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Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714
Also hat Gott die Welt geliebet / daß er seinen Eingebornen Sohn gab / auff daß alle / die an jhn gleuben / nicht verlohren werden / sondern das Ewige Leben haben.
WIe es mit vnserer verstorbenen Mit Christen Leichbegängnissen beschaffen / vnd
wohin dieselben gemeinet seyn / Geliebte vnd Andechtige in dem HErrn Christo /
ist Ewer Liebe wol bewust / vnd wird davon zu ander gelegner zeit nach notturfft
bericht gethan / gleichwol in aller Kürtz davon zu reden / was darinnen wird
fürgenommen vnd gehandelt / damit wird erstlich gesehen auff vnsere liebe vnd
werthe abgelebte Freunde / denselben nochmals die letzte Liebe vnd Affection,
die wir bey jhren Lebtagen gegen sie getragen Christlich zu erzeigen / vnnd
dasselbe nicht vnbillich. Denn weil in den
Nechst diesem aber / vnnd zwar fürnemblich wird damit gesehen auff die lebendige
/ welche in der Leich. procession sind / vnnd jhnen zu GOTT bestimpter zeit in
wahrem Glauben seliglich zufolgen gedacht seyn: Vnnd zwar fürs erst zum wahren
Trost: Denn es heist wie Augustinus sagt: Curatio funcris, conditio sepulturae,
& pompa exequialis, magis vivorum solatia, quam mortuorum subsidia. Das ist:
Was mit bestellung der Leichen / mit ausrichtung der Begräbnüs / mit dem Gepreng
der Leichbegängnissen fürgenommen vnnd angestellet wird / dienet mehr dem
Lebendigen zum Trost / als dem Verstorbenen zum besten: Wohin auch der
hocherleuchtete Apostel Paulus siehet / da er seinen lieben Pfarrkindern zu
Thessalonich / als ein Fürbild allen Gleubigen in Macedonia vnnd Achaja (1.
Thess 1. vers 7.) zuschreibet / daß sie nicht sollen trawrig seyn vber die /
welche schlaffen / oder gestorben seyn / wie die anderen die keine Hoffnung
haben / sondern sie sollen sich trösten vntereinander aus
Fürs ander zu Christlicher Erinnerung / daß wir bedencken den Weg aller Welt: 1. Reg. 2. v. 2. Denn wieviel auch daran gelegen ist / haben wir leichtlich zuvernehmen aus dem Gebet Mosis vnnd Davids / Psalm. 90. v. 12. HERR lehre vns bedencken / daß wir sterben müssen / auff daß wir klug werden / vnnd Psalm. 39. v. 6 7. HERR lehre doch mich / daß ein Ende mit mir haben muß / vnnd mein Leben ein Ziehl hat / vnnd ich davon mus. Siehe meine Tage sind einer Hand breit bey dir / vnnd mein Leben ist wie nichts für dir / Wie gar nichts sind alle Menschen / die doch so sicher leben? Welches auch die Christliche Kirche gar wol betracht in jhrem Begräbnis Gesänglein: Nu lassen wir jhn hie schlaffen / vnd gehn all heimb vnser Strassen / schicken vns auch mit allem Fleiß / denn der Todt kömpt vns gleicher weiß.
Fürs dritte zum Zeugnis vnsers Christlichen Glaubens: Ich glaube eine
Aufferstehung des Fleisches / vnnd nach dem Tode ein ewiges Leben. Daß wir
nemblich da wider die grawsamkeit des Todes lernen / er sey den natürlichen
Menschen so grewlich vnd abschewlich / wie er jmmer wolle / so scheide er vns
doch nicht von dem HERRN ICsu CHristo / Rom. 8. v. 8. etc. Denn seinen Stachel
hat er verloren / 1. Cor. 15. v. 54. Vnnd bleibe demnach dabey / wie wir singen
aus GOTTES Worte / Ich bin ein Glied an Christi Leib / Ephes. 5. Das tröst ich
mich von Hertzen / von jhm ich vngescheiden bleib / Rom. 8. Johan. 10. In Todes
noth vnnd schmertzen / Wann ich gleich sterb / so sterb ich jhm / Rom. 14. ein
ewiges Leben hat er mir / durch seinen Tod erworben / Johan. 3. Coloss 1. Weil
er vom Tod erstanden ist / werd ich
Fürs Vierdte / auff daß wir auch bedencken / wie sich vnsere liebe Mitbrüdere vnd Mitschwestere in Christo / zu dem Tode geschicket / mit welchen Sprüchen Göttlichs Worts sie die bitterkeit des Tods vberwunden / vnd Ritterlich gesieget haben / vnd ins ewige Leben hindurch gedrungen / auff daß auch wir zu vnser zeit jhnen folgen mügen / Vnnd bey guter zeit die herrlichen Trostsprüche ins Hertze hinein pregen / auff daß wir derselbigen mechtig seyn alle Stund vnd Augenblick / auch die Seufftzer des Heiligen Geistes seyn / Wenn vns vergeht all vnser Gesicht / vnd vnser Ohren hören nicht / wenn vnser Zunge nicht mehr spricht / vnd vns für Angst das Hertz zerbricht. Wenn vnser Verstand sich nichts besinnt / vnd vns all Menschlich Hülff zerrinnt.
Vnd diß / geliebte Christen / ist nicht die geringste vrsach / warumb ich bey dieser Christlichen vnnd Volckreichen Leichbegengnissen den abgelesenen Spruch Ewer Liebe erklären wollen: Sintemal vnsere in Christo geliebte / vnd nun mehr Selige Mitschwester denselben für jhr Güldenes Kleinot gehalten vnd in jhrem Hertzen getragen / auch mannichmahl bey gesundem Leib vnd Leben sich dessen von Hertzen erfrewet / wieder Creutz / Noth vnd Tod / vnd wie sie bedacht gewesen in demselben jhr gleubig Selichen zu wickeln / vnnd Christo zu vberantworten / also auch gewünschet bey jhrer Ruhbegleitung anderen Christen zu gute solchen Hauptspruch des Evangelij in der gewohnlichen Leichpredigt zubetrachten.
So wollen wir jhr solche Christliche Kunst abstudiren vnnd lernen / vnd in aller
Kürtz vnd Einfalt vernemmen / 1. den Verstand des abgelesenen Spruchs / 2. wie
wir denselben wider Teuffel /
DAß wir nun den Verstand dieses verlesenen Spruchs desto besser mercken / vnnd
vns daraus trösten mügen / so müssen wir vor allen dingen nicht aus der acht
lassen / wer vns diesen kurtzen Aphorismum vnd Summarischen begriff des gantzen
Evangelij / vnd des Willen Gottes von vnser Seligkeit mitgetheilet / vnd gegeben
habe: Nemblich Jesus Christus der ewige vnd wesentliche Sohn Gottes / vnnd zwar
dasselbe / nach gegebner gelegenheit von dem Obristen der Phariseer Nicodemo,
der aus furcht für seinen Mitherrn vnd Collegen zu jhm kam in der Nacht / zu
lernen den weg zum Reich Gottes vnd ewigen Leben Denn auff seine frage zeiget
vnd zeuget er jhm / weil wir durch vnsere Natürliche / Fleischliche vnnd
Sündliche Geburt ausges hossen seyn aus dem Paradeys vnd Reiche Gottes / wie er
saget in vorher gehenden Worten: Warlich / warlich ich sage dir / Es sey denn
daß jemand von newen geboren werde / kan er das Reich Gottes mit sehen: So
müssen wir von newen geboren werden aus dem Wasser vnd dem Heiligen Geist / der
Heilige Geist musse vns die Wolthaten der Wiedergeburt / Gerechtfertigung /
Heiligung / durch Wort vnd Sacrament darreichen vnd geben / wir müssen dieselbe
durch den Glauben vom Heiligen Geist empfangen vnd vns zueignen / Christus aber
der Sohn Gottes habe dieselben müssen garthewr erwerben / vnnd zu wege bringen /
durch sein schmehliches / ja verfluchtes leiden vnd sterben: Denn / sagt er: Wie
Moses
Ach mein frommer Christ / was woltestu lieber hören / als die inbrünstige Liebe
vnnd hertzliche Barmhertzigkeit Gottes / darüber deine Vernunfft muß zur Thörin
werden / wenn sie dieselbe ausforschen wil / darüber dein Mund vnd Zunge
erstarren muß / wenn sie es ausreden wil? Von welchem woltestu es lieber hören /
als eben von deinem Mitler vnd Heyland Jesu Christo? Denn da können ja in deinem
Hertzen die Gedancken nicht raum vnd stat finden / Cr habe es nicht gewust /
oder von anderen gehöret? Denn er ist des Vaters wesentlicher Sohn von dem
geschrieben stehet: Joan. 1. v. 18. Niemand hat Gott je gesehen / der eingeborne
Sohn der in des Vaters Schoß ist / der hat es vns verkündiget / vnd Joan 10. v.
15. daß er
Eben dahin gehet das Wörtlein Gott: Denn von dem zeuget Gottes Wort nit allein / dz er sey ein Vater der Barmhertzigkeit / 2. Cor. 1. dessen Barmhertzigkeit kein Ende habe / Ps. 33. vber alle Welt gehe / Amos. 8. vnd in summa so groß sey als er selber / Syr. 2. Das ist / vnerforschlich / vnbegreifflich / vnermeßlich: Sondern auch / daß der mensch / ja alle Creaturen gar nichts zu rechnen seyn gegen Gott / der seine vnendliche vollkommenheit ohn allen mangel gehabt hat / ehe dann der mensch im anfang der zeit von jhm erschaffen ist. Alle Heyden sind für jm nichts / vnd wie ein nichtigs / vnd eiteles geacht / stehet Es. 40. v. 17. Wer hat jhm etwas zuvor gegeben / das jm werde wieder vergolten? Denn von jhm / vnnd durch jhn / vnd in jhm sind alle ding / Rom. 11. v. 35. Muß derowegen ja war seyn / was Johannes schreibet in seiner ersten Epistel / c. 4. v. 7. vnd 8. Die Liebe ist von Gott / vnd Gott ist die Liebe.
Nichts anders gibt vns auch das Wörtlein Welt: Ob zwar die verfinsterten Heyden
aus dem Geschöpff etzlicher massen gesehen haben / daß Gott seine Creatur
dirigire vn erhalte / so seyn sie gleichwol in jhrem dichten
eytel worden / wenn sie in die Gedancken geraten / es würde sich ja die reiche /
vnendliche Majestet GOttes / biß zu den
Das aber also / vnd nicht anders das wörtlein Welt zuverstehen sey / gibt der
Context an jhm selber: 1. Weil die Welt welche Gott geliebet hat / nicht kan
selig werden / denn durch den Glauben an den Sohn Gottes / muß sonsten vnter dem
Zorn vn ewigen Verdamnis bleiben.
2. Weil sie Fleisch ist geborn vom Fleisch / vnnd nicht kan in das Reich Gottes kommen / es sey denn / daß sie wieder geboren werde durch das Wasser vnd den H. Geist.
Darumb / geliebte Christen / wer könte es begreiffen / vnnd erforschen / daß Gott / der von Natur gerecht / vnnd aller vngerechtigkeit von Hertzen Feind ist / nicht hette alsbald eine solche Welt / deren eusserstes vermögen wider Gott ist / gantz vnd gar verstossen vnd ewiglich verwerffen wollen? Wer wird es außgründen / daß er nicht allein das nicht gethan / sondern dieselbe auch geliebet / vnnd damit seine Liebe ohn wiedersprechung seiner Gerechtigkeit an vns möchte raum vnd statt haben / von dem seinen das allerhöheste vnd beste dazu gegeben hat / nemblich / wie folgen wird / seinen Eingebornen Sohn.
Solchs besser zuverstehen / muß ewer Liebe dz wider die newen Photinianer wissen
vnd hiebey in acht nemmen / daß die Liebe Gottes ein lautere Gnade sey / welche
vns wiederfahre nicht allein ohn / sondern auch wider Verdienst / da wir von
wegen der Sünde nur ewiger Verdamnis würdig waren: Aber doch gleichwol kein
absolut werck / als wenn Gott der HErr ohn einige gnugthuung bloß dahin einen
Sünder Gerecht vnnd Selig pronuntiiren wolte: Dann Gott ist nicht allein Gnedig
vnd Barmhertzig / sondern auch Warhafftig vnd Gerecht: Des HErrn Wort ist
warhafftig / vnd was er zusagt / das helt er gewiß / Psal. 33. v. 4. Er ist
vnwandelbar / wie im wesen / also auch in seinem Willen vnd Worten. Er ist
Gerecht vnd hat Gerechtigkeit lieb / Psal. 11. v. 7. Er ist ein Gerechter
Richter. Psal. 7. v. 12. Nun hat er nach seiner Gerechtigkeit einmahl das Gebot
/ vnd das Vrtheil da gesetzet: Gen. 2. v. 17. Du solt essen von allerley Bäumen
im Garten / aber von dem Baum des Erkentnis gutes vnd böses soltu nicht essen.
Denn welches Tags du davon jssest / wirstu des Tods sterben: Das ist so vnnd muß
bleiben.
Solch Mittel hat Gott von ewigkeit her erfunden vnnd gesetzet / vnnd in erfüllung der zeit aus Gnaden gegeben / nemblich seinen eingebornen Sohn. Daß er seinen eingebornen Sohn gab. Da wir billig des Heiligen Augustini Rath folgen / (l. 13. de Trin. c. 11.) vnd enthalten vns der weitleufftigen vnnötigen Disputation / ob Gott nicht habe ander Mittel vnd Maß gewust / oder finden mögen / den Menschen aus dem grossen Elende zu helffen / es habe denn sein lieber eingeborner Sohn müssen ein sterblich Mensch geboren werden / vnnd leiden vnnd sterben? Genug ists / daß wir wissen / wie sich Gott vns Gerecht vnd Selig zu machen erkläret habe / vnd nicht zweiffeln dürffen / daß solcher Weg / vns in vnserm hochbetrübten sündlichen vnd verdamlichen zustande der Seligkeit zuverwisseren / allein der allerbeste gewesen sey.
Denn / geliebte / darinne sehen wir das Fewr der Liebe Gottes gegen vns arme
Sünder viel heller scheinen vnd leuchten / denn die helle Sonne am hellen vnd
schonen Mittage: Was ist lieber als ein
Solches erforderte auch vnsere hohe notdurfft / so wir ein gewisse Hoffnung zur Seligkeit wieder haben solten. Denn die versöhnung könte nicht geschehen vnd zu wercke gerichtet werden / allein durch die Menschwerdung / oder durch eine geringe abbitte / sondern es muste das Gesetz erfüllet / vnnd die Schuld der Sünde vollnkommentlich bezahlet werden. Vnd weil solchs von niemand anders geschehen solte oder kunte / denn allein von dem Eingebornen Sohn Gottes / so hat doch Gott aus grundloser Barmhertzigkeit viel lieber seinen Sohn wollen also dahin geben / als das Menschliche Geschlecht in dem ewigen verderben hülfflos stecken lassen: Sondern da die zeit erfüllet ward / sandte Gott seinen Sohn / geboren von einem Weibe / vnd vnter das Gesetze gethan / Auff daß er die / so vnter dem Gesetze waren / erlösete / daß wir die Kindschafft empfingen / Gal. 4. v. 4. 5.
Was sollen wir armen Menschen dann dieses allerhöhesten Geschencks gebessert seyn? Das zeiget gleicher massen die Warheit Jesus Christus in verlesenem Aphorismo an / vnd daneben / wie wir dessen theilhafftig werden sollen / nemblich durch den Glauben an jn. Auff daß alle die an jhn gleuben nicht verloren werden / sondern das ewige Leben haben.
Da vns zweyerley Nutz specificiret / vnd Namhafft gemacht wird. Eines ist fructus privativus, wie mans in Schulen zu nennen pflegt / vnd heisst / Nit verloren werden. Verloren werden / aber begreifft in sich alles Vnheil vnd Vnglück / welches von wegen der Sünde vber alle Menschen gerhaten ist / als fürnemblich / einen vngnedigen Gott im Himmel haben / von dem Gesetz vermaledeyet vnd verfluchet werden / in vnd vnter solchem Fluch des ewigen vnnd andern Todes sterben / ins hellische Fewer mit allen Teuffeln zum ewigen Verdamnis / Schmach / Ach vnd Pein verworffen werden / etc. Von solchem Vnheil hat vns Jesus Christus der eingeborne Sohn Gottes nach seines ewigen Vaters willen / vnd nach seinem freywilligen anerbieten von ewigkeit / mit seinem Gehorsamb vnnd thewren Verdienst erlösen vnd befreyen sollen vnd wollen.
Der ander ist Fructus positivus, vnd heisset / Das ewige Leben haben. Das ewige
Leben aber begreifft in sich alles Heil / alle Heiligkeit / Gerechtigkeit vnnd
Seligkeit / zu welchem der Mensch im anfang von Gott erschaffen ist / vnnd
welche Gott allen Gleubigen in Christo jhrem Erlöser wiederumb verheist in
seinem Heiligen Evangelio aus lauter Gnad vnd Barmhertzigkeit. Welche auch in
keines Menschen Hertze gekommen / vnnd viel weniger mit Menschen Zungen kan
ausgesprochen werden. Derowegen haben wir nit allein das von Christo / daß wir
nicht ewig verloren werden / sondern daß wir auch in das ewige Leben / in die
Himlische vnd
NVn Geliebte Christen / wie das erklärte Sprüchlein ist ein Epitome vnd
Summarischer Begriff des gantzen Evangelij vnd Gnadenworts / also kan man auch
leichtlich erachten / daß aus demselben die fürnembsten Articuli des Glaubens
von vnser Seligkeit kunten herbeygebracht vnd gehandelt werden. Weil aber
solches dißmal nicht geschehen kan / wollen wir nur auff die acht haben vnd
kürtzlich anzeigen / welche sich zu vnserm fürhaben schicken vnd bequemen:
Nemblich wie wir dasselbe Sprüchlein wider die Schreckbilder vnd Anfechtungen /
die einen Menschen in Todes nöten anzufallen pflegen / gebrauchen könen / dieselbe von sich abzuweisen vnd Ritterlich zu vberwinden.
Denn dis ist vns ein sehr nützlich vnd nothwendiger Punct / den wir billich in
geraumer zeit vnd bey gesundem Leibe mit fleiß studiren vnd lernen sollen / auff
daß wirs in der letzten Todes noth zugeniessen haben. Sintemal es in dem
Siegbette allererst zu fassen / bey manchem viel zu lange geharret ist / auch
mancher dem Tod einen streich aushalten muß / ehe dann ers jhm im aller
weinigsten versehen hat: Denn es sagtrecht Salom. Prov. 27. v. 1. Rühme dich
nicht des morgenden Tages / denn du weissest nicht / was heut sich begeben mag.
Syr. c. 14. v. 12. Gedenck
Da Monica / des Heiligen Augustini Mutter / dermahl eins dieser herrlichen Wort erklärung anhörete / vnnd die grosse Liebe GOTTES des Himlischen Vaters gegen dem sündhafften Menschlichen Geschlechte bey sich betrachtete / da ward sie für grossen Frewden gleich entzucket / daß sie sich nicht lenger einhalten kundte / sondern vnter der gantzen Versamblung jhre Frewden Stimme aus Hertzen grund erschallen ließ: Evolemus hinc, Evolemus hinc, O Fideles. Auff lieben Brüder / auff lieben Schwestern / lasset vns von hinnen scheiden / vnnd zu dem allerliebreichsten Vater / vnnd zu vnserm Seligmacher Jesu Christo eilen. Vnnd das ist ein Anfang vnnd Vorschmack dessen / was David sagt / vnnd endlich im ewigen Leben wird vollkommen seyn: Sie werden truncken von den Reichen Gütern deines Hauses / vnnd du trenckest sie mit Wollust / wie mit einem Strom. Denn bey dir ist die lebendige Quelle / vnnd in deinem Liecht sehen wir das Liecht / Psal 36.
Von dem löblichen Könige in Dennemarck Friderico II. lieset man in Historien / daß er noch bey gesundem Leibe / vnnd guter Vernunfft die anordnung gethan / daß man jhm bey seinem Abscheide aus dieser sündigen Welt vnter anderen den Güldenen Spruch Johan. 3. Also hat Gott die Welt geliebt / etc. fürnemblich einbilden vnd wiederholen solte.
Der Löbliche Churfürst Johan Friederich / dieses Nahmens der Erste / hat sich gleicher gestalt in seiner letzten hinfahrt an diß Sprüchlein gehalten / vnnd als zum Hauptküssen vnter sein Haupt gelegt / vnd darauff fein sanfft eingeschlaffen.
Ja Lutherus der Hocherleuchtete Man Gottes / der die Bibel
Das Erste Schreckbild rühret her von dem brennenden Zorn GOTtes wider die Sünde / welcher halben wir alle von Natur Kinder des Zorns seyn / Ephes. 2. Vnnd von GOTT abgescheiden / Esa. 59. Denn er ist kein GOTT dem Gottloses wesen gefalle / Wer böse ist / bleibt nicht für jhm / Psal. 5. v. 5. Er ist Gerecht / vnnd hat Gerechtigkeit Lieb / Psal. 11. vers 7. Aber alle die vbel thun / seyn ein Grewel für jhm / Deut. 25. vers. 6. Der Gottlosen Weg ist dem HErrn ein Grewel / Prov. 15. v. 9. Gottes Zorn vom Himmel wird offenbar vber alles Gottloses wesen / Rom. 1. vers. 18. Er spricht selber / Exod. 20. v 5. Ich der HErr dein GOtt / bin ein eifferiger GOtt / der da heimbsucht der Väter Missethat an den Kindern / biß in das dritte vnnd vierdte Glied / die mich hassen. Vnd thue Barmhertzigkeit an vielen Tausenden / die mich Lieb haben / vnd meine Gebot halten.
Was es aber vor ein erschrecklich ding sey vmb den Zorn Gottes / vnnd was er für Furcht vnnd Zagen mit sich bringe / sehen wir in hellen Sprüchen: Deut. 32. vers. 22. Das Fewer ist angangen durch meinen Zorn / vnnd wird brennen / biß in die vnterste Hell hinein / Psal. 18. vers 8. etc. Die Erde bebete vnnd ward beweget / vnnd die Grundfeste der Berge regeten sich vnnd bebeten / da er zornig ward / Dampff gieng auff von seiner Nasen / vnnd verzehrend Fewer von seinem Munde / daß es davon blitzet / Nahum 1. vers. 5. Wer kan für seinem Zorn stehen? Vnnd wer kan für seinem Grimm bleiben? Sein Zorn brennet wie Fewer / vnnd die Felsen zuspringen für jhm.
Wir sehens gleichermassen an dem Exempel vnser ersten Paradeyß Eltern / da nach dem sündlichen fall dieses Fewer vber sie angangen war: Da war lauter schrecken vnd zagen. Die gantze Welt wolte jhnen zu enge werden / Genes. 3. v. 10. An dem Exempel Davids / Psal 38. Da er diese jammerklage füret vber der Hellenangst / die er bey sich empfinde: HERR straff mich nicht in deinem Zorn / vnd züchtige mich nicht in deinem Grimm. Denn deine Pfeile stecken in mir / vnnd deine Hand drücket mich. Es ist nichts gesundes an meinem Leibe für deinem dräwen / vnnd ist kein Friede in meinen Gebeinen / für meiner Sünde. Ich gehe krumb vnd sehr gebucket / den gantzen Tag gehe ich trawrig. Denn meine Lenden verdorren gantz / vnnd ist nichts gesundes an meinem Leibe. Es ist mit mir gar anders / vnd bin sehr zustossen. Ich heule für Vnruhe meines Hertzen. Mein Hertz bebet / meine Krafft hat mich verlassen / vnnd das Liecht meiner Augen ist nicht bey mir.
Noch heller vnd Sonnenclar sehen wirs an vnserm HErrn Jesu Christo selber / welchen dermassen vnsere Sünde vnnd der zorn Gottes drückete / daß jhm blutige Schweißtröpfflein aus seinem vnschuldigen Leibe / ja diese Hertzbrechende jammerklage aus seinem holdseligen vnd warhafften Munde vnnd Hertzen heraus getrieben wurden: Meine Seele ist betrübet biß in den Tod. Mein Vater ist es müglich / so gehe dieser Kelch von mir / doch nicht wie ich wil / sondern wie du wilt. Mein GOtt / Mein GOtt / wie hastu mich verlassen.
Salomon sagt Prov. 16. v. 14. Von Menschen Zorn: Des Königs Grimm ist ein Bote
des Todes. Wenn des Königs Angesicht freundlich ist / das ist Leben / vnnd seine
Gnade ist wie ein Abendregen. Was ist aber Menschenzorn zu rechnen gegen Gottes
Zorn? Menschenzorn kan ein Mensch wieder auffheben vnd versönen / Menschenzorn
weret nicht lenger denn der Mensch / wenn der
Weil nun dieselbe zuleisten vnd dazu bringen vns elenden Sündenwürmlein schlecht vnmüglich / so kan nichts anders denn schrecken vnd zagen in vnsern Hertzen entstehen / wenn man Gott ansihet in seinem Gesetz / da er nur wider die Sünde donnert vnd blitzet / vnd niemand Leben vnd Gnade zusaget / nur allein denen / welche heilig vnd vnstrefflich wandeln nach seinen Geboten.
Derowegen / daß wir in dieser anfechtung nicht dahin fallen vnd verzweiffelen /
so müssen wir nach erkentnis vnnd hertzlicher berewung der Sünde vns auch an die
andere Seit halten / an dz Gnadenwort des Heiligen Evangelij / vnnd erkennen wie
vns Gott in demselben das Liecht seines Angesichts abgebildet / vnd sein
Väterliches von Liebe einbrünstiges Hertz eröffnet habe: Denn da stehets gleich
als mit stralen der Sonnen geschrieben: Gott sey nicht allein Gerecht vnnd ein
starcker Eyfferer wider die Sünde / sondern auch zugleich ein Liebreicher vnd
Barmhertziger Gott / dem vnser grosses Elende durch sein Hertz dringe vnd
schneide. Solches für dißmahl nicht weitleufftig mit andern Sprüchen zubeweisen
/ als daß Gott gnedig sey / gedultig vnd von grosser güte / Nicht lust habe am
Tode
Ist demselben nun also / daß GOTT das Menschliche Geschlechte geliebet / jhm das grosse Elend vnnd Vnheil hat lassen zu Hertzen gehen / ey wie wolten wir dann zweiffelen / der Gnedige vnnd Gütige Vater werde nach seiner vnerforschlichen Weißheit ein Mittel wissen / wie seine Gerechtigkeit vnnd Barmhertzigkeit / oder Liebe / mögen einhellig zusammen stimmen / einen Bußfertigen Sünder von seinen Sünden zu absolviren vnnd loß zu sprechen? Freylich wird er dasselbe wissen / vnnd was es sey / hat er vns in erklerten Worten geoffenbaret: Aso hat GOTT die Welt geliebet / daß er seinen Eingebornen Sohn gab / auff daß alle / etc. Nemblich nicht Gold oder Silber / damit vns weinig were gedienet gewesen / Sintemahl es recht heisset / wie wir singen in vnserm Kirchengesang:
Sondern seinen Sohn / ja eigenen vn eingebornen Sohn hat er vns
gegeben zum Heyland vnd Seligmacher / dz er für vnsere Sünde bezahle vnnd genug
thue / das Gesetz an vnser statt erfüllen solte / damit wir vom verderben
erlöset / zu der ewigen Seligkeit wieder gebracht wurden.
Vnnd das ist das gröste Geheimnis vnserer Seligkeit / welches kein Mensch gleuben / viel weiniger erforschen kunte / wenn nicht der Sohn Gottes selber diesen Rahtschlus von vnser Seligkeit vns geoffenbaret hette / vnnd noch in vns durch den Heiligen Geist solchen Glauben anzündete vnnd erhielte. Wovon der Apostel Paulus sagt: 1. Tim. 3 v. 16. Kundlich groß ist das Gottselige Geheimnis: GOTT ist offenbaret im Fleisch / gerechtfertiget im Geist / erschienen den Engeln / geprediget den Heyden / gegleubet von der Welt / auffgenommen in die Herrligkeit / vnnd 1. Tim. 1. v. 15. Das ist je gewißlich war / vnnd ein thewer werthes Wort / daß Jesus Christus kommen ist in die Welt / die Sünder Selig zu machen. Dieses Rahtschlusses der Heiligen Dreyfaltigkeit haben wir vns mit Hertzlicher Andacht / vnd lebendigem Trost zuerinnern / wenn wir mit der Christlichen Kirche singen:
Vber die massen tröstlich ists / daß Gott selber diesen Heyland der Welt gegeben hat: Denn eben damit wird begegnet den schwermütigen Gedancken / welche der Teuffel betrübten Hertzen mannich mal einbläset: Ja es mag wol seyn / daß Christus ein Heyland ist / wie es denn der Himlische Herold selber also ausruffet / Luc. 2. Euch ist heute der Heyland geboren. Wer weiß aber ob auch Gott mit diesem Heyland / mit dieser Ordnung / mit diesem Wege zur Seligkeit zufrieden sey? Diese Gedancken nu werden / wie ein Nebel von den Stralen der Sonnen / von einander geschlagen / wenn Christus hie zeuget / Gott sein Himlischer Vater habe jhn selber aus lauter Liebe vnd Gnade zum Heyland vnd Seligmacher gegeben. Daher der Apostel Paulus diesen Schlus macht: Welcher seines eignen Sohns nicht hat verschonet / sondern hat jhn für vns allen dahin gegeben / wie solte er vns mit jhm nicht alles schencken? Rom. 8. v. 32. Vnd sagt / 1. Cor. 1. v. 30. Christus Jesus sey vns von Gott gemacht / zur Weißheit vnnd zur Gerechtigkeit vnd zur Heiligung vnnd zur Erlösung.
Das ander Schreckbild rühret von vnser Sünde her / welche / wie der Hellische
Cerberus / liegt an vnserer Hertzenthür / vnd ruhet bey mannichem in guter
sicherheit / aber weil es ein vnruhiger Ort ist / da alle Gedancken aus vnd ein
spatzieren / mag leicht ein geringer
Diß ist auch eine sehr schwere vnd harte Anfechtung / vnd ereignet sich nicht allein an den Gottlosen vnd verdampten / bey denen solch bellen eusserste verzweifflung anrichtet / vnnd biß in die Helle vnd Verdamnis treibet / wie an Cain / Saul / Achitophel / Juda etc. zu sehen / sondern auch wol an den Kindern Gottes / deren auch keiner bestehen kan / wenn Gott wil Sünde zurechnen / Psal. 130. v. 3. Für Gott ist kein lebendiger gerecht / Psal. 143. v. 2. Sihe / vnter seinen Heiligen ist keiner ohn Tadel / vnnd die Himmel sind nicht rein für jhm / Job. 15 v. 15.
Wie ist nun aber der sachen zu rahten / wenn also der Gewissens Hund bey einem
sterbenden wach vnd rege wird / daß seinem wüten vnnd toben gestewret werde /
vnnd der Mensch ohn vnruhe im Friede dahin fahren möge? Nimb das erklerte
Sprüchlein an die Hand / ja ins Hertze hinein / so wird den sachen schon
gerathen seyn: Denn darinnen muß vns der Teuffel vnnd die Vernunfft diesen
herrlichen Spruch stehen lassen / Daß Gottes Liebe vnd Gnade viel grösser sey /
denn die Sünde. Denn aus derselben ist er von ewigkeit her bedacht gewesen / wie
wir von Sünden / Tod vnd Teuffel möchten errettet werden / auch darzu gegeben in
der zeit die Sonn / Kron vnd Wonn seines Väterlichen Hertzens / nemblich seinen
Weiter kan auch kein Teuffel oder Photinianer diesen Haupttrost heraus reissen /
wie sehr sie sich auch dahin bemühen / daß Jesus Christus Gottes vnd Marien Sohn
von seinem Himlischen Vater an vnser statt gestellet / Gerechtigkeit vnnd Leben
wieder zu bringen. Denn das stehet in dem Wörtlein GEBEN / wie wirs in erklerung
aus Gottes Wort demonstiret haben. Item / daß wir vns alles dessen / was
Christus für vns gethan vnd gelitten hat / vnd dadurch erworben / durch den
Glauben anzumassen / vnd dem Teuffel / dem fluch des Gesetzes / der Sünde vnnd
Todt entgegen zu setzen. Denn hat vns Gott seinen Sohn geschencket / wie solt er
vns mit jhm nicht alles schencken? Ziehen wir jhn doch in der Heiligen Tauffe
an? Empfangen wir doch in dem Heiligen Abendmahl seinen wahren Leib für vns in
den Todt gegeben / vnnd sein wahres Blut für vnsere Sünde vergossen / den Newen
Bund der Vergebung der Sünde vns zuzueignen vnnd zubefestigen? Derowegen helt
vns der Teuffel für das Gesetze / vnnd den erforderten vollkommenen Gehorsamb?
So halten wir jhm wieder vnter die Augen den geschencketen Sohn Gottes: Denn der
ist des Gesetzes Ende zur Gerechtigkeit denen / die an jhn gleuben / Rom. 10.
Der ist in der fülle der zeit geboren von einem Weibe / vnnd vnter das Gesetze
gethan / auff daß er vns / so vnter dem Gesetze waren / erlösete / daß wir die
Kindschafft empfiengen / Galat. 4. Fordert er die Straffe vor die Sünde? So
stellen wir jhm da Christum / von welchem der
Dazu hat er ja das Gefengnis gefangen genommen / Ps. 68. aus seinen feinden einen
Triumph gemacht / vnd sie schaw getragen öffentlich Col. 2 den Tod werloß
gemacht / seines Stachels / das ist / der sünde beraubet / ja in dem Sieg
verschlungen / 1. Cor. 15. Vnd wieder gebracht den gewünscheten Friede / der da
höher ist /
Wer dieses Antidoton nun in sein Hertze fasset vnnd behelt / der kan ja dem Apostel Paulo freymütig nachsagen auß der Epistel an die Römer am 8. Cap. Wer wil die außerwehlten Gottes beschüldigen? GOtt ist hie / der da gerecht machet. Wer wil verdammen? Christus ist hie / der gestorben ist / ja vielmehr / der auch aufferweckt ist / welcher ist zur rechten Gottes vnd vertritt vns? Wie auch dem alten Kirchenlehrer Augustino: Turbabor, sed non perturbabor, quia vulnerum Christi recordabor. Das ist / wie es wol gegeben hat Nicolaus Herman:
Hie möchte nun manches betrübtes Hertze gedencken vnnd sagen: Diß ist ja ein
herrlicher Trost / wie kan ich aber wissen ob ich auch dessen mich zu getrösten
habe? Denn Christus gehet nur die außerwehlten an / den grössern hauffen der
Menschen aber hat Gott von ewigkeit mit seinem blossen wille
vn Rahtschlus zum ewigen verdamnis verworffen. Das Heilige
Gnadenwort / vnnd Verdienst Christi / sol jnen so gar nicht zu gute kommen / daß
sie auch nochmehr dadurch verstocket / vnnd zu grösserm Verdamnis bereitet
werden. Das seyn einwürffe des Gotteslestrigen vnd Calvinischen Schwermergeistes
/ welchen doch dieser herrliche erklerte Spruch gar zu grunde danieder schlegt /
in dem er die Liebe Gottes vnd das verdienst
Vnd diß ist so hell vnnd klar / daß es auch Calvinus vnnd Musculus vn andere von den Widersachern mehr selbs in jren Schrifften haben
bekennen müssen. Vnd was ist denn auch eben klerer denn dieses? Es ist
erschienen die heylsame Gnade GOTtes allen Menschen / Tit. 2. v 11. Gott hat
alles beschlossen vnter den Vnglauben / auff daß er sich aller erbarme / Rom 11.
v. 32. GOTT wil daß allen Menschen geholffen werde / vnnd zum erkentnis der
Warheit kommen / 1. Tim. 2. v. 4. Gott wil nicht daß jemand verloren werde /
sondern daß sich jederman zur Busse bekehre / 2. Pet. 3 v. 9. GOtt hat kein
gefallen am Tod des Sterbenden / sondern wil daß er sich bekehre / Ezech 18. v.
23. Vnnd zwar von Hertzen vnnd rechtem Ernst: Denn er betewrets mit einem Eide /
Ezech. 33. v. 11. Vnd der Sohn Gottes mit seinen heissen Thränen / Luc. 19 v.
41. GOtt ruffet alle Menschen zu seines Sohns Hochzeit / auch die nicht kommen /
Mat. 22. Luc 14. Ich ruffe / vnnd jhr wollet nicht antworten / Jerem. 7. Den
gantzen Tag hab ich meine Hende ausgestreckt zu dem Volcke / das jhm nicht sagen
lesset / vnd wiederspricht / Esa. 65. Rom. 10. Vnd zwar nicht mit eusserlichem
Spiegelfechten / sondern ernstlich. Denn
Das dritte Schreckbilde rühret her von vnser Vnwürdigkeit / wenn ein Mensch zwar solche Liebe vnnd Wolthat GOTtes erkennet / aber es liegen jhm im Wege die schwere Gedancken / daß er sich mit so vielen vnnd grossen Sünden deren gantz vnwürdig / vnd vnfehig gemacht habe / welche Gedancken einen grossen vorschub haben von der Papisten Lehre / daß wir durch eigene Wercke / welche aus der erworbenen vnd mitgetheilten Gnade fliessen / müssen Gerecht vnd Selig werden.
Aber sihe / da stehet GOTTES vnaußsprechliche Liebe / da stehet Christi Verdienst / da stehet die Erlösung von allem verderben / da ste het das ewige Leben / das verheist Gott ohn alle entgeldnis vnd eigen Verdienst allen die an seinen Sohn gleuben: Er fordert nichts denn den Glauben / das ist / ein hertzliche vnnd gewisse zuversicht vnd vertrawen / daß GOtt vmb seines lieben Sohns wolle zu Gnaden annemen / die Sünde vergeben / Gerecht vnnd Selig machen alle / die jhm solches zutrawen.
Derowegen leugne ja kein Mensch er sey der Gnade vnnd Liebe GOTTES gantz vnwürdig / sondern bekenne viel mehr da Gott mit jhm handeln würde nach seinem Verdienst vnd Würdigkeit / er ewig müste verloren vnd verdampt seyn.
Zweiffele aber doch nicht / GOtt wolle jhm vmb Christi willen seine Sünde vergeben / wenn er darumb bitte vnd flehe in Kindlichem vertrawen? Denn eben darumb hat GOTT seinen Sohn gesandt / wie wir gehöret haben. Hat macht gegeben Kinder GOTTES zu werden alle die an seinen Nahmen gleuben / Johan. 1. vers. 12. Vnnd darumb hat er vns sein Heiliges Wort gegeben / daß wir gleuben JEsus sey CHrist der Sohn GOTtes / vnnd daß wir durch den Glauben das Leben haben in seinem Namen / Johan. 20. vers. 31. Item die Heiligen Sacramenta / auff daß sie vns einem jeglichen für seine Person besonders solche verheissung zueignen vnnd obsigniren. Darumb müssen wir vns dieses ja von den Papisten nicht nemen lassen / daß der Glaube Gerecht mache ohne die Wercke des Gesetzes / so Lieb vns ist aller Trost / den wir in Christo haben mögen. Sondern GOTT im Himmel dancken für den Auß pruch des Heiligen Geistes auff dem Crsten Concilio des Newen Testaments nach der Himmelfahrt Christi: Act. 15. vers. 10. Was versucht jhr den Gott / mit aufflegen des Jochs auff der Jungen Helse / welches weder vnsere Väter noch wir haben mögen tragen. Sondern wir glauben durch die Gnade des HErrn Jesu Christi Selig zu werden / gleicher weise / wie auch sie. Welches der Apostel Paulus kürtzlich wiederholet / Rom. 3. vers. 28 So halten wir es nun / daß der Mensch Gerecht werd ohn des Gesetzes Werck / allein durch den Glauben.
Wobey aber diß in acht zu nehmen / daß der Glaube solche grosse dinge ausrichte /
nicht an vnnd vor sich selbst / sondern wegen des HErrn Christi / der mit dem
Glauben im Wort vnd Sacramenten erkant / ergriffen vnd erhalten wird / denn der
Glaub vor vnnd an sich selbst ist klein / schwach vnnd jung / vnnd weil ein
gleubig Hertz noch Fleisch vnd Blut vnd hinderstellige Sünde hat /
4. Noch ein grawsames Schreckbilde ist die abschewliche gestalt des zeitlichen
Todes / der vmb der Sünde willen vber das gantze Menschliche Geschlecht gerathen
ist / wie geschrieben stehet: Rom. 5. Durch einen Menschen ist die Sünde kommen
in die Welt / vnnd durch die Sünde der Todt / vnnd ist zu allen Menschen
hindurch gedrungen / dieweil sie alle gesündiget haben. Nun aber / wie es nicht
Aber in vnsern erklerten Sprüchen finden wir ein herrliches bewerthes Antidotum / dafür auch dieses schrecken zergehen vnd verschwinden muß. Denn da hören wir: Alle die an Christum gleuben / sollen nicht verloren werden / sondern das ewige Leben haben.
Ey sollen wir dann nicht verloren werden / so müssen wir auch ja in dem
zeitlichen Tode nichts verlieren: Die Seele / ob sie schon vom Leibe abscheidet
/ muß ja vnverloren seyn! Sie ist in GOTtes Hand / vnd keine Quele rüret sie an
/ Sap. 3. Sie kömpt wieder zu Gott / der sie gegeben hat / Eccles. 12. Wird von
den Engeln getragen in Abrahams Schoß. Luc. 16. Der Leib / ob er wol zur Erden
wird / davon er genommen ist / muß ja doch vnverlohren seyn? Denn der HErr
bewahret seiner Gleubigen Gebeiner / daß deren nicht eins zubrochen / viel
weniger verloren werde / Psal. 34. Vnd wenn der liebe jüngste Tag wird herein
brechen / vnd die Posaun GOttes erschallen / so sollen vnsere Gebein wieder
zusammen / vnd wir mit dieser vnser Haut vmbgeben werden / vnnd diese vnsere
Augen sollen Gott sehen / Job 19. Davon sagt Christus selber / Joh. 5. Es kompt
Ey sollen wir vber das haben das ewige Leben / so muß vns ja der zeitliche Tod nicht seyn ein Schade / sondern lauter Gewinn / Philip. 1. Denn diß Leben wenns köstlich gewesen ist / so ists Mühe vnnd Arbeit gewesen / Psalm 90. Ein stetwerender Streit vnnd Vnruhe / fürnemblich bey den Frommen vnnd Gleubigen / welche da jmmer in offenem Felde liegen müssen wider die Welt / die sie hasset / wider den Teuffel / der vmb sie hergehet zu allen Seiten / vnnd sihet wie er sie verschlinge / wider jhr eigen Fleisch vnnd Blut / welches sie zu sündigen reitzet vnnd treibet / daß darüber der Apostel Paulus diese jammerklage führet / Rom. 7. Ich elender Mensch / Wer wird mich erlösen von dem Leibe dieses Todes? Was sehen vnnd empfinden wir in diesem zeitlichen Leben anders an vns / an Leib vnnd Seel / denn eitel jammer vnnd Elend / eitel Vngemach vnnd Beschwerligkeit? Ist nicht vnsere höheste Vernunfft ein Feindschafft wider Gott? Rom. 8. Ist nicht alles dichten vnnd trachten nur böse von Jugend auff? Gen. 6. 8. Wer mag die Boßheit des Hertzen ergründen? Jerem. 17. Ist nicht der Leib ein Sack voll Maden vnnd Vnflats? Was erhebet sich die Arme Erde vnnd Asche? Ist er doch eitel schendlicher Koth / weil er noch lebet / vnnd wenn der Artzt schon lange daran flicket / so gehets doch endlich also: Heute König / Morgen Todt / sagt der weise Mann / Syrach. c. 10.
Im Tod vnnd Grabe nun lassen die Gleubigen nichts / denn was jhnen hie am
allerbeschwerlichsten auch wol am allergeferlichsten gewesen ist / alle mengel
vnnd gebrechen Leibs vnnd der Seele. Die Sünde / vnnd jhr böse Lust vnnd
Teufflische anreitzung stirbet vnnd verdirbet / ja der Tod selbst / der in
Christo Tod verschlungen / wird in vnserm Tod vollend auffgerieben / vnd muß in
sein Todtengrube verriegelt bleiben / Wenn vnsere Leiber Spannew wieder herfür
gehen vn aufferstehen werden. Warumb Methodius den Gleubigen Tod
nennet gebrechen Leibs vnd der
Seel.
Wenn wir gar nichts mehr hetten zuerwarten durch den zeitlichen Tod / solten wir vns ja dessen von Hertzen erfrewen / vnnd embsiglich darnach seufftzen / daß je ehe je lieber die Sünde / daher alles vnheil entstehet / in vns / in vnserem Hertzen zu grund aus möchte getilget vnnd außgerottet werden. Aber sihe der HErr JEsus Christus wil vnseren nichtigen Leib verkleren / daß er einlich werde seinem verklerten Leibe / nach der Wirckung / da er mit kan jhm alle ding vnterthenig machen / Philip. 3. Der Leib / welcher geseet wird verweßlich / sol aufferstehen vnverweßlich. Der geseet wird in vnehre / sol aufferstehen in Herrligkeit: Der geseet wird in schwachheit / sol aufferstehen in Krafft: Da geseet wird ein natürlicher Leib / sol aufferstehen ein Geistlicher Leib / der da leuchte vnd funckele wie das Firmament jmmer vnd ewiglich / 1. Cor. 15. Matth. 23. Dan. 12. Geschihet aber dz an vnsern Leibern / wie müssen dann vnsere Seelen verkleret werden? Was werden die für eine Herrligkeit haben? Wir werden in vollkommener Weißheit / Gerechtigkeit / Heiligkeit / Herrligkeit / Frewd vnd frölichem Wesen für der gantzen Hochgelobten Dreyfaltigkeit daher prangen wie rechte Himmelskönige den Heiligen Engeln / ja dem Sohn Gottes ehnlich.
Meine Lieben spricht Johan. 1. Epist. c. 3. Wir sind nu Gottes Kinder / vnd ist noch nicht erschienen / was wir seyn werden. Wir wissen aber / wenn es erscheinen wird / daß wir jhm gleich seyn werden / denn wir werden jhn sehen / wie er ist.
Wo soll aber doch erscheinen diese grosse Herrligkeit? Nicht in der Wüste oder wilden Einode dieser Welt / Nicht in einem jrrdischen Paradeys / sondern in dem newen vnd Himlischen Jerusalem / da Christus ja die gantze hochgelobte Dreyfaltigkeit darinnen ist / da kein Tod / noch Geschreiy / noch Schmertzen mehr ist / da kein Sonn noch Mond von nöthen / sondern die Herrligkeit Gottes selbs leuchtet / vnnd also keine Nacht seyn kan / da wir GOtt sehen werden von Angesicht zu Angesicht wie er ist / vnnd jhm dienen mit dem Cherubin vnd Seraphin / ja mit allen Heiligen Engelen vnd außerwehlten Churkindern Gottes / ja da Gott wird alles in allem seyn / Apoc. 21. 22. 1. Joh 3. 1. Cor. 15. O Seliges Leben / O Herrliches Leben / O Vnauffhörliche Frewde vnnd Wonne / die Gott bereitet hat denen / die seine erscheinung lieb haben! Kein Auge hats gesehen / kein Ohr hats gehöret / ist auch in keines Menschen Hertze gekommen / 1. Corint. 2.
Wer wolte denn nun nicht gern in solchen Tausch einwilligen? Wer wolte nicht mit dem Apostolo Paulo frey heraus bekennen vnd sagen. Christus ist mein Leben / sterben ist mein Gewin? Mit jhm seufftzen aus grund des Hertzens: Ich habe Lust abzuscheiden vnd bey Christo zu seyn? Phil. 1.
Sehet / Geliebte Christen / wenn wir vns also mit Hertzen vnd Gedancken halten an
das Wort Gottes / vnd vnsern Heyland Jesum Christum / so können wir alle angst
vnnd schrecken des Zorns Gottes / der Sünde / des Teuffels vnd des Todes
vberwinden / ja in den Wind schlagen / vnnd mit dem Greyßalten Simeone in Fried
vnd Frewd dahin fahren / vnnd muß an vns war seyn vnd bleiben /
Was nun anlanget vnsere in Christo Vielgeliebte Mitschwester / so im HErrn seliglich entschlaffen / vnnd deren hinterlassenen Leichnamch wir jetzo zu dem Ruhebettlein begleitet haben / darinn er ruhe biß zu der gewünschten Posaun des Ertz Engels vnd frölichen Aufferstehung zum ewigen Leben: So ist vnvonnöthen / von derselbigen Stand / Leben vnd Wandel viel Wort alhie zu machen / dieweil solchs einem jeglichen vnter vns / vnd fürnemblich denen / welche sie ein geraume zeit gekandt vnnd mit jhr vmbgangen / sehr wol bekandt ist / vnd also beschaffen / daß ein jeder vmb jhren tödtlichen abgang von Hertzen betrübet betrübt worden / wie solchs diese Volckreiche Versamblung in dem Klaghauß Gottes gnugsamb an Tag gibt vnnd bezeuget / Auch wünschen möchte / daß / so es Gottes wille vnd jhr bestes gewesen were / sie noch ein zeitlang hette neben vns leben / vnd ein Christliches Spiegel vnnd Fürbild aller Tugend seyn mögen.
Denn in jhrem Hause ist sie gewesen ein rechter Haußspiegel der Gottsfürchtigkeit
gegen Gott / der Ehrerbietigkeit vnd Christlichen Freundligkeit gegen jhren
lieben Eheman / mit dem sie in Fried vnd Einigkeit in die sechs vnd viertzig
Jahr in der Ehe gelebet / vnnd jhm sein hohes vnd schweres Ampt nach seinem
vermögen mit aller sanfftmütigkeit erleichtert vn anmütiger
gemacht. Desgleichen auch der Gottsetigen vorsichtigkeit in aufferziehung jhrer
Kinder. Denn wie sie dieselbe gehalten zur Gottesfurcht vnd anderen Tugenden ist
menniglich bewust / vnd noch jetzo für Augen. Dabey wir den bekennen müssen /
daß an jhr recht war worden / was GOtt der H. Geist
In dem Christenthumb ins gemein hat sie sich von Jugend auff also bezeiget / daß man mit gutem Grunde sagen kan / sie habe denselben mit allem Ernst vnnd Eiffer gemeinet. Die Predigt hat sie nicht verseumet / noch das zeitliche sich davon lassen abhalten / der Predigt ist sie dermassen begierig gewesen / als wenn sie alle Wort dem Prediger aus dem Munde nemmen wolte. Was sie auch aus den Predigten gefasset vnnd behalten / das hat sie jhr auch in dem Haußstand / im Creutz / welches den Frommen nicht aussen bleibet / wol zu nutze gemachet / vnnd fürnemblich im andechtigen vnnd fleissigen Gebet / darunter jhr sonderlich lieb vnnd werth gewesen / das Christliche Liedlein / Warumb betrübstu dich mein Hertz? etc. Daraus denn leichtlich abzunemmen / wohin sie in allen zufällen jhr zuversicht vnnd zuflucht gehabt habe: Deßgleichen das schöne Gebetlein vmb ein seliges Ende D. Pauli Eberi: HERR JEsu CHRist war Mensch vnnd GOtt / der du leidst Marter / Angst vnnd Spott / etc. Woraus denn zusehen / daß sie ein rechtes Mosis vnnd Davids Hertz gehabt / vnnd allezeit mit sterbens Gedancken vmbgangen / auch nichts werthers vnd liebers gehalten / denn ein seliges Sterbstündlein.
Ihren Glauben zu stercken vnnd zu erhalten / hat sie zum
Dabey hat sie das Geistliche Schwerdt der Christen / als Gottes Wort vnd das
liebe Gebet wol in jhrem Hertzen behalten / ja mit grossem Ernst aus dem Munde
herfür brechen lassen. Fürnemblich offtmahls gebetet diese Wort. Die bösen
Geister von mir treib / Mit deinem Geist stets bey mir bleib. Biß sich die Seel
vom Leib abwend / so nimb sie HERR in deine Hend. Der Leib hab in der Erd sein
Ruh / Biß sich der Jüngst Tag naht herzu. Ein frölich Vrstend mir verleyh / Am
Jüngsten Gericht mein Fürsprech sey / Vnnd meiner Sünd nicht mehr gedenck / Aus
Gnaden mir das Leben schenck. Wie du hast zugesaget mir / In deinem Wort das
traw ich dir. Deßgleichen aus Geistlicher Tapfferkeit zum offter wiederholet /
aus dem 91. Psalm Davids diese Wort: Ich bin bey jhm in der Noth / Ich wil jhn
heraus reissen / vnd zu Ehren machen. Ich wil jhn settigen mit langem Leben /
vnnd wil jhm zeigen mein Heyl. Iren liebe Kindern hat sie als
einrechte getrewe Gottselige Mutter zu einem Christlichen Valet befohlen den
133. Psalm Davids / sich dessen teglich zuerinnern / vnnd darnach zu halten:
Sihe wie fein vnd lieblich ist / daß Brüder eintrechtig bey einander wohnen /
etc.
Was sie von dem lieben getrewen GOTT mit wahrem
Nun wolan / wir lassen sie billich in dem HErrn seliglich ruhen / vnd bitten Gott den Allmechtigen / Er wolle jhm in allen Gnaden die nachgelassene Kinder / vnd fürnemblich den Hochbetrübten Witwer lassen befohlen seyn / vnd demselbigen Trost vnnd Erquickung des H. Geists mittheilen / damit er nicht mit trawren vnter so schweren Amptsverrichtungen / jhm sein Leben verkürtzen möge / Er wolle jhn in diesem Lande / vnd Fürstlichen Hoffe lenger erhalten / daß er lehre vnd Predige / für vns aus vnd ein gehe. Er wolle vns allesemptlich Gnade geben / daß wir Christlich leben / vnd im Glauben bestendig bleiben biß an das Ende / damit wir auch zu vnser zeit seliglich sterben / vnd am jüngsten Tage zum ewigen Leben erwecket werden / Amen.