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Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714
GNad vnd Fried von Gott dem Vater / vnd dem Herrn Jesu Christo zuuor. Ehrnuester vnd Hochgelarter Herr Cantzler / günstiger lieber Geuatter / Es schreibet der Apostel Paulus in seiner ersten Epistel an die Thessalonicher am vierden Capittel: Wir wollen euch / lieben Brüder / nicht verhalten von denen die da schlaffen / auff das jr nicht traurig seid / wie die andern die kein hoffnung haben. Denn so wir gleuben / das Christus gestorben vnd aufferstanden ist: Also wird auch Gott die / so durch Christum entschlaffen / mit jm füren: Vnd beschleusst die Erinnerung also: So tröstet euch nun mit diesen Worten.
Damit Er allen Christen / Insonderheit aber auch den Predigern beydes einen befehl vnd zugleich ein Exempel gibt / daß sie betrübte Personen / vnd zuuoraus die / so anderer als jrer Freunde tödtlichen abgang beklagen vnd beweinen trösten sollen.
Denn es offenbar / vnd gibt es die tegliche erfarung / das ein Mensch / der bekümmert vnd betrübt ist / sich selber in seiner Widerwertigkeit nimmermehr so wol trösten kan / als einen andern in gleichem fall. Daher auch der Heyd sagt / Facilè cum valemus consilia aegrotis damus.
Dieweil denn Gott der Allmechtig nach seinem gnedigen willen / euch das schwere Creutz aufferlegt / das er aus diesem leben / vnd zwar vnuersehens abgefordert / ewern hertzlieben Vater / da denn alle vmbstend solchen fall euch schweer vnd kleglich machen / Sintemal er euch / wie euch bewust / neben vnd fast für andern seinen Kindern hertzlich geliebet / euch nicht mit geringen vnkosten in Vniuersiteten / in vnd ausserhalb Teutschlandes gehalten / zur zeit ewers studierens zu euch offtmals nicht ohn grosse beschwernis einen weiten weg gereiset / vnd in summa an jm nichts erwinden lassen / das jr dermalen eins /
Vnd ist nun nicht ohne / das solche vnuerhoffte vnd vnuersehene fell / einen Menschen / sonderlich aber die nechsten verwandten anfenglich vnd gleich im ersten anblick sehr betrüben vnd für den Kopff stossen / zuuorauß / wenn der bösen vnd schnöden Welt vnd blinden vernunfft vrtheil / wie nicht auszubleiben pflegt / dazu komen.
Aber da ist von erst wol in acht zunemen vnd zubedencken / das vns Menschen in diesen oder andern sachen das allergeringest nicht zukompt oder widerfert / ohn gefer / vnd also ohne Gottes wissen vnd willen. Denn je Christus zeuget / das auch nicht ein Sperling ohne Gottes willen auff die Erden falle / vnd insonderheit die grosse enderung / die mit einem Menschen geschicht / wenn er stirbt / in heiliger Schrifft Gott dem Herrn außtrücklich zugeschrieben wird. Meine zeit stehet in deinen henden / spricht der 31. Ps. Moses sagt im 90. Ps. Du lessest die Menschen sterben. Hiob sagt am 14. Du hast jm ein ziel gesetzt / das wird er nicht vbergehen. Simeon Luc. 2. singt / Herr nun lessestu deinen Diener im frieden fahren. Wie denn auch Moses sagt von dem / den einer vngefehr todtschlegt / der Herr hat jn in seine hende gegeben.
Zum andern ist daneben auch das wol zubehertzigen / daß was die gleubigen insonderheit anlanget / sie durch Christum
Solchen beystand beweiset Gott mit der that / ob wir schon es also nicht sehen oder mercken / noch mit vnsern fünff sinnen begreiffen können: sonder vns viel ein anders einbilden. Das bezeuget die Histori Lazari / da solt wol ein Mensch gedencken / weil er für armut vnd kranckheit dahin stirbt / Gott hette jn gar vbergeben / vnd die hand abgezogen / aber Christus sagt / Die Engel sein da zugetreten / da kein Mensch auff gedacht hette / vnd haben jn getragen in Abrahams Schoß.
Vnd wen man auch schon todt ist / nimpt sich Gott
Ja es regieret auch Gott alles was den seinen in dieser Welt begegnet also / vnd richtet es dahin / das es jnen nicht schedlich vnd verdamlich sein / sonder zu jrem besten vnd zur seligkeit dienen muß. Wie Christus verheisst / Joh. 10. Meine Schaffe werden nimmermehr vmbkomen / vnd niemand wird sie aus meiner hand reissen. Vnd Paulus Rom. 8. schreibet / Denen die Gott lieben muß alles zum besten dienen.
Wenn wir das recht bedencken / so können wir vns fein zufrieden geben / dieweil wir wissen / das Gott / der vns alles was vns begegnet zuschickt / auch mit rathe / Ja es vns zum guten regiere vnd schicke / Daher wir selbs jme alles gantz heim stellen / vnd sagen im Gebet / Dein wille geschehe.
Das bedenckt Joseph / da jn seine Brüder verkaufft / vnd in grosse noth gebracht hatten / Als er spricht / Vmb ewers lebens willen hat mich Gott für euch hergesand. Vnnd Hiob gibt sich auch wol zufrieden / da er nicht allein grossen schaden an seiner narung genomen / sonder auch alle seine Kinder das jm das liebste war / verloren hatte / weil er bedenckt / daß das alles jm durch Gottes gnedigen willen widerfahren sey.
Nach dem aber dieser herrlicher trost / in solchen vnuersehenen fellen sich nicht so leichtlich appliciren vnd auff dieselbigen ziehen lest / als wil ich auch dauon kurtzen bericht thun.
Die Welt felt stracks dar auff / wenn etwa ein Mensch also plötzlich vnd vnuersehens dahin gehet / bißweilen auch nicht eines natürlichen Tods stirbt / der Mensch müsse etwa für andern ein Sünder gewesen / vnd wegen sonderlicher Sünden von Gott gestraffet sein.
Da dem Hiob plötzlich grosser vnd mancherley vnfal begegnet / da fallen seine Freunde stracks darauff / er müsse sich sonderlich an Gott versündiget / vnd es mit seinem bösen leben verursachet haben / das jhn Gott also hart angegriffen hat / vnd so schrecklich plagte. Aber Gott selbs gibt jhnen im letzten Capittel vnrecht vnd strafft sie darumb / vnd müssen sie opfern / vnd mus Hiob / dem Gott ein herlich zeugnis gibt / Gott für sie bitten / das er jhnen solche Sünde vergebe.
Da Johannis 9. die Apostel einen Menschen sehen / der blind geboren ist / meinen sie / es sey nichts gewissers / als das / wo nicht er / doch etwa seine Eltern / es sonderlich verschuldet / darumb sie auch Christum fragen / Herr hat dieser gesündiget / oder seine Elter? Aber Christus strafft solchen falschen wahn / vnd spricht / es habe weder dieser noch seine Elter gesündiget / sondern er sey blind geboren / das die werck Gottes an jhm offenbar werden. Wie auch Act. 28. die Melitenser weit feilen / Als / nach erlittenem schiffbruch Paulum eine Schlange sticht / vnd jhm die Hand auffleufft / sie sagen / Er (Paulus) müste ein Mörder sein / den die Rach nicht leben lasse / ob er dem Meer entgangen ist.
Summa / wenn man also zuplatzen vnd also von denen / welchen Gott solchen vnd dergeleichen vnfall zuschicket / vrtheilen wolte / muste man die allergrösten Heiligen / die Propheten / Apostel / Merterer vnnd dergeleichen / ja Christum selber verdammen / dieweil gewiß vnd offenbar / das es jhnen für andern in dieser Welt vbel gangen ist / vnnd sie mehres theils keines rechten Todts gestorben sein.
Aber dawieder saget der Prediger Salomo 9. Cap. Es begegnet einem wie dem andern / dem Gerechten wie dem Gottlosen. Ja Paulus saget / das der frommen zustand in dieser Welt noch erger sey als der Gottlosen Weltkinder / hoffen wir allein in diesem leben auff Gott / so sein wir die elendesten vnter allen Menschen spricht er 1. Cor. 15.
Solches bezeuget die Legenda der Heiligen Gottes. Als Abel der gerechte / der das zeugnis hat in Gottes Wort / das er Gott gefallen hab / vn sein Opffer Gott angenehm gewesen sey / wird nicht allein von seinem Bruder Cain angefeindet in seinem leben / sonder auch endlich jemmerlich ermordet. Wenn da die Menschen das vrtheil fellen solten / würden sie wol zuplatzen vn jhn verdammen. Aber Gottes Wort gibt jhm das zeugnis er sey Selig worden / vnd hab jm nicht geschadet / das er von seinem eigen Bruder so jemmerlich vmb sein leben gebracht. Solches können wir auch daraus abnemen / das Gott selber nach seim Tod sich sein annimbt / vnd fragt nach seinem Blut / vnd Christus jhn Matth. 23. vnter die gerechten / vnd die Epistel an die Heb. 11. vnter die gleubigen zelet. Denn hie gilt der Spruch Christi / meine Schaff wird mir niem and auß meiner Hand reissen / vnd Pauli / Wir leben oder wir sterben / so seind wir des HErrn.
Eben also vrtheilen wir von Vria dem Hethiter / welcher / ob er wol ein frommer vnnd dapfferer Held war / gleichwol im sturm durch anstifftung Dauids jemmerlich vmb sein leben kombt / das er wegen solches vnfals nicht verdampt / sondern selig worden sey.
Denn gleich wie fromme Elter jre Kinder wegen des vnfals vnd noth / so jnen begegnet / nicht vbergeben vnd verlassen / sonder jnen beyspringen / vnd mehr auff sie warten / als auff die andern / die in solcher noth nicht sein: Also will Gott viel weiniger die vbergeben vnd verlassen / die durch seine schickung in solche noth vnd gefehrligkeit komen / sonder er will jr Gebet erhören / jnen beystehn / sie erhalten vnd erretten. Der Herr ist nahe bey denen / die eins zerbrochnen hertzens sind / vnd hilfft denen / die zerschlagne gemüth haben / sagt Ps. 34. Vnd Ps. 145. Der Herr ist nahe bey allen / die jn anruffen / die jn mit ernst anruffen / er höret jr schreien vnd hilfft jnen. Denn je die liebe Gottes viel grösser vnd einbrünstiger als der bösen Menschen. So jr die jr arg seid / könnet ewren Kindern gute Gaben geben / wie viel mehr wird mein Himlischer Vater guts geben denen / die jn darumb bitten spricht Christus Matth. 7. Vnd ist dieser Trost desto krefftiger / weil bey der vnendlichen liebe Gottes auch sein vnendliche allmechtige Gewalt ist / also das er auch im Todt erhalten vnd erretten / vnd vberschwenglich thun kan / vber alles was wir bitten oder verstehn.
Das aber Gott die seinen offtmals so jemmerlich drauff gehn vnd vmbkomen lesst / thut er nicht aus zorn vnd vngnad / sonder es ist doch sein brauch / das er seine heiligen wunderlich füret / Vnd beweiset er mit der that / das sein Reich nicht von dieser Welt sey / vnd er nicht nach art der Weltlichen König vnd vnser vernunfft regiere. Vnd sollen also auch die Christen nicht sehen auff das sichtbar / sonder auff das vnsichtbar / nicht auff eusserliche zufell / Glück oder Vnglück / sonder auff sein Wort vnd Zusag. So will er auch mit solchen seinem wunderlichem Proceß die Weltkinder zu Narren machen / Sintemal das der Vernunfft gar zuwider leufft / das die Gott gefallen / so vnbarmhertzig / wie sichs ansehen lesst / vnd erbermlich hingeraffet werden.
Damit man aber diesen herrlichen reichen Trost auff
Wenn nun einer sich im leben als ein Christ bewiesen vnd erzeigt / sol man jn freylich vmb solches vnfals willen / damit Gott / wie Christus Luc. 13. lehret / andere zur Buß leitet / nicht verdammen. Ja wenn auch etwa ein Gottselige Person zu letzt aus Menschlicher schwacheit strauchelt / vnd darauff geht / pflegt man dieselbige drumb nicht als bald freuentlich zuuerdammen / sonder es dafür zuhalten / das Gott sie allein gezüchtiget / vnd darumb nicht verworffen hab / sonder er halte es damit / wie im 89. Ps. stehet / Wo seine Kinder mein Gesetz verlassen / so will Ich jre Sünde mit der Ruten heimsuchen / Aber meine Gnad will Ich nicht von jm wenden. Vnnd wie im 118. Ps. stehet: Der Herr züchtiget mich wol / Aber er gibt mich dem Todt nicht. Loths Weib Gen. 19. ist zur Saltzseul worden / weil sie wieder Gottes verbot / als sie aus Sodom gieng / sich vmgesehen / Aber darumb verdampt man sie nicht / sondern es helt auch der alte lehrer Hieronymus es dafür / das sie selig worden sey. Also wolte ich Aarons Söne Nadab vnd Abihu nicht gerne verdammen / das sie wieder Gottes befehl das frembde Fewr für den Herrn brachten / vnd ein Fewr vom Herrn außfuhr / vnd sie verzeret / das sie stürben. Von dem frommen löblichen König Josia / der einen vnnötigen Krieg
Vielmehr aber vrtheilet man billich also / da man befindet / das nicht allein zuuor ein Mensch ein Gottselig Christlich Leben gefüret / sondern auch er zu solchem vnfal wissentlich kein vrsach gegeben hat / sonder ist in seinen wegen / wie der Ps. redet / das ist in seinem beruff / vnd also in dem gehorsam Gottes angetroffen / vnd von Gott durch den Todt vnserm vrtheilen nach vbereilet.
So viel nun ewern lieben Vater seligen insonderheit belanget / der auch also vnuersehens / als er seine liebe Tochter / ewre liebe Schwester in jrer Tödtlichen Kranckheit zubesuchen / vnd zugleich auch / wie ich glaubwirdig berichtet / das H. Nachtmal Christi / nach Christi einsetzung zugebrauchen fürhabens gewesen / vnterwegens im wasser Saeua genant / das angelauffen war / sein Leben gelassen / Mus man freylich hie dem vngebürlichen freuentlichen vrtheil der Welt / vnd blinden vernunfft keinen stad vnd raum geben. Denn der gebürt hie nicht zuurtheilen / vn heist billig / Wer bistu / der du einen frembden Knecht richtest? Rom. 14. So pfleget die vernunfft es gemeinlich auch mit jrem vrtheil vbel zutreffen. Denn sie verdampt offt die Kinder Gottes / Ps. 73. vnd preiset selig die frembde Kinder / Ps. 17. vnnd 144. die Gott entlich mit dem Ewigen vndergang straffet.
Sonder wir müssen hie nach dem Göttlichen wort vns richten / vnnd nach demselbigen von jm pronunciiren vnd vrtheilen / vnd das solches füglich geschehen möge / sein Leben ansehen.
Nun ist er zwar von Natur vnd in seinem Leben / wie alle Menschen / nicht Engelrein / sonder ein armer Sünder gewesen / wie er denn selbst erkant / vnd mit dem lieben Dauid bekant hat / So du Herr wilt Sünde zurechnen / Herr wer wird bestehen? Item gehe nicht ins gericht mie deinem Knecht. Denn
Aller Trost aber den wir bey seiner Person haben / kompt daher / das jn Gott auß lauter gnad vnd barmhertzigkeit zu seinem Kind vnd Erben des Ewigen Lebens / in der H. Tauff angenomen hat. Vnd er auch da er zu seinen Jaren komen / Gott nach seinem heiligen vnfeilbaren Wort recht erkant / an jn geglaubet / jn angeruffen / vnd jm in seinem beruff gedienet hat.
Denn er je nicht auß der zall gewesen / die in jrem Hertzen sagen / es ist kein Gott / vnnd bekümmern sich also nichts vmb jre Seligkeit / oder es gilt jnen ein Glaub so viel als der ander / oder schicken sich in die zeit / vnd gleuben was andere bey vnd neben jnen gleuben / heut dieses / morgen jenes.
Sonder er hat Gottes wort / wenn er immer gelegenheit dazu gehabt / gehöret / vnd da er es an einem ort rein vnnd one Menschlichen zusatz zuhören keine gelegenheit gehabt / hat er sich anders wohin verfüget / oder auch zu Hauß jm dasselbige vorlesen lassen / vnd selbst gelesen. O es ist solchen Leuten Gottes Wort lieb vnd freilich viel werder / als vns andern / die wir es teglich hören mögen. Quod rarum est, carum est, pflegt man zusagen.
Es hat aber solch Wort Gottes so viel Frucht bey jm geschaffet / das er sein bekentnis des glaubens frey öffentlich gethan / vnd sich von andern / die das Wort Gottes mit Menschlichen zusetzen verfelschen / vnuerholen abgesondert / vnangesehen / das jm daruber gangen / wie im 116. Ps. stehet / Ich gleube / darumb rede ich / Ich werde aber sehr geplaget. Denn er des halben nicht wenig angefeindet / vnd zimlichen wiederstand gehabt / da er sonst / wenn er hette heuchlen wollen / nicht wenig befürderung hette zugewarten gehabt / vnd viel besser enthalten worden were.
Das alles aber hat er hindan gesetzet / vnd vmb einiges
An solchem auffrichtigen bekentniß des Glaubens hat Gott im Himel ein gnediges gefallen / wie er den spricht / Wer mich ehret / den wil ich wieder ehren. Item / Wer mich bekennet für den Menschen / den wil ich auch bekennen für meinem Himlischen Vater. Vnd solches hat Gott mit der that bewiesen / in dem er jn so gnedig vnd Veterlich mit Kindern vnnd Kindskindern / darzu auch mit einer zimlichen Narung angesehen vnd gesegnet / vber das auch etlichmal in grosser Leibs vnd Lebens gefahr so wunderlich erhalten hat. Welches vns auch die gewisse zuuersicht vnd vnfeilbare hoffnung macht / das er auch auff dieser so Christlichen vnd Seligen Reise / von Gott nicht verlassen sey / wie Gott gar tröstlich verheist Jes. 41. Furchte dich nicht / Ich bin mit dir / weiche nicht / den ich bin dein Gott / ich stercke dich / ich helffe dir auch / ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner gerechtigkeit.
Vnnd mus ich bekennen / das ich / wie ich dieses betrubten falls berichtet / vnd dadurch anfenglich etwas besturtzet worden bin / mich auch damit nicht wenig getröstet / das ich für dieser zeit berichtet worden / das gedachten ewern lieben Vater seligen / Gott von seiner Jugent auff so gar wunderlich gefüret / regieret / geschutzet vnd erhalten / vnd also seine Veterliche güte vnd fürsorg so gnedig an jm bewiesen. Denn das ich des andern geschweige / ist ja gewis / da er seines lieben Vatern Nicolai einiger Sohn gewesen / vnd also seines Vatern gantzes geschlecht auff jm gestanden / Gott jn erhalten hat / das er in den Ehestand kommen / da sonsten er hette / wie es die Papisten nennen / vnd erretten.
Das aller tröstlichst aber in diesem fall ist / das vielgedachter ewer lieber Vater selig / nicht etwa in bösem fürsatz oder Sünden wieder das gewissen geblicben / wie leider offt geschicht / das etliche in trunckener weise jr Leben verlieren / etliche etwa wen sie Ehebruch / Mordt oder andere Sünde begehen / darüber dahin sterben / oder geben sich selber in gefahr / darin sie vmbkommen / da es denn zu malen mißlich ist / das solche Leut in Christo sterben vnd selig werden / vnd heist es als der Prediger Salomo sagt c. 11. Wie der Baum fellt / also bleibt er liegen. Vnd abermal Syr. 3. Wer sich gern in gefahr gibt / der verdirbt drinne / Als Core / Dathan vnd Abiram / die in der auffruhr wider Mosen sterben / komen lebendig in die Hell / Num. 16.
Das macht auch das Dauid seines Sons Absoloms Tod so kleglich betrawret / denn er sich vermuten muß / das er in seinen Sünden gestorben vnd verdampt sey.
Aber mit diesem fall hat es viel ein andere gelegenheit. Denn ewer lieber Vater Gott nicht versuchet / auch nicht ohn not oder auß fürwitz vnnd leichtfertigkeit / sonder aus gantz Christlichen vnd billigen vrsachen diese Reise für die hand
Das sind doch gar köstliche vnd Gott wolgefellige werck. Denn weil Christus sein H. Nachtmal in der Nacht da er verrhaten war / vns zu gut gestifftet / vns mit Brot vnd Wein seinen waren Leib vnd Blut darreichet / vnnd vns damit vergebung der Sünde vnd die Seligkeit zueignet vnd versichert / vnd vns solchest hun heist zu seinem gedechtniß / ist es zumal ein Christlich vnd Gott wolgefellig werck / wenn ein Mensch in betrachtung seiner Sünd vnd schwacheit / in warem glauben sich zum hochwirdigen Sacrament schicket. Derwegen jn Gott nich wol besser hette antreffen vnd auß diesem Leben abfördern können. Denn er sonder zweiffel da ein gute andacht vnd gantz Christliche Gottselige gedancken gehabt.
Wie denn das ander werck / so er vorgehabt / das er sein Tochter in jrer Kranckheit besuchen wollen / auch in Gottes Wort seinen billichen rhum hat. Denn Christus sagt / Ich bin Kranck gewesen / vnd jr habt mich besucht / Denn was jr gethan habt einem vnter diesen meinen geringsten Brüdern (oder Schwestern) das habt jr mir selber gethan. Vnd ist er / weil er jr leiblicher Vater gewesen / zu solchem Gott wolgefelligen werck noch herter verbunden gewesen. In dem er aber durch das Wasser gesetzt / hat er auch darmit sich nicht in gefahr gegeben / weil er kurtz vor jm her einen mit einem Wagen gefaren gesehen.
Das ist nun meins erachtens ein recht heiliger vnd der seligste Todt / so einem Menschen begegnen kan / darauff freylich ein Mensch selber / wenn es jm frey stünde wehlen solle.
Den wie kan doch Gott einen besser vnd gelegner antreffen /
Ich muß bekennen / das ich mit sondern frewden in Gottes Wort vnd sonsten liese / wie Gott etliche so fein vber den wercken jres beruffs angetroffen / vnd zu sich erfordert hat / als das die liebe Rahel in Kindesnöten bleibt / Gen 35. Von welchem werck Paulus sagt / das Weib wird selig durch Kinder zeugen / das Jonathan vmbkombt / als er Ritterlich kempffet für sein Vaterland / 1. Sam. 31. Das man von Johanne dem Euangelisten schreibt / er sey vber den Büchern gesessen / habe geschrieben / vnd also gestorben / das Johannes Mathesius also bald gestorben ist / wie er hat geprediget / vnd zwar von der aufferstehung des Fleisches vnd ewigen Leben / Das jener Gottselige Burgemeister starb auff dem Rahthaus mit diesen worten / Gott du weist es / das ich es mit dieser Stadt gut gemeinet habe: Das ist meines er achtens der allerseligste vnd tröstlichste Todt.
Man hat vorzeiten gar viel dauon gehalten / wenn die Jacobs Brüder / auff der Reise nach Compostell geblieben vnd gestorben sein. Ob nun wol die andacht an sich selber gut gewesen / so hat es doch keinen befehl Gottes / vnnd ist also solches aus der zall der werck / dauon Christus Matth. 15. Sie ehren mich vergeblich mit Menschen satzung. Diese Reise aber ewers lieben Vaters seligen hat Christi Ordnung vnd befehl für sich / darumb es Gott nicht kan miß fallen haben / das er die vorgenommen / weil er sich darin als ein gehorsames Kind erzeiget hat.
Vnser lieber Herr Gott gebe vns auch die gnad seines heiligen Geistes / das wir auch also in vnserm beruff vnnd gehorsam seines willens als die getrewe Knecht / angetroffen werden / wenn er vns entweder durch den Todt oder durch den Jüngsten Tag aus diesem Leben abfordert. Wie ein groß ding ists vmb einen klugen Haußhalter / spricht Christus / Welchen der Herr
Das aber einer sagen möchte / Ach die zeit ist als den wenn man so eilent sterben muß gar kurtz / dagegen ist die noth sehr gros / das sich ein Mensch nich recht besinnen kan. Antwort. Das meinet die vernunfft / Aber da ist vnser Trost / das wen wir vns Gott befohlen durch ein gleubiges Gebet / wie wir den thun sollen Abents vnd Morgens / vnnd so offt wir etwas fürnemen / vnnd hie die noht recht beten lehret / so ist Gott mit vns in der noht / vnd will vns herauß reissen Ps. 91. Er tröstet vnd hilfft / er kan vberschwenglich thun vber alles was wir bitten oder verstehn / Vnd ist sein Krafft in den schwachen mechtig / 2. Cor. 12.
Dieweil denn ewer lieber Vater selig / sich allzeit / auch wenn er auff das Pferd gesessen / Gott zu befehlen pflegte / vnnd sonderlich in dieser so grossen angst vnnd noth / vnnd in solchen seinem beruff zu Gott geschrien / Als ist kein zweiffel / Gott der nahe bey allen ist, die jn mit ernst anruffen / hab jn erhöret / vnd sey an jm erfüllet das der 37. Ps. sagt / Wenn er fellet / wird er nicht weggeworffen / denn der Herr erhelt jn bey der Hand.
Derwegen ich bitte jr wollet sampt ewer lieben Mutter / Brüder / Schwestern vnd verwanten / dieses betrachten vnnd behertzigen / das es der gnedige will Gottes sey / dem es wolgefallen / eben auff die weise ewren lieben Vater von diesem Leben abzufördern / vnnd euch dem nicht widersetzen / sondern euch trösten der herlichen zusage des Göttlichen Worts / die auff ewren lieben Vater / der seinen Glauben in viel weg bewiesen / auch gehen / vnd der in so Christlichem fürsatz vnd seinem beruff aus diesem Jammerthal gescheiden ist. Derwegen er denn ohn zweiffel sambt andern Christgleubigen an dem grossen Tag des Herrn wieder aufferstehen wird zum Ewigen Leben. Das verleihe vns auch Gott Vater Sohn vnd H. Geist Amen.
B. S. D.
Ioannes Caselius.
Cornelius Martinus Anduuerpius Professor publicus in incluta IVLII.
Sal. Frencelius Poëta Caesarius.
M. Henricus Dreslerus.
Henricus Meibomius, Poëta Caesarius, acad. IVLIAE professor faciebat.
FINIS.