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Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714
Joachimus Lütkemann.
HOchweiser Herr Bür germeister / Großgünstiger Herr / vielgeehrte Freunde / auch
viel Ehr- vnd Tugendtreiche Ehrengünstige Frawen / allesampt in CHristo JEsu
Geliebte. Wie denselben die betrübte Botschafft von dem frühzeitigen Abscheid
jhres respectivè Hertzlieben Sohns vnd Brudern ist zu Hause kommen / werden sie
zweiffels ohn drüber sehr bestürtzet geworde seyn / vn wird es insonderheit in dem väterlichen Hertze
eine schwere Wunde verursachet haben / die vieleicht noch nicht gar geheylet
ist. Denn es ist die Liebe Christlicher Eltern zart vnd knellig gegen die Kinder
/ vnd kan gar leicht mit Sorge vnd Kümmernüs verletzet werden. Das empfindet ein
jeglicher Vater vnd ein jegliche fromme Mutter / wann sie erfahren müssen / wie
ein zartes Blümlein in jrem Ehgarte angegriffen / vnd vom Todt
abgebrochen wird. Welchen Väter- oder Mütterliche Hertzen solcher
Verlust nit schmertzlich ist / das mag wol ein steinern / vnnatürlich vnd
vnchristliches Hertz seyn.
Es verwundet ja der liebe Gott / vnd reisset durch den Todt von vnsern Hertzen
ein edles
Es ist in dem heyligen König David offenbahrt / wie ein Christliches Hertz durch
Kranckheit vnd Todt lieber Kinder betrübet wird / dann er sich fast kläglich
stellet / vnd keinen Trost wolte zulassen / so lang er die Todes-Angst seines
Kindes vor Augen sahe. Wie geberdete sich der Ertz-Vater Jacob wie er Botschafft
bekommen vom Todt seines Sohnes Joseph / den er sehr liebete? Den
Gen. 37, 34. 35.1. Reg. 17, 20.Luc. 7. 12.c. 8,
52.Joh.
???.
Darumb würde es ein vnartiges vnd vnchristliches Hertz seyn / dz vnempfindlich
bliebe über den Todt lieber Freunde. So will auch Paulus in der ersten an die
Thessal. am 4. Cap. nicht / daß wir gar1. Thess. 4, 13.
Welche den Heyland Christum nicht kennen / von seinem Verdienst vn
vom ewigen Leben nichts Cie. l. 5. ep. fam.
16.
bewiesen an eine seiner guten freunde Titiu, der
sehr bekümmert war vmb den Todt seiner Kinder / vn bringet
folgende Gründe auff die Bahn: 1. Wir seynd Meschen / mit dem
beding gebohren / daß wir allerley Vnglück über vns sollen ergehen lassen.
Darumb soll ein Mensch sich nicht wegern / dasselbe zu tragen / was Menschliche
Art vn Nohtwendigkeit mit sich bringet. 2. Es seyn offt auff
Erden elende zeite / darin man nicht grosse Frewde habe. 3. So
sey dagegen im Tode nichts böses. Denn dafern die seele noch überbleibet / so
sey der Todt nit ein Todt / sondern eine Vnsterbligkeit zu nennen. So aber die
Seele verlohren ist vnd vergehet / so kan sie auch kein Elend mehr empfinden 4.
So sey keine Trawrigkeit so groß / die nicht durch Langweiligkeit geringert
werde. Da gebühr es denn einem weysen Mane mit raht der
Langwirigkeit vorzukommen / vnd die Trawrigkeit mit standhafftigen Gemühte
auffzuheben / die doch durch lange Zeit endlich würde auffgehoben werden.
Aber was bringts einem Dieb für Trost / so er bedenckt / er muß hencken? Haben
wir auff Erden offt elende Zeit / habe wir doch auch manchen
gute
kein ander Trost übrig ist / mag die
Lagwierigkeit der Zeit durch Vergessenheit die Trawrigkeit
wol verringern / aber keinen Trost bringen.
Wir Christen haben (Gott Lob) gründlichern Trost / dan wir wissen
/ vnsere todten leben warhafftig in Christo JEsu. Darumb so ist bey einem
rechten Christen Trost vnd Trawrigkeit / Frewd vnd Leyd beyeinander. Sie trawren
/ denn Gott hat sie gedemütiget. Sie seind auch getrost / wenn sie gedencke / es ist jhnen nichts genommen / sondern jhr lieber Schatz ist
wol verwahret / vnd wird jnen mit grosser frewde wieder gegeben werden. Vnsere
Todten seynd seelig / sie seynd bey Christo/ sie schawen Gott an / sie seynd
vollkommen geworden / sie haben schon / darnach wir vns sehnen.
Hier auff werdet nun auch jhr sehen / Hochweyser / Großgünstiger Herr
Burgermeister / Hoch- vnd Vielgeehrte Freunde / auch Viel-Ehr vnnd / die ich bey der Leichbegängnis des seeligen
Jünglings gehalten habe / solte es mir lieb seyn. Auff ewer Großgünstiges
Begehren / Hochweiser Herr Bürgermeister / habe ich dieselbe in öffentlichen
Druck gegeben / allermeist / meine schuldige Willfertigkeit damit zu bezeugen.
Wann aber auch dadurch E. G. G. neben derselben noch übrigen hertzlieben Kindern
im Christlichen Troste würde gestercket / vn mit vns viele andere
zum rechten Leben in den Glauben JEsu Christi angemahnet vnd gereitzet werden /
wehre die Mühe wol belohnet. Doch ists gleichwol Gottes Wort / welches nit aller
dinges kan vnützlich vn vnfruchtbar seyn.
Ich bitte allein / Ewre Groß- vnd Achtbahre Gunste vnd Tugend wollen diese
Leich-Sermon / die zum Ehrengedechtnis jhres hertzlieben Sohns vnd Brudern
offetntlich gehalten / vnd heraus gegeben ist / mit Gunst vnd Liebe auffnehmen.
Der gütige Gott vnd Vater vnsers Herrn Jesu Christi wolle ewere Hertzen mit Gnad
vnd Trost erquicke / im Leben des Glaubens Jesu Christi stercken
/ vnd jhr berühmtes Hauß vnd Geschlecht für Vnfall kräfftiglich bewahren
Amen.
WAs ich jetzt lebe im Fleisch / das lebe ich in dem Glauben des Sohns GOttes / der mich geliebet hat / vnd sich selbst für mich dargegeben.
GEliebte in CHristo JEsu dem HERRN / Gleich wie von den Gottlosen geschrieben
steht: Sie werden jhr Leben nicht zur helffte bringen: Also hat entgegen den
frommen GOTT zugesagt im 91. Psam: Ich wil jhn sättigen mit langen Leben. Wie
auch im vierdten Gebot: Ehre Vater vnd Mutter / auff daß es dir wolgehe / vnd du
lange lebest auff Erden. Denn es ist langes Leben nicht ein geringes
Gnadengeschenck von Gott / so es anders wahr ist / was die Schrifft Marc. 9,
41. Gal. 6, 7.
Dieses hat Paulus für so eine hohe Wolthat geachtet / daß er auch im zweiffel
gestande / obs besser wäre / Leben / den
Sterben / vnd hats für eine Gnade erkandt / noch lange im Fleisch bleiben / auff
daß er viel Frucht schaffe / vnd vielen in der Frewd des Glaubens
dienen könte / vngeachtet / daß er hertzliche Lust hatte abzuscheiden / vnd bey
Christo zu seyn / Philipp. 1. 22,
23. 24. 25.
Vnd hindert hier nichts die anklebende Sünde. Es ist wol die Sünde eine starcke
Vrsach / die den heilige dieses Leben verdrießlich machet; Doch
muß auch die Sünde den Kindern Gottes durch Gottes Gnad zum Sieg vnd zur Krönung
dienen / also / daß wann vns die Sünde starck anficht / wir desto herrlicher
gekrönet werden / so wir hie durch Gottes Krafft überwinden. Ob wir wol klagen
Rom. 7. 24.v.
25.Cap. 8. v. 1.
Ferner aber / wann wir sehen auff die Gewohnheit desPremissum longaevitatis quo ad sensum saepè non
praestatur.en als einen Gottlosen in der blühenden Jugend weg
zureissen / da es insonderheit kläglich ist / wenn ein fromer
Sohn von den Augen seines frommen Vaters dahin gerissen wird / denn wie stärcker
das Band der Liebe ist / zwischen Eltern vnd Kindern / je härter hält es / wann
jhre Hertzen durch den Todt von einander sollen gerissen werde.
Nun ists gleichwol GOttes Verheissung / daß dieNon tamen irritam reddit promißionem Dei
piorumen von
Gott verheissen Segen an Leib vn Seel. Wenn denn der geistliche
vnd leibliche Segen sich nicht wollen vnter einander vertragen / so muß daß
kleineste dem grössesten weichen. Der Hauptsegen ist der Segen der Seelen /
leibliche Güter seynd nur eine Zugab. Merckt den Gott nach seiner
Allwissenheit / daß langes Leben seinen Kindern möchte nachträglich an der
Seelen seyn / so wil Gott nach seiner Lieb mehr auff das Ewige sehen / als auff
das Vergängliche.
Daher ist diß der gemeine Trost / damit die Einfältigen in Todes-fällen sich
vnter einander pflegen zu trösten. Ewer Trawrigkeit ist mir leyd / ich hoffe
aber jhr werdet
Das Büchlein der Weißheit am 4. Cap. gibt vns vber den früezeitigen Abtritt der
vnsirigen folgende Stücke zu bedencken. Erstlich die Ruhe. Der Gerechte / ob er
gleich zu zeitlich stirbt / ist er doch in der Ruhe / ist so viel gesagt: Es hat
zwar ein Gottseliger die Verheissung eines langen Lebens / dennoch / so er
zeitlich stirbt / ist jhm darumb nichts Böses begegnet / er ruhet vnd ist frey
Psal. 90, 10.
Zum andern gibt vns die Weißheit zu bedencken / daß rechte Alter des Menschen.
Denn das Alter ist ehrlich / nicht das lange lebet oder viele Jahr hat. Klugheit
vnter den Menschen ist das rechte grawe Haar / vnd ein vnbeflecktes Leben ist
das rechte Alter. Wer zur lebendigen Erkäntniß Christi gekommen ist / der hat
nicht zu kurtz gelebet. Gleich wie ein Gottloser / wenn er schon viel hundert
Jahr erreichet / dennoch zu Luc. 2, 30.
Fürs dritte hält vns die Weißheit für die Verführung der Welt. Dann es ist den frommen Seelen nichtes schädlichers / als böse Exempel / die sind gleich wie ein blawer Dunst vnd dicker Nebel / dadurch der gute Sinn verdunckelt vnd geschwächet wird / daß er das gute nicht recht erkennen kan. Mancher frommer Mann sendet seinen Sohn auff Academien / in meynung / daß er neben andern Künsten Gottseligkeit vnd Tugend lernen soll / da begibts sich offt / daß durch das freche Leben der Jugend gute Gemuhter verführet werden; Also / daß der Vater / der einen gottseligen Sohn hat außgeschickt / einen frechen / ruchlosen Sohn wieder zu Hause bekommet.
Wir haben zwar bessere Hoffnung von vnsern Kindern / die wir mit eyfferigem Gebet
Gott fürtragen / doch weis niemand denn Gott / was geschehen kan / der erhöret
denn vnser Gebet / auch damit so er vnsere Kinder vor der Verführung zu sich
nimpt. Darumb spricht die Weißheit:v. 10, 11, 12.
Dieselbige Weißheit spricht auch zum Vierdien: Er ist bald vollkommen worden. Die
Eltern senden jhre Kinder an frembde Öhrter / Kunst vnd Weißheit zu lernen / daß
sie tüchtige Leute werden / Gott vnd Menschen zu dienen, Wann denn ein frommes
Kind seelig stirbt / ists gar bald vollkommen worden / es kompt in eine
Hoheschule / darin es zugleich wird Doctor, Priester vnd König. Es gedencket
aber das fromme Vaterhertz: vnterdessen muß ich meines Sohns entbehren / meiner
Augenlust ist dahin / Ich hette noch grosse Frewd an meinem Kinde können
erleben? Auch höret man solche Klag vnter dem gemeinen Volck Es ist schade daß
der Mensch so bald hat sterbe solle: Es ist schade
vmb seine Gaben vnd Geschickligkeit Wahr ists / diß kräncket das Väterliche
Hertz / doch frag ich; Wie lang wirds wären / daß wir nicht nach folgen? Wie
lange Jahr müssen offt die Eltern der Gesellschafft jhrer Kinder bergubet seyn /
die sich an frembden Örtern auffhalten / welches sie gerne ertragen / in
Hoffnung / sie werden geschickte Leute wieder zu Hause bekommen / So last vns
gedencken / vnsere Kinder seind verreiset / nicht Weißheit zu suchen / sondern
die Vollkommenheit aller Weißheit vnd Ehre zu Genes. 45, 27. 28.2. Sam. 12. 23.
Bleibet aber das trawrige Hertz dabey. Ich habe fürtreffliche Zuneigung in meinem
Sohn gefunden / er hätte durch Gottes Gnad können ein Mann werden. So antworte
ich mit Paulo / Wer hat des HErrn Sinn erkandt?Rom. 11, 34.
Darumb / ob Gott schon offt auch fromme Leute vnd frommer Leute Kinder durch den zeitlichen Todt von dieser Welt abfodert / ist dadurch der Verheissung des langen Lebens kein Abbruch geschehen / Gott weis es zum besten / wie er vnser vnd der vnserigen Bestes suchen / vnd seinen Verheissungen ein gnügen thun soll.
Dieses haben wir vns wollen erinnern / bey gegenwertigerApplicaeatio.
Wir zweiffeln aber nicht / es wird der hochbetrübte Vater auch gedencken an
Gottes Willen / wie der allein der beste ist; Wer hat des HErrn Sin erkandt? Wer weis / was Gott hie zuvor gesehen hat? Wer weis was für ein
Vnglück er von diesem Jüngling hat abgewandt? Er ist in der Ruhe / er ist bald
vollkommen worden / er ist alt genug geworden / weil er gelebt im Glauben JEsu
Christi.
Aller Trost bey den tödtlichen Abtritt der Vnserigen ist hierin begriffen / sie seind nicht gestorben / sondern leben bey Gott. Fromme Christen / wann sie vnruhig gemacht werden mit solchen Gedancken / wo ist nun mein Sohn? Wo ist die Ergetzligkeit / die er mir pflegte zu machen? stossen sich selbsten an: Siehe mein Sohn lebet in Gott; Er ist schon in der Seeligkeit.
Hierumb ist beliebet zur gegenwertigen Leich-Sermon, dieses Sprüchlein des
Apostels Pauli zun Galatern am Andern: Was ich jetzo lebe im Fleisch / das lebe
ich in dem Glauben des Sohns Gottes / der mich geliebet hat / vnd sich selbst
für mich dargegeben. Thema.
WAnn der Apostel Paulus zeigen wil /Occasio dicti & scopus.Gal. 2, 19. 20.
Hierauff spricht der Apostel weiter: Was ich jetzt lebe im Fleisch / daß lebe ich in dem Glauben des Sohns Gottes / der mich geliebet hat / vnd sich selbst für mich dargegeben. Es seind Geistreiche Wort / wolte Gott! Daß sie auch recht im Geist von vns köndten erwogen werden.
Damit wir vors erste etwas verstehe von dem Leben1. Vitae fidei quidditas, quam
explicat 1. Vita primaeva. Genes. 2, 7.
Es ist aber vor im ersten Capittel schon außgelegt / was der lebendige Odem sey /
den Gott dem Menschen habe eingeblasen. Denn Gott sprach: Last vns Menschen
Gen. 1, 26.
27.
Gleichwie auch in einem Spiegel das Bilde sich verlieret / so balde ich daß
Angesicht abwende: Also ist auch vnter dem Angesicht Gottes vnd seinem Bilde
eine solche Gemeinschafft vn Verwandnuß / daß das Bilde GOttes
ohn
Dieses Göttliche Bilde / nach dem es dem Menschen mitgetheilet ward / war eben das / was gesaget ist: Gott habe dem Menschen eingeblasen einen lebendigen Odem / vnd jhn gemacht zu einer lebendigen Seelen. Denn wie jetzt das natürliche Leben bestehet in der Gemeinschafft des Leibes vnd der Seelen: Also war das Leben von Anfang dieses / daß der Mensch hatte eine solche Seel / in welcher Gott wohnete mit dem Glantz seiner Herrligkeit.
Diß war die Herrligkeit des Menschen in der Erchöpffung.2. Mors introducta. Gen. 3,
8.e des HErren / dieweil /
wie gesagt / zwischen Gott vnd seinem Bilde eine vnaußsprechliche Liebe
entstehet / also / daß das Bilde GOttes sich nicht gnugsam mit der gegenwart
Gottes ersättigen kan; Wann denn Adam fliehet für der Stimme des HErrn /
scheinet daraus / daß das Bilde Gottes an jhm schon verlohren / vnd war jhm auch
also. Denn GOTT hatte gesaget: Du solt nicht essen von dem Baum des Erkäntnüß
Güts vn Böses / welchesGenes. 2, 17Rom. 5, 12.per
peccatum.
Die Sünde ist das Vnrecht / alle Werck / Wort / Gedancken / vnd Hertzens Bewegungen / die wider GOtt seyn / was der Mensche nur beginnet / ja was jhm nur auffs Hertze fält / vnd nicht vberein kompt mit Gottes heiligen Willen / das ist Sünde.
Das ist aber noch nicht der Todt / sondern wie Paulus sagt: Der Todt kompt durch
die Sünde. Da müssen wir nun nachsuchen in heiliger Schrifft / was daß sey / was
auff der Sünden ohnmittelbar folge / vnd mit derselbe verbunden
ist / da finden wir diese Zeugnissen der Schrifft. Ps. 5, 5. 6. 7.Psal. 12. 6.Es. 59,
2.
Daraus schliessen wir / daß der Mensch damahls gestorben sey / da durch die Sünde
Gott der HErr mit dem Liecht seiner Herrligkeit / mit seiner Gunst vnd Liebe /
von jhm gewichen. Denn gleichwie der Mensch natürlich tode ist / wann die Seele
außfähret. Also ist auch der erste Mensch
O ein grosser Verlust wann wir dieses Leben in GOtt verlohren haben. Was ist der
Mensch / so er Gott mit seiner Gnade verlohren? Er ist ein Grewel / ein Aaß vnd
ein Stanck für Gottes Augen. Denn gleich wie der todter Cörper stinckend wird /
vnd der Verwesung vntergeben / wenn die Seele außfähret: Also auch / wann Gott
außweichet mit seiner Gnade / so ist er schon verwesen vnd ein stanck für Gott /
Gott kan jhn nicht leyden / sondern stösset jhn von sich im Grimm seines Zorns /
vbergiebet jhn dem Fluch / daß jhr Wurm nicht stirbet / in dem sie durchEs. 66. v. ult.
Dieses ist der Tode / der ohnmittelbahr auff die SündePer necessariam consequen tiam. wann Adam
muthwillig von Gott abgefallen / hat er auff nichts anders fallen können denn in
den ewigen Fluch. Denn ausserhalb Gottes / als den Brunnen alles Segens / nichts
denn Fluch vnd Jammer zufinden ist.
Es folget wol / wie gemeldet / dieser Seelen Todt ohn Mittelbar auff die Sünde / doch wird die Krafft desselben nicht alsfort gefühlet. Das kompt her von einer Gnade Gottes / der einen Tag bestimmet hat / da er wird richten den Vmbkräyß der Erden / durch einen Mann / in welchem ers beschlossen hat. Darumb erträgt er vns mit Gedult / ob wir zum Leben köndten wieder gebracht werden; Denn weistu nicht / daß dich Gottes Güte vnd Langmuth zur Busse reitze?
Wann aber die Gnadenzeit vorüber / als dann werden erst die Todten / die Krafft
des Todes empfinden; Das ist der ander Todt vnd der ewiger Todt! Den ersten Todt
haben alls müssen ertragen / so viel vnser gesündigeit habe /
aber Owehe denen! Die dem an dern Tode vbergeben werde. Die 2. Thess. 2, 9 er nach seiner eussersten Allmacht die Gläubigen wird erfrewen /
also wird er auch Krafft erzeigen / wan er / nach seiner
herrlichen Macht / Rache üben wird / vber die / so Gott nicht erkennen / vnd
vber die / so nicht gehorsam seyn dem Evangelio vnsers HErrn JEsu Christi.
O du arme Seele! Du elende Creatur / Wie wird dir doch zu muthe seyn / wann du
aus deinem Leibe fährest / da du nacket vnd bloß wirst dargestellet werden für
dem Angesicht des HERRN ohn einige Hülff vnd Beystand? Du wirst nicht können
entfliehen / wirst auch niemand finden / der für dich bitte / dein Verdamniß vnd
die Fewrflammen stehen dir für Augen; vmb dich hastu die grewliche Gesellschafft
/ vnd das außlachen der Hellischen Feinde / das wird dein erster Anblick seyn /
du elende
Wir wenden vns vom Todt zum Leben / vnd suchen3. Vita reparata. 1. per peccatoris re demptione. Johan. 1, 29
Solches zu verstehen ist folgendes zu mercken: Der Todt ist eine Schuld / vnd wie
Paulus sagt / Der Sünden???om. 6,
23 / allda die Bezahlung erst recht wird
angehe / wie von der geistlichen Huren geschrieben stehet:
Gott denckt an jhren Frevel: Wolauff / bezahlet sie / gebet jhr jhren Lohn / vnd
Apoc. 18, 5 6.
7.
Weil dann die Sündenschulde nicht kan außgezahlet werden / ohn der Menschen
ewiges Verderben / schencket vns Gott aus hertzlicher Erbarmung seinen Sohn /
der muß für vns in einer Hellen-Angst sterben / also / daß sein Todt sey die
Bezahlung für vnsere Sünde / an stat vnsers Todes. Vnd durch solchen Todt ist
der Gerechtigkeit GOttes ein Genügen geschehen / dieweil es ist nicht eines
blossen Menschen Todt / sondern Gottes Tobt. 1. Joh. 1, 17.
Ferner so mag nichts von Christi Verdienst vnd Wolthaten2. Per redemptionis
applicatioem. durch den
Glauben Christum hat ergriffen / der ergreifft auch seinen Todt als die
Bezahlung für vnser Sünde / vn wird durch den Glaube an jhm lebendig. Wer aber durch den Glauben den gecreutzigten Jesum nit hat /
der findet auch keine andere bezahlung fur seine Sünde als sein eigen Verdamnüs.
Darumb spricht Christus: Wer an de Sohn Gottes nicht gläubet /
der wirdJoh. 3, v.
ult. nicht sehe / sondern
der Zorn Gottes bleibet über jhn / Ist so viel gesagt: Wer Christum mit seinem
Todt vn Verdienst im Glauben nicht angenommen hat als die
Versöhnung für seine Sünde / der kan nicht lebeJoh. 3, 16. spricht auch Christus: Alle die an den Sohn
Gottes gläubenJoh. 11. 25.
26. gläubet an mich / der wird nimmermehr sterben.
Daß gehet also zu / wann vns verkündiget wird JEsus der Gecreutzigte / so nimbt
jhn an der Glaube / wie er vns vom Vater geschencket wird / das ist / mit allem
was er ist vnd hat mit Leib vnd Seel / mit Menscheit vnd Gottheit. Vnd also
nehmen wir auch an seinen Todt / vnd lauffen damit zum Vater / vnd sagen:
Heiliger Vater / ich bin
Kürtzlich / der Glaube wirffet vnser Sünde auff Christum / gleich wie sie der
Vater schon auff jhn geworffen hat / vnd schiebet auff jhn den Todt als die
Bezahlung für vnsere Sünde / gleich wie schon der Vater jhn für vnsere Sünde den
Todt hat schmecken lassen. Hingegen nimpt sie von jhm Gerechtigkeit vnd Leben /
gleich wie geschrieben 2. Cor. 5.
v. ult.
Also finden wir durch den Glauben an Christum bey GOtt die vergebung der Sünden / vnd die Erlösung vom Todt. Denn Sünd vnd Todt wollen nicht getrennet seyn / wann die Sünde vergeben ist / so ist auch der Sünden Soldt / der Todt / dahin.
Da ist daß Leben durch den Glauben in Christo wieder gefunden / dasselbige Leben
/ daß mit der Seelen dem ersten Menschen von Gott eingeblasen / aber durch die
Sünde verlohre worden. Denn GOtt kehret sich wieder zu vns mit
seiner Gunst vnd Gnade / vnd das Bilde Gottes läst sich wieder in vns sehen /
also / daß Gottes Herrligkeit in
Aus diesem Grunde wird vns auch in heiliger Schrifft des Glaubens Werck
fürgestellet als eine Wiedergebuhrt / wie CHristus zu Nicodemo saget: Es sey
denn daß JemandJoh. 3, 5.
6en / denn was vom Fleisch gebohren wird / das
ist Fleisch; Was aus natürlichen Kräfften von dem sündlichen Fleisch gezeuget
vn gebohren wird / kan auch nichts anders seyn / dann
sündlich Fleisch. Darum wird der Mensch gebohren / nach
natürlichen Kräfften / nicht anders als Todt in Sünden für Gott. Was aber vom
Geist gebohren wird / das ist Geist / wann der in Sünden todter Mensch von dem
heiligen Geist durch den Glauben mit Christo dem Leben verbunden wird / vnd
Christum JEsum anziehet / alsdann ist er ein ander Mensch / ein newer Mensch /
ein geistlicher Mensch / der für Gott durch den Glauben in Christo JEsu
lebet.
Wann dann durch den Glauben die Sünde auff ChristumEx dictis colligitur quid sit vivere in fide JEsu
Christi.
Hie haben wir noch zu mercken Erstlich / wie sich der Glaube gebärdet / wenn er
die Sünde auff CHristum wirfft / den das geschicht durch Haß vnd Liebe. Wann den
Sündern im Evangelio verkündiget wird / wie Gott seinen Sohn vmb vnser Sünde
willen getödtet / so ist der heilige Geist im Wort / vnd rühret vnsere Hertzen /
daß wir vnsere Noth vnd den Fluch erkennen / welcher nicht anders / als durch
den Todt des Sohnes Gottes / von vns hat können genommen werden / da erwecket
denn der heilige Geist Gal. 5. v. ult. angehöre / die creutzigen
jhr Fleisch sampt den Lüsten vnd Begierden / das ist / sie lassen dem Fleisch
nicht den willen / sie fühlen wol die Sünde in jhnen / aber sie lieben sie nicht
/ sondern seynd jhr feind als einem Dinge / da durch Gott auffs allerhöchste
verbittert wird. Darumb widerstreben sie auch derselben. Gedencke nicht O
Mensch! daß der Geist GOttes hie ein Lügengeist ist. Es ist bey der Warheit
Gottes war / der Christum angehöret / creutziget sein Fleisch sampt den Lüsten
vnd Begierden / er benimpt den fleischlichen Begierden die Kräffte / bindet
jhnen gleichsam Hände vnd Füsse / daß sie nicht Gewalt vber die Seel bekommen /
dieselbe darauff zu führe / das Gott nicht wolgefält. Begehrest
du das nicht zu thun / sondern läst deinen Lüsten der Vnzucht / dem Geitz / der
Vngerechtigkeit / dem Zorn / der Hochmuth / freyen Willen / so gehörest du
Christum nicht an / vn ist dein Bekäntniß von dem gecreutzigte Christo fürwar kein Glaube / sondern nur ein betrieglich
einbilden. Darumb sey dir verkündiget / du kanst nicht leben so lange du in
deinem Sinne bleibest / sondern must sterben / wie abermahl Paulus zeiget zum
Röm: 8. WoRom. 8, 13.
Mercke auch fürs Ander / wie es mit der Sünden werde / wann sie durch den Glauben
auff Christum verwiesen wird. Da ist zwar erstlich die Schuld der Sünden
vergeben / der Todt vnd das Verdamniß auffgehoben / Es ist auch wol fürs ander
die Sünde gecreutziget / vnd wird vnter dem Gehorsam des Geistes Christi
gezwungen / aber es bleibt noch fürs Dritte die Wurtzel der Sünden tieff in vns
bestecken / nach der Bekentniß Pauli: Welcher da er durch Christum JEsum schon
wiedergebohreu war / vnd nach den inwendigen Menschen hertzliche Lust Rom. 7, 18.
Hieher entsteht ein stetiger Streit / das ein frommer Gal. 5, 27. nicht vnangefochte bleibet zum Galat. am 5. Das Fleisch
gelüstet wieder den Geist / vnd der Geist wider das Fleisch / vnd dieselbe seyn
wieden einander. Hieher kompt auch das vnvermögen / den wann Geist vnnd Fleisch
wieder einander sein / alß dann ibid.Rom. 7, 24. hab vers. 18. 19. das gute das
ich will / thue ich nicht / sondern das böse / das ich nicht will / das thue
ich. 1. Reg. 8, 46
Dieses wird nicht gesaget zu hülff vnd stewr der Sicherheit vnd Faulheit. Wahr
ists / die Schwachheit ist groß. Wer sich aber auff die Schwachheit beruffet /
dazu daß er das sündliche Wesen geringschätzig halte / den achte ich für keinen
redlichen Christen. Bistu rechter art / wirstu vber Menschlich Vnvermögen nicht
lachen / sondernRom. 7, 24 Psal.
25, 6. Psal. 19, 13.Rom. 7. v.
ult.
Fürs Dritte mercken wir von vns selbsten / wie sehrTertia. seeligen Todt.
Den der Todt ist mit der Sünde vnauff lößlich
Verbunde / wer die Sünde ablegt / legt auch den Todt ab / Rom. 8, 10. 11.
Wie der Todt ist zweyerley / der erste Todt vnd ander Todt / also ist auch das
Leben zweyerley / das erste Leben vnd das ander Leben. Das ander Leben sage ich
/ nicht / das mehr denn ein Leben sey / dann es ist nur ein einiges ewiges Leben
/ welches ist JEsus Christus / welches Leben wir hie schon durch den Glauben
haben / wie geschrieben steht / wer an den Sohn Gottes gläubet der hat daß ewige
Leben. Es ist der vnterscheid allein in der Art vnd Gebrauch des Lebens. Daß
erste Leben heist das Leben im Glauben / das ander Leben heist daß Leben im
Schawen. Das Leben im Glauben ist mit vieler Vnvollkommenheit empfinde wir nicht dasselbige
was wir gläube: Wir seynd durch den Glauben hocher habene Könige
für Gott / dem Ansehen nach offt elende verlassene Stümpler. Wann wir aber im
Schawen leben werden / wird alles offenbahr seyn / zun Colossern am 3. Ewer
Leben ist verborgen mit Christo in Gott / wenn aber Christus / ewerCol. 3, 3. 4.1. Joh. 3, 2. / was wir seyn werden / wir wissen doch / wann er
erscheinen wird / daß wir jhn gleich seyn werden / denn wir werden jhn sehen wie
er ist. Das wird kein ohnmächtiges ansehen seyn / als wann man eine Taffel
voller gemahlter Braten ansthet / das den hungerigen Bauch nicht sätiget;
Sondern es wird ein kräfftiges Anschawen seyn / dadurch wir geniessen dessen /
das wir anschawen / also daß die Seeligkeit / die wir sehen / auch zu vns komme
/ vnd in vns empfunden werde. Darumb spricht er: Wir werden jhm gleich seyn in
der Herrligkeit / warumb?
Was bißdaher gesagt / gehet dahin / daß wir verstehen / was doch sey das Leben im
Glaube JEsu Christi. Dadurch ist vns eine Thür auffgethan /
Paulum zuverstehen in vnserm Sprüchlein: Was ich lebe / das lebe ich im Glauben
des Sohns JEsu Christi / welcher mich geliebet hat / vnd sich selbst für mich
dargegeben. Ist kürtzlich so viel: Mein Leben / ist das Leben im Glauben JEsu
CHristi / vnd was ich nicht lebe im Glauben JEsu Christi / das ist nicht Leben /
sondern Todt.
Es stehet geschrieben: Alles was jhr thut mit Worten vnd Wercken / das thut in dem Namen des HErrn JEsu / vnd dancket Gott dem Vater durch jhn. Das gehöret mit zum Leben des Glaubens / denn gleich wie das natürliche Leben / durch den Odem vnd die Bewegung erkandt wird: Also auch das Geistliche Leben in Christo mercken wir aus den Wercken / so wir die Lüste tödten / vnd das gantze Leben also anstellen / daß der Vater JEsu Christi dadurch gepreiset werde. Wann wir nun also leben / daß ist das warhafftige Leben: Hingegen / so bald Christus aus den Augen gesetzet wird / vnd wir vnserm eigenen Fleischlichen Willen folgen / so seynd wir Todt.
Sehet vnd erkennet / wie die weinigste Zeit vnsers Lebens ein Leben sey. Wie viel
vnnützliche Dinge / Wie manche Sünde wird von Weldkindern begangen! Wie mancher
Tag / wie manches Jahr! Wie manche Jugend
Es möchte einer sagen: Wie kan einer eben allezeit in dem Glauben leben vnd alles
in dem Glauben thun? Ein Christ kan durch Gottes Gnad / vnd soll es auch thun.
Dann wie würden wir sonst können versichert seyn eines seeligen Abschiedes?
Werde ich nicht gefunden im Glauben Christi / so kan ich auch Christum nicht
schawen. Wann du am Morgen nicht zu erst suchest Gott vnd sein Reich / sondern
fängest den Tag an mit Sorgen vnd mit der Eitelkeit der Welt / vn
verbleibest darin / oder aber / so du nach Gewohnheit ein Gebet hinplauderst /
vnd hernach mit dem Gebet auch Gott aus den Augen setzest / vnd nicht auff seine
Wege sihest / so lebestu freylich nicht in Christo / sondern dein Lebe ist ein lebendiger Todt. So ich aber den Tag mit Gott anfange
vnd jhm meine Wege befehle / auch Gott in alle meinem Thun für Augen habe / in
den Geschäfften meines Beruffs offt zu Gott seufftze / das heist alles thun im
Namen des HErrn JEsu / vnd Gott durch JEsum dancken: Dabey kan ich auch getrost
vnd gewiß seyn / es fodere mich Gott ab / wenn er wil / er werde mich lebendig
in Christo JEsu finden / denn was ich lebe / das lebe ich in dem Glauben des
Sohnes Gottes / vnd so lange ich also lebe in dem Glauben des Sohns Gottes / so
lange lebe ich auch / das ander gehöret zum Tode.
So nun das allein für das wahre Leben zu halten / wenn wir in Christo leben vnd
wircken / so folget / daß wir Todt gezeuget vnd gebohren werden; Vnd zu leben
anfangen / wann wir in der Tauffe Chrisium durch den Glauben anziehen; Völlig
aber leben / wen wir / nach vnser Philip. 1,
21.
Wir haben viel gerühret / das vns zu einer Geistlichen Weißheit dienen kan / aber lange nicht außgeführet / so wir vns aber erinnern dessen / was von dem Leben im Glauben JEsu Christi gesagt / was es sey / vnd wie es vnser einiges Leben sey / so lange wir hie im Fleische wallen / befinden wir / daß die Meynung des Apostels Pauli im vorgesetzten Sprüchlein diese sey: Ich bin ein Kind des Todes von Natur / das weis vnd erkenne ich / ich dancke aber Gott vnd seinem Sohn JEsu CHristo / der mich geliebet hat also / daß Gottes Sohn für mich sich selbsten dahin gegeben / vnd meine Sünde vnd den Todt für meine Sünde getragen hat / dadurch ist die Sünde bezahlet / das gläube ich / vnd im Glauben nehme ich meinen Heyland an mit seinem Todt vnd heiligen Verdienst / vnd weis gewiß / daß durch solchen Glauben ich für Gott lebe / der sich in Gnaden wieder mit meiner Seelen vereiniget hat / kein anderes Leben weis ich / was nicht herfliest aus dem Glauben des Sohns Gottes / daß acht ich nicht für Leben / sondern für Todt.
DIeses haben wir nun / meine Lieben / anzunehmen zu vnser eigen Erkäntniß / so
wol im Todt / als im Leben. In der Welt spricht man von einem lustigen vnd
frischen Gemüth / es ist ein recht
Es ist nicht sein vnter vns Christen / daß wir nicht mehr / als von natürlichen Leben zu sagen wissen. Wenn der Mensch empfangen vnd gebohren wird / so fenget er an / nach vnser Meynung / zu leben / wann er von der Welt scheidet / so heists / er ist gestorben / vnd seind die weinigsten die darauff dencken / was Leben oder Todt sey. Wenn der Mensch gezeuget vnd gebohren ist / siehe / so ist er in Sünden ein Todes Kind / lebendig todt / wann er in der Tauffe Christum JEsum anziehet / da fänget er erst an zu leben / vnd was er guts in Christo thut bey Leibes Leben / das hat er gelebt; Das vbrige / ist des Todes / vnd wann er endlich nach vnser Meynung stirbt / so ist er erst in der Warheit vollkommen lebendig geworden.
Hie findet sich rechtschaffener Trost / so wol für die /2. Consolatorius. /
Jener Heidnischer König / da er zum Todt geführe ward / stellete sich muthig vnd sprach: Also muß man des Todes Bitterkeit vertreiben. Ja wol des Todes Bitterkeit vertreiben / da erst die Thür der Bitterkeit des Todes geöffnet wird. Es mag ein kühner Mensch / der doch nicht recht lebet im Glauben JEsu Christi / jhm wol einen Muth machen / vnd freydig zum Todt gehen / aber es ist nur eine Fleischliche Freydigkeit / vnd bedenckts vnd betrachts der elende Mensch nicht / wie es nach dem Tode werde daher gehen.
Wir aber / die wir hie in Christo JEsu leben / wir seynd dessen gewiß / daß wir
dort in jhm nicht werden todt Exod.
4, 3. 4.
Eben damit mögen sich auffrichten auch dieselbe / die jhrer lieben Freunde Todt
betrawren / allermeist Christliche betrübte Eltern. Gleich wie Christus
tröstlich zuspricht Luc. 8,
51.
So ein jeglicher Vater / vnd auff dißmahl insonderheit / der hochbetrübte Vater
vnsers verstorbenen Jünglings / seinem Sohn das zutrawt / daß er im Glauben des
Sohnes Gottes gelebet habe / vnd in solchem Glauben auch von dieser Welt
abgeschieden / so sol er auch nicht anders gedencken / da es müglich wäre / den
Zustand seines Kindes / aus desselbigen eignem Munde zuvernehmen / als würde es
jhm einen solchen Bericht geben: Mein hochbebetrübter Vater / jhr betrawret /
daß jhr mich nicht sehet; aber O daß jhr möchtet bedencken eben dasselbe / was
jhr nicht sehet / so würdet jhr euch mit mir frewen. Trawret nicht vber mich /
ich habe ein süsses Leben funden / meinen hertzlieben JEsum; Wenn jhr wüstet /
daß ich damahls gelebet habe / da ich auff diese Welt gebohren ward / Warumb
habt jhr mir durch die Tauffe zu einem andern Leben geholffen? wustet jhr / daß
ich in vnd mit einem Leben were gebohren worden / Warumb muste ich in Christo
new gebohren werden? So jhr denn selbsten daß Schnauben meiner Nasen nicht für
das Leben gehalten habet / vnd mich auch zu einem newen Leben befodert? Was
trawret jhr / so ich in diesem newen Leben bin vollkommen worden? Ists nicht
ewer Wunsch gewesen / daß ich möchte zunehmen im Leben des
Seyd aber ermahnet lieben Christen / wollet jhr zu diesem Leben gelangen / daß
jhr hie / weil jhr im Fleisch seyd / nicht verseumet im Glauben des Sohnes
Gottes zu leben. 1. Joh. 2, 15. 16.
17. in Christo / das haben wir schon
vorhin mit Gott bezeuget. Wer
Ihr rühmet euch offt der Welt / vnd vber ewer Lust vnd Ansehen in der Welt / ewer
Ruhm ist nicht fein / wisset jhr nicht was Paulus sagt zun Philip. am 3. Cap.
DiePhilipp. 3, 19.
Ich bezeuge nochmahl durch GOtt / wer in der Welt lebet / der lebet nicht in
Christo. In welcher Stunde in mir anfängt zu herrschen ein fleischliche Begierde
/ ohn hertzliche Rewe vnd Wiederwillen / in derselben Stunde höret Christus auff
in mir zu leben. Vnd solte ich in Rom.
6, 6.Gal. 6,
14
Es ist ein grosser Jammer / daß der Sathan so kräfftig ist / die Sinne der
Weltkinder zu verblenden / so hart vnd schwer / daß sie auch den hellen klaren
Zeugnüssen Gottes nicht Glauben geben / sondern verharren in solcher Meynung: Es
sey kein rechter Ernst. Adam gläubte auch mehr der Hellischen Schlangen / als
der Himlischen Warheit / dadurch stürtzete er sich in Todt vnd
Verdamnuß. GOtt sprach: Welches Tages du wirst essen von demGen. 2, 17.Gen. 3, v. 2 &
seqq.Gal. 5. v. ult.
Da möchte man sagen: Wo es GOtt so streng wil halten / was hab ich denn vor Trost in der Todesstund / Wann mich mein Gewissen vberzeuget / daß ich nicht rechtschaffen im Glauben JEsu Christi gelebet habe? Aber dancke dirs selbsten / lieber Mensch / der du die Gnadenzeit verseumet hast. Doch so lange es noch heute heist / so lange noch der Odem in dir ist / so lange hastu noch zeit dich mit wahrer Bußfertigkeit im Glauben zu Christo zukehren; Doch hütte dich / daß du Gottes Langmuth nicht verachtest / er möchte es dir in der Todesstunde entgelten lassen.
Mein Wunsch ist / daß wir von hertzen Paulo köndten dieses nachsagen: Was ich jetzt lebe im Fleisch / dz lebe ich im Glauben des Sohns Gottes. Vnd daß wir einen solchen beständigen Vorsatz nehmen / allein vnd allezeit in dem Glauben Christi zu leben / so köndten wir auch den freydigen Trost haben / in vnser Todesstund: Sihe ich sehe JEsum zur rechten Gottes / darauff ich so lang geharret habe / das empfange ich: GOtt gebe / daß wirs mit frewden erleben / AMEN.
NAch Christlicher Gewonheit /Commen
datio De functi.
Herrn Henrici Brocks / der Rechten Studiosi; wiewol ers nur kurtz gemacht /
vn an jm erfüllet ist / wz von den sterbliche
Menschen gesagtPsal. 90, 6.
7.
Es ist derselbige auff diese Mühseelige Welt gebohren / im 1624. Jahr nach
Christi Gebuhrt / den 27. Januarij / vnd hat den Vrsprung seines natürlichen
Lebens genomen / auß einem fürnehmen ansehnlichem Geschlechte.
Sein Vater ist der Wol Ehrenvester / Großachbahrer vn Hochweiser
Herr / Herr Otto Brocks / wollverordneter Burgermeister in des Römischen Reichs
freyer Stadt Lübeck / welcher durch Gottes Gnad noch im Leben / vnd durch den
tödlichen Abtrit seines sehr geliebten Sohns hoch betrübt ist. das natürliche Leben empfange / nebenst zween
andern Brüdern / vn Schwestern / die noch im Leben seyn / welche
Gott nach seiner Gnade auch lange wolle erhalten / das sie in einem Göttlichen
Wolstand / jrem hertzliebe Vater möge erfrewlich
seyn.
Der Großvater / von Vaters seiten / ist gewesen Herr Johann Brockes / Wollverdienter Burger Meister vnd Admiral der Stadt Lübeck. Die Großmutter ist gewesen Catharina Könen / eine viel Tugendreiche Matron. Auff Mutter Seyten ist der Groß Vater gewesen Herr Johann zur Strassen / vornehmen Bürger in Lübeck. Die Großmutter Margareta Oldensees.
Seine Elter Vätter auff Vaters Seyten / seynd gewesen erstlich Herr Johann Brocks
wolverdienter Bürgermeister zu Plön im Fürstenthumb Holstein / zu
Andern Conradus Koene / Bürger in Lübeck / dessen
Von Mutter Seyte seynd die Elt Väter gewesen Erstlich ein vornehmer Bürger in Lübeck Herr Henrich zur Strassen / hernach Herr Herman Oldersees / ein vornehmer Bürger vornehmes Geschlechts in Bremen / welcher zur Ehe gehabt Elisabetham Thinappels eines Burgermeisters vnd Admiral zu Lübeck / Herrn Bartholomaei Thinappels eheliche Tochter / zu welches Christlichen Gedächtnis gehöret / daß wolgedachter Herr Burgermeister Tinappel in gemeinen Staddiensten sein Leben geendiget / da er durch des Meers Vngestümigkeit ist vberweltiget / vnd zu Bornholm begraben worden.
Aus solchem ansehnlichen Geschlecht ist dem Fleisch nach entsprossen dieser in
GOTT verstorbener Henricus Brockes. Weil aber von Fleisch nichts anders kan
gebohren werden alß Fleisch; als haben seine Christliche Eltern
Nach dem sich auch bey jhm eine gutte Zuneigung zum studieren gefunden / haben
sie jhn auch dazu gehalten / in Hoffnung / er würde dermahl eins treten in die
Fußstapffen deß bey Einheimischen vnd Frembden sehr wolverdienten vnd berümbten
Mannes / H. Henrici Brocks / als seines Vatern Bruder / der gleichfals
Bürgermeister zu Lübeck gewesen. Vnd were auch der gantzen Freundschafft
erfrewlich gewesen / wann er diesem berümbten Mann / dem er im Nahmen gleich
gewesen / auch in den Gaben vnd an den Thaten hette können gleich werden. Zu
solchem Ende ist er mit guter Hoffnung etwan für anderthalb Jahr anhero nach
Rostock auff diese Vniversität geschickt / hieselbsten in freyen
Auff dieser beyder Männer / meiner Hochgeehrten Herren vnd Freunden Zeugnis
beruff ich mich in den Ruhm der Gottseeligkeit vnnd Frömmigkeit dieses
verstorbenen Jünglinges / die desselben Frömmigkeit sehr gerühmet haben /
welchen Ruhm der Herr Magnificus Rector auch mit seinen Thränen / bey de Abschied seines liebe Tischgenossen / bezeuget
hat. Daraus ich nichtes anders habe schliessen könen / als daß er
jhn / als eine wehrten vnd fromen Menschen / lieb
gehabt habe.
Neben diesen glaubwürdigen Männern bezeugen es auch alle / die ihn gekandt haben
/ wie es ein frommes / eingezogenes / auffrichtiges Gemüth gewesen / vnnd gefelt
mir insonderheit wol / daß / wie von jhm gezeuget wird / er Gottes Wort lieb
gehabt / des Morgens sein studiren mit der Bibel angefangen / vnd zur Kirchen
mitgebracht / Guten habe.
Seine Gehorsamkeit wird jetzt genugsam betrawren der hochbetrübter Vater / der allzeit an jhm einen gehorsamen Sohn gehabt hat.
Eshat sich zwar die Sünde der Jugend bey jhm auch gerühret / doch zweiffele ich
nicht / er wird auch solches erkandt / vn mit David gesagt haben:
Psal. 25. 7.
SEin seliges End anlangend / ist er vor wenig Wochen nacher Stralsund vnd
Greiffswald in Pommern verreiset / vnd da er wieder zu Hause kommen ist er etwan
achte Tage nach der Reise / Den 1. Februarij, mit einem Fieber befallen / bey
welchen sich auch gifftige Pocken haben sehen lassen / die sich durch keine
Macht der Medicamenten haben wollen bezwingen vnd völlig außtreiben lassen.
Derwegen ich auff anmahnen seines Herren Wirths / den Tag vor seinem seeligen
lischen Vaters zuversichern / vnd wie er hierin bewilligte / habe
ich nochmahln gefragt / ob er auch ein Hertzliches Verlangen vnd Begierde
darnach trüge / hat er solches abermahl mit einem Ja bekräfftiget / vnd
beschlossen auff den künfftigen Morgen das Hochwürdige Sacrament zu empfangen /
darauff habe ich jhm zur Christlichen Bereitung Anleitung gegeben / vnd der
Gnade Gottes befohlen.
Des Morgens frühe / den 7. Februarij, ist er ein wenig zur Ruhe gekommen / wie er aber wieder erwacht / mitgrosser Ohnmacht überfallen. Da man jhm alsbald etwas fürgelesen vnd fürgebetet / vnd insonderheit das Geistreiche Gebetlein:
Welches er mit Andacht angehöret / vnnd ohn zweiffels dabey nicht allein seiner Nichtigkeit; sondern auch seiner Seligkeit in Christo JEsu sich erinnert hat / mit seufftzen / daß JEsus Christus / sein Trost vnnd Leben / möchte jmmer in seinem Hertzen schweben.
Vnd weil die Ohnmacht schleunig vnd hefftig zugenommen / bin ich auff erfodern zu
jhm kommen / hab jhn aber in höchstem Vnvermögen für mir gefunden / vnd wiewol
die tödliche Ohnmacht nicht zugelassen viel mit jhm zureden / hab ich jhn doch
zugeruffen / vn erinnert des geereutzigsten JEsu / vnd daß er
seine Seele demselben befehle / der sie mit seinem thewren Blut erlöset hat.
Darauff hat er / nach dem er vorher gantz still en gezogen / vnd damit eine anzeigung gegeben / daß er nicht
allein die Erinnerung / vn das Vorbeten vernommen; Sondern auch
ohn zweiffel zu Hertzen genommen.
Bald darauff / zwischen sieben vnd achten / da sampt mir die Vmbste hende mit
Gebet vnd hertzlichen Seufftzen vmb eine seligen Abscheid / bey
dem Heyland vnser Seelen Christo JEsu / angehalten / ist seine Seele vom Leibe
geschieden / da dieselbe / nach seiner Geburt / 20. Jahr vnd 11. Tage in
demselbigen gewohnet hatte. Es wird vnser Seufftzen ohn zweiffel nicht vergebens
gewisen seyn / sondern der getrewe Heyland / der diese Seele geliebet hat / vnd
sich selbst für sie dahin gegeben / wird auch in der Todesnoth derselbigen / als
ein Heyland erschienen seyn / vnd dieweil wir gläuben / daß er im Glauben JEsu
Christi gelebet habe / wie er denn auch in seinem Siechbette / GOttes Gnade
durch Christum JEsum gesuchet hat / also hoffen wir / seine Seele werde nun auch
leben im Schawen des Heyland es JEsu Christi.
Der verbleichter Leib liegt hier für vns / vn prediget allermeist
der Jugend: Siehet / hie liege ich / darauff jhr euch verlasset / dar auff hab
ich mich auch können verlassen. Ich habe geblühet wie eine Rose / Ich bin aber
schleunig abgebrochen vnd verwelcket. Meine Zeit ist kurtz gewese
/ vn in der kurtze Zeit habe ich nichts gelebt /
ohn allein / was ich gethan vnd gelebet habe im Glauben JEsu Christi / das ander
ist alles verschwunden. Darumb / Meine Brüder / lebet jhr / so lebet ja dem
DErrn.
Der Heyland / der jhn erlöset hat / vnd am Jüngsten Tage wieder aufferwecke wird / Der bewahre alle seine Gebeine / vn laß
sie wieder grüne in der Aufferstehung der Gerechten / daß er
sampt vns / vnd allen Außerwehlten mit Frewden anhöre die fröliche Stime / die JEsus Christus sagen wird: Komt her jhr
Gesegnete meines Vaters / vnd ererbet das Reich / welches euch bereitet ist von
anbeginn der Welt / Amen.
Gott allein die Ehre.