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Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714
GEliebte im HErren: Wir lesen im 116. Psalm ein schon Sprüchlein des heiligen Geists / welcheswol werdt ist / das es auff aller Christen Grabstein vnd Epitaphia geschrieben werde. Das lautet also. Der Todt seiner Heiligen ist werdt gehalten für dem HErren.
Denn in diesen Worten hören wir Erstlich / das kein Mensch für dem Todt gesichert
sey: Weil auch die grosse Heiligen / Adam / Seth / Mathusalem / Noah / Abraham /
Isaac / Jacob / Dauid / die lieben Propheten vnnd Apostel haben sterben müssen:
Welche eins theils mit GOtt selber geredt / vnd viel hundert Jahr gelebt haben.
Darumb sagt der 89. Psalm recht. Wo ist jemandt der da lebt / vnd den
Zum Andern: Weil aber der Todt von der Sünd herkömpt / vnd derselben Sold ist / Rom. 6. Werden wir dabey erinnert: Das vorgedachte Heiligen GOttes ohne Sünd nicht gewesen sein / so wenig als wir / sonst würde der Todt mit seinem Stachel / welcher die Sünde ist / 1. Cor: 15. an jhnen nicht haben hefften können. Weil aber durch einen Menschen die Sünde ist in die Welt kommen / ist auch durch die Sünde der Todt hindurch gedrungen zu allen Menschen / dieweil sie alle gesündiget haben. Daher kömpt es das alle Menschen durch die banck / durch GOttes gerechten Zorn / wie die Feldblumen verwelcken vnd sterben / nach Moises Klag Psal: 90. Das macht dein Zorn / das wir so vergehen / vnd dein Grim / das wir so plötzlich dauon müssen. Denn vnser Missethat stellestu vor dich / vnd vnser vnerkante Sünde ins Licht für dein Angesicht. Darumb fahren alle vnser Tage dahin durch deinen Zorn / etc.
Zum Dritten. Soll gleichwol die Sünde den Gleubigen nicht schaden. Denn Christus
hat sich selbest für sie gegeben / auff das er sie erlöste von aller
Vngerechtigkeit / vnd heiligte jhm selber ein Volck zum Eigenthumb / das
fleissig were zu guten
Vnd ist / zum Vierten / hibey diß sonderlich tröstlich / das GOtt seine Christen
nicht allein in jhrem Leben mit solchen schonen Ehrentitel / Rhum vnnd Nahmen
zieret / sondern bekent sich auch zu jhnen / wenn sie schon verstorben /
verfault vnd verweset sein. Denn damit werden wir versichert / der tröstlichen
verheissung Christi Joh: 10. Ich gebe meine Schaffen das ewig
Leben / vnd niemand wird sie aus meiner Handt reissen. Joh: 8. Warlich warlich
ich sage euch / so jemandt mein Wort wird halten / der wird den Todt nicht sehen
ewiglich. Vnd das S. Paulus sagt Rom: 8. Ich bin gewiß / das weder Todt noch
Leben / weder Engel / noch Fürstenthumb / noch Gewaldt / weder gegenwertiges
noch zukünfftiges / weder hohes noch tieffes / noch kein ander Creatur mag vns
scheiden von der Liebe GOttes / die in Christo JEsu ist vnserm HErren. Denn GOtt
ist nicht ein Gott der Todten / sondern der Lebendigen schleust
Denn ob schon der Leib sampt seinen Gliedmassen / vmb der Sünde willen / wie ein alt jrdisch Hauß zerbrochen / vnd wie ein vnsauber Kleidt eingeeschert vnd in die Erden verscharret wird: So lebt doch die Seele / vnd wird für dem HErren eingebunden / im Bündlein der Lebendigen 2. Sam: 25. biß auff den Jüngsten tag / da GOtt vns wieder ruffen / vnser vermodderte Gebein vnd Aschen wieder zusamen klauben / vnd auß denselben ein new Hauß / so nicht mit Henden gemacht sey / wieder auffrichten wird 2. Cor: 5. Da wird sein dies restitutionis omnium, wenn wir in volkomener Gerechtigkeit Vnschuldt vnd Heiligkeit / nach Gottes Bilde erwachen / vnd das Bildt des Himlischen an vns tragen werden Psal: 27. 1. Cor: 15. Da wird GOTT vnnd Mensch / Leib vnd Seel / vnd alles was durch die Sünde getrennet gewesen / wieder zusamen kommen / vnd in ewiger Frewd beysamen sein vnd bleiben. Da werden auch vnsere Werck / so alhier im Glauben geschehen / vnd mit vns begraben worden / wieder auffgesucht vnd belohnet werden. Wem wolt bey solchem Trost fur sterben grauwsen?
Zum Fünfften folget auch aus diesem Spruch / das ein grosser vnterscheid sey / zwischen dem Todt der Fromen vnd Gottlosen. Denn von den Gottlosen stehet im 34. Psalm / nach der alten version mors impiorum pessima, Ihr Todt sey ein abscheulicher Todt: Item das sie eine Schmach sein vnter den Todten Sap: 4. Denn wie sie in verachtung Gottes / mit bösem Gewissen gelebt / Also gehen sie auch durch GOttes Zorn vnter / vnd nehmen ein Ende mit schrecken Psal: 73. vnd werden in die Helle begraben / da sie der Todt naget. Psal: 49. Luc: 16. Ihr Leib wird geplaget mit Fewer vnd Würmen / vnd müssen brennen vnd heulen in Ewigkeit / Judith 16. Aber von der Gleubigen Todt sagt der H. Geist / preciosa mors sanctorum eius, Ihr Todt ist heilig / heer vnd werdt / Nicht zwar für der Vernunfft: Denn die helt den Todt in gemein pro re abominabili & perniciosa für ein abschewlich vnd schedlich ding / Sonderlich wenn er die Leute / durch vorgehende schmertzliche Kranckheiten zimlich hart mit nimpt: Wie auch Christen bißweilen erfahren: Oder wird jhnen von den Tyrannen vmb der Bekentnus willen / mit grosser Schmach vnd Pein vnschüldig angethan. Aber für GOtt ist er preciosa heilig vnd werdt / er sey gleich wie er wolle.
Denn Erstlich sterben sie nicht ohn gefehr: Sondern GOtt fodert sie von diesem
Leben ab / vnd
Zum Andern wiederfehrt jhnen durch den Todt nichts böses / sondern sie werden weggerafft für dem Vnglück / vnd komen zum frieden. Esa: 56.
Zum Dritten / weil jhre Leiber seindt vasa preciosa heilige ehren Gefeß / Tempel vnd Wergzeug des heiligen Geistes gewesen / gefallen auch die zerbrochene Scherben GOtt wol / wenn sie schon im Grabe liegen / faulen vnd stincken. Er bewart jhnen alle jhre Gebeine / das derselben nicht eins zerbrochen wird / Psal: 34.
Zum Vierten / gehet GOtt dem HErren durch der Christen Todt nichts abe / sondern es stirbt jhm ein stadtlich vnd herrlich Kleinot zu / Nemlich die Seele die durch Christi Blut erkaufft ist / Psal: 31. Mit welcher GOtt so sehr pranget / das sie die H. Engel mit einer stadtlichen procession, wie mit Lazaro geschach / Luc: 16. in Abrahams Schoß tragen müssen.
Zum Fünfften / verlieren auch die Christen selbest nichts im Tode / sondern an
stadt des jrdischen nichtigen vnd sterblichen Cörpers / bekomen sie einen
vnsterblichen Himlischen verklerten Leib / der dem Verklerten Leibe Christi
ehnlich sey / 1. Cor: 15. Phil: 3. An stadt dieser nichtigen vergenglichen Güter
/ ein
Weil nu GOtt dem HErren an der Christen Todt so viel gelegen / werden wir zum
Sechsten erinnert / Das wir vnsers Leibes warten vnd schonen Rom: 13. vnd vns
durch keinerley weiß / für der zeit das Leben kürtzen sollen. Denn so jemand den
Tempel GOttes verterbet / den wird GOtt verterben / 1. Cor: 3. Item das sich ja
bey leib niemandt mit Christen Blut besudele: Weil Gott nach jhrem Blut gedenckt
vnd fragt / vnd rechnets zumahlen hoch vnd genauw / Psal: 9. Item das wir die
vnsern / wenn sie GOtt weg nimpt / nicht allein gerne vnd willig folgen lassen /
Sondern auch vns selbest / in vnserm gantzem Leben eines heiligen vnd
bußfertigen Lebens befleissigen / vnd mit den klugen Jungfrauwen wachen / wenn
vnser Stündtlein kömpt / das wir vnsere Seele / dem HErrn zu trewen Henden
vberantworten / Vnd entlich das wir auch mit den Leichnamen vnserer in GOtt
verstorbenen Mitchristen ehrlich vmbgehen / vnd dieselbe als Sanctas exuuias vnd
werde Heiligthumb Gottes / die Christus durch sein Menschwerdung geheiliget /
vnd GOtt der H. Geist regieret / Die auch am Jüngsten tag für GOtt ewig leben
sollen / Christlich zur Erden bestatten sollen / nach dem Spruch Syrachs / 38.
Wenn dir
Weil wir denn solche letzte Ehr vnd Dienst / diesem vnsern verstorbenen Mitbruder jtzo erzeigt: Wollen wir nu ferner zu vnserm Trost vnd vnterricht / das verlesene schöne Sprüchlein S. Pauli vor vns nehmen / vnd daraus nachfolgende zwey Stücklin mit einander erwegen.
Das Erste sol sein die Erklerung der Wort vnd vrsachen / so den Apostel Paulum bewogen / sich nach der aufflösung seines Leibes so hertzlichen zu sehnen.
Zum Andern / wollen wir hören / wie auch wir dieses Sprüchlein vns zu nutz machen
vnd gebrauchen sollen. Der getrewe GOtt verleihe / das wir in Christlicher
bereitschafft vnsers Sterbstündtleins warnehmen / vnd wen
dasselbige kömpt / mit S. Paulo vnd allen Heiligen / auß diesem Jamerthal /
frölich zu Christo ins ewige Vaterlandt wandern mögen.
ICH begere oder habe lust abzuscheiden / sagt der Apostel / vnd bey Christo zu sein. Diese Wort müssen wir etwas außwickeln / weil sie fast seltzam lauten / vnd sonst von den Leuten seltzam gehört werden.
In der Welt findet man bey den Menschen Kindern ein grossen vnterscheidt der
Naturen: Da einer zu diesem / der ander zu was anders geneigt ist / Das die
Alten gesagt haben / Quot capita tot sensus, So manch Kopff / so manch Sinn.
Item Trahit sua quenq; voluptas, Wozu ein jeder geartet oder in der jugent
gezogen ist / darzu hat er lust vnd zuneigung / das wünscht vnd begert er /
darmit gehet er stets vmb. Grosser Herren lust / stehet gemeiniglich in beitzen
jagen vnd dergleichen kurtzweilen: Etzliche haben lust zu turnieren vnd
Ritterspiel / Etzliche zu Kriegen / Etzliche zu bawen / Etzliche zur Music vnd
mancherley Künsten / Die Gelerten haben lust zu guten Büchern / so jhrer
profession gemeß sein / Die Kriegsleute zu guten Pferden / Wehr vnd Waffen / Der
Kauffleute lust ist / das sie durch die Land reisen vnd jhren Gewinn suchen /
Der Geitzigen wunsch ist / das sie teglich mit Geldt vmbgehen / vnd groß Gut
zusamen schlagen / Der Epicureer / das sie stets frölich sein / fressen sauffen
/ vnd in Fleischlichen wollüsten sich weltzen / Der Frawen vnd Jungfrawen / das
sie rennlich hergehen vnd schöne Kleider tragen mögen. Des dinges ist vnentlich
viel / wie die tegliche erfahrung außweiset. In gemein aber henckt allen
Menschen diß an / das sie lust haben lange zu leben / vnd wollen nicht gerne
sterben / mögen auch vo Todt
Wie kompt es den / das der Apostel Paulus hier sagt / Er habe lust
abzuscheiden oder zu sterben? Ist er de des lebens so müde? Oder
so vngedultig vnd kleinmütig vber dem viele Creutz vnd verfolgung
/ so er in seinem Ambt müssen außstehe / das er Gott den Sack für
die Thür wirfft / vnd nicht lenger begert zu leben? Nein die gelegenheit hats
nicht mit jhm / Denn er sagt selbest / das jhm beydes hart anliege / vnd wisse
schier nicht / welches er wehlen solle. Was sein Person anlangt / habe er viel
lieber lust zu sterben / als zu leben / damit er einmahl zur Ruhe keme: Weil jhn
aber gleichwol GOtt zum Apostelambt beruffen hab / das er das Euangelion
predigen / vnd der Kirchen dienen solle / könne vnd wolle er dieselbe / vmb
seines eignen nutzes willen / auch nicht verlassen. Darumb redet er diese Wort /
Ich habe lust abzuscheiden / nicht als ein Apostel vnd Ambtsperson / die vmb
keiner mühe willen jhr Ambt verlassen sollen / sondern als ein priuat Person vnd
Mensch / der dieses elenden Lebens satt ist / vnd sagt das er sich für dem Todt
nicht allein nicht fürchte / Sondern begere nichts liebers / wenn es GOttes
wille were / vnd ohne nachtheil der Kirchen geschehen könte / als das er je ehr
je lieber auß dieser mühseligen Welt möge abscheiden.
Die rechte vrsach aber solches Wunsches / stehet in den beyden Wörtern / Abscheiden vnd bey Christo sein.
Daß Wort abscheiden hat vielerley bedeutung / welche alzumal des Apostels Gemüt
zuerklere dienen.
Denn Erstlich heist es so viel / als auffbrechen vnd abfahren / Wie etwa gute Freunde / nach dem sie ein zeitlang beysamen gewesen / sich letzen vnd von einander ziehen / ein jglicher an seinen Ort / Oder wie Kauffleute / so in frembden Landen gewesen / sich wieder nach hauß begeben.
In dieser bedeutung erinnert er sich vnd vns / das wir hier in diesem Leben nicht zu hauß gehören / sondern sein Geste vnnd Frembdlinge / 2. Par: 30. Vnser Wandel vnd Vaterlandt aber ist im Himmel / Phil: 3. da gehören wir zu hause / Ehe wir dahin kommen / haben wir gar ein gefehrlichen mühseligen vnd schlipfferigen Weg zu wandern / do wir mancher Pfützen die Augen außtreten / vnd allerhandt Vngewitter vber vns gehen lassen müssen: Wenig vnd böß sagt Jacob Gen: 47. ist die zeit meiner Walfart / Alle deine Wellen vnnd Wasserwogen gehen vber mich / klagt Dauid Psal: 42: Wir müssen durch viel Trübsal ins ewige Leben eingehen / Acto: 14. Darumb heist die Kirche eine elende vnd trostlose / vber welche alle Wetter gehen / Esa: 54.
Denn es fühlen die Christen nicht allein jhre
Gleich wie nu die Wandersleute so lange zeit in frembden Landen gewesen sein / vnd viel gefahr außgestanden haben / mit verlangen zu hauß eilen: Also wünschet Paulus auch / vnd ein jglicher Christ / das er aus diesem elenden Jammerthal vnd Mordtgrube / zu hauß in sein rechtes Vaterlandt kommen möge. Wie er auff dergleichen schlag redet / 2. Cor: 5. So lange wir in diesem Leben sein / wallen wir dem HErren / Denn wir wandeln im Glauben / vnd nicht im scheuwen / Wir sind aber getrost / vnd haben vielmehr lust ausser dem Leibe zu wallen / vnd daheime zu sein bey dem HErren. Daher heist der Christen Todt in der Schrifft eine Heimfart / Luc: 2. Gen: 15. Eine Versamlung zu den Vätern / 2. Chronic: 34. Ein Weg den wir alle wandern müssen / Josu: 23. 1. Reg: 2.
Zum Andern / heist das Wort
Zum Dritten / pflegt man das jenige auffzulösen so gebunden wird / Wie etwan
gefangene Leut / so im Stock gelegen sein / an Hend vnd Füssen angeschlossen /
dermal eins durch begnadigung von jhrer Hafft vnd Banden entlediget / vnd auff
freyen Füssen loß gelassen werden. Also ist dieses Leben S. Paulo vnd allen
Christen / nichts anders als ein beschwerliche Gefengnus / darin der Mensch
liegen muß / gebunden an allen Gliedmassen / durch die Sünde / welche vnser
gantze Natur Leib vnd Seel / sampt allen vnsern vermögen / Krefften / Sinn vnd
Gedancken / dermassen eingenomen vnd besessen hat / das wir vnser selbest nicht
mechtig sein / sondern müssen wieder vnsern willen / den Begierden vnsers
sündlichen Fleisches folgen / Das erfahren nicht allein die Vngleubigen vnd
Gottlosen / von welchen 2. Tim: 2. stehet / das sie vons Teuffels Stricken
zusamen willen / gefangen gehalten werden / Sondern es erfahrens auch frome
Christen / vnd müssen mit S. Paulo klagen / Rom: 7. Ich weiß das in mir / das
ist in meinem Fleische wohnet nichts gutes / Wollen habe ich wol / aber
volnbringen das gute / finde ich nicht / denn das gute das ich wil thue ich
nicht / sondern das böse das ich nicht wil thue ich. Item ich sehe ein ander
Gesetz in meinen Gliedern / das wiederstreitet dem Gesetze in meinem Gemüth /
vnd nimbt mich gefangen in der Sünden Gesetz / welches ist in meinen zu beten / Lieber GOtt würge doch jmmer
hin / den alten Adam vnd elenden Madensack / damit wir ein newen Leib bekommen /
der nicht also mit Sünden beschmeist sey. Gefangene Leut / seind arme Leute /
vnd werden jhres Lebens nicht froh: Wenn wir demnach kein ander vrsach hetten /
des Todtes zubegeren: Sols doch vmb der Sünde willen geschehen / das wir der loß
würden / Nach dem Exempel Pauli / Rom: 7. Ich elender Mensch / wer wil mich
erlösen von dem Leibe dieses Todtes / Das ist von der Sünde / welche erger ist
denn der Todt selber / Denn wer gestorben ist / der ist gerechtfertiget von der
Sünden / Rom: 7.
Es kan zum Vierten obberürtes Wort auch verdolmetschet werden / außspannen / wie
man einen müden Kerners Gaul außspannet. Ist auch ein feine bedeutung / vnd
erinnert vns / das diß Leben sey / ein rechte Esels arbeit / vnd Taglöhners
dienst / da man sich plagen vnd blewen muß / mit vieler Mühe vnd Arbeit / Syr:
40. so lange biß der Abend kömpt /
Letzlich heist
Auß diesen ist nu die Erste vrsach zuersehen / die den Apostel zu seinem sterbens Wunsch bewogen hat. Denn er diß Leben viel anders angesehen hat als die Weltkinder / so alhier nur Frewde / Wollust vnd Kurtzweil suchen / Darumb begeren sie nicht von hinnen. S. Paulus aber hat aus der erfahrung gelernet / das es nichts anders sey / als ein Jammerthal / mühsame Gefengnus / vnd saure Taglöners arbeit / Darinne nichts guts / sondern eitel Gefahr / Mühe vnd Vnlust zu finden / Darumb hat er keine grosse lust hier lange zu hausen / sondern sehnet sich von dannen: Welches auch aller Heiligen Wunsch vnd verlangen gewesen / die eben dasselb erfahren vnd bekant haben. Darumb sagt die Schrifft von jhnen / das sie gestorben sein / des Lebens satt.
Die Ander vrsach dieses Wunsches ist / das er möge bey Christo sein. Dieses zuuerstehen / ist zu mercken / das die Christen auff Vierley weise bey Christo sein.
Erstlich seind sie bey jhm / als Creaturen in der Handt des Töpffers / denn er ist der Töpffer / wie der Thon von seiner Hende werck / Esa: 64. Wie er nu alle Creaturen in seiner Handt hat vnd erhelt sie / also sind wir auch in Christi Handt / er ist nicht weit von einem jglichen vnter vns / denn in jhm leben weben vnd sind wir / sagt Paulus Acto: 17.
Zum Andern / seind wir bey Christo wie
Zum Dritten / seind wir bey Christo Geistlich durch den Glauben / wenn wir sein
Wort hören / die Sacramenta gebrauchen / an jhn gleuben / bußfertig leben vnd
beten. Joh: 14. Wer mich liebet / wird mein Wort halten / vnd mein Vater wird
jhn lieben / vnd wir wollen zu jhm kommen / vnd Wohnung bey jhm machen. Matth:
18. Wo jhr zween vnter euch eins werden auff Erden / warumb es ist das sie
bitten wollen / das sol jhnen wiederfahren von meinem Vater / Vnd wo jhr zween
oder drey versamblet sein in meinem Nahmen / da bin ich mitten vnter jhnen. In
der heiligen Tauff ziehen wir jhn an / Gal: 3. vnnd werden jhm eingepflantzet /
Rom: 6. Im Abentmal essen wir sein Leib / vnd trincken sein Blut / Vnd werden
jhm dadurch voreiniget / Haec accepta & hausta faciunt vt Christus sit in
nobis & nos in Christo, sagt Hilarius. Das wir mit S. Paulo sagen können /
Gal: 2.
Die Vierte weise bey Christo zu sein / dauon Paulus hier eigentlich redet / wird nach diesem Leben in jener Welt angehen / Wenn wir werden dem HErren entgegen gezückt werden / in den Wolcken des Himmels / in der Lufft / vnd bey dem HERren sein allezeit / 1. Thes: 4. Werden jhn sehen wie er ist / 1. Joh: 3. Vnd das wird geschehen Leiblich von Angesicht zu Angesicht / 1. Cor: 13. Ja wir werden jhm gleich sein / 1. Joh: 3. Phil: 3. vnd mit jhm ein ewige Gemeinschafft haben.
Was nu diß für ein grosse Frewd vnd Herrligkeit sein werde / bedenck ein jeder bey sich selbest. Als GOtt dem Ertzvater Jacob bey Nacht erschien / vnd in Menschlicher gestalt mit jhm rang / wird er so fro / das er die Stette hies Pnuel / Denn ich habe GOtt von Angesicht zu Angesicht gesehen / sprach er / vnd meine Seele ist genesen / Gen: 32.
Wie hertzlich begert doch Moises GOttes Angesicht zu sehen / wiewol jhm in diesem
Leben damit wenig gedienet war / Exod: 33. Do die Apostel nur einen Blick
derselben Herrligkeit auff dem Berge Thaber sahen / wird jhnen so wol / das sie
sich gerne aller Frewde dieser Welt begeben wollen / damit sie nur bey Christo
bleiben mögen / Matth: 17. Was den König sehen in seiner
schöne. Esa: 33. Et illius praesentia animae & corporis implebit appetitus
sagt Cyprianus / Seine gegenwertigkeit wird alle in der begierde / Leibs vnd der
Seel erfüllen vnd setigen.
Denn wer bey Christo ist / der ist auch bey GOtt Vater vnd heiligem Geist / bey allen heiligen Engeln / vnd hat mit allen ausserwelten Heiligen / ein fröliche Gemeinschafft / nicht schlechts auff Zehen / Hundert oder Tausent Jahr / Sondern in alle Ewigkeit: Er ist an dem Ort / da kein Sünde / sondern eitel Herrligkeit / kein Leid / sondern eitel Frewd / kein gebrechlicher schwacher Lazarus / sondern eitel starcke / gesunde / verklerte Menschen sein werden / die weder Speiß noch Trangk / noch Kleidung / weder Silber noch Goldt / weder Hauß noch Hoff / noch einiger zeitlichen Güter bedürffen / Sondern an Christo alles was sie wünschen vnd begeren / haben werden / Vnd solche Frewd / die kein Auge gesehen vnd kein Ohr gehört / 1. Cor: 2. Darumb mag ein Christ wol sagen / zu Christo kommen vnd bey jhm sein macht / das ich von der Welt scheiden nicht acht / Vnd Augustinus sagt / Ama vnum bonum in quo sunt omnia bona & sufficit. Ibi est quidquid amas, ibi quidquid desideras.
Nach dieser Seligkeit verlanget Paulum / der denn so viel sagen wil / Ob ich
schon Christi erkaufftes Eigenthumb bin / vnd hab an jhm ein getrewen beystandt
vnd Schutzherren in aller Noth / so ist mirs doch noch nicht genung / sondern
mein Leben ist hie verborgen mit Christo / in GOtt: Wenn aber Christus mein
Leben sich offenbaren wird / den werde auch ich mit jhm offenbar
werde in der Herrligkeit / Col: 3. Nach solchem Tag hab ich
ein verlangen / vnd wolte gern / das er je ehr je lieber angehen möge. Eben wie
auch Dauid Psal: 42 wünschet: Wie der Hirsch sich sehnet nach einem frischen
Wasser / Also dürstet meine Seel nach GOtt: Nach dem lebendigen Gott / Wenn
werde ich einmal dahin kommen / das ich sein Angesicht schawe?
Diß ist die Ander vrsach dieses sehnlichen Wunsches S. Pauli / Ich habe lust abzuscheiden / vnd bey Christo zu sein. Es mögen ander Leut jhr lust suchen / wo sie wollen / mein begier vnd verlangen stehet nur nach Christo allein / wenn ich den habe / so frage ich nichts nach Himmel vnd Erden / Psal: 73. Denn ein Tag bey jhm / ist besser als sonst viel Tausent / Psal: 84. So viel kürtzlich vom Ersten Stück.
ZVm Andern last vns hören / wie wir dieses Sprüchlein gebrauchen sollen / zu vnser Lehre Trost vnd besserung.
Anfenglich lernen wir hier / wie sich ein Christ in sein leben vnd sterben recht schicken soll / Denn da helt man selten gebürliche masse. Etzliche / sonderlich denen es wol gehet / haben gar keine lust zu sterben / mögen vom Todt nicht hören / sein vngedüldig / wenn sie GOtt mit Kranckheit angreifft / vermeinen sich auch wol durch Artzeney wieder den Todt zu schützen / vnd gehet jhnen nach Syrachs Spruch Cap. 41. O Todt / wie bitter bistu / wenn an dich gedencket ein Mensch / der gute Tage vnd genung hat / vnd ohn Sorge lebt / vnd dem es wol gehet in allen dingen / vnd noch wol essen mag.
Hinwieder findet man auch Leute / die des Todes gar zu sehr begeren / wans jhnen nicht gehet nach jhrem Sinn / setzen GOtt den Stuel für die Thür / vnd wünschen sich vnter die Erden / Wie auch Hiob that in seinem Creutz / der da sagt / Suspendium elegit anima mea, Meine Seele begert erhangen zu sein / etc.
Daß taug nubeydes nicht / Denn wie es vnrecht ist / das man sich des Todes wieder GOttes willen wegert: Also ists auch Sünde / das man sich durch kümmernüs vnd gram selber das Leben kürtzt / vnd wil GOtt dem HERren für der zeit auß dem dienst entlauffen.
Darumb lehret vns S. Paulus mit seinem Exempel / die rechte Mittelstraß halten /
Dergestalt: Das weil vns GOtt in diese Welt gesatzt hat / das wir auch vnsers Lebens zu seinen Ehren / vnd dem
gemeinen nutz gerne brauchen / vnd dasselb keines weges / vmb einiger Mühe
Arbeit vnd Gefahr willen auffgeben / ehe vnd zuuor er dasselbe von vns
abfordert.
Non nobis solum nati sumus hat Plato der Heid zu seiner zeit gesagt / sed partem
ortus nostri parentes, partem patria partem amici sibi vendicant. Wieviel mehr
sol vns Christen dieses bekant sein / das vnser keiner jhm selber lebt oder
stirbt / sondern wir leben vnd sterben dem HErren / Rom: 14. Vmb dieses HErren
willen / muß ein Christ als ein fromer Diener / viel thun vnd vber sich nehmen /
der sonst für sein Person / nicht ein Stundt begert zu leben / Nach dem Spruch
1. Petri 4. Lasset euch die Hitze / die euch begegnet / nicht befrembden /
sondern frewet euch / das jhr mit Christo leidet / etc. Dessen erinnert GOtt den
Propheten Eliam / 1. Reg: 19. als er vmb seines Eiuers willen must in die Wüsten
fliehen / vnd so kleinmütig ward / das er sprach: Es ist genung HERR / nim meine
Seele von mir / denn ich bin nicht besser denn meine Väter. Da erschein jhm GOtt
vnd sprach: Gehe wiederumb deines weges: Als wolt er sagen / Es ist noch nicht
zeit lieber Elia / das du außspannest: Du must noch ein zeitlang meiner Kirchen
dienen: Ich wil wol zeit vnd Stunde wissen / wen ich dich sol
abfordern.
Also redet auch Paulus alhier von sich / Es lieget mir beydes an / Ich habe lust abzuscheiden / vnd bey Christo zu sein: Aber vmb der lieben Kirchen willen / die noch jung ist / vnd meines dienstes bedarff / ist es nützer das ich im Fleisch bleibe. Zeigt also an / das jhm viel mehr an der Wolfart der Kirchen / als an seinem eigenen Nutz gelegen sey / wo es ohne die were / wolle er lieber abscheiden / als in dieser Welt lenger leben. Von dem fromen Bischoff Martino lesen wir dergleichen: Do er sterben solte / vnd seine Brüder vmbher vber seinem Abschied bekümmert waren / sagt er: Domine, si adhuc populo tuo sum necessarius non recuso laborem, fiat voluntas tua.
Hierauß ist offenbar / das ein Christ wol vmb ein seligen Abschied vnd Sterbstündlein bitten mag / allein das er GOtt nichts vorschreibe / sondern stelle es zu seinen Väterlichen willen / vnd so ferne es ohne nachtheil des gemeinen Nutzes / darauff man allezeit sehen muß / geschehen kan. Also ists auch keine Sünde / wenn man GOtt vmb fristung vnd verlengung des Lebens bittet / wo es nur GOttes wille ist / vnd zu seinen Ehren gereichen sol: Wie der Gottselige König Hißkia thut / Esa: 38. Die Todten HErr werden dich nicht loben / sondern wir die wir leben / loben denn HErren / von nun an biß in Ewigkeit / HErr laß vns leben / so wollen wir deine Lieder singen vnser lebenlang.
Ohn vnd wieder GOttes willen aber / sol ein Christ weder zu leben noch zu sterben
begeren: Wan er schon tausent Jahr könt vmb einen Heller kauffen.
Drumb sagt Syrach / Cap: 41. Fürchte den Todt nicht / gedenck daß also vom HErrn
geordnet ist / vber alles Fleisch / beyde dere / die vor dir gewesen sein / vnd
nach dir kommen werden. Vnd was wegerstu dich wieder GOttes willen? Du lebest
Zehen / Hundert oder Tausent Jahr? Den im Tode fragt man nicht /
wie lange einer gelebt habe. Denn weil GOtt selber vnsers Lebens lenge ist /
Deut: 30. vnd einem jeden sein Ziel gesteckt hat / Job 14. wird er wol wissen /
wans vns am nützten ist / Vnd were freilich eine grosse vermessenheit / wenn der
Mensch sich vnterstehen wolt / dasselbe zuuerrücken.
Drumb bleibe es bey S. Paulo Spruch / Rom: 14. Vnser keiner lebt jhm selber / vnd
keiner stirbt jhm selber: Leben wir / so leben wir dem HErren / sterben wir / so
sterben wir dem HErren: Wir leben oder sterben / so sind wir des HErren. Das
ist: Wenn ein Christ bußfertig lebet / gleubet an Christum / schicket sich
teglich gegen ein seliges Ende / so sols jhm gleich viel sein / er lebe oder
sterbe / er ist doch selig / vnd Christus wird an seinem Leibe gepreiset / es
sey durch Leben oder Todt / Phil: 1. Solcher meinung antwortet Ambrosius / do er
in seiner Kranckheit gefraget ward / Ob er auch gerne sterben wolt /
Weil aber den Menschen von Natur gemeiniglich die Vnarth anhanget / das sie jhnen zwar den Todt wünschen / wans aber dazu kömpt / das sie sterben sollen / weichen sie zu rücke / vnd wollen nicht fort: So pflegt jhnen GOtt bißweilen den willen zu machen / wenn er jhnen dieses Leben durch viel Creutz vnd vorhergehende Kranckheit / dermassen versaltzet / das sie es entlich müde werden / vnd mit ernst ein verlangen bekommen / nach dem ewigen Vaterlandt.
Wie wir daher von den H. Vätern lesen / das sie gestorben seindt / des Lebens so satt vnd vberdrüssig / gleich als hetten sie es mit Löffeln gessen. Denn da heist es / wie Syr: Cap: 41. sagt / O Todt wie wol thustu dem Dürfftigen / der da schwach vnd alt ist / der in allen sorgen stecket / vnd nichts bessers zu hoffen noch zu gewarten hat.
Solcher Leute kommen vns offtmals für / die anfenglich vom Todte nicht gerne
hören mögen / werden aber entlich so müde / das sie GOtt dancken / vnd von
Hertzen fro werden / wens jhnen zum Sterbstündlein kommen mag. Das schickt nu
vnser
Zum Andern / wil vns der Apostel mit seinem sehnlichen Wunsch lehren / das wir auff Erden Pilgram sein / vnd keine bleibende stadt haben / Heb: 13. Müssen diese Hütten dermal eins ablegen / 2. Pet: 1. vnd vnsern Fuß in ein ander Landt setzen. Das predigt vns zwar auch die tegliche erfahrung / vnd die Exempel alle der die vor vns gelebt haben / Daher nennet S. Paulus seinen Leib ein jrdisch Hauß dieser Hütten / so ein mal zerbrochen werden muß. Vnd Dauid Psal: 39. nennet sich GOttes Pilgram in dieser Welt.
Diß sollen wir wol mercken / damit wir nicht sicher werden / vnd vnser Rechnung
mit dem Nerrischen Reichen Luc: 12. auff lange Jahr machen. Das wir auch / wenn
wir in Ehren schweben / nicht hoffertig werden / als wenn wir ewig in solchem
stand zu bleiben hetten: Oder aber / do wir arm oder veracht sein / nicht
verzagen / Sondern gedencken / daß das Wesen in dieser Welt vergehet / 1. Cor:
7. Vnd das im Todt sich alles abschneidet / Glück vnd
Darumb seinds freilich eitele Leute / die mit gesar vnd verlust der Seligkeit / sich vber den zeitlichen vergenglichen Gütern so weit vertieffen: Das sie dabey jhres Sterbstündleins vergessen / Psal: 39. Aber ein grosser Gewinn ists / wer Gottselig ist / vnd lest jhm genügen. Denn wir haben nichts in die Welt bracht / werden auch nichts hinauß bringen / sagt Paulus 1. Tim: 6. Cap:
Zu dem haben wir hie / ein liebliche Beschreibung des Todes der Gleubigen / das er nicht sey so ein terribile malum vnd grewlicher Menschenwürger / wie jhn die Vernunfft achtet / Sondern ein selige hinfart auß diesem Jammerthal / zu Christo ins ewige Vaterlandt. Item eine außspannung auß dem mühseligen Karn dieses Lebens: Vnd zu letzt eine gute abfertigung / freier Paß vnd sicherer Zutrit für Gottes Angesicht.
Das kömpt daher / das Christus diesen Feindt vberwunden / vnd jhm die Macht
genomen hat / das er den Christen nicht allein nichts kan schaden / sondern er
muß jhnen ein Thür vnd Weg sein zum ewigen Leben / Laut nachfolgender Sprüch: 2.
Tim: 1. Christus JEsus hat dem Todt die Macht
Denn was der Todt bitters / abschewliches vnd schedliches an sich hat / das kömpt alles her von der Sünde / welche des Todtes Gifft / Macht vnd Stachel ist / 1. Cor: 15. vnd den vntreglichen Zorn GOttes / sampt der ewigen Verdamnus auff dem Rücken tregt: So die Schrifft den andern Todt nennet / Apocalip: 2. 20. vnd 21. Cap:
Darumb ist dieser Feindt schrecklich genung / allen Vngleubigen vnnd
Vnbußfertigen Gottlosen Leuten / die in jhren Sünden vnter GOttes Zorn dahin
sterben / Wie Dauid Psal: 34. zeuget / weil er jhnen nicht allein ein entschafft
ist aller Frewd vnd Herrligkeit / dieses vergenglichen Lebens / sondern auch ein
anfang vnd Thür zur ewigen Qual vnd Pein / so sie von Gottes Angesicht
abgescheide / in dem Pful der mit Schweffel brennet ewiglich
leiden werden / Do jhr Wurm nimmermehr sterben / vnd jhr Feuwer nicht verleschen
wird: Vnd werden allem Fleisch ein Greuel sein / Esa: 66.
Aber den Gleubigen / so durch Christum vergebung der Sünden erlangt / vnd seines
Sieges im sein / ist er nicht allein nicht schrecklich / sondern lieblich
vnd heilsam: Denn weil jhm die Gifft vnd der Angel benomen / kan er jhnen nichts
mehr thun / als das er sie mit seiner eusserlichen Larue vnd
Zehnen anblecket / vnd der Vernunfft nach etwas schrecket. Das vbrige was am
Tode ist / ist jhnen lauter Gewinn vnd Vortheil / weil er sie à malo culpae
& poenae von Sünd vnd Sünden straff / allem Jamer vnnd Elendt dieses Lebens
erlöset / vnd zu Christo führet / bey dem sie volle Frewde vnd lieblich Wesen
jmmer vnd ewiglich besitzen werden.
Darumb seind die Todten so im HErren sterben selig von nu an / Apoc: 14. vnd jhr
Todt ist werdt gehalten für dem HErren / Psal: 116. Denn sie sehen den Todt
nicht / Joh: 8. Sondern dringen durch den Todt zum Leben / Joh: 5. Daher
fürchten vnd entsetzen sich die Christen für dem Todt so sehr nicht / wie die
Gottlosen / von welchen der 73. Psalm sagt. Das sie vntergehen mit schrecken /
sondern sie seindt getrost allezeit / 2. Cor: 5. Vnd haben ein hertzliches
verlangen nach jhrem Sterbstündlein / Denn sie finden in dem Rachen dieses
grawsamen Menschenfressers / nicht allein keine Gifft / sondern Christum die
süssigkeit des Lebens / zu welchem sie komen / Vnd sagen mit
Dauid auß dem 16. Psalm / Ich habe den HErren allezeit für Augen: Denn er ist
mir zur Rechten / darumb werde ich wol bleiben. Darumb
Darumb ists viel ein anders / wenn ein Christ nach seinem Sterbstündlein sich
sehnet / als wenn ein Gottloser des Todes begeret. Das Simeon / S. Paulus / vnd
andere vmb die aufflösung jhres Leibes so sehnlich gebeten / ist nicht allein
auß blossen verdruß dieses Lebens geschehen / wie die Weltkinder jhnen etwa auß
vngedult den Todt wünschen / vnd bißweilen selber das Leben kürtzen / nur allein
das sie dieser zeitlichen Qual vnd Marter abkommen / ob sie schon nichts bessers
zu gewarten haben: Sondern auß hertzlichen verlangen nach Christo / welchen der
alte Simeon / damals nicht allein Leiblich in seinen Armen gehabt / sondern auch
Geistlich im Hertzen durch den Glauben / als seinen Heilandt erkant vnd
ergriffen hat. Zu dem hoffet er durch den Todt zu kommen / darumb nennet er jhn
ein friedsame Hinfart / auß diesem vergenglichen Jammerthal / zu seinem HErren
Christo / des Diener er sich bekennet / ins ewige Vaterlandt: Eben wie auch S.
Paulus hier thut: Ich habe lust abzuscheide / vn
bey Christo zu sein. Item der HErr JEsus wird mich erlösen von allem
Vnd hierin stehet nu die rechte
Entlich haben wir alhier die Lehr / wohin der Christen Seelen / nach jhrem
abscheid vom Leibe
Denn darumb seindt wir anfenglich von GOtt erschaffen / durch Christum erlöset / durch das Göttliche Wort vnterweiset / durch die Tauff new geboren / haben in der Absolution vergebung der Sünden empfangen / vnd sind im H. Abentmal mit Christi Leib vnd Blut gespeiset. Ja vmb dieses Guts vnd Kleinots willen / leiden wir Christen in diesem Leben allerley Creutz vnd Trübsal / auch den Todt selbest in gewisser hoffnung / das dieser zeit leiden nicht werdt sey der Herrligkeit / so an vns offenbar werden sol / Rom: 8. Vnd das weder Todt noch Leben / vns scheiden sol von der Liebe die in Christo JEsu ist.
Denn so wir nur in diesem Leben auff GOtt hoffeten / so weren wir die elendesten
vnter allen
Mit dieser hoffnung haben sich alle Christen getröstet / vndalle Furcht des Todes
ritterlich vberwunden. Wie Christus Joh: 8. vom Abraham zeuget / das er habe
seinen Tag gesehen / vnd sich gefrewet. Dergleichen lesen wir vom Ertzvater
Jacob / Gen: 49. das er in seinen Todes zügen keinen andern Trost gewust / als
das er Christum ergriffen vnd gesagt: HErr ich hoffe auff dein Heil. Was des H.
Jobs Bekentnus vnd Glaube gewesen / ist kurtz hiebeuor berichtet worden. In des
H. Dauids Psalter / haben wir viel schöne Sprüche vnnd Zeugnus hiruon / Als das
er Psal: 17. sagt / Ich wil schawen dein Antlitz in Gerechtigkeit / vnnd wil
satt werden / wann ich erwache nach deinem Bilde. Psal: 27. Ich gleube das ich
sehen werde das gute des HErren im Lande der Lebendigen. Psal: 116. Sey zu
frieden meine Seele / denn der HErr thut dir guts. Denn du hast meine Seele auß
dem Tode
Vnd also muß ein jglicher Christ in seinem Todeskampff diesen Trost ergreiffen vnd fest halten. Ich werde auffgelöset werden / vnd bey Christo sein.
Wer aber dessen wil gewiß sein / der muß erstlich getaufft / vnnd durch den Glauben dem HERrn JEsu CHristo einverleubt / vnd mit seinem Blute zeichnet sein / nach dem Spruch Christi / Joh: 3. Es sey das jemandt auffs newe geboren werde / durchs Wasser vnd den heiligen Geist / kan er nicht ins Reich GOttes kommen. Rom: 6. So wir sampt Christo durch die Tauffe gepflantzet sein zu gleichem Tode / so werden wir auch der Aufferstehung gleich sein. Item so viel ewer getaufft sein / haben Christum JEsum angezogen / durch den Glauben.
Zum andern muß er sich befleissigen / eines bußfertigen Lebens / der Sünden
absterben / vnd GOtt loben in Christo Jesu / Rom: 6. Muß sein trost vnd hoffnung
nur auff Christum setzen / vnd mit Paulo sagen / Ich bin durchs Gesetz dem
Gesetz gestorben / auff das ich Gott lebe / ich bin mit Christo
Zum Dritten muß er sich erinnern / der Vermahnung S. Pauli / Col: 3. Suchet was droben ist / da Christus ist sitzent zu Rechten GOttes / trachtet nach dem das droben ist / vnd nicht nach dem das auff Erden ist. Item Christus sagt Luc: 12. Lasset euwre Lenden vmbgürtet sein / vnnd euwre Liechter brennen / Vnd seid gleich den Menschen die auff jhren Herren warten / wenn er auffbrechen wird von der Hochzeit / auff das wenn er kömpt vnd anklopffet / er jhm baldt auffthue / etc.
Zum Vierten / wens nu zum scheiden kömpt / muß er frölich Christo seine Seele befehlen / vnd sagen auß dem 31. Psalm / In deine Hende befehl ich meinen Geist / du hast mich erlöset / du getrewer GOTT.
Die jhr Leben also anstellen / die versichert Christus / das sie sein sollen sein
im Todt vnd Leben / Rom: 14. Sie sollen den Todt nicht sehen ewiglich Joh: 8.
Sie sollen leben ob sie gleich sterben / Joh: 11. Sie sollen nicht ins Gericht
kommen / Joh: 5. Er wolle jhnen das ewige Leben geben / vnnd sol sie niemandt
auß seiner Handt reissen / Joh: 10. Er wolle seine Herrligkeit sehen. Joh: 17. Er
wolle bey jhnen wohnen / vnd sie sollen sein Volck sein / Vnd er selbest GOtt
mit jhnen / wolle jhr GOtt sein / vnd abwischen alle Trenen von jhren Augen /
vnd sol kein Todt noch Leidt noch Geschrey noch Schmertz mehr von jhnen gehört
werden / Sondern er wolle sie trösten / wie ein Mutter jhr Kindt tröstet / Apoc:
21. Esa: 66. Die können auch auff solchen Trost frölich sterben vnd sagen / Ich
weiß an wen ich gleube / vnd bin gewiß / das er mir kan meine beylage bewahren
biß an jenem Tag / 2. Tim: 1.
Solches Trostes aber / haben sich die vngetauffte Heiden / Jüden / Türcken. Item
alle Gottlose vnd Vnbußfertige / so jhr Leben in Sünde / Vnglauben vnnd
Sicherheit zubracht vnnd beschlossen / nicht anzumassen / Denn die kommen nach
dem Tode nicht zu Christo / sondern sie haben einen andern HErren / dem sie
gedienet / der jhnen auch lohnen wird / Nemblich den Teuffel / zu welche sie Christus am Jüngsten tag in abgrundt der Hellen losieren vnd
weisen wird vnd sagen: Weichet von mir jhr Vbeltheter / ich kenne euch nicht /
Matth: 17. Item gehet hin jhr Vormaledeieten ins ewige Hellische Fewr / so
bereitet ist dem Teuffel vnd seinen Engeln / Mat: 25.
WAs dann zum Beschluß / diesen begrabenen Herren Doctor anlanget / ist nicht not / seinen Lauff Leben vnd Wandel alhier nach der lenge zu erzehlen. Denn zu dem / das er ein Mensch gewesen / so ohne Menschliche feil vnd gebrechen nicht gelebt. Er / als ein Fürstlicher Hoffraht / dem auch zugleich das Landfiscalambt dieser Fürstenthümbe vertrawet gewesen / In einem gar mühsamen Stand gelebet / darin er sich leicht verstossen / vnd zu viel oder zu wenig thun können / wie er selber solches erkant vnd offt beklaget.
Er hat abet gleichwol nicht gehöret vnter die zahl der Juristen / vber welche der
Prophet Esaias Cap: 5. vnd 10. mit grossem Zetergeschrey klaget / Das sie sich
den Geitz vnd die affecten blenden lassen / das sie Recht zuuerkeren / vnd auß
den Rechten wieder Recht zu disputiren vnd sprechen / Heissen das böse
Sondern dieser Jurist hat ein Gewissen gehabt / vnd seines Dienstes vnd Ambtes ohne Eigennutz vnd Ehrgeitz in der stille mit vleiß abgewartet / daneben auch GOtt vnd sein Wort geliebet. So er vnter andern damit bezeuget / das er in seiner Schwachheit diß am meisten betrauwret vnd beseuftzet / das er wegen vieler Reisen vnd sonsten zu Hoff vnd auff Fürstlicher Rathstuben täglichs fürfallender Geschefft / offt am gehör Göttliches Wortes sey gehindert worden / deren er sich gleichwol künfftig / do jhm GOtt das Leben fristen würde / so viel müglich zu entladen gemeint were.
Solche Juristen / sind treuwe vnd nütze Leute in der Welt / können viel guts thun
/ vnd haben viel herrliches Lobs vnd Zeugnus in GOttes Wort / können auch mit
warheit Sacerdotes justitiae, vnd
Als aber GOtt der HErr / vnsern verstorbenen Herrn Doctor am nehern Sonnabent /
den 11. Decembr: Nach dem er ein zeithero sich vbel befunden / vnd fast Sechs
Wochen sich inhalten vnd danieder liggen müssen / durch einen hefftigen
zufallenden Flußheim gesucht / hat er sich nicht lange bedacht / sondern
alßbaldt denselben Abent / sich mit grosser Andacht vnd guter bescheidenheit /
zum seligen Abschied bereitet / sich mit GOtt durch hertzliche Buß vnd erkentnus
der Sünden außgesöhnet / alle seinen Wiederwertigen vergeben / sich mit der
Absolution vnd heiligen Abentmal versehen lassen / vnnd aller