In nemine IESV CHRISTI nostri Emanuelis AMEN.
Leich: vnd Leydtpredigt / Aus dem schönen Gleichnüß Christi / Luce am 13. Vom
Feigenbaum / etc. Dem Weyland Hochwürdigen / Durchleuchtigen vnd Hochgebornen
Fürsten vnd Herrn / Herrn HENRICO IVLIO, Postulirten Bischoffen deß Stiffts
Halberstadt / vnd Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc.
So nach Gottes wunderbarlichem Rath vnd Verhengnüß zu Prag den 20. Julij
zwischen 8. vnd 9. Vhren / gegen Abend seliglich im HErrn Christo entschlaffen /
zu Christlichem Ehren gedächtnüß / in hochschüldiger Vnterthenigkeit zu Hauß
Grüningen den 6. Sept. dieses lauffenden 1613. Jahrs / als S. F. G. Leichnamb in
der Bischofflichen Schloß Kirchen daselbst auff zwo Nachtruhe nidergesetzet
worden. Gehalten durch Georgium Holtzman / verordneten Pfarherrn deß
Orts.
Magdeburg / gedruckt bey Wilhelm Roß /
Anno. HenrICVs IVLIVs EpIsCopVs HaLberstaDensIs, DVX
BrVnsVICensls aC LVnaebVrgensIs.
Der Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürstin vnd Frawen / Frawen ELISABETH,
Geborner aus Königlichem Stamm Dennemarck / Hertzogin zu Braunschweig vnd
Lüneburg / etc. Itzo Hochbetrübten Wittwen / Meiner gnedigen Fürstin vnd Frawen
/ etc.
So wol auch Dem Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürsten vnd Herrn / Herrn
FRIDERICH VLRICHEN, Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. Meinem
gnedigen Fürsten vnd Herrn / etc.
Gnade vnnd Friede / Trost vnd Segen / von Gott dem himlischen Vater / vmb JEsu
Christi seines lieben Sohns / vnsers Heylandes willen / durch selige Regierung
deß heyligen Geistes / sampt meinem inbrünstigen demütigen Gebet / vnd
gehorsamen müglichen Diensten zuvor:
DVrchleuchtige / Hochgeborne gnedige Fürstin vnnd Fraw / wie auch gnediger Fürst
vnnd HErr / Gleich wie die Hochbekümmerte
Iohan. 11./ Sorgfeltige
Martha / als jhr lieber Bruder Lazarus gestorben war / in diese Gedancken
gerieth / vnd zum HERRN Christo sprach: HERre werestu hie gewesen / mein Bruder
wehr nicht gestorben. Also möchten sich E. E. F. F. G. G. vnd viel andere fromme
Christliche Leute / etwan auch diese trawerige Gedancken machen / vnd vielleicht
/ wo nicht offentlich mit dem Munde / doch heimlich bey sich im Hertzen
sprechen: Wehre vnser Hertzlieber Herr Gemahl / frommer Vater vnd Landeßfürst
nicht zu dem leidigen Praag / sondern allhie bey Land vnnd Leuten vnnd bey den
jhrigen geblieben vnd gewesen / so wehre Er nicht gestorben. Dieses sind zwar
Menschliche vnd Fleischliche Gedancken / vnd haben jhre scheinbahre Evidents
vnnd beypflichtende Vrsachen für der Vernunfft. Aber wie dem allen / wenn wir
bedencken Cap. 11.was
Syrach sagt: Es kömpt alles von GOTT / Glück vnd Vnglück / Leben vnd Todt /
Armuth vnnd Reichthumb / so bleibets billich vnnd gewiß bey dem Göttlichen
Enunciato vnd Außspruch deß Heiligen Geistes: Inban, 14.Der Mensch vom Weibe geborn / lebt
eine kurtze Zeit / vnd ist voll vnruhe / Gehet auff wie eine Blume / vnnd fellet
abe / Fleucht wie ein Schatte / vnd bleibt nicht etc. Er hat seine bestimpte
Zeit / die Zahl seiner Monden stehet bey dir HErre / Du hast ein Ziel gesetzt / daß wird er nicht vbergehen: Meine Zeit stehet
HERr GOtt in deinen Händen: Deine Augen sahen mich / da ich noch vnbereitetPsal. 31. war / vnd
waren alle Tage auff mein Buch geschriebenPsalm. 139. / die noch werden solten / vnnd
derselben keiner da war. Ein jegliches hat seine Zeit / vnd alles vornehmenEccles. c. 3. vnter dem
Himmel hat seine Stunde / Geboren werden hat seine Zeit / Sterben hat seine
Zeit: Ich bin GOtt vnd keiner mehr / ein GOtt deßgleichenEsai. 4. 6. nirgend ist
/ der ich verkündige zuvor / was hernach kommen sol / vnd vorhin / ehe denn es
geschicht / vnd sage: Mein Anschlag bestehet / vnd ich thue alles was mir gefelt
/ was ich sage das laß ich kommen / was ich ich dencke daß thue ich auch: Meine
Gedancken
Esai. 5???
sind nicht ewer Gedancken / vnd ewer Wege sind nicht meine Wege /
spricht der HERRE / sondern so viel der Himmel höher ist denn die Erde / so sind
auch meine Wege höher denn ewer Wege / vnd meine Gedancken denn ewer Gedancken:
Käufft man nicht zween Sperling
Matth. ???
vmb einen Pfenning? noch felt derselbigen keiner auff die Erden ohn
ewern Vater. Nun aber sind auch ewere Haare auff dem Häupt alle gezehlet. In
diesen Schrancken solcher jetzterzehlter / vnnd dergleichen Sprüche müssen wir
verbleiben / vnnd damit vnsere
Menschliche Gedancken coarctiren, stillen / vnnd im Syr. 14.Zaum halten / vns wieder GOTtes
willen in Vngedult nicht weigern / viel weniger mit GOTT rechten / Rom. 9.oder Ihm in sein
vnbegreifflich vnnd vnerforschlich Ioh. 9.Gericht greiffen. Denn wem ists je gelungen / der
sich wieder jhn geleget hat? Sondern wir sollen vielmehr mit stiller Gedult vnnd
Demuth auch im höchsten vnserm Iob
1 & 2. Cap.Creutz vnd Trübsal aus dem Jobo sagen: Der
HErr hats gegeben / der HErr hats genommen / der Name deß HERRN sey gelobet /
Haben wir das Gute empfangen von GOtt / vnd solten das Böse nicht auch annemen?
Denn vnser keiner lebt jhm selber / vnser keiner stirbt jhm selber / Leben wir /
so leben wir dem HErren / Sterben wir / so sterben wir dem HErren / Darumb wir
???om, 14.Leben
oder Sterben / so sind wir deß HErren denn dazu ist CHristus auch gestorben vnd
aufferstanden / vnd wieder Lebendig worden / daß er vber Todte vnd Lebendige
HErr sey.
Sap. 14.
Es hat zwar vnser lieber GOtt / dessen Vorsichtigkeit Psal 75, & 116.alles Väterlich
regieret / E. E. F. F. G. G vnnd den Ihrigen ein sehr hartes erzeigt / vnnd
einen starcken bittern Trunck auß seinem heilsamen Kelch deß Creutzes
eingeschenckt vnnd zu trincken gegeben / das jhnen die Augen vbergehen / vnnd
sie daumeln möchten / nicht von Wein vnd starckem Getrencke / sondern von grossem Jammer vnd Hertzeleid / Sie sind mitEsa. 29. Wermuth
gespeiset / vnnd mit Gallen getrenckt / InIerem. 23. dem jhnen / nechst Christo vnnd
seinem Seeligmachenden Wort / jhr liebster vnnd bester Schatz auff dieser Welt /
vnnd von dieser Welt durch den zeitlichen Todt leider entnommen vnnd entkommen
ist / welches zugleich viel fromme vnnd ehrliebende Christhertzen albereit
schmertzlich beseufftzet haben / an jtzo hertzlich beweinen / vnd noch ins
künfftig viel mehr kleglich betrauren werden: Denn wir noch nicht recht wissen /
sehen vnd verstehen / was wir gehabt vnnd verloren haben / köndtens aber wol
bald hinfüro mit Vnserm grossen Schaden vnnd Nachtheil besser jnne werden vnnd
erfahren. (GOtt erbarme sich vnser) Aber E. E. F. F G. G sollen sich auß GOttes
heilsamen Wort / auß dem rechten Trost Brunnen Israelis / ChristlichPsalm. 68. erinnern vnnd
trösten lassen / daß GOTT nicht allein Wunden schlagen vnnd zureissen / sondern
auch wieder1, Sam. 2.
verbinden vnd heilen / nicht allein betrüben vnnd tödten
Iob. 5. Hos 6
/ sondern auch wieder erfrewen vnnd lebendig machenMatt. 20. kan / daß er
nicht nur allein denn Creutz Kelch:Ierem. 16. Sondern auch den Gnaden vnd Trost Becher in
seinerPsalm. 23.
Handt habe / vnnd seinen Außerwehlten gläubigen lieben Christ Freunden darauß
vol: vnnd wol einschencken / vnnd einen Frewden Trunck nach dem andern geben wil
/ laut deß Psalms: Ihr Heiligen lobsinget dem13. Psalm.
HErrn / dancket vnnd preiset seine
Heiligkeit / denn sein Zorn wehret ein Augenblick / vnnd er hat lust zum Leben /
den Abendlang wehret das Weinen / aber deß Psalm. 34.Morgens die Frewde: Der HERR ist
nahe bey denen die zubrochens Hertzens sind / vnd hilfft denen / die zuschlagene
Gemüht haben / Der Gerechte muß viel leiden / aber der HERR hilfft jhm aus dem
allen / Er bewahret jhm alle seine Gebeine / daß der nicht eins zerbrochen Psalm. 36.wird. HERR
deine Güte reichet so hoch der Himmel ist / vnnd deine Warheit so weit die
Wolcken gehen / deine Gerechtigkeit steht wie die Berge GOttes / vnd dein Recht
wie grosse Tieffen / HERR du hilffest beyde Menschen vnd Viehe / Wie thewr ist
deine Güte / GOTT daß Menschen Kinder vnter dem Schatten deiner Flügel trawen /
sie werden truncken von den reichen Gütern deines Hauses / vnd du tränckest sie
mit Wollust / als mit einem Strom / denn bey dir ist die lebendige Quälle / vnnd
in deinem Liecht sehen wir das Liecht. Was betrübstu dich meine Seele Psalm 42. & 43./ vnd
bist so vnruhig in mir? Harre auff GOTT / denn ich werde jhm noch dancken / daß
er meines Angesichts Psal.
126.hülffe vnd mein GOTT ist. Die mit Thränen seen / werden mit
Frewden Erndten. Sie gehen hin vnd weinen / vnnd tragen edlen Samen / vnd kommen
Esa. 49.mit Frewden
vnd bringen jhre Garben. Kan auch ein Weib jhres Kindleins vergessen / daß sie
sich nicht erbarme vber den Sohn
jhres Leibes? Vnd ob sie desselbigen vergesse / so wil ich doch dein nicht
vergessen / Siehe / in die Hende habe ich dich gezeichnet. Fürchte dich nicht /
denn du solt nicht zu schanden werden / Werde nicht blöde / denn du solt nicht
zu spott werden / denn der dich gemacht hat ist dein Mann / HErr Zebaoth /Esa. 54. heisset sein Name / vnnd dein Erlöser /
der Heilige in Israel / der aller Welt GOtt genennet wird / denn der HErr hat
dich lassen im Geschrey seyn / daß du seist wie ein verlassen vnnd von Hertzen
betrübt Weib / vnnd wie ein junges Weib das verstossen ist / spricht dein GOtt /
Ich hab dich ein klein Augenblick verlassen / aber mit grosser Barmhertzigkeit
wil ich dich samlen / Ich hab mein Angesicht im Augenblick deß Zorns ein wenig
vor dir verborgen / aber mit ewiger Gnade wil ich mich dein erbarmen / spricht
der HErre / dein Erlöser / Denn es sollen wol Berge weichen / vnnd Hügel
hinfallen / aber meine Gnade sol nicht von dir weichen / vnnd der Bund meines
Friedens sol nicht hinfallen / spricht der HERR / dem Erbarmer. Die Güte deß
HErrn ists / daß wir nicht gar auß sind / seine Barmhertzigkeit hat noch kein
Ende / sondern ist alleThren. 3? Morgen new /
vnd deine Trewe ist groß / Der HErr ist mein Theil / spricht meine Seele /
darumb wil ich auff jhn hoffen / denn der Herr ist freundlich / dem / der auff
jhn harret / vnd der Seelen die nach jhm fraget. Threm. 3?Es ist ein köstlich ding gedultig seyn / vnd auff die
hülffe deß HErrn hoffen / etc. Denn der HErre verstöst nicht Ewiglich / sondern
Er betrübet wol / vnnd erbarmet sich wieder nach seiner grossen Güte / denn
ernicht von Hertzen die Menschen plagt vnnd betrübt. Sap. 3.Die dem HERRN vertrawen / die erfahren / daß er trewlich helt
/ vnd die Trew sind in der Liebe / lest er jhm nicht nehmen. Denn seine Heiligen
sind in Gnade vnd Barmhertzigkeit / vnnd Er hat ein Auffsehen auff seine Sap. 16.Außerwehlten. HErr / so man auff dich
harret / daß macht deinen Kindern offenbahr / wie süsse du seyest. Tob. 3.Das weiß ich fürwar / sagt die
Gottliebende Hanna / wer GOtt dienet / der wird nach der Anfechtung getröstet /
vnd auß der Trübsal erlöset / vnnd nach der Züchtigung findet er Gnade / denn du
HErr hast nicht Lust an vnserm verderben / denn nach dem Vngewitter lessestu die
Sonne wieder scheinen / vnnd nach dem Heulen vnnd Weinen vberschüttest du vns
mit Frewden. Deinem Namen sey ewiglich Ehre vnd Lob / du GOtt Israel.
Sehet diese vnd dergleichen Trostsprüche sind die rechten bewehrten Himlischen
Artzeney stücklein / Labebißlein / vnnd Frewden Trüncke auß vnsers Lieben GOTtes
Geistlicher Apotecken / Speißkammer vnd Weinkeller / darmit wollen vn können E. E. F. F. G. G. jhren leidigen Schaden schmieren vn curiren / jhr jammerseliges Hertz erquicken / jhr gekräncktes Gemüth auffrichten / jhr
heißhungeriges sehnen / vnd tieffdürstiges vorlangen nach deroselben
Ehegeliebten Herrn Gemahl vnd hertzlichen Vater / hochlöblicher vnd
Christseliger Gedechtnüß / stillen / vnd entlich ergreiffen vnnd wol behertzigen
/ Was Gott der rechte vielfromme Vater im Himmel sich tröstlich verlauten lesset
/ das Er sey / seyn vnd bleiben wölle / ein Schutz Herr vnnd Erretter /Exod. 22. Richter vnd Helffer der Wittwen vnd
Wäisen / vnd dasPsaIm. 10. & 68. sie jhren
von Gott gegebenen / vnd jhnen aus den Augen aber nicht aus dem Hertzen / mit
Schmertzen wider weggerückten allerliebsten Schatz / vnnd Freund im ewigen Leben
/ mit allen Frewden wider sehen / vnd mit demselbigen vnzertrenliche ewige vnd
selige Gemeinschafft haben werden. Das ist abermals ein recht Geistlich
Wüschtüchlein / darmit E. E. F. F. G. G. jhr threnfliessende Augen vnd nasse
Wangen abtrocken / vnd außwischen / jhre betrübte Seele trösten / vnnd sich
jderzeit zu frieden geben können vnd wollen. Welches E. E. F. F. G. G. verleihe
Gott der Vater alles Trostes vnd Barmhertzigkeit2.
Corin. 1. / in Christo JEsu / durch den heiligen Geist /Rom. 15. Amen.
Vnd dieweiln E. E. F. F. G. G. vnlangst durch einen vornehmen vnnd nahmhafften
vom Adel mir in Gnaden andeuten lassen / vnd begehret haben / das die
Leichpredigt / so deroselben vielhochermelten hertzlieben Herrn Ehe Gemahl vnd Vater
/ Christmilden andenckens / zu vnterthenigen Ehren vnd pflichschüldigem
Christlichem Gedechtnüs / in der Schloß Kirchen zu Hauß Grüningen / auff
löbliche anordnung vnd befehlich eines Hoch: vnnd Ehrwürdigen Thumcapittels zu
Halberstad / meiner gnädigen / gebietenden Herrn / von mir vnwürdig geschehen /
zum Trost vnnd Gottseliger nachrichtung / in öffentlichem Druck verfertiget
werden möchte: Als habe ich hierin vnterthänig pariren sollen / vnd selbige
gethane Predigt / so gut sie mir Gott damals eingegeben / vmbgeschrieben / vnd
drucken lassen / offerire vnd dedicire demnach dieselbige E. E. F. F. G. G. in vnterthäniger Demut /
bittende / sie wollen dieses in Gnaden vermercken / vnd diß mein geringfügiges
talentum
Matth. 25.von mir auff-vnnd anzunehmen
gnädiglich geruhen / auch meine vnd der meinigen jederzeit gnädige Fürstin vnd
Fraw / vnd Herre seyn vnd bleiben. Befehle also hiermit E. E. F. F. G. G.
zusampt allen den Ihrigen / Haußgenossen vnd Landtsassen in den gnädigen Schutz
des allgewaltigen grossen Gottes vnd vnsers Heylandes JEsu Christi / zu
zeitlicher vnd ewiger Leibes vnnd Seelen Wolfart / von Hertzen / Amen. Datum Hauß Grüningen / den 15.
Septemb. Anno
tenente obItVM DVCIs patrIae nostrae.
E. E. F. F. G. G.
Vnterthäniger Georgins Holtzman / am Wort Gottes Diener daselbst.
PROLOQVIVM Oder Eingang dieser Predigt.
GOtt der Vater / GOTT der Sohn JEsus CHristus / vnnd GOtt der heilige Geist / die
heilige Dreyfaltigkeit / wohne vns bey / vnd laß vns nicht verderben / im Leben
vnd im Sterben / Amen.
GEliebte vnnd Außerwehlte im HErrn CHristo / Es sagt GOtt der heilige Geist /
durch den Mund Syrachs / des GottseligenCap.
10. Kirchenlehrers vnd geistlichen zucht Vaters / also: Die so GOtt
fürchten / halten jhren Regenten in ehren: Welches geschicht vnd geschehen sol /
nicht allein am Leben / sondern anch in vnd nach jhren Todt / vnnd steht die
Ehre darin / das man von seiner Obrigkeit im Hertzen viel halte / sie mit
rechter Liebe vnd Trewe meyne / ehrlich von jhr dencke vnnd rede sie für GOttes
gute Ordnung erkenne / jhr gehorsamlich diene / wenns jhr / sampt den Ihrigen
wolgeht / sich mit frewe / wenns aber vbel geht / vnd trawrig steht / von
Hertzen mit trawre vnd betrübt werde / Frewet euch mit den frölichen / vnd
weinet mitRom. 12. den weinenden.
Weil denn an jetzo der zustand vnser lieben Obrigkeit sehr betrübt vnd trawrig /
in dem vnlangst / als den 20. Julij / zwischen 8. vnnd 9. Abends / dieses
jetztlauffenden 1613. Jahrs / nach dem gnädigen vnwandelbaren willen vnsers
himlischen Vaters / der Weyland Hochwürdige / Durchleuchtige / vnnd Hochgeborne
Fürst vnd Herr / Herr HEINRICH JVLIVS, Postulierter Bischoff des Stiffts
Halberstadt / Hertzog zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc. Vnser allerseits
gewesener lieber Landes Fürst vnd Vater / hochlöblicher gedechtnüß / Todtes
verblichen / vnnd also eine das ist / hochschmertzliche
Hertzschneidung in diesen Landen geschehen / da der hochbetrübten hinderlassenen
Fürstlichen Wittwen / den jungen Fürstlichen Herrlein vnnd Fräwlein / ja allen
Gottsfürchtigen trewen Dienern vnnd Vnterthanen gleich als ein groß Stück vom
Hertzen ist weggeschnitten worden. Denn jetzt hochgedachte Fürstliche Wittwe /
vnsere liebe Landes-Mutter / jhr von GOtt gegebenes Henpt vnnd Herrn Gemahl /
hochgedachte junge Herrlein vnnd Frewlein / jhren lieben Herrn Vater / von dem
sie nechst GOTT das Leben vnnd alle Wolfahrt haben / alle trewe Diener vnd Vnterthanen bes löblichen Braunschweigischen Landes / vnnd
dieses Stiffts jhren angebornen vnd erkornen Erb Herrn / Landes Vater / Schutz
Fürsten / vnd Bischoffen auff dieser Welt verlohren / vnd sich dessen allhier
nit mehr erfrewe vnd zugetrösten haben können: So thun wir
demnach hierinnen recht / Christl ich vnnd wol / das wir einen Trawrtag
anstellen / vnndbey der niedergesetzten Fürstlichen Leich dißmahl zusammen
kommen / ein vnterthäniges trawriges Ehre Memorial vnd Gedächtnuß
halten / Gotts Wort dabey leren vnd hören. Vnd darmit nun solches gereichen möge
zuförderst GOtt dem allerhöchsten HErrn zu Lob / Ehr vnnd Preiß / vns aber allen
miteinander zur Lehr / Trost / Buß vnd Besserung vnsers sündhafftigen Lebens /
auch zu gedeylicher Anleitung vnd Beförderung der ewigen Seligkeit / wollen wir
vnser Hertzen zum lieben Gott erheben / vnd in demütiger Andacht ein gleubiges
Vater Vnser / etc. beten.
Textus Luc. 13. Vnser HErr JEsus sagte zu etlichen
diese Gleichnüß:
Es hatte einer einen Feigenbaum / der war gepflantzet in seinem Weinberge / vnd
kam vnd suchte Frucht darauff / vnnd fand sie nicht. Da sprach er zu dem
Weingärtner: Siehe / ich bin nun drey Jarlang / alle Jar kommen / vnd habe
Frucht gesucht auff diesem Feigenbaum / vnd finde sie nicht / Hawe jhn abe / was
hindert er das Land? Er aber antwortet vnd sprach zu jhm? HERR / laß jhn noch
diß Jahr / biß das ich vmb jhn grabe
/ vnnd detünge jhn / ob er wolt Frucht bringen / wo nicht / so hawe jhn darnach
abe.
EXORDIUM.
GEliebte vnnd außerwehlte Freunde in Christo / In actis Romanorum wird gelesen /
als Scipio Africanus ein vornehmer Regent zu Rom Todts verfahren / da sey
Metellus Numidius ein Philosophus, weiser vnd gelehrter Mann / offentlich auffs
Marck getreten vnd laut außgeruffen: Accurite cives; Concurrite cives; Videte
& lugete: Nam urbis vestrae maenia conciderunt. Laufft herzu jr Bürger /
kompt zusammen jr Bürger / schawet an / vn traget Leide / den ewer Stadtmawr ist eingefallen. Hat darmit zuverstehen gegeben /
daß eine verständige vnd wolregterende Obrigkeit gleich sey eine Ring: oder
Stadtmawr. Denn gleich wie durch einen Waal oder feste Mawre eine Stadt vor der
Feinde Einfall gesichert vnd verwahret wird: also ist eine fromme Gottsfürchtige
Obrigkeit nehest Gott / ein Schutz vnd Schirm / Hut / Schild /Psalm: 47. vnnd Wacht jhrer Vnterthanen vnnd deß
gantzen Landes. WieEzech. 22. sie denn
dannenhero Schilde der Erden / vnd eine Mawre wieder den Riß für das Land /
genennet wird. Wie nun dieser gelehrter Mann die Bürger zu Rom angeruffen /
auffgemuntert / vnd zum Trawren vermahnet / ob dem Absterben jhres löblichen
Regenten: also gebüret vns Predigern auch jetzo sonderlich / daß wir die
Vnterthanen deß Landes vnd vnsere Zuhörer anruffen / vnd schreyen: Accurrite
cives; concurrite subditi; videte & lugete auditores: Nam & nostrae
urbis maenia ceciderunt. Laufft herzu jhr Bürger / tretet zusammen jhr
Vnterthanen / sehet: trawret vnnd
traget Leide jhr Zuhörer / denn auch vnser Städtmawr ist / leider GOttes /
vmbgefallen / vnsers Hertzen frewde hat ein ende / vnser Reihen ist in Wehklagen
verkeret / die Kron vnsers Haupts ist abgefallen Thren. 5./ O weh daß wir gesündiget haben / darumb ist vnser Hertz
betrübt / vnd vnsere Augen sind finster worden. Der Gesalbete deß HErrn / der
vnser Trost war / dessen wir vns freweten / wir wolten vnter seinem Schatten
leben / ist dahin: O weh deß grossen Thren.
4.Leides / der schöne Feigenbaum / welcher vns Schutz vnd Schatten /
Schirm vnnd Wirm / Speiß vnd Nahrung gab / darunter wir Gericht vnd
Gerechtigkeit hatten / ist vmbgehawen / O wehe der grossen Noth / eine vornehme
Seule / nicht allein deß Braunschweigischen Landes vnnd dieses Stiffts / sondern
auch deß gantzen Römischen Reichs / ist eingangen: GOtt erbarme sich vber vns /
der HErre hat vns voll Jammers gemacht am Tage seines Thren. 1.grimmigen Zorns / vnd solches vmb vnser grossen Sünde
willen / Prov. 28.den vmb deß
Landes Sünde willen / werden viel verenderung der Fürstenthüme. Der HErre hat
gethan / was er in seinem Göttlichen Thren.
2.Rath beschlossen vnd vor hatte / wer kan seinem vnwandelharen willen
wiederstehen? Sicut Domino placuit ita factum est, wie es GOTT hat gefallen /
also ists ergangen. Wie sollen wirs nun machen? Der Riß ist geschehen / vnser
Landes Vater (GOtt erbarms) ist todt / sein Fürstlicher Leichnam ligt da für
vnsern Augen / wieder wen sollen wir murren? Wieder wen sollen wir Thren. 3.klagen? Mit wem können wir zürnen? Ein
jeglicher murre / Dani, 9.klage / zürne /
trawre vnnd weine wieder sich selbst / vnnd vber seine Sünde / wir haben
gesündiget sampt vnseren Vätern / sind Gottloß gewesen / vnd haben der Stimme
vnsers GOttes nicht gehorchet / darumb hat vnser GOtt billich nicht verschonet.
Er hat vns 2. Sam. 18.eine solche Person
genommen / die sonstan statt vnnd so viel als Zehen tausent zu achten. Wie aber
fromme Bürger mit allem Ernst sich dahin bemühen Tag vnd Nacht / daß jhre
eingefallene Stadtmawr restituirt vnd wieder erbawet werde / darmit sie desto besser verwahret / vnnd
sicherer wohnen vnnd werben mögen: Also / liebe Christen / müssen wir auch dahin
Arbeiten helffen / vns bemühen mit frühzeitigem gutem Rath vnd That / bevorauß
aber vnd ohn vnterlaß mit einem inbrünstigem vnnd bußfertigem Gebett zu GOtt /
daß er vnsere vmbgefallene Stadtmawr reaedificiren, vnnd wieder bawen wolle /
laut des Psalms: HErre thuePsalm. 51 woll an
Sion nach deiner Güte / bawe die Mawren zu Jerusale. Denn wo der
HErre nicht das Hauß bawet / so Arbeiten vmb sonst die daran bawen / wo der HERR
nicht die Stadt dehütet /Psalm. 27. so wachet
der Wechter vmb sonst. Kompt wir wollen wiederumb zum HErrn / Er hat vns
zurissen / Er wird vns auch heyle / Er hatHoseae. 6. vns geschlagen / Er wird vns auch
verbinden / die rechte HandtPsalm. 77. des
HERrn kan alles endern / lindern vnd mindern / der HERre Tödtet / vnd macht
Lebendig / Er führet in die Helle / vnd wieder1. Sam.
2. herauß / Er erniedriget vnd erhöhet. Last vns mit Jeremia
beten:lerem. 14. Ach HErr / vnsere
Missethat habens ja verdienet / aber hilff doch vmb deines Namens willen / Denn
vnser Vngehorsam ist groß / darmit wir wider dich gesündiget haben. Du bist der
Trost Israel / vnnd jhr Nothelffer. Du bist doch ja vnter vns / HErr / vnd wir
heissen nach deinem Namen / Verlaß vns nicht.
Nun wir wollen zum Text schreiten / darinnen vns das schöne Gleichnis vom
Feigenbaum vorgehalten wird / vn betrachten: Parabolae hujus
explicationem, & applicationem: Wie wir diese Gleichnis recht verstehen /
auff vns / vnnd gegenwertigen betrübten Fall nützlich accommodiren vnd bequemen
mögen. GOtt gebe vns seine Gnade vnnd den heiligen Geist darzu / vmb seines
lieben Sohns JEsu Christi willen.
EXEGESIS.
ES hat / geliebte im HErrn / der Messias / vnser lieber Heylad
Christus Jesus / durch den Mund des Königlichen Propheten Davids selbst
geweissaget / daß er seinenPsalm. 78. Mund auffehun wolle
per parabolas, durch Gleichnis / vnd GOttes Beschluß / Rath vnd Willen gegen die
Menschenkinder dadurch offenbaren / vnd erkleren: Dieses hat er auch trewlich
vnnd redlich erfüllet / wie wir im Newen Testament auß allen Evangelisten
klärlich zuersehen haben: Da er im wehrendem seinem Predigampt so manch schön /
außerlesen / anmütig / herrlich vnd lieblich Gleichnüs gebraucht / vnd herfür
gebracht / daß einem fleissigen Leser vnd Hörer / nicht allein Augen vnd Ohren /
sondern vielmehr Hertz / Gemüth / vnd Seel dadurch erlüstiget / erfrischet vnd
erquicket wird / vnd werden wir also durch die jrrdischen Dinge zu den
Himlischen Sachen / von den stummen vnnd tummen / leblosen vnnd vnvernünfftigen
Creaturen / zu dem allein weisen / vnsterblichen / lebendigen vnd ewigen GOtt
geführet / vnd vnterwiesen. Vnter so mannigfaltigen Lehr: vnnd Trostreichen
Gleichnüssen ist nun auch dieses vom Feigenbaum sehr schön / vnd wol zu
betrachten / welches nicht allein an diesem Ort / sondern an mehr Orthen in der
Schrifft vorleufft.
Explicatio parabolae.
Wie hats nun eine beschaffenheit mit diesem Gleichnüß? Es wil vnser Himlischer
Doctor vnnd Lehrmeister Christus durch den HErrn deß Weinbergs / GOtt seinen
Himlischen Vater: durch den Weinberg die Christliche Kirche: Durch den
Weingertner sich selbst: vnd durch den Feigenbaum ins gemein alle vnd jede
getauffte vnnd wiederborne Christen / bevorauß / die den Matth. 7.Namen / vnd nicht die That haben / die
sich HErr / HErr mit dem Munde rühmen / vnd thun doch nicht den Willen deß
Vaters im Himmel / angedeutet vnd verstanden haben. Vns / als den Feigenbaum
Qualitas sicus./ belangende hat erstlich
vnd anfänglich GOtt der HERR deß Weinbergs nicht allein zu guten fruchtbarn
Bäumen vnnd Esa. 6???Pflantzen der
Gerechtigkeit / jhm selbst zum Preyß / geschaffen / sondern auch hernachmals /
als der leidige Teuffel der hellische Bock zum Gärtner worden / vnd solche von
GOtt gute erschaffene vnnd wolgepflantzte Bäume im Paradeißgarten an Adam vnd Eva begnaget / verbissen / geschelet / vnd zu dürren
faulen bösen Bäumen / zu Distel vnd Dornstreuchen / ja zu lauter Fewrholtz in
Abgrund der Hellen gemacht / durch seinen listigen Betrug / vnnd schendliche
Verführung / da hat GOTT solche verdorrete vnnd zu allem guten verdorbene vnd
erstorbene Bäume / das ist: Sündhafftige Menschen Kinder / durch seines Sohns /
als des Himlischen Weingärtners vnd Kältertreters Blut vnd Todt
allergnädigstEsa. 63. wieder restituirt,
vnd gleich als den dürren Staub Aaronis,Num.
17. wiederumb von newem grüend / vnnd blüend / safftig vnd fruchtbar
gemacht: Vnd denn auch ferner / fürs dritte / durch den heiligen Geist / den
Werckmeister alles guten / vermittelst der heiligen Tauffe / des gnadenreichen
Wasserbads im Wort / in denEph. 5. Weinberg
seiner heiligen Christlichen Kirchen transferirt, versetzt / vnd gepflantzet /
als die abgeschnittenen Reben / dem lebendigen Weinstock Jesu Christo inserirt,
vnd einverleibet / Ja als dieIoh, 15. wilden
Oelzweige / dem rechtsafftigen vnnd heiltragendem Oelbaum des Lebens
eingeopffert / alles zu dem ends / das sie nunmehr / als von GOTT auff dreyerley
weise gut gemachte Bäume / auchRom. 11. gute
Früchte bringen sollen / daran GOTT / Engel vnnd Menschen Dienst / Lust vnd Nutz
haben möchten / Inmassen Christus sagt: Ihr habt mich nicht erwehlet / sondern
ich hab euch erwehlet /Iohan. 15. vnd gesetzet
/ das jhr hingehet / vnnd Frucht bringet / vnnd ewer Frucht bleibe / etc. Darin
wird mein Vater geehret / das jhr viel Frucht bringet. Da sollen wir nun / liebe
Christen / fleiß vnd ernst ankehren / das wir nicht allein schöne Bäume seyn die
nur grosse Zweige / das ist: herrliche Digniteten, Empter / vnd Ehrenstände /
nur hübsche / breite / grüne Bletter / das ist: herrliche Gaben / Kunst /
Geschickligkeit / Gesundheit / Schönheit / Reichthumb / etc. haben / sondern
auch GOtt wolgefällige früchte tragen Arbor es, ô homo, si silvestris! time; si
campestris! fuge: si hortensis! gaude: sagt ein alter Kirchen Lehrer: O Mensch
bedenck es wol: Du bist ein Baum / wirstu ein wilder Baum seyn: so fürchte dich:
wirstu ein gemeiner
Feldbaum seyn: o fliehe: Wirstu aber ein guter Gartenbaum sein so frewe dich. Da
sollen wir nun seyn / im Glauben Oelbäume. Das Oel / als Fett schwimmet oben:
Also ist der Glaube das höchste vnd das beste / darnach die Augen des HErrn
Ierem. 5.sehen / vnnd wir streben sollen /
ohn welchen vnmüglich ist GOtt Heb.
11.gefallen: Ja der Glaube ist der Sieg / der die Welt vberwindet. ??? Johan. 5.In der Liebe / Einigkeit vn Friede sollen wir seyn / Myrtenbäume / die sind allewege gewesen
signa pacis & amoris, Friede: vnd Liebszeichen. Vertraget einander in der
Liebe / vn seyd fleissig zuhalte die Ephes. 4.Einigkeit im Geist durch das Band des
Friedes. In der Gedult sollen wir seyn Palmbäume: Der Palmbaum weicht keiner
Last. Also sol bey vns die Gedult alles vberwinden.
Tu ne cede malis, sed contrà audentior ito:
Weich nicht wenn du im Vnglück bist / So bleibstu wol ein frommer Christ.
In der Demul sollen wir seyn / nicht hohe stoltze Cedern / oder Lorbeerbäume /
darvon David sagt: Ich habe gesehen einen Psal.
37.Gottlosen / der war Trotzig / breitet sich aus / vnnd grünet wie
ein Lorbeerbaum / da man fürvber gieng / Siehe / da war er dahin / Ich fragte
nach jhm / da ward er nirgend funden: Sondern nidrige Puchsbäume / nach der Lehr
Syrachs / je höher du bist / je mehr dich Syr.
3.demütige / so wird dir der HERR hold seyn / denn der HERR ist der
Allerhöhest / vnd thuet doch grosse ding durch die Demütigen. In der Tugendt der
Gottseligkeit sollen wir seyn / nicht stinckende Holder / Sondern
Wacholderstauden / die einen lieblichen vnd nützlichen Geruch von sich geben /
vnnd vns halten nach der Vermanung 2. Pat.
1.Petri des Apostels: So wendet nun alle ewren fleiß daran / vnd reichet
dar in ewrem Glauben Tugend / vn in der Tugend Bescheidenheit /
in der Bescheidenheit Messigkeit / in der Messigkeit Gedult / vnd in der Gedult
Gottseligkeit / vnd in der Gottseligkeit Brüderliche Liebe / vnnd in der
Brüderlichen Liebe gemeine Liebe Denn wo solches reichlich bey euch ist / wirds
euch nicht faul vnnd vnfruchtbarn
seyn lassen in der erkendnüß vnsers HERRN Jesu Christi. In der Wolthetigkeit /
sollen wir seyn / nicht stacheliche Distel vnd Dornbüsche / die nur kratzen vnd
zu sich reissen: Sondern fruchtbare Feigenbäume / edle Weinreben / jmmer
grünende Mandelbäume / deren jederman mit Lust vnnd Nutz geniessen möge: In
summa / wir sollen der fruchtbare Baum seyn vnnd werden / davon David meldet:
Der an den Wasserbächen gepflantzet / seine fruchtPsal 1. bringet zu seiner zeit / etc. nach der schönen vermanung des
Apostels Pauli: Last vns guts thun / vnd nicht müde werden / denn zu seinerGal. 6. zeit werden wir auch erndten ohn
auffhören: Als wir den nun zeit haben / So lasset vns guts thun
an jderman / allermeist aber an des Glaubens genossen. Folget jhr Christen / der
trewhertzigen Anmanung Petri: Lieben Brüder / thut desto mehr fleiß ewren
Beruff2. Peri. vnd Erwehlung fest zu
machen / Denn wo jhr solches thut / werdet jhr nicht strauchlen / vnnd also wird
euch reichlich dargereicht werden / der Eingang zu dem ewigen Reich vnsers HErrn
vnnd Heylandes Jesu Christi: Das ist / also werden wir endlich aus diesem
zeitlichen vnd jrdischen Weinberg / oder vergenglichen Baumgarten dieser Welt /
in das ewige Himlische Paradeiß / vnnd vnvergenglichen Lustgarten der
vnaußsprechlichen / vnd vnauffhörlichen Himmel Frewde transferirt vnnd versetzt
werden: Da sich vnser Hertz wird frewen / vnnd vnsere Beine grünen sollen / wie
Graß /Esa. 66. da wird man erkennen die Hand
des HERRN an seinen Knechten / vnd den Zorn an seinen Feinden. Das ist eins.
Fürs ander / Wie gehts denn nun dem HErrn des Weinbergs mit seinem gepflantzten
Feigenbaum? Das hören wir auch in verlesenem Gleichnüß / wie er sich beklagt /
vn zum Weingertner spricht:Querel??? Siehe / ich bin nun drey Jahr lang / alle Jahr kommen
/Domini vnnd habe Frucht gesucht auff
diesem Feigenbaum /vincae. vnd finde sie
nicht. Hawe jhn abe / was hindert er das Land? Diß soll man abermahl auff GOTT
den HERRN / vnd auff vns Menschen
ziehen: Wie sich GOtt der Vater gegeu seinen lieben Sohn den Weingärtner beklage
/ vber die Vnfruchtbarkeit der Christen / vnnd dem vntraghafften Baum die
Abhawung 1. DEI ./ das
ist: den Gottlosen vnd Vnbußfertigen / die Straffe andrewe. Da hören vnd
verspüren wir zweyerley: Erstlich / die Güte vnd Langmütigkeit GOTTes: Zum
andern / die ernste Andrewung 2. Intimatio der Straffe. Ist das nicht / liebe Christen / eine
grosse Gedult / Güt vnd Langmütigkeit des viel frommen GOTTes / daß Er dem
vnfruchtbarn Feigenbaum / das ist: den sündthafftigen bösen Menschen so lang
zusiehet / einen Tag nach dem andern / einen Monat nach dem andern / ein Jahr /
ja viel Jahr nacheinander kömpt / suchet vnnd anklopffet / frist vnnd raum gibt
/ harret vnnd wartet / ob sie sich wollen bekehren / bessern / vnnd Busse thun /
darmit er des abhawens vnnd der Straffe möchte verhaben bleiben. Denn er strafft
die Leut nicht gerne / wie im Gebet Manassis Hof.
11.steht / seine Barmhertzigkeit ist viel zu inbrünstig. Er hat nicht
Ezech. 18. 33.Lust an des armen Sünders
Todt vnd Verderben / wie auch der Tob. 3.Geist
GOttes spricht: Du HERR erbarmest dich vber alles / Sap 11.denn du hast Gewalt vber alles / vnnd vbersiehest der
Menschen Sap. 12. cap.Sünde / das sie sich
bessern sollen. Vnd weil du denn gerecht bist / so regierestu alle Ding recht /
vnd achtests deiner Majestät nicht gemeß jemand zuverdammen / der die Straffe
nicht verdienet hat / du gewaltiger Herrscher richtest mit Lindigkeit / vnnd
regierest vns mit viel verschonen / denn du vermagst alles / was du wilt / dein
Volck aber lehrestu durch solche Wercke / das man fromb vnnd gütig seyn soll /
vnnd deinen Kindern gibstu damit zuverstehen / sie sollen guter Hoffnung seyn /
das du wollest Busse für die Sünde Rom.
2.annehmen. O Mensch verachtestu den Reichthumb Göttlicher Güte / Gedult
vnd Langmütigkeit / weistu nicht das dich GOttes Güte zur Busse leitet? O
bedencke es ein jeglicher vnter vns in der Furcht GOttes / wie viel Zeit vnnd
Raum / Jahr vnnd Tage hat vns der gütige / langmütige / getrewe GOtt biß anhero
zur Busse ggeben? Er hat vns nicht
allein zu gut gehalten delicta juventutisPsal. 19
??? & inscitiae, die Sünde der Jugend vnnd Vnwissenheit / die wir
begangen haben / ehe wir ad annos discretionis kommen / sind / da wir noch nicht
recht haben Vnterscheid wissen können / was Recht oder Linck ist: Sondern auch
fernes / da wir nun die Kinderschuh wol zutreten / zu vnserm völligen Alter
vn VerstandeIon. 4.
gerathen / vber 10. 20. 30. 40. 50. mehr oder weniger Jahr eins theils kommen
sind / vnd noch bey guter Vernunfft vnd gesunden Leben erhalten werden / Da hats
GOtt / der HERR deß Weinbergs / nicht vnterlassen / ist alle Jahr bißhero kommen
/ ja kompt noch alle Tage in seinem heiligen Predigampt / durch sein Wort vnd
Diener / klopffet an / vnd suchet mit bitten / flehen vnd vermahnen Früchte von
vns seinem Feigenbaum / wolte gerne daß wir fromb vnnd Gottseelig lebten / mit
vnserm Christlichen Wandel / jhn vnsern Schöpffer / Erlöser / Tröster vnd
Heiligmacher ehreten vnnd preyßten / daß wir vnserm Nehesten auß
ChristschüldigerMatth. 5. Lieb vnd
mitleiden mit Hülff / Rath vnd that / mit Dienst vnnd Beförderung zu statten
kähmen / vnd nütze weren / vns vor Sünden vnd Schanden hüteten / Oder da wirs je
auß verführung deß Teuffels / der Welt / vnd auß schwacheit vnsers sündigen
Fleisches versehen / vnd fehl getreten hetten / daß wir den in
der Zeit vmbkehreten / vnnd Busse theten: Aber GOTT im Himmel sey es geklagt /
der erbarme es auch / da heists auch von vns / wie der HErr deß weinbergs
spricht: Ich bin nun alle Jahr kommen / vnd habe Frucht gesucht auff diesem
Feigenbaum / vnd finde sie nicht; Höret jhr Himmel / vnd Erde nimb zu Ohren
/Esa. 1. denn der HERR redet: Ich hab
Kinder aufferzogen vnd erhöhet / vnnd sie sind von mir abgefallen / ein Ochß
kennet seinen Herrn / vnnd ein Esel weiß die Krippe seines Herrn / aber Israel
kennets nicht / vnnd mein Volck vernimpts nicht. O wehe des sündigen Volcks /
des Volcks von grosser Missethat / deß boßhafftigen Samens / der schedlichen Kinder
/ die den HERRN verlassen / den Heiligen in Israel lestern / vnd weichen zu
rücke. Ich recke meine Esa. 65.Hand auß /
spricht der HERR / den gantzen Tag zu einem vngehorsamen Volck / das seinen
gedancken nachwandelt auff einem Wege der nicht gut ist; Ein Volck das mich
entrüstet / ist jmer für meinem Angesicht / vnnd haben
grewelsuppen in jhren Töpffen. Ich hatte dich gepflantzet zu einem süssen
Weinstock / einen gantz Ierem. 2.rechtschaffen
Samen / wie bistu mir den gerathen zu einem bittern wilden
Weinstock? Ihr seid von mir abgefallen / spricht der HErr / alle Schläge sind
verlohren an euch vnd ewren Kindern / sie lassen sich doch nicht ziehen / du
böse Art mercke auff des HERrn Wort: Vergisset doch eine Jungfraw jhres Schmucks
nicht / noch eine Braut jhres Schleyers / aber mein Volck vergisset mein
Ewiglich / du hast eine Hurenstirn / vnd wilt dich nicht mehr schemen / vnnd
schreyest gleichwol zu mir: Lieber Vater / du Meister meiner Jugend / wiltu den
Ewiglich zürnen / vnnd nicht von deinem Grim lassen? Siehe / du lehrest vnnd
thust böses vnnd lessest dir nicht stewren. Gehet durch die Gassen zu Jerusalem
/ Ierem. 5.schawet vnd erfahret / vnnd suchet
auff jhren Strassen / ob jhr jemand findet der Recht thue / so wil ich dir
gnedig seyn / vnnd ob sie schon sprechen / Bey dem lebendigen GOtt / so
schwreren sie doch falsch. HErr / deine Augen sehen nach dem Glauben / Du
schlägest sie / aber sie fühlens nicht / Du plagest sie / aber sie bessern sich
nicht / Sie haben ein härter Angesichte den ein Felß / vn wollen sich nicht bekehren. Ich dachte aber: Wollan / Der arme
hauffe ist vnverstendig / weiß nicht vmb des HERRN Weg / vnnd vmb jhres GOttes
Recht. Ich wil zu den Gewaltigen gehen / vnnd mit jnen reden / dieselbigen
werden vmb des HERRN Weg / vnnd jhres GOTTes Recht wissen: Aber dieselbigen
allesampt hatten das Joch zerbrochen / vn die Seile zerrissen /
etc. Bleibt doch der Schnee Ierem. 18.lenger
auff den steinen im Felde / wens von Libano herab schneyet / vnnd
das Regenwasser verscheust nicht so bald / als mein Volck mein vergisset. Ach seufftzet der
liebe GOTT / vnd spricht: EsMicha.
7. gehet mir wie einem der im Weinberge nachlieset / da man
keine Drauben findet zu essen / vnd wolte doch gern der besten Früchte haben:
Die frommen Leute sind weg in diesem Lande / vnd die Gerechten sind nicht mehr
vnter den Leuten / sie lauren alle auffs Blut / ein jglicher jagt den andern /
daß er jhn verderbe / vnd meinen sie thun wol dran / wan sie
böses thun / Was der Fürst wil / das spricht der Richter / daß er jhm wider
einen Dienst thun sol / die Gewaltigen rahten nach jhrem Muthwillen / schaden zu
thun / vnd drehens wie sie wollen. Der beste vnter jnen ist wie ein Dorne / vnd
der redlichste wie ein Hecke. Diese vielfeltige GOttes Klage vnd Seufftzer
sollen vns ja vom Bösen abhalten / vnd zur GOttes Furcht bewegen. Denn es ist
noch allezeit darunter verborgen / vnd darauß zuverspüren die Güte / Gedult vnnd
Langmuth vnsers himlischen Vaters gegen vns / das ers an seinem ort gnug bey vns
thut / wens nur verfangen vnd helffen wolte. Daher sich GDTT auff
der Menschen eigen Vrtheil berufft vnnd spricht: Richtet selber / jhr Bürger zu
Jerusalem / vnd jr MennerEsai.
5. Juda / zwischen mir / vnd meinem Weinberge: Was solte man
doch mehr thun an meinem Weinberge / daß ich nicht gethan hade an jhm? Warumb
hat er denn Herrlinge gebracht / da ich wartete daß er Drauben brechte.
Bleibts denn bey solchem Jammerschlagen vnnd Wehklagen GOTtes des HERRn des
Weinbergs? Nein trawen liebe Christen / sondern da erfolget ferner / vnnd fürs
ander / Gottes ernster vnnd bedrawlicher Befehlich / in dem er sagt: Hawe jhn
vmb / was hindert er das Land? Denn GOTT ist ein gerechter Richter / vnd ein
GOTT der täglich drewet / dem dasPsai. 5. & 7. böse gar nicht gefellet / wil man sich
nicht bekehren / so hat er sein Schwerd gewetzet / vnd seinen Bogen gespannet
vnd zielet / vnnd hat darauff gelegt tödtlich Geschoß / seine Pfeile hat er
zugericht zum verderben. Dahin gehen nun alle scharffe Bedrawungen vnd
Psalm. 11.Warnunge
Göttliches Worts? Als vnter andern: Der HERR prüffet den Gerechten / seine Seele
hasset den Gottlosen / vnnd die gern freveln? Er wird Regnen lassen vber die
Gottlosen Blitz / Fewr vnd Schweffel / vnd wird jhnen ein Wetter zu lohn geben?
Der HERR ist Gerecht vnnd hat Gerechtigkeit lieb. O Wehe Psai. 1./ spricht der
HERR / HERR Zebaoth / der Mechtige in Israel: Ich muß mich trösten durch meine
Feinde / vn mich rechen durch meine Feinde / vnnd muß meine Hand
wieder dich kehren / vn deinen Schaum auffs lauterste fegen / daß
die Vbertreter vnnd Sünder mitemander zubrochen werden / vnnd die denn Ietem. 5.HErrn verlassen
vmbkomen / vn zuschanden werden. Ihrer Sünden
sind zuviel / vn bleiben verstockt in jhrem Vngehorsam / wie sol
ich dir denn / spricht GOtt / gnedig sein? Vnd nun ich sie gefüllet habe /
treiben sie Ehebruch / vn lauffen ins Huerhauß / Ein jglicher
weyhert nach seines nechsten Weibe / wie die volligen müssigen hengste / vnd ich
solte sie vmb solches nicht heimsuchen? spricht der HERR / vnd meine Seele solte
sich nicht rechen an einem solche Volck / wie dieß ist? Stürmet jhre Mawren /
vnd werffen sie vmb / vnnd machets nicht gar auß / führet jhre Reben weg / denn
sie sind nicht des HErn / sondern sie verachten mich. Höret des HErren Hosiae. 4.Wort / denn der
HERR hat vrsach zuschelten die im Lande wohnen / Denn es ist kein Trew / kein
Lieb / kein Wort GOTtes im Lande (versteht daß mans hörete / vnnd darnach thete)
Sondern Gottslestern / Liegen / Morden / Stelen vnnd Ehbruch hat vberhand
genommen / vnd kömpt eine Blutschuld nach der andern? Darumb wird das Land
jemmerlich stehen / vnnd allen Einwöhnern vbel gehen. Du verwirffest GOTtes Wort
/ darumb wil ich dich auch verwerffen / du vergissest des Gesetzes deines GOttes
darumb wil ich auch demer Kinder vergessen / Je mehr jhr wird / je mehr sie
wieder mich sündigen / sie sind begirig nach jhren Sünden / darumb wil ich jhre
Ehre zuschanden machen. Mercket doch / Psalm. 50.daß / die jhr GOttes vergesset /
spricht GOtt / das ich nicht einmahl hinreisse / vnd sey kein Retter mehr
da.
Wie verhelt sich denn / fürs dritte / der Weingärtner? Das findet sich auch fein
in vorgestalter Gleichnüß: Der Weingärtner antwortet vnd sprach: HErr / Laß jhn
noch dis Jahr / biß daß ich vmb jhn grabe / vnnd betünge jhn / ob er wolt Frucht
bringen. Hiermit wird zuverstehen gegeben die IntertercessioIntercessio binitoris,
mediatoris Christi. die vorbitliche Vnterhandlung des
Mitters Jesu Christi / der hat nicht allein von Ewigkeit hero / für das
Menschliche Geschlecht bey seinem lieben Vater gebeten / daß wir in jhm erwehlet
/ vn Lieb gemacht worden seyn? Sondern auchEphes. 1. am Tage seines
Fleisches / am Stam des heiligen Creutzes / wie auch kurtz vor seinem bittern
Leyden vnnd Sterben hat er gebet /Luc. 23. vnd flehen mit starckem Geschrey / vnd threnen
GOTT seinemIoh. 17.
vnd vnserm Vater für die arme Sünder / als faule vntraghafftigeEbre. 5. Feigenbäume /
geopffert? Vnd sitzet noch heutiges Tages / als vnser ewiger vnvergenglicher
Hoherpriester / zu GOTTes rechtenRom. 8. & Ebre. 7. Hand / vertrit vnd verbitt vns mit
vnaußprechlichem Säufftzen / Daher er auch Selig machen kan / noch jmmerdar die
durch jhn zu GOTT kommen. ibidem. Ja lieben Leut / wann
es ohne dieses vnsers Himlischen Hohenpriesterß trewhertzige vnd stetige Vorbit
wehre / so hette GOTt lengst / nach seinem gerechten gerichte / vnd vnserm
Verdienst / mit seiner Zornaxt vnnd Grimschwerd vns / als Fruchtlose / faule
böse Bäume / vmbgehawen / außgerottet / vnd zum hellischen Fewr verworffen / Daß
wir aber noch gehen vnd stehen / vns regen vnnd bewegen / GOttes Wort haben /
lehren vnnd hören / des dancken wir billig von grund vnseers Hertzen / dem
Sorgfeltigen Weingärtner vnd trewen Menschenhüter JEsu CHristo / der erhelt vns
/ nicht allein durch sein krefftiges Wort vn Vorbit / sondern er
vmbgräbet / betünget vndEbre.
???. arbeitet an vns in seinem heiligen Predigampt / durchs
Wort GOttes / vnnd die heiligen Sacramenta / mit stetigem Vermahnen2 Cor. 5. / Warnen /
Dräwen / Verheissen / Schrecken / Trösten / Bitten1 Thes. 5. vnnd Flehen / daß wir möchten
Früchtrahende gute Bäume werden. Da vmbgrebet / er vns mit dem scharffen Spaden
des Gesetzes / behacket vnnd schnittelt vns mit dem herben Creutz / tünget vnd
fettet vns mit seinem theuren Verdienst / Blut vnd Tod / Mal. 4.Er selbst / alß
die Sone der Gerechtigkeit / gibt vns seinen gnaden Glantz vnd Heil vnter seinen
Flügeln / Er geust vber vns auß / vnd lest auff vns fallen den trostfliessenden
gnaden Taw / Regen Zach.
12.vnnd Segen des heiligen Geistes / auff daß wir nach der
erinnerung Iocb. 2.des
Apostels Pauli / mögen erfüllet werden mit erkentnüß Coloss, 1.seines Göttlichen Willens / in
allerley Geistlicher Weißheit vnd Verstand / das wir wandeln Wirdiglich / dem
HERRN zu allem gefallen / vnnd Fruchtbar seyn in allen guten Wercken / vnnd
wachsen in der Erkendnüß GOttes / vnnd gestercket werden mit aller Krafft / nach
seiner herrlichen Macht / in aller Gedult vnnd Langmühtigkeit mit Frewden? vnnd
dancksagen dem Vater / der vns tüchtig gemacht hat zum Erbtheil der Heiligen im
Liecht / welcher vns errettet hat von der Obrigkeit der Finsternüß / vnnd
versetzet in das Reich seines lieben Sohns / an welchem wir haben die Erlösung
durch sein Blut / Nemlich / die Vergebung der Sünden. Zu diesem vmbgraben /
tüngen vnnd behacken deß Weingärteners Christi / gehören nun alle ernste / vn trewhertzige Vermahnung in den Schrifften der Propheten /
Aposteln vnnd Evangelisten vielfeltig gebrauchet. Als vnter andern: Wasches
Esai. 1.vnd
reiniget euch / thut ewer böses Wesen von meinen Augen / last ab vom bösen /
lernet guts thun / Trachtet nach Recht / helfft denn Verdrucken / schaffet den
Wäisen Recht / vnd helfft der Wittwen Sachen / so kömpt denn / spricht der HERR
/ etc. Kehre wieder Ierem.
3.du abtrünnige Israel / spricht der HERR / so wil ich mein
antlitz Ierem. 6.nicht
gegen euch verstellen / etc. Besser dich Jerusalem / ehe sich Ierem. 7.mein Hertz von
die wende / etc. So spricht der HERR Zebaot / der GOTT Israel / bessert ewer
Leben vnd Wesen / so wil ich bey euch wohnen an diesem Ort / verlast euch nicht
auff die Lügen / sondern bessert ewer
Leben vnd wesen / das jhr Recht thut einer gegen dem ander / vnd den
Frembdlingen / wittwen vn Wäisen keine Gewalt thut / vnd nicht
vnschüldig Blut vergiesset an diesem Ort / vnd folget nicht andern Göttern zu
ewerm eigen Schaden / so wil ich jmmer vnnd ewiglich bey euch wohnen. Bekehret
euch von aller ewer Vbertrettung / auff daß jhr nicht fallen müsset vmb derEzech. 18. Missethat
willen / werffet von euch ewre Vbertretung / darmit jhr vbertretten habet / vnnd
machet euch ein new Hertz vnd newen Geist. Thut Busse / vnnd glaubt dem
Evangelio: Sehet zu / thutMatth.
3. rechtschaffene früchte der Busse. Die Jüden / als die
natürlichenMarc.
1. Zweige sind zerbrochen / vmb jhres Vnglaubens willen / Du
aberRom. 11. bist
wieder hinnein geproffet / vnnd stehest durch denn Glauben: Sey nicht Stoltz /
sondern fürchte dich / hat GOTT der natürliche Zweige nicht
verschonet / daß er vielleicht dein auch nicht verschone. Wir sind Botschafften
an Christi stad / Denn GOTT2. Cor.
5. vermahnet durch vns / so bitten wir nun an Christi stad /
last euch versöhnen mit GOTT. Wenn aber diß vmbgraben / tüngen vnd behacken gar
nicht helffen wil / vnnd alle Arbeit verlohren ist / so folget denn endlich /
vnd zum vierden / Iracunda Dei succisio
Sebera tandem ficus aberrancatio
die eiverige vnd zörnige Abhawung des gerechten GOttes / da heists: Nun
hawe jhn ab. Denn GOTT lest sich in die lenge nicht spotten / tarditatem vindictae gravitate poenae recompensat,Gal. 6. was er lange
geborget hat / das bezahlt er denn bar ab. Da gibet er manchem in die leng
vnbußfertig bleibendem Gottlosen Menschen einen schrccklichen Haw vnd Pick in
sein Hertz / daß er / wie Pharao / in ein verstockt Hertz / vnd verkehrten Sinn
gereth / oder wol plötzlich mit Leib vnnd Seel außgerottetEsai. 6. vnnd vertilget
wird / kurtz wenn der Mensch in Wirden ist vnndRom, 1. hat keinen Verstand / so fehret er
darvon wie ein Vieh / vnd siehetPsalm. 49. das Liecht nimmermehr. Dessen haben wir viel
Exempel in Gottes Wort / vnd auch täglicher Erfahrung / welche anzuziehen / viel
zu lang werden wolte / Syrach fasset jhrer etliche zusammen / vndCap. 16.
zeiget an: Wie GOTt zu allen zeiten /
die heyllosen vnfeuchtbaren Bäume vmbgehawen habe / das Fewr / sagte er /
verbrandte den gantzen hauffen der Gettlosen / vnnd der Zorn gieng an vber die
Vngleubigen? Er verschonete der alten Riesen nicht / die mit jhrer Stercke zo
boden giengen? Er schonet auch der nicht / bey welchen Loth ein Frembdling war /
sondern verdampte sie vmb jhres Hochmuts willen / vn verderbte
das gantze Land / ohn alle Barmhertzigkeit / Die es mit Sünden vbermacht hatten.
Also hat er wol sechsmahlhundert Tausent weggeraffet / darumb daß sie Vngehorsam
waren: Wie solte denn ein einiger Vngehor samer vngestrafft bleiben? Denn er ist
wol Barmhertzig / aber ist auch Zörnig. Er lest sich versöhnen / vnnd strafft
auch grewlich / so groß seine Barmhertzigkeit ist / so groß ist auch seine
Straffe / vnd Richtet einen jglichen wie ers verdienet. Vn daß
endlich auff beharliche Sünde / gewisse Straffe erfolge / der gepflantze
Feigenbaum / auch letzlich nach langer gehabter Gedult / ins verderben gerathe /
verdorre / versohre vnnd gentzlich aus dem Mittel gereumbt werde / weil an jhme
nichts / den lere Bletter werden erfunden / Hiervon hetten wir
bey dem Evangelisten Matt. ein Matth. 21.erschreckliche Fürbild zuvernehmen / weil am
gedachten Ort gesagt wird / Es habe der HERR auff der letzten Reise am wege
einen Feigenbaum gesehen / vnd weil jhne Hungerte / am selbigen die Frucht
gesucht / aber nichts den Bletter gefunden / demnach er auch im Zorn zu jhm
gesaget: Nun Wachse auff dir hinfür nimmermehr keine Frucht: Auff welches
krefftig Wort auch der Feigenbaum in puncto vnnd von
stund an / mit höchster verwunderung seiner Jünger / verdorret.
Darumb / schließlich / jhr lieben Zuhörer / darmit jhr nicht plötzlich vnnd
schrecklich von GOTT in seinem Zorn vnnd Grimm / abgehawen werden möget / so
gedencket offt an diß Gleichnüß / vnd an den vns darin vorgestelten Feigenbaum /
nehmet Cap. 5.zu
Hertzen was Syrach sagt: Folge deinem Mutwillen nicht / ob du es gleich vermagst / vnd thu
nicht was dich gelüstet / vnnd dencke nicht / Wer wil mirs wehren? Denn der HERR
der obersie Recher wirds rechen. Dencke auch nicht / ich hab wol mehr gesündiget
/ vnnd ist mir nichts Böses widerfahren / Denn der HERR ist wol Gedüldig / aber
er wird dich nicht vngestrafft lassen / Vn sey nicht so sicher /
ob deine Sünde noch nicht gestrafft ist / das du darumb für vnnd für sündigen
woltest. Dencke auch nicht: GOTT ist sehr Barmhertzig / Er wird mich nicht
Straffen / ich sündige wie viel ich wil. Er kan bald also Zörnig werden / als
gnedig Er ist / vnd sein Zorn vber die Gottlosen hat kein auffhören. Darumb
verzeuch nicht dich zum HERRN zubekehren / vnnd schieb es nicht von einem Tag
auff den andern / Denn sein Zorn kömpt plötzlich / vnnd wirds rechen / vnnd dich
verderben. Verlaß dich nicht darauff / Daß der Hauff groß ist / mit denen
duSyrach. ???.
vbel thust / sondern gedencke / Daß dir die Straffe nicht fern ist Darumb
demütige dich von Hertzen / Denn Fewr vnnd Würme ist Rache vber die Gottlosen.
Gedencke an den Zorn der am endeSyrach. 28. kommen wird / vnd an die Rache wenn du darvon
must. Last euch / liebe Zuhörer / die ernste Johannis Predigt stehts in den
Ohren vnd Hertzen erschallen: Es ist schon die Axt den Bäumen an dieMatth. ???. Wurtzel
gelegt / Darumb / welcher Baum nicht gute Frucht bringet / wird abgehawen / vnd
ins Fewr geworffen? Dafür behüt vns die heilige Dreyfaltigkeit / Amen.
Accommodatio ad personam defuncti.
Was denn nun zu letzt anbetrifft den Weyland Hochwürdigen / Durchleuchtigen / vnd
Hochgebornen Fürsten vnnd Herrn / Herrn HENRICH IuLIu M,
Postulirten Bischoffen zu Halberstad / Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg /
etc. vnsern aller seits gewesenen gnedigen lieben Landes Vater / Christmülder
gedechnüß / dessen Fürstliche Leich wir alda (GOtt erbarms) für vns stehen haben
/ vnd mit leidmütigem Hertzen vnnd Nassen Augen / leider / ansehen müssen: So
kan hochermelte Ihre F. G. nicht vnfüglich beyde im Leben vnd Abscheid mit
diesem Feigenbaum / auff gewisse Masse / verglichen werden / inmassen der grosse
Dan. 4.Volck: vnd
Landreiche König Nebucadnezar / auch durch einen schönen Baum im Traum
angedeutet wird / Vnnd im Buch der Richter wird ein fromer König
vnd Regent außdrücklich für einen Feigenbaum geachtet / wenn dargegen ein böser
Tyranne / wie Iudicum 9.
Cap.Abimelech, daselbst ein Dornbusch
geheissen wird.
De Ficus hujus origine.
Von dieses vnsers gewesenen lieben Feigenbaums Vrsprung vnd Ankunfft wissen ewer
Liebe / daß jhn Gott der Allmechtige / Dao. 4.(der gewalt hat vber der Menschen
Königreiche / vnd gibt sie wem er wil) gleich als ein zartes Propffreißlein oder
junges Feigenbäumlein / auß: vnd von den vhralten vnd hochlöblichen Stamb
Braunschweig erbrochen / vnd von dem Weyland Durchleuchtigen / Hochgebornen
Fürsten vnd Herrn / Herrn IVLIO, Hertzogen zu Braunschweig vnd Lüneburg / etc.
als dem Herrn Vater: vnd denn auch der Durchleuchtigen / Hochgebornen Fürstin
vnd Frawen / Frawen Hedwigen / Geborn Marggräffin zu Brandenburg / als der Fraw
Mutter (beyderseits Christmilden andencken) Horatius.Ehelich vnd Ehrlich hat lassen
gezeuget vnd geborn werden. Anno 1564. den 15. Octobris. magna dos parentum virtus.
De Propagine hujus hicus.
Hernachmahls ist diß Propffreißlein oder liebliches Feigenbeumlein durch das
Sacrament der heiligen Tauffe in den Weinberg der Christlichen Kirchen /
vermittelst deß H. Geistes vnd seliger Widergeburt / fortgepflantzet / vnd einem
noch vielbessern vnd hohern Stam / Nemlich / dem rechten
Weinstock vnd Oelbaum 1. Petr.
3.Jesu Christo inserirt vnd
einverleibet / vnd also mit Gott selbst den Bund eines guten Gewissens
gestifftet.
De Incremento hujus ficus.
Von Jugend auff ist diß Fürstliche Reißlein vnd Feigenbeumlein sowol von den
Gottliebenden Fürstlichen Eltern / als auch durch Gottseelige / wolgelehrte
Praeceptores zu aller Pietet, Zucht Ehr vnd Gottesfurcht / freyen Künsten vnd
Sprachen wolgebogen / vnd Christlichen erzogen / hat auch mercklich darin
gegrünet / auffgewachsen / vn zugenomen / dz er
ein sehr gelerter Herr worde.
Anno 1566. ist dieses Feigenbäumlein / ob es wol noch zart vnd jung / durch
GOttes gnedige Versehung / vnd einhellig suffragiu eines Hoch vnd
Ehrwürdigen Thumcapitels zu Halberstad / vnser gnedigen gebietenden Herrschafft
/ zu einem Bischoff vnd Schutzbaum postulieret, vnnd vber 12. Jahr darnach /
Anno 1578. zu völliger Regierung dieses löblichen Stiffts / per adeptam aetatis
veniam, ex indultu Röm. Kay. May. introducirt vnnd eingeführet worden / Hat
diese Bischöffliche Ehre vnnd Würde / Hoheit vnnd Herrligkeit gehabt in die 47.
Jahr / ist in der Ordnung der 44. Bischoff / vnd hat / GOtt lob / wol
regieret.
Anno 1585. haben S. F. G. mit deroselben Herrn Vaters vnd Fraw Mutter gutem
vorwissen vnnd willen / zum erstenmahl geheyratet / mit deß Durchleuchtigsten /
Hochgebornen Churfürstens Augusti, Hertzogen zu Sachsen / etc. Eheleiblicher
Tochter vnnd Fräwlein / Fräwlein Dorothea, mit derselben nur 2. Jahr / friedlich
vnd wol gelebt / vnnd ein Fräwlein / mit namen Dorothea, gezeuget / Welche
hernacher dem Durchleuchtigen Hochgebornen Fürsten vnnd Herrn / Herrn Rudolpho
Fürsten zu Anhalt / etc. vermehlet / nun aber seeliglich todts verfahren ist /
Hierauff ist vnser seeliger Fürst 3. Jahr Witwer verblieben.
Anno 1589. nach seeligem ableben vor Hochermelten S. F. G. Herrn Vaters / ist
dieser Feigenbaum zu einem allgemeinen löblichen Regiments Baum deß gantzen
Landes zu Braunschweig constituirt vnd gesetzet worden / vnd in dieser Regierung
gestanden vnd gewachsen 24. Jahr / 2. Monat / vnd 17. Tage.
Anno 1590. haben S. F. G. anderweit sich Ehelich eingelassen / mit der
Durchleuchtigsten / Hochgebornen Fürstin vnnd Fräwlein / Fräwlein Elisabeth, geborn
auß Königlichem Stamm Dennemarck / vnser noch jetzo in Leid lebenden vnnd
hochbekümmerten gnedigen lieben Landes Mutter (Deren der getrewe GOtt vnnd Vater
alles Trosts / Gedult / Glauben / Trost / vnnd Hoffnung in diesem schweren
Creutz allergnedigist geben / vermehren / vnd erhalten wölle) Mit deroselben
gelebt 23. Jahr / vnd auß GOttes Segen gezeuget fünff Herrlein vnnd fünff
Fräwlein / darvon ein Herrlein / genandt Heinrich Julius, in Christo
entschlaffen / die andern neun aber noch alle / GOtt lob / am Leben sind / als:
Hertzog Friederich Ulrich, Christianus, Rudolphus, Heinrich Carolus, Fräwlein
Sophia Hedevvig, Elisabeth, Hedevvig, Dorothea Hedevvig, Anna Augusta.
GOtt der Allmechtige verleihe jhnen allerseits seinen reichen Segen / vnd ein
Gottseeliges gesundes langes Leben.
De Fructu hujus ficus.
Ob wol GOtt der HErr deß Weinbergs an diesem seinem vnd vnserm Feigenbaum nicht
eben allezeit solche Frucht gefunden / wie er zwar gewolt / vnnd der Baum hette
tragen sollen / Sintemahl S. F. G. wie alle Menschen / in Sünden empfangen vnd
geboren / in Sünden gelebt / vnd jhre vielfältige Mängel vnd Gebrechen gehabt /
Daher sie alle Tage mit vns andern beten müssen: HErr vergib vns vnser Schuld /
etc. Jedoch wenn wir gleichwol ausser dem / diesen Feigenbaum recht ansehen / so
hat er traun seine herrliche vnd schöne / gute vnd nützliche Ampts: vnd Person
Früchte an sich gehabt / vnnd von sich gegeben / Darvon ich nur compendiosè
etwas sagen wil:
1. Fructus.
Die erste Frucht ist: verbi divini puritas, S. F. G. haben nicht allein für jhre
Person GOttes seeligmachendes Wort beliebet / gern gelesen / mit lust gehöret /
vnd darvon weißlich conferiret / sind allen jrrigen Secten vnnd Schwermereyen
widrig vnnd feind gewesen: sondern auch mit allem Ernst dahin getrachtet / vnd sich höchstes fleisses bemühet / das auch deroselben
Vnterthanen / beyde in dem Lande zu Braunschweig / vnnd auch in diesem Stifft /
bey der Lauterkeit Prophetischer vnd Apostolischer Warheit / wieder / vnnd ohne
alle Irthüme vnd Ketzereyen / möchten beständig bleiben vnd erhalten werden /
Wie denn noch / GOtt lob vnd danck in gutem wolstande vor Augen ist / Vnnd wir
deßhalben Gott im Himel / vnd S. F. G. in der Erden viel schüldig
seyn. Es sind zwar Jr F. G. aus vnvmbgänglicher Not mit etlichen vnsers Glaubens
widerwertigen vmbgangen / vnd haben mit denselbigen zuthun gehabt / aber diß
alles ist geschehen sine radificatione doctrinae illorum; Sie haben jnen darumb
in der Lehr nicht beygepflichtet. Dannenhero S. F. G. als ein pius fautor, &
tutor nostrae religionis, zu rühmen. Sie haben das publicum exercitium des
reinen Worts Gottes zu Praag / nicht wenig fortsetzen helffen.
Die ander Frucht ist: Pax publica & tranquillitas. Wir haben2. Fructus. ja Gott lob / vnter S. F. G.
Regierung den allgemeinen lieben Landfried / des sich jederman frewet / bißher
gehabt / Ein jeglicher hat vnter seinem Weinstock vnd Feigenbaum ohn schew
wohnen /Mich. 4. rühlich Leben vnd Werben
können / S. F. G. wie jederman bekant / sind für jre Person jderzeit mehr zum
friede / als zum Kriege geneigt gewesen / Haben auch zwischen andern vornemen
Potentaten vnd Herrn / Landen vnd Leuten mündlich vnd schrifftlich zum friede
gerahten / auch denselben nach allem vermügen vnd kräfften helffen stifften vnd
erhalten. Vnd ob wol vor wenig Jaren etwas streitigs vnd vnfriedsames mit
vorgelauffen / die Stadt Braunschweig betreffend / So ist doch gnugsam bekandt
das S. F. G. im selben vorhabenden Wercke allezeit mehr auff Erhaltung / als
Verstörung selbiger Stadt / vnd also auch viel mehr zur Barmhertzigkeit / als
zur Tyranney affectioniret vnd gewillet gewesen. Das aber / vber vorhoffens /
darunter so viel Bluts vergossen / stehet viel mehr denen zu imputiren vnd
zuverantworten / die solches causiret, vnnd aus Vnachtsamkeit veranlasset
haben.
2. Fructus.
Die dritte Frucht ist: Justitia vel AEquitas. Der Gerechtigkeit Billigkeit ist S.
F. G. von Hertzen zugethan gewesen / hat dieselbige vnd in jrem Lande vnd Gebiet
nach vermöge gehandhabet / vnd einem jedern / der Gebür vnd
Erkentnüß nach / widerfahren lassen. Vnnd wenn man vnrechtmessigen Process gegen
einen oder den andern / aus Verbitterung vnnd bösen Affecten, hat wöllen
vornehmen vnd gebrauchen / vnnd also die Justitien oder das rechte Recht sich
vnterstanden vorbey zu gehen ist S. F. G. wenn sie solches vermerckt / zum
Höchsten drüber entrüstet / auch eben herb vnd scharff denen zugesprochen vnnd
tapffer abgelesen / die mit so vnbefügten Händeln der heilsamen Justitten zu
wieder / vnd zu Vnterdrückung vnschüldiger Leut sind vmbgangen. Da aber je in
allen Sachen / vnd mit allen Leute es so gar Schnurgleich vnd
Poltzenrecht nicht getroffen / wie denn kein Regiement gantz perfect sein kan /
so heists wie Cicero sagt. Ei, qui in summa tendit ad justitiam, leviores
injuriae sunt condonandae, Man muß bißweilen mit Regenten gedult haben.
Die vierdte Frucht ist: Beneficentia seu liberalitas. S. F. G. 4. Fructus.haben Kirchen vnnd Schulen / sampt
deroselben / Diener reichlich begabet / befördert vnd vnterhalten / wie sie denn
an diese Schloßkirchen ein sehr grosses gewendet / als vor Augen / das
dergleichen herrlich vnd zirlich gebewde in Deutschland nicht viel wird,
zufinde seyn: Sie haben noch in newligkeit zu vnserm geringen
Gebew der Kirchen allhie auffm Gottsacker 50. Thaler / 10. Füder Dilen / vnd
denn noch 30. Thaler zun Fenstern gnedig verehren lassen. So weiß man auch wie
eine ansehnliche summam S. F. G. zu auffbawung der newen Kirchen zu
Wolffenbüttel / Item, zur fundation vnd Auffrichtung der Kirchen zu Praag / vnd
anders mehr / gelegt vnd angewendet. So ist auch S. F. G. gegen jhre Diener sehr
gutthätig gewesen / dieselbigen mit Kleydern / vnd andern Donarijs, Gnaden Gaben
/ vnnd Ehrengeschencken stadtlich begabet vnd Fürstlich angesehen. Die Armen
haben S. F. G. Beneficents vnd
gestiffter Almosen nicht allein in dero angebornen Erblandt / sondern auch in
diesem Stiffte / vnnd sonderlich aus diesem Residents Hause / reichlich genossen
/ den Krancken vnd Gebrechlichen ist an begerter Speiß vnd Tranck / allhie zu
Hoffe nichts geweigert worden / vnd were nicht gut / das vber entziehung oder
Abbrechung nottürfftiger Allmosen die Armen Bresthafften Leut hinkünfftig
seufftzen müsten: S. F. G. sind ein Pfläger vnnd Seugam der Christlichen Kirchen
vnd armer Leute gewesen / welches jhr GOtt49. Cap.
Esaiae. im Himmel vergelten wird. Ja / es sind S. F. G. so
dienstwillig vnd gutthätig gegen andere gewesen / das sie auch jhr selbst darmit
geschadet haben / vnnd nicht vnbillich diß jhr Symbolum auff etliche Müntz
pregen vnd schlagen lassen: Alijs inserviendo consumimur, In dem wir andern
dienen / gehts vber vns selbst aus.
Es ist aber S. F. G. bey dieser jhrer Gutthätigkeit ergangen wie sonst einem
guten fruchtbaren Baum / dessen Früchte geniesen so bald die bösen / als die
frommen / dessen Schatten vnd Schutzes gebrauchen sowol die Vndanckbaren / als
Danckbaren / zuletzt aber lohnt man dem Baum wol mit Knüttel vnnd Steinen / mit
Axt / Beil vnd Barten / schmeist vnd klickt auch noch wol seinen Vnflat dran vnd
darunter / vnd geht darvon: Also ists diesem vnsern / Feigenbaum auch wol
begegnet / das die jenigen / so der meisten frucht von jhm genossen / vnd den
besten Schatten gehabt / mit dem grösten Vndanck bezahlet haben.
Die fünffte Frucht ist: Humilitas. Allen Stoltz vnd Pracht /5. Fructus. vbermässigem Gepränge vnd Hochmuth
sind S. F. G. zuwieder gewesen / vnd dargegen sich der Demuth befliessen / in
Worten vnd Wercken / auch gegen gar geringe Leut / mit denen familiariter
conversiret. Ihre höchste Obrigkeit / nechst GOTT / die Röm: Käy: May: haben S.
F. G. als ein gehorsamer trewer Fürst / demütig vnd gebürlich respectirt vnnd
geehrt / wie aller Welt bekandt / Daher S. F. G. so eine geraume zeit / mit
sonderbarem trewem fleiß Röm: Käy: May: so wol vöriger / als jetziger /
Dienstwertig gewesen /
andern gratificiret, vnd darüber jhr eigen Bestes hindan gesetzet. Vom Dionysio
dem Tyrannen in Sicilia lieset man / das er so stoltz gewesen / vnnd niemand
hören wöllen / wenn er jhm nicht einen Fußfall gethan: Als nun auff eine zeit
ein vornehmer gelehrter Mann / mit Namen Aristippus, für einen seiner Freunde
stehend bat / wolte jhm Dionysius kein audients geben / Da er aber für jhm
niederfiel / hörete vnd gewehrete er jhn seiner Bitte. Dieses wird dem Aristippo
von etlichen vorwiesen: quod sordide so gessisset, er solte dem Tyrannen keinen
Fußfall gethan haben / es were jhm schimpfflich: Darauff hat er geantworet: Non
ego sum in culpa, sed Dionysius, qui aures habet in pedibus; Ich hab hieran
keine Schuld / sondern Dionysius, der die Ohren in den Füssen hat. Ein solcher
stoltzer Geist ist in vnserm seligen Herrn nicht gewest.
6. Fructus.
Die sechste Frucht ist: Ingenij & judicij sagacitas. Es ist S. F. G. ein
weiser vnd gelehrter Herr gewesen / so verständig vnnd geschickt / als ein Fürst
im Reich etwa seyn möchte / welchs aus Mud: vnnd Schrifftlichen
documentis genugsam offenbahr / S. F. G. haben offt weit sehen können /
derselbigen Schreiben von einer vnd ander Sachen gethan / haben Hände vnd Füsse
/ darin offt mit wenig / aber wichtigen vnd nachdencklichen Worten / sehr viel
begriffen wird / Profundum habuit in pectore sulcum, wie Erasmus von Luthero sol
gesagt haben / Ingenium, memoria & judicium ist in S. F. G. sehr trefflich
gut vnd sinreich gewesen.
7. Fructus.
Die siebende Frucht ist: Sudor assiduus seu laboriositas, S. F. G. haben jhr Brod
nicht in Müssiggang verzehret / sind sehr geschefftig vnd arbeitsam jederzeit
gewesen / haben offt weder nacht oder Tag geruhet / vnd wenn sie etwas wichtiges
vorgehabt / nicht nachgelassen / biß es cotinuiret vnd vollendet
/ die arbeit so S. F. G. im schreibe verrichtet / solten jr wol
viel Doctores nicht nachthun.
8. Fructus. Ephes. 5.
Die achte Frucht ist: Sobrietas, Weil aus vbrigem fressen vnnd sauffen nichts
guts kömpt: So haben S. F. G. sich hierinn messig / sittig vnd nüchtern gehalten
/ Trunckenheit vor jhre Person fast allerdings vermitten: Wol dir Land / sagt
der Prediger Salomonis, deß König Edel ist / vnd deß Fürsten zu rechter
zeitCap. 10. essen / zur Stärcke vnd nicht
zur Lust.
Die neundte Frucht ist: Constantia & veritas, S. F. G. ist9. Fructus. nicht gewesen arundo / ein Rohr /
sondern standt: vnd warhafftig / in der Göttlichen Lehr / in gethanen
Verpflichtungen / in gegebenen Abschieden: Sein Fürstlicher Mund / Hand vnd
Siegel haben nicht müssen liegen. Wie ein starcker Baum / hat er sich gehalten /
vnd nicht von einem jeglichen Winde bewegen lassen.
De Decremento hujus ficus.
Gleich wie zu Hoffe der Teuffel stärcker rumort vnd regiert / als sonsten / wie
auß dem Daniele erscheinet / vnd feine gesunde10.
Cap. Bäume wol können einen Anstoß vnd Schaden bekommen / Also hats
der Sathanas in diesem Stücke an sich auch nicht ermangeln lassen / sondern
etliche teredines / schedliche Baumatzeln vnnd Holtzwürme erwecket / Das ist:
Gottlose vnd vngetrewe Leute / die haben angefangen diesen schönen Feigenbaume
zunagen / als gifftige Raupen seine Zweige vnd Bletter / ja auch seine Früchte
zubeschmeissen vnd zuverderben / Also / daß es fast das ansehen gewinnen wöllen
/ gleichsam solte dieser löblicher Feigenbaum decresciren / verwelcken oder
verdorren / vnd were alles vmbgraben vnnd behacken verlohren.
De Succisione hujus ficus.
Weil aber GOtt solches wol gesehen / vnnd keine Lust an einigesEzech. 28. & 33. Menschen verderben hat /
auch die Mechtigen nicht verwirfft / denn er ist auch mechtig von krafft deß
Hertzens. So hat er solchesTob. 3. Ioh. 36. in
die lenge nicht leiden könen noch wöllen / sondern dem Sathan
sein Spiel verhindert / vnd gleichwol seine Güte / Trew vnd Barmhertzigkeit vber
diesen Feigenbaum leuchten vnnd schweben lassen / in dem er zwar seine scharpffe
Sichel angeschlagen / vn demApoe.
14. Baum einen hieb vn streich / durch Leibes
Kranckheit gegeben / aber mit seiner
Zornaxt denselben nicht plötzlich vnnd zu grund abgehawen / wie sonst die
Gottlosen.
10. Fructns ultimus & optimus.
Da ist nun noch die allerletzte vnd beste Frucht herfür kommen / Nemlich:
Poenitentiae commoditas daß S. F. G. frühzeitig in sich geschlagen / in
hertzlicher Rew vnd Leid jhre Sünde erkandt / in wahrem Vertrawen vnd Glauben
auff Gottes Barmhertzigkeit sich zu Christo gewand / seines bittern Leidens vnd
Sterbens / frölicher Aufferstehung vnd Himmelfahrt / Vorbitt / vnd gantzen
thewren Verdiensts / sich von Hertzen angenomen vnd getröstet /
in Christlichem Vorsatz / vnd bestendiger Gedult / die aufferlegte Kranckheit
vnnd Creutz getragen / jhren Willen mit guter Hoffnung in den gnedigen GOttes
Willen gestellet / sich deß Sonnabends / in beywesen jrer Diener / auff gethane
/ demütige vn offentliche Beicht / vom Evangelischen Diener
GOttes vnd seines reinen Worts / im namen der heiligen Dreyfaltigkeit /
absolviren, folgends mit dem wahren Leib vnd Blut Jesu Christi im Abendmahl / zu
besterckung deß Glaubens / vnd versicherung ewiger Seeligkeit / speisen vnd
trencken lassen. Vnnd in solcher Christlichen Praeparation vnnd Andacht zum
seeligen Abscheid / biß in sein letztes Seuffzern bestendig geblieben: Darauff
hat Gott deß folgenden Dienstags Abend / zwischen 8. vnd 9. Vhr / seine Seele
von jm allergnedigst in seine Göttliche Allmechtige Hand genommen / da Sap. 3.sie kein Qual rühren sol in alle Ewigkeit
/ Vnnd ist also Leib vnnd Seel für künfftigem Vnglück weggerückt / vnd für
ewigem Verderben gesichert. Zweiffeln also an S. F. G. Seeligkeit gar nicht.
Der Barmhertzige GOtt wölle S. F. G. Leichnam am jungsten Tage eine fröliche
Aufferstehung zum ewigen Leben verleihen / Alle die jenigen so ob S. F. G.
ableben / leidmütig vnnd betrübt sind / durch seinen heiligen Geist trösten /
vns hinwiederumb einen guten fruchtbaren Feigenbaum geben / vnd endlich in
Christo Jesu auß Gnaden alle seelig machen / Amen / Hilff HErr JEsu Christe /
Amen.
Anno: EpIsCopo nostro qVaDrages Mo qVarto nobIs erepto.