Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (copyright information)
Texterfassung durch double keying; Genauigkeit ca. 99,95%. Strukturelle Metadaten (z.B. div@type ="section") wurden ergänzt.
Text captured by double keying; Accuracy approx. 99.95%. Structural metadata (e.g. div@type="section") were added.
Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714
ERbare vnd Tugentsame Fraw / Demnach GOtt der Allmechtig ewern nunmehr seligen
lieben Haußwirt vnd Herrn / durch den leiblichen Todt / zu sich aus diesem
Jammerthal abgefordert / vnd euch in den betrübten Widwen Standt gesetzt hat:
Darin jhr verstehen könnet / was es fur einen zustandt vnd gelegenheit habe /
vmb die gantze Kirche Christi auff Erden: Welche GOtt Esai. 54. auch vergleichet
einem verlassenen vnd von Hertzen betrübten Weibe / einem Jungen Weibe / die
jhres Mannes beraubet / vnd von menniglich verlassen vnd verstossen ist. Als
habe ich diese einfeltige Leichpredigt / so ich bey der Begrebnis ewers seligen
Herrn gethan / in Druck geben wollen: Damit nicht allein jhr / in ewerm Creutz
vnd bekümmernis / daraus etwas trost schöpffen möchtet: Sondern auch / das sie
dem Verstorbenen / ein öffentlich zeugnis were / seines Christseligen Endes /
wieder die lesterung leichtfertiger Leute / die sich nicht schewen / seinen
Ehrlichen guten Namen / vnd seliges Ruhestettlin mit allerley vnuerschempten
öffentlichen Lügen zubeschmitzen / vnd verunruhigen. Denn ob wol solch vnnütz
geplauder / dazu die jetzige vorwitzige Welt fast geneigt ist / keiner
Wiederlegung bedarff / dieweil es bey Ehrlichen vnd verstendigen Leuten kein
gehör findet: Dennoch habe ich mich schüldig erachtet / ewers Herrn seligen /
als meines gewesenen Beichtkindes / vnd bey dessen End ich neben andern gewesen
/
E. W.
M. Paulus Musaeus.
ABer der Gerechte kömpt vmb / vnd niemandt ist / der es zu Hertzen nehme / vnd heilige Leute werden ausgerafft / vnd niemandt achtet darauff / Denn die Gerechten werden weggerafft fur dem vnglück. Vnd die richtig fur sich gewandelt haben / komen zum friede / vnd ruhen in jhren Cammern.
GEliebte im HERRN / Dieweil der liebe GOtt nach seinem weisen Rath / abermal ein
furnhemes Glied / dieser Christlichen Communion / zu sich durch den zeitlichen
Todt abgefordert hat / Welches Leichnam wir jetzo / nach altem löblichen
gebrauch Ehrlich zur Erden bestatten: Ist es billich / das wir dem verstorbenen
zu lieb vnd Ehren / seiner hinterlassenen bekümmerten Widwen vn
Freundschafft zu Trost / vnd vns allen zu nutzen vnterricht / bey solcher
Begrebnis zusammen kommen / Capharsalma vnd frewden Land / da jhm ein Augenblick
besser ist / denn allhter Tausent Ihar) Sondern wir sollen viel mehr bey diesem
Fall beweinen vnser aller klegliches Elend / vnd erbermliches wesen. Das die
Edle Creatur / der Mensch / der nach GOttes Bild / vnd zum Ewigen Leben
erschaffen war / nunmehr mus so vielem Jammer vnd Elend / vnd endlich dem Todte
vnterworffen sein / vnter die Erde gescharret / vnd entlich von den Würmen
gefressen werden. Darwieder kan vns weder gewalt / noch Geld / noch Jugend /
noch etwas anders / auff Erden schützen / Denn der Todt achtet der dinge keines
/ Sondern gehet gleich hindurch / vnd frisst auff / wer jhme furkömpt / er sey
Reich oder Arm / Fromb oder Böse / Jung oder Alt / Man oder Weib / geschickt
oder vngeschickt / es gilt jhm alles gleich. Das machet GOttes Zorn / das wir
also vergehen / vnd sein grim / das wir so plötzlich dahin müssen
/ Denn vnser Missethat stellet er fur sich / vnd vnser vnerkandte Sünde ins
Liecht fur sein Angesicht. Darumb fahren alle vnser Tage / durch
Zu dem helt der Todt keine gewisse zeit noch Stunde / Sondern schleicht vns stets nach / Vnd wenn man am sichersten ist / vnd meinet / es habe kein noth / greifft er den Menschen plötzlich an / mit seinen Mordpfeilen / vnd würget jhn hin. Darumb saget Salomon in seinem Prediger cap. 9. Der Mensch weis seine zeit nicht / Sondern wie die Fische gefangen werden mit einem schedlichen Hamen / Vnd wie die Vogel mit einem Strick gefangen werden / so werden auch die Menschen berückt zur bösen zeit / wenn sie plötzlich vber sie fellt.
DAs ist je zubeklagen / vnd mit bittern Zehern zubeweinen: Wie auch die heilige
Schrifft hierüber hin vnd wieder klaget. Der Mensch vom Weibe geboren (saget Job
Cap. 14.) lebet kurtze zeit / vnd ist voll Vnruhe / Gehet auff wie ein Blume /
vnd fellt abe / Fleucht wie ein Schatten / vnd bleibet nicht / Psalm. 103. saget
Dauid. Ein Mensch ist in seinem leben wie Graß / Er blühet wie eine Blume auff
dem Felde: Wenn der Windt darüber gehet / so ist sie nimmer da / vnnd jhre
stedte kennet sie nicht mehr. Man weis nicht / wo der Mensch blieben / Oder / ob
er jemals gelebt habe. Wie Sic transit gloria
mundi, Das ist das ende alles Fleisches. Solches sollen wir nun bey
dieser Leiche vns erstlich erinnern / damit wir vns auff diß vnbestendige vnd
kurtze leben nicht trigen: Sondern viel mehr nach Syrachs Lehre / Cap. 7. ohn
vnterlas vnser Ende bedencken: Die Busse nicht sparen biß in den Todt / Sondern
zeitlich / bey guter Vernunfft / vnd gesundheit / durch wahre Busse / vns zum
seligen Ende bereiten / vnsers Sterbstündleins warnemen / vnd warten mit den
Fünff klugen Jungfrawen / auff die Zukunfft vnsers Breutgams / wenn er kömpt vnd
anklopffet / das wir fertig sein mit jhm in die Ewige Hochzeit einzugehen / Wie
er selber vermahnet / Matth. 25. Cap. Diese Lehre schencket dieser in GOtt
verstorbene vnser guter Freundt aus besonderer Freundschafft / als die rechte
selige Weisheit / dir vnd mir / vnd vns
Zum Andern / Sollen wir auch bey dieser Leiche vns erinnern / der grossen gefahr
/ so wir noch künfftig zu gewarten haben. Dieweil gemeiniglich frommer Leute
Todt / ein gewisser Post vnd Vorbote ist / so der bösen Welt GOttes Zorn /
Straff / gros Vnglück vnd verenderung pfleget anzukündigen. Dauon prediget der
Prophet in den verlesenen Worten: Da er vns den Todt der Gerechten / Das ist /
Gottseliger / woluerdienter / hoher vnd nützlicher Personen / heisst ansehen /
als eine sonderliche gnad GOttes / gegen die / so er lieb hat / vnd aus
Väterlichem Hertzen / durch einen sanfften Schlaff / fur dem nahenden Zorn vnd
vnglück wegrafft: Gegen die Gottlosen aber / als ein gewiß Zeichen grausamer
Straff / so aus GOttes gerechtem Gericht vber die sichere Welt ergehen sol.
Zugleich aber beklaget er auch die Blindheit der Welt / die solche Zornzeichen
verachtet / vnd in den Wind schlegt / schlefft vnd schlummert durch Fleischliche
Sicherheit / mitten in der höchsten gefahr / da jhr das vnglück schon vber dem
Nacken schwebet: Wie die erste Welt fur der Sündflut / vnd die verstockte
Sodomiter auch thaten / biß so lange sie durch die Fluth Göttliches Zorns
vbereilet vnd verderbt wurden. Das
DAmit wir aber den verlesenen Spruch vns zu nutz machen / vnd daraus nütze Lehr / Trost vnd Vermahnung schöpffen mögen / wollen wir zwey nachfolgende stücklein handeln.
VND erstlich bedencken die vrsachen / worumb Gott fromme Christen / vnd sonst nütze wolverdiente Leute durch den Todt / bißweilen in grosser menge zeitlich aus diesem leben abfordert.
Zum Andern / gibt vns der Prophet schönen Trost / damit sich nicht allein die Sterbenden wieder des Todes furcht / Sondern auch die jenigen / welchen GOtt durch den Tödlichen abgang jhrer lieben Freunde / ins Hertze greifft / wieder alle bekümmernis vnd schwermuth schutzen vnd trösten sollen.
VOm Ersten Stück saget der Prophet also: Aber der Gerechte kömmet vmb / vnd niemand ist / der es zu Hertzen nehme / vnd heilige Leute werden auffgerafft / vnd niemandt achtet darauff.
In diesen Worten lehret er / das mans nicht sol geringe achten / wenn GOtt fromme / woluerdiente / hohe vnd nütze Personen (Denn solche werden vnter den Wörtlein Heilige / Fromme vnd die richtig gewandelt haben / begriffen / wie der Hebraischen Sprach erfahrne wissen) aus diesem leben abfordert / Sondern wir sollen wissen / das solches gar viel auff sich habe / vnd geschehe aus sonderlichen hohen vnd wichtigen vrsachen.
DEnn Erstlich ists eine anzeigung vnd straff vnserer vielfeltigen Sünde / bosheit
vnd vndanckbarkeit / gegen GOTT vnd die jenige / so vns GOtt zu nutz vnd gut
geschencket vnd verliehen hat. Denn wenn GOtt der Allmechtige einem Lande wil
gutes thun / das es sol wachsen vnd auffkommen / so erwecket er nützliche / vnd
Gottselige Leute / Viros justos & beneficos,
Vmb Noah willen segnete GOtt den gantzen Erdboden wieder nach der Sündflut / Gen.
9. ca. Die Sodomiter genossen auch mit jhrem gantzen Lande / des großmühtigen
Abrahams / da sie von den Vier Königen / Amraphel von Semoar / Arioch von
Elassar / Kodorlaomor von Elam / vnd Thideal der Heiden König / vbefallen /
geplündert vnd gefenglich weggeführet worden / Wie zusehen Gen. 14. Cap. Vmb
Loths willen blieb das Stedlein Zoar / sonst Bala / sicher / da sonst die gantze
gegenn vmbher / durchs Feuwr vom Himmel verderbet ward / Gen. Cap. 19. Der
Abgöttische vnd vorteilische Laban genoß des frommen Jacobs sehr wol / die
Zwantzig Jar / weil er jn in seinem Dienst hatte / wie er selber bekennet / Gen.
30. Ich spühre / das mich der HERR segnet vmb deinet willen. Also lesen wir von
Joseph / Gen. 39. das GOtt vmb seinet willen / seinen Herrn den Potiphar / das
Königes in AEgypten Kemmerer gesegnet habe: Vnd zwar / wenn dieser fleissige vnd
weise Haushalter in AEgypten nicht kommen were / so hette das gantze Königreich
/ sampt den vmbliegenden Lendern in den tewren Sieben Jaren verderben müssen.
Moses der getrewe Knecht GOttes / hat offtmals den Riß auffgehalten mit seinem
eifferigen Gebet vnter dem Volck GOttes / vnd hat viel vnglückes abzuwenden / auff das er sie nicht gar
verderbte. Durch Naeman / des Königs zu Syrien Feldheuptman gab GOtt heil in
Syrien / 2. Reg. 5. Erhielt auch offt das Volck Israel durch den Propheten
Elisaeum / 2. Reg. 6. cap. Sölche viri benefici seind
auch gewesen / Josua / Gedeon / Dauid / Josias / Josaphat / die Propheten / die
Maccabeer / vnd aus dem Weiblichen Geschlecht / die Debora / Jud. 4. Esther /
Judith / vnd dergleichen hochgelobte Weiber / welche GOtt offtmals zur betrübten
zeit / seinem geengstigten Volck zu trost vnd nutz erwecket / durch deren Gebet
/ muth vnd weisheit er seine Kirche getröstet / vnd aus schweren bedrengnussen
vnd gefehrligkeiten offt wünderlich errettet hat.
Wenn nun die Welt fur solche gabe gegen Gott vndanckbar ist / wil nütze Leute
nicht erkennen / noch gebürlich ehren / Sondern verachtet / hönet vnd schmehet
sie / vnd belonet jre dienste vnd arbeit / mit vndanck vn stanck:
Wie es gemeiniglich pflegt zugeschehen / vnd viel tapffere Leute in allen
Stenden erfahren / so nimpt sie GOtt wieder hinweg. vnd sendet andere an jre
stadt / durch deren Sünde
Also pflegt GOtt Vndanckbarkeit / durch entziehung seiner Gaben zustraffen / vnd
achtet die Welt nicht werd / das sie nützer Leute / welche man so geringe helt /
lenger geniessen sol. Wie auch die Epistel zu den Hebreern cap. 11. zeuget / Von
den Propheten vnd Heiligen / welche GOtt in die Welt gesandt hatte / das sie
durch jhre Predigten möchte zur Busse gebracht werden. Aber die Welt sey jrer
nicht werd gewesen / hab auch solche theure Leute nichts geachtet / Sondern viel
mehr jhnen allerley spott / hohn / Geissel / Gefengnis / vnd hertzeleid
zugefüget / vnd sie in verachtung / frost /
Das ist eine vrsach / die wir wol bedencken sollen / vnd vns dabey erinnern / Wenn vns GOtt nütze Leute / heilsame getrewe Prediger / gute Obrigkeit / nütze Diener vnd Freunde bescheret / das wir dieselbe zu rath halten / ehren / lieben / GOtt dafur dancken / vnd nicht vrsach geben / das sie etwa durch vnzeitige sorge / eiffer vnd vngedult / jhnen selber das leben kürtzen. Wie aber solches in acht genommen werde / solches gibt die tegliche erfahrung.
Zum Andern / nimpt GOtt auch darumb die Gerechten vnd Frommen / durch den
leiblichen Todt zeitlich hinweg / auff das er sie vor dem zukünfftigen vnglück
errette. Wie der Prophet solches anzeiget in den Worten / Sie werden weggerafft
fur dem vnglück / Das ist / Gleich wie ein Haußvater in der Erndte / wenn ein
Vngewitter auffsteiget / seine Garben in der eil zusammen raspelt / vnd sihet /
wie er sie möge fur dem Regen vnbeschediget ein kriegen: Oder / Wie eine
Hausmutter / wenn ein Feuwr entstehet / jre liebe Kinder vnd beste Kleinot
ergreiffet / vnd bringet sie aus dem Brandt / an sichere orth vnd gewarsam: Also
thut der Himlische Vater auch gegen s würden auffgerieben. Dahin sihet das Buch der
Weisheit am 4. cap. Der Gerechte ob er gleich zu zeitlich stirbet / ist er doch
in der ruge (denn das Alter ist ehrlich / nicht das lange lebet / oder viel Jar
hat / Klugheit vnter den Menschen ist das rechte Grawe Haer / vnd ein
vnbeflecket leben ist das rechte Alter) denn er gefellt GOtt wol / vnd ist jhme
lieb / vnd wird weggenommen aus dem Leben / vnter den Sündern / vnd wird
hingerücket / das die bosheit seinen verstandt nicht verkehre / noch falsche
Lehre seine Seele betriege / Denn die bösen Exempel verderben einem das gute /
vnd die reitzende lust verkehret vnschüldige Hertzen: Er ist bald volkomen
Als GOtt die erste Welt vmb jhres Gottlosen wesens willen / verseuffen wolte /
nam er kurtz zuuor die heilige Ertzväter / die sonsten in steter Succession / in
zimblicher anzal beysammen gelebt / semptlichen hinweg / biß auff den eintzigen
Noam / welchen er sampt seiner Hauskirchen / in dem Kasten fur dem vntergang
erhielt. Dem frommen Könige Josiae / 2. Regum 22. lies Gott durch die Prophetin
Hulda sagen: Darumb das dein Hertz erweichet ist vber den Worten / die du
gehöret hast / vnd hast dich gedemütiget / wil ich dich samlen zu deinen Vätern
/ vnd mit friede zu deinem Grabe bringen / das du nicht sehen mögest alle das
vbel / das ich vber diesen orth wil komen lassen. Ehe Jerusalem zum letzten mal
durch die Römer ist zerstöret worden / hat GOtt die frommen Hertzen durch Simon
Cleophe Son (wie Eusebius meldet libr. 3. cap. 5.) zuuor versamlen / vnd in ein
Stetlein Pella genant / führen lassen / damit nicht der gute Weitze mit der
Sprewe / durch die Flam Göttliches Zorns verzehret würde.
Das ist nun des gütigen GOttes weise / das er seine lieben Kinder / so lange sie jhm allhier auff Erden nütze sein / wünderlich wie eine Gluckhenne vnter dem Schatten seiner Flügel bedecket / verbirget sie in seiner Hütten wieder jedermans trotz / vnd errettet sie aus mancher grossen gefahr.
Wenn aber die Bosheit der Welt vberhand nimpt / vnd jhn zur Straffe nötiget /
nimpt er die seinen gantz vnd gar hinweg: Vnd seind die zeitliche erlösungen /
die er den Christen bißweilen in diesem leben erzeiget / nichts anders / als ein
Bilde der Geistlichen vnd entlichen Erlösung / do er nach der letzten Bitte des
Vater vnsers / die so jhm gefallen / durch ein sanfftes vnd seliges Ende / aus
den ruinis vnd vntergang dieser Welt / gnediglich
ausführet: In welchen entlich alle Gottlosen werden ewiglich verderben müssen /
laut des Spruchs 2. Petr. 2. Der HERR weis die Gottseligen aus der versuchung
zuerlösen: Die Vngerechten aber zubehalten / zum Tage des Gerichtes / sie zu
peinigen.
Darumb sollen wir gerne folgen / wenn vns GOtt von dieser Welt abfordert / vnd
wol zu frieden sein / Denn es wird nicht besser / Sondern erger in der Welt: Wir
leben in der letzten : Ah Domine, in quae nos
tempora reservasti? Falsche lere / sicherheit / Sünd vnd Schand /
nimmet allenthalben vberhandt: Fromme Leute sind weg aus dem Lande / vnd die
Gerechten sind nicht mehr vnter den Leuten: Sie lauren alle auffs Blut / Ein
jglicher jagt dem andern nach / das er jhn verderbe / vnd meinen / sie thun wol
daran / wenn sie böses thun. Die Gewaltigen rahten nach jhrem muthwillen schaden
zu thun / vnd drehens / wie sie wollen: Der beste vnter jhnen ist wie ein Dorn /
vnd der redlichste wie ein Hecke etc. Also hat der Prophet Micha schon zu seiner
zeit geklaget / cap. 7. Was wollen wir von diesen vusern zeiten sagen / da es
alles zehen mal erger ist? So ergeust sich auch Gottes Zorn vmb der Sünde willen
/ vber die Welt / durch allerhandt straffen vnd plagen / je lenger je mehr: Wem
nun GOtt aus solchem jammer sanfft vnd seuberlich erlöset / der mag wol seine
Hende auffheben / vnd jhme dancken.
Zum Dritten / Wenn nun Gott fromme Christen hat hinweg genommen / so ists ein
gewiß
Solches bezeugen abermal die Historien der Welt. So bald Noah in den Kasten gieng
/ welches die sichere Welt verachtet vnd verlachete / kam die Sündflut / vnd
erseuffet sie alle / Gen. 7. Weil Elisa der Prophet lebte / hatte das
Israelitische Königreich zimliche ruhe fur den Syriern / Denn GOtt gab durch
seine Handt / vnd vmb seiner Furbitt willen / Sieg vnd Heil. So baldt er aber
das Heupt legt / fallen die Feinde ins Land vnd verwüstens jemmerlich / 2. Reg.
13. Der König Hiskia / Es. 39. erlangte mit seiner Gottesfurcht vnd Gebet / das
bey seinem lebzeiten / guter Fried im Lande blieb. Denn so stehet 2. Paralip.
32. Der Zorn GOttes kam nicht vber Juda / weil
So gar viel vnd hoch ist GOtt an frommen Leuten gelegen / das er vmb derselben etzliche willen eines gantzen Landes / voller Gottlosen schonet. Eben wie er auch Gene. 18. zu Abraham sagte / Das er vmb Zehen Gerechter willen / der gantzen Sodomitischen gegend / in welcher viel Tausent böser Buben gewesen / verschonen wolte.
Diß wil vns nun GOtt auch erinnern / durch den Tödtlichen abgang so vieler nützer
vnd vornehmer Leute / so er ein zeit hero kurtz nach einander aus allen Stenden
Deudscher Nation nicht in geringer anzal / hat zu sich genommen. Denn in wenig
Jahren haben wir verloren / etliche viel Hohe Personen / vnnd vornehme Heupter
oder Seulen des heiligen Römischen Reichs. Wir haben verloren viel treffliche
alte Theologen / weise erfahrne Rhäte / Kriegsleute / vnd andere nütze Leute /
vnd noch teglich nimpt GOTT fromme Leute hinweg / gros vnd klein / Das ist kein
gut Zeichen / Sondern bedeutet vnd bringet mit sich grosse gefahr / vnglück vnd
verenderung in des
Erbfeindes / welchen vnsere Sünde durch GOttes gerechten Zorn vber vns gezogen
haben / das er seine vorlangst gedrewete vnd woluerdiente Straff an vns
exequiren mus. In solcher grossen gefahr schlaffen wir noch / vnd niemandt nimpt
es zu Hertzen / Wie der Prophet klaget. Allenthalben findet man grosse
Sicherheit bey den Leuten / GOtt hat zwar ein zeitlang noch gnedig geschonet /
vnd gesucht / ob sich jemandt ein Mauwr machte / vnd wieder den Riß stünde gegen
jhm fur das Land / das ers nicht verderbte / Aber er findet keinen / Ezech. 22.
Wie die Leute zu Noah zeiten assen vnd truncken / vnd waren sicher / biß die
Sündflut kam / vnd erseuffte sie alle. Also gehets jtzt auch / Je neher vns GOtt
mit seiner Ruthen rücket / je wüster vnd wilder es die wahnsinnige dolle Welt
machet / mit Fressen / Sauffen / Stoltzieren / Huren / Geitzen / vnd andern
schrecklichen Sünden / biß sie der Zorn Gottes gentzlich verschlingen wird.
Darumb ist es hohe zeit / das wir auffwachen. Vnd so wir die Boten des friedens /
vnd lebendige
IM andern Teil gibt vns der Prophet Esaias ein schöne Lehr / wie wir vns wieder
die furcht des Todes / vnd allerley bekümmerniß vber den Tod vnserer lieben
Freunde vnd verwandten / sollen schützen vnd trösten. Er fasset aber solche Lere
in zweierley Trostwort. Das erste ist / das er saget: Die Gerechten werden
weggerafft fur dem vnglück / Item / Sie kommen zum Frieden. Alhie heisst er vns
bedencken / die vnruhe / vnfried vnd angst dieses lebens / dauon wir erlöset
Diß leben (wenn wirs eigentlich bedencken) ist freilich ein Jammerthal / Psalm.
84. mit so viel gefahr / angst / mühe / sorge / jammer vnd elend vberheuffet /
das es kein Menschliche Zunge kan aussprechen. Denn wir finden solch elend nicht
allein allenthalben in der Welt / Sondern bringens mehrentheils mit auff die
Welt / vnd tragens im Busen: Das ist vnser Sündhafftes schwaches Fleisch / vnd
schwache bawfellige Natur / welche des Teuffels Tyranney / vnzelichen
Kranckhetten vnd gebrechligkeiten / endlich auch dem Todt vnterworffen ist. Das
bezeugen nicht allein die Schrifften der Weisen Heiden / die vber solch
vielfeltig elend einhelliglich klagen / vnd die Natur / als eine grawsame
Stieffmutter / die vns zu solchem Jammer erschaffen / beschüldigen: Sondern es
lehrets auch Gottes Wort an vielen örtern / vnd sonderlich klaget Syrach darüber
ca. 40. Es ist ein elend jämmerlich ding vmb aller Menschen leben / von Mutter
Leibe an / biß sie in die Erden begraben werden / die vnser aller Mutter ist /
Da ist jmmer sorge / furcht / hoffnung / vnd zu letzt der Todt / so wol bey dem
/ der in hohen Ehren sitzet / als bey dem geringsten auff Erden / So wol bey dem
/ der Seiden vnd Kron tregt /
Aus dieser angst werden wir durch den Todt erlöset. Denn so baldt ein Christ die
Augen zu thut / kompt er zur ruge / darff sich nicht mehr mit seinem schwachen
Sündhafften Fleisch vnd bösen Gewissen nagen vnd plagen: Er darff nicht mit
schmertzen / furcht vnd grausen ansehen vnd hören / die schreckliche / Sünde /
Schand vnd Vnthaten / so in der Welt geschehen: Er darff sich nicht fürchten /
das jhm der Teuffel den Schatz der Gnaden GOttes / so er in schwachen Gefeß bey
sich tregt / verrücke vnd nehme: Auch darff er nicht sorgen / wie er seinen
Ehrenstandt erhalte /
Das ist der Erste Trost / den vns der Prophet allhier gibt. Vnd wenn wir schon nichts mehr im Tode zugewarten hetten / als diß einige / Das er vns zur ruhe vnd friede bringet / sol vns doch dasselbe gnugsam sein / alle furcht / zittern vnd kümmerniß vber vnsern / oder der vnsern Todt vnd abgang zubenehmen / so gar / das wir viel mehr vns gegen den Todt von Hertzen frewen sollen / nicht weniger als ein Dienstbote / oder Taglöhner sich frewet vnd sehnet gegen die Stunde / da er seines schweren Dienstes vnnd mühsamer Arbeit erlediget / vnd zur ruge gebracht wird. Vnd das suchet auch GOtt / wenn er vns diß leben durch vielfeltiges Creutz eben bitter vnd herbe machet / damit wirs desto ehe müde vnd vberdrüssig werden / vnd desto lieber vergessen vnd verlassen können.
Zum Andern / Haben wir allhier noch einen viel herrlichern Trost zu mercken /
welchen der Prophet in den Wörtlein begreifft / do er saget: Sie rugen in jhren
Kammern: Damit lehret
VNd also wird vns alhier bekrefftiget / der Articul von der Aufferstehung der
Todten / Das wir nicht ewig in der verwesung vnd schande des Todtes bleiben /
Sondern am Jüngsten Tage wieder aufferstehen sollen / Wie Job am 19. capittel
sich hiemit tröstet: vnd leuchten in Himlischer Klarheit / Philip. 3. Da werden
alle fromme Christen / vnd gute Freunde / die allhier durch den Todt mit
schmertzen von einander gerissen sein / mit frewden wieder zusammen kommen / vnd
sich wundern vber der grossen glückseligkeit / darinne sie wohnen werden: Da
wird GOtt selber alles in allen sein / vnd die Absorpta est mors in victoriam: Der Todt ist
verschlungen in den Sieg? Helle wo ist dein Sieg? GOtt aber sey danck / der vns
den Sieg gibt durch vnsern HERRN Ihesum Christum.
Das alles begreifft diß Wörtlein: Sie ruhen in jhren Kammern: nicht das sie ewig verloren sein / Sondern das sie zum bessern standt vnd leben sollen herfur kommen. Dahin sihet auch die Schrifft / Wenn sie den Todt der Heiligen einen Schlaff nennet / Johan. 11. 1. Thessal. 4. Item / ein friedliche heimfarth / Luc. 2. Vnd eine versamlung zu den Vetern: Do wir aus dieser Mordgrube in vnser rechtes ewiges Vaterland / darzu wir anfenglich erschaffen / vnd durch CHristum erlöset sein / gebracht werden: darinne wir GOtt / vnser höchstes Erbgut / ewiglich anschawen / vnd besitzen werden.
Wer wolte nun allhier nicht frölich sein / vnd so einen köstlichen Wechsel gern
eingehen? Da wir eine Irrdische Hütten vnd Sterblichen Leib ablegen / vnd
dagegen ein Himlisches Haus / vnd verklerten Leib wieder anziehen. Da wir ein
Nachtlager vnd gefehrliche Speluncen verlassen / vnd
So wir nun den Portum / vnd das Ende vnser Hoffnung /
nemlich / das Ewige Leben / hoch achten / sollen wir auch den Weg darzu / den
Todt nicht scheuwen: Auch die jenigen / so GOtt zu solchem herrlichen Wesen vnd
Himlischen Frewden beruffet / nicht beweinen / Wie die Vngleubigen Heiden / die
bey jhren Todten sagen:
Reviviscet nunquam: Soles oriri possunt atque occidere: at
nobis semel cum brevis occidit Sol, nox est perpetuo una dormienda:
Sondern wir sollen viel mehr jhnen solche Seligkeit gerne gönnen / vnd mit Dauid
sagen 2. Samuel. 12. Wir werden zu jhnen kommen / Sie aber komen
nicht wieder. Non amisimus, sed praemisimus, saget
Cyprianus / Wir haben vnser liebe Freunde nicht verloren / sondern vorhin
geschickt / Vnd wir werden jhnen nachfolgen / wann es nun durch GOttes willen an
vns kömpt. Gegen welches Stündlein wir vns / die gantze zeit vnsers lebens / vnd
alle tage sehnen / frewen / vnd durch hülff des heiligen Geistes bereiten sollen
/ Amen.
SO viel nun diesen in GOtt verstorbenen vnsern Mitbruder belanget / ist derselbe ein Vornehmer Diener / vnd Fürstlicher Raht gewesen: Der an diesem Fürstlichen Hofe in die Dreissig Jar Dreyen Braunschweigischen Fürsten vnd Herrn löblich vnd trewlich gedienet hat. Was er in solchem Dienst fur nutz geschaffet / ist vnnötig weitleufftig zu rhümen / Alldieweil solches menniglich bewust ist.
Wir können vnd wollen zwar aus jhm keinen Engel machen / dieweil er ein Mensch vnd Sünder gewesen / wie andere Menschen / Hat auch seine Menschliche fehl vnd mengel an sich gehabt / die er in seinem leben / vnd kurtz fur seinem Ende erkant / vnd hertzlich beklagt hat: Vnd sonderlich / das er seiner vielfeltigen gescheffte halben die Kirchen so offt vnd vleissig / als er gerne gewolt / nicht besuchen können.
Jedoch müssen wir jhm den Rhum vnd das Zeugniß gönnen / vnd nachsagen / welches
der heilige Geist in dem jtzt erklerten Spruch Esaiae / allen Bußfertigen
gleubigen Christen (vngeachtet jhrer anhangenden Sünde vnd schwacheiten) gibet /
wenn er sie Gerechte vnd Fromme / Das ist / Heilige vnd GOtt wolgefellige Leute
/ nennet /
In seinem Ampt ist er fleissig vnd auffrichtig / vnd diesem gantzen Fürstenthumb ein guter Haushalter vnd nützer Diener gewesen / Wie die jenige wissen / die mit jhm vmbgangen. Hat aber auch sein Creutz vnd wiederwertigkeit gehabt / vnd daraus so viel gelernet / das man sich auff dieser Welt vnbestendige Güter / gunst / pracht / Ehr vnd Herrligkeit nicht / sondern nur allein auff GOtt den HERRN verlassen sol.
Vnd ob er wol nicht vermeinet / das jhme sein Ende so nahe sein solte: Jedoch hat
er baldt im anfang seiner schwacheit / welche dann von tage zu tage hefftiger
worden / sich mit ernst zu GOtt gewendet / Seine Sünde jhm hertzlichen abgebeten
/ Sein vertrawen auff den HERRN Jesum Christum gesetzt / Allen seinen
wiederwertigen verziehen vnd vergeben / Auch seine Haußfraw vnd Kinder zum Gebet
vnd gedult ermahnet / sich dem gnedigen willen GOttes
Vnd als er seine Bekantnus / ohn gefehr ein halbe Stunde vor seinem Ende / sitzend / vnd mit guter vernunfft / öffentlich vnd in beysein ettlicher vornehmen Personen / widerholet / Darauff auch alsbaldt mit dem heiligen Nachtmal des HERrn versehen worden / ist er baldt sanfft vnd stille in GOtt entschlaffen. Vnd ruhet demnach seine Seele nunmehr nach dem ausspruch des heiligen Geistes / Apoc. 14. in der Hand GOttes / vmbgeben mit Himlischer frewde: Der Leib aber schlefft in seinem Ruhbettlein biß auff den frölichen Jüngsten Tag / da jhn der Sohn GOttes durch seine herrliche Stimme aufferwecken / mit der Seel in Himlischer Klarheit wieder vereinigen / vnd zur ewigen frewde vnd herrligkeit verweisen wird.
SOlche ruhe sollen vnd wollen wir jhme gerne gönnen / vnd GOtt bitten / das er
sich vnser / in diesem Jammerthale wolle erbarmen / vnd alle vnser Sünde durch
Christum gnediglich vergeben / Bußfertige Hertzen verleihen / vnd seinen Zorn /
den er vns durch den Todt frommer Leute ankündiget / miltern / Dem Erbfeind
stewren / er vnd ewiglich / Amen.