Bittrigkeit / nichts
anders als deß Teuffels Pfeil / damit die Seel verwundet wird; der Sathan ist
der erste Stiffter aller Zwytracht. Ist er nicht der erste / der sich wieder
seinen HERRN auffgelehnet / vnd eine ewige Feindtschafft angerichtet / zwischen
jhm vnnd
Zu diesem allen kompt 3. die schwere Rach GOttes / vber
Laß dich nicht anfechten / daß es so schwer sey geistliche Einigkeit zu erhalten
/ es findet sich leicht Vrsach zu Wiederwillen / kanst leicht zu Zorn vnd Haß
beweget werden / der Teuffel scheuret vnd bläset zu wie er kan vnd mag. Mosen
hat auch die Vngedult vberwunden / da die Israeliten murreten / daß von jhm
geschrieben
Darumb / so nimb an diesen Rath. 1. Bistu gesetzt in einen hohen Standt / vnnd begabet mit grossen Gaben / so verachte nicht den niedrigen / ein jeglicher Christ im geringen Standt kan so gut vnd selig für GOtt seyn als du. Gedenck / daß du nicht desto besser vnd mehr gültest für GOtt / weil du mehr vnd grössere Gaben habest; die Gaben machen dich nur mehr schuldig andern in Demuth zu dienen. Darzu der Niedrige in seinem niedrigen Stande / mit seinen niedrigen Gaben dienet auch Gott / ja GOtt kan durch geringe Leute grössere Ding thun als durch die grossen. Der Hohepriester zu Jerusalem solte wol nit gedacht haben / daß Gott durch den Fischerknecht Petrum / mehr in seiner Kirchen außrichten wurde als durch jhn.
2. Bistu in einem geringen Ansehen / neide nicht den / der höher ist dann das
were GOtt fürgeschrieben / wie er soll Stände vnd Gaben außthe len. Ja was
thätestu anders / als daß du gedachtest vnd wünschest / Gott solle nicht ein
gutthätiger GOtt seyn. Dagegen gedencke: Ich / in meinem geringen Stande / Gaben
vnnd
3. Einer füge dem andern / vnd bequeme sich zu allen Seiten / daß zu Trennung kein Anlaß gegeben werde / einer hab mit deß andern Schwachheit Gedult / vnd gedencke daß er selbst auch viel bey sich habe / daß ein ander mit Gedult muß ertragen. Darumb erzeyge die Freundschafft andern / die du wollest daß sie ein ander dir erzeyge. So man aber nichts ertragen / vnd alles nach seinem Kopff haben wolte / wo wolt dann Einigkeit bleiben?
4. Wer beleydiget / der sey willig Verzeyhung zu suchen / wer beleydiget ist /
der sey bereyt hertziglich zu vergeben / ja auch / wann dein Wiedersacher sich
nicht vmbthäte nach Versöhnung / so gedencke du / wie du jhm die Versöhnung
mögest anbieten / da begehestu eine zweyfache Tugendt / Erstlich gibstu nicht
Raum der Feindseligkeit in deinem Hertzen / hernach hilffstu dem Nächsten ab von
seinem Zorn. Es ist gewiß eins von den höchstenmae virtutis est assiduitate
officioru nobis conciliare, qui nobis infesti esse
volunt. Gen. 32. Coclusio. Ioh. 17, 11.
Zum Beschluß / laßt vns das eine Frewde seyn / daß wir mögen den Wunsch Christi
erfüllen / welches er seinen Christen gewünschet hat: Heyliger Vatter / erhalte
sie in deinem Namen / die du mir gegeben hast / daß sie eines seyn / gleich wie
wir. Erfüll lieber HERR Christe was du gebetten hast /
V. 4. LIeben Brüder / Ich dancke meinem Gott allezeit ewerthalben / für die Gnade GOttes / die euch gegeben ist in Christo JEsu.
V. 5. Daß jhr seyd durch jhn an allen Stücken reich gemacht / an aller Lehre / vnd in aller Erkandnuß;
V. 6. Wie dann die Predigt von Christo in euch kräfftig worden ist.
V. 7. Also / daß jhr keinen Mangel habt an jrrgend einer Gaben / vnd wartet nur auff die Offenbarung vnsers HERRN JEsu Christi.
V. 8. Welcher auch wird euch fest halten / biß ans Ende / daß jhr vnsträfflich seyd / auff den Tag vnsers HERRN JEsu Christi.
V. 9. Dann GOtt ist trew / durch welchen jhr beruffen seyd / zur Gemeinschafft seines Sohns JEsu Christi vnsers HERRN.
WAnn ein Mensch zum Christenthumb beruffen ist / ist seinetię ad
Christianismu necessitate.
Die Christliche Weißheit siehet hinder sich / siehet für sich / siehet vmb sich /
leget alles wol vber / daß jhr das beste im Leben nicht entzogen werde. Sie
siehet hinder sich / vnnd zeyget vns was wir gewesen von Natur / vnnd in vnsern
Sünden / was wir empfangen von Gottes Gnad vnnd Güte / da wir beruffen seyn zur
Gemeinschafft deß Sohnes GOttes. Ein grosses ist es / daß Gott seinen
abgefallenen Knechten vnnd Feinden Erlösung verheissen: Noch grössers ists / daß
er solch Erlösung ins Werck gesetzet durch schwere Arbeit vnd Leyden seines
Sohns; das allergröst ist / daß er vns vnnütze Knecht auch in das Reich seines
Sohns versetzet hat / daß wir seine Miterben seyn sollen. Kehren wir die
Gedancken weiter hinauß was künfftig / vnnd für vns ist / zeyget vns die
Christliche Weißheit das Gericht / vnnd gibt vns zu bedencken die Straffe derer
/ die die Gnade jhres Beruffes geringschätzig geachtet: Sie zeyget vns die
Wiedervergeltung vnnd Seligkeit derer / die diese Gnadenzeit haben ich acht
genommen. In vns vnd vmb vns zeyget vns die Weißheit vnser Fleisch / die Welt /
vnnd den Sathan / welche vns alle ziehen zu einem frembden Ziel. Sie zeyget vns
Wann solches ein Christ stätig für Augen hat / alsdann gedencket er auch zu entfliehen dem zukünfftigen Vnheyl / vnd nicht zu verlieren die Hoffnung seines Beruffes / trawet nicht dem gegenwärtigen Glück / sondern prüffet sich / ob er auch noch fest stehe in der Gnad dazu er beruffen ist. O daß wir also weise weren / vnd vernehmen solches / daß wir verstünden was vns hernach begegnen würde!
Diese Weißheit hatten fahren lassen die Corinther / vnd fast vergessen die Würde
jhres Beruffes. Darumb gedenckt der Apostel Paulus durch die erste Epistel sie
wieder auffzumuntern / vnnd fänget an mit einer Dancksagung für den Reichthumb
der Predigt Christi die sie gehöret vnd angenommen / führet sie heimlich zu
bedencken / was sie gewesen seynd / vnnd was sie empfangen haben / damit sie
dadurch gezogen werden / den Schatz der Lehr Christi mit danckbarem Hertzen zu
erkennen / vnd sorgfältig zu bewahren / vnd dabey ein solches Vertrawen fassen /
daß GOtt / der sie beruffen hat zu der Gemeinschafft seines Sohns / sie auch
werde fest vnnd vnsträfflich erhalten biß auff den Tag JEsu Christi. Damit aber
auch wir weißlich thun lehren bey vnserm Beruff /
ES hat der Apostel diese Dancksagung geschrieben / da alles
Wir haben aber hiebey zweyerley zu bedencken / Erstlich /
Den Vberfluß vnnd Reichthumb Christlicher Lehr zeygetsistant divitiae cognitionis divinae. V. 5. 6.
7. predigten an allen Orten / vn der Herr
würckete mit jnen / vnd bekräfftiget das Wort mit nachfolgenden Zeichen.
Gleichfals bezeuget auch hie der Apostel / daß sein Evangelium / welches er von
Christo den Corinthern gepredigt / mit gewaltigen Zeichen vnter jhnen
bekräfftiget sey. Die Predigt von Christo ist in euch kräfftig geworden. Ja das
ist nicht allein geschehen durch Zeichen / sondern es ist auch in jhren Hertzen
bekräfftiget / daß sie vberzeuget seyn durch Göttliche Krafft deß Wortes / daß
sie nicht auff Fabeln / sondern auff Göttliche Warheit bawen. Dann die
eusserliche Zeichen vnd kräfftige Wunderthaten / bewegen nur erstlich das
Gemüthe / das Wort nicht für gerin gschätzig zu halten / aber die Krafft die im
Wort steckt / thut das meiste / vnnd vberzeuget das Gewissen / durch allerley
Trost vnd Erfahrung / daß es sey ein Göttlich Ding.
Wann das Wort also bekräfftiget ist / so folget dann ein Reichthumb der Lehr vnd der Erkandtnuß. Zweyerley Wort setzet der Apostel / Lehr vnnd Erkendtnuß. Die Lehr oder das Wort ist alles was einen Christen vnterrichten kan. Erkandtnuß ist nicht allein der Verstandt der Lehr / sondern auch die Empfindung vnd Erfahrung. So ist nun die Christliche Kirche durch die Predigt deß Evangelij reich / vnnd hat völlige Lehr an allem was zur Seligkeit noth ist / daß sie darauß eine gantz himlische Weißheit kan schöpffen.
So erklärts der Apostel selbst / jhr habt keinen Mangel an jrrgent einer Gabe /
vnd wartet nur auff die Offenbahrung vnsers Herrn JEsu Christi / wir haben einen
hohen geistlichen Verstand deß Wortes / vnnd Trost deß Glaubens zu Christo /
dardurch das Wort in vns versiegelt ist / in dem wir
Hie ist zu mercken / wie die Zukunfft deß Sohnes Gottes eine Offenbahrung genandt wirdt. Dann es darff Christus nicht eben viel tausent Meilen reysen / vnnd von ferne kommen / wann er zum Gericht kommen will. Dann seine Zukunfft geschicht in einem Augenblick. Wann er aber sich allen klar vnnd offenbahr erzeygen wird / alsdann heist es / daß er zu vns komme. Zu dem wird seine Mayestät / vnnd der seinigen Herrligkeit hie nur durch den Glauben / von den Glaubigen erkandt. Von den Gottlosen aber gar nicht geachtet / dort aber werden die Glaubigen augenscheinlich erfahren vnd besitzen die Herrligkeit in Christo darauff sie jetzo hoffen. Die Gottlosen aber werden auch sehen Christi Macht / vnd darüber erschrecken. Dieses ist die Offenbahrung Jesu Christi / die Erfüllung vnserer Hoffnung / welches allein vns hie noch mangelt / sonsten seynd wir reichlich versehen durch die Christliche Lehre mit allem / was vns zur Seligkeit dienen kan.
Da möcht man aber sprechen! müssen wir allererst hoffentiae incertitudine.servatio in
gratia 1. asseritur.
Der Grund dieser Hoffnung bestehet in der Trew dessen / der vns beruffen hat.
Den GOTT ist trew / spricht der Apostel /
Darumb wird nun der Schatz deß Evangelij nicht geringer / ob wir schon noch
warten müssen auff die Offenbahrung Christi. Dann was vns GOtt im Worte
aufftraget / das will er vns auch erhalten vnd geben / ist die Natur schwach /
so ists durch die Natur nicht angefangen / wird auch durch die Natur nicht
vollenbracht.
Es möchte gleichwol einen Wunder nehmen / wie der Apostel die Corinther hat
können so reich achten an aller Lehr vnd habeat in comunione vitiis cortu ptâ. thesauru, dignum
gratiarumactione.
Wann wir nun wissen / wie die Kirch Christi reich ist an aller Lehr vnd Erkantnuß
/ folget zum andern / daß wir sehen / wie dieser Reichthumb der Lehre / ein
Gnaden Schatz sey in Christo JEsu / dafür wir jhm allezeit zu dancken haben. Wie
es der Apostel ansihet vnd erkennet / wann er spricht: Ich dancke meinem Gott
allezeit ewert halben für die Gnade Gottes / die euch gegeben ist in Christo
JEsu.
Es ist ein Gnadenschatz / von Natur haben wir es nicht ererbet / haben es nicht verdienet / noch darumb gearbeytet / dencke zurück / wie viel deiner Vätter im Heydenthumb ohne die Erkäntnuß Christi gestorben / vnd wie viel tausent noch heute sterben / ohne dieses selige Erkantnuß? was haben wir gethan? Oder womit haben wir es verdienet / daß wir so reich an aller Lehr vnd Erkäntnuß geworden seyn.
Dieser Schatz ist vns gegeben durch Jesum Christum / durch jhn seyn wir reich gemacht an allen Stücken / Christus hat zu erst die himlische Erbschafft verdienet / hernach vereiniget er sich selbst mit vns durchs Wort. GOtt der himlische Vatter nach dem er versöhnet ist / durch den Todt seines Sohns / ruffet vnd ziehet er vns zu Christo seinem Sohn / daß wir in vnnd durch jhn das Erbe empfahen. Wann wir kommen seyn zu der Gemeinschafft deß Sohns GOttes / seynd wir eins mit ihm / vnd Gottes Kinder vnd Erben. All das gute / daß wir in vnnd bey der Erkändtnuß GOttes haben vnd erwarten / kompt durch Christum JEsum.
Diß ist ja ein denckwürdiger Schatz / so Paulus allezeit Danck gesagt hat für andere / die mit diesem Reichthumb begnadet seyn / was soll dann ein jeder für sich thun?
Auß gesagten ist genug zu ersehen / die Meynung deß Apostels in dieser Epistel / der so viel sagen will: Ihr wisset meine Lieben / wie jhr in der Heydenschafft / vnd von Natur arm vnd blind gewesen seyd an allem was gehöret zur Seligkeit: nun aber seyd jhr reich gemacht durch das Evangelium Christi / vnnd mangelt euch zur Seligkeit nichts / vnnd wartet nur auff die Offenbahrung ewerer Hoffnung / welches euch auch GOtt gewiß erhalten wird / diß erkennet mit mir für ein Gnadenschatz in Christo / wie ich dann darumb GOtt allezeit für euch dancke?
Mit solcher Dancksagung erkläret er nicht allein sein geneigtes Gemüth gegen die
Corinther. Dann wahre Freunde haben Leyd gemein; sondern er gewinnet auch
hiemit die Gunst
Solchem Anreitzen nach / sollen auch wir denselben Gnaden-Schatztiae:
& ingratio titudinis. vndanckbar / bemühen sich vil
vm den elenden Leib / vnd andere Eytelkeit dieser Welt /
machen sich darinn müd vnnd matt / vnd vergessen dabey dieses Gnadenschatzes in
Christo Jesu; wüste mancher einen Gülden zu gewinnen / zur Zeit deß offentlichen
Gottesdienstes / wurde er dem Gülden nachlauffen / vnnd die Predigt lassen
Predigt seyn. Solches ist fürwar ein grosse Vndanckbarkeit / ja auch eine grosse
Vnwissenheit / dann ja die Leuthe nimmermehr in diesen Dingen so säumig seyn
wurden / wan sie den Reichthumb desselben verstünden. Viele
meynen es sey allzeit so gewesen / daß man gepredigt hat / vnd werde auch so
bleiben. Sehe hinder dich / sehe vmb dich / wie viel seyn der elenden Leuthe /
denen dieser Gnadenschatz entzogen ist. Zu vielen ist das Wort Christi gekommen
/ welche doch entweder dasselbige im Grunde vmbgekehret / oder doch bey vielen
Irrthumb / mit grosser Schwachheit Christum als den Grund der Seligkeit behalten
/ daß sie selig werden / doch als durchs Fewr / das ist mit grosser Gefahr. Was
ist das für Finsternuß / wann einem die Schrifft verdecket vnnd vergraben ist.
Lutherus vber diese Epistel zeuget von sich / vnnd seiner vorigen Vnwissenheit
vnter dem Papstumb / wann er zum
Darumb lieben Christen / erkennet doch mit Danckbarkeit diesen Schatz der euch
gegeben ist in Christo JEsu / was da führet zu dem wahren vollkomnen Gut / also
daß wir keinen Mangel haben / ist billig für ein Reichthumb zu schätzen. Frag
Himmel / frag die Erde / frag dein eygen Gewissen / welches doch der beste
Reichthumb sey / so werden sie antworten Volle genüge. Was ist aber in der Welt
/ daß den dürfftigen Menschen bringen kan zur vollen Genüge / ohn dasselbe /
welches bringet zu GOTT dem höchsten Gut? Bistu reich an Gold vnd Silber / kan
es doch wol seyn / daß du nichts könnest essen / wie im Tantalo von dem Poeten
fürgebildet / welche schöne Aepffel in der Höllen biß ins Maul
hiengen / die doch von jhm fliehe / so offter darnach schnappet.
Gleicher massen ist solches abgebildet / in jenem thörichten Menschen / welcher
gewünschet / daß alles möchte Gold werden / welches er anrührte / vn darüber Hungers gestorben ist / dieweil auch nach seine Wunsch die Speiß zu Gold worden / doch seinen Hunger nicht hat
stillen können. Bistu reich an Macht vnd Ehre / hebet das nicht auff die
Kranckheit vnd Schmertzen deines Leibes. Vnd wann du auch alles hättest / was
ein Mensch haben kan / wurde doch vnter den allen nichts gefunden werden / daß
dein vnruhiges Gewissen befriedigen könte. Gottes geniessen / das begreiffet
alles / dann wie alles vollkomnes vnd wahres Gut ist in GOtt vnd von GOtt: Also
wer GOttes geneust / geneust alles guten. Bin ich dann arm / so lebt der Mensch
nicht allein vom Brodt / sondern von einem jeglichen Wort / daß auß dem Munde
GOttes gehet. Das müssen bezeugen alle Creatur GOttes. Sehet an die Lilien / wer
kleydet
Was ist aber / daß mich dahin bringe? Nichts anders als der Vorrath der heylsamen Lehre. Wer begehret GOttes zu geniessen / der muß recht vnterrichtet seyn / im Glauben vnd heyligen Leben / das thut aber die Predigt von Christo / darumb ist es dein höchster Schatz vnd Reichthumb / wider alles daß dir GOtt gibt hie auff Erden.
Bedencke nur ein wenig / was du hast bey dem Evangelio / was solt doch ein Mensch
mehr begehren? Ich weiß wann ich getauffet bin / so hab ich Vergebung der Sünden
/ bin schon gerecht gesprochen / ein Sohn vnnd Erbe GOttes; Bin ich gebrechlich
/ ja fall ich / so kan ich wieder auffgerichtet werden / vnnd loß gesprochen von
allen meinen Sünden. Ich weiß auch / worin ich GOtt ehren kan / vnd wie ich für
jhm soll heylig leben. In Nöthen kan ich GOtt anruffen / vnd hab die gewisse
Verheissung der Erhörung. Durch die Predigt deß heyligen Wortes redet Gott
selbst in mir /
Diesen Schatz zeyget die Schrifft / vnd erhebt jhn vber aller
Darumb halt nit gering diesen Reichthumb / daß euch Christus gepredigt wird / insonderheit seyn Lehrer schuldig nach dem Exempel Pauli mit danckbarem Hertzen zu erkennen / wann diese Gnade in Christo JEsu einer Gemein gegeben wird.
Erkennet nit allein lieben Christen danckbarlich diese Gnad /
Habt jhr nun einen solchen Schatz gesamblet / daß jhr reich studiosè
conservemus. führet vnter Dieb vnd Raubern / ist deßzu sorgfältiger.
Vn wer ist vnter den Menschen in der Welt / der nicht darauff
dencket Tag vnd Nacht / daß sein Vorrath wachse. Aber die Kinder dieser Welt
seyn kluger in jhrem Geschlecht / dan die Kinder deß Liechts.
So dancken wir nun Gott allezeit für seine Gnad / die er vns gegeben hat in Christo JEsu / daß wir seynd durch jhn an allen Stücken reich gemacht / an aller Lehr / vnd in aller Erkändtnuß / wie dann die Predigt von Christo in vns kräfftig worden ist / also / daß wir keinen Mangel haben an irrgent einer Gabe / vnnd warten nur auff die Offenbarung vnsers HERRN JEsu Christi / welcher auch vns wird fest behalten biß ans Ende / daß wir vnsträfflich seyn auff den Tag vnsers HERRN JEsu Christi / dann Gott ist trew / durch welchen wir beruffen seynd / zur Gemeinschafft seines. Sohns JEsu Christi / der sey gelobet in Ewigkeit. Amen.
V. 22. LIeben Brüder / so leget nun von euch ab / nach dem vorigen Wandel / den alten Menschen / der durch Lüste in Irrthumb sich verderbet.
V. 23. Ernewert euch aber im Geist ewers Gemüthes.
V. 24. Vnd ziehet den newen Menschen an / der nach GOtt geschaffen ist / in rechtschaffener Gerechtigkeit vnd Heyligkeit.
V. 25. Darumb leget die Lügen ab / vnnd redet die Warheit / ein jeglicher mit seinem Nächsten / sintemal wir vnter einander Glieder sind. Zürnet vnnd sündiget nicht.
V. 26. Lasset die Sonne nicht vber ewern Zorn vntergehen.
V. 27. Gebet auch nicht Raum dem Lästerer.
V. 28. Wergestohlen hat der stehle nicht mehr / sondern arbeyte vnd schaffe mit den Händen etwas gutes / auff daß er habe zu geben dem Dürfftigen.
OB zwar allzeit nur Gnade ist / wann ein sündlicher Mensch zum Reich Christi
beruffen wird / so erscheinet doch dieselbe viel grösser bey denen / die
ausserhalb der Kirchen zur Gemeinschafft Christi / als bey denen die in der
Kirchen beruffen werden. Sie kommen zwar darinn vberein / daß sie alle seyn
Kinder deß Zorns von Natur / vnd daß sie alle auß Gnaden beruffen vnd selig
werden. Gnad ists / daß vns GOtt erwöhlet hat durch Christum / ehe der Welt
Grund geleget ward / vnnd verordnet zu seiner Kindtschafft. Gnad ist es / daß
wir erlöset seyn /
Diß ist ein gemeine Gnad / daran sich halten muß ein jeglichertia.
Wann nun GOtt der reich ist von Barmhertzigkeit sie auß solchem Jammer versetzet
in das Reich seines Sohns / vnd sie wiedergebühret / daß sie seyn in Christo
JEsu / daß auch die / die weyland
Dieses ist / daß Paulum treibet zur Dancksagung für seine
Solch Vermahnen muß noch stätig getrieben werden / dann es wird nimmer dahin
kommen / daß daß Fleisch für Frewden springe vber dem guten / wie es der Geist
gerne wolte / wann einer schon das Wort GOttes gerne hört / es lieb vnnd werth
hält / ist doch das Fleisch faul / vnnd wieder bellet / ja setzet sich starck zu
wieder. Darüber feyrt der Sathan auch nicht / findet er so viel Raum / daß er
mit den Spitzen seiner Klawen ansetzen kan / dringet er bald gantz nach / so
dann Glaub vnd Geist kaum können fort kommen / wann man schon immer treibet mit
dem Worte / vnd den Menschen auffmuntert / was würde geschehen / wann man diß
treiben liesse anstehen? So vnachtsamb seyn alle Menschen / wie herrlich sie
auch seyn / daß sie ohn treiben nicht fort kommen / nichts thun / sondern
vielmehr in der Gottseligkeit verkalten. Darumb soll niemand gedencken / diß hab
ich lange gewust / ich kans auch andere selbst lehren. Die wir andere lehren vnd
treiben / bedürffen gar sehr /
DIe Ermahnung deß Apostels zur Ernewerung in vnser
Die Ernewerung ist eine Wiederbringung eines veralteten
Prima curatio est causam removere languoris, quod peromnium fit indulgentiam
peccatorum: Secunda ipsum sanare
Dasselbe was bey einem Christen soll ernewert werden / nennet der Apostel den Geist deß Gemüths: Ernewert euch im Geist ewers Gemüthes / das ist die innerliche Krafft der Seelen / deß Verstandes / deß Hertzens / vnd aller Begierden / den wie auß dem Hertzen / als auß einem Brunnen alles böses herauß quillet / also müssen auch alle gute Werck von Hertzen gehen / vnd werden auch von GOtt nach dem Hertzen gerichtet. Gehet derhalben die Christliche Ernewerung viel weiter / als der eusserlicher ehrbarer Wandel der Heyden. Ein ehrbarer Heyde vermag auch zu wiederstehen / der Flammen der Begierd / deß Zorns / deß Hasses / der Rachgierigkeit / vnnd sich bezwingen; aber er ist nicht ernewert am Sinn deß Gemüths / es mangelt jhm das newe Liecht an der Seelen / die lebendige Erkäntnuß Gottes vnd seiner Gnaden / es mangelt jhm der Geist Christi / der Werckmeister der rechten innerlichen Ernewerung / von welcher herkommen die heyligen Früchte / Liebe / Fried vnd Frewd. Darumb muß ein Christ lange nicht damit zu friden seyn / daß er im eusserlichen Leben vnsträfflich ist / er muß arbeyten an dem rechten innerlichen Grund der Seelen / daß derselbe ernewertwerde.
Soll aber der inwendigste Grund der Seelen ernewert werden / so muß er verändert
werden / eins muß er ablegen / das ander
Diesen alten Menschen beschreibet der Apostel / daß er da
alle Creaturen in jhrem Wesen seyn wie sie GOtt erschaffen / vnd GOtt dienen
nach jhrem Vermögen / ist der Mensch allein verderbet / vnnd durch die Sünd zu
einem Grewel geworden. Es verderbet sich der alte Mensch / in dem er auff sich
ladet die Tyranney deß Satans / den ewigen todt / vnd das ewige Verderben.
Also verderbet sich der alte Mensch / durch die verführische Lüste / in deme er
folget / seinen angebornen Lüsten. Die heissen recht verführische Lüste. Dan in dem der Mensch lebet nach dem Trieb deß Fleisches / vnd
wehret nicht dem Zorn / der Vnzucht / der Trügerey / der Wollust / vnd andern
vnersättlichen Lüsten; Thut ers doch alles vnter dem Schein deß guten / vnd soll
noch gut vnnd ehrbar heissen: Als wann er seinen Zorn vnd Vnmuth außgeust vber
seine vntergebene / muß es heissen / daß er strenge disciplin halte. Wann er dem
Geitz / dem Liegen / vnnd Triegen nachgehet / muß es ein Fleiß heissen / daß er
begehre sich vnd die seinen zu
Diß ist der alte Mensch / den ein Christ soll ablegen; wie aber? Kan er den alten
Menschen wol außziehen? Kan ein Mensch auch wol seyn ohn den alten Menschen?
Freylich wird man bey diesem Leben den alten Menschen nicht gantz vnd gar
ablegen. Ein jeglicher wird jhn noch bey sich fühlen. Darumb auch lebet kein
Christ / dem nicht diß gesagt ist; leget ab den alten Menschen. Wie solls dann
zugehen? Der Apostel sagt: Leget von euch ab nach dem vorigen Wandel / den alten
Menschen. Davon hat er
Das Gegentheyl / welches ein Mensch muß an sich nehmen /
Solchen newen Menschen beschreibet der Apostel also:
Solchen newen Menschen muß ein Christ anziehen / das ist / er muß die Eygenschafft eines newen Menschen an sich nehmen. Nicht daß er fort vollkommen sey / sondern weil er vnvollkommen ist / muß er täglich arbeiten vnnd darnach streben / daß die Eygenschafft eines newen Menschen in jhm erfunden / vnnd er nach Gottes Bilde ernewert werde.
Biß daher haben wir in gemein besehen / wie ein Christ muß ernewertwerden. Eben
das zeyget folgends der Apostel auch mit gewissen Exempeln in vnterschiedlichen
Stücken / nemblich wie in der Ernewerung das alte muß abgeleget / vnd ein newes
angenommen werden. Das erst Exempel ist genommen von der Lügen vnd dacio.
Hingegen / Warheit ist ein Stuck eines newen Menschen / dann das finden wir in GOtt / vnd kompt vberein mit seinem heyligen Willen. Dann GOTT handelt auffrichtig in allem seinem Thun.
Darumb muß ein ernewerter Christ alle Lügen / alle Verleumbdungen in Worten /
allen Betrug im Handel meiden / vnnd dargegen sich der Auffrichtigkeit vnd
Warheit befleissigen. In Sprüchwörtern am 12. Cap. spricht der weise König:
Falsche
Es setzet auch der Apostel diese Vrsach hinzu / warumb wir
Das ander Exempel ist genomen vom Zorn: Zürnet vnddâ irâ.
Vnd wer weiß / ob das nicht deß Geistes eygentliche Meynung ein Lästerer heißt. Der wolt vns auch
gerne zu Teuffels genossen machen; dazu fanget er vom geringen an / vnd bläset
imer zu / daß auß einem Füncklein ein groß Fewr wird. Wir
erfahren im Zorn / welche boßhafftige Gedancken wieder vnsern Nächsten vns
einfallen / wie wir nur das ärgste gedencken. Da ist das Füncklein angeleget /
da feyret der Sathan nicht / sondern bläset vnnd scheuret zu / daß der Haß vnnd
Bitterkeit grösser wirdt. Wann dann ein Christ die erste Brunst nit löschet /
sondern lässet sie in jhm wachsen / da ist dem Lästerer zu viel Raum in der
Seelen gegeben / der verdringet das Liecht der Seelen Christum / das muß vber
vnserm leydigen Zorn in vns verschwinden. Dagegen warnet der Geist: Gebet nicht
Raum dem Lästerer; wie auch bey Jacobo am 4. Capitel. Wiederstehet dem Lästerer
dem Teuffel /
Wir kommen auffs dritte vnd letzte Exempel / von vnchristlicher Handthierung
davon spricht der Apostel: Wer gestohlen würcken / was vns beliebet / sondern etwas gutes vnd
redliches / damit den Leuthen gedienet / vnd GOtt nicht erzürnet werde. Darumb
mag sich wol einer bedencken / wer ein gutes Gewissen haben will / zu welcher
Handthierung er sich vnnd seine Kinder begibet. Schändliche vnnd vnnützliche
Künste vnnd Gewerbe / damit weder GOtt noch Menschen zum guten gedienet wird /
müssen bey einem auffrichtigen Christen nicht seyn. Merck
Es seyn nun Liegen oder Triegen / Zorn oder Vnrecht / oder
Selig seyd jhr / weil jhr solches wisset / wann jhrs thut / was
Merckstu nun in deinem Gewissen / wie auch dir hierinnentiae correctio
per contrariam diligentiam.
Mercke wol / was für Gründe dir zu bedencken der H. Geist hie für leget. 1. Nach
dem er das Heydnische Wesen wol beschrieben / setzet er hinzu: Ihr habt Christum
nicht also gelernet
Fürs ander / erwege den vnterschiedlichen Zustand deß alten ein Zeter Gericht
/ wer hiezu Lust hat / der bedarff der Ernewerung nicht. Das will ich dir wol
sagen / du hast Macht hie zu vollbringen die Lust deines Fleisches / vnd wozu
dich deine Natur treibet / aber was hastu für Gewin? Du steckest
in dem Schlam der Sünden / vnd verderbest dich je mehr vnd mehr / vnd wirst dem
bösen Geist gleich / da du wol Göttlicher Natur köntest gleich werden. Welcher
an diesem Stande ein Mißfallen traget / der ernewere sich.
Darumb alles was jhr wisset / daß dem alten Menschen angehörettra Deum, est
fugiendu, & Contrà.
Diß anders werden muß immer bey vns bleiben / derwegen müssen wir mit Bitten vnd mit Flehen / vnnd mit allem Fleiß darnach streben / daß wir täglich anders werden / nach dem Geist vnsers Gemüths / dann ein Christ muß wachsen vnd zunehmen in der Ernewerung. Welcher Mensch aber nicht täglich darnach strebet / daß er sich verändere / vnd nicht eylet zur Vollkommenheit in Christo JEsu / der ist nicht rechter Art. So einer sich selbsten gefällt / vnd sich einbildet / er darff nicht weiter nach einem newen noch bessern Wandel bey seinem Christenthumb streben / da ist ein starcker Argwohn / als sey er durch den alten Menschen zu sehr verderbet / dann dessen Art ist / daß er durch die Lüste deß Fleisches vnnd Gewonheit fahre in einen Irrthumb / als sey es köstlich Ding / vnd durch solchen Irrthumb sich verderbe. Es ist der newe Mensch ein zartes Füncklein / wo das nicht immer auffgeblasen wird / kan es leicht verlöschen / so lang aber müssen wir in dem Fleiß der Ernewerung bleiben / biß wir GOtt gantz gelassen seyn / vnnd jhn in vns würcken lassen / daß nicht wir / sondern Gott in vns lebe / würcke / vnd begehre; daß nicht gesuchet werde was wir lieben / sondern was GOtt liebet / vnd wir also ein reines heyliges Werck GOttes seyn / das heist dann recht nach Gottes Bilde ernewert seyn. Hieran haben wir zu arbeyten so lang wir leben. Darumb auch so lang wir leben heist es: Ernewert euch. Darumb sag ich auch nicht daß wirs erreychen müssen oder erreychen werden / sondern daß wir darnach müssen streben immerdar. Christliche Ritterschafft ist kein Faullentzen.
Wer GOtt fürchtet / der schlägt es nicht in den Wind / dann GOttes Stimm ist es /
ernewert euch in dem Geist ewers Gemüths. Nicht mehr wünsch ich auff dißmal /
als daß wir alle ein
V. 15. SO sehet nun zu / wie jhr fürsichtiglich wandelt / nicht als die Vnweisen / sondern als die Weisen.
V. 16. Vnd schicket euch in die Zeit / dann es ist böse Zeit.
V. 17. Darumb werdet nicht vnverständig / sondern verständig / was da sey deß HERRN Wille.
V. 18. Vnnd sauffet euch nicht voll Weins / darauß ein vnordig Wesen folget. Sondern werdet voll Geistes.
V. 19. Vnd redet vnter einander von Psalmen vnnd Lobgefängen / vnd geistlichen Liedern / vnd spielet dem HERRN in ewerm Hertzen.
V. 20. Vnd saget Danck allezeit für alles / Gott vnd dem Vatter / in dem Nahmen vnsers HERREN JEsu Christi.
V. 21. Vnnd seyd vnter einander vnterthan in der Forcht GOttes.
DAs Evangelium von Christo ist so sehr der Natur zuwieder / daß es entweder gar nicht angenommen wird / oder so es angenommen vnd geglaubet wird / bald durch Sicherheit verlohren wird / in deme die Leute bald daran genug haben / vnd meynen sie habens gar dahin / folgen jhrem Fleische / biß sie die Krafft deß Evangelij verlieren / ehe sie es meynen / daß nichts mehr vberbleibet / als daß sie etwa davon reden können / vnd den Namen eines Christen behalten.
Das kompt daher / daß sie nicht bedencken den Grewel / deß fleischlichen Lebens
für GOtt / vnnd die rechte Art deß Christenthumbs / dann sie wollen nicht wissen
wie Paulus lehret zun Ephes.
Es kan ja dieses den Christen nicht verborgen seyn / das Wort GOttes ist voll von
solcher Lehre / so wirds auch offt gehöret / doch wirds nicht betrachtet. Ich
weiß nicht woher es komme / GOtt weiß es / daß so ein klares Wort nicht zu
Hertzen dringet / es können ja die Leute nicht sagen / daß das Wort nicht wahr
sey / dann sie bekennen es sey GOttes Wort / so können sie auch nicht gedencken
/ daß es kein Ernst sey / ohne Zweiffel thut viel dazu / daß mit keiner Begierde
vnd Ernst das Wort angehöret wirdt / oder wann ja das Hertz vberzeuget vnd
beweget ist / daß es sich vornimbt
Hingegen ist jm kein besser Mittel / dan stätig mit dem Worte.
In gegenwärtiger Lection / schreibt vns der Apostel etliche Regulen für / vom
Wandel eines erleuchteten Menschen / auch zu solchem Ende / daß er vns vnsers
Standes vnnd Amptes erinnere / vnnd ist eben das erste Stück vnter diesen / Von
Vorsichtigkeit / daß wir vnsern Wandel nach GOttes Wort anzustellen sorgfältig
seyn / wann dann durch solche Apostolische Vermahnung nicht allein eine
fleissige Seele gestärcket / sondern auch die entschlaffene Seele auffgewecket /
vnnd die blinde er leuchtet wird / wollen wir diesen Apostolischen Regeln
Christlich nachdencken /
DIE Erste Haupt-Regel führet vns auff die Christliche Fürsichtigkeit. Dann nach
deme der Apostel gewiesen / wie alle Erleuchtung von Christo kommen muß / so
setzet
Gleich wie ein Rechenmeister auff sein Regul vnnd Probe muß Achtung geben / wann
er etwas genawe will außrechnen / vnd
Gleich wie auch ein fürsichtiger Wandersmann / fleissig forschet nach dem rechten
Weg / ob er gleich außgehe zur Rechten oder zur Lincken / Ob viel Nebenwege /
vnnd welche dieselben seyn / vnnd dann auch genawe Achtung hat auff den Weg /
darnach er vnterrichtet ist / daß er nicht auff Irrewege gerathe / Also muß ein
vorsichtiger Christ auch thun / daß er ein geistlicher vorsichtiger Wandersmann
sey / er findet für sich nicht einen Weg / den Vnterricht
Ferner wan Paulus will / daß wir fürsichtig wandeln / nicht. / vnd sein Leben vnd Thun zum rechten Ende richten. Hingegen ist
das Thorheit / nach H. Schrifft / diese Fürsichtigkeit nit gebrauchen / auff
Gott nicht sehen / vn sein Leben nach Gott nit richte. In der
Welt seyn auch weise Leute die von natürlichen Sachen wissen guten Bericht zu
geben / Verstand haben eine Gemeine zu regieren / ist aber nicht die Furcht
Gottes dabey / so wird diese Weißheit zur Thorheit / solt auch der Mensche mit
seiner Weißheit vberwinden alle Scipiones vnd Cicerones.
Wann dann der Apostel zur rechten Weißheit / vnnd fürsichtigen studium sit adhibedum.
Sollen wir aber rechten Fleiß anwenden / müssen wir wissen /
Das erste Stück ist die Erkäntnuß deß Göttlichen Willes GOttes /
seyd verständig / vnd nicht vnverständig wie die Vnweisen / dann in Warheit deß
fürsichtigen Wandels Anfang ist / den Willen Gottes erkennen / daß man sich im
Leben darnach zu richten wisse / dan wie wöllen sie dem Willen
folgen / den sie nit kennen / mancher thut ein Ding guter Meynung / vn ist darum nit gut / soll es gut gethan heissen /
muß beydes die Meynung / vn die Sache selbsten gut seyn / vnd mit
Gottes Willen vber ein komen / darumb ermahnet der Geist GOttes
so ernstlich nach dem Willen GOttes zu forschen: Dann er eben in diesem fünfften
Capitel an die Epheser nicht alleine spricht: Seyd nicht vnverständig / sondern
verständig / was da sey deß HERRN Wille / sondern
Es darff niemand sagen / ich bin zu schlecht vnd einfältig / im Willen GOttes soll man nicht einfältig seyn / Seyd verständig / vnd nicht vnverständig was da sey deß HERREN Wille / wir sollen nicht immerdar vnverständige Kinder bleiben.
Hierinn ist zubeklagen / die Nachlässigkeit der Christen / in Erforschung deß Willens GOttes thun sie doch aller dinge / als wann an dem Willen GOttes nichts gelegen were / da doch die Erkäntnuß deß Willens GOttes ist / deß Christlichen Wandels Anfang / vber güldete wol außgeputzete Bücher wollen wir gerne haben / wollen sie aber nicht gerne antasten.
Das ander Stück zum vorsichtigen Wandel gehörig / ist dertia.
So wir dann nun Zeit haben / so lasset vns gutes
So lange einem Menschen / das Liecht deß Evangelij scheinet / so lange hat er gelegene Zeit gutes zu thun / es sey die Zeit auch wie sie will / ist die Zeit glückselig / so erzeyge darinnen daß GOtt dir lieber ist / dann alles Gut der Welt / ist die Zeit trübselig / so hast du abermal Gelegenheit / nach GOttes Willen zu üben / Gedult / Zuversicht / vnd Hoffnung / gerathestu vnter Verführer / so hastu Gelegenheit deinen Glauben zu bekennen vnd zuvertretten / steiget in deinem Hertzen auff / fleischliche Lust vnnd Zorn / da ist Zeit zu streiten vnd zu vberwinden / daß du durch Abbruch deines fleischlichen Willens / dem Willen GOttes die Ehre gebest / alles was du zu jederzeit gutes thun kanst / bistu nach dieser Regul schuldig nicht. zu versäumen / hastu es aber versäumet / solls dir so leyd seyn / als hättestu groß Gut verlohren.
Was ist es aber daß der Apostel hinzu setzet: Es ist böse Zeit? Ich meyne er rede
von einer gewünschten Zeit; kan dan die Zeit zugleich gut vnd
böse seyn? Jafreylich / eben die Stunde die gut vnd selig ist / weil vns
darinnen das Liecht der Gnaden scheinet / daß wir im Liechte / das ist nach
GOttes Willen wandeln können / eben dieselbe Stunde ist auch böse / wegen deß
Teuffels Wüten / der Welt Verführung / vnd vnsers eigenen Fleisches
Wiederstrebung / dieses alles ist dem Liechte zuwider / darumb mag ein Mensch
auff alle Zeit gute Achtung geben / so lange jhm das Liecht der Gnaden scheinet
/ daß er auch als ein Kind deß Liechtes wandele. Es möchte das Liecht von vns
genomen werden / da gilt es dann nicht lauffen. Wanns GOtt
nicht gibt vnd darbeut / werden wir es mit vnserm Nachlauffen weder finden noch
erhaschen / wann aber das Liecht
Kürtzlich die Hauptregul von der Fürsichtigkeit zu wiederholen / so werden wir ermahnet / erstlich nach GOttes Willen flejssig zu forschen / hernach denselben zu aller Zeit / wie die auch sey in acht zu nehmen / vnd nicht zu versäumen / was wir nach Begebenheit der Zeit GOtt zu Dienst thun oder leyden können. Vnd dazu müssen wir grossen Ernst vnnd Fleiß gebrauchen / das wird vnsere rechte Weißheit seyn.
Folget die andere Hauptregul / die vns führet auff ein geistliches
Der Schändt-weltlichen Vollerey gilt es / wann gesagt
Der Apostel Paulus weiß die Trunckenheit recht zu tituliren / vnd nent es ein vnordentlich / wüstes / heiloses Wesen. Sauffet euch nit
voll Weins / darauß ein vnordentlich Wesen folget / oder darin ein heyloses
Wesen steckt. Dann man sihet / wie Lutherus in seinen Glossen redet / daß die
Trunckenbold wilde / freche / vnverschampte / vnd allerding vngezogen seyn / mit
Worten / Schreyen / Geberden / vnd dergleichen. Der weise Salomon
Ein Vollsauffer vergreifft sich an GOtt / an seinem Nächsten / an sich selbsten.
Er versündiget sich an GOtt; ich will nicht sagen vom Vngehorsamb / da er das
Wort deß HERRN auß den Augen schlägt: Sauffet euch nicht voll Weins. Ich gibe
den Vollsäuffern nur das zu bedencken / daß sie durch Vollerey Gott die Thür vor
der Nasen zuschliessen / daß er nicht zu jhnen einkehre; dann hie recht vnnd wol
in acht zu nehmen der Gegensatz / der geistlichen vnnd leiblichen Vollerey; ehe
Paulus saget: Werdet voll Geistes; ermahnet er zuvor / daß wir vns nicht voll
Weins sauffen; vnnd hat mit solchem Gegensatz genug angedeutet / daß bedencke / wie vil hundert
Menschen jhren Leib mit schwerer Arbeit müssen abmatten / die doch kümmerlich
haben / das matte Hertz nur auffzuhalten; was nun ein Vollsauffer verschlinget /
das hat er den Nothleydenden vnd Dürfftigen entwandt / die bey jhrer Arbeit jhr
Hertz hätten können erlaben / mit dem daß du vberflüssig vnd vnnützlicher weise
verschwendest. Vnd wisse / GOtt wird einmal nachfragen. Ein Vollsauffer sündiget
wieder sich selbst. Wie kan er ärger mit sich vmbgehen / als wann er deß
höchsten Gutes sich selbsten beraubet? Ein Trunckener wehret dem H. Geist / vnnd
verstost das Reich Christi auß seiner Seelen. Gedencke nicht / daß ein Mensch
auff Erden dich höher beleydigen kan. Es seynd die Wort klar beym Apostel Paulo
zun Galatern am 5. vnd in der 1. an die Corinther
Wie viel seliger ist die geistliche Trunckenheit / davon Paulusdo 1. ejus originem.
Wann die Welt beym Wein sonderliche Lust will haben / braucht sie Lieder vnd
Seytenspiel. Das findet sich auch bey geistlicher Trunckenheit. Dann wann die
Seele voll wirdt deß heyligen Geistes / so hebet sich an ein singen vnnd
jubiliren im Hertzen.
1. Redet vntereinander / oder mit euch selbsten von Psalmen / vnd Lobgesängen vnnd geistlichen Liedern. In Gastereyen reitzet einer den andern zu reden / vmb Zeit zu vertreiben; da redet man da von hie vnd dort / aber selten vnnd vngern von GOtt vnd geistlichen Sachen / die der Seelen erbawlich seyn. Aber dem Geist GOttes gefällt es wol / daß wir reden von vnnd mit Psalmen / Lobgesängen vnd geistlichen Liedern / vnd in denselben erwegen die Liebes Werck / vnd grosse Thaten GOttes. Vnd solches können wir thun beydes bey vns selbst / wann wir allein seyn; auch vntereinander / wann zween oder mehr versamlet seyn. Geistliche Betrachtungen vnd Reden / seynd geistliche Lieder vnnd Lobgesänge wer damit vmbgehet / der entzündet sein Hertz.
2. Singet vnd spielet dem HErrn in ewerm Hertzen. Die eusserliche Musie gehöret für die Ohren / die geistliche Musie dringet zu GOTT; die wird aber gehalten im Hertzen / entweder allein / oder auch daß der Mund mit einstimme / da dann zerbrochene Wort seyn die beste Wort. Dann in diesem Frolocken deß Geistes im Hertzen / wird so vil empfunden / daß die Wort nicht mögen folgen. Will man aber den Mund mit gebrauchen zum singen / so sehe man zu / er stlich daß es auß Hertzen gehe; sonst ist es nur ein vergeblich brüllen; darumb ist mein rath / ehe du die Wort außsprichst / bedenck vnd erwege sie in deinem Hertzen / damit also dein Wort auß der Fülle deß Hertzens herfliessen. Hernach muß der Gesang nicht nur auff Liebligkeit vnnd Ergetzung der Ohren gerichtet seyn / sondern zu GOtt / daß der dadurch gepreiset / vnd die Seele zu GOtt erhaben werde. Singet man in einer Gemeine / soll ein jeglicher mit einstimmen / doch auß Hertzen Grund / daß einer den andern zur Andacht anreitze / vnd vnser Gesang sey ein gemein Gespräch / daß wir vntereinander halten mit Psalmen / Lobgesängen vnd geistlichen Liedern.
Zum meisten aber ist zu trachten / nach dem innerlichen Jubiliren / wie auch das
äusserliche Singen vnd Betten dahin soll gerichtet seyn / daß das innerliche
mehr vnnd mehr erweckt werde. Die äusserliche Musie / hat eine sonderbare vnd
heimliche Krafft / einen Menschen zu bewegen / wie man dann erfähret / wann von
kläglichen Dingen beweglich gesungen wirdt / wie das Hertz zu Mitleyden gezogen
wird / hingegen in frölichen Dingen zur Lustigkeit vnd Fröligkeit. Was will man
dann sagen von der innerlichen Hertzens Musie? die dringet noch viel mehr durch.
Das glaubt vnd versteht keiner / als der es empfunden. Ein Mensch bleibt hie
nicht bey jhm selbst / vnd weiß nicht wie jhm geschicht. Im Evangelio das heute
verlesen wird / steht von der Frewd / die GOtt der Seelen bereytet / also
geschrieben: Es war ein König der seinem Sohne Hochzeit machte / vnd lud viel
dazu / vnd sandte seine Botten
3. Saget Danck allezeit für alles GOtt vnd dem Vatter / in dem Namen vnsers HERRN JEsu Christi. Der da ist ein GOtt vber alle Welt / der ist nun auch vnser Vatter; demselben sollen wir Danck sagen. Diß Dancksagen begreifft in sich erstlich eine Befriedligkeit / dann worinn der Mensch Gott dancken soll / darinn muß er so viel finden / daß er mit GOtt kan zu frieden seyn / vnd mit seiner Gnad sich begnügen lassen. Hernach begreifft das Dancksagen in sich ein Lob GOttes / daß wir die Werck Gottes als löblich erkennen vnnd preisen / mit Hertzen / Mund / vnnd mit dem gantzen Leben. Dann da hat man Gott für seine Wolthaten recht gelobet / wann das gantze Leben zu GOttes Lob gerichtet wird / alles nach seinem Willen / vnd nichtes wieder seinen Willen.
Solch Dancksagen muß weren allezeit / vnnd muß geübet werden in allen Dingen / im
Thun vnd Leyden / in Glück vnd Vnglück. In dem allem muß eine Christliche Seele
mit Gott zu frieden seyn / vnd jhm Lob geben. Dann es höret doch Gott nie auff
dem Menschen gutes zu thun / auch wann er Creutz schicket / wo es anders wahr
ist / wie es dann muß wahr seyn / was Paulus saget: Denen die GOtt lieben /
müssen alle Ding zum besten
Ich habe gesagt / man soll GOtt auch mit dem Leben loben / daß alles nach GOttes
Willen zu GOttes Lobe gerichtet werde; wie ist das aber müglich allezeit vnd in
allen Dingen? Es ist nicht vergebens hinzu gesetzet: In dem Namen vnsers HERRN
JEsu Christi. Wo Christi Nahme nicht ist / im Hertzen deß Menschen / so kan auch
auß demselben kein Lob GOttes entspringen. Dann ohn Christo seind wir ein
Gstanck vnd Fluch für Gott. Wann aber Christi Nahme in vnsern Hertzen durch den
heyligen Geist außgedruckt ist / so loben wir GOtt allezeit; dann was vns an
Heyligkeit mangelt / das alles wird erstattet durch den Vberfluß deß Gehorsambs
JEsu Christi. Daher geschrieben steht:
Es ist noch vber die dritte Regel / die den erleuchteten Menschen auff gründliche
Demuth führet: Seyd vnter einander vnterthan in der Furcht Gottes. Die Natur ist
zur Hochmut geneiget. Niemand wil vnter seins gleichen gern der geringste seyn;
ein jeder will gerne mehr vnd höher seyn dann ein ander; vnnd mag doch nicht
leyden / daß ein ander vnter seins gleichen vber jhn komme vnnd mehr seye. Dem
zuwieder ermahnt vns GOttes Geist: Seyt vnterthan vntereinander / einer
vnterwerffe sich dem andern. Wie Christus vns vorgehet mit Wort vnnd Exempel:
Christus war ja Meister / vnd wusche doch den Jüngern die Füsse / das war
Knechts Arbeit; dabey gab er die Lehr: Wer der grösseste ist / der werde deß
andern Knecht. Vnd gehet auch im
Es setzet Paulus hinzu: In der Furcht deß HERRN. Weiset vns damit auff die Art vnd Vrsprung Christlicher Demuth / daß es nicht geschehe heuchlischer Weise. Seynd wir nun mit Joseph erhaben / so sprechen wir mit jhm: Ich bin vnter Gott / vnd fürchte GOtt. Das macht dann / daß wir im Hertzen vber vnsern Mitknecht vns nicht erheben / sondern vns demselben nach vnserm Stande mit Gewogenheit vnd Dienste vnterwerffen; vnd da wir Herren seyn / vns doch für Knechte halten. Werden andere vns vorgezogen / sollen wir gleichfals bleiben in der Furcht deß HERREN / daß wir vnserm Bruder nicht mißgönnen / was jhm GOtt gegönnt vnd geschenckt hat. Gedenckt daran / was geschrieben steht, GOtt wiederstrebet den Hoffärtigen / aber den Demüthigen gibt er Gnade / daß wirdt vns vntereinander vnterthan machen.
Diß seynd nun drey Regul / die der Geist GOttes einem / vnter denen ist der erste Grad / auff
GOttes Willen sehen vnnd demselben folgen. Das macht den Menschen zu einem
weisen fürsichtigen Christen. Dem folget der ander Grad / wann der Mensch offt
vnnd fleissig mit GOttes Wort / vnd geistlichen Gedancken vmbgehet / daß er
dadurch angezündet / vnd erfrewet werde / GOtt zu singen vnnd zu spielen in
seinem Hertzen. Darin empfangt er einen Vorschmack deß ewigen el empfunden / doch so er sich dessen wurde erheben / sich
höher achten dann andere Menschen; were er nichts. Weil aber GOtt wol weiß / was
für ein Lecker auch allen Heyligen anklebet / steckt Gott Paulo einen Pfal ins
Fleisch / vnd hält jhn vnter ein bitter Creutz / daß er sich nit vberhebe seiner
hohen Offenbarungen. Welcher Mensch diese gradus besteiget / der gehet als ein
Kind deß Liechts / vnd wird immer mehr vnd mehr erleuchtet.
Wie nun Christus seine geistliche Vnderweisung bey dem
Meine Lieben / nun ist die Zeit gutes zu thun. Es ist die Zeit deß newen Bundes / so ziehet an den newen Menschen; Es ist eine Gnadenzeit / wollet die Gnade Gottes nicht vergebens empfangen haben; es ist die Zeit deß Liechts / so wandelt als Kinder doß Liechts / nicht als die Vnweisen / sondern als die Weisen / nicht voll vom Wein / sonder voll deß Geistes; nicht in Hochmuth / sondern in hertzlicher Demuth / Gott helffe vns / Amen.
V. 10. ZVletzt meine Brüder / seyd starck in dem HERREN / vnnd in der Macht seiner Stärcke.
V. 11. Ziehet an den Harnisch Gottes / daß jhr bestehen köndt gegen dem listigen Anlauff deß Teuffels.
V. 12. Dann wir haben nicht mit Fleisch vnd Blut zu kämpffen / sondern mit Fürsten vnnd Gewaltigen / nemlich mit den Hirten der Welt / die in der Finsternuß dieser Welt herrschen / mit den bösen Geistern vnder dem Himmel.
V. 13. Vmb deß willen / so ergreiffet den Harnisch GOttes / auff daß jhr / wann das böse Stündlein kommet / Wiederstand thun / vnd alles wol außrichten / vnd das Feld behalten möget.
V. 14. So stehet nun / vmbgürtet ewre Lenden / mit Warheit / vnnd angezogen mit dem Krebs der Gerechtigkeit.
V. 15. Vnd an Beinen gestiffelt / als fertig zu treiben das Evangelium deß Friedens / damit jhr bereytet seyet.
V. 16. Vor allen Dingen aber ergreiffet den Schild deß Glaubens / mit welchem jhr außlöschen köndt alle fewrige Pfeile deß Bösewichts.
V. 17. Vnd nehmet den Helm deß Heyls / vnnd das Schwerdt deß Geists / welches da ist das Wort GOttes.
ES führet die Welt ein Sprüchwort: Es ist keine geringere minor est virtus, qua quaerere, parta tueri.
Gleich wie nun der Geist GOttes gerne siehet vnnd haben
Diese Regel weiß sich wol zu nutz zu machen die geitzige Welt. Dann wann sie von jhrem Gut weder Gott noch Menschen gedienet haben / bemänteln sie jhre Vntugendt mit der Sparsamkeit / nach dem keine geringere Tugend ist sparen denn erwerben.
So dann jhr O Menschen Kinder es für billig achtet / sparen vnd bewahren die
Güter / die jhr doch alle im Todt lassen müsset / wie viel für sichtiger solt
jhr vmbgehen mit den himlischen vnd ewigwerenden Gütern. Da heist es freylich.
Es ist keine geringe Kunst bewahren dann erwerben. Wir haben zwar nicht mit
vnserm Dienst erworben die Seligkeit / die bey GOtt ist / wir habens auch nicht
von den Eltern ererbet / durch Christum ist sie vns gegeben. Das lasset aber
ewer Kunst seyn / daß jhr sie durch GOttes Beystand ja bewahret: Dan hie ist auch Gefahr / wieder diese Seligkeit streiten / die Welt
/ der Teuffel / vnd vnser eygen Fleisch / das Fleisch ist zur Erden geneiget /
die Weltreitzet mit jhrem Exempel / der Teuffel thut nimmer feyren / da gilts ja
fürsichtig seyn / damit wir den einmal erlangten Schatz nicht wieder
verliehren.
Hierumb hat der Apostel Paulus der gemeinen Christenheit in der Epistel an die
Epheser nicht allein für gemahlet den vberauß grossen Segen den wir haben in
Christo / auch nicht allein vns auffgemuntert würdiglich zu leben / nach vnserm
Beruff / vnd auß zuziehen
ES hält sich der Apostel Paulus hie aller dinges / als ein geistlicher
Bey dieser Auffmunterung müssen wir sehen vors erst auff spiritualem
contra Sathanam notadum. I. Hostis descriptio.
Es hat ja wol ein Christ genug zu thun mit seinem eygenen est carnalis.
Erstlich haben wir starck vnd gewaltige Feind die Fürsten vnd die Gewaltigen / die Herren der Welt / die in der Finsternuß dieser Welt herrschen. Da hat ein Christ nicht zu kämpffen wieder einen Teuffel / sondern wieder ein gantzes Fürstenthumb / vnd wieder die Gewaltigsten in demselben; Dann es haben auch die Teuffel jhre Ordnung / daß einer gewaltiger vnnd verschmitzter ist / dann der ander. Sie werden genennt Herren der Welt / theyls / daß sie die Gottlose Welt Kinder nach jhrem Willen regieren / welche jhnen auch trew vnnd gehorsamb seyn / theyls / daß sie in dieser Welt durch GOttes Zulassung grosse Macht haben so sehr / daß sie auch die frommen vnd heylige Kinder GOttes / hefftig plagen vnd betrüben / wie an Job zu sehen. Solte Gott nicht wehren / wurde ein Christ nimmer Ruhe finden / sondern es wurde jhn treffen ein Vnglück vber das ander. Sie werden genandt Herrscher der Finsternuß / dann sie haben jhre Gewalt in der Boßheit / richten an vnnd befördern alles Gottloses Wesen / vnnd alle Werck der Finsternuß. Doch erstreckt sich diese Gewalt nicht weiter / als biß auff diese Welt.
Fürs ander / haben wir boßhafftige vnd verschlagene Feinde / dann wir haben zu
streiten mit den bösen Geistern vnter dem Himmel / ja viel mehr wieder die
geistliche Geschwindigkeit deß Satans die er verübet in himlischen vnd
Göttlichen Sachen / darinnen er vns viel krummer Springe machet. Wir seynd
versetzet in das himlische Wesen / vnd sollen auch göttlich leben hie auff
dieser Welt / darinnen aber richtet vns der Satan viel Wunder an / vnnd
verwirret vns. Das seynd rechte geistliche
Hie mercke von deß Teuffels Eingeben / daß es nitdie Meynung habe / als wan du nichts böses gedencken köntest / es muste dan
vor der Satan dirs einblasen. Dann die Boßheit ist ohn das starck vnd kräfftig
genug bey den Menschen / vnd kan vnsere Sinn vnnd Gedancken / die von Natur
nicht gerne still seyn / bald hie vnd dort aufführen / doch mag man recht vnd
wol sagen / wann vns böse Gedancken einfallen / sihe doch was nur der böse Feind
einblaset / dann man muß freylich gedencken / daß er nicht weit davon ist. Dann
er ist vnd bleibet doch ein Herr vnnd Meister der Finsternuß in dieser Welt.
So haben wir ja freylich einen grössern Feind als Fleisch vnd Blut / groß Macht vnd viel List / sein grawsam Rüstung ist. Damit kan der Satan vns leicht eine Schantze abgewinnen / das ist dann schon eine Anreitzung zur Göttlichen Außrüstung / wie stärcker der Feind ist / je muthiger wir seyn müssen / je listiger er ist / je mehr wir wachen müssen.
II. Weiset vns der H. Geist auff den Zweck deß Streites / zn was Ende wir
streiten müssen / nemlich / daß wir Widerstand thun / alles woll außrichten /
bestehen mögen / vn das Feld erhalten. Dann
Ein Christ muß dahin zielen. 1. Daß er in seiner Seligkeit bestehen bleibet. 2.
Daß er den Satan zu Schanden mache / desselbigen List vnd Gewalt zerbreche /
vnnd jhn mit Schanden von sich treibe / vnd also die Victoria davon trage. Er
fechtet mit vns vmb das ewige Gut / vmb die himlische Seligkeit / nicht daß er
sie begehre / sondern daß ers vns nicht gönne / dann er kan nicht leyden / daß
wir so hoch in Christo JEsu zu GOttes Ehren erhoben seyn. Auß diesem Himmel
wolte er vns gerne stossen / darumb streitet er / darinn müssen wir jhm wehren.
Darumb spricht der Geist: Ergreiffet den Harnisch GOttes / auff daß jhr möget
Wieder standt thun wann das böse Stündlein kompt. Damit gibt er zuverstehen /
daß nicht alle Stunden gleich seyn. Dann gleich wie in einem Kriege der Soldat
nicht allezeit in der Schlacht stehet / doch allezeit deß Feindes muß gewärtig
seyn; wann er dann vom Feind vberfallen wird / vnd zwar zur Zeit wann er vbel
verwahret / vnd der Feind den besten Vortheil hat / da kompt das böse Stündlein:
Also verhänget GOtt / daß der Satan zu einer Zeit vns hefftiger zusetzet / dann
zur andern: Dann ob er zwar nimmer feyret / die Frommen anzufechten / dennoch so
hat GOtt sonderliche Stunden verordnet / darinn dem bösen Feind mehr Macht /
dann sonsten zugelassen wird / wie abermal an Job zu sehen / vnd den Jüngern
Christi zur Zeit seines Leydens. So erfahren wir auch / daß zu einer Zeit die
Kirche GOttes mehr gedrucket wird / dann zur andern / daß auch wir selbsten zu
einer Zeit harter angegriffen werden dann zur andern. Davon saget Christus: Der
Satan hat ewer begehret zu sichten wie den Weitzen: Da gehet an das böse
Stündlein / da läßt sich mercken die Macht der Finsternuß / da ists noth daß wir
wol gerüstet seyn /
Solche Betrachtung treibet vns abermahl in Harnisch / dann wir kämpffen nicht vmb Geld vnnd Gut / sondern vmb das Reich GOttes / vnd die ewige Seligkeit / darumb müssen wir nicht faul seyn / wir wissen nicht wann das böse Stündlein kompt / wann die Anfechtung soll gestärcket werden / darumb müssen wir stäts bereyt seyn.
III. Werden wir gewiesen auff den Vrsprung vnser Stärcke in diesem Streit. Mit
vnser Macht ist nichts gethan / wir seynd gar bald verlohren / Menschen Macht
wieder den Satan ist nicht anders als ein Zischen der Fliegen. Der Apostel aber
spricht:
Diese Betrachtung gibt vns auch einen Muth zu dem geistlichen
Wir kennen nun den Feind / wissen auch zu was Ende wir
Stehen muß ein Christ / er muß nicht ligen vnd sicher schlaffen / sondern in der Rüstung vnd Waffen GOttes stätiglich auffwarten. Was seynds aber für Waffen Gottes?
1. Vmbgürtet ewere Lenden mit Warheit: Vor Alters
2. Seyd angezogen mit dem Krebs der Gerechtigkeit. Der Krebs oder Pantzer ist
eine Rüstung / damit das Hertz vnd die Brust gewapnet vnd verwahret wird. Das
muß vns seyn ein gerechtes / heyliges vnd Gottseliges Wesen / welches
herfliesset / auß der zugerechneten Gerechtigkeit JEsu Christi / daß wir nicht
mit Sünden wieder das Gewissen befleckt seyn; mit wenigem der Pantzer der
Christen muß seyn / ein reines Gewissen in Christo JEsu. Dann es streitet sich
gar vbel / wann vns das Gewissen zuwieder stehet / wir erfahren es wol / wann
das Gewissen nur ein wenig verletzet wird / vnd vns Vnglück darüber zu Handen
stosset / wie viel vns das schadet an der Frewdigkeit. Mit diesem Pantzer ist
auch gerüstet gewesen vnser Hauptmann Christus / von welchem
3. Seyd an Beinen gestieffelt / als fertig zu treiben das Evangelium deß Friedens
/ damit jhr bereytet seyd: Oder / Seyd geschuhet an Füssen durch die Fertigkeit
deß Evangelij deß Friedens. Einem Soldaten ist es gut / wann er ist wol
geschuhet. Dann sie müssen gehen durch manchen rauhen
Vor allen Dingen aber 4. ergreiffet den Schild deß
5. Nehmet den Helm deß Heyls / vnd das Schwerdt deß Geistes / welches ist das
Wort GOttes. Ohn das Wort haben wir keinen Glauben / der Glaub muß genommeu
werden auß der Rüstkammer deß Wortes Gottes / das Wort hat zweyerley Krafft. 1.
Ist es vns ein Helm deß Heyls / dadurch das Haupt deß Glaubens verwahret wird.
Vnter dem Wort vnsers GOttes seynd wir sicher als vnter einem Helm / seine
Warheit ist
Letzlich 6. muß das Gebett nicht zurück bleiben / dann alle vnsere Kräffte müssen
von GOTT kommen / darumb muß sie auch von GOtt erbetten werden / daß GOtt mit
seinem H. Geist vns regiere / Rath / Krafft / vnnd glücklichen Außgang gebe /
sonst ists geschehen. Darumb finden wir auch diese Wort beym Apostel: Faulheit / oder durch
Kleinmütigkeit vnnd Verzweiffelung. Vnser Gebett muß hefftig seyn vnd im Geist /
dann es ist ein kaltes Gebett / wo nit der Geist innerlich seufftzet / vnd
ruffet Abba lieber Vatter. Das Gebett ist vnsert halben sehr schwach / aber ein
Seufftzerlein macht alles gut / sonst muste auch das Gebett zur Sünde werden.
Wir müssen betten / nicht allein für vns / sondern auch für andere. Zun Hebreern
am 13. Gedencket der Gebundenen / als die Mitgebundene
Einem Soldaten ist ja viel dran gelegen / daß seine Mitgesellen standhafftig seyn / wo er selbst nicht will flüchtig / oder auch erschlagen werden. Weil wir zusammen fechten / müssen wir auch zusammen beten / einer für den andern / daß wir alle gestärcket werden / vnd das so viel mehr / so lieber vns ist die Ehre GOttes / vnnd die Schande deß Satans. Allermeist müssen wir beten für Lehrer vnnd Prediger / als welche forn an der Spitzen stehen müssen / die bedörffen Hülffe zu treiben das Werck deß Evangelions. Daran aber ist der gantzen Christenheit gelegen / daß das Wort rein behalten werde / so lang das Wort klinget / hat der Teuffel noch nicht gewonnen. Solt aber kein Wort GOttes mehr seyn / so were es verlohren.
Damit seynd wir nun genugsamb vnterrichtet / wie wir wieder
Da gehe nun ein jeglicher in sein Gewissen / vnd forsche nach wie er gewachet / ob er auch allezeit in der Rüstung GOttes bereyt gestanden / ja ob er nicht bereyt gefället sey. Wer bekümmert sich vmb die Warheit / zu erkennen GOtt vnd sein Geheimnuß / wer hat jhm fürgenommen vnd beschlossen mit auffrichtigem Hertzen seinem Feldhauptmann Christo zu dienen? Wer ist bereyt in allen Dingen einher zu gehen nach dem Evangelio deß Friedes / in allen Stücken vnnd allenthalben den Frieden bey GOtt zu erhalten. Wer hat sich in dem Frieden Gottes so gestärcket / daß er mit Gott zu frieden ist / vnnd sich begnügen läßt in allen Dingen / in Glück vnd Vnglück? Wer hat seine Seele bedecket mit dem Schild deß Glaubens? Ja den Schalcksdeckel hat er leyder mehr dann zu viel vber sich gezogen / denn die Bekantnuß deß Glaubens muß seyn ein Deckel der Boßheit. Bistu aber im Glauben verwahret / wieder die listige Pfeile deß Satans / so versuch in deinem Sinn / ob du auch wol woltest bestehen / wann dich der Satan wurde setzen auff die Schwelle der Höllen / vnd hinab zu stossen beginnete / frag da dein Gewissen / was es daselbst für Frewdigkeit bey sich wurde befinden? Viel haben Christum nicht geschmäckt / viel weniger seyn sie mit jhm bekleydet / wiewol sie sich deß Glaubens rühmen. Wer hat GOttes Wort gehalten für den Helm deß Heyls / für das Schwerdt deß Geistes? Wer hat sich damit so verwahret / daß er wieder den Satan bestehen könne? Wer hat gewachet mit allem Anhalten vnd Flehen im Geist zu beten ohn vnterlaß für sich vnnd alle Heyligen? Ich fürchte sehr / viele / die da meynen sie stehen / seyn schon gefallen / oder zum wenigsten seyn schon im gleiten vnnd sincken. Liebe Seelen / jhr lebet als habt jhr schon gewonnen / als sey der böse Feind schon todt / als bedürfftet jhr keiner Hut vnnd Stärcke.
Aber wachet vnd stärcket euch in dem HERRN / seyd starck in Evangelio deß
Friedes durch Glück vnd Vnglück / mit dem Glauben vnd kindlichem Vertrawen auff
GOtt / mit dem Wort vnnd Gebett / das Schwerdt deß Wortes soll nicht verrosten /
in der Scheyde bestecken bleiben / noch vnter die Bancke ligen / sondern bloß
vnd blanck / allezeit in der Hand geführet werden / dann es hat doch das
Göttliche Wort vberauß herrliche Krafft / wo mans mit Ernst handelt. Es bringet
nicht allein allzeit newen Verstand / Lust vnd Andacht / sondern es stärcket
auch mehr vnd mehr / vnd vertreibet den Teuffel / dann es ist kein faules noch
todtes Wort / sondern schäfftig vnnd lebendig. Wo diß Schwerdt nicht klinget /
da ist bereyt dem Feind ein offner Paß gegeben. Das Gebett muß darumb desto
weniger in diesem Streit dahinden bleiben / weil alle Krafft in GOtt ist / vnd
von GOTT durchs Gebett muß erlanget werden. Wann das Gebett / wie ein Geschütz
mit vielen Seufftzen wol geladen ist / kan es den Feind zurück halten. Dann wie
solte Gott seinen Geist versagen denen / die jhn darumb anruffen Tag vnd
Nacht?
An solcher Rüstung / wie jhr vom Geist GOttes vnterrichtet. 1. à Scopo
pugnae.tia hostis.
So wenig es vns gebühret sicher zu seyn / so wenig schicket sichs / erschrocken
seyn. Es ist ja die Krafft vnnd List deß Satans groß / aber gering vnd nichtig /
wann ich sie halte gegen die Krafft die ein Christ auß GOtt hat. So viel GOtt
grösser ist dann die Creatur / so viel ist auch vnser Stärck kräfftiger dann deß
Satans. Da ist in der Warheit alles Beginnen deß Teuffels nur lauter Thorheit;
dann wann er streitet wieder einen Christen / der die Waffen GOttes ergriffen
hat / so lehnet er sich auff wider die starcke Krafft GOttes. Nicht daß allein /
sondern es tritt dieser loser Feind auff / vn stehet wider einen
Christen mehr auß Frechheit vnd Toben dann auß Stärcke / dieweil er entblösset
ist / dann es ist ein Gewaltiger vber jhn kommen / vnnd hat jhm seinen Harnisch
auß gezogen. Kan derwegen nicht mehr an dir haben / als du jhm selbsten
zugibest; Wie schändlich berauben sich dann dieselbe jhrer Krafft / die dem
Teuffel folgen. Einen rechtschaffenen Christen beweget das Toben deß Satans
nicht / ohn zur Mutigkeit. Dann wie grösser das Toben deß Feindes / je grösser
Ehre deß Christen der vberwindet durch Christum JEsum.
So sehe nun nicht in diesem Streit darauff wer du bist / vnd
V. 3. ICH dancke meinem GOtt / so offt ich ewerer gedencke.
V. 4. Welches ich allzeit thue in allem meinem Gebett für euch alle / vnd thue das Gebert mit Frewden.
V. 5. Vber ewer Gemeinschafft am Evangelio / vom ersten Tage an bißher.
V. 6. Vnnd bin desselbigen in guter Zuversicht / daß der in euch angefangen hat das gute Werck / der wirds auch vollführen biß an den Tag JEsu Christi.
V. 7. Wie es dann billich ist / daß ich dermassen von euch allen halte / Darumb / daß ich euch in meinem Hertzen habe / in diesem meinem Gefängnuß / darinn ich das Evangelium verantworte vnnd bekräfftige / als die jhr alle mit mir der Gnade theylhafftig seyd.
V. 8. Dann GOtt ist mein Zeuge / wie mich nach euch allen verlanget von Hertzen grund in Christo JEsu.
V. 9. Vnd daselbs vmb bette ich / daß ewere Liebe je mehr vnd mehr reich werde in allerley Erkäntnuß vnd Erfahrung.
V. 10. Daß jhr prüffen möget / was das beste sey / auff daß jhr seyd lauter vnnd vnanstössig / biß auff den Tag Christi.
V. 11. Erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit / die durch Jesum Christum geschehen in euch) zu Ehre vnd Lobe GOttes.
ES bedarff GOtt keines Menschen zu seinem Wolstandt / lebe. Wann die Göttliche Majestät etliche findet / die sich zu
jhm ziehen lassen / wird dieselbe erfrewet / als wiederführ jhr eine grosse
Glückseligkeit. Wann die Kinder Israel durch Anschawen der Göttlichen Majestät
vnnd Herrligkeit zur Göttlichen Furcht gezogen wurden / daß sie zu Mosi deß
HERRN Knecht sagten; Alles was
Gleichen Sinn hat auch Christus geführet in den Tagen seines Fleisches; wann er
Glauben gefunden / hat er sich im Geist erfrewet. Als die siebentzig Jünger auff
Christi Befehl außgegangen waren / vnnd im Jüdischen Lande geprediget hatten /
kommen sie wieder mit Frewden / vnd sprachen: HErr / es sind vns auch die
Teuffel vnterthan in deinem Namen / da stehet beym Luca am
Auch frewet sich der heylige Geist täglich in seinen trewen
Es solte ja billig alle Welt GOtt nachlauffen / vnnd froh werden / wann sie nur eine Evangelische Predigt hören könte; Aber Gott laufft der Welt nach / sendet auß seine Diener mit Hauffen / die mit grosser Beschwerung vnd Noth müssen das Evangelium herumb tragen / vnnd müssen froh werden wann sie noch einen antreffen / der es annimpt. Der Satan bedarff solcher Mühe nicht / er bedarff den Leuthen nicht lange nachlauffen / wann er seinen Schlangensamen außwirfft; die Leuthe lauffen dem Satan nach / vnnd bekommen dessen kein Danck beym Satan. Solte ein Prediger auffstehen / vnd lehren; wie man Fressen vnd Sauffen solte; Rechten vnd Fechten; Geitzen vnd Wuchern / das were ein Prediger für die Welt. GOtt aber / der so hertzlich vnser eygen Wolfarth vnnd ewiges Heyl suchet / mag daß bey dem grössesten Hauffen nicht erhalten / daß sie GOtt nachlieffen.
Es soll sich nun ein Mensch die Göttliche Majestät nicht anders einbilden / als
einen GOtt der hertzlich wünschet vnser Seligkeit / vnd dem vnser abtrünniges
Wesen mißfällt; kehrestu dich el wünsche: Ach daß du ein solch Hertz hättest
mich zu fürchten all dein Lebenlang / auff daß es dir wol gienge ewiglich.
Wendestu dich ab von dem HErrn / solstu auch nicht anders gedencken / als daß
der HERR dir nachruffe: O Seele / Seele / wie offt habe ich dich sampt meinen
ausserwöhlten Kindern versamblen wollen / wie eine Henne versamblet jhre
Küchlein? Aber ich sehe wol du wilst nicht. Ach daß du mir möchtest gehorsam
seyn / vnd auff meinen Wegen gehen!
Wann dann GOtt so gierig ist nach der Menschen Seligkeit / so sollen auch
dieselbe / so Göttlich seyn wollen / solchen Göttlichen Sinn an sich nehmen /
vnnd gleichfalß nach der Menschen
AVff was Weise das Evangelium nach Philippis / einer reysete / erschien jhm einmal ein Gesicht deß Nachts /
das war ein Mann auß Maeedonia / der bat jhn vnd sprach: Komb hernieder in
Das Christenthumb der Philipper / das Paulum so frölich machet / nennet er eine Gemeinschafft am Evangelio; daran sie gehalten am ersten Tage an bißher. Das Evangelium ist ein Schatz voll himlischer Güter / darinn ligt Vergebung der Sünden / Friede / Frewde / ewiges Leben vnd Seligkeit. An solchen Gütern hat ein jeglicher wahrer Christ sein Theyl / vnd haben alle genug / dann der Schatz ist vnaußgründlich / wie mehr man davon nimpt / wie vberflüssiger er ist. O eine grosse Frewde für einen Armen vnnd Elenden / sie haben hie kein geringern Theil als die Allerreichsten. O ein elender Reicher / der an dieser himlischen Seelen-Gemeinschafft kein Theyl hat!
Hierüber seynd die Philipper für selig zu schätzen / daß sie im Evangelio mit
allen Heyligen gleichen Theyl an der Seligkeit
Es offenbaret Paulus seine Frewde 1. mit Dancksagen.
Paulus richtet seine Dancksagung zu GOtt / dann er nennet seinen GOtt / dem er dienet / von welchem er auch gesandt ist / diesem gibt er auch das Lob in dem Gedeyen. Dann es darff doch niemand gedencken / daß mit seiner Geschickligkeit er es werde hinauß führen. Paulus pflantzet / Apollo begeußt / das Gedeyen aber kompt von GOtt.
Mercke aber / wie das Hertz vnd die Sinne Pauli zu GOtt gerichtet seyn: Ich dancke meinem Gott / so offt ich ewer gedencke. So offt jhm nur in Sinn kompt das Gedächtnuß seiner Gemeine / ist sein Hertz bereyt GOtt Lob zu singen / vnd damit offenbaret er zu erst seine Frewd vber die Gemeinschafft deß Evangeliums.
2. Offenbaret der Apostel seines Hertzens Lust an solcherde Christe / bey der
Gemeinschafft deß Evangeliums auch erhalten werden; wie er dann spricht:
Allezeit in all meinem Gebett
Wie Paulus stätiglich gedancket / so hat er auch stätiglich gebettet / dann es muß der Segen durchs Gebett gesuchet vnd erhalten werden. Darumb sihet er nicht auff sich / sondern auff Gott.
Er thut aber sein Gebett mit Frewden / dann er hat gute er grösser
Anfechtung / als er Kräffte gegeben hat.
Wir haben nun gehöret / wie Paulus gesinnet ist gegen anderer
Daß Paulus froh wird vber die Gemeinschafft / die andere Leuthe haben an der
Seligkeit / vnnd daß er auß frölichem Hertzen nicht allein dancket / sondern
auch bittet / mit guter Hoffnung / daß GOtt / als der das gute Werck der
Seligkeit angefangen hat / es auch vollführen werde; das nennet er eine
Sorgfältigkeit. Ists aber wol nötig / daß einer also sorge für den andern?
Paulus antwortet ja / es ist billig / daß ich also sorgfältig bin für euch
alle. So ists ja vnbillich / so ein Christ / insonderheit ein
Lehrer vnd Prediger nit sorgfältig ist für anderer Leuthe Seligkeit. Warumb aber
acht ers für billig? Auß Liebe. Es ist mir billich / spricht er / daß ich
sorgfältig sey für euch alle / darumb / daß ich euch in en:
Darum spricht die Schrifft: Christus hat mich geliebet / vnd
sich selbst für mich dahin gegeben. Darumb wo hertzliche Liebe ist / da ist auch
hertzliche Sorgfältigkeit; wo aber kalte Liebe ist / da ist auch Sorge
verfroren. Hierumb hat Christus sorgfältiglich verordnet / daß seine Hirten /
die seine Herde versorgen sollen / mit Liebe wol außgerüstet seyn: Wie er dan Petrum /
Aber was machte jhn so fewrig in der Liebe? Er spricht: Es, communicatio
afflictionis. solt Antwort geben
Damit aber niemand meyne / es seyn nur blosse Worte / was Paulus redet von seinem Gemüte; so bekräfftigt ers mit GOtt; vnd spricht: GOtt ist mein Zeuge / wie mich nach euch allen verlanget von Hertzen Grunde / in Christo JEsu. Oder aber: Gott ist mein Zeuge / wie begierig ich bin / daß jhr seyd in der innerlichen brünstigen Barmhertzigkeit JEsu Christi.
Diß ist die Gemeinschafft die alle Christen am Evangelio haben / daß sie sich alle halten an der innerlichen brünstigen Barmhertzigkeit Jesu Christi; daß sie alle in der hertzgründlichen Barmhertzigkeit JEsu Christi eingeschlossen / getragen / vnnd verwahret werden biß auff die Erscheinung JEsu Christi zur sichtbaren ewigen Seligkeit.
Vnd das war die Sorgfältigkeit Pauli / daß seine liebe Philipper in der hertzlichen Liebe JEsu Christi mochten eingeschlossen seyn vnd bleiben. Darumb seufftzet vnd bat er / mit guter Zuversicht / daß der solch herrlich Werck hatte in jhnen angefangen / es auch vollführen würde. Das machte jhn auch so frölich / daß er dancket vnd lobet.
Merckt doch was die Liebe wünschet / vnnd worüber sich die Liebe zum meisten
frewet. Paulus liebet die Gemeine Christi zu Philippis sehr / darumb frewet er
sich nicht vber jhrem leiblichen Wolstand vnnd Vermögen; wünschet jhnen auch
keine Ehr oder Reichthumb in diser Welt / sondern das ist sein Frewd vn Wunsch / daß seine Geliebte mögen seyn vnnd bleiben bey der
Gemeinschafft deß Evangeliums / in der innerlichen brünstigen Barmhertzigkeit
JEsu Christi. Hastu Kinder / lieber Christ / denen du was gutes wünschen wilst /
sprich nicht: O daß mein Kind möchte zu grossen Ehren kommen: Sondern das laß
dein höchster Wunsch seyn: Ach daß mein Kind möchte seyn vnnd bleiben in der
innigen brünstigen Barmhertzigkeit JEsu Christi. Das laß auch deine Frewde
seyn.
Daß nun Paulus ein solch Hertz gegen die Philipper habe / das bezeugt er mit GOtt. Die Welt macht offt grosse Wort von jhrer Affection / vnnd ist in der Warheit nichts dahinden / als lähre Wort / vnd offt ein falsch Hertz dabey. Paulus redet als für Gott. Daß du nun nicht gedenckest / es sey nicht müglich daß einer für einen Frembden solcheine hertzliche Sorge tragen solte / vnd sey auch von keinem geschehen / so stellet sich Paulus offentlich dar / vnd bekräfftiget es mit GOtt. Ich bin hertzlich sorgfältig für euch alle. Gott weiß es / wie begierig ich bin / daß jhr seyd in der innigen brünstigen Barmhertzigkeit JEsu Christi.
Es hat biß daher der Apostel sein Gemüt eröffnet / vnd thewr Paulinaru pro Sactis pręcipua capita.
Erfahrung. Daß jhr prüfen möget / was das beste sey / auff daß jhr seyd lauter
vnd vnanstössig / biß auff den Tag Christi: Erfüllet mit Früchten der
Gerechtigkeit / die durch Jesum Christum geschehen in euch zu Ehre vnd Lobe
Gottes. So ist nun das die Hauptbitte / daß die Glaubigen in der Gemeinschafft
deß Evangeliums bleiben / in der innigen hertzlichen Barmhertzigkeit JEsu
Christi.
Darauff folgen aber noch 4. Special Stücke / deren erstes ist der Liebe
Reichthumb in der Erfahrung Ich bete / daß ewer Liebe je mehr vnd mehr reich
werde in allerley Erkändtnuß vnnd Erfahrung. Das Christenthumb ist eine stätige
Ergreiffung vnd Empfindung der Liebe / die da ist in GOtt durch Christum vnsern
Heyland. Dadurch wird vnser Hertz angezündet / daß es GOtt wieder liebe. Wann
diese Liebe starck wirdt / daß wir in derselben immer mehr vnd mehr sehen /
erfahren vnd fühlen / daß wir schmecken wie süß der HERR ist / das ist der Liebe
Reichthumb / die vns Paulus wünschet: Ich bete / daß ewere Liebe je mehr vnd
mehr reich werde in allerley Erkäntnuß vnd Erfahrung. Als wolte er sagen: Es ist
euch Gott Lob erschienen die Liebe GOttes / ich wünsche aber daß jhr darinnen so
viel
Das ander Stück / darumb Paulus in seinem Gebett anhält /.
Das dritte; die Meidung deß bösen. Ich bitte / daß jhr seyd lauter vnd vnanstössig / biß auff den Tag Chr isti. Lauter seynd wir / wann nach GOttes Wort wir alle Vnreinigkeit vnd alles böses meiden. Vnanstössig seynd wir / wann wir vns nicht kehren an daß thun vnd reden der Welt. Der Welt Weiß vnd Vrtheil ist wie ein Stein / wo man nicht vorsichtig einher gehet / so stösset man sich daran vnd fällt / darumb bittet Paulus / daß Christen also fürsichtig wandeln / daß sie sich nicht mit Sünd vnd Boßheit beflecken / vnd daß sie können die Weise vnd das Vrtheil der Welt verachten / damit sie frey seyn von aller Ergernuß / daß sie sich an der Welt nicht ärgern / vnnd mit zu sündigen verleyten lassen / auch andern keine Ergernuß geben. In solchem Fleiß Sünde zu meiden / muß ein Christ bleiben biß an den Tag Christi: dann wie näher dieser Tag ist / wie gefährlicher die Verführung ist. Der Fürst der Welt weiß / daß er wenig Zeit hat.
Bey dem Fleiß böses zu meiden / muß auch seyn fleissige Vbung deß guten / das ist das vierte / darumb Paulus bittet mit solchen Worten: Ich bette / daß jhr erfüllet werdet mit Früchten der Gerechtigkeit / die durch JEsum Christum geschehen / zu Ehr vnd Lobe GOttes. Die Früchte der Gerechtigkeit seynd alle Christliche Tugenden vnd heylige Wercke / nach dem Exempel deß heyligen Lebens Christi. Wann wir in Christo JEsu durch den Glauben gerecht geworden seyn / so ist ein Same in vns / der bricht auß mit heyligen Früchten / das heissen Früchte der Gerechtigkeit. Wie Fewer nimmer kan ohne Wärme seyn / so kan auch die Gerechtigkeit nicht ohne heylige Vbung seyn. Dabey muß man die Gerechtigkeit mercken. Wiltu seyn vnd heissen ein Zweiglein der Gerechtigkeit / so mustu tragen Früchte der Gerechtigkeit.
Diese heylige Vbungen müssen geschehen durch
Es wünschet aber Paulus nicht schlecht allein / daß wir Früchte tragen / sondern
/ daß mir mit Früchten erfüllet werden. Er kenet wie schwach wir
seyn. Offt kan man kaum an vns ein grünes Blätlein der Gerechtigkeit finde: Vn doch will der Geist Gottes / dz wir auch
Blumen vnd Früchte tragen / vn voll Früchte seyn. Wie es eine
Lust ist anzuschawen / wann ein Zweiglein mit Aepffeln gantz voll bekleydet ist
/ so ists eine Frewde vnd Lust für Gott / wann seine Bäume in Christo voll
werden an Früchten der Gerechtigkeit.
Das seind die vier Stücke / die wol anstehen einem Christen / der sich wol halten will an der innigen hertzlichen Barmhertzigkeit JEsu Christi / vnnd verbleiben an der Gemeinschafft deß Evangeliums.
Damit ist nun klar vnd offenbar die Meynung deß heyligen Geistes in dieser Lection. Nach dem die Philipper kommen seyn zur Gemeinschafft deß Evangeliums / vnd daran auch in mancherley Noth fest gehalten / wird der Apostel darüber froh / vnd dancket GOtt / vnd träget hertzliche Sorgfältigkeit auß brünstiger Liebe / daß die Philipper bey solcher Gemeinschafft mögen bleiben. Darumb bittet er auch stätiglich für sie alle / daß sie in der hertzgründlichen Barmhertzigkeit Christi gegründet werden / daß jhre Liebe reich werde in aller Erkäntnuß vnd Erfahrung / daß sie mögen prüfen was dz beste sey / auff daß sie seyn lauter vnd vnanstössig biß auff den Tag Christi / erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit; vnd solche Bitte thut er mit gutem Vertrawen / daß der das gute Werck hat angefangen / es auch werde vollenführen.
Damit ist ein Exempel gegeben / daß vns anzeygt / was für ein Gemüth wir tragen sollen gegen dem glücklichen Lauff deß Evangeliums / wie lieb vns seyn sol / wann dasselbe fruchtbar wird / vnd vns vnd auch andere zu guten Christen machet.
Es findet sich wol kein Mangel an solchen Leuten vnter Christen / denen viel ein
grösser Glück wiederfahren were / wann ihnen Gott etliche Kästen voll Gelt
zugewiesen / als daß sie zur Gemeinschafft deß Evangeliums kommen seyn. Das
befindet sich also in der Warheit / wann Verfolgung antritt / da mancher
zehenmahl ehe seinen Glauben fahren lässet / als seine Nahrung. Der grösseste
Hauff vnter den Christen ist vmb Christi Reich gantz sorgloß. Sie bekümmern sich
nicht darumb / wie jhr Glaube möge fruchtbar vnd beständig seyn. Sie seyn damit
zu frieden / daß sie sich zur eusserlichen Gemeinschafft der Kirchen halten /
vmb die Früchte der innerlichen Gemeinschafft machen sie jhnen keine grawe Haar.
So groß ist die Sorge die wir für vns selbst tragen / darauß man leicht einen
Vberschlag machen kan / wie sorgfältig wir für andere seyn. Wie viele seyn / die
darumb sich groß bekümmern / ob auch andere Leute mit vns der Güter Christi im
Evangelio theylhafftig
Diß Exempel schawe an / vnd lerne / was für ein Gemüth duen Pauli Hertz vnd Sinn zu GOtt gerichtet gewesen / haben
wir gehöret. Wann jhm nur eingefallen die Frucht / die das Evangelium herfür
gebracht bey den Philippern / ist Hertz vnd Sinn bereyt gewesen / GOTT zu singen
vnnd zu loben. Ich dancke meinem GOtt / so offt ich ewer gedencke. Also solte
vnser Hertz auch zu GOTT gerichtet seyn / daß es sungevnnd lobte / so offt vns
in Sinn käme / was gutes wir von GOtt empfangen haben. Ein solch Hertz wird von
vns erfordert / Eph. 5. Singet / vnd spielet dem HERRN in ewrem Hertzen / vnd
saget Danck im Liecht
/ vnd vns erlöset von der Obrigkeit der Finsternuß / vnd versetzet in das Reich
seines lieben Sohns / in welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut /
nemblich die Vergebung vnser Sünden. Die höchste Gabe die GOtt den Menschen
Kindern gegeben hat / ist nicht Gold noch Silber / nicht Land noch Leuthe /
sondern so groß / daß mit keinem Golde es hat können erkauffet werden / vnd doch
bekommen wirs frey vmbsonst im Evangelio. Er erlöset vns vom Zorn vnd ewigen
Todt. Er erfüllet vns mit Trost / Fried vnd Frewd. Ja wir werden Herren vnd
Erben deß Himmels. Für diß alles mag GOtt von vns vndanckbaren Würmen nicht so
viel erheben / daß wir mit danckbarem Hertzen nur daran gedencken.
Vndanckbarkeit ist ein verfluchtes Laster auch für der Welt. Entspringet aber
daher / daß wir vergessen in was Nöthen vnd Engsten wir gewesen / vnd nicht
betrachten was für ein gutes wir empfangen. Ich führe euch nur für Augen den
Schuldener im heutigen Evangelio. Wie angst war jhm / da er zur Rechnung
gefordert ward / vnnd solte bezahlen? In solche Angst müssen gerathen alle die
keine Gemeinschafft
Daher stehet euch zum andern nach Pauli Exempel wol an / die Fruchtbarkeit deß
Evangelij / wann vnsere Liebe reich wird an allerley Erkäntnuß vnd Erfahrung;
wann wir prüfen was das beste ist / vnd vns nicht richten nach dem bösen Vrtheil
der Welt; wann wir leben lauter vnnd vnanstössig / erfüllet mit Früchten der
Gerechtigkeit / die durch JEsum Christum geschehen zu Lob vnnd Ehre GOttes.
Bestehet also die Fruchtbarkeit darinn / daß das Fleisch auffhöre / vnd der
Geist Christi in vns lebendig werde. Diß ist der Zweck vnserer Erlösung vnd
Heyligung. Dann dazu reiniget das Blut Christi vnsere Gewissen von den todten
Wercken /
Endlich zum dritten / müssen wir nach Pauli Exempel auch gedencken an
Beständigkeit / daß wir im lebendigen Glauben
Wie kan ich aber wissen / daß ich beständig bleiben werde biß in den Todt? Paulus
macht vns / wie gehöret / gute Hoffnung / daß derselbe / der in vns das gute
Werck vnser Seligkeit angrfangen / es auch vollenführen werde biß auff den Tag
JEsu Christi. Tröstlich ist es / daß die Beständigkeit der Heyligen so wol / als
der Beruff selbsten auff GOttes Güte gegründet ist. Gott ist mächtig / der vns
kan bey der geschenckten Seligkeit erhalten; er ist auch getrew / der vns will
erhalten. Man darff nicht zweiffeln / ob Gott es mit vnser Seligkeit auch
hertzlich meyne. Nein / er ist getrew. Auß Gnaden hat ers angefangen / auß
Gnaden will ers vollführen. Darumb läßt er vns nicht versuchen vber Vermögen /
sondern schaffet daß die Versuchung ein solches Ende gewinne / daß wirs können
ertragen. Daher / was GOtt anlanget / seyn wir gewiß
Aber ferne sey es / daß dieses sich zu frewen haben die Vnbußfertigen / bey jhrer Vnbußfertigkeit. Ohnerechtschaffenen auffrichtigen Gehorsamb auff GOTT hoffen ist nicht sicher; bey Vngehorsamb vnnd Gottlosigkeit hoffen ist eine Vermessenheit. David der Knecht GOttes setzet bey einander: Opffere Gerechtigkeit / vnd hoffe auff den HERREN. An GOtt darffstu nicht zweiffeln / ob er auch will fest bey dir halten / aber du must selbst nicht muthwilliger weiß von GOTT abtretten; Es kan keine Gewalt dich reissen von der Liebe GOttes in Christo JEsu; aber hüte dich / daß du dich selbst nicht abreissest. GOtt kan doch ohn dein Danck dir nichts guts thun / wann du selbsten dem guten bey dir nicht Raum geben wilst / vnnd das gute von dir stossest. Was soll GOTT da machen / vber jhn hastu nicht zu klagen. Darumb gib acht auff dich / vnnd befleissige dich bey der Hoffnung deß hertzlichen Gehorsambs gegen GOTT vnd sein Gebott; vnnd trage täglich in deinem Gebett diese Sorge GOtt auff / daß er auß Gnaden wie er das gute Werck in vns angefangen / also auch vollführe / biß auff den Tag JEsu Christi / vnnd daß er vns nicht in Sünden wegreisse / sondern Zeit zur Busse verleyhe. Bist du schwach / so ists gut / daß du deine Schwachheit erkennest / also hast du Vrsach deßzu mehr GOtt zuvertrawen. Fällstu / so hast du die Verheissung / du solst nicht weg geworffen werden / sondern GOTT richtet dich wieder auff durch hertzliche Rewe im Glauben JEsu Christi. Alleine hüte dich / daß du an deinem Fall keinen Gefallen habest / vnd im Sündenkoth liegen bleibest.
Das ist die Art sich wol gegen dem Evangelio zu verhalten bey vns selbst / nemlich daß wir GOTT Dancksagen / fruchtbar in allem guten / vnsträfflich biß ans Ende. Das muß vnsere Sorge seyn. Doch müssen wir nicht gantz ohne Sorge seyn wegen vnsers Nächsten. Ein Christ muß nicht solch ein Vnmensch seyn / daß er gedencke; was frage ich darnach wo der ander bleibt. Findestu ein Häufflein / daß Christum lieb hat / so frewe dich dessen / vnnd dancke GOtt dafür / vnd bitte von gantzem Hertzen / daß GOTT viel zu Christo bringe / vnnd in Christo erhalte. Kanst du etwas mit guter Vermahnung außrichten / das versäume auch nicht. Insonderheit sey sorgfältig für deine Kinder vnd Haußgenossen. Dann die seyn dir vnd deiner Zucht insonderheit anvertrawet.
Lehrer vnnd Prediger bedencken / wie hoch jhnen für allen andern diese Sorge soll angelegen seyn. So es bey andern Christen sträfflich / sich an anderer Leuthe Heyl nicht kehren / wie viel höher ist es sträfflich bey vns die wir dazu gesetzet seyn / daß wir für andere Sorge tragen sollen. Ach wie solten wir so fleissig seyn / mit Bitten vnnd Flehen / mit Vnterweisung / Straff vnnd Vermahnung? Welcher Prediger nicht sorgfältig ist wegen anderer Leuthe Seligkeit / der bezeuget damit daß er nur ein Miedlings Hertze habe / vnd die Herde weyde / nicht auß Liebe Christi / sondern vmb schändliches Geniesses willen.
Wilstu aber rechtschaffen seyn in der Sorge für ander Leuthe / du seyst wer du wilst / Prediger / oder ein ander Mensch / Mann oder Weib / so strebe nach der Liebe / daß du Christum vnnd deine Brüder vnnd Schwestern im Hertzen tragest; wie Paulus saget: Es ist billich daß ich für euch sorge / weil ich euch in meinem Hertzen habe. Das wirdt euch auch sorgfältig machen.
Du Ertzhirt vnserer Seelen Christe JEsu / du hast vns dein Evangelium hören lassen / vnd himlische Schätze darinn vorgetragen / auch vns derselben durch den Glauben theylhafftig gemachet. Das erkennen wir mit Danck / vnnd seyn frölich. Danck sey dir für diese heylsame Gnade. Verschaffe in vns / daß wir solches mit danckbarem Hertzen allezeit erkennen / vnd erhalte vns bey der Gemeinschafft deines heyligen Evangelij / daß wir seyn vnd bleiben in deiner hertzbrünstigen Barmhertzigkeit / auff daß vnsere Liebe reich werde je mehr vnnd mehr in allerley Erkändtnuß vnnd Erfahrung; daß wir prüfen mögen / was das beste sey / auff daß wir seyn lauter vnd vnanstössig / biß auff den Tag deiner Erscheinung; erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit / die durch dich geschehen in vns zu Ehr vnnd Lobe GOttes. Amen.
V. 17. FOlget mir / lieben Brüder / vnnd sehet auff die / die also wandeln / wie jhr vns habt zum Fürbilde.
V. 18. Dann viel wandeln / von welchen ich euch gesagt habe / nun aber sage ich auch mit Weinen / die Feindedeß Creutzes Christi.
V. 19. Welcher Ende ist das Verdamniß / welchen der Bauch jhr GOtt ist / vnnd jhre Ehre zu Schanden wird / deren / die jrrdisch gesinnet seyn.
V. 20. Vnser Wandel aber ist im Himmel / von dannen wir auch warten deß Heylands JEsu Christi deß HERRN.
V. 21. Welcher vnsern nichtigen Leib verklären wird / daß er ähnlich werde seinem verklärten Leibe / nach der Würckung / damit er kan auch alle Ding jhm vnderthänig machen.
WAr ists / die Vollkommenheit deß Christenthumbs ist soenheit / auch der Apostel Paulus / da er viel gerühmet hatte / wie er vmb
Christi willen / alles Zeitliche für Schaden vnd Dreck geachtet habe / zum
Philip. 3. setzet er hinzu / nicht daß ichs schon ergriffen habe / oder schon
vollkommen sey / ich jage jhm aber nach / ob ichs auch ergreiffen möchte / nach
dem ich auch von Christo JEsu ergriffen bin. Den Welt Christen ist diese
Vnvollkommenheit nicht verborgen / werden sie etwan gestraffet wegen jhrer
Nachlässigkeit im Christenthumb / wissen sie einem wol zu begegnen mit der
Vnvollkomenheit aller Heyligen.
Wird dann in H. Schrifft / der heyligen Vnvollkomenheit / efficere
in studio pietatis. weiter zu kmoen / abgeschrecket
werden? Das sey ferne. Dann auch der Apostel wann er bekennet / daß er noch
nieht alles ergriffen habe / oder vollkommen sey / dieses hinzu setzet: Ich jage
jhm aber nach / ob ichs auch ergreiffen möchte.
War ists / die Vnvollkommenheit fühlen / ist nicht das geringste Theyl der Vollkommenheit / ich setze aber hinzu / es mag niemand seine Vnvollkommen heit recht erkennen / er habe dann angefangen zu streben nach der Vollkommenheit. Niemand erkennet sein Vermögen zu einem Ampt / er habe dann etwas darinn versuchet: Also mag auch im Christenthumb mit Grunde niemand etwas sagen von können / oder nicht können / es sey dann er habe etwas versuchet.
So viel mangelt daran / daß wir durch die Vnvollkommenheit solten abgezogen werden von einem Fleiß zu lauffen nach der Vollkommenheit / das auch niemand von der Vnvollkommenheit etwas gründliches erkenne / er befleissige sich dann recht wol eines guten vnsträfflichen Wandels in Christo / vnnd jage nach der Vollkommenheit. Wie aber solches geschehen soll / das zeyget vns mit seinem Exempel als ein Vorlauffer in gegenwärtiger Lection der Apostel Paulus / vnnd will daß wir jhm folgen sollen.
Es hatte der Apostel auff den Rennplatz geführet die Philipper / vnnd die Kirche
Christi bey jhnen wol bestellet / es war aber deß Apostels Wunsch / nicht allein
/ daß sie beständig blieben / sondern auch / daß sie möchten weiter kommen.
Daher fanget
Wie grösser die Gefahr ist der Verführung in Lehr vnnd Leben / je nothwendiger
ist diese Lehr / die vns ermahnet zur
GLeich wie ein getrewer Lehrmeister / in Mahlen vnndmodu ex
praecursorib.
Gleich wie auch auff einer Reyse nicht allein gut ist / daß man einen hat / der vns sage / wie der Weg beschaffen / da wir gehen sollen / sondern auch nutzlich ist / so man einen hat / der auff der Reyse bey vns bleibt / daß wir auff jhn sehen / vnnd jhm folgen / so seynd wir für Irrwege sicher. Also hat zwar GOTT genugsamb offenbahret seinen Weg / wie die wandeln sollen / die gedencken ins ewige Leben hinein zu gehen; läßts aber dabey nicht bleiben / sondern zu vnserm Behülff / stellet er vns Männer für / mit seinem Geist außgerüstet / die vns müssen vorgehen / vnnd zuruffen: Folget mir lieben Brüder / vnnd sehet auff die / die also wandeln / wie jhr vns habt zum Fürbilde.
Es mag aber Paulus wol ein hoffärtiger Mann seyn / daß sich der gantzen
Christenheit zu einem Fürbilde vnnd Vorläuffer vorstellet. Aber doch thut er
nicht mehr / als alle getrewe Lehrer
Es kan aber Paulus nicht allenthalben seyn / hat auch nicht allwege bey vns auff
Erden bleiben können / darumb stellet er neben sich zu Vorlauffern auff / die
mit jm eines Geistes seyn / vn spricht: Lieben Brüder folgetmir /
vnnd sehet auff die / die also wandeln / wie jhr vns habt zum Fürbilde. Es wird
vnser HErr GOtt noch allezeit auff Erden etliche Heyligen lassen / von denen wir
Gottseligkeit lernen können / vnnd die wol gelernet haben / können andere wider
lehren / vnnd jhnen im Leben fürleuchten / wie wir dann solche Ordnung mercken
in der ersten Epistel an
Wann vns nun das Glück widerfähret / daß wir zu frommen sequendi.
Es können aber die Heyligen auch meisterlich irren / vnd gröblich mit David sündigen; was soll man dann da machen? Heist es da auch: Folget mir? Wir haben vorhin gehört / daß Paulus also geredet: Werdet meine Nachfolger / gleich wie ich Christi Nachfolger bin. So weit nun ein Heyliger wandelt / welcher Christum vnd Paulum hat zum Vorbilde / so weit sollen wir jhm folgen; in dem er aber abtritt von dem heyligen Wandel Christi vnd Pauli / ist er nicht heylig / in dem ist jhm auch nit zu folgen / doch alle das gut / das wir finden bey dem Fall der Heyligen / haben wir auch wol in acht zu nehmen / daß bey vnserm Fall wir vns den Heyligen gleich machen; als wann David sündiget / vnnd die Sünde öffentlich bekennt / berewet vnnd beweinet / sollen wir von jhm lernen / wie wir vns in vnserm Sündenfall verhalten sollen / daß wann wir mit David Sünder geworden / wir auch mit David ein zerbrochen vnd zerschlagenes bußfertiges Hertz annehmen.
So stehet nun die Kunst vnnd Christliche Fürsichtigkeit zuditur modus rectè curredi, du duo currentiu genera
???ponuntur.
Es zeyget aber der Apostel die zwyfältige Art der Läuffer / nicht allein darzu / daß wir die vnterschiedliche Gemüther / vnd den vnterschiedlichen Wandel der Menschenerkennen / sondern auch / daß wir die Vrsach sehen einer fürsichtigen Nachfolge.
Auff einem Felde seynd offt viel Wege / die einen Wandersmann verleyten könen / es lassen sich auch zuweilen sehen / Gespenster / Irrwische
/ vnd brennende Liechter / die von rechter Bahn den Wandersmann abführen. Also
gibts auch vielfältige Verleytung im Lauff deß Christenthumbs / darumb ists
recht / daß man die Augen auffthue / vnd zusehe / wem man folge.
Wir haben aber gesagt / es stecke die Kunst darinn / daß man Pauli Fußstapffen kenne / vnnd von der Weltpfade vnterscheyden kan / darumb wir auch beyderley Art Wandel wol betrachten sollen.
Die erste Art ist der jrrigen vnd verführischen Läuffer: Dann
Hie mercket vorauß die Liebe deß Apostels / er erzehlet dieses mit Weinen. Dann
er betrauret so wol den Vntergang der Verführer / als die grosse Gefahr der
Verführung bey vilen Einfältigen. Das heist recht auffrichtige Liebe; die frewet
sich / wann die Leuthe kommen zur Gemeinschafft Christi vnnd seines
Ferner muß man mercken / bey der Beschreibung der verführischen currendi.
Es kan seyn / daß der Apostel vornemblich sihet auff die falsche Apostel / die
zwar Christum predigten / aber zwungen die Christen zur Beschneidung / vnnd
andern Ceremonialischen Satzungen / vnd setzten darinn die Gerechtigkeit vnd
Seligkeit / deren er im Anfang deß 3. Capitels gedacht; die werden recht
genennet Feinde deß Creutzes Christi / dann sie leugneten die Krafft deß
Creutzes Christi / zu dem predigten sie allermeist den Juden zu gefallen / damit
sie nur das Creutze Christi nicht tragen dürfften / wie Paulus vber sie klaget
zum Gal. 6. Die sich wollen angenemb mache
Doch können vnd müssen hieher gezogen werden alle fleischliche vnnd irrige
Menschen / die mit jhrem ärgerlichen / das ist vn-Christlichen weltlichen Wandel
andere Christen verführen. Dan
Das heist aber jrrdisch gesinnet seyn / vmb das jrrdische mehr sorgen / dann vmb
das himlische; mehr suchen / was hie vnten auff Erden / als was
droben ist / da Christus ist / sich mehr frewen vber das leibliche wolergehen /
als vber GOTt / sich Schätze auff Erden samblen / vnnd nicht im Himmel. Vnser
HERR vnnd Heyland hat sonsten dise Ordnung gemacht / daß wir zu erst trachten
nach dem Reiche Gottes / vnd die Verheissung darneben gegeben / daß das andere
sich auch wol finden soll / vnnd vns zufallen. Wer diese Ordnung vmbkehret / vnd
zu erst trachtet nach dem Irrdischen / vnnd gedenckt dabey / das Reich Gottes
wird sich doch wol finden / der ist jrrdisch gefinnet.
Solche irrdische Welt Christen machen den Bauch zu jhrem GOtt / wie billig der Christen Leben soll dahin gerichtet werden / daß Gott damit gedienet / vnd GOtt geehret werde; also richten die Welt Christen jhr Thun dahin / daß jhrem Bauch damit gedienet werde / arbeyten vnnd sorgen vmb zeitliches Wolergehen / als were es jhr Himmelreich. Ach was seynds doch vor elende Creaturen / die also nach dem Zeitlichen trachten? jhrer Seelen / vnd GOtt seynd sie kein nutze.
Solche Welt Christen seind Feinde deß Creutzes Christi. Dann sie verderben / was
Christus mit seinem Creutz erlöset hat / sich vnd viel andere. Ja Feinde deß
Creutzes Christi seynd sie / dann sie verläugnen die Krafft deß Creutzes
Christi. Das wollen sie wol / daß jhnen durchs Creutz Christi alle Sünde vnnd
aller Muthwill vergeben werde; aber die Heyligung wollen sie vom Blut Christi
nit annehmen. Feinde deß Creutzes Christiseyn sie / dieweil sie dasselbe zum
Schanddeckel machen / jhres weltlichen / vn nach eigener Begierde
gerichteten Wandels; können sich mit dem Creutz Christi sie wollen mit dem armen nidrigen vn verachteten Christo kein Creutz tragen. Das hören sie gern so man spricht /
das ist ein löblicher Regent / ein grosser gelehrter Man. Spricht
dan ein armer Christ / dz mustu vor Koth halten / must
darnach streben / daß du Christum gewinnest / must einen andern Sin vnd Hertz annehmen. Da wird ein Welt Christ nit leyden / daß sein Wesen / daß
doch so fein ist / von einem andern geringern vnd verächtlichen Menschen sol
geta elt werden; was seind sie aber? Feinde deß Creutzes Christi. Ach wehe den
elenden Welt-Kindern / die nur Gut Gemach / Reichthumb / Wollust vnd Ehre bey
Christo suchen / dann sie seynd Feinde deß Creutzes Christi.
Vnter disem Hauffen stehen billich oben an / die rechte Feld vn
Weltprediger. Ist einer der vmb Genuß willen die Warheit verschweiget / vn nit allwege Gottes Wort ernstlich den Menschen offenbaret /
nachlässig vn nur nach gewonheit vm sein
salariu predigt / also / daß Zuhörer mehr zu rück / als vor
sich geführet werden / was ist er anders dann ein blinder Leyter / vn Feind deß Creutzes Christi? Ist einer der mit seinem
vngöttlichen vn jrrdischen Wandel niderreisset / was durchs
Evangelium auffgebawet wird / was ist er anders als ein blinder Leyter / vnnd
Feind deß Creutzes Christi?
So ist nun offenbar / Paulus hats zuvor verkündiget / mitte vnter
der Christenheit / werde Verfürer mit volle
Hauffen seyn / so wol vnter Zuhörern / als vnter Lehrern / die irrdisch gesinnet
seyn / den Bauch zum Gott machen / vn Feinde werden deß Creutzes
Christi. Das ist aber darumb zuvor verkündiget / daß jhr keine Entschuldigung
findet / wann jhr woltet sagen: ich habe in gemein keine andere weise zu leben
vnter den Christen gefunden: Aber was sagt Paulus? Es wandeln vil / von
welche ich euch zuvor gesagt habe / vn sage
nachmalen mit weinen / viel wandeln als Feinde deß Creutzes Christi / nemlich
die irrdisch gesinnet seyn / vnd machen den Bauch zu jhrem GOtt.
Nun was haben sie für einen Lohn / vnnd was ist jhr Ende? Ihr Ehre wird zu Schanden / vnd jhr Ende ist das Verdamnuß.
Welt Christen haben gerne Lob vnd Chr in der Welt. Aber sie suchen die Ehre in
jhrer Schande. Was in der Warheit / vnd für GOtt Schande ist / das muß jhnen
Ehreseyn. Das wol von
Weil dann das / was wahrhafftig Schande ist / von Welt-Christen für Ruhm vnd Ehr
geachtet wird / so muß auch jhre Ehre zu Schanden werden. Wann nun erscheinen
wird derselbe / der einem jeglichen sein Lob geben wird / so wird alle Ehr der
Welt Christen Schande seyn. Schande werden sie haben für Gott / Schande für
allen Heyligen / Schande im Gewissen / Schande für aller
Mancher hat der Schanden den Kopff abgebissen / daß jhm geringes Schrecken bringt / so er soll zu Schanden werden; so höre ein Weltkind noch ein ander Glück. Ihr Ende ist das Verdamnuß. Welt Christen stürtzen sich endlich ins ewige Verderben mit all jhrem Anhang. Wie die Welt vergehet / so muß auch vergehen alles was der Welt anhanget. Vnd wie kan es anders seyn / wann man das Creutz Christi fahren lässet?
Von diesem Glück der Welt Christen steht mercklich geschrieben im 49. Psalm. Das
ist jhr Hertz / daß jhre Häuser der Todt naget sie. Erschröcklicher ists daß im 73. Psalm
geschrieben stehet: GOtten ein Ende mit Schrecken.
Diese Beschreibung der verführischen Welt Christen soll nicht allein alle Welthertzen abschrecken von jhrem schädlichen Weltwandel; sondern auch dieselbe / die jhnen ernstlich vornehmen nach Gott zu wandeln / finden hie Vrsach / Auffsicht zu haben / daß sie nicht einem jeden folgen.
Wir wenden vns aber vom Pfad der Gottlosen / vnnd forschen nach den Fußstapffen
derer die gen Himel wandeln. Seynd wir darumb bekümmert / vnd
fragen nach; jhr Heyligen was führet jhr für einen Wandel? So antwortet im Namen
aller Himmels-Wanderer
Die Heyligen leben wol in der Welt / Essen / Trincken / vnd bekleyden jhren Leib
/ vnd brauchen der Creaturen GOttes so wol als andere Menschen; vnd deß haben
sie so gut recht als alle andere Menschen. Vnter dessen so ist jhr Vatterland /
jhr rechtes Hauß vnd Erb nicht in dieser Welt / sondern im Himmel. Dann daselbst
ist Christus. Wo aber Christus ist / da ist der Christen Hauß / vnd Erbgut.
Dahin vertröstet vns Christus Johann. 14. Capitel:
Es seynd wol alle Christen schon selig in Christo / aber in der Hoffnung. Was man aber hoffet / das hat man noch nicht / sondern man muß sein warten. Es ist noch nicht erschienen was wir seyn / wir wissen aber / wann Christus JEsus offenbaret wirdt / so werden wir in jhm vnnd mit jhm offenbaret werden in der Herrligkeit. Vnser Erlöser stehet schon für der Thür / vnd hat sich gerüstet / daß er auffbreche. Vber solche Hoffnung verlanget den Christlichen Hertzen / daß sie Christum in seiner offenbahrlichen Herrligkeit sehen / vnd durch jhn von allem Vbel erlöset / vnd völlig selig werden.
Jederman der also gesinnet ist / der kan sagen: Mein Wandel / mein Erb vnnd Vatterland ist im Himmel. Dann gleich wie von denen die jrrdisch gesinnet seyn / man mit allem recht sagen kan: Ihr Erb vnnd Gut ist auff Erden. Also hingegen / von denen die himlisch gesinnet seyn / kan man sagen: Ihr Erb vnnd Gut ist im Himmel.
Die also sagen: Vnser Wandel ist im Himmel; die verläugnen damit die Erde / vnd bekennen / daß sie Pilgerleuth auff Erden seynd / darauff sie keine bleibende Stelle hoffen oder begehren / sondern daß sie ein zukünfftiges suchen.
Weitläufftiger vnd außtrucklicher beschreibet Paulus diesen Wandel kurtz zuvor in
diesem 3. Capit. an die Philipper also: ich achte alles für Schaden
gegen der
Hierumb 2. vergisset eine Himme sseele nicht allein der vergänglichen weltlichen Dingen; sondern auch derselbigen / deren sie sich sonsten rühmen könte; nemblich deß guten / daß sie gethan hat. Darinnen suchet sie keine eygne Ehr vnnd Ruhm für Gott noch Menschen / sondern in Demüthigkeit spricht sie: Ich bin ein vnnützer Knecht / eine vnnütze Magd. Sie bedenckt nicht / wie weit sie schon gelauffen / sondern was für einen Weg sie noch zu lauffen hat.
Endlich 3. gehöret zur Eygenschafft der Himmelsläuffer; nachjagen dem vorgesteckten Ziel / Christum zu gewinnen. Je näher zum Zweck / da das Kleinod steckt / je begieriger ein Lauffer mit gantzem Leib sich dahin neiget. Gewonnen haben wir Christum schon in Gnaden / wir begeren jhn auch in einer Seligkeit vnd voller Geniessung / Christus ist meine Gerechtigkeit / ich aber bin noch schwach; Christus ist mein Gut / ich leyde aber noch Vngemach; Christus ist mein Liecht / ich sitze aber noch in Finsternuß; Christus ist meine Frewde / ich werde aber offt betrübet; Christus ist mein Fried / ich werde aber offt vnrühig. Das muß nicht ewig so seyn. Christum völlig geniessen ist deß Christenthumbs endlicher Zweck vnnd Vollkommenheit. Wie näher zum Zweck / wie begieriger das Hertz.
Das seynd die Stücke / darinn wir den Aposteln vnd andern Heyligen müssen
nachfolgen. Die also lauffen / seynd nicht Feinde / sondern Freunde deß Creutzes
Christi. Sie können sich nicht rühmen / daß sie vollkommen seyn / dann sie seynd
noch auff dem Wege / vnnd erwarten jhres Heylandes JEsu Christi; sie streben
aber nach der Vollkommenheit / vollkommen vnnd vnverhindert
Vnnd das ist dann auch der Lohn solcher Wanderschafft: Dann was werden sie daran
haben / wann nun erscheinet der Heyland JEsus Christus vnser HERR? Paulus
antwortet:
Paulus redet von der Verklärung der Leiber / vnnd lässet vns darauß schliessen /
wie köstlich die Seele werde außgezieret werden / die in so einem köstlichen
Leibe ewiglich wohnen soll. Vnd diß redet er von vnseren nichtigen Leiberen /
die so nichtig seynd / daß sie auch die Nichtigkeit selbsten seyn: Dann es
wohnet darinnen Sünd vnd Todt; vnd müssen sich von vieler Angst / Dürfftigkeit /
Gebrechen vnd Schmertzen peinigen vnd plagen lassen. Gehe hin zu den Häußlein
der Todten Leiber. Wie manchen grewlichen abschewlichen Leib sihet man / daß man
Naß vnd Augen muß zuhalten. Aber doch / ist es ein Tempel Christi gewesen / sihe
/ wie thewer vnd werth wird noch dieser nichtiger Leib werden. Dann er quale, non
secundum quantum, i. e. non secundum gradus. 1. Cor. 25, 23. 41.
Damit wir nicht sagen / es sey vnmüglich / oder aber es werde nur eine geringe
Verklärung seyn / setzet Paulus hinzu; daß es Christus thun werde / nach der
Würckung / damit er kan auch alle Ding jhm vnterthan machen. Es ist Christo
Da haben wir nun auch die Fußstapffen / vnnd das Ende im Lauff der Heyligen. Denselbigen zu folgen / haben wir grosse Vrsach.
Vnd das ist auch der gantze Einhalt dieser Epistolischen Lection. Paulus stellet sich mit allen Heyligen auff als ein Exempel Christlicher vnnd fürsichtiger Wanderschafft; dann nicht alle die Christen heissen / einen Weg lauffen / darumb kommen sie auch nicht alle zu einem Ende.
Das macht vns die Augen offen / Fürsichtigkeit zu brauchen in vnserm Wandel / nicht einem jeglichen Geist zu folgen. Dennoch so ists offenbar / daß mitten vnter den Christen / der grösseste Hauff weltsinnisch ist / vnd seynd Feinde deß Creutzes Christi / die das Creutz Christi nirgendts anders wissen zugebrauchen / als bey jhrem Weltwesen jhnen noch süsse Hoffnung einer Seligkeit zu machen: da sie doch nie Sinnes geworden zu vergessen was dahinden ist / vnd sich zu strecken nach dem das da vorne ist. Oder da sie angefangen / seynd sie bald müde geworden. Viel wissen / daß es vnrecht ist / dem Bauch vnnd der Welt dienen / behelffen sich aber damit: Es brings die Zeit also mit sich / in der Welt gehe es nicht anders zu; damit verderbt einer den andern.
Das ist so ein kläglicher Jammer vnter Christen / daß der heilige Paulus ohne
Threnen nicht davon reden kan: Viel wandeln
Du aber / du Welt Christ / der du weist / daß es nicht Christlich / sich der Welt gleichformig machen / vnd kanst dennoch / oder wilst nicht lassen von Weise vnnd Gewonheit der Welt. Höre / ich will dir eines sagen. Weil du nicht ablassen wilt von deiner Weise / so will GOtt auch nicht ablassen von seiner Weise: Die Weise GOttes ist diese: Die Freunde der Welt vnnd Feinde Christi zu verdammen. Dann jhr Ende ist das Verdamnuß. Was habt jhr alsdann für ein Lob? Ihr werdet euch schämen müssen in Ewigkeit.
Hierumb ists Zeit / von der Welt vnd jhrer Art zu leben vmbzukehren..
Vielmehr trettet in die Fußstapffen Pauli / vn wandert denach also / daß jhr der Welt den hindern kehret / vnd stäts vnd
in allen Dingen trachtet nach dem himlischen Vatterland. Dann wir seynd hie nur
Pilgerleuth. Vnser Hauß / Vatterland / Burgerrecht / Erbgut vnd Ergetzligkeit
ist im Himmel. Wir haben hie
O daß nimmer auß vnserem Gedächtnuß käme / die selige Wonne / die entstehen wird auß der künfftigen Offenbarung Jesu Christi vnsers Heylandes / wann er vnseren Leib wirdt verklären / daß er ähnlich werde seinem verklärten Leibe! Was solte vns kräfftiger bewegen können zum himlischen Wandel? Wisset aber hiebey; so wir Christo wollen ähnlich seyn künfftig in der Herrligkeit / so müssen wir hie anfangen jhm ähnlich zu werden. Dann wir seynd seines Leibes Glieder. Der Leib zwar muß seiner Zeit erwarten / aber an der Seelen wird hie der Anfang gemacht / in dem wir durch Christum ernewert werden an dem Geist vnsers Gemüthes / nach dem Ebenbild Christi JEsu.
Si Christi membra volumus inveniri, sequendum est nobis sine dubio caput nostrum, ut videlicet prima nobis reparandarum solicitudo sit animarum, pro quibus ipse jam venit, & quarum prius studuit mederi corruptioni. Corporis vcrò curam illi tempori magis reservemus, & differamus in illum diem, quo reformandi corporis gratia est venturus.
Weil Hirten vnd Lehrer mit jhrem Exempel hie viel befördern / oder schaden
können: Sollen dieselbe für allen sich befleissigen / jederman vorzugehen / mit
einem feinen Fürbilde aller Gottseligkeit. Dann wie Paulus sich hie zum Fürbilde
auffstellet: Folget mir: Also gebeut er auch dem jungen Bischoff Timotheo: / auff daß vnser Ampt nicht
verlästert werde / sondern in allen Dingen lasset vns beweisen als die Diener
GOttes. Sie müssen mit demselbigen Apostel jhren Leib betäuben vn
zwingen / damit sie nicht andern predigen / vnnd selbst verwerfflich werden. 1.
Corinth. 9 Welche Prediger diß nicht in acht nehmen / daß Creutz hat gut
gemacht? Der mehr darauff gedenckt wie er seine Bauch / als wie
er Christo etwas gewinne? Solt nicht billig sein Lohn seyn / Schmache vnd
Verdamnuß? Der Jammer der durch ärgerlich Leben der Prediger angerichtet wird /
ist so groß / daß der Apostel Paulus mit Weinen es beklaget. Ein jeglicher vnter
vns Lehrern soll in seinem Gewissen versichert seyn / daß er sey vnter denselben
/ auff welche Paulus weiset / wann er sagt: Folget mir / vnd vnd sehet auff die
/ welche also wandeln / wie jhr vns habt
Die nun vnter vns Christen das Glück haben / daß sie solche Führer antreffen /
auff welche Paulus weiset: Sehet auff die / die also wandeln / wie jhr vns habt
zum Fürbilde. Die sollen fleissig acht auff jhr Fürbild haben / vnnd jhrer
Gottseligkeit mit allem Ernst nachfolgen. Dann das ists / daß der Apostel
fordert mit diesen Worten: Folget mir / vnnd sehet auff die / die also wandeln /
wie jhr vns habt zum Fürbilde.
Fragstu dann; wobey kenne ich / daß einer wol laufft? So ist der Vnderscheyd der
Läuffer schon gezeyget. Ein Theyl trachtet nach der Erden / vnd was jrrdiseh
ist; das ander Theil trachtet nach dem Himmel / vnnd was himlisch ist. Darumb
habe acht auff das Fürbild Christlicher Vollkommenheit / welches der heylige
Paulus in seinem Wandel zeyget: Ich jage nach dem vorgesteckten
Können wir dann vollkommen seyn? Das hab ich nie gesagt. Wir bekennen mit Paulo:
Ich schätze mich selbst noch nicht /
Die jr mit allen Heiligen also wandelt / vergesset deß Trostes nit: Vnser Heyland
Jesus Christus wird dermal eins vom Himel komen /
vnd diesen vnsern nichtigen Leib verklären / daß er ähnlich werde seinem
verklärten Leibe. Daß ewer Leib von Gebrechen vnd
Auff daß aber solcher Trost vest bleibe / so hütet euch für Irrgeister. Wir
fordern nicht die Vollkommenheit selbst / sondern das Verlangen vnnd die
Begierde. Wer nun begehret Christo gleichformig zu seyn / der mach einen Schluß:
Mein Erbtheyl darnach ich strebe / soll mir im Himmel seyn. Von nun an will ich
vergessen was dahinden ist / vnd mich strecken nach dem das da forne ist; ich
will nachjagen dem vorgesteckten Ziel / dem Kleinod / welches vorhält die himlische Beruffung GOttes in Christo JEsu; der stärcke vns dazu.
Amen.
V. 9. DErhalben auch wir von dem Tage an / da wirs gehöret haben / hören wir nicht auff / für euch zu betten / vnd bitten / daß jhr erfüllet werdet mit Erkändtnuß seines Willens / in allerley geistlicher Weißheit vnd Verstand.
V. 10. Daß jhr wandelt würdiglich dem HERRN zu allem Gefallen / vnnd fruchtbar seyd in allen guten Wercken / vnd wachset in der Erkäntnuß Gottes.
V. 11. Vnd gestärcket werdet mit aller Krafft / nach seiner herrlichen Macht / in aller Gedult vand Langmütigkeit mit Frewden.
V. 12. Vnd Dancksaget dem Vatter / der vns tüchtig gemacht hat / zu dem Erbtheyl der Heyligen im Liecht.
V. 13. Welcher vns errettet hat von der Oberkeit der Finsternuß / vnd hat vns versetzt in das Reich seines lieben Sohns.
V 14. An welchem wir haben die Erlösung / durch sein Blut / nemlich die Vergebung der Sünden.
WIe die Colosser schon bey dem Anfang jhres Christenthums gesehen haben auff die
Hoffnung der Himlischen Herrligkeit / zeyget der Apostel im
Anfang der Epistel / die er an sie geschrieben / da er preiset jhren Glauben an
Christum JEsum / vnd die Liebe zu allen Heyligen / vnd bezeuget / daß sie bey
jhrem Glauben vnd Liebe gesehen haben auff die Hoffnung die jhnen beygeleget ist
im Himmel / von welcher sie zuvor gehöret hatten durch das Wort der Warheit im
Evangelio. Dieweil jhnen durch das Evangelium eine Hoffnung gemacht einer
sonderlichen himlischen Herrligkeit / hat solches jhr Hertz eingenommen / vnnd
sie gezogen zum Glauben / vnnd zu der Liebe.
Darauß sehen wir / wie ein Christ bey dem Lauff seines Christenthumbs soll vnd
kan sehen / auff die gute Hoffnung / vnnd den Lohn / der vns beygeleget ist im
Himmel / nicht daß wir wolten
Weil aber die Colosser solche Hoffnung auß dem Wort deß bittet
/ daß sie mögen wachsen vn zunehmen in solcher geistlicher
Weißheit / dadurch sie angefangen zu sehen nicht auff das jrrdisch / sondern
auff die himlische Belohnung / vnnd solches thut er in gegenwärtiger Lection /
darinnen wir billig nachforschen / wie auch. GOTT verleyhe darzu seine Gnade. Amen.
WIe Paulus diese Epistel geschrieben / war er gefangen zu
Es bittet der Apostel vmb geistliche Weißheit vnnd Verstandtditur quid sit.
Zu solcher geistlicher Weißheit gehöret 1. das Erkändtnuß deß Willens GOttes. Dann auß GOtt muß man lernen / was man von GOtt soll halten / vnd wie man jhm soll dienen. Dann wie es verweißlich würde seyn einem Bürger / wann er sich nicht wolt kehren an die Gewonheit vnd Gesätze seiner Statt: Also ists eben wol ein vngereimet Ding / daß einer will ein Burger Christi seyn / vnd doch nicht fragen nach seinem Willen.
Hie ist nit genug angefangen haben vn etwas wissen / der Geist
GOttes will daß wir voll werden der Erkäntnuß / vnnd in der Sach gewiß seyn.
Darumb muß niemand gedencken / daß er alle Weißheit vnnd Erkäntnuß schon
eingeschlucket habe / dann es ist doch vnser Wissenschafft nur Stuckwerck / wie
Paulus zeuget /
2. Gehöret zur geistlichen Weißheit die Fruchtbarkeit /
Würdiglich wandeln dem HERRN / zu allem gefallen deß
Ein Schuler der Weißheit muß wandeln nach allemels vnd der Erden.
Ein Schuler der Weißheit soll in allen guten Wercken fruchtbar seyn. Ist eine
Gleichnußrede / wie auch im 1. Psalm / die Gotts fürchtigen verglichen werden
einem Baum / der gepflantzet ist an den Wasserbächen / der seine Frucht bringet
zu seiner Zeit. Durch den Glauben werden wir mit Christo vereiniget / Christus
aber ist wie ein fruchtbarer Acker oder Baum / welches Rieselein dahin versetzet
wird / wird lebendig vnnd bringet Frucht. am Weinstock / also auch
jhr nicht / jhr bleibet dann an mir. Ich bin der Weinstock / jhr seyd die Reben.
Wer in mir bleibet vnd ich in jhm / der bringet viel Früchte / dann ohn mich
köndt jhr nichts thun. Ausserhalb Christo seyn wir dürre Bäume / in Christo
bekommen wir Lebens Safft. Wir sollen nicht gedencken / daß der Glaube ist eine
blosse Wissenschafft / sondern er sauget Safft vnd Krafft auß Christo / als auß
dem Baum deß Lebens / dadurch grünet vnnd blühet er für GOtt / vnnd bringet viel
Frucht. Dann es müssen ja die Reben arten nach dem Weinstock. Es müssen nimer mehr die Christen jnen einbilden / sie haben genug gethan /
müssen auch damit nicht friedlich seyn / daß sie ein oder ander Tugendt erlanget
haben / sondern wie ein lebendiger Baum / müssen sie jmmerdar fruchtbar seyn in
allen guten Wercken. Dann wer da wolte in einem Stuck der Tugendt nachtrachten /
vnd im andern beym Laster bleiben / der würde Lust haben nicht allein in Christo
/ sondern auch in dem Belial fruchtbar zu seyn.
3. Gehöret zur geistlichen Weißheit die Erfahrung / welches der Apostel andeutet
mit diesen Worten: Ich bitte daß jhr wachset in der Erkäntnuß GOttes. Das
Erkäntnuß
4. Gehöret auch zur Christlichen Weißheit Göttlichedae per
patientiam & longanimitate???.ganimitas o riuntur
ex virtute divina.
Letzlich 5. gehöret auch zur geistlichen Weißheit die Dancksagung: actio. der Obrigkeit der Finsternuß / vnd hat vns
versetzet in das Reich seines lieben Sohns. An welchem wir haben die Erlösung
durch sein Blut / nemlich die Vergebung der Sünden.
Wann wir viel nach der Weißheit GOttes gethan / müssen ad haereditate Sanctoru in
luce. / der vns gebracht hat von der Finsternuß zu seinem
herrlichen Liecht. Es ist ja wol viele / dafür man GOtt dancken solle / Macht /
Reichthumb / Geschickligkeit / Erfahrung / vnnd dergleichen / aber das ist nicht
das fürnembste / dieses aber ists / welches wir jmmer mit danckbarem Hertzen
rühmen sollen / daß Gott vns tüchtig gemacht hat zu dem Erbtheyl der Heyligen im
Liecht: das ist / zur ewigen Seligkeit.
Die ewige Seligkeit ist ein Erbe der Kinder GOttes / vnd nicht ein Verdienst der
Wercke / denn auch ein kleines vnerzogenes Kind / ob es schon dem Vatter wenig
Nutzen geschafft / eben so viel Theyl am Erbe hat / als die grossen / die dem
Vatter nutzlich in Haußhaltung gewesen seyn. Wie solches fürgebildet in dem
verlornen Sohn / der sein vätterlich Gut verschwendet / welchem der Vatter einen
Zugang gab zu dem gantzen Erbtheyl / nicht weniger als dem ältesten Sohn / der
seines Vattern Hause mit fleissiger Auffsicht nutzlich gewesen war. Diß
himmlische Erbe / ist ein Erbe im Liecht / das ist in Heyligkeit vnnd
Gerechtigkeit / Schrecken vnd Verderben. Das
Erbe im Liecht ist ein Erbe der Heyligen; dann die Hunde haben hie keinen Theyl
/ sondern allein die geheyliget seyn in Christo JEsu. An diesem Erbe der
Heyligen im Liecht / haben wir auch GOtt Lob ein Theyl / nicht daß wir von Natur
geschickt dazu gewesen / sondern daß GOtt durch seine Gnad vns tüchtig darzu
gemacht.
Daß wir aber mehr erkennen / was das für eine Wolthat sey / so beschreibets der Geist Gottes mit andern Worten / vnd spricht: Daß vns GOtt errettet habe von der Obrigkeit der Finsternuß / vnnd versetzet in das Reich seines lieben Sohns / an welchem wir haben die Erlösung durch sein Blut / nemlich die Vergebung der Sünden.
Es seynd zwey wiederwärtige Reiche / das Reich der Finsternuß / vnd das Reich deß Liechtes / im Reich der Finsternuß regieret der Satan / Vnwissenheit vnd Sünde. Vnterthanen darinn seynd alle Gottlosen / ja alle Menschen von Natur. Der Lohn ist der Zorn Gottes vnd ewiges Verdamnuß. Im Reich deß Liechtes regieret der Sohn Gottes / vnd die Erkäntnuß der Göttlichen Warheit; Vnterthanen darinnen seynd all dieselbe die mit Christo im Glauben vereiniget seyn / der Lohn ist GOttes Gunst vnd Gnad / ewiges Leben vnd Seligkeit.
Von Natur gehören wir vnter das Reich der Finsternuß / da hat vns vmbgeben nicht
eine geringe Finsternuß / sondern die Krafft der Finsternuß in aller
Vnwissenheit vnnd Irrthumb / darauß vns keine Creatur hat ziehen können. GOtt
hat vns darauß gezogen / vnnd hingegen versetzet in das Reich seines lieben
Sohns. Vnter diesem Reich haben wir in Christo die Erlösung. folgends theil an dem Erbe der Heyligen im Liecht /
vnnd solches durch das Blut Christi / dann wann durch das Blut Christi / durch
sein Todt vnd Sterben GOtt versöhnet wird / hat der Fürst der Finsternuß alle
Macht an vns verloren / dann all seine Macht kompt allein her auß den
Sünden.
Was ists nun / daß wir tüchtig gemacht seyn zum Erbtheyl der Heyligen im Liecht /
das ists / daß vns GOtt gezogen hat auß dem Reich der Finsternuß / vnd versetzet
in das Reich seines lieben Sohns / in dem wir mit seinem Sohn durch den Glauben
vereiniget werden / darumb seynd wir tüchtig zu dem Erbtheyl der Heyligen nicht
durch vnsere natürliche Geburt / dann daher seynd wir Kinder deß Zorns / auch
nicht durch vnser Lauffen / daß wir vns tüchtig gemacht hätten / sondern durch
die Versetzung / daß vns GOttes gnädige Hand gezogen auß der Finsternuß / vnd
mit seinem Sohn Christo vereiniget. Dann durch dessen Blut haben wir die
Vergebung der Sünden / vnd seyn Kinder Gottes / Joh. 1.
Erkenne hie / daß du von Natur seyest vnter der Macht der Finsternuß / erkenne
hier / daß du in Christo hast eine Erlösung / die Vergebung der Sünden / vnd ein
Theyl an dem herrlichen Erbe im Liecht: Erkenne hie die Eygenschafft derselben /
die auß der Gewalt der Finsternuß erlöset seyn / dann sie seyn im Liecht / sie
haben nit mehr einen verfinsterten vnd blinden Verstand / in jhren Hertzen
leuchtet Christus die Sonne der Gerechtigkeit / darumb tragen sie keine Lust zu
Schanden vn Sünden / als Wercken der Finsternuß / sondern
halte sich als Kinder deß Liechts. Erkene auch
endlich / wie du Gott mit Danckbarkeit verpflichtet bist. Daß du selig bist /
daß du auß der Finsternuß errettet bist / daß du zum himlischen Erbtheil tüchtig
geworden bist / das hastu alles der Gnaden Gottes zu
Diß seynd gewiß fünff herrliche Stücke / die wol eine feine geistliche Weißheit machen / 1. Gottes Willen erkennen. 2. In solchem Erkäntnuß GOtt nach seinem Wolgefallen Frucht bringen. 3. Erfahren seyn in der lebendigen Erkändtnuß GOttes. 4. Starck seyn in Gedult / vnd langmüthig wieder allen Wiederwillen. Vnd zum 5. allezeit GOtt Dancksagen für das Reiche Christi dazu er vns gebracht hat. Diß seyn die Stück der geistlichen Weißheit / die vns der H. Geist wünschet allhie durch seinen Apostel Paulum.
Was soll vns nun lieber seyn / als den Wunsch deß H. Geistes erfüllen? Was soll
auch einem rechtschaffenen Christen anmüthiger seyn / als in solcher Weißheit
wandeln? Der Wille ambulandi in
sapietia spirituali.ern? Wie wollen doch solche weiter kommen in der Weißheit? Doch ist solches
nicht genug daß man den Willen GOttes wisse / dann es muß das Erkäntnuß nicht
bey vns faul seyn / sondern ein lebendiger Samen / der viele Früchte bringe /
dann was ist wissen ohne Gewissen. Wann sich der Mensch befleissiget nach dem
Willen GOttes fruchtbar zu seyn / so folget an jhm selbsten die Erfahrung an
göttlicher Weißheit / daß er GOTTES Werck in sich empfinde vnnd fühle. Es hat
das Gemüth deß Menschen diese Eygenschafft / daß es
Ist nichts das vns reitzet / so ists genug / daß diß die einige
Ferner / wer nach der geistlichen Weißheit lebet / der gefället & honor
Dei.
Noch mehr / wer nicht will seyn in der geistlichen Weißheit / der ist auch nicht in Christo / wer Christo durch sein Erkändtnuß eingepflantzet ist / vnnd will nicht in Christo wachsen / vnnd Frucht bringen / der hält Christum für ein faules Erdreich / darauff kein grüner Baum wachsen könne. Wer Christo diese Schande nicht will anthun / hat Vrsach zu wandeln nach der Geistlichen Weißheit.
Endlich treibet dich die Danckbarkeit / weil du von GOtt. auß der Finsternuß zum Liecht gebracht bist / was das für eine Wolthat sey / kan kein Mensch verstehen / viel weniger außsprechen. In der Höllen werdens die Gottlosen erfahren mit ewigem Schaden. Es wird jhnen ein Verdruß seyn an GOTT zu dencken / ja sie werden auch an keine Creatur mit Frewden dencken können / das alles muß jhnen schröcklich seyn / an allen Dingen müssen sie ein vnablässig betrübt Hertzeleyd haben. Im Reich Christi haben wir eytel Fried vnnd Leben / vnnd seynd auch die Creaturen vns vmb GOttes Willen gewogen / das mag vns wol zur Danckbarkeit treiben / das ist aber die Danckbarkeit daß wir bleiben in der Weißheit.
Weil aber vnser Vermögen hierinn nichtes ist / muß die geistliche Weißheit von GOtt erbetten werden / nach dem Exempel Pauli / müssen vnabläßlich anhalten / für vns selbsten / vnnd für alle Christen. Dann weil diß GOttes Wunsch vnd Wolgefallen ist / daß Christen nach der Weißheit einher gehen / so muß es auch vnser Wunsch seyn / allermeist sollen anhalten Lehrer die dazu gesetzet seyn / daß sie die Weißheit vnter den Menschenkindern bekandt machen.
Darumb sollen wir auch diß Apostolisch Gebett machen zu vnserm täglichen Gebett;
daß wir sprechen: Wir bitten dich
V. 13. WIR wollen euch aber / lieben Brüder / nicht verhalten / von denen die da schlaffen / auff daß jhr nicht trawrig seyd / wie die andern / die keine Hoffnung haben.
V. 14. Dann so wir glauben / daß JEsus gestorben / vnnd aufferstanden ist / also wird GOTT auch / die da entschlaffen seynd / durch Jesum / mit jhm führen.
V. 15. Dann das sagen wir euch / als ein Wort deß HERRN / daß wir / die wir leben
/ vnd vberbleiben in der Zukunfft deß HERRN / werden denen nicht vorkomen die da schlaffen.
V. 16. Dann er selbs der HERR wirdt mit einem Feldgeschrey / vnd Stimme deß
Ertzengels / vnnd mit der Posaunen GOttes hernider kommen vom Himel / vnd die Todten in Christo werden aufferstehen zu erst.
V. 17. Darnach wir / die wir leben vnd vberbleiben / werden zugleich mit
denselbigen hingezuckt werden in
V. 18. So tröstet euch nun mit diesen Worten vntereinander.
DAß ein Gericht vorhanden sey / ist vnlaugbar; vnnd kan expectandum, vel in vita vel in
morte. Ioh. 5, 22. Act. 10, 42.
Nun were zu wünschen / daß wir alle in diesem Leben vns richten liessen / welches
geschicht / wann wir mit zerbrochenem vnd zerknirschtem Hertzen für GOttes
Gericht tretten / vns schuldig erkennen aller Vnehr vnd Verdamnuß / vnd in
Christi Todt vnud leyden Versöhnung suchen. Da finden wir ein gnädiges Gericht /
vnnd werden loß gesprochen von allen vnsern Sünden / dörffen vns ferner für keim
andern Gericht fürchten / nach der Verheissung Christi / Johan. am 5. Warlich /
warlich ich sage hindurch getrungen. So spricht auch Paulus in der ersten an
Weil aber das nicht geschicht / sondern der meiste Hauff in Sicherheit dahin gehet / ohn rechtes Erkandtnuß der Sünden / so hat Gott dem Menschen ein anders Gericht angesetzet / da er muß erscheinen. Vnd das geschicht in deß Menschen todt. Es erzeyget GOtt zuweilen sein Gericht auch wol auff dieser Erden an den Gottlosen / doch ist das nur ein Vorbereytung / vnd wirdt darinn noch nicht das rechte Vrtheyl der Verdamnuß gesprochen / welches mit Ach vnd Weh allererst nach dem Todt die Gottlosen anhören werden / vnnd das zu zweymalen / erst alsbald im Augenblick deß Todtes / wann die Seele vom Leib scheydet / da das Special-Gericht vber ein jegliche Seele absonderlich gehet / vnnd jhr das Vrtheyl der Verdamnuß angekündiget wirdt. Hernach in der Aufferstehung gehet an ein General Gericht / dafür der gantzen Welt / vnd allen Engeln / vber alle Menschen das Vrtheyl gesprochen wird.
Die Christo JEsu hie im Geist vnnd Glauben anhangen / entsetzen sich für keines / dann sie haben die Verheissung / daß sie nicht sollen kommen ins Gericht / verstehe wegen jhrer Sünde vnd Vbertrettung / welche jhnen bereyt in diesem Leben durch Christi Verdienst vergeben seyn; darumb haben sie nicht Vrsach sich für dem künfftigen Gericht zu entsetzen / sondern viel mehr zu frewen / vnnd sich darnach mit gantzem Hertzen zu sehnen / dieweil sie doch in diesem Jammerthal nur wenig Ruhe vnnd Friede haben / dort aber jhre Erlösung angehet. Wehe aber den Gottlosen! Wo wollen sie bleiben für dem künfftigen Zorn? Die solten billich dafür erschrecken.
Aber der Teuffel kehrets vmb; den Frommen setzet er zu mit trawrigen Gedancken /
daß sie in Leyd wehmütig werden / für dem Todt sich offt entsetzen / vnnd für
GOttes Gericht fürchten. Die Gottlosen erschrecken kaum ein Augenblick für der
Hölle. So
Damit aber dieselbe / die GOtt fürchten / deßzu mehr Trost vnnd Frewdigkeit gegen
das künfftige Gericht erlangen / sollen sie mit Hertzens Lust anhören / was der
Apostel Christi Paulus / zu jhrer Seelen Trost / jhnen offenbaret / von jhrer
seligen Aufferstehung
WOvon vnd zu was Ende Paulus auff dißmal reden will / & scopus V. 13.
Ohn die Gewißheit eines seligen Zustandes der Seelen nach diesem Leben / kan kein
vernünfftiger Mensch recht froh seyn / allermeist wann er anfangt / den Sachen
nach zudencken. Damit aber Christen beständigen Trost haben / will jhnen Paulus
etwas vorhalten / daß sie wissen / vnd wol in acht nehmen sollen; vnd das soll
seyn / von denen die da schlaffen / vnd im Glauben Christi selig gestorben seyn
/ wie es jhnen am jüngsten Tage ergehen werde: Nemblich sie werden auß dem Staub
zu der Herrligkeit deß ewigen himlischen Lebens wieder aufferwecket werden. Will
Bey solchem Bericht von der künfftigen seligen Aufferstehung / haben wir auff zwey Stücke zusehen. 1. Auff das gründliche Zeugnuß / vnnd Bekräfftigung. 2. Auff die Art der Aufferstehung / vnd dessen ordentliche Beschreibung.
Vom ersten lauten die Wort deß Apostels also: So wir glauben / daß JEsus gestorben / vnd aufferstanden ist / also wird Gott auch / die da entschlaffen sind durch JEsum / mit jhm führen.
Es redet Paulus sehr glimpfflich von dem Todt der Glaubigen
Die also sterben / derer Todt ist kein Todt / sondern ein Schlaff / wie dan Paulus also von ihnen redet / daß sie entschlaffen seyn durch
JEsum. Dann wie ein Schlaffender / kommen sie nach getragner Last zur Ruhe /
ligen in einem tieffen Schlaff / darinnen jhnen auch kein böser Traum schrecket;
nebenst diesem werden sie nicht ewig also ligen / sondern an einem frölichen
en. Also redet auch Christus von seinem lieben Freunde. Johan. am 11. Lazarus
vnser Freund
Die also durch Christum entschlaffen seyn / denen läßt Gott
Der Grund dieser Verheissung ist der Todt vnnd die Aufferstehung
Mercke / wie genaw Paulus seine Worte in acht nimpt. Anders redet er von Christo / anders von den Glaubigen. Von der Glaubigen Todt spricht er; sie seyn entschlaffen. Vom Todt Christi sagt er nicht / er sey entschlaffen / sondern / er ist gestorben. Dann hie ist ein vnmäßlicher grosser Vnderscheyd. Christi Todt ist ein rechter Todt / dann er hat die rechte Bitterkeit deß Todtes geschmeckt / vnser Todt wird solche Bitterkeit nicht haben / drumb ist es mehr ein Schlaff dann ein Todt.
Doch hat der bittere Todt Christi diese Macht / daß durch sidelium ef
ficacia. 1. mortem transmutat in somnum. Ioh. 8, 51.
Auß dem Todt vnnd der Aufferstehung Christi haben wir erstlich / daß wir keine
Bitterkeit deß Todtes schmecken werden; weil er in seinem Leyden die Bitterkeit
an vnser statt auff sich genommen / vnd in seiner Aufferstehung den Todt
vberwunden / vnd alle Bitterkeit jhm genommen. Daher hat er er seinen Glaubigen
diese Verheissung gegeben / Johan. am 8. Warlich / warlich ich sage euch / so
jemand mein Wort wirdt halten / der wird den Todt nicht sehen ewiglich. Die
Vnchristen werden den Todtsehen / vnnd nicht allein jhn sehen / sondern auch
schmecken / vnd nicht allein schmecken / sondern ewig darinnen bleiben. Die
Christglaubige Seele wirdt den Todt nicht einmal sehen / viel weniger schmecken
/ oder in der Bitterkeit deß Todtes bleiben. Dann sie seynd vom Todt zum Leben
hindurch gedrungen.
Auß dem Todtvnnd der Aufferstehung Christi / haben wir die Hoffnung der
Aufferstehung / wann vns der leibliche Todt hat weg genommen. Es werden ja auch
wol die Gottlosen müssen aufferstehen. Doch stehen sie nicht auff durch Krafft
deß Verdienstes Christi / dessen sie sich vnwürdig gemacht / durch jren
Vnglauben. Die Glaubigen aber muß die Krafft der Aufferstehung Christi auß dem
Grabe ziehen / dann weil Christus lebet als das Haupt seiner Glaubigen / so
können auch seine Glieder nicht im Todt bleiben / sonst must er ein Haupt ohne
Glieder seyn. Zu deme / so hat Christi Verdienst alle Straffen der Sünden
auffgehoben / darunter gehöret auch der leibliche Todt. Dann wo die Sünde
Eben diß wird auch gelehret in der 1. Ep. an die Corinther am
Auß dem Todt vnd der Aufferstehung Christi / kompt auch.
Zu solchem Ende ist auch Christus nach seiner Aufferstehung gen Himmel gefahren /
vnnd hat sich gesetzet zur Rechten GOttes / ja freylich nicht / daß er mit den
Engeln spiele / vnnd für seine Person allein lustig vnd selig sey / sondern er
ist vorhin gegangen
Doch mags anders nicht seyn / wir müssen Theyl haben an Christi Herrligk it. Dann
ich vnnd Christus seynd eins. Seynd wir dann eins / so müssen wir jhm auch
dermal eins gleichförmig
Hierumb muß ein Christ mehr von sich glauben vnd hoffen als er sihet. Wir seynd
zwar an vns selbst arme Würmlein / doch seynd wir Christi Tempel / vn haben in Christo wegen seines Todes vnd seiner Aufferstehung /
ein verborgenes Leben / vnd ein verborgene Herrligkeit. Wie freundlich redet der
liebe Johannes:
Dieses alles will andeuten der Geist GOttes in vnserem Text / damit das gesagt
ist: So wir glauben / daß JEsus gestorben / vnd aufferstanden ist / also wird
GOtt auch / die da entschlaffen sind durch JEsum / mit jhm führen. Ist so viel:
Wo jhr glaubet / daß Christus der für ewre Sünde gestorben / vmb ewerer
Gerechtigkeit willen wieder aufferweckt ist / müsset jhr auch glauben / daß die
/ so im Glauben JEsu Christi entschlaffen / Krafft deß Todtes vnd der
Aufferstehung Christi / in jhrem Christo haben Leben vnd Herrligkeit / dann
darumb ist Christus gestorben vnd aufferstanden; wann dann Christus erscheinen
wird / alsdan werden auch / die so in jhm entschlaffen seyn / mit
jm in der himlischen Herrligkeit erscheinen / vnnd mit jhm
geführet werden / bey jhm zu bleiben in seiner Herrligkeit ewiglich.
In dem nun weiter der Apostel will tretten zur Offenbarung
Was wird dann für Ordnung gehalten werden in der Aufferstehung der Gerechten? Vor
erst offenbaret Paulus in gemein
Es wird die Welt nimmer gantz außsterben / biß an den jüngsten Tag; Es wirdt
Christus in seiner Zukunfft noch Leuthe auff Erden finden. Von diesem spricht
Paulus 1. Corinth. 15. Cap. ich ansehe die Art vnd Weise deß Sterbens / wie andere
durch Scheydung Leibs vnd Seelen gestorben seyn / hat Paulus gesagt: Wir werden
nicht alle sterben.
An diesem Orth redet Paulus von denselben Leuthen also / als wann er sich / vnnd die mit jhm zu einer Zeit gelebet mit eingeschlossen: Wir die wir leben vnd vberbleiben in der Zukunfft deß HERRN. Deutet damit an / daß ein jeder Christ zu seiner Zeit soll gedencken / es könte jhn vnd seine Zeit treffen; daß er mit sey vnter dem Hauffen / der mit der plötzlichen Erscheinung deß Sohns GOttes werde vberfallen werden.
Von vns oder vnseren Nachkommenen / die da leben vnd vberbleiben in der Zukunfft
deß HERRN / gibt Paulus diesen Bericht: Wir werden nicht vorkommen denen / die
da schlaffen. Es scheinet die Lebendigen solten die ersten seyn / die Christum
in seiner Zukunfft sehen. Aber da wirdt kein Vorzug seyn. Die Lebendigen werden
jhn nicht ehe sehen / als die Todten. Dann eben in dem Augenblick der Zukunfft
werden die Todten in einem nu herauß gerucket werden auß dem Pulver vnnd Wasser
/ daß sie da stehen lauter vnd rein / vnd mit hellen Augen gleich alsbald mit
vns den HERRN anschawen können. Davon stehet also geschrieben in vorgedachtem
18. Capitel der ersten an die Corinther. Wer werden alle verwandelt werden /
alle sprichter / so wol
So lasset vns nun weiter auffmercken / was dann für Ordnungen vom Himmel.
Es ist zwar Christus auch jetzt bey vns / vnd regiert alles allenthalben / vnd
trägts mit seinem kräfftigen Worte; nach seiner Verheissung: Sihe ich bin bey
euch alle Tag / biß ans Ende
Das wird ein prächtiger Auffbruch seyn. Dann er selbst der HERR wird kommen /
nicht alleine / sondern mit einem Feldgeschrey vnd Stimme deß Ertz Engels / vnnd
mit der Posaunen GOttes: Am andern Orth redet die Schrifft
Hierüber haben Gottselige Hertzen diese Gedancken / daß diese Stime: Steht auff jhr Todten / kompt für Gericht; werde außgeruffen werden durch
einen Ertz Engel; vnnd heisse vnd bleibe dennoch eine Posaune GOttes. Dann die
Krafft ist von GOtt. Eben wie das Wort / daß wir predigen / vnd die Seelen der
Menschen bekehret / ist vnd bleibet ein Wort Gottes. Dem e deß
Ertzengels / Posaune Gottes. Die Menge der Engel / alle Himmlische Heerscharen
werden die Vortraber seyn / vnd werden ein Feldgeschrey anheben / ein starck
Geschrey / wie man etwa zu Felde Lärmen blaset. Dann es wirdt doch der HERR auff
dißmal den letzten Angriffe aller seiner Feinden thun. Wir dörffen es nicht
errathen / was diß für ein Stimm wird seyn / es ist schon offenbahret dem
heyligen Johanni / derselbe hatte es vns wieder offenbaret / vnnd schreibt am
19. Capitel also: Ich höret eine Stimme einer grossen Schaar / vnd als
Ob nun durch die Stim deß Ertz Engels / vnnd durch die Posaune
Gottes Paulus nichts mehr verstehet; als diß Geschrey der Engel; oder ob vnter
diesem Geschrey aller Engel / vnnd vnter der Menge der Posaunen / insonderheit
eine Stimme eines Ertz-Engels / vnd eine sonderbare starcke mächtige Posaune
werde gehöret werden / weiß ich nicht; wiewol ichs halte mit dem letzten. Dann
ja nicht allein die Ertzengel schreyen werden. So will auch durch den Ertz Engel
Christus allhie nicht verstanden seyn: Dann in dem gesagt wirdt: Er selbst der
HERR wirdt kommen mit der Stimm deß Ertzengels: Wird ein Vnterscheyd gemacht /
vnter dem Ertzengel vnd vnter dem HERRN. Was Christus durch diesen Ertzengel
wird außruffen vnd außblasen / weiß ich auch nicht. Obs wird zugehen wie bey der
ersten Zukunfft deß HErrn / dann
Dann auff den Schall dieser letzten Posaune werden die Todten aufferstehen: das
ist das ander in der Ordnung deß Processes. Die Todten werden aufferstehen zu
erst. Zu erst / nemblich ehe einer von den Lebendigen Christo zugeführet wird /
deß
Sohns GOttes. Wie er durch sein Wort Himmel vnd Erden gemacht / vnd noch alles
außrichtet; also wird er auch durch seine allmächtige durchdringende Stime die Todten aufferwecken. Wie er dann auch solche Macht geübet
zur Zeit seiner Erniedrigung; nicht allein an Krancken; denen er zugeruffen; sey
sehendt / sey gereiniget; sondern auch in Todten: Lazare /
Das wird auch geschehen plötzlich in einem Augenblick. Wie Christus im Grab in einem Augenblick war todt vnd lebendig / vnd herauß fuhr wie ein Blitz; Also werden alle Todten in einem Augenblick allesampt herfür tretten; aller Staub eines jeglichen Leibes wird in einem Augenblick zusammen gesamlet seyn. In einem Augenblick wird die Welt voller hell glantzenden Leiber stehen / wie der Himmel voller Sternen.
Darnach folget das dritte: Wir / die wir leben vnd vberbleibens simul rapientur in
occursum Domini. V. 17.
Nun / GOtt Lob / so werden gleichwol noch Christen auff Erden seyn / vnnd wird
der HERR in seiner Zukunfft noch etliche finden / die da würdig seyn werden zu
stehen für deß Menschen Sohn. Wann wir gedencken an die Worte / die Christus
vnnd seine Apostel von den letzten Zeiten gesagt haben / solt man fast
erschrecken. Christus spricht Luc. 18. Meinstu / wann deß Menschen / so sicht mans für Augen / daß es
so gehet / wie es verkündiget ist. Die GOttes Warheit nicht erkennen / verfolgen
sie; die die Warheit haben / seynd derselben vberdrüssig. So nimbt von Tag zu
Tag vberhandt / Fressen / Sauffen / Bauchsorge / vnd der verfluchte Geitz vnd
Wucher / dadurch alle Lieb vnd Glaub außgelöschet wird. Kompt dan
hierzu / daß ein solcher Lehrer die Cantzel einnimpt / wie jhn die Welt gerne
haben will / so wird
Wann nun diese seynd verwandelt worden / dann das Sterbliche muß anziehen die
Vnsterbligkeit / vnnd das Verweßliche muß anziehen die Vnverweßligkeit; alsdann
werden sie zugleich mit denen die von Todten aufferweckt seyn / gen Himmel
gezuckt werden / auff den Wolcken wie auff Wagen / vnnd werden in der Lufft
schweben vmb Christi Ehrenstul her / wie die Vögel / leichter als der Wind /
heller als die Sonne. O ein lieblich Spectacul. Christus mit allen Engeln; allen
Heyligen vnnd außerwöhlten
Wo werden aber die Gottlosen bleiben? Sie werden nicht mit hingerucket werden /
sondern hie vnden auff Erden bleiben; vnd das strenge Vrtheyl anhören: Weicht
von mir / jhr Verfluchte.
Das letzte in der Ordnung bey der Aufferstehung der Heyligenter. V.
17.
Den Nutz dieser Betrachtung zeyget Paulus selbst / beydes zu Ende vnd Anfang
gegenwärtiger Lection. Dann wie er zu Anfang
Ein Christ kan vnd soll sich anders auffrichten im Todt vnd leyden als ein Heyd.
Die Heyden haben keine Hoffnung der Aufferstehung zum leben. Wann sie jhren
Zustandt recht bedencken / vnnd nicht durch Sicherheit auß dem Sinne schlagen /
werden sie singen müssen: Ich lebe / vnd weiß nicht wie lang / ich sterbe / vnd
weiß nicht wann / ich fahre / vnd weiß nicht wohin; mich wundert daß ich frölich
bin. Ja so nicht were
So tröstet euch nun mit diesen Worten vntereinander. Wer Trost für sich bedarff /
oder andere kräfftig trösten will / der gedencke an diese Rede Pauli. Ja weil
Paulus saget: Tröstet euch mit diesen Worten vnter einander: So muß in diesen
Worten ein kräfftiger Trost seyn. Diß seynd aber die Wort / die er meynet; daß
JEsus gestorben / vnd wieder aufferstanden ist / vnnd daß GOtt vns die wir in
Christo entschlaffen / oder am jüngsten Tage im Leben JEsu Christierfunden
werden / mit JEsu werde heimführen / daß wir mit Leib vnd Seel beym HErrn seyn
allezeit. Ein lebendiger Trost. Hiemit gedenck ich andere zu trösten in jhren
Findet sich Sünde / vnd fallen dir diese Gedancken ein: Nun mustu für Gericht / was wilstu GOtt antworten? Wie hastu deine Kinder aufferzogen? Wie bistu deinem Gesinde mit einem heyligen Exempel fürgegangen? Wie manchen habe ich geärgert / vnd mit vnvorsichtigen Worten vnd Wercken in Sünden gestärcket? Wie mancher ist durch meine Versaumnuß zur Höllen gefahren / den ich durch fleissige Vermahnung hätte können zum Himmel bringen? O wo will man da bleiben! Nun wolan / bleib fest auff diß Bekäntnuß; daß Christus für dich gestorben vnnd aufferstanden. Das ist ein grosses Meer / vnnd verschlinget die Menge der Sünden als ein Füncklein Fewer.
Seynd vnsere Sündescheußlich / wollen wir wol so einen schönen Schmuck darüber
ziehen / daß der Teuffel keine Sünde sehen soll. Wir wollen vns in den Todt deß
Sohns GOttes windeln vnnd verwickeln / vnd mit Christi Vnschuld vns decken.
Damit werden
Den Glauben hält Lutherus / der in dergleichen Art der Versuchung auch wol geübet
/ begeret dem Versucher so zu antworten: Teuffel fahre hin / beyde mit meiner
Gerechtigkeit vn Sünde / habe ich etwas gesündiget / so friß du
den Mist davon / der sey dein: Es ligt mir mehr an dem / was JEsus Christus
gethan hat / als an dem was ich gethan habe. Das ist eine rechte feine Kunst /
die wir diesem Helden billig sollen ablernen. Auff Christi thun müssen wir sehen
/ vnd vnser thun gantz fahren lassen / es sey gut oder böß. Vnd also
einschlaffen; das heist dann in JEsum entschlaffen: Solche Leute kommen nicht
ins Gericht / sie seynd durch den Todt zum Leben hindurch gedrungen. Dann so wir
glauben daß JEsus gestorben / vnnd wieder aufferstanden ist / also wird Gott
auch / die da entschlaffen sind durch Jesum / mit jhm heimbführen. Tröstet euch
mit diesen Worten vntereinander.
Wann dann die Sünde nicht mehr kan schrecken / soll vns auch kein Todt schrecken
/ alldieweil wir in Christo Jesu eine solche selige Hoffnung haben. Ach meine
Liebe / was für Trost haben vnsere Vorfahren gehabt / die
Heyden gewesen! Ihnen schien das Wort Gottes nicht; sie wusten nicht daß
Christus were ein Sohn Gottes / der Welt Heyland / der für vns gestorben vnd
aufferstanden ist / auff daß er dermal eins seine Glaubigen aufferwecke / vnd
mit jm führn zum ewigen Lebe. Hierum haben sie
müssen leben entweder in rauher blinder Sicherheit / oder in Schrecken / Sorgen
/ vnd Zagen. Ihr Todtengesang hat mögen seyn: Mit Ach vnd Wehe fahr ich dahin /
betrübet ist mein Hertz vnd Sinn; das Leben ist ein Todt geworden. Wir durch
Gottes Gnade wir entschlaffen seyn in
Jesum / auch mit vnserm Jesu werde heimführen. Wie wir nun anders glauben /
können wir auch anders singen: Mit Fried vnnd Frewd fahr ich dahin / getrost ist
mir mein Hertz vnd Sin / der Todt ist mein Schlaff worden.
Darumb lieber Christ / kompt dein Stündlein / vnnd du solt nun davon; schlaff jmmer frölich ein / es kompt die Zeit / es wird Jesus erscheinen / vnd dich herfür ruffen / da wirstu mit Augen sehen / was du jetzt glaubest.
Eben damit tröstet euch auch in dem Todt der ewrigen. Was in Christo JEsu
entschlaffen ist / ist nicht verloren. Wann du einen Toden für dir ligen sihest;
so gedenck, sihe welch eine Gestalt! Dennoch daß einer / der in Christo
entschlaffen ist / einmal werde wieder herfür kommen auß seinem Gstanck / viel
schöner dann die Sonne / das ist gewisser / als daß er jetzt für vnsern Augen
liget als ein Gestanck. Darumb laß seyn / hie werden wir gesetzet in Vnehr vnnd
Schande / dann es ist ja ein todter Leichnam / eine jämmerliche Gestalt / vnd
ist kaum ein vnleidlicher Aaß auff Erden / als deß Menschen; doch werden wir
aufferstehen in Ehren / vn in einer herrlichen Gestalt. Vnd so
wir glauben / daß Jesus gestorben vnd aufferstanden ist / werden wir auch mit
JEsu heimbgeführet werden: tröstet euch mit diesen Worten vntereinander.
Vnnd was solte wol für ein Vnglück seyn / darinn vns diß nicht trösten solte /
daß noch so ein herrlicher Wechsel folgen werde. Wann man lange im Vnfall
bestricken bleibt / so wird man wehmütig. Kompt man aber auff solche Gedancken;
sihe es wird ja einmal eine andere Zeit komen / da ich mit meinem
liebste Jesu in mein recht Vatterland werde gefüret werden.
Da werde ich bey meinem Herren in dem Reich seiner Herrligkeit bleiben allezeit;
wird die Wehmütigkeit sich verlieren / dan wann wir beym HErrn
Christo seyn vnnd Herrligkeit / viel mehr als wir in Adam verloren haben.
Wann ein Christ gedenckt an den herrlichen Auffbruch vnsers Liebhabers Christi /
an die Majestät seiner Zukunfft / möchte er dadurch wider lustig werden / wann
er schon halber todt ist. Wie den Hirten bey der Geburt Christi der Ertzengel
erschienen ist mit der Menge deß himlischen Heers / also wirdt
aller Welt sich öffnen der Himmel / mit aller himlischen Pracht /
bey der andern Zukunfft deß Sohns GOttes. Der Ertz Engel mit der Trompeten
Gottes vornher / viel tausentmal tausent heyliger Engel hernach / mit einem
Feldgeschrey. Christus der Fürst mitten vnter jhnen. Wir Glaubigen werden die
Lufft erfüllen mit himlischer Klarheit / daß die Sonne dafür wird dunckel
werden. Da werden wir den Einzug halten / vnd von Christo geführet werden in
seine Herrligkeit: Mit grossem Jubiliren aller außerwöhlten Engeln vn Menschen. Halleluja. Halleluja. Ehr vn Preiß sey
vnserm Gott. Halleluja. Halleluja. Vnd in solchem Jubiliren werden wir
verbleiben bey GOTT allezeit. O wie selig ist der Mensch / der mit seyn wird
vnter diesem Hauffen: Faß diß Bilde in die Augen: O liebe Seele / alle
gegenwärtige Plage / Leyden vnnd Kranckheit wird balde gering werden. Diß ist
ein Augenblick / aber bey meinem Heyland bleibe ich allezeit. Wann ich diß Bilde
verliere / so sincke ich.
Eins muß ich hiebey auch melden / wer mit den Heyligen diese Hoffnung haben will
/ der halte sich auch mit allen Heyligen bereyt / daß er würdig werde zu stehen
für deß Menschen Sohn; dann jhr wisset nicht zu welcher Zeit er kommen werde.
Christus will Diener haben die stäts auff jhren HErrn warten / darumb
Wer auff Christum wartet / der kan sich auch seiner Erscheinung erfrewen. Dann so wir glauben daß JEsus gestorben vnnd aufferstanden ist / so wirdt GOtt auch alle die in Christo JEsu seyn / mit JEsu heimführen / daß sie bey jhrem liebsten Jesu in seiner Herrligkeit seyen allezeit. GOtt bekräfftige diesen Trost in vnserm Hertzen / vnd er wecke jhn in vnserer Todtes noth. Amen.
V. 3. WIR sollen GOtt dancken allezeit / vmb euch / Lieben Brüder / wie es billich ist. Dann ewer Glaub wächset sehr / vnnd die Liebe eines jeglichen vnder euch allen nimmet zu gegen einander.
V. 4. Also daß wir vns ewer rühmen vnder den Gemeinen Gottes / von ewer Gedult vnd Glauben / in allen ewern Verfolgungen vnd Trübsaln / die jhr duldet.
V. 5. Welches anzeyget / daß GOtt recht richten wird / vnd jhr würdig werdet zum Reich Gottes / vber welchem jhr auch leydet.
V. 6. Nach dem es recht ist bey GOtt zuvergelten / Trübsal / denen / die euch Trübsal anlegen.
V. 7. Euch aber die jhr Trübsal leydet / ruhe mit vns / wann nun der HERR JEsus
wird offenbar werden vom Himel / sampt den Engeln seiner
Krafft.
V. 8. Vnd mit Fewerflammen / Rache zu geben vber die / so GOtt nicht erkennen / vnd vber die / so nicht gehorsamb sind dem Evangelio vnsers HERRN JEsu Christi.
V. 9. Welche werden Pein leyden / das ewige Verderben / von dem Angesicht deß HERRN / vnd von seiner herrlichen Macht.
V. 10. Wann er kommen wirdt / daß er herrlich erscheine mit seinen Heyligen / vnd wunderbar mit allen Glaubigen. Dann vnser Zeugnuß an euch / von demselbigen Tage / habt jhr geglaubet.
ES haben vnsere Christliche Vorfahren zu ablauffendes
Wo vnser Schatz ist / da soll auch vnser Hertz seyn. Vnser Schatzkammer aber soll
eröffnet werden nicht ehe als in der Offenbahrung deß Sohns GOttes. Daß wir im
Schawen haben / was wir nun haben hie in Verheissung vnd Glauben / da wird die
Thür geöffnet werden zu der himlischen vnd ewigen Wohnung / da wird vns
außgetheylet der Lohn vnser Arbeit. Zu diesem Leben seyn wir nicht erkaufft /
vnnd was auff dieser Erden ist / were es noch so köstlich / ists doch viel zu
gering / daß GOttes Sohn darumb viel leyden solte / was im Himmel soll
offenbaret werden / das ist das Gut / daß GOttes Sohn mit schwer er Arbeit / vnd
bitterm Leyden vns erkauffet hat. Dabey mercken wir / wie thewr vnnd köstlich
die himlische Seligkeit sey. Sie kan aber der allgemeinen
Christenheit nicht ehe / als in der Zukunfft vnsers Heylandes geoffenbaret
werden. Daher liget der Tag dieser Offenbahrung der Braut Christi im Sinn / vnd
jhr verlanget darnach.
Es ist zwar die Meynung deß Geistes nicht / wann er vns einen Wunsch für
schreibet / darinnen wir ein Verlangen tragen nach dem Gericht Christi / als
solten wir auch den Nachkommen die Gemeinschafft deß Reiches Christi miß gönnen;
es gehöret mit zur Langmuth GOttes / daß er verzeucht / dadurch manche Seele
erhalten wird. Dazu die Christum lieb haben / sehen auch gern / daß Christi
Reich groß werde darumb seynd wir nicht vngedultig / ob schon die Verheissung
auffgeschobe wird / es muß doch die Zahl der Außerwöhlten
voll werden / dises aber will der Geist mit dem Verlangen nach der Zukunfft
Christi / daß die Seele von der Welt frey sey / vnd begierig auß zugehen von der
schändlichen Sodoma / vnd daß wir in dem Außzug nit einmal vns vmbsehen / wie
Loths Weib / welche zur Saltzsäulen wardt.
Zu diesem Ende hat vnser Heyland verordnet / daß wir vns
Auff solche Weise gibet vns auch Paulus in gegenwärtigem Text zu bedencken die
vielfältige Trübseligkeit der Glaubigen / daß wir sie erkennen als ein gewisse
Anzeygung deß gerechten Gerichtes GOttes / so wol vber die / die da leyden / als
die vns Leyd thun / daß wir nicht müde werden / sondern vns stärcken mit der
Hoffnung der zukünfftigen Vergeltung / in der Offenbahrung deß Sohns GOttes vom
Himmel. Es mag die Welt jmmerhin lachen / vber die Arbeit der Christen / wir
seynd dennoch nicht Narren / daß wir vmb Christi willen Vngemach leyden: den
Außschlag wird vns Paulus lehren vnd fürlegen. Dann es wird zukünfftig gewisse
folgen eine Wiedervergeltung. Dieselbe
EHe der Apostel Paulus die mühseligen Kinder Gottes auffrichtet primu incitamentu ad
tolerantia in fide.
Es rühmet der Mann GOttes der Thessalonicher Glauben / Lieb vnd Gedult in allen Verfolgungen vnnd Trübsalen die sie er duldet hatten / vnnd nicht allein die Beständigkeit deß Glaubens / vnd der Lieb bey Erduldung vieler Trübsalen / sondern auch den Wachßthumb / Ewer Glaube wächset sehr / spricht er / es wächset der Glaube nicht durch die Vermehrung der Erkändtnuß / vnd käme man auch in derselben so weit / daß man möchte Doctor werden. Es bestehet der Wachßthumb deß Glaubens in der hefftigen Zuversicht auff GOtt / welche insonderheit muß zunehmen in schweren Trübsalen. Wie höher die Noth / je kräfftiger muß die Seel an GOtt kleben vnnd sprechen; ich sehe wol mein GOtt was du suchest / dann du wilst mir nicht etwas lassen süsse werden / daß du nicht selber bist / so fahre nun hin / du Glück der Welt / fahre hin Gesundtheit vnd Reichthumb / fahre hin Ehr vnd Gewalt / weils GOtt so haben will / es ist dennoch Gott mein Hilff vnd mein Heyl. Deßgleichen nimpt die Liebe auch zu / vnd wird reich zur Zeit grosser Trübsal. Welthertzen pflegen alsdann zu gedencken / es ist jetzt ein kümmerliche Zeit / ich muß die Hand was inne halten vnd sparen / hab ich was / so thuts mir selbs wol noth; das ist keine Art geistlich reich zu werden / die Liebe nimpt die kümmerliche Zeit wol in acht / daß sie viel gutes thue / dardurch wirdt sie reich.
Wann man also wächset im Glauben / vnd in der Liebe durch grosse Gedult / das ist
dann wol ein Stuck / daß lobens werth ist / darumb spricht der Apostel: Wir
rühmen vns ewrer vnter den Gemeinen GOttes. Sihe wie der Geist sich frewet in
seinen Heyligen / wanns wol zugehet in der Christenheit; wie er seufftzet in den
Heyligen vnd ruffet / vnnd flehet: Lasset euch mit
Es rühmt sich Paulus vber die rechtschaffene Glaubigen vnter den Gemeinen GOttes. Ohn allen Zweiffel dieselbe durch solch Exempel eiffrig zu machen / vnd bezeugt damit / daß die Exempel der wahren Gottseligkeit bey vns viel gelten sollen / was wir in Vbung der Gottseligkeit / guts vnd löblichs bey andern finden / dem sollen wir auch nachstreben / dann die herrligen Exempel / seyn GOttes lebendige Predigten / dadurch er die Vbung wahrer Gottseligkeit vns für Augen stellet.
Paulus rühmet nicht allein dises Gut / sondern dancket auch GOtt da für / vnd
erkennet solches für ein Schuldigkeit / wir sollen GOtt dancken / spricht er /
vmb euch wie es billig ist. Dann für was gehöret was / es ist keine geringe Gnad
/ wann Gott auff Erden noch GOttes Furcht erhält / womit können wirs bezahlen /
können wir nichts mehr / sollen wir jhm dancken / vnnd das allezeit / wie
Paulus. Dann wir werden diese Schuld nimer völlig bezahlen: so
lange GOtt nicht auffhöret eine Seele zu suchen vnd zu erhalten / die
rechtschaffen sey vnd bleibe in dem Gehorsamb vnnd rechtschaffener Gottseligkeit
/ so lang müssen wir auch nicht auffhören jhm dafür zu dancken.
Wir haben gesehen den Apostolischen Ruhm eines Gottseligen Wandels / welcher dahin gerichtet ist / daß er die Christliche Gemein brünstiger mach in dem Fleiß der Gottseligkeit / dann ein Christliches Lob / welches ohn Heucheley geschicht / andere auffzumuntern / hat grosse Krafft / fleissiger zu machen / auch dieselbe die einen guten Ruhm der Gottseligkeit schon haben.
Es bringet aber der Apostel eine bewegliche Vrsach herfür der Beständigkeit / bey
der vielfältigen Müh deß Christenthumbs / nemlich die zukünfftige Vergeltung am
jüngsten Tag. Dann nach dem er gerühmet die Gedult vnd den Glauben in allen
Verfolgungen vnd Trübsalen / setzt er hinzu: Welches anzeigt / daß
Wie gar anders vrtheylet der Geist GOttes von der Mühseligkeit der Christen als
wir. Mercke I. wie dieselben zum Reich GOttes würdig werden / die darüber
leyden. Wer vber dem Reich GOttes nichtes leyden will / der ist dessen nicht
würdig / als wann einer vmb den Willen GOttes seinem Willen soll ein Abbruch
thun / das bringt jhm Leyden / thut ers / so leydet er vber dem Reich GOttes /
vnd ist dessen würdig; thut ers nicht / so ist er ein Weichling / der vber dem
Reich GOttes nichts leyden kan / darumb ist ers auch nicht würdig. Ich habe offt
gesagt / vnnd sage noch mal / daß GOtt die Christen betrübe / kompt nicht her
auß einem tyrannischen Gemüth / daß seine Lust sihet an Angst vnnd Trübsal /
wurde Gott nicht eine Seligkeit darinn finden / wurde ers vber sein Hertz nicht
bringen können sein Kind zu plagen. Wir erkennen hie / daß wir deß Reichs Gottes
so viel würdiger sollen geschätzet werden / so mehr wir darüber gelitten. Merck
II. daß eben zu solchem Ende ein rechtes Gericht muß angestellet werden / auff
daß wir deß Reiches GOttes würdig erfun den werden. Es wird zwar eine jegliche
Seele / alsfort nach dem Abschied jhr Gericht empfangen: Dann wie der Baum
fället / so liget er. Doch wirdts damit nicht geendet seyn. Es hat GOtt einen
Tag bestimmet / auff welchen er richten wirdt / den gantzen Kreyß der Erden /
auff daß alle Welt / Engeln vnnd Menschen erkennen / wie die der Seligkeit
würdig seyn / die selig werden; vnd wie die der Verdamnuß würdig seyn / et werden. Mercke III. wie
die wahre Anzeygung dieses gerechten Gerichtes seyn muß eben diß gegenwärtige
Leyden der Christen. Es sey daß sie selbsten jhr Fleisch ereutzigen / oder von
andern gecreutziget werden. Daher daß wir vmb deß Reiches GOttes willen hie viel
leyden vnd gedulden / können wir gewiß abnehmen / daß folgen muß ein gerechtes
Gericht / darinnen einem jeglichen die Wiedervergeltung zuerkandt werde.
Die Vrsach wird angedeutet: Nach dem es recht ist
Was anlanget die Gottlosen / die vns Trübsal anlegen / es seyn Teuffel oder
Menschen / so erforderts Gottes Gerechtigkeit / daß dieselbe Trübsal leyden /
vndwer es ein Vngerechtigkeit / wan die Gottlosen allhie solten
gute Tage haben / vnd die Frommen wol plagen / vnnd frey hindurch gehen / dann
was solt nur daß für ein Richter seyn / der wol erdulden köndt / daß die
vnschuldige Frömmigkeit also frey vom Teuffel vnnd Menschen solte geplaget
werden.
Was anlanget die Fromen / ist jhnen zwar GOTT nichts schuldig /
dann es heist doch: Wann jhr alles gethan habt so sprecht: Wir seyn vnnütze
Knecht / vnd haben nicht mehr gethan / als was wir schuldig seyn; dennoch so
machts Gottes gnädige Verheissung / die er vns in seinem lieben Sohne Christo
JEsu gegeben hat / daß wann wir vmb Christi willen im Glauben viel dulden vnd
ertragen / Hoffnung haben / einer herrlichen Vergeltung / vnd wurde auch vnrecht
für GOtt seyn / wann wir auff GOttes Wort vnd Verheissung vns zur Furcht GOttes
wendeten / vnnd allerley Vngemach vnd Creutz darüber erduldeten / so wir nit die
verheissene Vergeltung von seiner Hand empfahen solten.
Also muß die Gerechtigkeit GOttes vns versichern deß zukünfftigen gerechten Gerichtes / welches auch den Heyden nicht hat können verborgen seyn. Dann ob sie wol vngewiß seynd gewesen jhrer Seelen halben / wo sie bleiben nach dem Todt / doch aber wann sie angesehen / wie mancher vnnützer Bube vnd grawsamer Tyrann / hie offt das beste Glück habe / vnd vber seine Boßheit im geringsten nicht gestrafft wirdt / haben sie schliessen sollen / es muß gewiß ein gerechtes Gericht allererst nach dem Todte seyn / oder es muß kein gerechter GOtt im Himmel seyn. So dann die Heyden in Betrachtung Göttlicher Gerechtigkeit haben können kommen auff ein Göttliches Gericht / was wollen wir zweiffeln die wir auch mit dem Wort erleuchtet seyn / wann wir hie leyden vber dem. Reiche Christi / vnd andere vns nur frey jmmer hin plagen?
Merck hiebey / wie Paulus sich vnnd alle Glaubigen in eine Gesellschafft bringet / dieweil er spricht: Es ist recht bey GOtt / zu vergelten euch die jhr Trübsal leydet / ruhe mit vns. Paulus will keinen andern Christum / vnd keinen andern Himmel haben / als er andern fürgetragen / die mit Paulo Trübsal leyden / müssen auch mit Paulo Ruhe empfahen. Das ist recht für GOtt.
Es gedencket aber auch Paulus der Zeit / wann die Vergeltung
Bey dieser Offenbahrungs Zeit gibt vns hie noch weiter der Christi de coelo
tria consideranda.
Von der Majestät deß Richters zeuget hie der H. Geist:en / je stärcker sein Kriegsheer / je
erschröcklicher sein Einzug ist. Vnser JEsus kompt auffgezogen nicht mit einer
Legion vnvermögener armen Menschen / sondern mit allen außerwöhlten Engeln deß
Himmels / die seyn vnsers JEsus Diener. Schröcklich vnnd herrlich ist das Heer
vnsers GOttes. Der König wird sitzen auff dem Stul seiner Herrligkeit / vnd alle
Völcker werden für jhm versamblet werden. Dann er wird seine Engel senden mit
einem grossen Hall der Posaunen / vnnd sie werden samblen seine Außerwöhlten von
den vier Winden von einem Ende deß Himmels biß ans ander. Matth. 24. Die werden
wie die
Ein Kriegsheer paustet mit Fewer vmb sich / wann es auff den Feind gehet. Vnser
Himlischer König bringet auch Fewer mit. Diß Fewer wirdt er
außspeyen auß seinem allmächtigen Munde / vnd damit die Welt anzünden. Fewer
wird er außspeyen zu verzehren die Gottlosen.
Da findet sich nun das ander / daß bey der Offenbahrung Christi zu bedencken / das Gericht der Gottlosen. Dann so spricht der Geist: Der HERR JEsus wird kommen mit Fewrflammen Rach zu geben vber die / so GOtt nicht erkennen / vnnd vber die so nicht geborsamb sind dem Evangelio vnsers HERRN JEsu Christi. Welche werden Pein leyden / das ewige Verderben / von dem Angesicht deß HERRN / vnd von seiner herrlichen Macht.
Hie sihestu / wan du es vorhin nicht weist / vber wem die
Verdamnuß beschlossen: Nemblich / die GOtt nicht erkennen / vnnd die nicht
gehorsamb seyn dem Evangelio vnsers HERRN JEsus. Die Heyden haben GOtt auß der
Natur erkennen können / vnd daß er zu ehren vnnd zu fürchten sey. GOtt hats
jhnen ins Hertz geschrieben. Aber sie haben sich nicht drumb bemühet / daß sie
jhn möchten ehren als einen GOtt / haben jhn auch nicht gefürchtet / sondern die
Gerechtigkeit GOttes auffgehalten in der Vngerechtigkeit. Darumb werden sie
keine Entschuldigung finden darinn / daß sie GOTT nicht erkandt haben / sondern
viel mehr wird eben dasselbe jhr Verdamnuß seyn. Andere haben mehr als die
Heyden / das warhafftige Wort GOttes / einer in grösser Klarheit / als der
ander. Aber jhrer viel seynd dem nicht gehorsamb / vnnd leben nicht nach dem
Evangelio Christi. Dieser Sünde ist so viel grösser / so viel grösser das Liecht
ist / daß jhnen für jenen gegeben ist. Es wirfft zwar Paulus sie allesampt vber
einen Hauffen in einen Ofen / dennoch spricht Christus: Der Knechte der deß
HERRN Willen weiß / vnd thut jhn nicht / wird doppelt geschlagen werden.
Die jhr euch nun böses bewust seyd / merckt auff / was euch begegnen werde: Der
HERR JEsus wirdt vber euch Rache
Gott der Vatter hat seinen Sohn Jesum eingesetzet zu einem Richter der Lebendigen
vnd der Todten. Er ist der da spricht / die Rache ist mein / ich will vergelten.
Hie ists noch nicht recht Zeit alles zu rächen. Aber in seiner Zukunfft wirdt er
Rache üben / daß die Gottlosen werden leyden müssen Pein vn
Verderben. Auff solche Weise wirdt hie im Text der ewige Todt beschrieben. Der
wird ein Vntergang vnd Verderben genennet / nicht als wann von euch Gottlosen
nichts mehr würde vberbleiben / das leyden könte / weder Leib noch Seel. Deß
möchtet jhr frohe seyn. Aber nicht so. Es wird ja bleiben müssen Leib vnd Seel /
aber Todtes-Angst müssen sie leyden / jmmer vnd ewiglich. Sie werden in einem
Schlam versincken / vnnd nimmermehr zum Grunde komen. Es ist
Verderbens genug / daß jhr als ein Gstanck vnd Aaß da ligen müsset in der Höllen
/ von Gott abgeschieden / ohne Hoffnung / in Ewigkeit mit jhm vereiniget zu
werden. Damit seyd jhr ewres Lebens beraubt. Das wird nicht ohne Peine seyn. Die
heylige Schrifft braucht mancherley Art / die Höllische Pein zubeschreiben /
insonderheit setzet sie zweyerley / Wurm vnnd Fewr. Der Wurm bedeutet inwendig
das Nagen deß Gewissens. Das Fewer wird äusserlich peinigen / welches durch Leib
vnd Seel / Marck vnd Beyn dringen wirdt. Alle Pein aber vbertrifft die Ewigkeit
/ daß kein Auffhören da ist / ja keine Linderung. Solte es sechs oder mehr
tausent Jahr weren / könte man noch Trost vnnd Hoffnung haben. Aber Ewigkeit /
Ewigkeit wie lang werestu? Wann Gott vns mit harter Leibes Schwachheit zusetzet
/ daß wir grosse Pein empfinden / gedencken wir offt / es wird bald vbergehen.
Aber was will ein Verdampter gedencken?
Wer solte aber wol der Peiniger seyn? Deß Satans wirdt en die Gottlosen für GOTT. Ihr müsset vber euch fahren
lassen den fewrbrennenden Eiffer / vnnd leyden / daß GOtt mit Blitz
Eines fället in vnserm Text noch für / welches in der Betrachtung der künfftigen
Verdamnuß nicht für über zugehen / nemlich / die Zeit. Denn diese schwere Rache
wird an den vnseligen Menschen geübet werden eben zur selben Zeit / wann der
HERR JEsus kommen wird / daß er herrlich erscheine in seinen Heyligen / vnnd
wunderbar in allen Glaubigen. Das wird ein blödes jämmerliches Nachsehen bey den
Verfluchten erwecken / wie dann auch vnser HERR andeutet beym Luca am 13.
Lasset vns nun auch mit wenigem besehen die Herrligkeit der Frommen / welches das
dritte Stuck war / so vns bey der letzten Offenbarung
Wer wird sich doch wol der zukünfftigen Herrligkeit zu frewen haben? Es werden
hie genennet Glaubige vnnd Heylige. Die dem Zeugnuß der Apostel Glauben geben.
Der HERR JEsus wirdt herrlich vnnd wunderbarlich erscheinen in seinen Heyligen
vnd in allen Glaubigen. Sintemal man vnserm Zeugnuß an euch hat Glauben gegeben.
Dann die Glaubigen haben die Verheissung deß ewigen Lebens / nicht aber die
nichts mehr als einen Mundglauben haben / sondern die sich in jhrem Glauben
geheyliget haben. Dann der Glaube muß nach den Zeugnussen vnd Beschreibungen der
Aposteln gerichtet werden. Daher die alleine für Rechtglaubige zu halten seyn /
die in der Erkändtnuß JEsu Christi in täglicher Busse durch Christi Todt sich
mit GOtt versöhnen / vnd durchs Blut JEsu Christi jhr Gewissen reinigen von den
todten Wercken / zu dienen dem lebendigen GOtt. Es muß beym Glauben ein Vorsatz
seyn wieder das böse zu streiten / vnd dem guten nachzujagen. Darauß folget /
daß in dem Augenblick / darinnen ein Sünder sich in Sünden mit Wissen vnnd
Willen ergetzet / er sich der Seligkeit verlustig mache. Es kompt ja wol / daß
die Heylige in jhnen empfinden vnreine weltliche Gedancken / aber mit Vnwillen /
vnd wann sie derselben inne werden / wiederstreben sie. Diese Eygenschafft deß
heyligmachenden Glaubens muß nicht ausser acht gelassen werden /
Die jhr nun habt das Zeugnuß eines guten Gewissen / mercket auff / was jr zu
erwarten habt: Der HERR JEsus wirdt kommen / vnd herrlich erscheinen in seinen
Heyligen / vnd wunderbarlich in allen Glaubigen. Vnser HErr JEsus wirdt zwey mal
verkläret / erstlich in jhm selbst / wann jhme Göttliche Majestät vnd
Herrligkeit in seiner Aufferstehung geschencket ist / davon er redet Johan. 17.
Verkläre mich Vatter bey dir
Daß aber Paulus auch hie noch mals der Zeit gedenckt / vnd spricht: Der HERR
JEsus wird herrlich vnd wunderbarlich erscheinen in allen seinen Heyligen vnd
Glaubigen / eben an demselbigen Tage; damit wird nochmal angedeutet / daß den
Verdampten keine geringe Peine bringen werden / wann sie anschawen müssen die
wunderbarliche Herrligkeit Christi in den Heyligen: vnd hinwiederumb / daß es
mit zur Herrligkeit der Kinder GOttes gehöre / daß sie anschawen das Gericht
derer die jhnen vnd Christo feind gewesen seyn. Sie werden hinauß gehen / vnnd
schawen die Leichnam der Leute / die an mir miß handelt haben. Dan jhr Wurm wird nicht sterben / vnd jhr Fewer wird nicht verlöschen / vnd
werden
Was hat vns nun Paulus in dieser Lection lehren wollen? Er will so viel sagen. So jhr lieben Christen so starck im Glauben geworden / daß jhr vmb Christi willen viel Vngemach gedultig leyden könnet / das ist lobens werth / dafür hat man GOtt zu dancken. O wie selig seyt jhr! Wie werdet jhr so herrlich erquickt werden nach ewrer Mühe? Hingegen wie vnselig seynd die böses thun / vnd vmb Christi willen kein Vngemach leyden wollen! Angst vnd Trübsal wirdt sie vberfallen vnnd drucken ewiglich. Darumb werdet nicht müde / sondern vielmehr nehmet jmmer zu im Wercke deß HERRN.
Das fasse zu deinem Trost du glaubige Seele / wann du Vngemach bey deinem
Christenthumb leyden müssest. Dieser Zeit leyden ist nicht werth der Herrligkeit
/ die an vns wirdt offenbaret
Es ist eine schwere Anfechtung / wann einer / der wol weiß was deß HErrn Wille ist / entweder sich muß der Welt gleichförmig machen / oder Schimpff leyden. Da fällt manche fromme Seele dahin. Als wann einer nach dem Exempel Christi soll vnverschuldete Schläge leyden / vnnd nicht wieder schlagen. Da gedenckt ein ehrliebender Mensch; was soll ich thun? Leyde ich diß / so hab ich Spott vnnd Schimpff; reche ich mich / so erzürne ich GOTT: Nun so ists dennoch kein Thor / der GOtt bey jhm lässet viel gelten. Mustu darüber Verachtung leyden / so gedenck: Das ist ein gewiß Zeichen / daß GOtt recht richten werde. Wann dich die Menschen beschimpffen / wirdt dich GOtt deß zu höher ehren.
So der heylige Geist hie hoch durch Paulum rühmet / wann die Christen in vielfältiger Trübsal / Gedult vnd Glauben üben / so gedenck / wie viel herrlicher das Lob lauten wirdt / wann Christus auß seinem Göttlichen Munde vnmittelbar wird vnsern Ruhm hören lassen: Ich bin veracht gewesen / du hast mich nicht verworffen.
Derwegen seyd auch ermahnet / jhr Christen Hertzen / daß jhr
Es muß Christus hie bey der Welt nichts gelten. Hie verkaufft man jhn vmb
dreyssig Silberling / das ist / vmb eine Handvoll Ehre / vmb den eygnen Sinn /
vnversöhnlichen Zorn / vmb ein Stück Brodes. Dort aber / wann er erscheinen wird
mit den Engeln seiner Krafft / wirdt er so gering nicht gelten. O welch ein
herrlicher Ruhm wirdts seyn / wann Christus sprechen wirdt: Diß hast du mir zu
lieb gethan / das hastu mir zu Liebe erduldet. Was aber wirdts für ein Ruhm seyn
/ wann der König sagen wirdt: Sihe ich habe mich dir zu erkennen gegeben / du
aber hast mich verworffen vmb deines Zorns willen / vmb ein Bißlein Brodt / vmb
ein Handtvoll Ehr. Weiche von mir / du Verfluchter. O der schweren Pein / die
auff Vngehorsamb folgen wirdt! O der seligen Herrligkeit / welche die Gedult der
Glaubigen krönen wirdt! An Statt deß Fewres / darinnen die Gottlosen werden
braten vnnd brennen / werden die Gottseligen mit Göttlichem Glantz bekleydet
werden. Es muß doch erfüllet werden der Wunsch deß Heyligen
sechtzigsten Psalm: Wie das Wachs zerschmeltzt vom Fewer / so müssen vmbkommen
die Gottlosen für GOTT. Die Gerechten aber müssen sich frewen vnd frölich seyn
für GOtt / vnnd von Hertzen sich frewen. Wo wirdt da bleiben das Ansehen der
Gottlosen? Wo wirdt bleiben das Elend deß Gerechten? Wie wirdt vns da schmecken
der süsse Wein den wir getruncken haben? Wo wird bleiben die Bitterkeit / die
GOtt vns hie eingeschenckt hat? Wo wird da Lachen seyn? Wo wird Weynen seyn?
Darumb / meine Lieben / seyd veste / vnbeweglich / vnd
V. 3. WIsset das auffs erst / daß in den letzten Tagen kommen werden Spötter / die nach jhren eygenen Lüsten wandeln.
V. 4. Vnd sagen / wo ist die Verheissung seiner Zukunfft. Dann nach dem die Vätter entschlaffen sind / bleibets alles / wie es von Anfang der Creaturen gewesen ist.
V. 5. Aber Muthwillens wöllen sie nicht wissen / daß der Himmel vor Zeiten auch war / darzu die Erd auß Wasser vnd im Wasser bestanden durch GOttes Wort.
V. 6. Dennoch ward zu der Zeit / die Welt durch dieselbigen mit der Sündflut verderbet.
V. 7. Also auch der Himmel jetzundt vnnd die Erde / werden durch sein Wort gesparet / daß sie zum Fewer behalten werden / am Tage deß Gerichtes vnd Verdamnuß der Gottlosen Menschen.
V. 8. Eines aber sey euch vnverhalten / jhr Lieben / daß ein Tag für dem HERRN ist / wie tausent Jahr / vnnd tausent Jahr / wie ein Tag.
V. 9. Der HERR verzeuhet nicht die Verheissung / wie es etliche für einen Verzug achten / sondern er hat Gedult mit vns / vnnd will nicht daß jemand verlohren werde / sondern daß sich jedermann zur Buß bekehre.
V. 10. Es wird aber deß HERRN Tag kommen / als ein Dieb in der Nacht / in welchem die Himmel zergehen werden mit grossem Krachen: Die Element aber werden für Hitze schmeltzen / vnnd die Erde / vnnd die Werck die darinnen seynd / werden verbrennen.
V. 11. So nun das alles soll zergehen / wie solt jhr dann geschickt seyn mit heyligem Wandel / vnd Gottseligem Wesen?
V. 12. Daß jhr wartet vnnd eylet zu der Zukunfft deß Tages deß HERRN / in welchem der Himmel vom Fewer zergehen / vnnd die Element für Hitze zerschmeltzen werden.
V. 13. Wir warten aber eines newen Himmels / vnd einer newen Erden / nach seiner Verheissung / in welchen Gerechtigkeit wohnet.
WIE Petrus / sampt allen andern Aposteln jhre Heylige Schrifften zu dem Ende der
Christenheit haben hinterlassen / daß sie darinnen durch gute vnnd heylige
Erinnerung erwecken vnsern lautern Sinn; Also seynd auch alle Predigten durchs
gantze Jahr dahin gerichtet / daß in vns
Es heist aber ein lauterer Sinn / der nach GOttes Worternewert ist // eben wie
ein vnreiner vnd verkehrter Sinn ist / der auff GOtt nicht will sehen / sondern
der Welt Weise / vnd seinem eygenen Dunckel folget / da dann der Sinn so viel
vnreiner wird / so viel der Mensch dem eygnen Sinn folget. Wann aber der eygner
Weltsinn erstirbet / vnd der Verstandt vnnd Will deß Menschen von GOttes Wort
erleuchtet / von allen Dingen / gegenwärtigen vnd zukünfftigen / jrrdischen vnd
himlischen / zeitlichen vnnd ewigen so viel hält / als GOttes
Wort zeyget / so ist der verkehrte Sinn geläutert. Ein solcher Mensch kan die
Welt richten / nach
Nun haben alle die Christen heissen / nicht gleich lautern Sinn; Ein groß Theyl
führet einen verunreinigten Sinn / welche noch etwas gutes zulassen; der
grösseste Theil hat einen verlöschten Sinn / bey welchen das rechte selige
Erkäntnuß verlöschet vnd verloren; wenig wenig bleiben vber / mit eine lautern Sin. Daher muß der H. Geist in der
Gemeine Christi jmmerdar arbeyten durch stätige Erinnerung zu erwecken vnd zu
ermuntern einen guten lautern Sinn. Dahin gehen alle Predigten die ein Jahr nach
dem andern in GOttes Gemein gehalten werden / darinnen bearbeytet sich der H.
Geist durch stätige Erinnerung bey denen / die noch verkehrtes
Solche heylige Erinnerung seynd so viel nöthiger / so viel grösser die Gefahr ist von Verführung der Verkehrten. Dann wie Christus nicht auffhöret seine Kirche zu bawen / so feyret auch der Satan nicht seine Cappel groß zu machen / vnd zuerfüllen mit einem Hauffen verkehrter Menschen / die grosse Krafft haben mit Wort vnnd Wandel zu verkehren einen lautern Sinn. Daher dann Petrus da er will anzeygen / wie nötig es gewesen sey / daß er durch heylige Erinnerung der Christgläubigen lautern Sinn erwecke / setzet er diese Wort: Daß solt jhr zu erst vnd für allen Dingen wissen / daß in den letzten Tagen kommen werden Spötter / die nach jhren eygenen Lüsten wandeln / vnd sagen: Wo ist die Verheissung seiner Zukunfft?
Damit werden wir geführet auff den Vrsprung deß verkehrten Sinns vnter den Christen. Fragt man / woher kompts / daß so viel Predigten / vnnd so viel guter Erinnerungen deß heyligen Geistes nichts schaffen bey der verkehrten Welt / also daß sie bey so viel eyfrigen Predigten offt ärger als besser werden? So findet sich hie die Antwort: Sie sagen: Wo bleibt die Verheissung seiner Zukunfft. Das ist; Sie setzen das künfftige Gericht auß den Augen. Das macht die Bahn zur Vnachtsamkeit / vnd endlich gar zur Sicherheit.
Daher ist wol verordnet / daß zu Nachdruck aller Predigten / so durchs gantze
Jahr gehalten werden / das Kirchen Jahr mit Erinnerungen deß Endes der Welt /
vnnd deß jüngsten Gerichts geschlossen werde. Damit die Hertzen ermuntert werden
/ nicht auß dem Sinn zu schlagen / was sie das Jahr vber auß GOttes Wort gehöret
haben. Dan das solt jhr wissen / daß gewiß eine Zeit komen
So beschliessen wir auch auff diß mal das Kirchen Jahr / vnd vnsere Apostolische
Erinnerunge / mit einer Betrachtung vom Ende der Welt / nach den Worten deß
heyligen Petri in vorgenomener
SChröcklich ists in den Ohren frommer Christen / so einer offenbarlich läugnet
ein künfftiges Gericht / die Aufferstehung der Todten / vnnd der Seelen
Vnsterbligkeit. Ein frommes Hertz entsetzet sich darüber / allermeist / wann es
gehöret wird von solchen Leuthen die vnter Christen leben. Solche Lehr / vnd
Reden sollen geführet haben zur Zeit Christi vnter dem Jüdischen Volck die
Sadduceer. Solten aber vnter Christen dergleichen en werden
Spötter / die nach jhren eygnen Lüsten wandeln / vnd sagen: Wo ist die
Verheissung seiner Zukunfft? Dann nach dem die Vätter entschlaffen sind / bleibt
es alles / wie es von Anfang der Creaturen . Solcher Leute wirdts gar viel geben zur letzten Zeit. Es finden
sich wol allezeit sichere Menschen / aber zur letzten Zeit nahe für dem Ende
wird insonderheit grosse Sicherheit seyn. Daß auch Christus sagt: Meynstu / daß
ich Glauben finden werde auff Erden
Was meynen wir dann? Solten nicht vnter Christen Sadduceer gefunden werden; die
da sprechen / wo bleibt die Zukunfft? Man hat lang vom jüngsten Tag gepredigt /
da ist noch kein jüngster Tag gekommen. Seynd nicht vnter vns / die nach jhrem
eygnen Sinn leben / die Furcht GOttes nicht achten? Das müssen wir ja gestehen.
Das seynd aber in jren Hertzen rechte Sadduceer / vnd da sie mit jhrem Munde das
künfftige Ende nicht verlaugnen können / verstopffen sie doch in jhren Hertzen
solch Erkändtnuß / durch die fleischliche Lüst / vnd setzen das Ende weit auß
den Augen
Solchen Sadduceischen sichern Gedancken entgegen / versichert vns Petrus deß
gewissen Endes; vnd spricht: Muthwillens
Es hält Petrus gegeneinander den ersten vnd letzten Vntergang der Welt; vnd redet als wann vorher eine andere Welt gewesen were / als nun ist. Welches dann nicht dem Wesen nach / sondern der Zeit nach zuverstehen ist. Er gibt vns zubedencken / wie die Welt nicht ewig gewesen / auch nicht so geblieben / wie sie von Anfang der Creaturen gewesen / auch nicht in gegenwärtigem Stande ewig bleiben werde.
Bey solchem Bericht ist zubedencken Erstlich die Erschaffung vnd Bereytung der
Welt / daß die Himmel vor Zeiten geschaffen seyn durchs Wort GOttes / darzu auch
die Erde / welche ist bestanden auß dem Wasser vnd durch daß Wasser. Wir werden
gewiesen auff den Anfang der Welt / den Moses beschreibet: Im Anfang schuff GOtt
Himmel vnd Erden / vnd die Erde war wüst / vnd leer / vnnd es war finster auff
der Tieffe / vnnd der Geist
Damit wirdt vns eine solche Ordnung der Schöpffung gezeyget. Im Anfang war nichts dann GOtt / vnnd derselbige Ewiger GOtt hat auß nichts gemacht alles sichtbare vnd vnsichtbare. Vnd zwar was anlanget das Wesen der leiblichen Welt / hat er zu erst auß nichts heissen hervor gehen / einen vngeheuren Klumpen / den Moses nennet eine wüste vnnd leere Erden / ein finsteren Abgrund vnnd Wasser. Man möcht es heissen einen auß Erd vnnd Wasser durchauß vermischten Brey / der nicht bloß Wasser noch Erde gewesen: Auß diesem Klumpen hat GOtt hernach die Welt formiret / vnd abgetheylet in drey Theyl / Himmel / Erd / vnd Wasser. Dann erstlich hat er die Veste bereytet / vnnd eine Außdenung / welche man sonst heißt Lufft vnnd Himmel. Hernach hat er die Erde von dem Wasser gescheydet / vnnd / wie im 24. Psalm geschrieben steht / den Erdboden an die Meere gegründet / vnnd an den Wassern bereytet. Darauß dann kan verstanden werden / was Petrus will / wann er spricht; die Himmel seyn vor Zeiten geschaffen / dazu auch die Erde / welche ist bestanden auß dem Wasser vnnd durch Wasser. Das ist; der Erdbodem ist auß dem Wasser herfür gangen / vnd an die Wasser gegründet. Solches alles ist geschehen von Anfang vor langen Zeiten / vnnd zwar durchs Wort / durch den gütigen Willen vnd Befehl GOttes.
Hieher ist abzunehmen / wie leicht es GOtt sey / die Welt durchs Wort wieder
auffzulösen / die er durchs Wort gebawet hat; wie er dann auch bereyts bey der
ersten Welt es gezeyget hat / die mit dem Wasser der Sündflut verderbet / vnnd
das ist das ander / dar auff wir hie geführet werden. Dann wie die Erde auß dem
Wasser vnnd durch das Wasser bestanden ist / also ist auch die damals war /
durchs Wasser vberschwämmet vnnd verderbet. Das Wort daß GOtt gesprochen: Es
samble sich das Wasser an absonderliche Orthe; bleibet vnnd hat noch seine
Krafft; dadurch das Meer in seinen Vfern vn Grentzen verschlossen
wird. So bald aber GOtt sein Wort vnd Willen ändert / vnnd dem Wasser ruffet; so
muß es wieder kehren. Also ist auffs Wort deß HErrn das Wasser auß dem Lufft
Himmel herab gestürtzet / vnd auß dem Meer herauß gestiegen / vnd auß der Erden
allenthalben herauß gedrungen / vnnd mit einer grossen Fluth die Erde
vberschwämmet / also daß es wie eine Mawr viel Elen hoch vber die höchste Berge
gestanden / vnd damit ist die erste Welt verderbet. Dann in dem die Erde von
Menschen / Gevögel vnnd andern Thieren entblöset / vnd mit Wasser vberschwämmet;
hat sie jhre Zierde / vnd die Natur jhre Ordnung verloren.
Hier mit werden wir fürs dritte erinnert deß letzten Vntergangs. Dann die Himmel
die jetzt seyn / vnd die Erde werden durch sein Wort gesparet / daß sie zum
Fewer behalten werden / am Tage deß Gerichtes / vnd Verdamnuß
Solches aber wirdt geschehen durchs Fewer. Dann nach dem GOtt einmal die Welt
verderbet durch Wasser / hat er
Die Krafft kompt abermal auß dem Wort Gottes: Dann die Himmel die jetzt seyn / vnd die Erde werden durch sein Wort gesparet / daß sie zum Fewer behalten werden. Wann GOtt sein allmächtiges vnd allerhaltenes Wort einhält / so muß alle Ding von jhm selbsten zergehen / vnd in sein nicht zerfliessen. So bedarff nun GOtt keines Fewres / damit die Welt verzehret werde. Er darff nur sein Wort / dadurch er die Welt erhält / inhalten / so würde die Welt kein Bestandtnuß mehr haben / sondern im Augenblick verschwinden vnd zergehen. Daß aber die Welt noch stehet / das hat sie von der erhaltenden Krafft deß Worts. Doch aber so wird sie dadurch nur gesparet / nicht daß sie ewig bleibe / sondern daß sie dermal eins vom Fewer gefressen werde / auch auffs Wort deß HERRN: Vnd dasselbe zum Schrecken der Gottlosen.
Dann es wird diß schröckliche Fewer angezündet werden / am Tage deß Gerichtes /
vnd Verdamnuß der Gottlosen Menschen. Es wird ein Tage seyn / darinn zugleich
beydes die Welt wird verbrennen / vnnd die Gottlosen gerichtet vnnd verdammet
werden. Das gereycht zum Schrecken der Spötter / die nach jhren eygnen Lüsten
leben / vnnd sprechen / wo bleibt die Verheissung seiner Zukunfft? Er wird ja
kommen / aber erschröcklich
Also folget nun eins auffs ander. Die Welt die vormals nicht war / ist im Anfang auß nichts durchs Wort erschaffen vnd bereytet. Durch dasselbe Worthat Gott sie können zur Zeit Noe / mit der Sündflut verderben; durch dasselbe Wort wird er sie auch mit Fewer verbrennen.
Aber darauff mercken die Spötter nicht / Muthwillens wollen sie es nicht wissen. Sie wollens nicht bedencken / wie GOTT der Schöpffer die Erde im Wasser erhalten; sie wollen nicht erkennen / daß diß alles in GOttes Hand stehe; wie Gott sein Wort einmal wahr gemacht durchs Wasser / vnd wie ers auch ebner massen durchs Fewr thun könne. Sie wissens / vnnd können es nicht läugnen; Muthwillens aber wollen sie es nicht bedencken / vnd achten.
Fragt man dann; es ist gleichwol lang daß es zuvor verkündiget ist; wie kompt daß
es so lange außbleibet? So antwortet Petrus müssen anheben zu zehlen von einer Stunden biß zur
andern / von einem Jahr biß zum andern: Für Gott ist keine Rechnung der Zeit /
sondern es stehet jhm alles gegenwärtig für Augen auff einem Hauffen / also daß
jhm der erste vnnd letzte Mensch gleich nahe ist. Das bildet man für in solcher
Gleichnuß. Wann du einen hohen Baum von ferne ansihest / so sihestu vnd Zweigen. Stehestu aber nahe
beym Baum / kanstu es nicht thun. Wer weiß / was den Ausserwöhlten widerfahren
wirdt / wann sie zur Göttlichen Geniessung kommen? Ob nicht bey jhnen alles ein
Tag / eine Stunde / ein Augenblick seyn wird. Gewißlich wird solche Zeit
Rechnung auffhören / als wir nun haben; vnd wird bey dem seligen Anschawen
Gottes jhnen keine Zeit lang werden. Gedencke ja nicht / daß den Seelen der
Menschen / die für tausent Jahren gestorben / oder deiner eygnen Seelen / wann
auch noch viel tausent Jahre nach deinem Todte die Welt stehen würde / die Zeit
bey Gott lang werden werde. Ich achte / vnnd haben es andere heylige Leute vor
mir geachtet / daß der Mensch nach seinem seligen Todte in seiner Aufferstehung
keine Zeit wird mercken können / also daß der Mensch für tausent Jahren
gestorben in seiner Aufferstehung gedencken möchte: Wie gehet das zu? Bin ich
doch nun allererst gestorben? Ist eben wie mit einem schlaffenden Menschen.
Hat es nun für Menschen Augen das Ansehen / als were es lange biß zum Jüngsten Tage / so ists doch für GOtt nicht lange. Die Menschen Kinder achten wenig Jahr für lange Zeit. Vor GOtt seynd tausent Jahr / eine gar geringe Zeit. Vnnd solte die Welt noch stehen etliche tausent Jahr / würde es doch eine geringe Zeit für GOtt seyn.
Fragt man dann weiter / warumb will dann GOtt nun nicht mit der Welt ein Ende
machen / weil es für jhm eben so viel ist / als wann ers vber tausent Jahr thue?
So antwortet Petrus fürs ander: Der HERR verzeucht nicht die Verheissung /
wie lebe. Sehet an ein Vatter vnnd
Mutter Hertz / was solten sie wol thun / wann sie klug weren / vnnd köndten jhr
Kind auß ewiger Verdamnuß erretten? Was ist vnsere Liebe gegen GOttes Liebe /
vnser Vatter oder Mutter Hertz / gegen GOttes Vatters Hertz / der der rechte
Vatter ist / vber alles was Kinder heist / im Himmel vnd auff Erden? Daher ist
er viel mehr begierig zu vnser Seligkeit / als ein Mensch seyn kan. Vmb solcher
Begierde willen ist er langmütig / vnd hat Gedult mit vns / ob wir vielleicht
vmbkehren vom bösen
Dieses ist geantwortet auff die Frage / warumb der jüngste
Erstlich wird der Tag deß HERRN kommen vnversehens / wie ein Dieb in der Nacht;
Eben das wirdt auch gesagt 1. Thess. 5. Ihr wisset gewiß / der Tag deß HERRN
wird kommen / vnbußfertigen Hertzen jhm selbst den Zorn
auff den Tag deß Zorns / vnd der Offenbahrung deß gerechten Gerichts GOttes.
Vergebens warnet vns vnser lieber Heyland nicht / Matth. 24. Das solt jhr wissen
/ wann ein
Weiter fürs ander / wirdt der Tag deß HErrn schröcklich seyn / dann alles wird
stehen vnd vergehen im Fewer. 1. Die Himmel werden zergehen mit grossem Krachen.
Wie ein grosses Gebäw daß einfällt; oder wie vieltausent Tonne Pulver / die vom
Fewer angehen vnd zerspringen. 2. Die Element werden für Hitze schmeltzen. Dann
sie werden brennen / vnd durch den Brand gelöset werden / vnnd wie Bley
zerschmeltzen / vnnd in dem sie schmeltzen verschwinden. 3. Also absonderlich
wirdt verbrennen die Erde / wie auch alle Werck die drinen sind /
es seynd natürliche Werck / als Thier vnnd Bäume; oder Menschen Werck / als
Häuser / Kleinodien / vnd andere Kunststücken.
Wozu dienet solche Betrachtung? Petrus lässet den Nutz
Was er kurtz zuvor von dem Vntergang der Welt gesagt /tu; interitus veteris, &
creatio novi.
Was ist aber das für Lust / daß wir darauff mit Verlangen warten solten? Freylich
/ wann nichts mehr dabey were / hätten wir schlechte Vrsach auff diß Ende zu
warten. Aber merckt was noch
Hie fällt eine Frage für: Ob GOtt am Ende der Welt diesen leiblichen Himmel vnd
leibliche Erde dem Wesen nach werde erhalten / vnd nur durch Fewer dieselbigen
durchläutern / wie man Bley oder Zinn läutert / vnd also einen newen Himmel /
vnnd eine newe Erde schaffen werde. Es haben Gottselige Männer diese Gedancken;
es werde Himmel vnnd Erden im Fewer zergehen / vnnd zu Aschen verbrennen / doch
aber werde GOtt auß derselben Aschen den versprochnen newen Himmel / vnd newe
Erde erschaffen. Daß Himmel vnd Erden im Fewer müssen zergehen / bezeuget die
Schrifft; daß GOtt einen newen Himmel vnnd eine newe Erden schaffen werde /
bezeuget die Schrifft auch; daß aber der newer Himmel vnd newe Erde / auß der
Aschen der vorigen Welt soll erschaffen vnd gebawet werden / sagt die Schrifft
nicht / drumb ists nicht noth zu glauben. Vielmehr achten wir / daß wie anderswo
offt / die künfftige himlische Herrligkeit mit leiblichen Farben
wird fürgemahlet / als ein new Land / daß vnter den zwölff Stämmen Israels
außgetheylt wirdt / vnd als ein newes Jerusalem / vnd köstliche Statt in einem
lustigen Lande; also werde auch hie auff lischen Wohnung geredet. Dann ein einfältiger Verstandt kan sich
eine Wohnung nicht besser einbilden / als auff Erden vnd vnter dem Himmel; daher
beschreibt Gott den Orth der Seligkeit in seiner Verheissung also / als wann es
auch eine Erd vnter dem Himmel were; aber eine newe Erden vnnd newer Himmel /
gantz anders als diese Erde / vnd dieser Himmel. Es bekräfftiget vns / daß in
der Offenbahrung Johannis am 21. im
Fraget man aber was dann diß für eine newe Welt seyn werde / so antwortet die
Schrifft: Es hat kein Auge gesehen / vnd vnnd kein Ohr gehöret / ist auch nicht
auff eines Menschen Hertze gefallen / was GOtt bereytet hat / denen
Petrus setzet zur Beschreibung der newen Welt auch diß hinzu: Es wird
Gerechtigkeit darinnen wohnen. Ist eine Erklärung dessen / daß Esaias saget: Es
sollen nicht mehr da
Diß ist die newe Welt darauff wir hoffen. Wir hoffen eines newen Himels vnd einer newen Erden. Wir haben das Recht dazu / aber noch nicht die
völlige Besitzung. Darumb hoffen wir / nach vnsers Gottes Verheissung.
Auff diesen wolgelegten doppelten Grund / vom Vntergang der gegenwärtigen Welt /
vnd Hoffnung einer newen / bawet der H. Geist solche Vermahnung. Ach! Wie solt
jhr doch geschickt
Damit wird erfordert vor erst ein Gottselig Verlangen nach dem Tage deß HERRN / an welchem alle Verheissung erfüllet werden / vnd vnsere Hoffnung gäntzlich wird ersättiget werden. Wer aber auffs künfftig will schawen / der muß das gegenwärtige verachten. Die jhr Hertz erfreyen von dieser Welt / vnd mit demselben vber sich gehn Himmel steigen / die lauffen diesem Tag deß HERRN entgegen.
Zum andern wird erfordert ein heyliger Wandel. Wir müssen Fleiß anwenden / daß
wir mit heyligem Wandel / vnd Gottseligem Wesen vnsträfflich vnnd vnbefleckt für
GOtt im Frieden
Wie ist aber solches müglich / in allem Wandel solchen Fleiß zubehalten? Gar wol
ists müglich / aber nach der Regel Pauli / zun
Solcher heyliger Wandel in heyligem Verlangen / entstehet / vnnd soll entstehen
auß hertzlicher Betrachtung der künfftigen Veränderung: Dann so die gantze Welt
mit solchem Vngestüm wird verbrennen / wirdts ja nicht sicher
seyn / der Welt dienen. So ein newe Welt folgen wird / darinnen Gerechtigkeit
wohnet / müssen wir ja allen Fleiß anwenden / daß wir selbst durch fleischliche
Befleckung vns von dieser Wohnung der Gerechtigkeit nicht außschliessen.
Es beschliesset Petrus diese Vermahnung mit solchem Spruch: Die Gedult vnsers
HERREN achtet für ewer
Vnd das ist eben der Zweck vnnd die Summa dieser Vermahnung; Nemblich; weil alles so schröcklich wirdt vergehen müssen / vnnd GOTT dargegen einen newen Himmel / vnd eine newe Erde vns wird eingeben / sollen wir in allem Wandel vnd guten Wercken Fleiß anwenden / vnbefleckt vnnd vnsträfflich für GOTT zu erscheinen im Friede / mit Frewdigkeit eines guten Gewissens; vnnd sollen mit heyligem Verlangen warten auff die Erscheinung seiner Zukunfft. Vnd so vns die Zeit darüber lang wird / sollen wir gedencken an die Langmuth Gottes / dadurch Gott vnser noch wartet zur Seligkeit.
Dieses alles verwahr nun die glaubige Seele zu jhrem besten / vnd lerue vor erst für wahr seyn / daß das Wesen dieser Welt einmahl zergehen werde. Wie GOtt mit eim Wort die Welt auß nichts erschaffen / also wird er sie auch mit eim Worte wider zu nichte machen. Wie er die erste Welt durch Wasser verderbet / so wird er diese jetzige Welt mit Fewer verbrennen. Die Erde vnnd alle Werck die darinnen sind / werden mit Fewr verzehret werden. Darumb gewehne dich all jrrdisch Gut also anzusehen / als daß einmal verbrennen muß. Du bawest oder pflantzest; so gedenck dabey; sihe diß thue ich / oder habs gethan zu meinem vnd der Nachkommenden Nutzen / ist aber ein Werck / das muß vergehen. Die Erde vnd die Werck die drinnen sind verbrennen / wir erwarten aber einer newen Erde.
So wir nun solches für wahr achten / sollen wir hernach vns auch stäts bereyt
halten gegen dem Tag deß HERREN. Darzu gehöret erstlich / die newe Welt also ins
Hertze fassen / daß man der alten vergesse. Ich sage nicht / daß man Reichthumb
/ Ehr / vnnd weltlich Gewalt verwerffen soll. Es seynd Gaben GOttes. Ein
Kauffmann gedencke in seiner Kauffmanschafft / daß er damit auch dem Nächsten
diene; daß der Nächster solches Gewerbes / vnd der jrrdischen Güter von nöthen
habe; vnd daß er von GOtt dazu beruffen / mit solchem Gewerbe vmbzugehen. Ein
Regent gedencke lischen darüber vergessen wird / das ist vom
bösen Ingleichem / so einer Mangel hat an zeitlichen Gütern / vnd will sein
Hertz nicht befriedigen mit dem Himlischen / sondern trachtet nur
jmer nach dem Irrdischen / das ist wieder vom bösen.
So fasset nun also das Ewige / daß darüber die Liebe deß Zeitlichen sich
verliere. Dann die Welt vnnd alles was darinnen ist / wird verbrennen. Es
arbeytet niemand gern vergebens. Die Schwalb will nicht gerne / daß jhr Nest
zerstöret werde; vnnd die Spinne will nicht gerne / daß jhr gewebtes zerrissen
werde. Die jhr der Welt anhanget / jhr bawet euch auff der Erden Häuser von Koth
/ vnnd würcket Spinnewebe. Die Welt vergehet mit allem was darinnen ist / als
dann wird auch ewre Arbeit vergehen. Wann eine Spinne jhr Werck gespunnen von
einer Wand zur andern / vnd beyde werden fallen ein / muß auch die Spinnewebe
mit fallen. Also wann die Erde wirdt in einen Hauffen fallen / wirdt zugleich
mit fallen / alles was der Erden anhanget. Wann nun diß alles zergehet / was
nutzet euch alle ewre Sorg vnd Arbeit? Das werden die Verdampten berewen / wie
jhre Klage auffgezeichnet ist im Büchlein der Weißheit: Was hilfft vns nun der
Pracht?
Es were aber noch ein gerings / vergebens gearbeytet haben / wann nicht ein ander
Vnglück dabey wer. Die dieser Welt nachlauffen / die fliehen von jener newen vnd
himlischen Welt. Dann so lang das Hertz der Erden anhangt /
kan es nicht vber sich gen Himmel erhoben werden. Da muß es dann deß himlischen Gutes in Ewigkeit entperen.
Darumb liebe Seele / ergreiff das Himlische / also / daß du auch
alles Weltliche dargegen geringschätzig achtest / dann auch die Natur lehret /
das grösseste vnd beste Gut / dem geringern vorzuziehen. Wann die Sonne mit
jhrem Glantz herfür bricht / so verleurt sich der Schein der Sternen. Wann ein
Mensch recht zu Hertzen fasset die Schönheit deß newen Himmels vnnd der newen
Erden / wird er sich gar nicht bewegen lassen durch die Schönheit der
gegenwärtigen Erden. Alle Herrligkeit der Welt wirdt dargegen verschwinden /
vnnd zu nicht werden. Der Sathan hat
Daß du aber solche Himmelsliebende Hertzen gewinnest / ists nützlich / daß du in all deinen leiblichen Händeln vnnd Wercken gedenckest; sihe; das muß auch auffhören vnnd zergehen; wir erwarten aber eines newen Himmels vnd einer newen Erden.
Wann das Hertz also geschickt / folget an jhm selbst das ander / daß zur
Bereytung gegen den Tag deß HErrn gehöret; nemblich / sich vnbefleckt halten in
einem heyligen Wandel. Die Statt GOttes ist heylig / darinnen Gerechtigkeit
wohnet. Nichts vnreins wirdt hinein gehen. Hüte dich ja / daß du durch
sündtliche Verunreinigung in jrrgent einem Handel dich nicht vntüchtig
Wann du nun also die Verheissung der zukünfftigen Welt in dein Hertze fassest / daß du dardurch löschest die vnordentliche Weltliebe / auch dich enthältest von aller sündtlichen Befleckung / vnd bleibest allezeit im heyligen Wandel vnd Gottseligen Wesen / so gehestu nicht der Zukunfft deß HErrn entgegen.
Bey solcher heyligen Bereytung kan ein Christ auß der Betrachtung
Aber doch ist das noch ein geringes / völligen Trost zu schaffen / so man weiß / daß die Trübsal geendiget werden. Dann auch der Pferde vnd Ochsen Last ein Ende gewinnet. Es ist noch etwas besser / deß wir warten / eine newe Erde / vnd ein newer Himmel; da alles new seyn wirdt; eine Hütten GOttes vnter den Menschen. Verstehstu vnd bedenckst / was du da finden wirst / das wird Trübsal lindern / vnd deiner Seele Frewde bringen.
Laß dir vnter deß die Zeit nicht lang seyn; vergönne das der Langmuth GOttes / die dir zur Seligkeit gedienet / auch andern / die noch im Irrthumb seyn / möge zur Seligkeit dienlich seyn. Bleib aberfest bey deiner Hoffnung / vnd wache.
O HErr JEsu / laß vns deiner Erscheinung / vnd deß künfftigen grossen Tages mit Gedult vnnd Frewd erwarten / daß wir in heyligem Wandel vnd Gottseligem Wesen / vnsträfflich vnd vnbefleckt für dir erfunden werden / vnd mit Frewden für deinem Angesicht erscheinen / damit wir deine Güte vnd Barmhertzigkeit / ewiglich preisen vnd loben. Amen.
V. 29. HERR / nun lässestu deinen Diener im Friede fahren / wie du gesagt hast.
V. 30. Dann meine Augen haben deinen Heyland gesehen.
V. 31. Welchen du bereytet hast / für allen Völckern.
V. 32. Ein Liecht zuerleuchten die Heyden / vnd zum Preiß deines Volcks Israel.
WAS Christus von Abraham gesagt: Abraham ward
Simeon war seines Standes nach / nicht ein Hoherpriester / sondern ein privat Mann; doch ein recht glaubiger Christ / der da wartet auff den Trost Israels / das ist / auff den Mann / dardurch gantz Israel getröstet wird. Er tröstete sich durch den Glauben in dem Verdienst deß versprochnen Heylands. Dann ebenmässig wie wir zu dieser Zeit wieder Sünd vnd Todt vns trösten mit den Wunden Christi / der schon vnsere Sünde getragen hat; also haben die Glaubigen vor Christi Geburt wieder die Angst der Sünden sich auffrichten können / mit dem Verdienst deß versprochenen Christi / der jhre Sünde tragen würde. Nicht aber allein hat Simeon im Glauben sich deß künfftigen Christi getröstet / sondern hat auch ein hertzlich Verlangen gehabt / diß versprochne Heyl zu sehen. Es hat die glaubige Seele nichts in diesem Leben auffgehalten / als nur diese heylige Begierd / den Christ deß HErrn zu sehen. Darnach dann auch der alte Simeon so viel hefftiger verlanget / so länger dise Verheissung auffgeschoben / vnd je mehr das Erkäntnuß dieses Heyls verlöschet war.
Wie nun vnter viel tausent Israeliten / dieser einiger Simeon für allen ein
sonderlich Verlangen getragen nach der vor den
Christ deß HERRN gesehen / das ist den Gesalbten deß HERRN / nemblich das Kind /
welches GOtt erhebe vber alles / zu seyn ein ewiger Hoherpriester / der jmmer
versöhnen könne; vnd ein ewiger König / der jmmer regieren würde. Simeon hat
zwar wol gesehen / daß nunmehr die Zeit nicht weit were / alldieweil das Scepter
in Juda sich schon geneiget hatte / vnnd die Juden vnter frembder Herrschafft
waren / ohne einige Vertröstung der Wiederbringung voriger eigner Herrschafft.
In Babylonischer Gefängnuß hatten die Juden Verheissung / sie solten wieder nach
Jerusalem gebracht werden. Aber nun mehr war nichts versprochen / auch nichts
zuerwarten. Daher man leicht hat schliessen können / daß die Zukunfft Christi
nicht ferne were / insonderheit / wann man dargegen gehalten / die Weissagung
deß Propheten Daniels / von den siebentzig Jahr-Wochen. Doch hat keiner gewiß
wissen könen Zeit noch Stunde. Simeon aber wird vom H. Geist
vnderwiesen / vnnd gewiß versichert / es sey der Trost Israels nahe / Simeon
soll nicht sterben / er habe dann den Gesalbten deß HERREN mit Augen
gesehen.
Da nun das Kindlein JEsus zu Bethlehem geboren / nach Jerusalem in den Tempel
gebracht vnnd geopffert ward / sihe da kompt auch diser alter Simeon / durch
Trieb deß H. Geistes in den Tempel / sihet das Kind / erkennt es / nimpt es auff
seine Arm / vnnd lobet GOtt. Gewißlich wirdt sein Hertz so voller Frewd geworden
seyn / daß nicht Wunder were / wann er für Frewden gestorben were. Er sihet /
erkennet vnd preiset in diesem Kind ein Heyl GOttes für die gantze Welt / ein
Liecht für die Heyden / ein Ruhm vnnd Preiß für Israel. Diß Erkäntnuß macht jhn
so freymütig / daß er vergisset alles was in der Welt ist / vnd bittet nun im
Friede auffgetöset zu seyn / dann er fürchtet weder Höll noch Todt. Dieses
Lobgebett / heißt man den Lobgesang Simeonis. Darinnen können
DER kurtze Einhalt deß Simeonischen Lobgesanges bestehet in diesen Worten; ich begehre auff gelöset zu seyn / dann ich hab das Heyl deß HERRN gesehen. Also findet sich zweyerley zu erwegen / erstlich die Scharffsichtigkeit deß Glaubens in der Erkäntnuß deß Göttlichen Heyls; hernach die Freymütigkeit wider Todt vnd alles Vnglück / welches auß dieser Erkäntnuß entspriesset.
Nach dem eusserlichen Ansehen / fand Simeon nichts dann
Was macht doch den guten Alten so scharffsichtig? Wer sagts der alten Elisabeth / daß Maria schwanger / vnd eine Mutter deß Herrn were? Eben der gab auch dem alten Simeon diß Erkäntnuß ins Hertz. Nemlich der H. Geist schaffet solche Augen / die tieff ins Verborgen sehen.
Ach wie vberauß froh muß dieser Alter bey solcher Erkäntnuß geworden seyn? Dem eusserlichen Ansehen nach muß er gedencken; Sihe welch ein schwaches / armes / vnvermögenes Kindlein! der H. Geist aber schaffet jm solche Augen / daß er muß sagen: Ach sihe das ist dein Heyland! Ach wie muß sein Hertz gewesen seyn!
Da kan man lernen eine feine Art deß Glaubens / wie der auff lischen Dingen / die der Seelen Seligkeit betreffen / seyn die
Sinne nicht erschaffen / sondern da gehören Simeonis Glaubens Augen zu. So nun
einer von Sachen die man beym Christenthumb erfähret / nach seinen Sinnen
vrtheilen will / der thut als ein Mensch der durch ein blawes Glaß sihet / vnd
meynet / alles was er sihet / sey blaw. Wer klug ist / der folget mehr seiner
Vernunfft als den Augen / so er eine blawe Brüllen auff der Nasen hat, dann ob
die Augen sagen: Es ist alles blaw, so spricht doch die Vernunfft / das ist ein
Irrthumb / es ist nicht alles blaw. Also / wo du klug bist / wirstu nicht
alsbald loben in deinem Leben / was nach deiner Vernunfft / vnnd der Welt Sinn
löblich ist; sondern beschawe dich vnd dein gantzes Christenthumb / nach dem
Sinn den der Geist GOttes gibt. Thustu das nicht / handelstu gar thöricht bey
deiner Seelen. Ein glaubiger Mensch muß von sich ein solch Retzel machen: Was
ich sehe / das sehe ich nicht; vnd was ich nicht sehe / das sehe ich. Den Pracht
der in der Welt jederman für Augen ist / sihet ein glaubiger Mensch nicht an /
sondern bedenckt vor nach dem Sinn deß H. Geistes / was er davon halten soll /
vnd ob nicht eine Bitterkeit darinn stecke. Hingegen die Bitterkeit beym Creutz
Christi / die er dem Fleisch nach fühlet / achtet er nicht / sondern sihet auff
die Süssigkeit die darunter verborgen ist. Also in allen Dingen muß ein
geistlicher Mensch alles geiselich ansehen vnd vrtheylen.
Wir müssen aber dem Simeon zuhören. Was hat er für
Diß Kind heysset ein Heyland oder ein Heyl GOttes / ein grosses wahrhafftiges Heyl / welches allein von GOtt kompt / wie Simeon sagt: Welches du HERR bereytet hast. Dann in diesem kleinen Kind stecket ein so grosses Heyl / daß durch jhn die Welt erlöset / Sünd / Todt vnd Teuffel vertilget werden.
Dieses ist ein allgemeines Heyl; du HErr hast es bereytet für allen Völckern /
für dem Angesicht aller Völcker. GOtt hat es allen Menschen bereytet / daß es
allen gepredigt werde / vnd von allen erkandt werde; wie auch Esaias von diesem
Heyl geweissaget
Zum andern preiset Simeon das Kind Jesum als ein Liecht der Heyden / daß die
Heyden durch seine Offenbahrung soll erleuchten. Es sitzen alle Menschen von
Natur in Finsternuß / vnnd erkennen nicht was jhnen nutz vnnd selig ist: wir
gehen alle in der Irre / ein jeglicher hat seine eigne Wege. Wann aber Christus
in den Seelen offenbaret wirdt / so gehet ein Liecht auff / ein Liecht der
Erkäntnuß / ein Liecht der Frewden. Die Altvätter im alten Testament haben
dieses Liecht gesehen / in Fürbilden vnnd Verheissungen
Zum dritten preiset Simeon das kleine Kind als ein Preiß Israels. Israel ist
zweyerley / ein leibliches vnnd ein geistliches. Das leibliche Israel / nemblich
die von dem Ertzvatter Jacob dem Geblüte nach entsprossen / hatten sich freylich
dieses Kindes hoch zu rühmen. Es war ein Preiß für das Jüdisch Volck / wann
Christus zu dem Samaritanischen Weiblem saget: Johan am 4. Cap.. 9, 4. 5.
Das geistliche Israel seynd alle Glaubige / beydes auß Juden vnnd Heyden / alle
rechtschaffene Streiter JEsu Christi / die GOttes Verheissunge von dem Heyland
der Welt ergreiffen / damit den Zorn GOttes vnnd Schrecken deß Satans vberwinden
/ als die versöhnet seyn durch das Blut deß Sohns GOttes JEsu Christi. Diese
haben jhren Ruhm vnd Preiß in dem Kinde JEsu / finden in demselben so viel / daß
sie sich keines andern rühmen wollen / dann daß sie Christum JEsum kennen vnnd
haben;
Das seynd vberauß herrliche Titel / die Simeon dem Kinde JEsu gibt. Nach solchen Titeln muß er auch von vns erkandt vnd angenommen werden / als das Heyl GOttes / vnser Liecht vnd ewiger Preiß. Dann was Simeon hie redet / das redet er voll deß H. Geistes. Darumb müssen wir diß Zeugnuß als ein Zeugnuß deß H. Geistes annehmen.
Wann wir nun gesehen / was für ein Erkandtnuß Simeon
Das zeitliche Leben ist gleichsam ein schwer Joch / darunter wir eingespannet
seyn. Wann wir aber sterben / werden wir außgespannet. Es ist aber eine
vnglückselige Außspannung / wann ein Ochß vom Joch zur Schlachtbanck geführet
wird; also ists ein vnglückseliger Todt / wann wir auß dises Lebens Mühseligkeit
in deß ewigen Todtes höllische Pein gestürtzet werden. Aber Simeon hat bessere
Hoffnung / er weiß daß er könne im Frieden auffgelöset werden. Das macht das
Erkantnuß deß Heyls in dem Kinde JEsu. Da der H. Geist dem Simeon ins Hertz
gegeben: Sihe lischen Heyls.
Bey diesem Simeonischen Wunsch ist noch zweyerley zu mercken. Erstlich / worauff
Simeon in diesem Wunsch sich beruffet; nemlich auff das Wort deß HERRN: Laß
deinen Diener im Friede fahren / wie du gesagt hast. Er sihet auff die Göttliche
Antwort; er solte nicht sterben / er hätte dann zuvor den Christ deß HERRN
gesehen. In solcher Betrachtung will Simeon gleichsam sagen: HERR was du deinem
Knecht gesagt hast / das ist geschehen / dann ich habe nun deinen Heyland
gesehen; nun habe ich genug / nun will ich gerne sterben. HERR laß mich nun im
Friede fahren. Wann einer schon hundert Jahr alt wird / vnd hat sich nicht
können in dem Heyl Christi erfrewen / so stirbt er viel zu zeitlich; wer aber so
viel gelernet hat / daß er sich kan in Christo frewen / der ist alt genug / hat
auch genug in seinem Leben erreychet. Da muß ich aber auch ein Worthaben /
darauff ich bawen kan. Vnnd das ist das Wort der Verheissung von Christo:
Hernach ist bey Simeonis Wunsch auch zu mercken; was.
Das ist nun das Simeonisch Hertz / daß Christum erkennet vnd ansihet nicht mit fleischlichen Augen / sondern mit geistlichen Augen / vnd findet so viel in jhm / daß es den Todt vnnd alles Vnglück verachten kan.
Darumb befleissige dich vor allem / liebe Seele / daß du deinen Christum recht
erkennest. Wann ich in die Welt hinein sehe / finde ich lauter Finsternuß vnnd
Lügen. Wann ich meine Augen auff Christum richte / finde ich Liecht vnnd
Warheit; da finde ich / was mir warhafftig heylsam ist; was mir warhafftig
Frewde bringet. Alsdann wird Christus mein Liecht / mein Heyl / mein Ruhm vnd
Preiß. Auff solche Weise hat GOtt vns sein Kind vorgesetzet: GOTT hat jhn also
bereytet für allen Völckern. Selig ist / der Mensch / welcher dieses Heyl also
annimpt / wie es jhm von GOtt wird vorgetragen. Aber es gehet vns wie Adam im
Paradiß / der hätte vnzehlig viel Bäume / die jhm GOtt fürgesetzet hatte / daß
er davon essen möchte; einen Baum setzet jhm der Satan für; von welchem GOtt
gesagt hatte: Ihr solt nicht davon essen. Noch ließ der Mensch alle andere Bäume
fahren / vnnd suchte seine Lust an dem einigen von GOtt verbottenen / vnd vom
Satan gelobten Baum. Glaubet mir / lieben Christen / nicht anders gehets vns.
Fried vnd Ruhe / Heyl vnd Ergetzligkeit / Gut vnd Reichthumb / Frewd vnd Wonne /
Preiß vnd Ehre ist in Christo / warhafftig vnd in so grosser Menge / daß es
weder Maß noch Ziel hat. An dieses Paradiß werden wir von GOTT gewiesen; noch
gefällts der Seelen nicht. Der einige Weltbaum / von Gott verbotten / vom Satan
gelobet / scheint vns in die Augen / vnd nimt das Hertze ein /
dieweil seine Früchte lieblich scheinen / vnd träget doch nur Lügen vnd
Triegerey / falsche verdorbene früchte; vnnd wer davon isset / isset den Todt
vnnd das Verdamnuß. O Menschen Kinder! daß jhr ewer Blindheit vnnd Thorheit
möchtet erkennen! Trutz daß ein Weltkind auffstehe vnd sich rühme / er habe
solche Frewde an dem Weltbaum gefunden / als der liebe Simeon / an das Kindlein
JEsum da ers mit Glaubens augen gesehen vnd erkandt / als den Heyland der Welt /
das Liecht der Heyden / den Preiß deß Volcks Israel. Das Gut daß die
Wann du nun auch / lieber Christ / dein Liecht / Heyl vnnd Preiß in Christo sihest vnd ergreiffest / sihe / so kanstu muthig seyn wieder Todt vnd alles Vnglück. Dann eben damit du dich gewehnest auff Christum zu sehen / scheinet dir ein Liecht / vnnd findest einen vnendlichen Reichthumb alles guten in Christo. Wer aber etwas gutes findet / der frewet sich. Gut macht Muth. Hingegen was ausser Christo ist / das wirstu nicht achten. Dann du hast Simeonis Augen / die sehen auff das / nicht was offenbar ist / sondern was verborgen ist. Alles Vnglück sihet den Glauben an / als einen vnsauberen Bundt / voller köstlichen Schätzen; als einen dornichten Weg / zu dem aller liebsten. Lieg ich schon dem Teuffel im Rachen / muß ich doch glauben daß ich in GOttes Hertze verwahretlige. Fühle ich Todt vnd Sünde / muß ich doch glauben / daß Sünd vnnd Todt mir nichts anhaben können / dann kein Teuffel oder Gewalt mich scheyden kan von der Liebe GOttes / die da ist in Christo vnserm HERRN.
Von Natur ist vnser Hertz viel zu finster darzu / daß es also durch dicke Nebel sehe / vnd erkenne das rechte Liecht vnnd Heyl: Aber die Krafft / die Simeon ins Hertz geleuchtet / muß auch vns erleuchten / dann können wir hindurch sehen. Damit aber daß der Glaube hindurch dringet / macht er Hertz vnd Muth.
Wann David gedenckt an GOttes Beystandt / vnnd das Gnadenzeichen / daß er an
seinem Leibe trug / nemblich die Beschneidung / wird er so muthig / daß er sich
nicht grawen lässet / für der grewlichen Gestalt deß grossen gewapneten Goliath
/ sondern sprach: Wer ist der Philister / dieser vnbesch nittner? Der
Insonderheit machet vns der Glaube muthig zum Todt; vnnd macht vns den Todt lieblich. Dann im Glauben erkennen wir / daß wir hie im Stock vnnd Joch gedruckt vnnd gefangen ligen / vnnd erwarten im Todt ein seliges Aufflösen / vnd einen Eintritt in die ewige Ruhe. Alle Natur erschrickt für dem Todt / auch die Thier vnnd Würme krümmen sich vnnd schreyen; der Glaub aber hälts für einen süssen Schlaff / vnnd für eine Aufflösung auß Ketten vnnd Banden. So die Heyden zuweilen vnerschrocken für dem Todt sich gestellet / ists doch ohne Grund gewesen. Es ist jhnen zwar anmuthig für gekommen / wann sie gehöret von der lustigen Versamblung der Seelen an einem lustigen Orth voller Frewden. Wie aber / wann das Gewissen jhnen solte fürhalten / wie sie die ewige Gerechtigkeit verletzet / vnnd wolte nicht ablassen / wo wolten sie Versöhnung finden? Wir achten den Todt so viel als den Teuffel / vnnd den Teuffel so viel als nichts. Dann wir kennen Christum / der vns geliebet / vnnd sich selbst für vns in den Todt gegeben hat.
Wie nun Simeon in Betrachtung deß Heyls in Christo / begierig gewesen ist
auffgelöset zu seyn / also auch wir / wann wir zu Hertzen fassen das grosse Gut
daß vns verborgen ist in Christo / werden wir auch muthig alles zu ertragen /
vnnd warten mit Frewden auff die Offenbahrung vnsers Heyls / daß lischen Heyls
leuchtet so in vnseren Hertzen / daß keine andere Frewde kan hin zu kommen.
Also frewdig seynd wir mit Simeon / weil wir Christum JEsum kennen / als vnser Liecht / Heyl vnd Preiß / vnd wünschen mit demselben: HERR / laß nur deinen Knecht im Friede fahren / denn ich erkenne mein Heyl in Christo deinem geliebten Sohn / ich sehe das Liecht der Frewden / ich sehe den Preiß Israels: Meinen Preiß vnd meine Ehre / daran ich haben werde Frewd vnd Wonne; meinen Preiß / vnd mein Lob / welches ich anbeten vnnd preisen werde in Ewigkeit. O du mein Preiß / meine Wonne! Ewig soll mein Hertz dich loben. Amen.
V. 10. VNd der HERR redet abermal zu Achas vnd sprach:
V. 11. Fordere dir ein Zeichen vom HERRN deinem GOtt / es sey vnden in der Hölle / oder droben in der Höhe.
V. 12. Aber Achas sprach: Ich wills nicht fordern / daß ich den HERRN nicht versuche.
V. 13. Da sprach er: Wolan so höret jhr vom Hause David. Ists euch zu wenig / daß jhr die Leuthe beleydiget? Ihr müßt auch meinen Gott beleydigen?
V. 14. Darumb so wirdt euch der HERR selbs ein Zeichen geben / Sihe ein Jungfraw ist schwanger / vnd wird einen Sohn gebären / den wirdt sie heissen Immanuel.
V. 15. Butter vnd Honig wird er essen / daß er wisse böses zuverwerffen / vnd gutes zuerwöhlen.
V. 16. Dann ehe der Knab lernet böses verwerffen / vnnd gutes erwöhlen / wirdt das Land / darfür dir grawet / verlassen von seinen zween Königen.
WAs heute im Evangelio verkündiget wirdt als eine Geschicht
Es stund damals gefährlich in Juda / wie dieses geprediger ward / welches geschahe zur Zeit Achas deß Königs Juda. Da zog herauff Rezin der König zu Syria / dazu Peka der Sohn Remalia der König Israel. Diese hatten einen bösen Rathschlag gemacht / Jerusalem zu schlagen / vnnd insonderheit das Hauß David auß zurotten / vnd einen newen König einzusetzen. Dann es war jhnen nicht erträglich / daß so viel von einem newen König geprediget ward / der auß dem Hause David solte herkommen / vnd gar groß seyn / vnd ein groß vnnd mächtig Reich anrichten / auff welchen das Jüdische Volck hoffte. So möchten auch viel in Israel vnd Syrien seyn / die diesen versprochnen König kandten / vnd vmb solcher Hoffnung willen dem Königreich Juda hold waren. Diesen Ruhm gedachten diese beyde Könige dem Hause Davids zu legen.
Wann man hingegen hält / was von dieser Zeit auffgezeichnet ist im andern Buch
der Chronica am 28. Cap. Kan man mercken Töchter. Diser Verlust hat
sich dem Ansehen nach zugetragen vor der Verbündtnuß der beyden Könige wieder
Jerusalem. Dann es scheinet / daß der König Israel / wie auch der zu Syrien / zu
erst absonderlich mit Juda Krieg geführet / hernach sich zusammen geschlagen /
vnnd wieder das Hauß David verbunden.
Da nun solche Zeitung nach Jerusalem kompt / der König Israel vnd der König in Syrien haben sich zusammen gethan / vnd wieder Jerusalem ein Verbündtnuß gemacht / da erschrickt jederman / also daß Esaias saget / es bebte dem König Achas das Hertz / wie auch das Hertz seines Volckes wie die Bäume im Walde beben vom Winde. Dann das war so eine schröckliche Zeitung / als wann der Papst mit seinem Anhang in einer Schlacht schon viel tausent von vnserer Religionverwanthen geschlagen / vnnd gefangen hätte / hernach auch mit dem Türcken einen Bundt machte wider vnsere kleine Gemeine / mit solchem Anschlag / vns gantz zuvertilgen. Da wurde freylich manchem das Hertze beben. Der König in Syrien war ein Heydnischer König; der König in Israel wolte zwar den Namen haben / daß er diente dem GOtt Abraham; Isaac vnd Jacob / doch war er ein abgöttischer König / vnnd hatte zwey Kälber zum Gottesdienst in seinem Reich auffgerichtet / vnd stifftet vnnd duldet viel Opffer vnd Weise wieder das Gesetz. Achas / der König Juda war zwar für sich ein Gottloser Mann / doch blieb in seinem Reiche der Tempel deß HERREN / vnnd der von Gott angeordnete Gottesdienst. Also galt es jhm Gut vnd Blut / Gottesdienst vnd Seligkeit.
In solcher Bestürtzung vergißt das Volck seiner Stärcke die es in GOTT hatte /
vnd suchet dargegen frembde Hülffe / bey frembden Königen. Esaias aber der
Prophet von Gott gesandt /
In solcher Betrachtung wollen wir auch verbleiben / vnd erwegen
ES wirdt in vnserm Prophetischen Text eine Handlung beschrieben
& populu ejus, Esaiâ internuncio. Ubi 1. Divinum
postulatum.
Weil aber schwer vnnd vnmüglich schiene / ohne frembden Beystandt auß dieser
Gefahr zu entgehen / gefällts GOtt wol die Gewißheit seiner Verheissung mit
einem Wunderzeichen zu bekräfftigen / daß die Glaubigen gewiß erkenneten / GOtt
würde vber seine Verheissung dem David vnd seinem Saamen gegeben / veste halten
/ vnd daß das Vorhaben den mächtigen Feinden nicht würde fortgehen. Hierumb läßt
er durch seinen Vnterhändler dem König ein solches anbringen: Fordere dir ein
Zeichen
Solch einen mächtigen GOTT haben wir / er kan Zeichen thun / vnten in der Hölle /
vnd oben im Himmel wie er will. Wie
Also will GOtt nach seiner Macht erkandt seyn / nicht allein von Gottlosen / daß sie wissen / sie haben nicht einen Karten König für sich / mit dem sie mögen spielen wie sie wollen / sondern auch von den Frommen / daß sie erkennen / es sey kein Rohrstab / darauff sie sich lehnen / wann sie auff GOtt bawen. Wann wir erkennen die allmächtige Krafft vnsers GOttes / können wir in aller Anfechtung deß zu mehr vnser Hertz vnd Vertrawen auff seine Hülffe setzen. Darumb läßt er dem Achas freyen Willen / zu fordern ein Wunderzeichen woher er wolle; daß er jhm selbst die Rechnung mache: Sihe / kan dein GOtt Zeichen thun im Himmel / vnd in der Hölle / im Wasser vnnd vnter der Erden; ist jhm nichts zu hoch / nichts zu tieff / daß ers mit seiner Hand nicht solte erreychen / wie solte er dann einen Hauffen böser Buben nicht zwingen können? Diß ist das Göttliche anerbieten.
Was folget für eine Erklärung darauff? Achas sprach:wolgefällig war; er ließ seinen Sohn durchs Fewr
opffern / vnd opfferte auff den Höhen / auff den Hügeln / vnd vnter allen grünen
Bäumen; er zubrach den Altar deß HERRN im Tempel zu Jerusalem / vnd an dessen
Stätt ließ er einen andern bawen / nach der Art deß Altars den er zu Damasco im
abgöttischen Tempel gesehen hatte. Vber solche grewliche Abgötterey / vnd andere
Sünden / macht sich dieser Mann kein Gewissen; hie aber will er mit Macht fromb
seyn / vnd ist so heylig / daß er GOtt nicht versuchen will.
War dann das vbel gethan? Es steht ja geschrieben im 5.
Aber heißt das Gott versuchen / wan man dem Worte Gottes folget?
Die Israeliten versuchten Gott nicht / wann sie durchs rote Meer giengen / dann
sie hatten GOttes Wort; eben so hätte Achas können hindansetzen allen frembden
Beystandt / vnd mit seinem eygnen Volck seine Mauren verwahren / ohne Versuchung
GOttes; dann da stundt jhm das Wort vnd Befehl GOttes vor Augen. Dar zu hätte er
können / vnd auff GOttes Befehl sollen ein Zeichen fordern: dieweil auch der
Held Gideon ein Zeichen vom HERRN fordert / da er mit wenig Volck solte
angreiffen eine sehr grosse Macht der Feinden; nicht daß er GOtt versuchte /
sondern daß er seinen Glauben stärckte. Dann weil er wunderbarer Weise zum
Kriegs Obersten von GOtt vnmittelbar gesetzt ward / wolte er auch ein gewiß
Gnadenzeichen haben / daß er deß Beystandes GOttes gewiß were. Nun zu dieser
Zeit stehts vns nicht an Wunderzeichen von GOtt fordern / da wir vns an Gottes
Wort sollen begnügen lassen. Aber Achas hatte den Befehl / er solts fordern.
Wann ers nun nicht forderte / das war sein Vngehorsamb. Es mangelte dem guten
Herren am Glauben. Er wolte Hülffe bey Menschen suchen / vnd so er die verlassen
solte / däuchte jhn vnmüglich seyn / daß jhm solte geholffen werden / sagte man
da: trawe auff GOTT / vnnd wilstu diesem Worte nicht glauben / so will ich dir
ein Zeichen dazu verschaffen / so spricht Achas: Nein ich will Gott nicht
versuchen. Es war jhm nicht zuverdencken / daß er nicht könte glauben satt zu
werden da kein Brodt ist / er war solches Glaubens nicht gewohnet / so ists auch
der Natur schwer / allein an GOttes Verheissung sich begnügen lassen.
Auff deß Königes Erklärung folget ein Göttliches Decret / das lautet also: Wolan
/ so höret jhr vom Hause David / ists euch zu wenig / daß jhr die Leute
beleydiget / jhr müst auch meinen GOTT beleydigen? Darumb so wirdt euch der HErr
selbst ein Zeichen geben: Sihe eine
Hie findet sich 1. eine Straffe: Ists zu wenig daß jhr
Hernach 2. findet sich in dem Göttlichen Decret das Wunderzeichen einer
Jungfräwlichen Frucht: Der HERR wird euch selbst ein Zeichen geben: Sihe eine
Jungfraw ist schwanger / vnd wird einen Sohn gebären / den wirdt sie heissen
Immanuel / Butter vnd Honig wird er essen / daß er wisse böses zuverwerffen /
vnd gutes zuerwöhlen. Dieses wirdt außtrucklich auff die Geburt Christi gezogen
beym
Die Mutter in dieser Wundergeburt ist eine Jungfraw: Sihe eine Jungfraw ist
schwanger / vnnd wirdt einen Sohn gebähren. So verstehts vnnd erklärts der
Evangelist
So muste nun Messias der da solt seyn der Welt Heyland / nach Esaiae Weissagung / eine vnbefleckte Jungfraw zur Mutter haben. Das wuste Esaias auch auß dem ersten Evangelio: Deß Weibes Samen soll der Schlangen den Kopff zertretten. Sonsten pflegen die Kinder dem Vatter zugerechnet werden / vnd heissen deß Mannes Samen. Aber Christus muste ein Sohn ohn Vatter seyn / darumb heißt er deß Weibes Samen. So erforderts sein Ampt. Daß er solte der Schlangen Kopff zertretten / vnd den Segen vber die Heyden bringen. Wie zu Abraham gesagt ist: In deinem Samen sollen gesegnet werden alle Geschlechte der Erden. Ein jeglicher Mensch aber der nach natürlicher Art in leiblichen Lüsten von Mann vnd Fraw gezeuget wirdt / ist in Adam gestorben / vnd ist der Sünden vnnd dem Fluch vnterworffen. Darumb kan ein solcher Mensch weder auff sich / oder auff andere Menschen den Segen bringen.
Deß Kindes Nahme ist Immanuel / das ist GOtt mit vns / Ampt
beschreibet / wie Christus sonsten in H. Schrifft mit vnderschiedenen Nahmen
getitulirt wirdt. Als im neundten Capitel nennet jhn Esaias Rath / Krafft / Held
/ ewiger Vatter / Friede Fürst. Vnd Jeremias am 23. Cap. nennet jhn / den HERREN
/ der vnser Gerechtigkeit ist. Also ist auch der Name Immanuel ein Ehrentitel
vnsers HERRN JEsus / der vns in dieser Person zeyget zugleich einen GOTT vnd
einen Menschen. Eben der lischen
Diß Wunderkind soll doch aufferzogen werden nur gleich einem andern Kinde / dann Butter vnd Honig wird er essen / daß er wisse böses zuverwerffen / vnd gutes zuerwöhlen. Butter vnd Honig seynd gemeine Speise vnd Nahrung deß Landes Canaan / wie es dann auch heisst in heyliger Schrifft / ein Land darinn Milch vnd Honig fliesset. Wird derwegen hie angedeutet / daß diß Wunder Kind / wiewol es ist selbst GOtt der mit vns vnd bey vns im Fleische wohnet / dennoch gleich einem andern Kinde werde aufferzogen werden / nicht mit delicat Bißlein / sondern mit gemeiner Speise / nach Gewohnheit deß Landes; vnnd daß er wie ein anders vnmündiges Kindlein solte wachsen vnd zunehmen an Verstandt biß es zu verständigen Jahren komme / darin es kan das gute von dem bösen vnterscheyden.
Da merck die tieffe Erniedrigung deß Sohns GOttes / wie er sich seiner
Herrligkeit / im Fleische geäussert; in jhm wohnete die vnendliche ewige
Weißheit selbst leibhafftig; gleichwol ist er da gelegen in seiner Mutter Schoß
/ wie ein vnmündiges
Dieses ist eine Wundergeburt auff viele Weise. 1. Ist hiedic officium.
Diese Wundergeburt wird dem Jüdischen Volck in jhrem Schrecken fürgesetzet als
ein Wunderzeichen einer wunderbahren Errettung. Der HERR wirdt euch selbst ein
Zeichen geben; spricht Esaias. Wie kan aber diß ein Zeichen seyn / da bey nahe
noch 800. Jahre dahin waren / biß auff die Geburt Christi? Dennoch ists ein
Zeichen / vnd bezeuget 1. Daß Gott kan Wunder thun vber alle Natur / vnd daß jhm
keine Mühe sey / etwas außzurichten daß er versprochen hat / obs vns auch
vnmüglich scheine. 2. So zeyget diß Zeichen auch die gewisse Hülffe. Dann weil
Immanuel nach GOttes Verheissung vom Hause Davids solte hervor kommen / muste
der Rathschlag der beyden Königen widen das Hauß Davids gewiß zu nichte werden.
Das Hauß David vnd das Volck Juda müßte vnvertilget bleiben / biß daß die
Endlich findet sich im Göttlichen Decret / der Schluß selbsten: Ehe der Knabe lernet böses verwerffen / vnd gutes erwöhlen / wird das Land dar für dir grawet / verlassen seyn von seinen zween Königen.
Gleich wie die Syrer vnnd Israeliter dem Hause David sehr auffsetzig gewesen /
also haben sie sich auch gehässig vnnd stinckendt gemacht / also daß dem
Königlichen Hause David für den Syrern vnd Israelitern gegrawet / vnnd das
gantze Volck Juda sich für jhnen geschewet. Daher nennet Esaias das Land der
Syrer vnnd der Israeliten / ein Land dafür der König Juda sich fürchtet / vnnd
ein Abschew trägt. Es war ein Furcht / Schewel vnnd Grewel in dem Hertzen deß
Jüdischen Volcks. Aber diß grawsame Land / soll von seinen eygnen Königen
verlassen seyn. GOTT wird diese beyde Könige heimsuchen / daß da sie wollen /
ein frembdes Königreich vnterdrucken vnd verderben / sie jhr eygnes nicht werden
behalten können. Das verkündiget Esaias / vnd setzet ein Ziel / es soll
geschehen / ehe der Wunder Knabe wirdt können böses verwerffen / vnd gutes
erwöhlen. Es war noch lang dahin / biß diese Wunder geburt deß Jungfräwlichen
Samen solte auff die Welt kommen. Doch wars genug / daß die Glaubigen wusten /
es solten diese grawsame Könige diese heylsame Geburt /
So ists auch ergangen. Dann ehe Achas das vierdte Jahr seines Königreichs
vollendet hatte / seynd die beyde Könige vmbgebracht worden. Dann es seynd doch
nur alle Feinde GOttes vnd
Wie nun dem Volck Juda die künfftige Menschwerdung
Hie haben wir vns vorauß zuerinnern / wie die Gemeine
Doch ist noch eine andere Vrsach / warumb Christi Glieder müssen viel Trübsahl leyden; die Feindschafft deß Sathans. Das ist schon vorlängst zuvor gesagt / da GOtt zur Schlangen spricht: Deß Weibes Samen wird dir den Kopff zutretten / aber du wirst jhm in die Fersen stechen. Weil der Satan weiß / daß seine Macht durch Christum zerbrochen wirdt / so wütet er / vnnd mit grosser Bitterkeit verfolget er alle Menschen darinnen er Christum findet / vnnd suchet stäts derselben Schaden vnd Verderben. Was haben die lieben Ertzvätter / insonderheit Jacob müssen leyden? Weil der Teuffel vermercket / daß GOtt sie vnd jhren Samen zum Eygenthumb erwöhlet hatte. Wie die Kinder Israels in Egypten sich begunten zu vermehren / gedacht er sie durch den König Pharao zu tilgen / auff mancherley Art. In der Wüsten setzet er jhnen gewaltig zu mit geistlicher vnd leiblicher Art / vnnd hätte es gern dahin gespielet / daß sie allesampt auff einmal in der Wüsten erwürget / vnd von der Erden weren vertilget worden. Wie sie ins Land Canaan gebracht waren / übet er dieselbe Tücke. Was der Satau fürnimpt wieder die gantze Gemeine GOttes offentlich / das treibt er auch gegen ein jegliches Glied Christi. Leyden wir schon keine offenbare Verfolgung / so werden doch andere Beschwerung nicht außbleiben. Da nimpt dann der Feind sein Vortheyl wol in acht / wann er nun sihet ein Vnglück / macht er dasselbe vns so sawer / setzet vns zu mit betrübten trawrigen Gedancken / vnnd ängstiget damit das Hertz grewlicher Weise; wie der HERR zu Petro sagte: Sihe der Satan hat ewer begeret / daß er euch möchte sichten / rüttlen vnnd schütteln wie den Weitzen. Solch ein Gemüth behält er noch.
Gegen alle diese Noth haben wir GOttes Verheissung: Ich habe dich ein klein
Augenblick verlassen / aber mit grosser Barmhertzigkeit will ich dich samblen;
Ich habe
Gedenckt man aber / wie manche Gemeine / wie manche Christliche Statt vnd Land ist gleichwol vndergangen? Da ists ja dem Satan gelungen / vnd die Gnadeweggenommen. Aber gleich wie zur Zeit der Aposteln viele auß dem verblendten Judenthumb zur Kirchen Christigezogen würden / da die gantze Jüdische Synagoga oder Kirch von Gott verworffen ward / also geschichts noch wol / daß eine gewisse Gemeine GOttes Wort vnnd Gnade verlieret / da hingegen GOtt hie vnd dort allenthalben jhm fromme Christen erhält / pflantzet vnd außbreytet. Sie wirdt nimmer gantz müssen vntergehen.
Wie es ist mit der gantzen Kirchen Christi / so ists auch mit einem jeglichen
glaubigen Gliede / sie seynd in GOttes Schutz / laut der Verheissunge: Ich bin
bey dir in der Noth / ich will
In dieser Zuversicht werden wir gewaltig gestärcket / durch die beyde Glaubens Säule; GOttes Warheit vnnd Allmacht. Vnserm GOtt ist nichts vnmüglich; aber das ist vnmüglich daß GOtt lügen kan. Errettung vnd Hülffe hat vns Gott zugesagt. Kompt dann eine verzweiffelte Noth / so bedencke / wie weit die Macht gehe / dessen / der da ruffet dem daß nichtes ist / daß es etwas sey. Was solte ich an GOttes Macht verzagen? Es ist jhm so leicht grosse Dinge zu thun / als kleine. Er kan so leicht Todte aufferwecken / als lebendige Menschen von newem schaffen. Ists auß mit mir / kan mich GOtt auffs newe lebendig machen. Es muß mir doch endlich GOtt außhelffen.
Ob nun zwar diese Säule vnserer Zuversicht vest stehen: Gottes Warheit vnd Allmacht / so gibt vns dennoch Gott ein offenbarliches Zeichen seines Beystandts / nemlich die Menschwerdung seines Sohns der vns geliebet / vnd sich selbst für vns in den Todt gegeben hat.
Das ist ein Zeichen / daß Gott etwas kan. So es jhm nicht zu schwer gewesen / eine Jungfraw fruchtbar zu machen; so es jhm nicht vnmüglich gewesen / zu machen / daß ein Mensch GOtt sey / daß der Schöpffer vnmündig worden; so ists jhm auch nicht zu schwer / viel weniger vnmüglich / mich vnd seine Gemeine zu schützen / die er so thewr durch seinen Sohn erkaufft hat.
Aber noch mehr ist die Menschwerdung Christi ein Zeichen / daß Gott warhafftig
außhelffen will. Dann was die allgemeine Kirche Christi anlanget / kan dieselbe
nicht vergehen / so lange der lebt / der da heißt Immanuel GOtt mit vns. Dann
was were das für ein Gott mit vns / der seine Gemeine nicht könte schützen? Es
wer ja Gott zu vns vergebens ins Fleische kommen. Die Liebe hat Gottes Sohn ins
Fleisch gebracht / vns zu erlösen vnd zu
Gleich wie vor der Menschwerdung Christi die Israeliten vmb der zukünfftigen Menschwerdung deß Immanuels willen / vielerley Wolthaten leibliche vnd geistliche von Gott empfangen: Vmb seinet willen seind sie erhalten vnter der Egyptischen Trangsal; vmb seinet willen seynd sie nicht verzehret vom Zorn GOttes in der Wüsten; vmb seinet willen seynd sie mit grosser Gedult getragen im Lande Canaan; vmb seinet willen seynd sie von diesen beyden Königen / vnd allen andern Tyrannen erfreyet; vmb seinet willen seynd sie wider auß der Babylonischen Gefängnuß geführet / dann obwol aller Königliche Samen hinweg geführet war / hat doch nicht müssen das gantze Hauß Davids vertilget werden / obs der Satan wol gern gesehen hätte: Eben also will GOtt vmb seines Christi willen noch schonen / schützen vnnd erretten / nach dem er vns schon seinen lieben Sohn Immanuel gegeben hat. Alle Reiche auff Erden erhält er vmb Christi vnnd seiner Kirchen willen / vnd würde gewißlich die Welt nicht länger auff ein Augenblicke stehen / wann nicht auch auß dem menschlichen Geschlecht / Christo solte eine Kirche gesamblet werden.
Was ein jegliches Glied Christi anlanget / hat es an der Menschwerdung deß Sohns
Gottes / der mit vns ist / ein gewisses Zeichen deß Gnadenschatzes. GOtt ist mit
vns als vnser Blut-Freund. Die Liebe die Gott gezogen hat / vnser Fleisch zu
werden / höret nicht auff / nun er vnser Fleisch geworden ist. Niemand hat
jemals sein eygen Fleisch gehasset. Gott ist mit vns als vnser
Es ist vns dieser Name Immanuel nicht allein ein Zeichen der Errettung auß Nöthen
/ sondern auch deß Segens. Dann wo Gott ist da muß auch Segen seyn. Was vorhin
verflucht gewesen vmb vnser Sünde willen / das ist durch Immanuel wieder
So lasset vns nun in aller Anfechtung ein Hertz fassen. Wir müssen nicht mit
Achas auff äusserliche Mittel alleine sehen. Das ist nur vnsere verkehrte Art /
wann die Noth da ist / daß wir alsbald nach leiblichen Mitteln vmbsehen. Vnd so
lang wir die ersehen / haben wir noch Hoffnung / wann aber die gar verschwunden
ist / da ists auß mit vns. Aber nicht so mit einem Christen. Je weniger Hülffe
du auff Erden sihest / je stärcker deine Zuversichtseyn soll. Da gilts erstlich
GOtt trawen. Das mercke wol / vnnd brauchs zu seiner Zeit / zu deinem besten.
Gedenck an deinen Immanuel. Ist die Nothgroß / ist der GOtt noch grösser der mit
dir ist / dem nichts zu schwer ist / vnd hie sagen darff: Foder dir ein Zeichen
/ entweder darunten in der Hölle / oder droben im Himel. Vnd
damit du an seinem Willen nicht zweiffelst / so gedenck / daß es sein Ampt ist /
bey dir zu seyn als ein starcker GOtt vnnd Nothhelffer. Darumb heist er Immanuel
der starcke GOTT mit vns.
Wer in Noth vnd Gefahr nicht hieran gedencken / vnd sich hiemit auffrichten kan /
dem muß wiederfahren was von dem Jüdischen Volck hie geschrieben stehet: Ihnen
bebete das Hertz /
V. 68. WElobet sey der HERR der Gott Israel / dann er hat besucht vnnd erlöset sein Volck.
V. 69. Vnd hat vns auffgericht ein Horn deß Heyls / in dem Hause seines Dieners Davids.
V. 70. Als er vor Zeiten geredt hat / durch den Mund seiner heyligen Propheten.
V. 71. Daß er vns errettet von vnsern Feinden / vnd von der Hand aller die vns hassen.
V. 72. Vnnd die Barmhertzigkeit erzeygete vnsern Vättern / vnd gedächte an seinen heyligen Bund.
V. 73. Vnd an den Eyde den er geschworen hat vnserm Vatter Abraham / vns zu geben.
V. 74. Daß wir erlöset auß der Hand vnserer Feinde / jhm dieneten ohn Forcht vnser Lebenlang.
V. 75. In Heyligkeit vnnd Gerechtigkeit / die jhm gefällig ist.
V. 76. Vnnd du Kindlein wirst ein Prophet deß Höchsten heissen / Du wirst vor dem HERRN hergehen / daß du seinen Weg bereytest.
V. 77. Vnnd Erkändtnuß deß Heyls gebest seinem Volck / die da ist in Vergebung jhrer Sünden.
78. Durch die hertzliche Barmhertzigkeit vnsers GOttes / durch welche vns besuchet hat der Auffgang auß der Höhe.
V. 79. Auff daß er erscheine denen / die da sitzen in Finsternuß vnd Schatten deß Todtes / vnd richte vnsere Füsse auff den Weg deß Friedens.
V. 80. Vnd das Kind wuchs / vnnd ward starck im Geist / vnnd war in der Wüsten / biß daß er solte herfür tretten für das Volck Israel.
ES mag ein Mensch gedemütiget seyn / wie er kan vnd mag / praebet in afflictione. Rom. 5. 1. 2. 3. seyn / sie sollen werden als
nichts. Ich bin der HERR dein GOtt; der deine rechte Hand stärcket / vnd zu dir
spricht: Fürchte dich nicht / ich helffe dir. So fürchte dich nicht du Würmlein
Jacob / jhr armer Hauffe Israel. Ich helffe dir / spricht der HERR vnd dein
Erlöser / der Heylige in Israel. Also im
Hingegen aber / so mit dem zeitlichen Glück GOttes Gnad vnnd Gunst sich verlieret / da ists vergebens daß man sich frewe. Wann die Mutter Christi Maria so veracht auch were für Gott gewesen / als für der Welt / were sie eine recht elendes Mägdlein gewesen. Wann Zacharias hätte sollen wissen / daß mit seiner Sprach zugleich GOttes Gnad vnd Gunst auffgehoben were / hätte er mögen vber Vnglück klagen. Aber diese beyde können frölich seyn in jhrer Niedrigkeit vnnd Trübsal / dann sie erkennen GOttes heylsame Gnade. Wie Maria in jhrem Lobgesang preiset die Göttliche Gnade / die die Niedrigkeit einer elenden Magd angeschen hat / vnd das Niedrige erhöhet: Also frolocket auch Zacharias in seinem Lobgesang vber die heylsame Gnade die Gott zubereytet hat in dem Heyland Christo.
Diß seynd die beyde erste Psalmen deß newen Testaments / voller geistlichen
Frewden / geflossen auß dem Geiste GOttes. Dann die Historia meldet / damit wir
absonderlich auff den Lobgesang deß alten Zachariae kommen / daß Zacharias voll
deß heyligen
Wie nun der Heylige Geist der Meister ist / also werden auch hohe vnnd heylige Sachen darinnen außgedruckt. Es hat zwar die Geburt Johannis Gelegenheit zu diesem Frewdengesang gegeben / aber der Vatter Zacharias sihet diß Kind nicht an als ein gemeines Kind / sondern als einen Vorlauffer deß HERREN Messias. Daher singet er durch den heyligen Geist von der heylsamen Gnade Gottes / die Gott bereytet durch seinen Sohn / vnsern Heyland Christum.
Weil wir dann schuldig seyn allezeit mit danckbarem Hertzen
NAch dem die fromme Seele von GOtt gerühret wird / erhebet sie sich zu GOTT. Der
fromme Zacharias getrieben von dem Geist GOttes / richtet sein Hertz zu
Den GOtt / den Zacharias preiset / nennet er den GOTT Israel / welcher sich in Israel offenbahret hat / durch grosse Zeichen vnd Wunder / vnd durch sein kräfftiges Wort: Welcher auch dem Israel Heyl vnd Segen versprochen hat. Das ist eine Beschreibung deß wahren GOttes / deß HERRN / der Himmel vnd Erd gemacht hat.
Diesen GOtt preiset Zacharias: Gelobet / gesegnet vnnd hoch erhaben sey der HERR / der GOTT Israel. Warumb? Dann er hat besucht / vnd erlöset sein Volck.
Er redet von einer heylsamen Heimbsuchung. Es suchet
Die Feinde seyn das Reich der Sünden vnnd der Höllen / Sünde / Todt vnnd Teuffel; da seynd die ärgste Feinde / vnser eygne Haußgenossen / das seynd die innerliche Begierde / eygner Will vnnd eygne Natur. Diese Feinde ziehen vns erstlich vnter jhren Zwang vnd Gehorsamb; vnd nach dem sie vns bezwungen / stürtzen sie vns in Gottes Zorn / ängstigen / schrecken vnd verdammen vns. Wann dann der Mensch vnter den Zorn Gottes gebracht wirdt / kan jhm nichts ärgers wiederfahren / dann hat er sein grössestes Vnglück.
Von der Hand vnd Gewalt dieser Feinde hat Gott vns erlöset / vnd wie Zacharias eygentlich redet; Er hat bereytet eine Erlösung seinem Volck / eine heylsame Erlösung von vnsern Feinden / in dem er vns auffgerichtet hat das Horn deß Heyls / in dem Hause seines Dieners Davids.
Wann gesagt wirdt: GOtt hat bereytet eine Erlösung / eine heylsame Erlösung; er
hat vns auff gerichtet ein Horn deß Heyls /
Erstlich ists ein heylsam Reich. Das Heyl aber bestehet darin / daß er eine Erlösung bereytet hat von vnsern Geistlichen Feinden. Diß ist nicht für ein geringes Heyl zu achten / es kostet gar viel eine Seele auß der Höllen zu erlösen. Gelt vnnd Gold thut es nicht. So ist auch aller Engel vnd aller Menschen Krafft viel zu gering. Diese Erlösung muste mit GOttes Blut erworben werden.
Es ist das Reich Christi auch ein starckes Reich. Daß auch die Pforten der Höllen
nichts dawieder vermögen / wie der wan sie noch mehr
wüten / bistu auch noch gerüst. Die grossen Königreich vnd Fürstenthumb / die
Land vnd Leuth mit Schwerdt vnter sich bringen / vnd zu sich rauben / werden vom
heyligen Geist Raubeberge genennet. Derselben Hülff braucht der Fürst dieser
Welt / wieder Christi Gemein. Aber vnser König ist herrlicher vnd viel mächtiger
dann die Raubeberge. Wie mehr Menschen wieder jhn wüten / wie grösser Ehre er
einleget. Also weiß vnser König sein Volck zu schützen! Starck ist er auch bey
einer jeglichen glaubigen Seelen / in welchen er sein Reich auffgerichtet hat.
Meine Lieben / wann das Christenthumb durch vnsere Krafft solte geführet werden
/ weren wir vom Wiedersacher lang verschlungen. Seine listige Anfechtung seynd
gar zu mannigfaltig. Aber gelobet sey GOTT vnd vnser König / der vns nicht gibt
in seinen Willen. Er ist das Horn vnsers Heyls / eine Macht zu schützen / daß
vns kein Vnfall stürtzen kan. Nun können wir mit frewdiger Zuversicht sagen /
wie Paulus: Ach / wer will
Hie ist aber nicht zu gedencken / daß es im ersten Augenblick mit vnsern Feinden
gantz auß sey. Der Sathan ist nicht gantz todt. Der alte Adam will auch nicht
sterben. So lang wir diesen stinckenden Sack am Halse tragen / haben wir zu
arbeyten. Darumb stehet das Reich Christi nicht darinn / daß man keinen Feind /
Diß ist das heylsame Gnadenreich / darüber Zacharias GOtt preiset; dabey noch drey Vmbstände zu erwegen / die dabey stehen. 1. Wo dieses Heyl auffgerichtet. 2. Wem zu gut es bereytet. 3. Wie diß eben das heylsame Reich sey / welches von Anfang den Vättern versprochen.
Anlangent den Orth / wo das heylsame Reich anzutreffen / spricht Zacharias; GOtt hat auff gerichtet ein Horn deß Heyls / in dem Hause seines Dieners Davids. Das Heyl kompt von GOtt / doch auch von Menschen. GOtt bereytet den König / aber auß den Menschen nimpt er jhn / nicht von den Engeln / sondern von Menschen / auß dem Hause Davids. Dadurch wird der Königliche Stul Davids erst recht groß gemacht. David herrschete vber das leibliche Israel / der Sohn Davids vber das gantze geistliche Israel.
Wer genießt aber dieses Reichs? Zacharias spricht: Er hat eine Erlösung zubereytet seinem Volck / vns hat er das Horn auffgerichtet im Hause seines Dieners Davids. Haben dann die Heyden kein Theyl daran? Freylich nein. Es kan niemand dieser Erlösung geniessen / er gehöre dann mit zum Volck Gottes. Wer zu diesem König im rechten Glauben sagen kan: Mein König vnd mein Gott / der gehöret mit zu seinem Volck / vnd dem ist das Heyl bereytet.
Diß ist dann eben das Reich / darauff alle Heyligen zu aller Zeit gehoffet von
Anbegin. Da GOtt seinen Sohn gesandt / geboren auß dem Samen Abrahams / in dem
Hause Davids / da hat er nicht mehr gethan / als wie er vor Zeiten geredet hat /
durch den Mund seiner heyligen Propheten. Durch dieselbe hat er allen betrübten
Sündern einen Erlöser vnnd Heyland versprochen / vnnd zwar daß selbiger kommen
solte / auß dem Hause Davids. Dann so stehet vnter andern geschrieben im 132.
Zacharias fähret fort / vnnd kompt auff die Vrsachen / die GOtt bewegen
auffzurichten das heylsame Reich vnserer Erlösung; dann daß er eine heylsame
Erlösung zubereytet hat / ist erstlich
Alsbald da Abraham auß Chaldea beruffen ward / empfieng . 12, 2 3.
Dieser eydlicher Bund ist darauff gerichtet / daß vns GOtt durch einen Sohn
Abrahams den himlischen Segen / vnd die Erlösung wolte bereyten.
Es begriff zwar derselbe auch leibliche Verheissungen / als die Besitzung deß
Landes Canaan; aber auch dadurch ward als in einem Fürbilde angezeyget / daß
GOTT den lische Reich
einführen wolle. Dann es wirde in diesem Bund allermeist gesehen auff den Samen
/ dadurch alle Völcker sollen gesegnet werden.
Diß ist der eydlicher Bund / darauff Zacharias sihet / da GOtt geschworen hat / vns zu geben / was er Abraham verheissen hatte. Abraham hatte zwar die Verheissung von dem Gesegneten König empfangen / aber die Zeit der Erscheinung hat er nicht erlebet / doch solte der versprochner König gewiß auß seinem Samen erweckt werden. Diesen Bund nennet Zacharias einen Heyligen Bundt / dann er muß vnnd kan nicht gebrochen werden / dazu gehet er an Seel vnd Seligkeit / vnnd ist auch deß wegen heylig zu achten.
Wann nun GOtt seinen Sohn ins Fleisch gesandt / hat er gedacht an den Bund vnd Eyd den er Abraham geschworen hat / vnnd damit hat er die versprochne Barmhertzigkeit erzeyget den Vättern. Barmhertzigkeit war es / wann GOtt diese heylsame Erlösung versprochen; Barmhertzigkeit war es auch / wann er seinem Bunde nach / die heylsame Erlösung hat ins Werck gerichtet.
Das ist nun eine Vrsach / die GOtt getrieben hat / vns auffzurichten das Horn deß Heyls / GOtt hat sich der elenden Menschen erbarmet / vnd auß lauter Erbarmung eine heylsame Erlösung versprochen / einen Bund auffgerichtet / vnd mit einem Eyd bekräfftiget: Darauff ist gestorben Abraham; alle andere Glaubigen seynd auch darauff gestorben / darumb kundts nicht anders seyn / der Sohn GOttes muste endlich ins Fleisch kommen / vnnd die heylsame Erlösung vns bereyten.
Die andere Vrsach / die Gott bewogen / ist der freye Dienst GOttes; auff daß wir
/ wann wir erlöset seyn auß der
Der Gottesdienst soll geschehen auffs erst ohne Furcht / daß wir für GOttes Zorn
nicht erschrecken / sondern in gewisser Hoffnung leben eines gnädigen
wolgewognen Herren. Zum andern muß man GOtt dienen in Heyligkeit vnd
Gerechtigkeit / die jhm gefällig ist. Das ist der Grund / daher es kompt / daß
wir vns nicht fürchten / dann da keine Heyligkeit ist / da muß man sich für
GOttes Zorn fürchten. Es ist aber die Heyligkeit zweyerley: Eine die in vns ist
/ die andere die in Christo ist. Daß einer heylig vnnd gerecht Leben führet /
ist zwar gut / aber es reichet nicht zu / daß es für sich allein konte GOtt
gefallen. Ich setze / vns durch Christum JEsum die Sünde
vergeben seyn / fangen wir an heyliglich zu leben durch den Geist Christi / der
in vns wohnet; vnd ob zwar bey dieser Heyligkeit viel Gebrechen fürlauffen /
darüber wir seufftzen vnnd klagen; so werden wir doch versönet durch den Todt
vnsers Heylands. Dann wan wir anfahen nach dem Geist zu wandeln / macht die
Gerechtigkeit JEsu Christi / daß nichts verdamliches in vns ist / die wir durch
den Glauben Christo JEsu anhangen. Das heist dann ein gerechter heyliger Wandel
/ der Gott wolgefällig ist. Zum dritten / soll ein Christ in diesem Dienst
beständig verbleiben / also daß wir GOtt in angenehmer Heyligkeit vnnd
Gerechtigkeit dienen ohne Furcht vnser Lebelang. Diß were wegen der grossen
Schwachheit vnnd stätigen Wiederstand deß Fleisches nicht müglich / wann wir
nicht in dem Blut vnsers Erlösers JEsu Christi funden eine ewige Versöhnung vnnd
Erlösung.
Diß ist nun auch eine Vrsach die GOtt angesehen. Er hat gedacht an seine
Barmhertzigkeit vnd an seinen Eyd / vnd hat das heylsame Horn auffgericht / vns
diese Gnade zu geben / daß wir erlöset auß der Hand vnser Feinde / jhm dieneten
ohne Furcht vnser Lebelang / in Heyligkeit vnnd Gerechtigkeit die jhm gefällig
ist. Wann in Christo das heylsame Gnadenreich nicht auffgerichtet were / könten
wir GOTT diesen Dienst nicht leysten. Dann so lang wir noch vnter Sünd vnnd
Teuffel seyn / können wir GOtt nicht dienen; sondern seyn Diener deß Sathans
vnnd der Vngerechtigkeit: Wann wir aber vom Teuffel vnnd Sünd erfreyet /
Zwo Vrsachen haben wir erzehlet / auff welche GOtt gesehen hat / in Auffrichtung eines heylsamen Gnadenreichs; erstlich Gottes gnädige Verheissung; Zum andern / den heyligen freyen Gottes dienst. Den heyligen Dienst sucht er mit seinem Gnadendienst daß ers aber suche / beweget jhn seine grundlose Barmhertzigkeit / vnd gnädige Verheissung.
Nun ist noch eins vbrig. Dann was für Diener braucht vnser
administratur. Volck. Er will sagen; du mein
Sohn wirst nicht der HERR seyn in diesem heylsamen Reich / sondern nur ein
Diener. Du wirst ein Prophet deß Höchsten heissen. Was soll er aber thun in
seinem prophetischen Ampt? Er soll vor dem HERREN hergehen / seinen Weg bereyten
/ vn seinem Volck geben das Erkäntnuß deß Heyls. Dieses haben
zuvor von diesem Kinde geweissaget / Esaias vnnd Malachias. Dann durch Malachia
spricht der HErr im 3. Cap.
Das ist nun kein geringschätzig Werck / sondern ein nothwendiges Ampt. Am Wort
ist so viel gelegen / als an Christi Blut. Dann was Christus für Wolthat mit
seinem Blut erworben hat / das wird alles durchs Wort außgetheylet. Wie soll
jemand glauben. 10. 14.
In Beschreibung dieses Predigampts / gewinnet Zacharias Gelegenheit einen kurtzen
Begriff deß gantzen Evangelij vns fürzulegen daß da soll gepredigt werden. Dann
weil das Ampt der Prediger ist / Heyl predigen / muß man wissen / was die
Predigte deß Heyls in sich begreiffe. Wann nun Zacharias von seinem Sohn gesagt:
Du wirst dem Volck GOttes geben das Erkäntnuß deß Heyls / erkläret er
nachfolgends das Heyl; nemlich es sey ein solches Heyl / daß da bestehe in
Vergebung jhrer Sünde /
In diesen Worten wirdt vns erstlich angezeyget vnser Zustandt im Gefängnuß. Wir
fassen im Finsternuß vnnd Schatten deß Todes. Der fleischlicher Sinn ist eine
Finsternuß / darinn viel hundert tausent seyn vntergangen. In derselben seynd
wir alle gesessen. Wann in diser Finsternuß die todte Werck / vnnd das
fleischliche Wesen auffwachen / gehet auff der Schatten deß Todtes / das ist ein
tödtliches Schrecken / dann da scheint kein Liecht der Gnaden. Gleich wie ein
Schatten etlicher massen den
Ist dann kein Trost noch Heyl vorhanden? GOtt Lob ein grosses Heyl. Worinnen
dasselbe bestehe ist das ander daß in diesem Stuck Zacharias zeiget / nemblich
in Vergebung vnser Sünde. Nach deinem Vrtheil ist selig zu schätzen / der sein
Außkunfft hat / der gesundes Leibes ist / der Gunst der Leuthe hat / vnd in
hohen Ehren sitzet. Aber nach deß heiligen Geistes Vrtheil ist selig / dem die
Sünde vergeben seyn. Wol dem / dem
Das ist noch wol ein rechtschaffenes Heyl / wie kompt man aber dazu? Diß ist das
dritte / daß vns Zacharias in seinem Sumarischen Evangelio zeyget
/ in dem er offenbaret alle Mittel / die vns zur Seligkeit helffen müssen. Vnter
denen ist das erste / die hertzliche Barmhertzigkeit GOttes. Wann GOtt eine
sündliche Creatur straffet / heißt es Zorn; wann er aber durchs Elend seiner
Creatur zur Hülffe bewogen wirdt / heißts Barmhertzigkeit. Wann dann der Mensch
durch die Sünde / recht elend geworden / hat GOTT auß hertzlicher
Barmhertzigkeit solch Elend angesehen. Das ist der Anfang zu vnser Seligkeit.
Dann die verlorne vnd verdorbne Creatur / könte jhr selbst gar nicht helffen /
auch von keiner andern Creatur Hülff erwarten. Die reine Creaturen wollen den
Verbanneten nicht erfreyen: Dann wann der Schöpffer zürnet / zürnet sein
Geschöpff mit: Sie können auch nicht / dann sie begehren wieder jhren Schöpffer
nicht zu kriegen. Darumb ist nichts vbrig das helffen kan / als GOttes
hertzliche Barmhertzigkeit.
Was thut dann die Barmhertzigkeit? Sie sendet vns den Heyland. Durch die hertzliche Barmhertzigkeit vnsers GOttes besucht vns der Auffgang auß der Höhe Das ist das ander Mittel zur Seligkeit: Nemblich JEsus Christus mit seinem Verdienst im Glauben ergriffen. Vergebung der Sünden geschicht nicht ohne Verdienst. GOTT will sein Ehr vnd Recht bezahlt haben / das erfordert die ewige Gerechtigkeit. Wir könten nicht zahlen / darumb muste ein Mittler dazwischen kommen. Daher ist vns auß der hertzlichen Barmhertzigkeit deß Vatters gesandt der Auffgang auß der Höhe.
Hie ist noth / daß man den Heyland kenne / beydes nach seiner Person / vnnd nach
seinem Ampt. Seiner Person nach / ist er nicht ein blosser Mensch / wie ich vnd
ein anderer / sondern der Auffgang auß der Höhe. In der Höhe / vber alle
Creaturen / da nichts
Auff solche Weise hat Zacharias kürtzlich die gantze Art vnserer Seligkeit entdeckt / in dem er hat wollen beschreiben das Ampt seines Sohns. Da gehet alles in solcher Ordnung auff einander: Johannes vnd alle getrewe Lehrer seynd Propheten deß Allerhöchsten. Was ist jhr Verrichtung? Sie müssen dem HErrn den Weg bereyten. Wie bereyten sie den Weg? Wann sie dem Volck Gottes geben das Erkäntnuß deß Heyls. Worinn bestehet das Heyl? In Vergebung der Sünde. Wodurch erlangt man Vergebung der Sünde? Durch die hertzliche Barmhertzigkeit vnsers Gottes. Was thut die Barmhertzigkeit Gottes? Sie sendet vns den Auffgang auß der Höhe. Wozu besucht vns der Auffgang auß der Höhe? Daß er vns von dem Wege der Finsternuß führe auff den Weg deß Friedes.
Damit wird der Lobgesang geschlossen. Sehen wir nun zurück. Finden wir drey Hauptstück / davon in diesem Lobgesang gehandelt. Erstlich wird beschrieben das heilsame Gnadenreich vnsers Christi. Zum andern / werden die Vrsachen angedeutet / warumb diß Gnadenreich auff gerichtet. Zum dritten; ist das Lehr-Ampt beschrieben / dadurch diß Reich verwaltet wird. Dabey zugleich ein kurtzer Begriff der Lehre auff gesetzet ist / die im Reich Christi soll getrieben werden.
Darauß lerne eine Gottfürchtige Seele / was das fürnembste, quod in
regno Christi habemus, agnoscam 9. Ioh. 6, 26. 27.lische Frewd vnnd Seligkeit zu
erwarten / solte das nicht Dancks werth seyn?
Wann dann diß das fürnembste Gut ist / so befriedige sich auch eine jegliche
fromme Seele mit diesem Gute. Wer in dem Reich Christi ein trewer Vntersaß ist /
der sihet nicht viel darauff / ob er habe Friede / gut Gemach / vnnd gutes
Außkommen in der Welt. Sein höchster Trost ist daß er ruhsamb / reich vnnd selig
in Christo ist. Gut Gemach in der Welt haben / mag einen wol ärger machen /
selig machts nicht. Es solle zwar niemand jhm die Hoffnung machen / als wann er
kein Leyd fühlen würde im Reich Christi: Armut / Hunger / Kranckheit vnd
Verachtung fühlen wir; doch können wir dabey gutes Muthes seyn / vnd Gott ohne
Furcht dienen vnser Lebelang. Wan kein Geldt im Beutel / kein
Brod im Hause / damit du dich vnd deine Kinder sättigest / so achten wir vns
verlassen. Aber wie kan der verlassen seyn / dessen König vn
Versaumet aber die Gnadenzeit nicht / sondern strebet darnach
Dieser Gottesdienst wirdt seyn ein angenehmes Danckopffer für Gott. Besser können wir Gott für sein Heyl hie auff Erden nicht preisen / als so wir jhm dienen ohne Furcht in Heyligkeit vnd Gerechtigkeit / die jhm gefällig ist. Hingegen kan man dieses Heyl nicht ärger verachten / als wann wir von der heilsamen Erlösung wider vmbkehren zur sündlichen Dienstbarkeit deß Satans. Welcher Knecht von dem Herrn / der jhn gekauffet hat / fliehet zu seinem vorigen Herrn / der bezeuget damit / daß er sich bey dem ersten besser befinde. Das ist gewißlich wahr bey den vnbußfertigen Christen / sie befinden sich besser bey dem Dienst deß Satans / als bey Gott. Für solchem Sinn behüte vns Gott gnädiglich. Verschaff vielmehr / heiliger Vatter / daß wir deine hertzgründliche Barmhertzigkeit mit danckbarem Hertzen recht erkennen / laß dieselbe vns führen auß der Finsternuß / auff den Weg deß Friedes; daß wir in aller Anfechtung durch dein hertzlich Erbarmung getröstet vnnd erfrewet / dir durch Krafft deß H. Geistes gehorsamlich dienen / ohne Furcht vnser Lebelang / in Heyligkeit vnd Gerechtigkeit die dir gefällig ist in Christo JEsu deinem Sohn Amen.
V. 46. VNd Maria sprach: Mein Seel erhebt den HERRN.
V. 47. Vnnd mein Geist frewet sich Gottes meines Heylands.
V. 48. Dann er hat seine elende Magd angesehen / sihe / von nun anwerden mich selig preisen alle Kinds-Kind.
49. Dann er hat grosse Ding an mir gethan / der da mächtig / vnd deß Namen Heylig ist.
V. 50. Vnd seine Barmhertzigkeit wäret jmmer für vnd für / bey denen die jhn förchten.
V. 51. Er übet Gewalt mit seinem Arm / vnnd zerstrewet die hoffärtig sind in jhres Hertzen Sinn.
V. 52. Er stösset die Gewaltigen vom Stul / vnd erhebt die Elenden.
V. 53. Die Hungerigen füllet er mit Gütern / vnnd lässet die Reichen lähr.
V. 54. Er dencket der Barmhertzigkeit / vnnd hilfft seinem Diener Israel auff.
V. 55. Wie er geredt hat vnsern Vättern / Abraham vnd seinem Samen ewiglich.
GLeich wie ein Eisen das ander wetzet / also da das eingezogene
Es scheinet anfänglich / als wann Maria alleine auff jhre sie
für allen Weibern zur Mutter deß Sohns GOttes erkoren; aber der Außgang zeiget
es / daß sie weiter gesehen / vnd erwogen die Barmhertzigkeit GOttes die er dem
gantzen
Der Satan mit seinem Anhang ist gewaltig spitzfündig vnd hochmütig / aber er wird
nieder gestossen vnnd muß zu Schanden werden. Er ist im Anfang erschaffen in
höchster Krafft vnnd Weißheit / so viel eine blosse Creatur derselben fähig ist
/ doch hat er auch eine Freyheit gehabt / seine Weißheit woloder vbel
anzuwenden. Wie er nun in seiner Weißheit wol erkandt das allerhöchste schönste
Wesen der Gottheit / ist er begierig geworden GOtt gleich zu seyn. Er hat aber
auch wol erkandt / dann er war klug / daß allein für sich selbst zu dieser aller
höchsten Hoheit er nicht gelangen köndte / darumb hat er geschlossen / das muste
seyn durch eine Vereinigung / auff solche Weise / wie nachmals GOtt mit dem
Menschen in Christo vereiniget ist / darauff gefolget / daß ein Mensch
wahrhafftig GOTT ist. Diß ist der Weg / dardurch er ohn Zweiffel gedacht hat ein
GOtt zu werden. Wie jhm aber solche Hoheit abgeschlagen / wird er voll Vnmuths
vnnd Grimmes. GOtt an jhm selbst kaner keinen Schaden thun / der ist jhm zu hoch
/ darumb nimbt er jhm für die besten Wercke Gottes anzugreiffen. Die heilige
Engel / ausser denen / die mit jhm waren abgefallen / waren durch das Exempel
jhrer abtrünnigen Gesellen schon gewarnet / vnnd durch Göttliche Güte im guten
bestättiget. Darumb findet er bey denselben nichts zugewinnen / vnd kehret sich
zu den Menschen / vnd nöthiget denselben mit List zum Abfall. Das geräth jhm /
stosset den Sitz Gottes im Menschen vmb / vnd setzet sich hinein an Gottes Statt
/ vn waren die elenden Menschen vnter deß Teuffels Macht vnd
Tyranney gebracht vnd gewonnen. Durch solche Boßheit hat der Bösewicht gar wol
verdient ewiglich verworffen zu seyn.
Was thut aber GOttes Barmhertzigkeit bey dem armen Menschen? Er erhöhet jhn sehr / in dem GOtt selbst ein Mensch geworden; vnd das muß dem Teuffel zum ewigen Schimpff vnnd Spott gerathen. Dann der Mensch / den er vnter sein Gewalt gebracht hat / wird nicht allein erfreyet / vnnd zu Gnaden wieder auffgenommen; sondern auch die Herrligkeit / die der Satan begehret / nemblich ein GOtt seyn / wirdt dem Menschen gegeben. Das kräncket jhn vnd wird jhn kräncken / so lang der Mensch ein GOtt bleibt: Allermeist dieweil nicht allein der einige Christus von Gott erhöhet / sondern so viel hundert tausent Menschen / in vnnd durch denselben zu Göttlicher Himmlischer Herrligkeit geführet werden / daß man mit Frewden singen mag: Gott vbet Gewalt mit seinem Arme; den hoffärtigen spitzfindigen Gewaltigen stosset er zu Boden / vnd erhöhet die niedrigen Seelen.
Auff diß Gnaden Gericht GOttes hat Maria Zweiffels ohn gesehen; vnnd wir sollen auch daran gedencken; wann wir mit der Maria singen wollen jhren Lobgesang: Meine Seele erhebe den HERRN.
Es ist dieser Lobgesang so werth in der Christlichen Kirchen gehalten / daß sie
jhn in Christlicher Versamblung jmmerdar gar offt abgesungen haben; vnd auch
vnter den fürnembsten Vrsachen ist / warumb der Historien von der Heimsuchung
Mariae ein eignes Fest zu gut angestellet / vnd anzustellen bey behalten wird /
auff daß diser Lobgesang der Gemeine zu gewisser Zeit erkläret wurde. Darumb
wollen auch wir auff dißmal eine kleine Zeit anwenden zu Erwegung dieses
Lobgesanges. Welches wie es in der Wahrheit
NAch dem das hochgesegnete / vnnd vber alle Welt hocherhabene Mägdlein / von der frommen alten Elisabeth höret hoch rühmen jre Glückseligkeit / vnd Heroischen Glauben: Gebenedeyet bistu vnter den Weibern / vnnd gebenedeyet ist die Frucht deines Leibes. Oselig bistu / die du glaubet hast! Deß solt sich wol manches Jungfräwlein erhoben haben. Aber Maria schlägt sich nieder / vnd erhebet Gott / macht jhn groß in jhrer Seelen / vnd singet jhm im Geist ein Frewden Lied.
Ihr gantzes Vorhaben spricht sie auß mit diesen Worten: Meine Seele erhebt den HERRN / vnnd mein Geist frewet sich GOttes meines Heylandes. Zweyerley setzet Maria: Ich erhebe den HERRN; Ich frewe mich deß HERRN. Redet also von einem frew den reichen Preiß / damit sie den HErrn / GOtt jhren Heyland preisen will.
Hie müssen wir acht haben / wohin diß Frewdenreich Preiß gehet / vnnd woher es kommen. Wohin gehet doch jhr frewdenreiches Preiß? Was gedenckt sie zu erheben? Vnnd was ists darüber sie sich frewet? Weil sie war die Gebenedeyete vnter allen Weibern / hatte sie wol bey jhr selbst eine solche Glückseligkeit für allen andern / dessen sie sich frewen könte. Aber sie frewet sich nicht vber jhre Gaben / so begehret sie sich auch nicht selbst zu erheben. Der HERR ists / GOtt jhr Heyland / welchen sie erkennet als den Vrsprung jhres Heyls vnnd jhrer Seligkeit; vber den frewet sie sich / den begehrt sie auch auffs höchst zu erheben / vnnd groß zu machen.
Es kan ja wol keine Creatur GOtt grösser machen als er so viel
hie das eine Theil erhoben wird / so viel wird das ander niedergedruckt.
Maria wie sie allein will den HERRN erheben; so begehret sie sich nirgends höher
vber zu frewen als vber den HERREN / jhren Heyland. Dann es ist die Frewde
zweyerley. Die eine ist fleischlich / vnnd gehet vber die Creaturen; die andere
ist geistlich / vnd gehet auff GOtt. Alle Gottliebende Hertzen hüten sich / daß
sie mit jhrer Lust vnnd Frewde nicht an den Creaturen kleben bleiben; lassen
dieselbe nur Handleyter seyn / die vns weiter weisen / nemblich auff GOtt. Als
wann man eine lustige Wiesen voller Blumen ansihet / das ergetzet den Menschen /
aber das Hertz soll nicht bleiben bey der Wiesen vnd bey den Blumen / sondern
soll sich zu dem Schöpffer erheben / als dem Vrsprung aller Schönheit. Hierumb
auch / wann ein Christ GOtt will loben vnnd dancken für etwas gutes / daß jhm
wiederfahren / muß er sich hüten / daß er sich nicht mehr frewe vber die Gabe
als vber den Geber. Mancher wann er ein sonderlich Glück in seiner Nahrung
bekommen / so er eine sonderliche Ehr vnnd sonst was liebes erlanget / spricht
wol: GOtt lob; wenig aber seynd die sich vber GOTT frewen / sie lassen das GOtt
lob im Munde bleiben / aber die Frewd deß Hertzens hanget an den Creaturen. Die
Probe ists / daß man nicht leyden kan / daß das empfangene Glück sich wieder
verliere; vnd wan man mit dem einigen GOTT nicht kan zu frieden
seyn. Aber die Marien Sinn haben / frewen sich vber GOtt viel mehr als vber
seine Gaben dann die Gaben zu solchem ende gegeben werden / daß der HErr vns
möge lieb werden. Hierumb ruffet auch die Schrifft: Frewet euch im HErrn
allewege.
Woher muß aber das frewdenreiche Lob GOttes fliessen? Der Maria Preiß steiget auß
dem Geist vnd auß der Seelen. Sie spricht nicht schlecht: Ich lobe / ich frewe
mich; sondern: Meine Seele lobet; mein Geist frewet sich. Sie erweckt den
gantzen innerlichen Menschen mit allem Vermögen Leibs vnnd der / ist nötig / daß wir Gottes
Werck vnd Gnad wol verstehen vnd wol erwegen. Dann was nicht vor im Hertzen wol
erwogen wird / das kan auch nicht von Hertzen gehen. Daher kompts / daß das
Dancksagen der Christen / so kalt ist; dann es ist im Hertzen nicht warm gemacht
/ das ist / es werden Gottes Gnadenwerck im Hertzen nicht recht erwogen.
Das Vorhaben der Jungfrawen Mariae haben wir gehöret / wie sie sich von Hertzen vber GOttes Güte vnnd Barmhertzigkeit frewet / als will sie auch von Hertzen den HERRN / GOtt jhren Heyland erheben; nun müssen wir auch auff die Vrsach sehen / dadurch Maria zu diesem frewdenreichen Preiß bewogen ist / wie dieselbe den gantzen Lobgesang hindurch angezeyget wird.
Die Gaben GOttes müssen zwar so hoch nicht von vns gehalten werden / daß wir in
denselben mit vnserer Hertzens frewde beruhen bleiben / dennoch haben sie die
Krafft / daß sie Frewde in vns erwecken. Die Gabe die Mariam frölich macht / ist
vorhin von der alten Elisabeth gerühmet mit diesen Worten: Gebenedeyet bist du
vnter den Weibern / vnnd gebenedeyet ist die Frucht deines Leibes; O selig bist
du / die du geglaubet hast.
Darumb betrachtet sie solch Werck / zu erst als eine grosse
Maria nennet sich deß HERRN Magd. Es ist sonst eine Ehre / wann einer sich rühmen kan / er sey GOttes Knecht oder Magd. Hie aber ists ein Zeichen der Demuth. Da sie GOtt gemacht hatte zur Mutter seines ewigen eingebornen Sohns / will sie sagen; HERR wer bin ich? Ich bin nicht werth daß ich soll deine Magd heissen / vnnd du hast mich erkoren / daß ich soll seyn die Mutter deines Sohns.
Diese Magd deß HERREN betrachtet sich in zweyerley Standt; im Stande der
Niedrigkeit / vnnd im Stande der Erhöhung / in dem sie sagt: GOTT hat die
Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Die Niedrigkeit ist zweyerley / die eine im
im Glück / die andere im Gemüthe. Dann mancher ist niedrig im Glück / vnnd mag
bey seiner Betteley noch einen stoltzen Muth führen: Hingegen ist mancher an
Glück reich vnd hoch / vnd darff doch wol recht niedrig vnnd demüthig im Hertzen
seyn. Bey Maria hat sich gefunden Niedrigkeit beydes am Glück vnnd im Hertzen.
Wann sie heute solte in der Welt leben / müste sie bey anderen prächtigen Damen
vnd Courtisannen wenig gelten; eben wie Christus / wann er leiblich vnter vns
wohnen solte / bey den Herren Chevaliers in der Welt wenig würde geachtet
werden. Doch ist Maria glückselig / dann GOtt hat jhre Niedrigkeit angesehen. So
lang wir in Noth vnnd Elend stecken / scheints als wann Gott
Vnd zwar ist Maria so sehr erhaben / daß sie billich für glückselig zu schätzen / wie sie dann in Demuth bekennet: Sihe von nun an werden mich seelig preisen alle Kindes Kind. Das demütige Marienhertz begehret hie nicht von vns angebeten seyn / daß wir sie als eine Fürsprecherin bey GOtt sollen anruffen; die Ehre gehöret allein zu Christo jhrem Sohn / der ist der einiger Mitler zwischen GOtt vnnd Menschen. Maria will hie groß machen die Wolthat Gottes die er jhr gethan hat / welche so groß ist / daß alle Welt dieselbe hoch preisen werde. Kurtz vorhin hatte die fromme Elisabeth sie selig gepriesen: Gebenedeyet bistu; O wie selig bistu Maria! darauff sihet das demütige Jungfräwlein / vnd spricht: Ja freylich muß ich gestehen / daß für allen andern ich in Gnaden angesehen bin; vnd du meine liebe Elisabeth / wirsts nicht alleine seyn / die mich glückselig preiset; sihe von nun an werden mich selig preisen alle Kindes Kind. Dann es wirdt allenthalben biß zum Ende der Welt geprediget vnd erkandt werden das Heyl vnsers Gottes / vnd der Segen der da wird fliessen auß der Gebenedeyten Frucht meines Leibes. Also erkennet Maria / vnnd preiset nicht allein die Wolthat Gottes / sondern weissaget auch von dem Reich jres Kindes / wie dasselbe würde ewiges Heyl herfür bringen vnd predigen lassen.
Es fahret Maria fort / vnnd preiset die Barmhertzigkeit die GOTT an jhr gethan /
als ein sonderbar groß Gnadenwerck
Das ist freylich ein wunderbar groß Ding / darüber sich alle Vernunfft verwundern
muß / daß sie eine Jungfraw Mutter ist; noch wunderbarer vn
grösser ists / daß der Allmächtige Gott ist die Frucht jhres Leibes / vnd der
ewige Schöpffer jhr natürlicher leiblicher Sohn / auß jhrem Geblüt vnd Samen
wahrer Mensch geworden. Darumb preiset sie in diesem grossen Werck GOttes Macht
/ Heyligkeit / vnd Barmhertzigkeit.
GOTT ist mächtig / vnd ist kein Ding bey jhm vnmüglich.
Dieser Göttlichen Tugenden gedenckt Maria in jhrem Gesang / nicht allein / daß sie in diesem sonderbaren grossen Werck GOttes / da GOTT Mensch geworden / insonderheit herfür scheinen / sondern auch daß dadurch das Werck Gottes recht groß gemacht werde.
Wo erscheinet die Macht Gottes mehr als in der Menschwerdung deß Sohns Gottes / vnd deß Menschen Erlösung? Wo leuchtet die Heyligkeit Gottes mehr / als da er seinen Sohn bereytet zu einer Heyligung der vnreinen verfluchten sündlichen Seelen? Wobey wird Gottes Barnthertzigkeit mehr erkandt / als da er seines Sohns nicht verschonet / sondern für vns alle dahin gegeben?
Dadurch wird nun das Werck daß Gott an Maria gethan groß gemachet / wie sie dann
singet: GOTT hat grosse Dinge an mir gethan. Sie hat sich vorhin genennet eine
niedrige elende Magd. Damit bekennet sie erstlich jhre Vnwürdigkeit / welche
wann sie schon alles gethan hat / was sie kan vnnd soll / seine
Barmhertzigkeit wäret jmmer für vnd für / bey denen die jhn fürchten.
Das gehet vns alle mit an / wie vnwürdiger vnnd elender wir seyn / wie höher die Erlösung ist / die Gott vns in seinem Sohn bereytet; vnnd wie mehr wir GOttes Macht / Heyligkeit vnnd Barmhertzigkeit zu preisen haben.
Insonderheit preiset die liebe Jungfraw allhie die sonderbare
Hie muß man zween Hauffen machen / vnnd auff eine Seiten stellen was stoltz vnnd hoch ist / auff der andern Seiten was niedrig ist vnnd arm. In der mitten muß man GOtt stellen / als einen gewaltigen grossen Riesen / der Gewalt übet mit seinem Arm. Gottes Arm ist seine Macht. Diesen Arm hat er außgestreckt vber Egypten / vnnd Israel auß geführet mit einem starcken Arm. Denselben Arm streckt er noch auß / vnd übet Gewalt / daß jhm niemand wieder streben kan; den einen stosset er vom Stul herunter zu Bodem; den andern der im Staub ligt / erhält er.
Zu dem ersten Hauffen zehlet Maria erstlich die hoffärtig seyn in jhres Hertzen
Sinn / die mit hohen Gedancken vnnd stoltzen Anschlägen vmbgehen / entweder da
sie sich gegen Gott vnd seine Warheit zu setzen gedencken; oder da sie eygen
Nutz vnd Auffnehmen suchen. Viel ligen auff jhren Lägern vnd trachten / wie sie
mögen hoch vnd in der Welt erhaben werden / oder wie sie mögen groß Macht vnnd
Reichthumb zusammen bringen / solt es auch geschehen mit deß Nächsten Schaden.
Das seynd allesampt Leuthe / die hoffärtig seyn in jhres Hertzen Sinn. Wie
gehets jhnen? GOtt zerstrewet sie; wie Sprew für dem Winde / so werden sie mit
all jhren Anschlägen für Gott stehen. Gott verruckt jhnen das Gehirn vnd
verwirret sie / daß sie nicht wissen / wo sie mit jhrer Weißheit vnd Anschlägen
hinauß sollen / daß sie auch jhr eygen Vnglück nicht sehen. Gott sihet jhnen wol
ein wenig zu / vnd läßt sie fein kühn einher gehen / in jhrem stoltzen Sinn vnd
Vornehmen; aber er gedenckt vnter dessen: Man her / Man her / du wirst recht
anlauffen / vnd ehe sie es wissen / so ligen sie im Koth mit all jhren
Anschlägen. Also vermeynte Pharao / er hätte das Volck Israel schon im Sack /
vnnd gedachte nicht anders / nun müssen sie herhalten / aber es ward jhm sein
stoltzer Sinn also verwirret / daß er sein Vnglück nicht sahe / lieff grad ins
Meer hinein / vnnd ersoff mit seiner gantzen Macht. Also verruckten auch die
Zum andern / zehlet Maria zu dem ersten Hauffen die Gewaltigen. GOTT verwirfft nicht schlechter Dings die Gewaltigen. Dann GOTT ist auch gewaltig / vnnd gibt Gewalt den Menschen Kindern / als eine Gabe zum gemeinen Nutzen. Hie wird aber geredet von den Gewaltigen / die jhren Gewalt brauchen wieder GOTT / vnd jhren niedrigen Nächsten. Die grossen Herren in der Welt verlassen sich gern auff Macht vnnd Gewalt / wollen jederman pochen vnd vnterdrucken. Was sagt Maria von jhnen? Er stosst sie vom Stul / er nimpt jhnen jhr Gewalt / vnd machts ein Ende mit jhrem Regiment. Erlässt sie zwar ein Zeitlang sitzen bey jhrer Gewalt; daß er seine demütige gedultige Christen ein wenig übe / vnd die Gottlosen straffe; vnd wie wolte sie Gott vom Stul stossen / wann sie nicht vor auff den Stul gesetzet weren? Darumb müssen sie so ein wenig sitzen vnnd Gewalt üben. Wanns dann GOTT gefällt / schlägt er zu: Herab vom Stul jhr Herren; jhr habt lang genug Gewalt gebraucht / laßt mich nun auch ein wenig Gewalt brauchen. Der allerschwerste Fall ist / wann die Gewaltigen Herren gestürtzet werden von jhrem Pracht vnd Macht in Abgrund der Höllen hinein.
Zum dritten / zehlet Maria zu dem ersten Hauffen die Reiche /
Gleich wie GOTT nicht bloß vnd schlechter Ding die Mächtigen verwirfft / also
ist er auch nicht bloß vnd schlechter Ding dem Reichthumb feind; dann es ist ja
seine Gabe. Hie wirdt aber lischen. Deßgleichen seynd auch geistlich für
reich zu achten / die keine Sünde bey jhnen fühlen / sondern so voller Weißheit
vnnd Heyligkeit seyn / daß sie keiner andern bedörffen. Was sagt doch vnsere
Meisterin von solchen Reichen? Er läßt sie lähr / er läßt sie lähr hinziehen;
lähr so wol an zeitlichen Gütern als an geistlichen Gütern. An zeitlichem Gute
macht GOtt sie lähr / wann er entweder bey Lebenszeit jhre Güter jhnen entziehet
/ oder durch den Todt sie von den Gütern ziehet / da sie allererst lähr müssen
hinziehen / vnnd wie sie nichts mit sich gebracht / also auch nichts mit sich
hinweg nehmen. Erlässet sie auch hinziehen lähr an geistlichen gütern. Dann
gleich wie der Mensch keinen appetit hat zum Brod / wann der Leib mit Speiß
vberfüllet ist / also wann der Mensch sich mit zeitlichen Gütern vberladet / vnd
damit seine Begier de sättiget / vnnd dagegen den Seelenmangel nicht erkennet /
so hat er kein Verlangen nach den Himlischen Gütern / vnd weil er
kein Verlangen darnach hat / so strebt er auch nicht darnach / vnd erlanget sie
auch nicht. Es ist bey jhm aller Evangelischer Trost vergebens / vnd wann er
auch tausend Trostpredigten höret / schmecket er dennoch den Trost nicht. Vnd
wann dann ein solcher Liebhaber der Welt stirbet / da muß er das zeitliche Gut
verlassen / vnd das Ewige kan jhm nicht werden / da muß er dann recht lähr
hinziehen / lähr von allen Gütern / lähr an Leib vnd Seel in Ewigkeit. Das
heißt: GOTT läßt die Reichen lähr.
Zu dem andern Hauffen zehlet die Mutter GOTTES die Elenden vnnd die Hungerigen.
Hiedurch verstehen wir nicht einen jeden armen Bettler. Nichts haben ist an jhm
selber kein Lob. Hieher gehören solche Leuthe / die Jammer vnd Dürfftigkeit bey
jhnen finden / vnd in der Welt weder Trost noch Reichthumb haben / damit sie
sich befriedigen können. Wann ich ein Christ bin / vnnd habe die gantze Welt
voll Silber vnnd Gold / so lischen / welchs die
rechten Güter seyn. Deß Zeitlichen wirdt hie nicht groß geachtet / als welches
auch bey den Gottlosen zu finden. Wann aber den Gottseligen ein zeitliches Glück
wiederfähret / erheben sie jhr Hertz zu dem rechten ewigen Seelen Gut / vnnd
gedencken / sihe diß ist nur Spielwerck: Daß ich in GOtt reich bin / vnd in GOTT
geehret werde / ach was muß das für eine Seligkeit seyn? Daher die Heyligen wann
sie GOtt dancken für einen zeitlichen Segen / mehr auff das geistliche Gut / als
auff das zeitliche sehen / wie die fromme Hanna / nach dem sie den Samuel
geboren / vnnd der alte Zacharias / wie er den Johannem empfangen.
Es soll aber niemand zu dieser Gnad kommen / er sey dann bey jhm selbst niedrig
vnnd arm. Wer nicht niedrig ist / den will GOTT nichterheben. Er leydet nichts
vber sich / nichts neben lischen Gütern / er sey dann hungerig. Der den Jammer
seiner Seelen nicht will erkennen / dem wird auch kein Seelentrost nutz.
Damit preiset nun Maria GOttes Leuthseligkeit vnnd Freundligkeit / daß er sich
deß Niedrigen annimpt. Sie köndte gedencken auff das Wüten Herodis / welcher
allerley Anschläge vornahm wieder den Messiam / seine Geburt zu wehren / vnd
wuste nit daß die arme Magd Maria den König der Jude solte zur
Welt tragen / also ward er zu nicht mit all seinen Anschlägen. Maria könte
gedencken an die stoltze Anschläge deß Sathans / wie derselbe darnach getrachtet
/ die arme Menschen ewiglich vnter sein Joch zu bringen. Sie köndte gedencken /
wie der reiche vnnd mächtige Hauff in der Welt dem Reich GOttes feind ist / vnd
hingegen das arme Israel sehr bedrengt / vnd insonderheit das Hauß David sehr
geniedrigt war. Sie gedachte auch auff jhre eygne Person. Wann dann Gott das
stoltze vnd hohe niederstoßt / vnd das niedrige vnnd demütige erhebt / deß
frewet sich Maria / vnnd preiset GOttes Leutseligkeit.
Bey solcher Weise bleibt Gott auch wol / so lang die Welt stehet. Dann was Maria
hie singet / hat jhr Großvatter David
Tolluntur in altum, ut lapsu graviore ruant. Hingegen läßt er die Niedrigen ein Zeitlang in jhrer Niedrigkeit je länger je tieffer sincken / daß er sie deßzu mehr erfrewe / wann er sie erhöhet zu seiner Zeit. Wir sehen wie der Donner vnnd starcke Winde hohe Thürne / vnd starcke Eychbäume niederschlagen / aber das schwache Rohr bleibt für jhnen stehen. Also nimpt Gott der HERR offt einen grossen König / als den Saul / beym Kopff / vnd schmeist jhn zu Boden; vnnd nimpt einen elenden Hirten / als den David / vnd setzet jhn ein zum Könige. Diesem geben Zeugnuß mit jhrem Exempel Joseph / Esther / Mardachai / Haman / Nebucadnezar / vnd alle Historien / geistliche vnd weltliche / seynd voll derselben Exempel.
Es ist noch eins vbrig in vorhabendem Lobgesang / dann daß Israelis.
Beydes geschicht nach Gottes Verheissung / wie er geredet hat. Nemblich daß GOTT seinen Sohn sendet / vnd daß er durch denselben eine ewige Barmhertzigkeit anrichte. Dahin gehören alle Verheissungen von Christo. Mercke aber wie Maria saget: Daß die Verheissungen / die Gott den Patriarchen vnd Altvättern gegeben / Abraham vnnd seinen Saamen angehen / das ist / die Glaubigen / wie Paulus es erkläret zun Römern am 4. Also finden wir alle Stücke der Seligkeit / Glaub vnd Verheissung / den Versöhner / vnd Barmhertzigkeit.
Hiemit endiget sich der Lobgesang Mariae / der soll auch nun vnser seyn. Wir
haben Vrsach mit Frewden GOtt zu loben / dann er hat nicht allein an der
Jungfrawen Marla groß Ding gethan / sondern dem gantzen armen Israel / einer
jeglichen demütigen Seelen; denen hilfft er auff durch Christum / vnnd erfüllet
sie mit reichen himlischen Gütern. Heylig / Heylig ist vnser Gott
/ der so grosse Dinge an vns gethan hat.
Es beschawe sich aber ein Christ in diesem Lobgesang / als intisua dona.
GOTT hat das arme Marien Mägdlein weit vber alle.
Hie were nicht Wunder; wann Maria were in Hochmuth gefallen / tieffer als der Lueifer / wie dann insonderheit daß weibliche Geschlecht zum Hochmuth sehr geneiget. Manches Mägdlein solte für Hochmuth sich selbst weiter nicht kennen. Was thut aber diß Jungfräwlein? Sie kützelt sich nicht darüber / rühmet sich nicht hoch / sondern gibt Gott die Ehre / vnnd demüthiget sich mit Worten vnd Wercken; da sie wol die alte Elisabeth hätte können zu sich fordern / vnd jhr entbieten lassen; die Mutter deß HERREN läßt dir sagen / du solst zu jhr kommen / so gehet sie durch einen rauhen Weg zu jhr / vnnd da jhr billig die gantze Welt hätte sollen auffwarten / dienet sie andern. Dann daß sie bey der Elisabeth geblieben bey drey Monden / geschahe nicht auß Wollust / sondern daß sie jhr dienete vnnd Handtreychung thäte / wie eine andere Haußmagd. Wie sie von dem Engel gegrüsset wird: Du Gebenedeyte vnter den Weibern: Erniedriget sie sich mit Demuth: Siehe ich bin deß HERRN Magd. Ebenmässig / da sie von der frommen Priesterlichen Matronen also angeredet wirdt: Gebenedeyet bistu vnter den Weibern: O selig bistu / die du glaubet hast! Erkennet sie Gottes Gnade vnd jhre Vnwürdigkeit / gibt Gott die Ehr in Demuth vnd spricht: Der HERR hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Es ist jhr nicht so lieb / daß sie die gebenedeyte Mutter ist / als daß durch jhren Samen dem armen Israel solte auffgeholffen werden.
O wie ist vnser Hertz so gantz anders / als der keuschen Marien!traria in elatione pravitas.
So lerne nun von jhr / was du thun solt / wann du sihest daß
Erstlich vnnd vor allen Dingen müssen wir vns hüten für
Also mögen wir GOttes Gaben erkennen vnnd bekennen / aber stoltz werden müssen wir nicht. Dir mustu im geringsten keinen Ruhm zueygnen / noch Ruhm von jemand begehren; du must deiner Gaben halben vber andere dich nicht erheben / sondern demütig vnnd fre undlich erzeygen gegen jederman / auch andern gerne dienen; nur jmmer herunder / vnnd wie höher du bist / wie mehr Gaben du hast / wie tieffer du dich demütigen sollest. Von allen deinen Gaben gebühret dir nicht der geringste Ruhm. Vnd wann du es recht bedenckest / hast du gantz keine Vrsach dich zu erheben. Dann er stlich / hastu schon etwas / so mangelt dir doch noch viel; hernach / was du hast ist nicht dein / kompt auch nicht von dir / sondern von GOtt; vnnd endlich / wie es GOtt gegeben hat / so kan ers auch wieder nehmen stündlich vnnd augenblicklich / wanns jhm gefällt hinweg nehmen. Vnd wann er es dir entweder hie noch bey deinem Leben / oder durch den Todt genommen hat / wo ist dann dein Hochmuth? Dazu bedencke wol / daß durch Hochmuth / die aller schönsten Gaben befleckt werden. Dann wie Demuth ist eine sonderliche Zier der hohen Gaben; also ist Hochmuth derselben Verderb.
Wann du zum aller geschickten werest / vnd alle Tugenden hättest / vnnd werest
dabey hochmütig / das verdürb den gantzen Quacke. Dazu kompt noch dieses /
welches das grösseste / daß GOTT den Hochmütigen Spinnenfeind ist. Ich möchte
wol wissen / was ein Hochmüthiger für Gedancken hätte / wann er diesen Lobgesang
Mariae höret. Dann da höret er sein Verderben. GOtt stosset die Gewaltigen vom
Stule / vnnd erhält die Niedrigen. Ach du hochmüthiges Hertz / wo du Vernunfft
hast / kanst du nicht anders schliessen / als so: Lieber GOTT / du hast je vnnd
allewege die Hochmütigen gestürtzet / vnd dich der Demütigen erbarmet. Nun habe
ich keine Lust zur Demuth. Darumb achte ich du wirst mich stürtzen. Vnd das ist
recht geschlossen / das fehlet nicht? Ist das nicht genug / so setze ich hinzu /
was der HERR saget beym Evangelisten Luca am 16. Cap. Was hoch ist vnter den
Menschen
Dargegen solstu allwege deine Vnwürdigkeit erkennen / vnd mit dem Patriarchen
Jacob sagen: HERR ich bin zu gering
Also müssen wir vns in den Gaben demüthigen vnnd nicht erheben / welches dann
eins ist / daß hie zu thun. Hernach zum andern / sollen wir die Gaben GOttes
annehmen als Handt-Leyter / die vns vber sich zu Gott führen. Die gemeine
Gewonheit ists / an der Gabe bekleben bleiben. Ein Gülden kan vns mehr
Zum dritten / sollen wir vnter allen Gaben vnnd Wolthaten dieses lassen das
fürnembste seyn / daß wir Christum im Hertzen tragen. Dann das ist das Hauptgut
/ dadurch wirdt dem armen Israel auff geholffen. Daß Maria jetzt selig gepriesen
wirdt von Kindes Kind / geschicht darumb / daß sie einen solchen Menschen an die
Welt getragen / der die rechte Seligkeit in vnser Hertz bringen kan. Gegen
dieser Seligkeit ist gering zu achten / daß Maria Christum leiblich vnter jhrem
Hertzen getragen / dann darinn hat sie vns zu dieser Seligkeit nur dienen
müssen: So ist auch dargegen gering zu schätzen / mit leiblicher
Blutfreundschafft Christo
Wann dann diß die fürtreffligste Gabe ist / die wirvon Gott bekommen / nemblich Christum haben: So soll auch vnser Hertz vnd Sinn dahin stehen / daß wir diese Gabe behalten / vnnd nicht verlieren. Behalte ich nur diß Gut / bin ich wol zu frieden. Was Gesundheit? Was Reichthumb? Was Hoheit? Das alles kan ich wol entberen. Alles was ist auff dieser Welt / es sey Silber / Gold oder Geldt / Reichthumb vnnd zeitlich Gut / das wäret nur eine kleine Zeit / vnnd hilfft doch nicht zur Seligkeit. Das bringet voll genüge / wann Christus in mir wohnet / vnd ich in Christo.
Es kan aber keinem besser gerathen werden / der Lust zu solcher Seligkeit hat /
als daß er bleib bey der Demuth / vnnd sey im Geist niedrig vnnd arm. Dann den
Demütigen erzeyget GOtt Gnade / wer seine Seele ersättiget mit vergänglichen
Lüsten / dem kan das Ewige nicht schmecken. Der Welt Freundtschafft ist GOttes
Feindtschafft. Deßgleichen die keiner Sünde achten /
So fasse nun ein jeglicher Christ / die recht Christliche Art vnter GOttes Gaben sich recht zu verhalten. Erhebe dich nicht in deinen Gaben; doch frewe dich vber deinem GOtt / der dir gutes thut / vnd laß das allwege dein bestes seyn / daß du Theyl an Christo hast / darumb trachte auch darnach / daß du solches Theyl nicht verschertzest. Mit dem andern gehe es / wie GOtt will / behalten wir diß Theyl / können wir vns ohn vnterlaß frewen in dem HERREN / auch in Trübsal; vnd werden vns frewen ewiglich. Hilff GOTT allezeit.
Amen.
V. 7. VNd es erhub sich ein Streit im Himmel / Michael vnd seine Engel stritten mit dem Drachen.
V. 8. Vnd der Drach stritt vnd seine Engel / vnnd siegeten nicht / auch ward jhr Stätte nicht mehr funden im Himmel.
V. 9. Vnd es ward außgeworffen der grosse Drach / die alte Schlange / die da heißt der Teuffel vnd Satanas / der die gantze Welt verführet / vnd ward geworffen auff die Erde / vnnd seine Engel wurden auch dahin geworffen.
V. 10. Vnnd ich hörete eine grosse Stimme / die sprach im Himmel / nun ist das Heyl vnnd die Krafft / vnd das Reich / vnnd die Macht vnsers Gottes / seines Christus worden / weil der verworffen ist / der sie verklaget Tag vnd Nacht für Gott.
V. 11. Vnnd sie haben jhn vberwunden durch deß Lambs Blut / vnnd durch das Wort
jhrer Zeugnuß /
V. 12. Darumb frewet euch jhr Himmel / vnnd die darinnen wohnen.
EIn wunderlich vnnd schröcklich Gesicht / wirdt in der heimlichen Offenbahrung Johannis am 12. 13. vnnd 14. Capitel fürgestellet / von einem schwangern vnnd gebärenden Weibe / welches von einem vngehewren grewlichen Drachen verfolget wird. Solches gehet / wie dieselbe gantze Offenbarung / dahin / daß sie zeyge vielfältige Art vnnd Angst / so die Gemeine Christi vberfallen werde / darunter sie doch allezeit Errettung findet. Mitten in der Verfolgung ist sie fruchtbar / vnd hoffet auff die Erscheinung deß grossen GOttes jhres Heylands Jesu Christo / da sie völligen Sieg wieder den Satan vnnd seinen Anhang erlangen wird. Das Lamb auff dem Berge Zion schlichtet zuletzt alle Sachen / vnd schaffet ab alle Wercke der Finsternuß.
Ich laß seyn / daß in dem Gesicht / welches auff dieses Fest erkläret wird / auff
eine absonderliche Zeit gesehen werde / da insonderheit die Kirche Christi
fruchtbar gemacht / darüber der Satan ergrimmet / der Kirchen hart zugesetzet /
wobey aber Christus nicht still gesessen / sondern sein Häufflein dennoch
geschützet vnd erhalten. Wie ein solches Glück die Kirchen zur Zeit Constantini
Magni getroffen / da nach eusserlicher Verfolgung / vnnd vielen Blutvergiessen /
die Kirche endlich Lufft bekommen. Also daß das Erkantnuß Christi weit vnter
alle Heyden außgebrochen / vnd die Finsternuß vertrieben / dagegen aber der
Sathan einen innerlichen Streit erweckt / durch Verkehrung der Erkändtnuß
Christi / dadurch die Kirche Christi in grosse Noth vnnd Angst gerathen / als
Wir wollen aber bey Erklärung deß Streits so sich im Himmel erhoben / nur bleiben
bey dem gemeinen Glück der Christenheit / daß sie muß streiten vnd dennoch
siegen. Da wir fürauß
Erstlich wird eingeführet ein Weib / welches alles Vnglück vber sich muß gehen
lassen. Das Weib ist die Kirche / welche bequemlich vnter dem Bilde eines Weibes
fürgestellet wird. Dann sie ist eine Braut Christi / dennoch schwacher vnnd
blöder Natur / die nicht grossen Beystandt von der Welt zu warten hat. Diß Weib
ist mit der Sonnen bekleydet. Daher hat sie Liecht vnnd Wärme. Sie leuchtet für
GOTT vnnd Menschen. In der Welt stehet sie nicht im verborgen / sondern scheinet
wie ein Liecht auff dem Berge. Für GOTT leuchtet sie in der Gerechtigkeit
Christi. Vnd wann sie brünstig wird in der Liebe Gottes / so wird sie angezündet
von der Hitze Christi. Der Mond ligt vnter jhren Füssen. Will man durch den Mond
die heylige Schrifft verstehen / als welche jhren Schein von der Sonnen Christo
empfähet; so muß man sagen / daß die Kirche auff die heilige Schrifft gegründet
ist; will man aber durch den Mond verstehen / das wandelbare Wesen dieser Welt /
so muß man sagen / daß der Mond von diesem Weibe zutretten werde. Sie ist
gekrönet / dann sie ist herrlich gemacht in Christo. Sie hat zwölff Stern vmb
jhrem Haupt. Das seynd die trewe Lehrer / die in der zwölff Apostel Fußstapffen
tretten. Diß Weib ist schwanger vnnd gebiret. Die Geburt ist Christus mit seiner
Erkantnuß vnnd heyligem Leben. Christus ist hie Vatter vnd Kind. Er besamet vns
durch sein Wort vnd Geist / vnd wohnet in vns als im Tempel / er seufftzet in
vns / vnnd dringet mit vns durch den Todt zum Leben. Die Angst dieser Geburt ist
Hierauff erscheinet ein anders vnd schröckliches Bild / nemblich eines Drachen / vnnd bedeutet den Satan. Der ist ein grosser Drach / dann er hat grosse List / groß Gewalt / groß Anhang. Ein roter Drach / dann er ist blutgierig. Er hat sieben Köpffe / anzudeuten / wie listig vnd verschlagen er sey / vnnd wie jhm die Klugen vnd Verschlagne in der Welt zu Dienst seyn. Auff seinen Häuptern hat er zehen Hörner. Rath ohn Nachdruck ist nicht groß zu achten; hie ist Witz vnnd Stärcke beysammen. Seine Häupter seyn auch gekrönet / anzudeuten / wie seine Anschläge groß Ansehen haben / alldieweil die grosse ansehnliche Leute mit jhme im Rath sitzen. Diß ist die Gestalt deß Drachens. Sein Arbeit ist / daß er mit seinem Schwantz die Stern vom Himmel ziehe. Wie mancher / der an Gaben / Hoheit vnnd Ansehen in der Kirchen wie ein Stern geleuchtet / ist vom Anhang deß Satans gefället / vnd gantz jrrdisch geworden? Daran hat er nicht genug. Er begehret das schwanger Weib gantz zu verschlingen. Darumb stellet er sich für das Weib / suchet Gelegenheit die Kirche mit jhrem Samen vnnd Nachkommen zu vnterdrucken / vnnd verdecket listig seine Anschläge.
Die Gestalt der beyden himlischen Zeichen / die dem Johanni im
Himmel erschienen haben wir gesehen / darauß wir erkennen / daß das elende Weib
in keiner kleinen Noth stehe. Darumb wir weiter zuvernehmen haben / was sich mit
dem schwangern Weibe in dieser Noth begeben. Sie gebäretein Knäblein für dem
Angesicht deß Drachens. Die Kirche lehret offentlich / vnd ziehet auff
Gottesfürchtige Lehrer. Das geboren wird ist ein Knäblein. Der Glaub an Christum
bey den Bekennern vnnd Lehrern Christi / ist muthig männlicher Art zu stehen vnd
zu streiten für Gottes Nam vnd Ehre. Deß Knäbleins Beruff ist / daß er alle
Heyden soll weiden mit der eisernen Ruthe. Was Christi eygenthumliches Werck
Dieses wie es zu erst dem Johanni im Gesicht erschienen / ehe er den Krieg im
Himmel gesehen / also haben wirs auch zur Vorbereytung betrachten wollen / vnd
sehen darauff nun ferner auff den Streit selbst / der sich erhebt im Himmel
zwischen Michael
IN allen Kriegen fraget man zu erst nach den Fürsten vnndtiae
praelii.
Hierüber erhebt sich nun ein Streit im Himmel. In dem Himmel darinn Gottes
Herrligkeit sich offenbaret / darff der Satan nicht kommen. Aber hie auff Erden
hat er noch Raum genug. So muß man wissen / daß hie auff Erden auch ein Himel sey / vnnd
Wann dann gesagt wird / daß der Streit gehalten im Himmel / wirdt nicht allein
der Orth / sondern zugleich die Vrsach mit angedeutet / daß es nicht ein
leiblicher sondern geistlicher Streit sey / darinn man nicht streit vmb Geldt /
oder jrrdische Güter / sondern vmb ein himlisch Gut. Eben wie zum
Ephesern am 6. dem Feinde zugeeygnet wird eine geistliche Geschwindigkeit / die
er verübet in himlischen vnd Göttlichen Sachen.
Nun / was haben wir hie für streitende Partheyen? Michael
Der Drache ist vns schon abgemahlet. Seine Engel seyn nicht allein viel andere tausent Teuffel die jhrem Obristen folgen; sondern auch alles was vnter den Menschen Kindern dem Satan anhanget / vnd wieder Christum vnd Christi Glieder dienet.
Der Satan streitet heimlich vnd offentlich. Groß Gewalt vnnd viel List / sein
grawsam Rüstung ist. Er ficht vns an mit List vnd Practicken / mit Liegen vnd
Triegen. Das hat er rechtschaffen bewiesen an der Eva. Eben so stellet er vns
noch nach / der rechtglaubigen Sinn zuverrucken / in Lehr vnd Leben. Er ficht
vns
Das eine streitende Theyl haben wir gesehen / das ander führet der grosse Fürst
Michael. Es kan seyn / daß einer vnter den erschaffenen Engeln ist / der den
Nahmen Michael führet. Hie aber in diesem himmlischen Streit muß Michael seyn /
der grosse Gott vnnd vnser Heyland Christus JEsus. Dann dieser allein ist der
rechte Fürst seines Volcks / der für sein Volck streitet. Michael heisset; wer
ist wie GOTT? Der Name schickt sich fein bey Christo: Der ist das wesentliche
Bild GOttes / ein Glantz der ewigen Herrligkeit / vnd ist niemand jhm gleich an
Krafft vnd Herrligkeit. Ein tröstlich Bild ists / daß Christus selbst in diesem
Streit zugegen / vnd der Hertzog ist / biß zur Welt Ende. Er ist zwar von jhm
selbst starck genug / dann wer ist wie Gott? Dennoch führet er seine Engel mit
in den Streit / vnd kompt auffgezogen mit vnsichtbaren vn
sichtbaren Engeln. Wie die vnsichtbare heylige Engel vmb die Kinder GOttes Wacht
halten / kan man sehen auß der Historia Elisae / welchem ein Berg voll fewriger
Reuter erschienen. Propheten / Lehrer vnd Prediger seyn die sichtbare Engel von
GOtt gesandt / vnnd mit Göttlicher Krafft angethan. Mit denselben ziehen auff
viel hundert tausent Christen. Dann ein jeglicher Christ muß hie mit in den
Krieg. Doch stehen Lehrer vnnd Prediger forn an in den Spitzen / dann die führen
das Ampt / welches vnmittelbar auff den Sathan stosset / vnnd welchem der Sathan
zum meisten widerstehet.
Wann wir nun die Vmbstände in dem himmlischen Streit
Zu erst sagt der Text: Sie siegten nicht / oder / sie haben nichts vermöcht.
Daher soll er von einem Christen nur für ein ohnmächtiger Geist gehalten werden
/ wie sauer er sich auch stellt. Zum andern: Ihr Stätte ward nicht mehr funden
im Himmel. Gleich wie der Satan außgestossen auß dem Himmel / darinnen GOttes
Herrligkeit sampt den außerwöhlten Engeln wohnet / also hat er auch kein
Regiment im Reich Christi / nach seinem Willen darinnen zu regieren. An den
himlischen Gemüthern / so lang sie himmlisch seyn / hat der
Satan kein Antheyl. Zum dritten / Er ist außgeworffen / daß er nichts gilt mit
seiner Anklag / vnd was er wieder Christum / vnnd seine Gemeine beginnet. Er
heist Satauas / ein Wiedersacher / der sich Christo vnd der Kirchen Christi als
ein abgesagter Feinde wiedersetzet; doch ist er verworffen. Er heist die alte
Schlange / der die gantze Welt verführet. Wie er zu Anfang mit seiner List durch
die Schlange die Eva betrogen / so verstellet er sich noch listiglich gegen
aller Welt / sie zu verführen. Aber er ist verworffen. Er heist Diabolus, ein
lästerhafftiger Teuffel / der vns verlästert vnd verklagt bey GOtt Tag vnd
Nacht; aber er ist verworffen. Er heißt der grosse Drach / der nur jmmer will
vergifften vnnd tödten / aber er ist verworffen. Seine Macht ist zubrochen / in
seiner List ist er zu Schanden worden. Letzlich: Er ward geworffen auff die
Erden / vnd seine Engel wurden auch dahin geworffen. So lang vnser Wandel im
Himel ist / seyn wir für deß Satans Wüten wol verwahret; dann
seine Stätte ward nicht mehr gefunden im Himmel;
Aber jhr die jhr mit ewren Hertzen im Himmel wohnet / seyd getrost. Ewer
Wiedersacher vermag nichts wieder euch / so jhr euch nur selbst nicht jhm
vnterwerffet; seine Stätte wird nicht mehr gefunden im Himmel / er ist
außgestossen / vnnd ist geworffen auff die Erden. Hingegen hat gesieget ewer
Fürst Michael. Er hat gesieget / da er muste leyden vnnd sterben / wie
geschrieben stehet: Es kompt der Fürst dieser Welt / aber er findet nichts
an
Auff einen guten Sieg / gehöret ein gut Triumph Liedlein. V. 10. 11.e / die sprach im Himel: Nu
ist das Heyl / vnd die Krafft / vnd das Reich / vnd die sie haben jhn vberwunden / durch deß Lambs Blut / vnd
durch das Wort jhrer Zeugnuß / vnd haben jhr Leben nicht geliebet biß an den
Todt. Darumb frewet euch jhr Himmel / vnd die darinnen wohnen.
Diß Triumph Liedlein zeyget an das Frolocken der Himmel vber den Sieg Christi / vnd Niederlag deß Drachens. Der Sieg muß auff zweyerley Art betrachtet werden. Erstlich in Ansehung Christi / hernach in Ansehung der Außerwöhlten. Auff beyden Seiten wird hie was merckliches gesagt.
Von dem Sieg Christi ists geredet / wann der Himel singet: Nun ist
das Heyl vnd die Krafft / vnd das Reich vnsers Gottes / vnnd die Macht seines
Christus worden / weil der verworffen ist / der sie verklaget Tag vnd Nacht bey
GOtt. Diese Wort schreiben einen Sieg zu vnserm Gott vnd seinem Christo. Vnser
Heyland Christus / wird hie vnsers Gottes Christus genandt / weil jhn Gott zum
Heyland beruffen vnnd gesalbet hat. Wann nun gesagt wird: Nun ist das Heyl / vnd
die Krafft / vnd das Reich vnsers Gottes / vnnd die Macht seines Christus
geworden; Ist die Meynung / daß vnser Gott vnd sein Gesalbter / vnser Heyland
haben das Reich eingenomen / vnd bekommen Heyl / Krafft vnd
Macht. Von Anfang war das alles Gottes / der hätte sein Reich so wol im Hertzen
der Menschen als in aller Welt. Der Satan aber hat zu erst angefangen seinem
eygnen Kopff nachzuleben / vnnd hat den armen Menschen mit zu seinem Sinne
gezogen / damit war das Reich GOttes bey den Menschen zerstöret / da war kein
Heyl mehr für den Menschen / vnnd vnmüglich / daß der Mensch in solchem Standt
köndte selig lische Heer / daß Gott durch seinen Gesalbten
wieder das Reich bey den Menschen ernewert / vnd Heyl für dieselbe gefunden. Nun
ist offenbar daß Gott Krafft vnd Macht habe vber das Reich deß Sathans / damit
der Mensch selig werde.
Der Grund ist: Weil der verworffen ist / der die Menschen Kinder für GOTT
verklaget Tag vnnd Nacht. Merck hie zu erst deß Satans Ampt: Er ist ein Ankläger
/ der für GOtt die Menschen anklaget. Es ist keine Sünde so bald begangen / sie
wird alsbald für Gottes Thron gebracht. Gott bedarff keiner Anklage / er sihet
selbst alles / vnd kennet vns außwendig vnd inwendig. Doch bringts der Satan für
Gott / was vbels von Menschen gethan ist / erzehlts nicht allein / sondern
klagts an / fordert die Gerechtigkeit zur Straff / beruffet sich auff Gottes
gerechtes vnd vnwandelbares Gesätz: Du Allerhöchster vnd gerechter Gott / sihe
diß vnd das geschihet / bistu nun gerecht / so übe Gericht / gleich wie du an
mir Gericht geübet hast. Diß Anklagen treibt er Tag vnd Nacht. Darauß man
schliessen kan / daß er nicht allein die sündliche Werck für Gott
bringe; sondern auch das was gutes geschicht verlästere / weil er weiß daß wir
solche Leute / denen das böse anhanget / auch wann sie gutes thun / nach der
Bekantnuß Pauli. Sihe Menschen Kind / was du an dem Satan für einen Feind hast.
Er selbst lockt vnnd treibet dich zu allen Sünden / wann du gewilliget hast / so
verklagt er dich für Gott / vnd ruffet Gottes Gerechtigkeit an zu deiner
Verdamnuß.
Merck zum andern / wie viel diese Anklage bey GOtt gilt: Kürtzlich / sie ist
verworffen. Er ist verworffen der die Heyligen für Gott verklaget Tag vnd Nacht.
Wann das Gesätz solte in seinen Würden bleiben / also daß der Mensch nach deß
Gesätzes Gestrengigkeit gerichtet würde / so were die Anklag deß Sathans nicht
vergebens / dann er beruffet sich auff den Fluch deß Gesätzes.
Diese Verwerffung deß Satans ist der Grund deß Reiches Christi. Solte das Gericht vber den Menschen nach dem Gesätze gehen / wo wolte dann Christus mit dem Glauben bleiben? Wanns aber Christus dahin gebracht / daß der Mensch nicht darff nach dem Gesätz für Gott gerichtet werden / vnnd die Anklage deß Sathans die nach dem Gesätz geschicht / verworffen ist / hat er jm einen Weg bereytet zu seinem Reich. Da bekleydet er den armen Sünder mit seiner eygnen Gerechtigkeit / gibt jhm seinen Geist / vnd macht jhn zu einer newen Creatur. Da ist das Heyl / vnd die Krafft / vnnd das Reich vnsers GOttes / vnnd die Macht seines Christus worden / das ist gesungen von dem Sieg Christi.
Vom Sieg der Außerwöhlten Glaubigen singet das himlische Heer: Sie
haben jhn vberwunden durch deß Lambs Blut / vnd durch das Wort jhrer Zeugnuß /
vnd haben jhr Leben nicht geliebet biß in den Todt. Diese Wort zeygen drey
geistliche Rüstung / damit wir siegen / das Blut deß Lambs / das Wort vnserer
Zeugnuß / vnnd die Gedult. In dem Blut deß Lambs bestehet vnsere Versöhnung /
vnnd die Reinigung vnserer Christo nicht vorziehen. Dann wer sein
Leben liebet / der wirdts verlieren; wers aber hasset / der wirdts finden. Wer
hierinn beständig ist biß ans Ende / der soll gekrönet werden. Diß seyn die
Waffen vnserer Ritter schafft / nicht fleischlich sondern geistlich. Wer diese
Waffen niederleget / wird vberwunden. So lang aber diese Waffen in vnsern Händen
/ so lange siegen wir.
Das ists daß grosse Frewd im Himmel erwecket. Nun frewet euch jhr Himmel / vnd
die darinnen wohnen. Alles was Antheyl am Himmel hat muß sich frewen. Wie die H.
Engel Engel vnd Menschen einen Hauffen machen / vnd
zusamen stimmen: Nun ist das Reich vnsers Gottes / vnd seines
Christus geworden. Nun frewet euch jhr Himmel vnd die darinnen wohnen.
Das ist die Erklärung deß Streits / der sich im Himmel erhaben / vnnd deß
frewdenreichen Sieges / darauß ein Christ leicht verstehen kan / daß er mit
seinem Kriegsfürsten Christo JEsu jmer muß zu Felde ligen / vnd
manchen harten Puff erwarten / vnd dennoch die Hoffnung eines frölichen Sieges
dabey haben könne.
So ists euch nun kundt gethan / liebe Christen; jhr müsset im Streite seyn / vnd
ist kein Feind zu hoffen in diesem Leben. Es plaget zwar der Satan auch die
seinige / als Türcken vnd Heyden / erreget vnter jhnen selbst Krieg vnd Mord /
gehet mit jhnen vmb wie ein Tyrann mit seinen Vnderthanen; aber den Krieg führet
er eygentlich mit niemand als mit Christen / die er auch noch gedenckt auß dem
Himmel herauß zu ziehen. Wir seynd zwar im Himmel / vnd selige Leute / aber noch
im Streite / der Wiedersacher ist zwar auß dem Himmel verstossen / doch menget
er sich vnter die Kinder GOttes / eben wie vorhin / da er im Paradiß noch herumb
schlich / als er schon von Gott war abtrünnig worden. Es ist nicht zu glauben /
was für ein Treffen täglich in aller Welt vnter den Christen vorgehe. Wann mit
Augen könte angesehen werden der Kampff / sprach: Solt das Gott
gesagt haben. Er wehret daß das Wort entweder nicht gepredigt / oder nicht
geglaubet werde. Er widerficht bald durch Verführung vnd Ketzereyen / bald durch
Verfolgung / Grawsamkeit vnd Mord. Er schonet so wenig deß gantzen Hauffen der
Christenheit / als einer eintzlichen Seelen. Da muß keine Seele / die Christo
anhanget / vnangefochten bleiben. Die Bekümmernuß / Angst / vnd Wiederwärtigkeit
/ die man täglich für Augen sihet / vnd am Fleische fühlet / erkennet man leicht
/ daß jederman bekennen vnd sagen kan: Muß nicht der Mensch jmer
im Streite seyn? Aber was man mit dem Satan inwendig zu thun habe / erkennet
niemand / als allein dem die Augen recht wol erleuchtet seyn. Christus der zum
schärffsten sihet / hats seinen Jüngern offenbaret / was er gesehen: Sihe der
Satanas hat ewer begeret / daß er euch möchteer Christen sey. Auß Pauli
Darumb seyd nun gewarnet / einer so wol als der ander / daß wir nicht sicher vnnd
vnvorsichtig herein gehen / als sey der Satan ferne von vns. Gedencke nicht der
Satan sey in der Hölle / oder wohne bey den Mohren / weit genug von der Kirchen
Christi. Nein er ist mitten vnter vns / den Streit hält er im Himel / vnd nit vnter den Vnglaubigen / als welche er schon bezwungen hat. So
lang wir noch Glaubens Engel seyn / vnd nicht Schawens Engel / müssen wir noch
manchen Anstoß erwarten. Darumb laßt vns wacker seyn. Es ist nicht vmb ein
Handtvoll Erde zu thun / sondern vmb vnsern aller besten Schatz; nemblich daß
Christus nicht in vns empfangen werde / nicht in vns lebe / nicht mit vnserer
Seelen außfahren / vnnd ewiglich vereiniget bleibe. Diß ist das Kind / dem der
böse Feind nach dem Leben stehet. Lässestu dir diß Kind auß dem Hertzen nehmen /
so bistu vberwunden. Wirstu aber vberwunden / so gehörstu nicht mehr vnter
Christi Fahn / sondern must seyn ein Engel deß Satans. Darumb nimb dich wol in
acht.
Vergessts nicht / sondern bedenckts wol / was es für ein Feind ist mit welchem
jhr zu streiten habet. Er ist listig vnd verschlagen. Erstlich macht er vns die
geistliche Widergeburt verdrießlich vnd schwer / als ein pfaffisch Ding / daß
nur vnlustige Gedancken macht / er verschaffet / daß wir vns wahrer Gottesfurcht
schämen. Hingegen führet er vns auff einen Berg / davon er vns zeyget die Reiche
vnd Herrligkeit der Welt; vnd spricht: Wo du mich anbettest / so will ich dir
das geben. Das ist / teutsch davon zu reden / er schmeißt dir den Weltdreck in
die Augen / vnd befärbet den mit den allerschönsten Farben. Wann du dann das
lieb gewonnen hast / so bistu all verblendet / setzest GOtt vnd sein Wort hindan
/ vnd thust dazu dich der Teuffel vn dein Fleisch treiben / das
heist dann nie derfallen vnd den Teuffel anbeten. Der arge Gast / gibt nicht
fort / was er zeiget. Er verschaffet dem Menschen nit fort die Herrligkeit der
Baum ansahe / wie er lieblich were davon zu
essen / vnd wie er köndte weise machen. Damit ward zurück getrieben das Nach
dencken vnd Auffmercken Göttliches Befehls. Also ertaubt er noch alle Menschen.
Merckt er daß das Gemüth zu Vollerey / Vnzucht / Hochmuth / Geitz / vn andern Wercken der Finsternuß geneiget / so hilfft er jmmer /
daß der Mensch die Welt vnd jhre Lust lieb gewinnet; damit ist der Mensch
ertaubet / daß er nit achtet was man auch predige von Vollerey / Vnzucht /
Hochmut / Geitz vnd andern Lastern / sondern er bleibt bey seinem Sinn. Wann
solches geschicht / bildet der Bösewicht dem armen Menschen noch dabey ein / er
köne gleichwol ein Christ seyn. Also gehet dann der blinde
Welt Mensch einher / vnd meynet er diene GOtt / vnd betet doch den Teuffel an.
Dann das verhütet der Bösewicht / daß man nicht mercke / daß es böse vmb vns
stehe.
Auch ist der böse Feind ein vnverschämter Geist / er schämt sich nit / so er ein
oder mehrmal abgewiesen ist / sondern thut wie die Fliegen / die jmmer wiederumb
kehren zur Süssigkeit die sie schmecken / ob sie schon vielmal abgetrieben
werden. Er ist so vnverschämpt / daß er sich auch nit schewet / Gott zu
verlästern für den Menschen / vnd die Menschen für Gott. Christi Reich vnd Ehre
macht er gering für den Menschen / vnd der Christen Ruhm vnnd Leben vernichtet
er für Gott; eben wie er gantz vnverschämter weise zu der Eva lästerlich von
Gottes Willen geredet / als meinet es Gott nit so /
In disem allem ist der Satan vber die massen fleissig. Er verklaget die Heyligen
für Gott Tag vnd Nacht. Vnd in der Historia Hiobs rühmet er sich / wie er das
gantze Land durchstreiche / wie auch artig Bescheid wuste zu geben von deß Hiobs
Zustand.
Wann dem argen Feinde die listige Anschläge nicht angehen wollen / läßt er seine
grawsame Klawen sehen / als ein brüllen der Löwe. Kan er mit Güte nichts
erlangen / so er weckt er alle Welt wieder vns / nimpt daneben fewrige Pfeile
zur Hand / vnd ängstig et vn plaget das Hertz mit bösen
lästerlichen vnruhigen Gedancken / daß es nie kan froh werden. Diese Gedancken
seynd so geschwind vnd gifftig / daß der arme Mensch nimmer dafür kan Friede
haben. Da thut er wie ein Feind / kan er nicht kommen in die Statt / so
ängstiget er sie von aussen mit Fewr einwerffen. Kürtzlich / er ist grawsam
listig vnd mächtig. Kan er vns nicht besitzen / so will er vns tödten / kan er
vns nicht tödten / so will er vns doch ängsten. Ich habe eine angefochtene
fromme Seele gesprochen / welcher der Wiederwärtige die Seligkeit zweiffelhafft
gemacht / dawieder sie sich hefftig gewehret mit dem Namen vnd Verdienst JEsus.
Da hat sie müssen leyden / daß der Satan jhr solche Gedancken ins Hertz
geschossen / als wann er der Satan derselbe were der JEsus heisse. Darauff
dan weiter sie hat müssen diese Angst fühlen / als hätte sie
sich vnd die jhrige dem Satan befohlen / in dem sie sich vnd die jhrige dem
befohlen der JEsus heisse. Das waren rechte fewrige Pfeile deß Bösewichtes.
Dergleichen Pfeile hat er viel tausent in seinem Kocher. Da mag man den Schlaff
auß den Augen wischen / daß wir nicht sicher werden / oder in Versuchung dahin
fallen.
Wie sollen wirs dann anfahen? Die Engel singen: Sie haben jhn vberwunden durch
deß Lambes Blut / vn durch Waffen müssen auch
geistlich seyn. Das Wort Gottes vnd Gedult thun das beste bey der Sache. Darumb
wan du ein Christ geworden bist / so sage ab allem was du
bist vnd hast / vnd auffopffere dich Gott gantz vnd gar zu eygen / alles nach
seinem Willen willig zu thun vnd gedultig zu leyden. Wan du
solches dir fürgenomen / als dann mustu versuchet werden auff
vilfältige Weise. Der Satan wird zu mancherley fleischlichen jrrdischen Lüsten
vnd Sünden Vrsach geben vnd dich reitzen / da bleib beym Wort / daß von Gottes
Wolgefallen zeuget / das laß dir lieber seyn als dein eigner Will. Wan du deß Wortes vergissest / vnd nit daran gedenckest / ob du auch
nach Gottes Willen lauffest / bistu leicht zu Fall gebracht. Viel Noth vnd Wider
willen wirstu auch müssen dulden / das dulde / vnd laß es dir lieb seyn vmbs
HErrn Willen. Gedencke / ich bin ein Kriegsmann / vnd muß zu Felde ligen. Wan ein Krieg auff höret / gehet ein anderer an. Laß dir das nit
befremb den / dein Beruff bringts mit. Wer wol streitet vnd viel leydet / der
wird auch herrlich gekrönet werden. Hastus einmal versehen / daß dich dein
Gewissen anklaget / so greiff zum Blut deß Lambs / vn wisse daß
du einen Fürsprecher bey Gott hast / JEsum Christum / der ist die Versönung für
deine Sünde. Wird der Satan mit fewrigen Pfeilen dich angreiffen / vnnd das
Hertz ängstigen / da wird dir der Streit zu schwer / da lauff nur bloß zu deinem
Hauptmann / vnd schrey den vmb Hülff an: Hilff nun mein Jesu. Vnd zum Feind
sprich nit mehr als: Ich bin ein Christ / ich bin meines JEsus. Der Feind hat
Gott lob offt erfahren müssen / was für mordliche Spieß vnd Waffen es sey / wann
der Glaube jhm mit dem Namen JEsus begegnet.
Darumb vergesset deß schönen Trostbildes nicht / welches dass scheinet /
du bist gar von GOtt verlassen / ist er dir zum nächsten. Dein Heyland selbst
hat müssen fühlen als were er verlassen / war aber drumb nit verlassen. Eben so
lasset er vns zuweilen fühlen als seyn wir verlassen / aber er ist vns gar
nahe.
Auß Christi Gegenwart hastu einen drey fachen Trost. 1. Daß er den Anfechtungen
Ziel vnd Maß stecket / also daß wieder seinen Willen vns nichts wiederfahren
kan. Er lässet vns nit versuchen
2. Trägt Christus Mitleyden mit vns / vn vertritt vns in vnser
Schwachheit / vnd sein Geist hilffet vnser Schwachheit auff / vnnd vertritt vns
auffs beste mit vnaußsprechlichen Seufftzen.
3. Verschafft Christus das Entrinnen vnd den Sieg. Er lischen Vatters. Dazu gibt vns vnser König auch
stärck zu widerstehen / vnd in seiner Krafft siegen wir.
Tröstet euch damit jhr Angefochtene vnnd Betrübte / der Großfürst Michael / ewer Heyland Christus ist selbst mit euch im Streit / vnd setzet allen Versuchungen Maß vnd Ziel / vnd da jhrs jrrgent versehet / trägt er Mitleyden mit euch / vnd versöhnet euch / gibt euch auch daß jhr könnet entrinnen vnnd siegen. Daran gedencket / wann jhr singet:
Ich bekenne für mich / was andere fühlen werden sie wissen / wann Christus nicht bey mir were in meinen Anfechtungen / vnnd Maß hielte / were ich offt dem Teuffel in Rachen gefallen.
Ob schon die Anfechtung schwer / vnd der Teuffel mächtig vnd grewlich / so ist
vnser Beystandt doch noch grösser. Der in vns schon die Berge mitten ins Meer en / der spricht Joh. 14. Es kompt der Fürst dieser Welt / vnd
hat nichts an mir. Das Wort gilt noch / dann wir vnd Christus gehören zusamen / vnd machen ein Leib. Der Satan wie ein rasen der Hund hats
gewaget / vnnd einen Sprung gethan nach vnserm Haupt / aber er hat nichts
gewonnen? Nun laufft er die Glieder an / aber so lang wir in Christo seyn / mag
er nichts gewinnen. Daß ein Christ dem Teuffel gewonnen gibt / ist als wann ein
gerüsteter sich wolte für eine Bremse werffen / vnd sich lassen zu todt stechen.
Darüber muß ja der Teuffel lachen.
Es gelinget jhm zwar zuweilen / daß vnter den Jüngern Christi einer zum Verräther
wird / der im Kampff nit bestehet / sondern abfällig wird von seinem Herrn; aber
das geschicht durch deß Menschen eygen Schuld. An Stärck vnd Krafft in Christo
mangelts nicht. Der fleischlichen Gebrechen können wir vns nit erwehren / so
mögen wir auch nicht sagen / daß vns kein Fehl vbereilen könne. Dennoch hat der
Gerechte diese Verheissung: Fällt er / wird er nit weggeworffen / sondern der
HERR hilfft jhm wider auff. So aber jemand muthwillig in Sünden verharret / der
kompt billich vmb durch seine eygne Schuld. Der Teuffel kan nicht mehr an vns
haben als wir jhm selbst einraumen. Sonsten seyn wir so verwahret
Wolan jhr Engel vnd Streiter Christi / Anstoß müßt jhr haben / zum Streit seyd
jhr beruffen. Ewer Wiedersacher der Sathan ruhet nicht. Ihr aber / wieder stehet
vest im Glauben vnnd in der Gedult / durch die Krafft deß HERRN ewers Gottes /
vnd wisset daß ewer JEsus mit euch vnnd für euch streitet / daß jhr nun in guter
Hoffnung schon triumphiren könnet: Nun ist schon das Heyl / vnd die Krafft / vnd
das Reich vnsers Gottes / vnd die Macht seines Christus geworden. Darumb frewet
euch jhr Himel vnd die darinnen wohnen. Amen.
ENDE.
THEMA: Luce qui gaudet, utatur luce.
EXORDIVM: à scopo & occasione.
THEMA: Infirmos in humilitate esse tolerandos.
EXORDIVM: Vt in patientia ferendi imbecilles, ita temerarium
de proximo judicium est contra dilectionem & conjunctionem
Christianam.
THEMA. Exemplo pastorum patet judicium hominis esse
vanum.
EXORDIVM: Non securis, sed sanctis scripta est haec
Epistola.
THEMA: Quaenam pacem internam promoveant.
Epilogus ad obser vantiam huius ordinis in sectanda pace
interna hortatur.
THEMA: In tribulationibus nostra consolatio Iesus.
THEMA: Iesus Christus is est, cui salutem omnem committere
debemus.
THEMA: Salutaris Dei gratia nos trahit ad Sanctam vitam.
THEMA: Terminus in quo finitur servile iugum Ecclesiae, &
in quo incipit libertas & adventus ftlie Dei in carnem.
THEMA: Confideranda est strena in Iesu
nobis oblata, filiatio Dei.
THEMA: Salus hominis peccatoris est demonstratio divinae
benignitatis.
THEMA: Lumen in Sione ortum illustrabit omnes gentes.
EXORD. à dignitate sacerdotali, ad quam omnes pervenire
possumus.
Hinc etiam omnibus observanda sacerdotalis functio.
THEMA: Corpora fiant Sacrificium.
THEMA: Dona sobriè sunt usurpanda.
Epilogus ad praxin breviter excitat.
THEMA. Vocatio nostra variarum virtutum exercitio est
exornanda.
Epilogus ad praxin breviter incitat.
THEMA. Dilectio erga proximum, est debitum propter Deum.
THEMA. Per beneficentiam & fidei laetitiam pax dominatur
in corde.
THEMA. Fundamentum Religionis Christianae est firmum.
THEMA: Christiani est prudenter certare in Christianismi
certamine.
EXORD. docet famae quoque rationem habendam esse
Christiano.
THEMA: Christianus gloriatur in gratia Dei &
imbecillitatibus variis.
THEMA. Charitas est donorum perfectio.
THEMA. Vae Ebriosis.
THEMA. Gratia data non sit otiosa.
THEMA. Credentes debent proficere in sanctificatione.
EXORD. ostendit fundamentum Christianismi esse unionem cum
Christo. Eph. 4. 15. 16.
THEMA. Simus Sancti in dilectione & castitate, tam in
sermone, quàm opere.
THEMA: Servilis proles eijcitur, libera fit haeres.
THEMA. Sacerdos novi Testamenti, est Sacerdos
perfectissimus.
THEMA. Humilis subiectio Christi nos invitat ad similem
humilitatem.
EXORD. à vita habitante adhuc in mortuo Iesu.
THEMA. Crucifixus Iesus honorificè est sepeliendus.
THEMA: Festivitas paschalis non est contaminanda
fermento.
THEMA. Iesus crucifixus est verus Messias, in quo vera
salus.
THEMA. Verbum crucis & resurrectionis Iesu Christi est
verbum salutis.
THEMA. Fides habet testimonium infallibile.
THEMA. Christiani iniurias patienter ferre tenentur.
THEMA. Peregrini in hoc mundo & internè animam
intemeratam conser vent, & externam honestatem observent.
Epilogus excitat ad praxin.
EXORD. à scopo & connexione epistolae Iacobaeae.
THEMA: Deus est Fons omnis boni.
THEMA. Corpora Electorum fidelium aliquando sunt
immutanda.
THEMA. Ascensio in coelum est felix curriculi Christi
clausula.
THEMA. Orationis & charitatis praxis Christianum
praeparat ad extremum diem.
Epilogus ad praxin incitas.
EXORDIVM à collatione Veteris atque novae Pentecastes.
THEMA. Spiritum Sanctum accipiens Ecclesia Christi, accepit
donum praestantissimum.
THEMA. Receptrin communionem Spiritus S. studeant esse boni
distipuli Sp. S.
THEMA. Per verbum & preces venit Spiritus Sanctus.
THEMA. Viae Dei in iudiciis sunt incomprehensibiles.
THEMA. Qui diligit Deum & in Deo proximum, is manet in
Deo, & habet fiduciam in die judicti.
THEMA. Dilectio operosaerga proximum necessaria est
Christiano tanquam regenerationio probatio.
THEMA. Christiani ad sublevandam miseriam vitae studeant
humilitati, quieti, & prudentia.
THEMA: liberatio in futura gloria, exemplo Creaturarum
omniumque Sanctorum patienter est expectanda.
THEMA. Amicè & pacificè vivendum cum omnibus.
THEMA: Iustificatus per Christum, in Christo moritur &
resurgis.
EXORD. à duobus semper durantibus in hoc mundo regnis.
THEMA. Serviendum non peccato, sed iustitiae.
THEMA. Ambulare iuxta Spiritum, Christiano est
necessarium.
THEMA. Exempla irae nos trahunt à servitute ad prudentiam, ne
labamur.
THEMA: Dona spiritualia omnia, utut varia, sunt ab uns
Spiritu.
THEMA. Verbum de Christo est fundamentum & fidei &
conversationis Christianae, quo confugiendum in omnibus rebus dubiis.
THEMA. Ministerium Evangelicum operatur in cordibus hominum
inaestimabilem gloriam.
THEMA. Testamentum de semine benedicto firmum est, nec
mutatur per legem.
THEMA. Spiritu gubernanda est Christiana libertas.
EXORD. à temporepoenitendi non negligendo.
THEMA: Christianus ambulet Spiritu, tum quoad mansuetudinem,
tum quoad beneficentiam.
Epilogus ad praxus previter nortatur.
THEMA. Internus homo non deficiat, sed novum semper robur
acquirat.
THEMA. de servanda unitate Spirituas.
THEMA. de diviti is doctrinae Christianae tanquam thesauro
gratioso.
THEMA. Quotidièrenovandus est Christianus.
THEMA. Regulae ostendentes viam ambulandam illuminato.
Repetitio & Epilogus.
THEMA. Christiani debent se armare contra Sathanam.
THEMA: Qualis piorum mens debeat esse erga felicem Evangelii
progressum.
THEMA. In cursu Christianismi prudenter sequi debemus
exemplum & vestigia Pauli.
THEMA: Progressus in spirituali sapientia optandus est
Christianis.
THEMA. Pij resurgent ad gloriam.
THEMA. In laboribus Christianismi
erigimur futura remuneratione.
THEMA. Finis mundi certò veniet.
THEMA. Perspicacitas fidei facit magnanimos.
EXORD. à scopo.
THEMA. Immanuelis partus est signum divinae assistentiae
& liberationis certae.
THEMA: Acaptivitate spirituali liberavit nos salutaris
gratia.
THEMA. Non in donis sed in Deo
exultandum.
THEMA. Praelio facto in coelo, victoriam obtinet
Michael.
FINIS.