Christliche Leichpredigt BEy der Begrevnuß
/ des Edlen / Gestrengen vnd Ehrnvesten Jungkern /
Sigmund Juliussen Mynsingern von Frundeck / des
Fürstenthumbs Braunschweig Erb Cammerern / etc so
auff S. Galli tag / den 16. Octobr. vor Mittag vmb
2. vhr / zu Grossen Alßleben seliglich im HErrn
entschlaffen / vnd folgends den 20. dieses / auff
Simonis vnd Iudae in der Pfarrkirchen zu Helmstedt
Christlich vnd ehrlich zur Erden bestattet
worden.
Gethan durch Laurentium Scheurlin / der
Heiligen Schrifft Professorn / Pastorn vnd General
Superintendenten / bey der löblichen Julius
Vniuersitet daselbsten.
Gedruckt zu Magdeburgk bey Wilhelm Roß / Im
Jahr
M. D. XCVII.
GEliebte im HERRN Christo. Es hat der
Allmechtige ewige GOtt / nach seinem Göttlichen
Raht / willen vnd wolgefallen / aus diesem
Jammerthal in den Himlischen Frewdensaal / durch
den zeitlichen Todt abgefordert / den Edlen /
gestrengen vnd Ehrnvesten Jungkern / Sigmund
Juliussen Mynsingern von Frundeck / Erb Cammerern
des löblichen Fürstenthums Braunschweig etc. so
wir aus Christlicher liebe / biß hieher an diß ort
/ zum Grab vnd Schlaffkemmerlein das Geleyt
gegeben / vnd also die letzte ehre vnd dienst
erzeiget vnd bewiesen haben.
Nun wil es sich aber nicht gebüren / daß wir
also widerumb von einander scheiden solten / ohne
Gottes Wort vnd Trost der Heiligen Schrifft. Dann
was S. Paulus an die Colosser am 3. Capittel
geschrieben / das ist allen ChristenColoss. 3. gesagt Wann
vnd so offt wir zusammen kommen / das wir GOttes
Wort sollen reichlich vnter vns wohnen lassen.
Wollen demnach Gott dem Allmechtigen zu lob vnd
preiß / diesem verstorbenen Edlen Jungkern zur
letze vnd seliger gedechtnus / vns allen aber zu
Trost vnd besserunge / aus Gottes Wort einen
kurtzen Spruch zu erkleren / fürnemen / vnd zu
fruchtbarlicher betrachtung desselben / Gott den
Himlischen Vater vmb die Gnad vnd beystand seines
Heiligen Geistes anruffen vnd beten / wie Christus
Jesus selbst gelehret hat / das heiligeMatth. 6 Vater
vnser.
Also lesen wir im Euangelio S. Johannis am
1. Capittel.
DEs andern tages / siehet Johannes Jesum zu
sich kommen vnd spricht: Sihe / das ist Gottes
Lamb / welches der Welt Sünde tregt.
Auslegung dieses Spruchs.
Tit. 2.
ES schreibet der heilige Apostel Paulus zum
Tito am 2. Capit. Es sey erschienen die heilsame
gnade GOttes allen Menschen / vnd hernacher im 3.
Capit. nennet ers die
Freundligkeit vnd Leutseligkeit GOttes / dasTit. 3. Gott die Welt
also geliebet / daß er seinen eingebornenJohan. 3. Sohn gab /
auff das alle / die an jn gleuben / nicht verloren
werden / sondern das ewige leben haben.
Ob nun wol der HErr Christus in Göttlicher
gestaltPhil. 2.
war / das ist / GOttes ewiger vnd Allmechtiger
Sohn / der sich in vnser arm Fleisch vnd Blut
verkleidetJohan.
1. / das ist / ein wahrer Natürlicher
Mensch worden / vnd damit bezeuget / daß er der
versprochene Messias vnd Heyland der Welt sey /
der auff die Welt kommen /Matth. sein Volck von
Sünden erlösen / vnd selig machen sollen / auch
billich von der Welt / dafür solte auff vnd
angenomen sein worden. So bezeuget doch die
Schrifft / daß er sey gewest / der aller
verachtest vnd vnwerdest /Esa. 53. voller
schmertzen vnd kranckheit / wie der Prophet Esaias
sagt: Wir sahen jhn / aber da war keine gestalt /
die vns gefallen hette / Er war so veracht / daß
man das Angesicht vor jm verbarg. Vnd Joh. am 1.
Er kamJohan. 1.
in sein Eigenthumb / vnd die seinen namen jn nit
auff.
Damit wir vns nu an seiner armen geringen vnd
verachten gestalt nit ergerten / vnd also den
rechte waren Messiam verlieren
möchten / da hat GOtt etliche Vorbotte verordnet / die des HErrn Christi
Vorleuffer were / vnd bezeugten /
daß er warhafftig der verheissene Messias sey /
der in die Welt habe kommen sollen
Wie dann GOTT von der seligen Geburt vnd
Menschwerdunge Jesu Christi / nicht allein lang /
vnd vor der that durch die
heiligen Patriarchen vnd Propheten predigen lassen
/ sondern gleich zur stund seiner Geburt / sendet
er die heiligen Engel vom Himmel / die den Hirten
auff dem Felde / dieselbe verkündigen solten Luc. 2./ wie wir lesen
Luc. 2. Fürchtet euch nicht / siehe / ich
verkündige euch grosse frewde / die allem Volck
widerfaren wird. Denn euch ist heute der Heyland
geboren / welcher ist Christus der HErr in der
Stad Dauid.
Luc. 2.
So haben von jme gezeuget der alte Simeon / vnd
die Prophetin Hanna / als CHristus in dem Tempel
dem Herrn war praesentiret vnd dargestellet / wie
sonderlich Simeon dauon sein bekentnuß thut / HERR
/ Nun lessestu deinen Diener im friede fahren /
wie du gesaget hast. Denn meine Augen haben deinen
Heyland gesehen / welchen du bereitet hast für
allen Völckern / Ein Liecht zu erleuchten die
Heyden / vnd zum preiß deines Volcks Israel. Das
alles ist geschehen nach der that / als Christus
schon kommen / vnd auff diese Welt / von der
reinen Jungfrawen Maria ein warer Mensch geborn
worden. Hernacher aber / als Christus der HErr in
sein Ampt eingetreten / da findet Nath. 11.sich Johannes
der Teuffer / der aller höchste vnd grösseste
Prophet / so jemals von Weibern geborn / vnd von
dem die andern Propheten geweissaget / wie er des
HErrn Christi Vorgenger sein / vnd jme den weg
Es. 40.bereiten
sol. Es ist / spricht Esaias / eine stimm. eines
Predigers in der Wüsten / bereitet dem HErrn den
weg / macht auff dem
Gefilde eine ebene Bahn vnserm Gott / alle Thal
sollen erhöhet werden / vnd alle Berge vnd Hügel
sollen genidriget werden / vnd was vngleich ist /
sol eben / vnd was höckericht ist / sol schlecht
werden / vnd Malach. am 3. Siehe / ich wil meinen
EngelMalach. 3
senden / der für mir her den Weg bereiten sol /
vnd baldt wird kommen zu seinem Tempel der HErr /
den jhr suchet / vnd der Engel des Bundes / des jr
begeret. Siehe er kompt / spricht der HErr Zebaoth
/ etc. vnd widerumb im 4. Cap. Siehe ich wil euch
senden denMal.
4. Propheten Elia / ehe denn da komme der
grosse vnnd schreckliche tag des HErrn. Das
solches alles von Johanne dem Teuffer zuuerstehen
sey / leget vns Christus selbst aus / Matth. am
11. Alle Propheten vnd das Gesetz haben
geweissaget biß auff Johannem / vnd so jhrs wolt
annemen / Er ist Elias / der da sol zukünfftig
sein.
Was nun dieser hohe vnd grosse Prophet dem
HErrn Christo für zeugnus geben / beydes seiner
Person vnd Ampts halber / die werden vns Johan. 1.
ordentlichJohan.
1. beschrieben / darunter diß nicht das
geringste / das S. Johannes mit fingern auff
Christum gewiesen vnd gesagt: Siehe / das ist
Gottes Lamb / welches der Welt Sünde tregt. Das
seindt gleichwol wenig wort / aber vber die massen
Lehrreich vnd tröstlich / daraus wir zu studiren /
was vnserlieber HErr vnd
Heyland Jesus Christus / für gewaltige schetze /
gaben vnd gutthaten mit sich / zu vns auff diese
Welt gebracht habe / nemlich / daß wir in Christo
Ihesu / einig vnd allein haben verzeyhunge vnd
vergebunge der Sünden / GOttes huld vnd gnad / die
Gerechtigkeit / die für GOtt gilt / das leben vnd
die ewige Seligkeit. Wer das hat / der hat Gott
vnd genug / wie Rom.
8.S. Paulus sagt: Ist GOtt für vns / wer
mag wider vns sein / welcher auch seines einigen
Sohns nicht hat verschonet sondern hat jn für vns
alle dahin gegeben / wie solt er vns mit jhme
nicht alles schencken? Wer wil die außerwelte Gottes beschüldigen? Gott ist hie /
der da gerecht machet. Wer wil verdamen? Christus ist hie der da gestorben ist / ja
vil mehr / der auch aufferwecket ist / welcher ist
zur rechten GOttes vnd vertrit vns. Dargegen / wer
Christum nicht hat / dem ist vnmüglich / selig zu
werden / sondern mus ewig verdamt
vnd verlohren sein / sintemal S. Petrus saget: Es
ist Actor. 4.in
keinem andern Heyl / ist auch kein ander Name den
Menschen gegeben / darinnen wir sollen selig
werden.
Dieweil ich nu glaub wirdig berichtet / daß
dieser verstorbene Edle Jungker / auch
sonderlichen diesen außbündigen tröstlichen Spruch
geführet / vnd sich in seinen Todes nöhten damit
getröstet / darauff auch abgerucket / vnd gantz
seliglich in wahrer Erkantnuß Jesu Christi
abgeschieden / vnd verstorben / so habe ich jhn
eben auch vmb dieser vrsachen willen / Ewer Lieb
in dieser Predigt
fürhalten vnnd auslegen wollen. Den wir vmb
bessersverstandes willen / in diese nachfolgende
zwey stücklein abtheilen wollen.
Erstlich / Warumb der HERR Christus werde das
Lamb Gottes genant.
Zum andern / Was dieses Lämblein für eine
grosse Last / vnd schwere Bürde getragen.
Damit wir in vnserm heiligen Christlichen
glauben / in aller anfechtunge / nicht allein
gestercket vnnd getröstet werden / sondern auch
vnsere hertzen vnd gemüter zur schüldigen
danckbarkeit / gegen dieser grossen gnaden Gottes
erheben vnd auffmuntern mögen. GOtt vom Himmel /
der gebe vns hierzu ferner die gnad vnd krafft
seines Heiligen Geistes / vmb seines geliebten
Sohns / vnsers HErrn Ihesu Christi willen /
Amen.
I.
BElangend nun das erste stücklein / könte sich
einer verwundern vnd fragen / wie es komme / das
Johannes der Teuffer nennet den HErrn Christum das
Lamb Gottes / hette er jhn nicht eben so wol den
Messiam vnd gesalbten des HErrn oder den Heyland
vnd Seligmacher der Welt nennen können? Hie sol
Ewer Lieb wissen / daß diß nicht ohne sonderliche
wichtige vrsachen geschehen sey / sondern propter
Allegoriam, da etwas gleichwol anderst mit Worten
ausgesprochen wird / im verstand aber eine andere
Meinunge / vnnd besondere deutunge hat / welches
auch nicht baldt ein jeder
verstehen wird / wo er nicht ein jedes Wort
insonderheit auff die Goldwage legen / vnnd mit
besonderm fleiß bedencken vnd ECCE.betrachten wird.
Denn erstlich das er sagt / Siehe / wissen die
Gelerten / daß in Griechische Sprache kein
Aduerbium stehet / ,
Ecce, welche red vns erst ein wort erkleren / vnd
sein bedeutnus müste volkomener
mache / sondern ein verbum
Imperatiui modi, , Vide.
Das ist ein solches wort / das vns nit allein
bedeutet / sondern auch gebeut / et was zu thun /
vnd mit hohem besondern fleiß / eine wichtige
sache / wol in acht zu nemen / wie baldt hernacher
in diesem Capittel der Apostel Philippus / als er
von dem HErrn CHristo zum Apostolat vnd Predigampt
beruffen / zu Nathanael saget / Wir haben den
funden / von welchem Moses im Gesetze vnd die
Propheten geschrieben haben / etc. komme vnd siehe
es / welches Wort nicht anderst in der Heiligen
Schrifft gebraucht wird / als wann sie vns ein
ding gleichsam mit fingern zeiget / so wir mit
besonderm fleiß anschawen vnd betrachten sollen /
Marc. 13.Gleich
wie die Jünger zu dem HErrn Christo sagen / da sie
jhme von fernen das vberaus köstliche vnd schöne
Gebeude des Tempels zu Jerusalem zeigen / Meister
/ siehe / welche stein / vnd welch ein Baw ist
das. Marc.
16.Also lesen wir Marci 16. das sich auch
der Engel des HErren dieses wörtleins in dem
verstande gebraucht hat / da er den dreyen Weibern
/ die zum Grabe Christi
kommen / vnd seinen Leichnam salben wollen /
verkündiget die fröliche aufferstehung des HErrn /
Ihr suchet Jesum von Nazareth den gecreutzigte / er ist aufferstandenJoh. 19. / vnd ist
nicht hie. Siehe da die stete / da sie jn
hinlegten / also da Pilatus des HErrn Christi were
gern loß gewesen / gedenckt er jn also zuzurichten
/ daß er auch einem stein / wil geschweigen / den
Jüden erbarmen sol / Er ward jemmerlich gegeisselt
/ Man setzet jhm eine krone von dornen auff sein
Haupt / daß jhm das Blut vber seinen gantzen Leib
ableuffet / da führet er jhn zu den Jüden heraus /
vnd saget / Sehet / welch ein Mensch ist das / der
so jemmerlich zugerichtet / gemartert vnd
geschlagen / das er euch freylich erbarmen solte.
Eben also gebraucht auch Johannes der Teuffer
dieses worts / Siehe / dann er wil / daß man eben
auff diesen Man sol ein groß auffsehen haben /
Gleich wie wir zu reden pflegen / wann vns etwas
wunderlichs vnd vnuerhofftes fürkompt / sehet etc.
Also / sage ich / wil vns S. Johannes auff die
Person CHristi weisen / vnd denselben von allen
Menschen gleichsam absondern vnd vnterscheiden /
dann diesen sol man einig vnd allein anschawen /
der sey es auch / der in die Welt habe kommen /
vnd sein Volck von aller Sünde erlösen / vnd selig
machen sollen.
Vnd hie haben wir zu bedencken / wie so fein
artig vnd ordentlich die Predigten Johannis von
Christo auff einander gehen. Erstlich so hat er
geredt von seiner1. Person / Dieser
ists / von deme ich gesagt habe / nach mir kompt
ein Mann / welcher vor mir gewesen ist / dann er
war ehe denn ich / das er saget / der ists / der
nach mir kompt / damit weiset er vns auff die
Menschliche Natur Christi / das er ein wahrer
Mensch sey. Dann Christus ist ein halb Jahr lenger
vnd langsamer geboren vnnd in das Predigampt
auffgetreten / als Johannes / das Christus aber
auch warer GOtt sey / das stehet in diesen Worten
/ da Johannes sagt / Johan. 1.welcher vor mir gewesen ist. Dann
Christus ist der eingeborne Sohn Gottes / der in
der Schoß des Vaters Mich. 5.ist / welches ausgang von anfang
vnd von ewigkeit 2.her gewesen ist. Darnach so hat Johannes
auch geprediget von dem Ampt des HErrn Christi /
der hat es vns verkündiget / Niemand spricht er /
hat Gott je gesehen / der eingeborne Sohn / der in
des Vaters schoß ist / der hat es vns verkündiget.
Item von seiner fülle haben wir alle genommen /
Gnad vmb Gnad. Denn das Gesetze ist durch Mosen
gegeben / die Gnade vnd Warheit ist durch Ihesum
Christum worden. Item / Er wird mit dem Heiligen
Geist teuffen / als wolt er sagen / CHristus
allein vergibt die Sünde / aus lauter gnade / vnd
ernewert vnsere hertzen durch seinen Geist /
machet vns zu Kindern Gottes / vnd Erben des
ewigen lebens.
3.
Das hatte biß hero Johannes der Teuffer von dem
HErrn Christo geprediget. Wie aber vnd auff was weis vnnd wege / oder
durch welches mittel der HErr Messias vns solche
güter werde erlangen vnd zu wegen bringen / dauon
hat er biß hero nicht so eigentlich geredet /
derowegen so thut ers jetzunder mit diesen
herrlichen worten: Siehe / das ist Gottes Lamb /
Welches der Welt Sünde tregt. Damit er vns
anzeigen wollen. Sollen wir in Himmel kommen / so
müsse es allein der HErr CHristus thun / der vns
aus gnaden die sünde vergeben / gerecht vnd ewig
selig machen wil. Das ist nun eins / so wir vns
bey dem ersten Wörtlein / Siehe / zu erinnern
haben.
Darnach müssen wir auch auslegen das Wörtlein
Lamb / vnd die vrsachen bedencken / warumb
derAGNVS. HErr
CHristus also genennet werde / deren vns
fürnemlich dreyerlei in Gottes Wort werden
fürgehalten. Dann erstlich / ob man wol im alten
Testament /1.
von allerley Thieren vnd Gevögel hat opffern
können / als von Tauben vnd Turteltauben / von
Ochsen / Rindern / die rote Kühe / Wider / Böcke
vnd Ziegen / Schaff vnd Lemmer: so ist doch kein
gethier vnter allen Opffern / das man so fein vnd
eigentlich / mit seiner art vnd eigenschafft könte
auff den HErrn Christum verziehen vnnd auslegen /
als eben die Opffer von einem Lamb. Denn gleich
wie es vmb ein Lamb ist ein1. mild / gütig /
freundlich vnd sanfftmütig Thierlein / es stosset nicht vmb sich wie ein Ochß
/ es schlegt nicht wie ein Pferd / es beisset
nicht wie ein hund / also ist CHristus ein
freundlicher / gütiger / holdseliger vnd demütiger
Psal. 45.HErr /
wie Dauid saget: Du bist der schönest vnter der
Menschen kinder / holdselig sein deine Lippen / er
hat ein sanfftmütiges vnd demütiges hertz / wie er
Math. 11.selbs
sagt: Ich bin sanfftmütig vnd von hertzen demütig
/ wie dann sonderlich von seiner demut der Heilige
Philip. 2.Apostel
Paulus schreibet: Ein jeglicher sey gesinnet / wie
Jesus Christus auch war / welcher / ob er wol in
Göttlicher gestalt war / hielt ers nicht für einen
raub / GOtt gleich sein / sondern eussert sich
selbst / vnd nam Knechts gestalt an / ward gleich
wie ein ander mensch / vnd an geberden als ein
Mensch erfunden / ernidriget sich selbst / vnd
ward gehorsam / biß zum tode / ja zum 2.tode am Creutze etc.
Darnach wie es vmb ein Lamb ist ein reines vnd
saubers Thierlein / es stincket nicht / wie ein
Bock: Also ist vns die Vnschuld vnd heiligkeit
Christi damit bezeichnet worden: Der ists / der
nie kein Wasser betrübet / vnnd ein reines Hertz
hat / wie die Esai.
53.Schrifft zeuget / das er niemand vnrecht
gethan hat / noch betrug in seinem Munde gewest
ist. Dessen sich der HErr CHristus auch mit
warheit rühmen mögen: Johan. 8.Welcher vnter euch kan mich einer
Sünde zeihen? Vnd so ich euch die Warheit sage /
warumb gleubet jhr mir nicht? Daher wird er genent
von S. Petro 1. Pet
1./ das vnschuldige vnd vnbefleckte Lämlein
Gottes. Wisset / spricht
er / daß jhr nicht mit vergenglichem silber oder
gold erlöset seid von ewrem eitelem Wandel / nach
Väterlicher weise / sondern mit dem tewren Blut
Christi / als eines vnschüldigen vnd vnbefleckten
Lammes. Zu deme / so ist es vmb ein Lamb ein
stilles vnd3.
gedültiges Thierlein / es pflegt nicht zu schreyen
/ wie andere thier / wenn es zur schlachtbanck
gefüret wird / es rechet sich auch nicht selbst /
sondern lesset mit jhme rmbgehen / wie man wil /
vnnd ist gedültig: also hat auch vnser lieber HErr
Ihesus Christus gantz willig vnd gedültig / Todt
vnd Marter für vns gelitten / wie Esaias redet: Da
er gestrafft vnnd gemartert war /Esal. 53. that er
seinen Mund nicht auff / wie ein Lamb das zur
Schlachtbanck geführet wird / vnd wie ein Schaff /
das erstummet für seinem Scherer / vnd seinen Mund
nicht auffthut. Vnd S. Petrus: Christus hat für
vns1. Pet. 2.
gelitten / vn vns ein fürbilde
gelassen / daß jr solt nachfolgen seinen
Fußstapffen / welcher keine Sünde gethan hat / ist
auch kein betrug in seine munde
erfunden / welcher nit wider schalt / da er
gescholten ward / Nicht drewet / da er leidet / er
stellet es aber dem heim / der da recht richtet.
Endlich / so wissen wir alle / daß es vmb4. ein Lamb ist ein
nutzbares Thierlein / dann alles was an jhme ist /
kan man rahtsamlich gebt auchen /: Das Blut so
thewer / hat seinen nutz: die Wollen braucht man
zur kleidung: den Leib zur speise / zum guten
essen vnd köstlichem Gebratens / aus den Därmen
machet man Seyten / die man
braucht zur Music vnnd allerhand lieblichen
Seitenspiel / die einen Menschen ergetzen vnd
frölich machen. Einen solchen nutz vnd krafft
habe wir auch von dem HErrn
Christo. Durch Esa.
53.seine Wunden seind wir geheilet. Das
Blut Ihesu 1. Joh.
1.Christi / des Sohns Gottes / machet vns
rein von aller sünden / das er vmb vnsert willen
reichlich vergossen hat / vnd das zu dreyen
vnterschiedlichen malen / wie die Alten sehr fein
geredet haben. Erstlich tröpffleins Luc. 2.weise / in
seiner Beschneidunge / vnd am Oelberg / Luc. 22.da er blutigen
schweiß geschwitzet / Darnach rennen Joh. 19.weiß in seiner
Passion / da er mit Dornen wird gekrönet /
gegeisselt / daß jhme das Blut vber den gantzen
Leib rennet / vnd dann auch Bach vnd stramweiß an
der Schedelstet / da man jhme hende vnd füsse
durchgraben / seine seiten mit einem Speer
geöffnet / darauß Joh.
19.vnterschiedlich Wasser vnnd Blut / wie
zwey starcke Brunnen röhren daher gesprungen sein
/ wie dann die Schrifft redet / das Blut vnd
Wasser daraus geflossen sey.
Also bekleidet vns der HErr Christus mit seiner
Esa. 61.vnschuld
/ wie Esaias sagt: Er hat vns angezogen mit
kleidern des Heyls / vnd mit dem Rock der
Gerechtigkeit gekleidet. Daß gleicher weiß / wie
ein Mensch mit seinem kleide bedecken kan ein
abschewliche Kranckheit seines Leibs / daß der
schaden nicht bald gesehen wird: Also werden wir
bedecket mit dem mantel der vnschuld des HErrn Christi / vmb
dessen willen GOtt vnsere Sünde nicht mehr ansehen
wil / sondern aus gnaden / vmb Christi willen
verzeyhen / sintemal er vns von Gott gemacht ist
zur weisheit / vnd zur Gerechtigkeit /1 Cor. 1. vnd zur
heiligung vnd zur erlösunge. Von dem kleide sagt
auch Paulus: Ihr seid alle Gottes kinder
durchGal. 3. den
Glauben an Ihesu Christo. Dann wie viel ewer
getaufft sein / die haben Christum angezogen. Zu
deme / so gibt vns auch der HErr CHristus sein
Fleisch vnd Blut zu essen vnd zu trincken / vnd
wird vns zu einer köstlichen speise vnd tranck /
dadurch wir zu dem ewigen leben erhalten werden.
Welche speise vns nicht allein in der Predigt des
heiligen Euangelions auffgetragen vnd fürgesetzt
wird / dauon S. Paulus sagt / Ich scheme mich des
Euangelions von Christo nicht /Rom. 1. denn es ist
eine krafft Gottes / die da selig machet alle die
daran gleuben / die Jüden fürnemlich vnd auch die
Griechen: Sondern auch in dem heiligen vnd
hochwirdigen Abendmal / darinnen vns der HErr
Christus seinen wahren Leib vnd Blut zu einem
pfand hat eingesetzt / daß wir nicht zweiffeln /
sondern für gewiß wissen sollen / daß wir durch
jhnen haben erlanget vergebunge der sünden / vnd
das ewige leben. Endlich / so haben wir auch an
vnserm lieben HErrn Ihesu Christo / lauter freude
vnd wonne: durch jhnen können wir jauchtzen vnd
frölich sein / auch mitten im tode vn sterben. Denn wir wissen / daß CHristus ist
vnser leben /Phil.
1.
vnnd sterben vnser gewinn.
Sonsten findet man in der Welt kein seitenspiel /
das den Todt könte vertreiben: Aber vnser HErr
Christus kans / der schaffet vnd machet / daß wir
vns des Todes halber nicht entsetzen / ob er wol
sonst grausam vnd bitter ist / das wir jhme doch
mit rechten warem Glauben vnter augen sehen / vnd
mit freudigkeit denselben antreten / als die wir
nu aus Gottes wort gelernet haben / daß vns der
Todt so gar nicht schedlich / sondern viel mehr
nützlich vnd beförderlich sein muß / wie Christus
saget daß er vns die Joh. 5.Thür auffthue zu dem ewigen leben.
Dessen sich dann zu allen zeiten die fromen
getröstet / sonderlich Job am Job. 19.19. Cap. Ich
weiß daß mein Erlöser lebet / vnd er wird mich
hernach aus der Erden auffer wecken / vnd werde
darnach mit dieser meiner Haut vmbgeben werden /
vnd werde in meinem Fleisch GOtt sehen / denselben
werde ich mir sehen / vnd meine augen werden jn
schawen / vnd kein frembder. Dessen hat sich auch
der alte Luc.
2.Simeon getröstet / daß er mit freuden das
Nunc dimittis, singet / vnd gerne sterben wil: Nun
HErr lessestu deinen Diener im frieden fahren /
wie du gesagt hast / dann meine augen haben deinen
Heilandt gesehen / welchen du bereitet hast für
allen Völckern / ein Liecht zu erleuchten die
Heyden / vnd zum preiß deines Volcks Israel.
Dessen hat sich auch der heilige Paulus Phil. 1.getröstet / da
er spricht: Ich habe lust abzuscheiden / vnd bey
Christo zu sein. Vnd in der Apostel Get schicht am 7. Capit. lesen
wir von dem heiligen Ertzmerterer Stephano / das
er aus krafft dieses Trosts / da er den Himmel
offen gesehen / vnd des Menschen Sohn zur rechten
Gottes stehen / nur entschlaffen sey.
Das ist nun eine vrsach / warumb der HErr
Christus werde ein Lamb genennet / vmb der
vergleichung willen mit dem Lamb. Das ist nun wol
nicht vnrecht / noch wider die Schrifft geredet.
Es ist aber zum andernII. gantz vnd gar kein zweifel / sondern
gewiß vnd offenbar / das S. Johannes sihet auff
das Leuitische Priesterthumb / da man teglichs
viel geopffert / welches alles war ein vorbild
oder bedeutunge des künfftigen verföhnopffers /
das vnser HErr IHesus selbst am stammen des
Heiligen Creutzes an seinem Leibe werde verrichten
/ welches vns sonderlich ist durch das Osterlamb
fürgebildet worden / dauon wir lesen im andern
Buch Mose am 12 Capitel / Daß Gott seinemExod. 12. Volcke den
Jüden in Aegypten befohlen / sie solten alle Jahr
Ostern halten / der gestalt / daß sie nemen ein
Lamb / da kein feel an ist / ein Mänlein / das
solten sie nemen von den andern Lämmern aus der
Herde / vnd schlachten / mit seinem Blut solten
sie beyde pfosten an der thür / vnd die oberste
schwelle bestreiche / das fleisch
solt man braten / vnd mit vngesewrtem Brodt /
darzu mit besondern Ceremonien essen / welches
alles war ein Memoriale, oder gedechtnis der
grossen Gnade Gottes / da er sein volck durch eine
mechtige hand aus Aegypten
geführet / vnd durch den Engel des Verderbers alle
erste geburt erwürget / der Jüden aber geschonet /
so jhre heuser mit des Lams Blut
bestrichen. Diß alles ist ein Vorbild gewesen des
HErrn Christi / der ist das rechte Osterlamb /
dauon Paulus sagt 1. Cor. 5. 1. Cor. 5.Wir haben
auch ein Osterlamb / das ist Christus / für vns
geopffert / Welche Wort er sonder zweiffel aus
Esa. 53.dem
Propheten Esaia genommen hat / da er auch ein Lamb
genennet wird / das zur Schlachtbanck geführet
I.ist. Denn
gleicher weise / wie der Jüden Osterlamb hat ohne
feil vnd mangel sein sollen: also ist Christus der
HErr ohne sünde vnd tadel / nicht allein so viel
belanget seine heilige Göttliche Natur / da er ist
die Vnschuld vnd Gerechtigkeit selbs: sondern auch
was betrifft seine Menschliche Natur / da hat er
auch keine Sünde nie gethan / wie droben gesagt /
ist auch kein betrug Psal. 45.in seinem Munde erfunden. Er ist
ohne mackel / weil er der schönest vnter allen
Menschen kindern. Er ist ein Mänlein / wie er in
der Apostel Geschicht genennet Act. 2.wird / Ein Man
von GOtt vnter dem Volck / mit thaten / mit wunder
vnd zeichen beweiset: mechtig vnd Mich. 2.starck / als
der Durchbrecher / der als ein König seinem Volck
fürgehet vnd einführet in das ewige leben: Er ist
auch genommen mitten aus der Herde / das ist aus
dem Volcke Israel / denn er war ein geborner Jude
/ vnd eben der Prophet / dauon Moses geweissaget:
Einen Deut.
18.Propheten / wie mich / wird der HErr
dein GOtt dir erwecken /
aus dir vnnd aus deinen Brüdern / dem soltu
gehorchen.
Darnach / wie man das Osterlämlein hat
sollenII.
schlachten / vnd mit seinem Blut die thür pfosten
besprengen / also hat auch der HErr Christus /
nach dem aus bedachtem raht vnd fürsehunge GOttes
er ergeben war / sollen getödtet werden vnd
sterben / vnd sein Blut vergiessen für die Sünde
der gantzen Welt / daß wir also durch jne das
rechte leben bekomen möchten.
Zu deme so hat das Osterlämlein müssen
gebratenIII.
werden. Also ist Christus am stammen des Creutzes
in grosser hitz des zorns Gottes / vnd heisser
liebe gegen vns gebraten worden / wie wir in dem
gewönlichen Osterlied singen: Hie ist das rechte
Osterlamb / dauon Gott hat gebote /
das ist an des Creutzes stam / in heisser lieb
gebraten / des Blut zeichnet vnser Thür / das helt
der Glaub dem Tode für / der würger kan vns nicht
rüren. Vnd ist jme freylich so heiß worden / daß
er auch der Hellen flammen empfunden.
Endlich so hat man auch das Osterlämlein
müssenIV. essen.
Das legt der HErr Christus von sich selbst aus /
Johan. 6. Mein Fleisch ist die rechte Speise /
vndJohan 6. mein
Blut ist der rechte Tranck wer mein Fleisch jsset
vn mein Blut trincket / der bleibt
in mir vnd ich in jme. Das geschiehet nun nicht
allein Spiritualiter, oder Geistlicher weiß / wie
die Caluinisten lehren / wen wir
vns durch einen rechten waren Glauben / den HErrn
Christum eigen machen: sondern
auch Sacramentaliter seu oraliter, das ist im
heiligen hochwirdigen Abendmal / darinnen vns der
HErr Christus warhafftig vnd gegenwertig mit Brod
vnd Wein / seinen Leib vnd Blut schencket vnd
darreichet / vnnd vergewisset vns damit / das wir
haben verzeihunge der Sünden / vnd das ewige
leben.
Wie wir nun sonsten vmb zweyerley vrsachen
willen eusserliche vnd leibliche speiß zu vns
nemen. Erstlich / daß wir den hunger stillen / vnd
bey guter gesundheit den Leib erhalten mögen.
Darnach auch vmb wollusts willen / sonderlich wenn
die Speise köstlich / gut vnd vns angenem ist:
Also kan vns allein vnser HErr Ihesus Christus den
hunger vnd durst vnserer Seelen stillen vnd
leschen Wann vns die Sünde anficht / daß wir aus
Gottes Wort wissen vnd vns trösten mögen / wie das
alle vnsere sünde in dem Blut Jesu Christi
erseufft vnd bezalet seind / ja daß sie Gott in
Mich. 7.das Meer
geworffen / da es am tieffesten ist / vnd wolle
derselben nimmermehr gedencken.
So kan auch gewißlich einem frommen Hertzen
nicht mehr freud vnd wollust widerfahren / als
wenn es aus Gottes Wort höret / das Christus
saget: Sey getrost mein Sohn / dir sind deine
Sünde vergeben. Item / daß er vnser Mitler vnd
Fürsprecher sey / bey Rom. 8.dem Vater / wie S. Paulus saget:
Wer wil die auserwelten Gottes beschüldigen? Gott
ist hie / der da gerecht machet / wer wil verdammen? CHristus
ist hie / der gestorben ist / ja viel mehr / der
auch aufferwecket ist / welcher ist zur rechten
Gottes vnd vertrit vns. Was ist tröstlichers / als
das Christus saget / Er sey inJoh. 14. vns vnd wir
in jme / vnd sollen ewiglich leben. Item er wol
stets bey vnd vmb vns sein / vns in keiner not
verlassenMatth.
vlt. / sondern herausser reissen / vnd zu
ehren bringen /Psal.
91. daß er vns sein heil möge zeigen / vnd
mit langem leben setigen / das ist / vns geben das
ewige leben / wie dann Christus selbst den trost
führet / Joh. 14. Ewer HertzeJoh. 14. erschrecke
nicht / gleubet an Gott vnd gleubet an mich / In
meines Vaters Hause seind viel Wohnungen / wanns
nicht so were / so wolte ich zu euch sagen / ich
gehe hin / euch die stete zubereiten / vnd ob ich
hingieng / euch die stete zubereiten / wil ich
doch wider kommen / vnd euch zu mir nemen / auff
daß jr seid da ich bin / vnd abermals Joh. 10.
Meine Schaffe hören meine stimmeJoh. 10. / vnd ich
kenne sie / vnd sie folgen mir / vnd ich gebe
jhnen das ewige leben / vnnd sie werden nimmermehr
vmbkommen / vnnd niemandts wird sie aus meiner
hand reissen. Dann das ist die verheissunge / die
er vns1. Joh. 2.
verheissen hat das ewige leben.
Wann nun jetzunder jhrer etliche bey einander
an einem Tische sitzen solten / welche alle vmb
jhrer Mißhandlung willen solten sterben / vnd
hingerichtet werden / vnd aber / es keme der
Landesfürst selber zu jhnen vnd sagete / Wolan /
wem ich den Becher werde in die
hand geben / der sol auffstehen / vnd frey vnd
ledig ausgehen? Mit was frewden / meinet jhr / daß
ein solcher gefangener den Becher nemen würde?
Also waren wir alle vmb der Sünden willen vnter
Gottes zorn / verdampt vnd verurtheilet zum ewigen
Tode / Da kömpt nun vnser lieber HErr IHesus
Christus / der Dan.
12.rechte grosse Fürst / zeiget vnd beut
vns da den bittern Kelch / so er am Oelberg für
vns ausgetruncken / vnd Joh. 8.sagt: Wer mein Wort helt / vnnd
gleubt an mich / der wird den Tod nicht sehen
ewiglich / das ist / seine Sünde sollen jhme zur
verdamnis nicht zugerechnet werden / die seind
jhme vmb Christi willen verziehen / vnd Joh. 5.durch den Tod
sol er hindurch dringen zum ewigen leben. Eben das
war vns auch im alten Testament fürgebildet durch
das Iuge Sacrificium, da man alle tag muste zwey
Lämmer schlachten / vnd dieselbe morgens vnd
abends dem HErrn auffopffern / zur anzeigunge /
daß Ihesus Christus sein werde / das rechte
Lämlein Gottes / der sich für die Sünde der
gantzen Welt / am stammen des heiligen Creutzes
werde schlachten Esa.
50.vnd auffopffern lassen / wie Esaias
sagt: Ich hielte meinen Rücken dar / denen die
mich schlugen / vnd meine Wangen / denen / die
mich reufften / mein angesicht verbarg ich nicht
für schmach vnd speichel / vnd Jeremias Jere. 11.am 11.
spricht: Ich bins / den sie als ein Schaff zur
schlachtbanck geführet / ich wuste nicht / daß sie
wider mich gerahtschlaget hetten / vnd gesagt /
Lasset vns den Baum mit
seinen früchten verderben / vnd jn aus dem Land
der lebendigen ausrotten / daß seines Namens
nimmermehr gedacht werde / vnd das ist nun die
ander vrsach / darumb S. Johannes den HErrn
Christum einem Lamb vergleichet hat.
Zum dritten / so wird er auch sonder zweiffel
auffIII. das 53.
Capitel Esaiae gesehen haben. Da mit gantz hellen
vnd klaren worten der HERR Christus / ein Lamb
genennet wird / das zur schlachtbanck wird
geführetEsal.
53. / vnd darbeneben hinzu setzet / eben
was hie S. Johannes hat / daß Gott der Vater alle
vnsere sünde auff jn geworffe hab /
daß er dieselbe für vns am Creutze tragen solte /
wie denn die wort des Propheten lauten: Fürwar /
Er trug vnsere Kranckheit / vnd lud auff sich
vnser schmertzen / wir aber hielten jhn für den /
der geplagt / vnd von GOtt geschlagen vnd
gemartert were / aber er ist vmb vnser Missethat
willen verwundet / vnnd vmb vnser Sünde willen
zurschlagen die Straff liegt auff jhme / auff daß
wir friede hetten / vnd durch seine Wunden seind
wir geheilet. Vnd bald hernacher: Da er gestrafft
vnd gemartert ward / thet er seinen Mund nicht
auff / wie ein Lamb / das zur Schlachtbanck
geführet wird / vnd wie ein Schaff / das erstummet
für seinem Scherer / vnd seinen mund nicht
auffthut. Er setzet auch gleich drauff die Krafft
des leidens Christi / wenn er sein leben zum
Schuldopffer gegeben hat / so wird er Samen haben
/ vnd in die lenge leben vnd
des HErrn fürnemen / das ist / sein will vnd werck
/ das er im sinn hat / nemlich / die Erlösunge der
Menschen / wird durch seine Hand fortgehen /
darumb das sein Seel gearbeitet hat / wird er
seine lust sehen vnd die fülle haben / vnnd durch
sein erkentniß wird er mein Knecht / der Gerechte
viel gerecht machen / dann er tregt jhre Sünde /
welches alles von dem HErrn Christo mus ausgelegt
werden / als dann der heilige Geist diß gantze
Capittel durch den Apostel Philippum hat ausgelegt
/ dem Kemmerer der Königin Act. 8.Candaces aus
Moren Land durch welche Predig er jhnen auch
bekehret das er sich Teuffen lassen / vnd zu einem
Christen worden. Eben also legt es aus S. 1. Pet. 2.Petrus: Der
HErr Christus selbst habe vnsere sünde Geopffert
an seinem Leib / auff dem Holtz / auff das wir der
Sünden abgestorben / der Gerechtigkeit lebten.
Noch herrlicher legts vns aus die Epistel an die
Hebr. 10.Hebreer:
Das Gesetz hat den schatte von den
zukünfftigen Gütern / nicht das wesen der Güter
selbst. Dann es ist vnmüglich / durch Ochsen vnd
Bocks Blut sünde wegnemen / darumb / da der HErr
Christus in die Psal.
40.Welt kompt / spricht er aus dem 40.
Psalm: Opffer vnd Gaben hastu nicht gewolt / den
Leib aberhastu mir zubereitet / da sprach ich /
siehe / ich komme / hie bin ich / Im Buch (in der
Bibel) stehet fürnemlich von mir geschrieben / das
ich thun sol Gott deinen willen. Ecce volui, id
est, facio libenter hie bin ich vnd wil das Opffer für der Welt Sünde
gern verbringen vnd sterben / wie der HErr in
seinem letzten Abendmahl zu seinen Jüngern sagt:
Mich hat Hertzlich verlangetLuc. 22. / diß
Osterlamb mit euch zu essen / Wie dann der HErr
Christus selbs seinen Feinden entgege gangen / vnd ob er jnen wol hett entrinnen
können / so lest er sich doch willig fangen vnd
binden / vnd vollbringet also an seinem eigenen
Leib / das versühn Opffer für die Sünde der Welt /
dadurch wir alle geheiliget sind einmahl / durch
das Opffer des Leibes Ihesu Christi.
Das seind nun die drey vrsachen / darumb
Johannes der Teuffer / den Messiam ein Lamb nennet
/ als wolt er sagen: Man hat bißher viel
geprediget durch wort vnd Zeichen / von dem Leiden
vnd sterben Christi / der ist nun komen / vnd mitten vnter euch getreten / Sihe / das
ist das rechte Lamb GOttes / durch die im alten
Testament bedeutet / der ist nun verhanden / der
tregt die Sünde der Welt / vnd ist in keinemActo. 4. andern Heyl /
ist auch kein ander Nam den Menschen gegeben /
darinnen wir sollen selig werden.
Endlich / so haben wir bey diesem ersten
stücklein auch das dritte Wörtlein zu bedencken /
das Christus nicht allein schlecht wird genennet
das Lamb / sondern mit einem zusatz / Sihe / das
ist Gottes Lamb /DEI. damit denn S. Johannes diß Lemblein
absondern vnd vnterscheiden wollen / von denen /
dauon wir erst nach der lenge
geredet / vnd aus den vnuernünfftigen Thieren zu
den Opffern genommen seind. Die haben nun sünde
nicht können hinweg nemen / sondern allein auff
Christum gewiesen / dessen Opffer ein genugsame
bezalunge ist für aller Welt Sünde. Dann darzu hat
GOtt der Vater diß Lemblein verordnet / vnd seinen
Sohn zum Opffer dahin gegeben / darauff er gelegt
hat alle vnsere Sünde / zwar nicht nur mit blossen
Ceuit. 16.worten
/ wie der Hohepriester im alten Testament mit
aufflegung seiner hende / alle missethat der
Kinder Israel / vnd alle vbertrettunge jhrer
Sünden / dem Bock hat aufflegen sollen /
verfluchen vnnd in die Wüsten lauffen lassen / da
weder er / noch der Bock etwas gelitten / sondern
/ es ist GOtt ernst gewesen / der aller Welt Sünde
seinem Sohn auffgelegt / daß er dieselbe tragen /
das ist / für sie leiden vnd sterben / büssen vnd
bezahlen solte / mit dem herben vnd bittern Tode
des Creutzes. Darumb gefelt auch GOtt dieses Lambs
Opffer so wol / es ist jme lieb vnd angenem / denn
es ist Gottes Lamb / vnd stirbet also für vnsere
sünde / nicht ein pur lauter schlechter Mensch /
sondern GOttes Sohn leidet für vns in angenommenen
Fleisch / wie S. Petrus saget. Derwegen auch die
Gelerten dafür halten / daß eben darumb der
Articulus . Ecce Agnus
ille Dei, in der Griechischen Sprach zu finden sey
/ welchen der Syrus hat hernacher gesetzt / Ecce
Agnus Dei ille. Siehe Gottes Lamb ist das / das
der Welt sünde tregt.
Lieber möcht einer fragen / Warumb muste eben
Gottes Sohn für der Welt sünde leiden vnd sterben
/ oder / warumb muste eben Gottes Lamb ein opffer
für der Welt sünde werden / hette es nicht durch
einen andern heiligen Menschen oder Engel können
verrichtet werden? Nein / lieben Freunde / dann
weil die hohe Göttliche Mayestet im Himmel war von
dem Menschen beleidiget worden / muste widerumb
ein andere hohe Person im Himmel / gleicher
Mayestet vom Himel kommen / vnd Mensch werden /
auff daß er könte leiden / vnd ein Mitler sein
zwischen Gott dem Vater / vnd dem Menschlichen
Geschlecht. Dann mit GOtt handeln / ist nicht
eines schlechten menschen thun / sintemal auch die
Engel den zorn Gottes nicht erdulden können.
Darnach weil nicht allein für etliche vnd geringe
Sünde solte ein Opffer geschehen / sondern auch
für alle zugleich / vnd also für die aller grösten
sünden / könte solches nicht volbracht werden /
durch eine geringe Person / sondern es muste
herhalten vnd bezahlen die höheste Person vnter
allen Menschen / auff daß solcher hohen Person
leiden vnd sterben were eine genugsame bezalunge
vnd ein wirdiger abtrag für aller Welt sünde. Zu
deme / so hette ein blosser Mensch den zorn Gottes
gegen vnd wider die Sünde nicht dulden vnd tragen
können / er hette darob müssen verzagen / darumb
es ein solcher Mensch sein muste / der zugleich
auch Gottes ewiger vnd allmechtiger Sohn were / so
bleibet nun ewig wahr / was
Paulus sagt: Es ist ein . Tim. 2.Gott vnd ein Mitler zwischen GOtt
vnd den Menschen / Der Mensch Christus / der sich
selbs gegeben hat für alle zur erlösunge / etc.
Dessen leiden vnd sterben vberwegt alle vnsere
Sünde / wie groß / mechtig / vielfaltig vnd
grewlich auch dieselbigen seind. Das Hebr. 9.zeiget vns auch
die Epistel an die Hebreer an: Denn Num. 19.so der Ochsen
vnnd Böcke Blut / vnd die Aschen von der roten
Kuhe besprenget / heiliget die vnreinen zu der
Leiblichen reinigkeit / wie viel mehr wird das
Blut Christi / der sich selbst ohne allen wandel
durch den heiligen Geist Gott geopffert hat /
vnser Gewissen reinigen von den todten wercken /
zu dienen dem lebendigen Gott. Welches dan in der warheit ein groß werck ist /
daß Christus nit allein für vnsere sünde leidet
vnd stirbet / sondern auch daß er gantz gedultig
vnd mit aller freudigkeit diß opffer hat
verrichtet. Wer ist vnter vns / der vmb eines
seiner gute freund willen jme
selbst ließ ein arm oder eine hand abhawen? keiner
thut das. Solte es einer leiden vmb seines Feindes
willen / du würdest jhme wünschen / das er keinen
Kopff darzu hette? Das thut aber der HErr Christus
/ vnd preiset Rom.
5.damit seine liebe gegen vns / daß er für
vns gestorben ist / da wir noch Sünder vnd seine
Feinde waren. Wie jemmerlich ist er gemartert
vn geplaget worden / daß es auch
einem Heyden erbarmet / der saget: Ecce Homo, vnd
es Dauid zuuor im Geist gesehen / da er in der person Christi also
saget: Sie haben meine HendePsal. 22. vnd füsse
durchgraben / ich möchte alle meine gebein zelen /
ich bin außgeschütt wie ein wasser / alle meine
Gebeine haben sich zertrennet / Mein hertz ist in
meinem Leibe wie zerschmoltzen Wachs / meine
Krefften seind vertrucknet / wie eine scherbe /
vnd meine zunge klebt an meinem Gaumen etc.
II.
Zum andern / Was hat denn diß Lämblein gethan /
vnd ausgericht / da es in die Welt kommen?
SAnct Johannes sagt / es habe getragen Sihe /
das ist Gottes Lamb / welchs der welt sünde tregt.
Sonsten darff ein Lamb nicht tragen / noch viel
weniger wird es in einen wagen gespannet / daß es
solte ziehen. Aber dieses Lam
Gottes / der HErr Christus hat eine grosse schwere
last getrage / nemlich der welt
sünde. Diese Wort müssen wir auch nicht so vberhin
hören / sondern so wol als die vorgehende mit besonderm fleiß er wegen vnd
betrachten. Vnd erstlich / das hie stehet vom
tragen. Welches da tregt /TOLLENS.
, wissen die Gelerten wol
/ daß dieses wörtkein in der H. Schrifft
fürnemlich in zweyerley verstand gebraucht wird.
Erstlich / quando aliquid ex vno loco transfertur
in aliu, das ist / wen man etwas von eine ort nimt / vnd bringets an einen andern / wie
wir lesen von der Bundeslade / dz
sie aus Silo sol abgeholet / vn
1. Sam. 4. v.
3.zu dem Volck GOttes in jhr Lager gebracht
werden / damit sie Sieg möchten haben / wider jhre
Feinde / die Philister. So lesen wir vom Obadia /
des Königs 1. Reg. 18.
v. 12.Ahas Heuptman / das er sagt zum
Propheten Elia / wenn er hingienge vnd dem König
anzeigen thete / das Elias verhanden were / so
würde jhn hie zwischen der Geist des HErrn
wegnemen / weiß nicht wohin / darüber er wol
dürffte erwürget werden / wenn Ahas keme / vnd
fünde jhn nicht.
II.
Darnach gebraucht die heilige Schrifft diß Wort
auch in dem verstand / quando onus aliquod
portatur, wenn man eine etwas
aufflegt / das er tragen sol.
In der meinunge stehet es von den dienern
Salomonis 1. Reg. 5. v.
15./ daß er siebentzig tausend Man gehabt
hab / 2. Paral. 2. v.
18. , portantes
onera. Die last getragen zum Gebew des Tempels zu
Jerusalem. So stehet es im Exod. 25. v. 14.andern
Buch Mose am 25. Cap. Da Gott dem Mosi befahle /
wie man stangen sol machen / vnd mit Gold
vberziehen / damit zu tragen die Lade des Bundes /
, vt portetur in eis.
Also stehet es auch 1.
Sam. 14. v. 1.von des Jonathans
Waffentreger: Et dicit Ionathan ferenti arma eius,
. Also redet die Schrifft
von dem Schildtreger Goliath / 1. Sam. 17. v. 7.Gerens
arma eius antecedebat eum, . Wann wir nun den rechten Brunnen besichtigen
wollen / daraus dieser Wörter verstand geschöpffet
worden / werden sie sich finde in
der heiligen Sprach / so
auch zwey solche wörter hat. NASA, das heist /
tollere, auferre, transferre, hinnemen / oder
dannen thun. Darnach Sabal, heist eigentlich
tragen / welches beydes die Griechen mit dem wort
gegeben haben. Dieweil
aber der Prophet Esaias im 53. Capit. diß Wort in
beyderley verstand gebraucht hat de Messia
portante & auferente peccata nostra, das ist /
daß Christus vnsere Sünde von vns hinweg genommen
/ vnnd an seinem Leib getragen habe: Als wird es
sich finden / daß in den Worten Johannis eine
besondere Emphasis vnd krafft stecken muß / da er
saget: CHristus sey GOttes Lamb / das der Welt
Sünde trage. Denn erstlich so nimpt er die sünde
hinweg von vns /I.
Esai. 53. v. 6. vnd nimpts auff sich vnd
tregts / wie Esaias sagt: Der HErr warff vnser
aller Sünde auff jhn / darauß offenbar / daß der
HErr Christus für sich keine Sünde an jhme gehabt
/ sondern daß er mit frembden sünden behafftet vnd
beladen gewesen / nemlich / mit vnsern sünden /
die er von vns genommen vnd auff sich gelegt hat.
Darnach so nimpt der HErr Christus die SündeII. von vns / vnd
ladets auff sich / die weil er selbs / wie Petrus
sagt / vnsere Sünde geopffert hat an seinem Leibe
/ auff dem Holtze / daß nun vns die Sünde nicht
mehr vmb des heiligen verdiensts Christi willen /
wird zu der verdamnis zugerechnet. Zum dritten /
so thutIII. Esa.
38. der HErr Christus durch seine
versöhnunge / die sünde so ferne von vns / daß er
sie alle hinter seinem Rücken hat / ja / damit GOtt der Vater
derselbigen nicht Mich.
7. IV.mehr gedencke / so wirfft er sie ins
Meer / da es am aller tieffesten ist. Endlich / so
hebt der HErr Christus auch an / hie auff Erden in
vns durch die gnade vnd krafft des heiligen
Geistes / die sünde zu tödten / wird es aber
vollenden am Jüngsten tag / wenn wir aufferstehen
ohne Sünde / vnd eingehen werden zu dem ewigen
Leben. Also herrlich nun seind diese Wort in der
heiligen Schrifft erkleret / wie sichs auch der
Prophet Nathan gebraucht hat / da er den König
Dauid wegen seiner begangenen Sünde absoluiret.
Ich habe / 2. Sam.
12spricht Dauid / gesündiget wider den
HERRN. Da Dominus
transtulit peccatum
tuum.sprach Nathan zu jhme. So hat auch der
HErr deine sünde weggenommen. Du wirst nit
sterben. Vnd Dauid selbst hernacher / als er
gesehen daß der Engel des HErrn vmb seiner Sünde
willen / darumb daß er das 2. Sam. 24 v. 10.Volck
gezehlet / mit grausamer Pestilentz gestrafft /
saget: HErr / siehe / ich habe schwerlich
gesündiget / daß ich das gethan habe / vnd nun
HErr / nimme wegk die Misset hat deines Knechts /
dann ich habe sehr thörlich gethan. Ob nun wol das
für sich selbs ein besondere gnade GOttes ist /
daß Christus die Sünde von vns weggenommen vnd
getragen hat: so wird sie doch viel herrlicher
vnnd scheinbarlicher / wann wir bedencken / was es
vmb die Sünde für ein grosse vnd schwere Last sey.
Den Gottlosen zwar / scheinet es vmb die Sünde ein
leicht ding sein / deren sie baldt köndten
vergessen: wann wir aber
bedencken / was an der sünden hanget / da wird es
sich finden / daß es gewißlich vmb die sünde ein
solche schwere last sey / die den Menschen sencket
vnd bringet in das ewige verderben. Dann erstlich
so1. Deut. 4.
hanget an der sünden der zorn Gottes / ein
brennend vnd verzehrend fewer / vnd eben vmb der
sünden willen zürnet Gott mit vns / wie Esaias
sagt: Ewer VntugendEsa.
59. scheiden euch vnd ewren GOtt von
einander / vnd ewre sünde verbergen das angesicht
von euch / daß jhr nicht gehöret werdet. Wo nun
die Sünde einmal auffwachet / vnd das Gewissen
lebendig wird / da wird einem Menschen angst vnd
bang / die gantze Welt ist jhme zu enge / daß er
nicht weiß / wo aus oder ein: wie Job schreyet:
Die Hand GOttes habe jhn gerüret / man sol sich
seiner erbarmen. So ists dem König Dauid gange / Deine hand / spricht er / war tag
vnd nachtPsal.
32. schwer auff mir / daß mein safft
vertrockete / wie es im Sommer dürr wird. Vnd
abermals: Meine SündePsal. 38. gehen vber mein Haupt / wie eine
schwere last seind sie mir zu schwer worden. Deine
pfeil stecken in mir / vnd deine Hand trucket mich
/ etc. Wann einen Gottes gewalt getroffen hat / so
pflegen wir zu sagen / die Hand Gottes habe jhn
gerürt. Da liegt der Mensch wie ein stock vnd
block / ohn allen verstand vnd bewegunge. Eben so
bald ists mit dem Menschen anders worden / wenn
jhn die Sünde thut anklagen / die können wir
keines wegs leugnen / noch viel weniger vns
vnserer guten werck rühmen /
vnd müssen mit Paulo sagen: Rom. 3.Wir seind
allzumal sünder / vnd mangeln des ruhms / 2.den wir an Gott haben
sollen. Es hanget auch an der sünden / schand vnd
spott / wie jhr wisset / daß vnsere erste Gen. 3.Eltern gleich
nach dem fall für Gott geflogen sein / als vor
deme sie sich schemen müssen / vnd jhn nicht mehr
ansehen / noch mit jhme reden dürffen. Diese
schmach ist auch vff vns geerbet / daß wir alle
mit dem Dan.
9.Propheten Daniel sagen müssen / Wir haben
gesündiget / vnrecht gethan / seind Gottloß
gewesen vnd abtrünnig worden / wir seind von
deinen Geboten vnd Rechten gewichen / etc. Du HErr
bist gerecht / wir aber müssen vns schemen / vnd
mit dem König Dauid: Psal. 106.Wir haben gesündiget sampt
vnsern Vetern / wir haben mißhandelt vnd seind
Gottloß gewesen. Darauff 3.dann gehöret die straffe der Sünden /
allerley kranckheit vnd schmertzen: wie GOtt dem
Weib gedrawet Gen.
3.hat / daß er jhr viel schmertzen schaffen
wolle etc. Vnd dem Man / daß der gantze Erdboden
vmb seinet willen verflucht ist / vnd muß es jhm
eben sawer genug lassen werden. Der Fluch gehet
auch vber alle vnsere Kinder vnd Nachkömling / wie
man siehet / daß wir mit schmertzen werde geboren / mit schmertzen vnd
bekümmernis werden wir aufferzogen / wir führen
ein elendes leben biß in die gruben / biß wir mit
schmertzen wider 4. Rom.
6.absterben / wie dann der Tod selbs der
sünden sold ist / vnd zwar nicht alleine der
zeitliche / sondern auch
der ewige Todt / wie Moses redet / Verflucht sey /
werDeut. 27
nicht alle Wort dieses Gesetzes erfüllet. In summa
/ es hangen an der sünden alle Teuffel / die vns
an Leib vnd Seel begeren zuuerderben. Denn wie ein
Hencker / einen gefangenen mit stricken bindet /
vnd führet wie er wil: Also ist die Sünde nichts
anders / als des Teuffels band vnd strick / damit
er die Leute zeucht in abgrund der Hellen / wie
solches an dem Gottlosen Cain / dem verrähter Juda
/ am Saul / vnd Achitophel zu sehen / die auch mit
einer solchen schweren sünden last getrucket
worden / daß sie endlich verzweifelt / sich selbst
jemmerlich erwürget haben / vnd also mit Leib vnd
Seel dem Teuffel seind zugefahren. Diese schwere
Last nun hat der Christus auff sich genommen vnnd
getragen / wie wir im Geistlichen Lied singen: O
Lamb Gottes vnschüldig / am stammen des Creutzes
geschlachtet / allezeit gefunden gedültig / wiewol
du warest verachtet / alle Sünde hastu getragen /
sonst müsten wir verzagen / Erbarm dich vnser O
Jesu. Das ist eins / dessen wir vns bey dem
Wörtlein / Tragen / zu erinnern.
Darnach / so haben wir auch zu mercken das
wörtlein / Sünd. Sanct Johannes redet nicht in
pluraliPECCA
TVM. numero, Tollens peccata, sondern in
singulari, Tollens peccatum, Er tregt die Sünde.
Was ists denn für eine sünde? Tregt der HErr
Christus allein die Erbsünde / wie etliche lehren
/ daß er allein für dieselbige gestorben: Die andere sünde aber /
so man nennet Actualia, die wir selbs gethan haben
/ müssen wir selber büssen / vnd dafür gnug thun?
Nein / liebe freunde / das ist eine falsche lehre
/ vnd gereichet dem reichen vnd volkommenen
verdienst Christi zur schmach vnd vnehr / sondern
er verstehet ins gemein / alle Sünden / sie haben
einen Namen wie sie wollen / vnd seyen so groß /
als sie immer sein können vnnd mögen / die hat diß
Lämblein GOttes getragen / wie Thomas selbs die
Meinunge Theophili erkleret / alles was Sünd heist
/ aller Sünd vnd Vntugend Last vnd beschwernis /
Wust vnd Vnflat / desgleichen die Straffe der
Sünden / vnd derselben sold vnd woluerdiente
straff / als da ist GOttes zorn / der Fluch des
Gesetzes / der Todt selbst / vnd was dem anhanget
/ wie dann kein straffe der Sünden kan erdacht
werden / die der HErr Christus nicht getragen
hette. Wir haben droben gehört / daß die Sünde
verdiene spott vnd schand / Christus muß vmb
vnsert willen verspottet / geschendet vn geschmehet werden / die Sünde
verdienet / daß man einen menschen gefangen neme
vnd binde: Der HErr Christus muß vmb vnsert willen
/ als ein Vbelthäter gefangen vnd gebunden werden
/ Die sünde verdienet / dz man einen vbelthäter
ausfüret / vnd an leib vn leben
lesset straffen: Der HErr Christus muß aus der
stadt Jerusalem gestossen / vnd an Rabenstein
gefüret werden. Der sünden sold ist der Todt / den
muß auch Christus
leiden / vnd nicht allein eines schmertzlichen /
sondern auch schmelichen todes sterben / dauon im
Gesetz geschrieben stehet: Verflucht sey der am
Holtz hanget. Die letzte straffe der Sünden ist
die helle vnd das verdamniß / dahin muß auch der
HErr Christus fahren / wie wir in vnserm
Christlichen glauben bekennen / daß er auch für
vns ein duck in die Helle gethan habe / damit er
dem Teuffel sein Reich zerstörte / vnd vns
widerumb machte einen zugang zu Gottes reich / vnd
zu dem ewigen leben. In summa / wie Matth. 3.
geschriebenMath.
3. steht / so hat der HErr Christus alle
gerechtigkeit des Gesetzes erfüllet. Also hat nun
der HErr Christus allein die sünde gebüsset vnd
bezalet / vnd vns das ewige leben verdienet.
Darumb sollen wir an Jesum Christum gleuben / so
helt vns Gott aus lauter gnade /
von wegen Jesu Christi dafur / als wan wir nie keine sünde gethan / vnd alle
Gebot Gottes volkommenlich erfüllet hetten. Das
hat auch S. Johannes der Teuffer wol gesehen /
darumb er hinzu gesetzet / das dritte Wörtlein /
Welt. Tollens peccatum MVNDI,MVNDI. Das der Welt
Sünde tregt. Das leget vns aus der Heilige Apostel
vnd Euangelist Johannes: Meine Kindtlein / solches
schreibe ich euch / auff daß1. Joh 2. jhr nicht
sündiget / Vnnd ob jemandt sündiget / so haben wir
einen Fürsprecher bey dem Vater / IHesum CHrist /
der Gerecht ist / vnnd derselbige ist die
Versöhnung für vnsere Sünde / nicht allein aber
für die vnsere / sondern auch
für der gantzen Welt. Daraus folget / daß alle die
/ so von anbegin der Welt her seind selig worden /
nicht durch die Opffer Mose / noch jhre eigne
Wercke / sondern allein durch den Glauben an diß
Lämleins blut / das ist / an Ihesum Christum /
sein selig worden.
Es wil auch Johannes diß Wörtlein / das
Christus tregt der Welt Sünd / entgegen setzen den
opffern des Leuitischen Priesterthumbs / welches
allein seind gewest Versöhnopffer für die Sünde
des Jüdischen Volcks: Aber dieses Lam / Christus Jesus / tregt aller Welt sünde / vnd
hat sich dieses Trosts niemand selbst zu berauben
/ so fern allein der Mensch / durch einen rechten
Glauben jhme solche gnade Gottes appliciret vnd
eigen machet.
Noch eins haben wir bey diesen Worten zu
bedencken / nemlich / die schönen gedancken des
heiligen vnd Chrysostomus.alten Lehrers Chrysostomi:
Der schreibet vber diesen Spruch also: S. Johannes
habe nicht gesagt in praesenti, , Qui tollit, Er tregts. Auch
nicht in praeterito, Tulit, Er hats getragen /
noch in futuro, Tollet, Er wirds tragen: sondern
brauche ein Participium praesentis temporis,
, Tollens, Einer der
tregt / damit er vns einen Continuum actum, das
ist / eine ewige jmmerwerende handlunge
zuuerstehen gebe / vnd daß diß eigentlich hie auff
Erden das Ampt des HErrn Christi sey / Die Sünde
tragen vnd hinwegnemen / wie es die Epistel an die Hebreer
außleget / daß der HErr Christus allen denen / die
jhme gehorsamHebr.
5. seind / sey ein vrsach worden zur ewigen
seligkeit. Vnd darumb / daß er ewig bleibe / hat
er ein vnuergenglichHebr. 7. Priesterthumb / dahero er auch
selig machen kan jmmerdar / die durch jn zu
Gottkommen / vnd lebet jmmerdar vnd bittet für
sie. Vnnd das geschiehet fürnemlich auff dreyerley
weise. Erstlich / so bleibet die1. krafft / die macht
vnd das vermögen der versöhnunge Christi / so
einmal am Creutz geschehen / jmmerdar vndHebr. 10. für vnd für
/ wie zu den Hebr. am 10. geschrieben stehet / das
offtmals die Priester einerley Opffer gethan /
welche nimmermehr die Sünde konten abnemen /
Christus aber hab ein Opffer für die sünde
geopffert / das ewiglich gilt / sitzt nun zur
rechten GOttes / vnd wartet hinfurt / biß daß
seine Feinde zum Schemel seinerPsal. 110. füsse
gelegt werden Dann mit einem Opffer hat er in
ewigkeit vollendet / die geheiliget werden / ja
das Opffer gilt von anfang der Welt her / wie in
der Offenbarung Johannis stehet / Agnus occisus ab
origineApoc. 13.
mundi, Daß diß Lamb von anbegin der Welt erwürget
sey. Darnach / wann vnd so offt wir nut Gott2. versöhnet werden /
so mus diß Lamb vnsere Sünde tragen / zwar nicht /
daß Christus auff ein newes für vnsere Sünden
sterben vnd gecreutziget werden mus: sondern daß
er vns durch die gnade vnd krafft des H. Geistes
im Wort vnnd Sacrament solche gnade lasse anbieten vnd vns zueignen / daß /
ob wol in vnserm Rom.
7.Fleisch wohnet nichts guts / so können
wir dennoch bestehen für Gottes Gericht / vnd
geniessen der Fürbitte Christi / vmb dessen willen
vnsere Sünde bedecket vnd vns nicht zugeeignet
werden / wie Dauid Psal. 32. redet: Psal. 32.Wol dem / dem
die Vbertretung vergeben seind / dem die Sunde
bedecket ist / Wol dem Menschen / dem der HErr die
Missethat nicht zurechnet.
Endlich so tregt der HErr CHristus auch vnsere
Sünde / Mortificatione & sanctificatione, das
wir derselben von tag zu tag je lenger je mehr
absterben / vnd vns in rechtschaffener Heiligkeit
vnd Gerechtigkeit / dem lieben Gott zu dienen
ergeben / welcher newer gehorsam hie allein seinen
anfang vnd wachsthumb oder zunemen hat / dort aber
im ewigen leben sol vollendet werden. Das seind
nun feine gedancken vber ERASMVS.diesen Spruch: Andere Lehrer haben
jhn auch tieff erwogen / weil S. Johannes
fürnemlich rede von der versöhnunge / da CHristus
an seinem eigenen Leib / 1. Pet. 2.vnsere Sünde am holtz getragen
vnd bezahlet / haben sie die sache vmb bessers
verstandes willen / durch eine bekante Gleichniß
erkleren wollen / als wenn man saget: Helleborum
purgat. Dieses Kraut oder Wurtzel purgiret vnd
reiniget des Menschen Leib / so werde dadurch
nicht ein Actus oder Handlung verstanden / als ob
dieses Kreutlein nur einmal zu einer zeit diese
purgirende krafft habe: sondern es sey seine
eigentliche natürliche
krafft vnd wirckung / so von Natur demselben
eingepflantzet worden: Eben also seyen auch diese
Wort zuuerstehen / daß Christus sey das Lamb
Gottes / welches da tregt die Sünde der Welt.
Gleich aber wie keine Artzney / als heilsam sie
auch ist / dem Krancken helffen vnd zur gesundheit
dienen kan / wo er sich derselben nicht wolte
gebrauchen / vnd zu sich nemen: Also ist vnd
bleibet wol die krafft des Leidens vnd sterbens
Christi jmmerdar / die Sünde hinweg zu nemen vnd
zu tragen / es nutzet vnd dienet aber allein den
jenigen / die solche heilsame vnd Geistliche
Artzney der Seelen / mit rechtem warem Glauben
annemen / wie Johannis 1. geschrieben stehet: Wie
viel jhn aber auffnamen / denen gab er macht
GOttes Kinder zuJoh.
1. werden.
Nun ist noch vberig / daß wir sagen / was der
HErr Christus für ein Reff gehabt / darin er der
Welt sünde getragen? Das erste ist gewesen seine
Krippen / da hat der HErr Christus angefangen zu
tragen / daß weil es vmb die Sünde ein elend
bettelhafftig ding ist / so hat er auch in
höchster armut vnd elend auff diese welt wollen
geboren werden / wie wir in dem Weihenacht Liede
singen: Er ist auff Erden kommen arm / daß er
vnser sich erbarm / vnd vns im Himmel machet reich
/ vnnd seinen lieben Engeln gleich. Darnach so ist
sein gantzes Leben nichts anders gewest / dann ein
stetiges leiden / biß zum tode des Creutzes / daß
jhme so schwer worden / daß er
darunter versincken mögen. Gleich wie es einem
gehet / der in grosser Sonne hitz
wandeln vnd darzu schwer tragen sol / dem gehet
der Schweiß aus es dürstet jn / daß jme die zunge
am Gaumen klebet / vnd meinet / er müsse
erliege: Also klaget der HErr Psal. 22.Christus / daß
er wie ein Wasser sey ausgeschütt. Alle seine
Gebeine haben sich zertrent / sein Hertz im Leibe
sey wie zerschmoltzen Wachs / alle seine Krefften
seyen vertrocknet etc. Das alles er vmb vnsern
willen leiden wollen / vnsere Sünde damit zu
büssen vnd zu bezalen / vnnd vns widerumb bey GOtt
dem Vater zu gnaden zu bringen / daß wir nun mit
dem Heiligen Paulo sagen mögen: Ich bin gewiß /
daß weder Todt noch Leben / weder Engel noch
Fürstenthumb / noch gewalt / weder gegenwertiges
noch zukünfftiges / weder hohes noch tieffes /
noch keine andere Creatur / mag vns scheiden von
der liebe Gottes / die in Christo Jesu ist vnserm
HErrn.
Ob nun wol deme also / wie bißhero nach der
lenge erzelet so findet man doch leider viel Leute
/ welche den HErrn Christum dieser ehre berauben /
vnd jhn nicht allein wollen lassen den Sünden
treger sein / sondern wollen mit helffen tragen /
Wie das sonderlich geschicht im Papsthumb / da man
die Leute nicht einig vnd allein weiset auff den
Verdienst Christi / sondern auch auff jhre eigne
Wercke / damit sie jhre Sünde büssen vnd bey GOtt
aussöhnen mögen. Das ist eine schmelerunge des reichen verdiensis
Christi / der allein hat die Kelter getreten / vnd
S. Paulus zu den Ephes.Esa. 63. 2. sagt: Aus gnaden seid jhr
selig worden durch denEph. 2. Glauben / vnd dasselbige nicht aus
euch / Gottes gabe ist es / nicht aus den Wercken
/ auff daß sich nicht jemandes rühme. Sonderlich
aber wird erschreckliche Abgötterey vn Aberglauben mit de
Agnus Dei, so im Papsthumb wird aus Wachs
zubereitet / deme sie auch zugelegt / daß es eben
die Krafft vnd wirckunge habe / die das rechte
lebendige Lamb GOttes hat / wie die nach folgende
Verß solches bezeugen / vnd lauter zu erkennen
geben / die der Papst Vrbanus Quintus mit dreyen
Agnus Dei an den Griechischen Keyser nach
Constantinopel geschicket:
Balsamus & munda cora cum
Chrismatis vnda
Hi versus extant in I.
1. Ceremoniaru Curiae Romanae. Tit.
7. in fine.
Conficiunt Agnum, quod munus do
tibi magnum
Fonte velut natum, per mystica
sanctificatum
Fulgura desursum depellit, omne
malignum
Peccatum frangit, vt Christi
sanguis & angit
Praegnans seruatur, simul &
partus liberatur
Munera fert dignis, virtutem
destruet ignis
Portatus mundè, de fluctibus
eripit vndae.
Diese Verß mögen also in Teutsche Keymen
gebracht werden:
Der Balsam vnd das Wachs so rein Der Chrisam
vnd der Tauffestein Darauß wird das Agnus gemacht
Für eine grosse gabe / dir
jetzt gebracht Das heiliget / wie die Tauff das
Kind Vnd vertreibt die Blixen geschwind / Darzu
verjagt es alles Gespänst Vnd bricht der Sünden
grosse angst Nicht anders / als Christi Blut Mit
seiner krafft wircken thut Die Feinde bringt es in
die noht / Vnd hilfft den schwangern aus dem tod
Die wirdig sind / die thut es ehrn Vnd wird des
fewers macht zustörn So es wird getragen schön Die
Wellen dich nicht vbergehn.
Solche grewliche Abgötterey / falsche vnd
verdamliche Lehre / wider die Heilige Schrifft /
wird also im Pastumb getrieben / daß sie nicht
leugnen können / wie solches nicht allein jre
eigne Scribenten / sondern auch jr tegliche
Practic vnd Kirchenordnung oder Ceremonien
bezeugen.
Darnach wollen auch die jenigen den HERRN
Christum der sünden last nicht lassen tragen / die
endlich in jhren sünden verzweiffeln / wie wir am
Cain sehen: Gen.
4.Meine Sünde / sagt er / ist grösser /
denn daß sie mir vergeben werden möge. Mentiris
Cain, sagt Augustinus / Du leugest Cain / wann
einer aller Welt sünde begangen / so ist doch
Gottes gnade vnd Barmhertzigkeit grösser / der
allen bußfertigen vnd gleubigen Sündern dieselbe vmb CHristi
willen wil widerfaren lassen / wie Esaias sagt /
Waschet / reiniget euch /Esat. 1. thut ewer
böses wesen von meinen Augen / etc. Wenn ewre
Sünde gleich blutrot ist / sol sie doch schneeweiß
werden.
Lieber / möcht einer fragen / was ist dann die
vrsach / daß jhr so viel verdampt werden / vnd
nicht jederman der Sünden loß wird / ob sie wol
der HErr Christus getragen hat? Daran ist Christus
nicht schüldig. Er ist drumb hie / daß er der
gantzen Welt Sünde trage / sondern die Leut selbs
seind daran schüldig / die wollen die Sünde nicht
von sich werffen / begeren derer nicht loß zu sein
/ fahren jmer fort in jhrem
Gottlosen leben / vnd dencken wol nimmermehr an
die buß vn besserunge shres lebens
/ vnd verblendet sie der leidige Teuffel / daß sie
die schwere Last jhrer sünde nicht fülen / wann
sie dann zum schweresten worden / so lesset er sie
fallen / daß endlich der Mensch beginnet
zuuerzagen vnd zuuerz weiffeln / wie es nun eine
grosse thorheit an einem Menschen were / wenn
einer eine gantz schwere Last trüge / darunter er
müste versincken / ein ander keme / vnd wolte die
Last von jhme nemen / er aber wolte dieselbige
nicht von sich werffen / sondern ehe darüber zu
grund gehen / also thörlich handeln auch die
Gottlosen / Christus ist hie / wil die Sünde gerne
hinweg nemen / sie wollen aber / die Last nicht
von sich werffen. Gedencket nur was Christus von
einer Sünde sagt / vom
Ergerniß: Wer der geringsten einen / die an mich
gleuben / ergert / dem were besser / sagt CHristus
/ daß ein Mülstein an seinen Halß gehangen würde /
vnd erseufft würde im Meer / da es am tieffsten
ist. Der wegen so lasset vns bey zeiten busse
wircken / wie die Nimuiter gethan haben / von
denen Christus sagt / daß sie Jon. 3. Math. 2. Psal.
95.nach der Predigt Jonae Buß gethan haben
/ vnd vns der heilige Geist vermahnet: Heute so
jhr hören werdet seine stimme / so verstockt ewre
Hertzen nicht. Lasset Hebr. 3.vns aber in sünden nit verzagen /
sondern vns trösten des heiligen verdiensts Jesu
Christi / vnd von Hertzen festiglich gleuben / daß
er alle vnsere Sünde am Creutz getragen / gebüsset
vnd bezalet habe. Das ist / wie S. Paulus redet /
daß er sey dahin gegeben vmb vnserer Rom. 4.Sünde willen /
vnd von wegen vnserer Gerechtigkeit wider umb von
den Todten aufferstanden. Lasset vns auch dem
lieben Gott dafür von hertzen danckbar sein / vnd
gedencken / wir wollen hinfür der der sünden
müssig gehen / vnd ein Christlich ehrlich leben
führen / wie Matth.
5.vns CHristus vermanet: Lasset ewer Liecht
leuchten fur den Leuten / daß sie ewre gute Wercke
sehen / vnd ewren Vater im Himmel preisen. Folget
nach dem HErrn Christo / wie von den frommen
geschrieben stehet: Apoc. 14.Sequuntur Agnum, quocunque ierit.
Sie folgen dem Lamb nach / wo es hingehet. Wie nun
CHristus der HErr tregt die Sünde der Welt / also
sollen wir auch vnter einander der sünden last
trage helffen. Zwar nicht der meinunge / daß wir die
Sünde könten oder wolten damit büssen / denn das
hat allem der HErr Christus gethan / sondern daß
wir vns nach der Lehre Pauli verhalten: Lieben
Brüder / so ein Mensch etwa von einem feel
vbereilet wird / so helfft jhme wider zu rechte /
mit sanfftmütigem Geist. Ihr die jhr Geistlich
seid / vnd siehe auff dich selbs / daß du nit auch
versuchet werdest / Einer trage des andern last /
so werdet jhr das Gesetz CHristi erfüllen. Dadurch
er verstehet alle mengel vnd feele / daß wir
einander etwas zu gut halten / aus Christlicher
brüderlicher liebe / wie vns S. Petrus vermanet:
Für allen dingen habt vntereinander1. Pet. 4. eine
brünstige Liebe. Dann die Liebe decket auch der
Sünden menge. Das ist / wer seinen Nehesten liebet
/ der lesset sich nicht erzürnen / sondern
vertreget alles / wie viel an jme gesündiget wird
/ das heisset der Sünden menge decken / wie Paulus
redet. Die Liebe vertreget alles. Darnach lasset
vns auch die art1. Cor.
13. eines Lambs an vns nemen / das kennet
seinen Hirten / Joh. 10. Ich kenne meine
Schäfflein / vnd bin bekant den meinen / das ist /
sie kenne mich / daß wir den HErrn
CHristum dafür halten / der er ist / für vnsern
König vnd Hohenpriester / der vns schützet vnd
schirmet / wider die Sünde / Tod / Teuffel vnd
Helle. Der vns verbittet vnd vertrit vor Gott dem
Vater / vnd sich selbst für vns ohn allen wandel
am heiligen Creutz hat auffgeopffert / auff daß
wir der Sünden abgestorben / hinförder GOtt leben / wir haben
gehört / daß ein Lamb sey ein gedültiges
Thierlein: Also sollen wir auch die tugenden an
vns nemen / daß wir nicht allein in allerley
Creutz vnd wider wertigkeit dem lieben Gott stille
halten / vnd mit gedult der besserunge erwarten /
sondern auch vntereinander gedult haben / wie vns
S. Rom. 12.Paulus
vermanet: Vergeltet nicht böses mit bösem /
fleissiget euch der Erbarkeit gegen jederman / ist
es müglich / so viel an euch ist / so haltet mit
allen Menschen friede / Rechet euch nicht selber /
meine liebsten / Deut.
23.sondern gebet raum dem zorn (Gottes.)
Denn es stehet Prou.
21.geschrieben: Die Rach ist mein / ich wil
vergelten / spricht der HErr. Endlich / wie ein
Lamb ist ein nützlich Thierlein / daß dem Menschen
mit allem so an jme ist / dienen kan / Also sollen
billich wir Christen einander allen dienst vnd
freundtschafft erzeigen / einander zuspringen /
rahten vnd helffen / nach vnserm eussersten können
vnd vermöge / nach der vermanung
Christi / die Johan. 15. geschrieben stehet: Ein
new Gebot gebe ich euch / daß jhr euch
vntereinander liebet / darbey wird man erkennen /
daß jhr meine Jünger / das ist / rechtschaffene
Christen seid.
NB.
Das sey nun also kürtzlich vnnd einfeltig / so
viel müglich gewest / geredet von der außlegunge
vnd erklerunge dieses herrlichen schönen vnnd
tröstlichen Spruchs / welchen ich / wie im anfang
der predigt vermeldet / darumb zu erkleren
fürgenommen / weil sich
desselben dieser Edle / nunmehr verstorbene / aber
selige Jungker beydes in seinem leben vnd sterben
von Hertzen angenommen vnd getröstet.
Was nun sein Person vnd herkommen belangen thut
/ wann es billich für eine besondere gabe GOttes
zu achten / so ein altes ehrliches vnnd Adeliches
Geschlecht erhalten wird / wil ich gleich dauon
den anfang machen. Klar vnd offenbar ist es aus
den Historien / daß schon vor 300. vnd mehr Jaren
/ die Mynsinger jhrer getrewen / redlichen vnnd
tapffern diensten halben bey Keyser / Königen /
Fürsten / Herrn / vnd vornemen Reichstedten in
grosser authoritet vnd ansehen gewest sein Denn
als die Schweitzer jhr
vnd eigen Regiment auffgerichtet / vnd durch lang
wirige Kriege / allenthalben der Adel entweder gar
ausgerottet / oder aber aus dem Lande vertrieben
worden: hat das Vnglück auch die Mynsinger
getroffen / die domals das Schweitzerland
verlassen / vnd in Schwaben / in das Land
Wirtenberg kommen / darinnen noch am Necker das
Castell Frundeck / jhr domals Adelicher sitz /
thut liegen. So lieset man von Johan Mynsingern /
der vngefehrlich für zwey hundert jahren gelebt /
daß er der löblichen freyen Reichstadt Vlm /
meinem vielgeliebten Vaterland / mit diensten
verwandt gewest / vnnd von Eberhardo Barbato, dem
ersten Hertzogen zu Wirtemberg außgebeten worden /
daß er mit jhme ins gelobte Land zum Heiligen
Grabe gezogen / wie er
denn hernach zum andernmal mit Keyser Friderichen
dem dritten / diese Reise widerumb sol volbracht
haben.
Dessen Sohn hernacher / Josephus genant /
Keyser Carln des fünfften / vnd seines bruders
Ferdinandi fürnemer Raht gewest ist / im Land zu
Wirtemberg / als Hertzog Vlrich funfftzehen Jahr
daraus vertrieben worden.
Was Joachim Mynsingern (so allhie in dieser
Kirchen sein begrebniß vor augen) für ein
hochbegabter Man gewest / das ist vns allen wol
bekant / daß er dieses löblichen Hauses
Braunschweig getrewer Cantzler viel Jahr gewest /
vnnd sich nicht allein vmb die löbliche hohe Schul
allhie / so er im Namen vnnd von wegen
Keyserlicher Mayestat hat helffen introducirn vnd
einführe / sondern auch vmb das
gantze Land wol verdienet hat. Vnd wenn er sonsten
nichts mehr ausgerichtet / so were doch diß
sonderlich lobens wert / daß er dem hochlöblichen
Fürsten Hertzog Julio zu Braunschweig etc. nun
hochseliger gedechtnis / darzu geholffen hat / daß
das löbliche Hoffgericht dieser Landen
auffgerichtet vnd angestellet worden / da die
liebe Iustitia gepflantzet vnd fortgesetzet / vnd
also gleiches Recht menniglichen ohn alles ansehen
der Person widerfehret. Des Cantzlers seligen drey
Brüder seind auch tapffere Kriegsleute gewest /
die sich in Niderlanden / als Hieronymus / vnd in
Franckreich / als Wernerus / gebrauchen lassen: Josephus aber der
Stadt Nörnberg Heuptman gewest / daraus zu ersehen
/ daß dieser Edle Jungker / eines alten ehrlichen
geschlechtes vnd herkomens / nicht
allein Vater: sondern auch Mutter halb / so eine
von Oldershausen / eines vhralten Adelichen
Geschlechts / in diesem löblichen Fürstenthumb
Braunschweig.
Nun helffen aber frembde Tugenden niemands: Wer
jhme einen guten Namen wil machen / der muß es
durch eigene Tugende zu wege bringen. Daß nun
solches dieser vnser verstorbene edle Jungker /
auch für seine Person gethan habe / daß mus jhme
menniglich zeugniß geben / die jhn gekennet haben
/ vnnd mit jhme seind vmbgangen. Dann weil jhn
GOtt mit einem trefflichen guten Ingenio begabet /
hat er auch dasselb wol angelegt vnd gebraucht /
vnnd was die studia betrifft / nicht alleine seine
linguas wol vnd gründlich gestudiret / daß er ein
guter Poet gewest / vnd ein schönes Carmen
geschrieben (wie er jme dann das leben Christi auß
der gantzen Euangelischen Historia, Carmine zu
beschreiben fürgenommen / auch solches werck
schier hat zum ende gebracht / vnd in solchen piis
meditationibus, damit er teglich vmbgangen /
gestorben) sondern auch in Iure so viel gestudiret
/ daß er wol einen Doctorem hette geben können.
Dann er in allen deliberationibus vnd Rechtsachen
/ was er nur angefangen vnnd fürgenommen /
dermassen also geschickt
gewesen / daß sich jederman vber seinem verstand
hat verwundert. Er ist ein solcher Musicus gewest
/ daß einer wol sage möchte / Ipsum
non factum, sed natum esse Musicum, da er beydes
im singen vnd Instrumenten excellens. Nicht baldt
solte ein Musicalisch Instrument zu finden sein /
das er nicht gewust künstlich vnd vernünfftig zu
gebrauchen. Zu dem figural hatte er eine solche
lust / daß er nicht allein auff hohen Festen /
sondern auch auff andern Sontagen sich selbst
offtmals zum Chor verfügte / vnd halff also
öffentlich den Gesang mit kunstreichen
Instrumenten verwalten vnnd verrichten / zu
förderst damit den lieben Gott zu loben / vnd den
figural Gesang damit zu zieren. Sonsten war auch
er seiner Faust ein Held / mit reiten / ringen /
springen / fechten / vnd was dergleichen mehr
Adeliche vbunge sein / darinnen er nicht bald
seines gleichen gefunden: vnd halte gewißlich
dafür / daß in Kriegssachen kein befehl / den er
nicht hette mit ehren bedienen können Darbeneben
aber war er demütig / der sich seiner herrlichen
gaben nichts vberhebete / vnd keinen Menschen
verachtet / sie waren jhme alle gleich gut / wer
jhn ansprach / dem begegnete er mit bescheidener
vernünfftiger Antwort / Vnd war sonderlich gantz
mild vnd freygebig gegen den armen / zu allen
zeiten. Darauß abzunemen / daß in diesem jungen
Edelman ein recht Heroicum ingenium vnd ein recht
Adelich Hertz vnnd Gemüt gewesen / das allein nach
ehr vnd tugend gestrebet.
Was denn sonsten sein leben belangen thut / vnd
sonderlich / wie er sich gegen GOtt verhalten /
dessen hat er von seinem Seelsorger ein herrlich
Zeugniß / daß er sich als eine rechte Christliche
Obrigkeit verhalten / nicht allein gegen seine
Vnterthanen / die er wol vnd weißlich regiret /
sondern auch gegen Gottes heiligem Ministerio vnd
Predigampt. Vnd weil er selbst gelehret war / hat
er nicht allein einen rechten verstand gehabt des
Worts GOttes / sondern auch von den Controuersiis
vernünfftig vnnd Gottselig wissen zu reden vnd zu
disputirn / also / daß er der warheit von Hertzen
zugethan / vnd aller Schwermereyen spinnen feind
gewest / keine Predig hat er bald verseumet /
dieselbe gerne besucht / vnnd gantz eyferig
angehöret / wie dann auch mit besonderer Reuerentz
vnd andacht die Heiligen Sacrament gebraucht /
gern vnd fleissig gebetet / beydes wann er zu
Gottes Tisch gangen / wie dann noch kurtz vor
seiner Kranckheit von jhm geschehen / oder bey der
Heiligen Tauffe zu Gevatter gestanden.
Er hat auch viel von seinem eigenen gut zur
ehre Gottes vnd zum Baw der Kirchen geben / wie er
denn noch dieses Jahr / ein statlichs zu
auffrichtung der Schulen zu grossen Alßleben
verordnet / der lieben Jugend zum besten / daß
auch dieselbe in aller Zucht vnd Erbarkeit möge
Christlich vnnd wol aufferzogen
werden. Vnd noch vor zweyen Monaten / hat er / mit
sampt seinem Bruder Jungker Heinrichen ein Model
hergeschickt / von einem vberauß künstlichen
schönen Predigstuel / der wol auff die
funffhundert Thaler kosten wird / damit sie diese
vnsere Kirchen begaben wollen.
Wie hertzlich er auch seinen einigen Bruder
geliebet / vnnd wie hinwiderumb derselbe sich mit
jhme mehr denn Brüderlich vertragen / dessen geben
jhme alle bekante zeugnis / daß wir wol den 133.
Psalm auff Psal.
133.jhn ziehen mögen: Siehe / wie fein vnnd
lieblich ists / daß Brüder eintrechtig bey
einander wohnen.
Ob er nun wol Dinstags den 5. Octobr. mit
geschwinder vnnd vnuorsehender Kranckheit befallen
/ welches zwar Fleisch vnd Blut / vnd sonderlich
Jungen vnd reichen Leuten wehe thut: So hat er
sich doch alsbaldt dem Willen GOttes mit aller
gedult gentzlich vnterworffen / demselben alle
seine Sünde gebeichtet vnd geklaget / vnd vmb
Christi willen Gnade gebeten / sich auch in seiner
gautzen werenden Kranckheit einig vnd allein
seines Erlösers vnnd Seligmachers Ihesu Christi
getröstet / sich selbs mit gleubigem inbrünstigen
Gebet in seine fünff Wunden gewickelt / vnd
festiglich geglaubt / wie Ihesus CHristus das Lamb
GOttes der gantzen Welt Sünde getragen: Also habe
er auch seine Sünde getragen / vnd mit seinem
thewren Blut bezahlet.
Endlich / als er den 16. Octobris vmb 2. vhr
vor Mittage nicht mehr reden können / vnd aber der
Diener Göttlichs Worts jhme nochmals den Gesang
vorgehalten / O Lamb GOttes vnschüldig / am stamme
des Creutzes geschlachtet etc wolt er an sein
mützlein greiffen / da er höret den Namen Ihesu
nennen / aber die Hand war jhm zu schwer / der
Todt range mit jhme / vnd ist gleich darauff
außgangen / als ein Liechtlein. Hat also in
rechter vnd wahrer erkentnis Ihesu Christi ein
recht Christliches vnd seliges ende genommen Vnd
ist kein zweiffel / er lebe allbereit vor Gott der
Seelen nach / so die liebe Engelein in Abrahams
Schoß getragen: Dem Leibe haben wir auch seine
letzte Ehr angethan vnd in seine darzu sonderliche
gewelbte statliche Begrebniß setzen lassen / da
sol er ruhen biß an den Jüngsten tag / da IHesus
Christus kommen / vnnd jhn auch widerumb von den
Todten zum ewigen leben aufferwecken wird. Wir
sollen vns aber zu frieden geben / vnd nicht
weinen / wie die Heyden1. Thess. 4. / die keine Hoffnung haben /
sondern gedencken an den schönen Spruch / der im
Buch der Weißheit geschrieben stehet: Der Gerechte
/ ob er gleich zu zeitlichSap. 4. stirbet / so
ist er doch in der ruhe. Denn das Alter ist
ehrlich / nicht das lange lebet oder viel Jahr
hat. Klugheit vnter den Menschen ist das rechte
grawe Haar / vnd ein vnbefleckt leben / ist das
rechte Alter. Denn er gefelt Gott wol / vnd ist
jhm lieb / vnd wird weggenomen aus dem Leben vnter den Sündern / vnd
wird hingerut daß die boßheit seinen verstand
nicht verkere / noch salsche Lehre seine Seel
betriege. Dann die bösen Erempel verführen vnd
verderben eim das gut / vnd die reitzende Lust
verkeret vnschüldige Hertzen. Er ist bald
volkommen worden / vnd hat viel Jahr erfüllet /
denn seine Seel gefellet GOtt. Darumb eilet er mit
jhm aus dem bösen leben.
Gott von Himmel / lehre vns solches erkennen /
vnnd beschere vns auch zu seiner zeit ein seliges
ende / vmb seines geliebten Sohns / vnsers HErrn
Ihesu Christi willen / welchem sampt dem Heiligen
Geist / sey lob vnd ehr / von nun an biß in
Ewigkeit / Amen.
I. ECLOGA LVGVBRIS:
IN IMMATVRAM ET LVCTVOSISSIMAM MORTEM NOBILIS, ET
VERE OMNIBVS VIRTVTIBVS PRAEDITI Iuuenis
SIGISMVNDI IVLII MYNSINgeri à Frundeck &c.
fratris sui longè dilectissimi.
LYCIDAS, VENATOR.
HAec vluosa Bodae gemuit per
pascua tristis
Venator Lycidas, dum mortem
fratris amati
Defleuit miserè, nec ei solatia
restant.
O vos Naiades nymphae vos
carmina flentis
Dicite, vos gemitus crebrasque
referte querellas:
Nam totiens miserum voluit per
gramina corpus,
Et lachrymis maduëre genae,
lacera vndique vestis
Permaduit, spretae sunt
abiectaeque cicutae.
Distractique canes, flerunt
tristesque moloßi:
Collachrymant fontes, miserans
Boda gurgite in imo
Ter gemit, & tristis per
saxa remurmurat Echo.
Lycid: Quis mihi, quis te te
rapuit dulcißime frater?
Frater curarum quondam
requiesque laborum,
Nunc dolor, aeternusque aegro
sub pectore luctus.
Sic me morte tua tristem
fractumque relinquis?
Siccine te volucri mors
abstulit impia curru?
Non secat ante diem immaturas
messor aristas,
Intempestiuas nec carpit
vinitor vuas,
Ante diem fera sed rupit tua
stamina Clotho.
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planct us.
Quem coluit Pallas, Mars,
Delius & Themis, eheu
Parcarum inuidia iacet, ô
crudelia fata,
Crudeles Parcae, debebat vosne
mouere.
Aetas, forma, genus, mores,
constantia, virtus?
Vah viuunt ventres, Centauri,
Sarnadopali.
Quique suos possunt tantum
vexare clientes,
Qui lucem in tenebras vertunt,
qui cuncta procaci
Conuellunt lingua, qui sancta
oracla rident.
Sedtua, te, frater nec mira
scientia rerum
Iuuit, nec pietas misero tibi
profuit insons:
Viuere, qui Pyleos annos
solesque perennes
Dignus eras, lumenque tuae
praetendere genti.
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planctus.
O dolor & lachrymae. Vidi
ah tua funera frater,
Non te nunc plebis posthac
astante caterua,
Victorem aspiciam volucri
certare sagitta,
Aut cantu, aut celeri socios
superare caballo.
Non tua frondentes mulcebit
tibia syluas,
Rara nec intonsi resonabunt
carmina montes,
Heu viuos inter latices, &
amoena vireta,
Non mecum posthac lustrabis
rura moloßis
Mane, nec vmbrosos cinges
indagine saltus,
Nos etenim à tencris concordes
viximus annis
Mens eademque fuit nobis
eademque voluntas:
Te defuncto igitur cur heu mihi
vita relicta est?
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planctus.
Ah ego si pro te possem
deponere vitam
Perque vias tristes migrare ad
sydera celi.
Testes celicoli, testis mihi
magnus Apollo,
Non me Parca ferox, non me nex
vnguibus atris
Nec dirae Eumenides terrerent.
Sponte lubensque
Sed tetra immitis gustarem
pocula mortis.
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planctus.
Felix, ô nimium lucus, dum
frater amatus
Te coluit, saliëre canes,
saliëre moloßi,
Luxuriastis oues, distentaeque
vbera lacte
Cum maribus laetae paßim
saliëre capellae.
O fortunati, queîs preßit terga
caballi
Sole recens orto, paßim vaga
turba volucrum
Cantabant, gryllique leues
ranaeque loquaces.
Et Boda miratus totiens
stillantia rore
Ora manu mulcens, virides è
gurgite crines
Arrexit, nymphaeque acres
stupuere caballos.
Pangitc lugubres mecum vaga
flumina planctus.
Nunc nemus infelix lugent per
compita fagi,
Lugent procerae duris in
montibus Orni,
Flent tiliae laeues, &
culmine fraxinus alto,
Flent corilae fragiles,
curuataque glandibus Ilex,
Collachrymant salices moesto
plangore, caballi
Vix trahitisque pedes per rura
arentia lassos,
Nil vobis sapit, at macerauit
corpora luctus:
Et pecus infelix deserta in
valle pererrat.
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planctus.
Quis nunc ô sonipes, quis nunc
tibi frena miselle
Inijciet? stabulo gemis, ah tua
pabula temnis.
Defunctumque doles dominum.
Quis moestule iam nunc
Quis sub consuetis grex te
custodiet vmbris
Latrata? iacet ecce Lacon
vlulansque Lycissa
Fluminibusque madent
lachrymarum flebile visu.
Flet domus Ahlslebiana, dolent
iuuenesque senesque.
Flent Dryades florumque Deae,
flent Naiades vdae.
Flent ranae, gryllique leues,
flet turba voluerum,
Flet Boda dilecta fugiens à
coniuge, mecum
Ingeminant amnes: Vidi ah tua
funera frater.
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planctus.
Quo nunc sunt litui? quo
tympana, plectra, tubaeque
Quo dilecta Chelys? quo fistula
dulcis, & Oda?
Quo studium Phoebi doctum? quo
carmen & ardor
Musarum, Suadaeque decus? Vah
omnia sordent.
Plectra iacent sine honore,
lyrae sine honore sepultae,
Et Chelys & cantus, litui
doctaeque sorores.
Quo tumulo frater recubas tecum
iacet omnis,
Et sonus & cantus, sonat
hîc lachrymabilis, eheu
Vndique, flebilibus sunt omnia
plena querelis:
Omnia sunt macies, sunt omnia
squallidus horror,
Sunt tenebrae, & tristis
laethi pallentis imago.
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planctus.
Heu quisnam mentem misero tunc
abstulit, heu quis
Auertit sensus mihi, cùm
dulcißime frater
Instaret tibi summa dies? ne
saeua viderem
Quam tibi Parca vicem, quam
sydera dira pararent.
Signa dabant equidem sortis
mihi fata futurae:
Nam celum obscuris torpebat
nubibus, & cùm
Ahlslebiam peterem, tenebris
fuit obruta turris
Totaque Bonkenbecka domus, nec
sustulit amnis
Rorantes crines: verum caput
abdidit vlua,
Ingemuëre vlulae, dedit omnia
tristia cornix:
Quis tamen, ah tantos ex his
instare dolores
Tamque immaturam potuisset
cernere mortem?
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planctus.
O ego te Bybli (quae fons ob
fratris amorem
Iam fluis) ipse sequi quîrem, ô
ego soluar in amnem
Ex lachrymis, totiens quas
tristi pectore fundo,
Sic quondam fidus veniens
venator ad vndam,
Fletibus ah chari fratris pia
fata dolebit,
Et tristem augebit lachrymis
manantibus amnem.
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planctus.
Tempore quo magni coniunx
pulcherrima vatis
Euridice, in talum serpentis
dente recepto,
Occidit, & furuas Erebi
descendit ad vndas,
Et miser Ismarius vehementi
impulsus amore
Ad manes abijt, pulsisque ad
carmina plectris
Euridices petijt properata
retexere fata:
Sic generum Cereris querulo
modulamine mouit.
Vt (licet haud toto crudelior
orbe Tyrannus)
Redderet Euridicen vati: ô si
Musa dedisset
Mî quoque Threiciam cytharam
quae flectere rupes,
Quae posset duras deducere
montibus Ornos,
Per stygias sedes, per lurida
regna silentum
Elysios peterem campos,
sedesque beatas,
Nec cythara aut fletu regem
mulcere supremum
(Cuius habet nullum larga
indulgentia finem)
Cessarem, viuus donec mihi
frater adesset.
Pangite lugubres mecum vaga
flumina planctus.
Quid loquor infelix? Nulla
reuocabilis arte
Est vita, haud nostras audit
Libitina querellas,
Cùm semel immitis rupit sua
stamina Parca.
Haud potuit functum fletu
reuocare maritum
Halcyone, Syringa suam non
corniger heros,
Nec lachrymis charum mater
Berecynthia natum
Cùm semel ad manes iuit,
fraterque vicißim
Ad nos non veniet, sed nos
veniemus ad illum.
Pangite lugubrcs mecum vaga
flumina planctus.
Quis tamen has iustas posset
retinere querellas?
Quis precor indomitos potis est
cohibere dolores?
Fleuimus & gemitus
luctantia verba repreßit,
Fleuimus & lachrymis
maduerunt gramina nostris,
Attamen, heu, nunquam cessat
dolor, at mihi vocem
Opprimit angor atrox, quatit
& singultibus imum
Pectus, anhelantemque animam,
non plura referre
Ah queo, iam moriar ripa hac,
dabit vlua sepulchrum.
Naiades nymphae vos haec mea
fata dolete
Effusis lachrymis, tumulum
conspergite iunco,
Canna vale, cecini totiens qua
Phyllidis ignes.
Vosque susurrantes lymphae,
viridesque recessus,
Natiuaeque vmbrae, quondam mea
cura, Valete.
Salueto aeternum frater mihi
chare, valeto
Aeternum in celis (vbi trinum
numen & vnum
Inter tot sanctos cantores
dulcisonanti
Concelebras Cythara) Dum
sanguis in oßibus vllu
His erit, atque oculis celi
conuexa tuebor,
Non tuus è nostro labetur
pectore vultus,
Nec desiderium. Salue
aeternumque valeto,
Germane ô dilecte mihi; lux
flosque tuorum,
Flosque equitum, donat moesto
hoc te carmine frater
Vnicus ille tuus, salue
aeternumque valeto.
Talia dum cecinit Venator,
tibia flentis
Decidit ex manibus, gemitumque
ter exhalabat,
Sponte dolens domini questus,
ter candida Nais
Aspiciens miserum lachrymas
sibi pollice siccat.
Quin salices ripis gemuëre,
canesque fideles
Nunc exhausta ferè lambebant
membra iacentis.
Interea per prata senex
spatiatus Amyntas
Aggreditur iuuenem suspiria
moesta trahentem,
Semianimemque dolens; verbis
conatur amicis
Flectere, sed vulnus nihil
insanabile curat.
Illum desertos nox intempesta
per agros,
Illum exorta dies inter
querceta videbat
Insomnem, gemitusque imo sub
corde prementem:
Si DEVS, ah, tantos vellet
lenire dolores.
Heinrich Albrecht Mynsinger von Frundeck /
luctu & moerore plenus inter lachrymas &
singultus faciebat.
II. ELEGIA.
SCilicet vt Dominus syluae
possessor opacae
Aedificaturus splendida tecta
domus.
Vmbrosa arboribus scrutatur
lustra, paratus,
Lignaque ad inceptos colligit
apta lares.
Fraxinus eligitur, quercusque
probatur, & ornus,
Comparat his firmas ad noua
tecta trabes.
Ligna sed, aedificans quorum
non percipit vsum
Colligit, ignito datque
cremenda foco.
Haud secus altitonans nemorum
qui plurima lustra
Praesidet, humanum scilicet
omne genus.
Singula perlustrat
crescentiaque aspicit, inde
Scindit, ad aetheream quae
videt apta domum,
Colligit & ramos, arbusta,
& inutile lignum,
In Phegetontaeas praecipitatque
lacus.
Hic, vbi Mynsigerum crescentem
vidit, & ille
Aedibus in nostris trabs bona,
dixit, erit,
Non huic Aonides, Themis, huic
non augur Apollo
Profuit, aut Charites. Omnia
morte cadunt.
Certamen subijt durum, vitamque
peregit,
Tumba tegit corpus, spiritus
astra petit.
Ascitusque choris celestibus
aurea tecta
Miratur, summo perfruiturque
bono.
Iam caecis iactata vadis videt
omnia mundi,
Nec statui reddi quo fuit ante
cupit.
Nil etenim prodest, superest
breue tempuseundi:
Caeàua, mortales, nil nisi
sylua sumus.
Aeternum salue, aeternum
Sigmunde valeto,
Et tua perpetuis florcat vrna
rosis.
Tempore quo iunctim nos Iulia
fouit alumnos
Quam mihi frat erno foedere
iunctus eras?
Tu studij consors mihi, tu
collega fuisti,
Nunc leuis ingesto clauderis
vmbra solo.
At licet ereptus, tamen hîc tua
fama manebit,
Vrna tegit corpus, tranat ad
astra decus.
Ludolff von Gittelde / cognato ceu fratri suo
amantissimo faciebat.
III. EPIGRAMMA.
QVem coluit Phoebus, Mauors,
Astraea, Minerua,
Ausa est laethali tollere Parca
manu.
O dirum facinus: debebat tene
mouere
Dira, aetas, mores, forma
venusta, genus?
Nam si virtutem spectes,
castisque politum
Ingenium studijs, iudiciumque
sagax:
Talis erat, dices, Sigmundus
Mynsiger, olim
Eximium poterat qui decus esse
suis.
Sed quid? Id haud mirum est:
abiectis parcere Parcae
Semper, at egregium dissoluisse
solet.
Ludolff von Marnholtz / auunculo suo charissimo
tristitia plenus faciebat.
THRENI PIIS MANIBVS, VERO
GENERIS SPLENDORE, ERVDITIONE, SYNCERA PIETATE,
VIRTVTVM, LAVDATISsimorumqueue exercitiorum
equestrium ornamentis cultissimi & nobilissimi
iuuenis.
SIGISMVNDI IVLII MYNSINGERI
AFRONDECK.
DVCATVS BRVNSVICENSIS CAmerarij,
hypothecarij in grossen Ahlßleben / &
haereditarij in Bönekenbeck / etc.
MAGNI ILLIVS ET PER EVROPAM
CELEBERRIMI, CLARISSImi, & consultißimi viri
IOACHIMI filij:
I.
VICERECTOR FRANCISCVS
PARCOVIVS MED. D. ET SENAtus Acad. IV L. S.
S.
VERISSIME à Sanctissimo vate & Ecclesiae
veteris duce dictum esse, vitam hominis cogitatu
propè ocyus citatis alis aufugere, vt transitus
noster celerrimus sit, saepiùs experimur, dum
cotidie videmus aetatem florentissimam non tam
absumi curis & laboribùs, quàm propria
inconstantia fragilitatequeue labi. Nec verò dum
vita vel primùm vel tantùm labefactatur aut
deficit, quando praesidijs extrin secus adsumptis
destituitur, vt in ipsa potius causa interitus
quaerenda sit, quàm aliunde adducenda. Non paucos
videas in ipso vitae exordio, multos in crescente,
plurimos in corroborata aetate exstingui,
paucissimos ad canitiem sic peruenire vt
defatigari molestijs; non refici bonis videantur,
eaqueue pars optima vitae iudicetur, quae sine
sensu vitae transacta sit. Ex Philosophis multi
vitam potius mortem, nihilqueue optandum magis
homini, quàm vt hinc, fine etiam certâ alterius
spe emigrare quam citissimè queat, putarunt. Verum
enimuerò si rem paulò attentius consideres,
causasqueue instabilitatis huius meditëre, ipsa te
infirmitas ad firmitatis considerationem
perduxerit. Principium ortus nostri horribiliter
peccatis atrocissimis defaedatum est, adeò vt
Filij irae nascamur, nec in prolem à parentibus
quicquam vitae propagari absque venenatissima
peccati labe possit. Vitam sic ortam ira Dei
saeuissima excipit, atque in limine statim
primoqueue ortu morti, quae eius est destructio
adiudicat. Hinc vt intima quaeque & vita ipsa
in , malitia,
deprauatione gignuntur, sanitatisqueue nihil
obtinent, ita interiori instabilitate laboramus,
vt nil firmum in quoquam nostrum sit, nil fixum,
caduca omnia, & quibusuis folijs leuiora.
Atqui commune hoc malum tanta vi in omnes
redundat, vt, si vita sibi soli
relinquatur, ne quidem ad momentum consisteret,
statimqueue opprimeretur flammis irae diuinae
absumta. quî enim fragilis haec natura contra irae
furorem sese tueretur? aut qua ratione sedaret, vt
vel semel respirandi facultatem nancisceretur?
Neque vllus contra mortis senten tiam exceptioni
locus foret, dum peccati confessio conscientiae
perpetuò, in ipso etiam primo hominis ortu,
inscripta sit. Consistit interim aliquandiu vit,
& bonis fruitur, etiam in summis non tantum
infirmitatibus, sed quoque in extremis malis. Vnde
ille apud Senecam, Hanc mihi, vel acutá si sedeam
cruce, sustine, inquit, Vita dum superest, bene
est. Misericordia afflictissimae vitae succurrens
inde intelligitur, quae iustitiae seueritatem
mitiget, quae bona malis admisceat, quae ipsam
calamitatem quodammodo reficiat & labenti spem
faciat subsidij. Subsidium porrò si quaeras, quoad
firmitatem vitae desideratam vtaris, totum
Redemptionis negocium coelitus & Reparationis
aperitur. Is qui peccatum, mali istius caussam,
auferat, qui iram in sese sustineat, à nobis
auertat, qui vitam hanc mortalem & caducam in
immortalem & perpetuam transmutet, ostenditur:
infirmitatis verò mala nobis perferenda esse
docemur, vt perfectionis autori perfectionem nobis
quaerenti & paranti similiores reddamur. Hac
ratione dum mortalem hanc vitam viuimus,
infirmitatem flu xibilitatemqueue vitae
contuentes, iustitiam iramqueue Dei, Misericordiam
simul & gratiam meditamur, ipsâqueue
infirmitatis contemplatione & sensu de inuicta
firmitate admonemur, vt non malè vita Christiani
hominis, meditatio irae & benignitatis diuinae
dicatur. Atqui haec caussa etiam aliqua sit, cur
sancto consilio Deus ex hac vita saepius euocet,
quibus ad diuturniorem nil quicquam deesse per
Naturam poterat, vt qui defunctorum mortes lugent
in Meditationem hanc ducantur. Euidenti ssimum
consilij huius sanctiss. exemplum à Domino hisce
diebus ob oculos nobis positum est. Vixit &
hîc & alibi in Academijs per aliquot annos
iuuenis Nobilitate generis & litterarum
scientia clarus, SIGISMVNDVS IVLIVS Mynsinger à
Frundeck Ioachimi Mynsingeri, viri Magnifici,
Nobilissimi, Iurisconsulti celeberrimi, ducatus
Brunsuicensis Camerarij haereditarij, &
quondam Cancellarij digniss. p. m. filius tanto Patre minimè indignus.
Huic cùm ingenium ad omnes omnium generum
disciplinas, & indolem ad quaeuis quarumuis
virtutum exercitia dedisset, aliaqueue necessaria
subsidia tribuisset, nihil priùs fuit, quàm vt
optimarum litterarum studijs, virtutumqueue
disciplina animum, exercitijs verò honestis
nobiliumqueue ordini maximè congruis corpus
expoliret, sesequeue totum vniuersae vitae,
Reiqueue publicae rectè administrandae
praepararet. Nec vero diuina benedictio conantem
destituit, tantum enim in multis simul consequutus
ante virilem aetatem vnus fuit, quantum rarò multi
in vno sperandum sibi esse autumant. In studijs
humanio ribus illos fecerat progressus, vt non
modò viam sibi ad superiores doctrinas muniuisset,
sed etiam politicae doctrinae cognitionem eam
comparauerat, vt non ineptus ad deliberationes
fuisset. In reliquis verae nobilitatis exercitijs
ita laborauerat, vt siue domi siue foris agendum
fuisset vel singula munia suo ordine non indigna
per se obire potuisset. Nullum Militis deprehendas
in castris officium, quod prompta manu, siid
occasio postulasset, non praestitisset. In his
verò omnibus, vti ingenio erat miti &
eleganti, sic se gerebat submissè, nemini
molestus, nulli infestus, omnibus facilis, amicis
fidus, à simulata beneuolentia alienissimus,
candidus & apertus. nec donis, bonisue elatus,
neque abiecta humiliaqueue cogitabat. Hisce
alijsqueue similibus virtutum ornamentis syncerum
pietatis studium sedulò adiunxerat, imò
fundamentum ac basin substruxerat. Quemadmodum
enim puer in doctrina Christiana fuerat enutritus.
sic in eade adoleuerat, nec vnquam
totum sese alijs studijs dabat, magna laborum partem sacris praesertim ligata
oratione tractandis, impendebat. Et quod singulare
nobilitatis ornamentum sit, Ministerium atque
Ministros maximi faciebat. Tam copiosam virtutum
ac pietatis segetem fructusqueue cum cognati,
Amici, Ecclesia, Resp. iam exspectarent, ecce
sanctissimo Dei consilio ex hac vita euocatus in
coeleste sanctorum transfertur consortium, vt
quibus breui ornamento, subsidioqueue fore
sperabatur, moerorem incutiat, atque illustre
exemplum mortalitatis fragilitatisqueue humanae
sit, quae non ex defectu aliquo exteriori
dependeat, sed pro sanctissimo Dei consilio in
ipsa natura haereat. Huic hodie hora 12. funus
fiet, in quo quid nostrum
ordinem deceat, cùm quisque per se facilè videat,
pluribus indicandum non putamus. Hortamur nostros,
& quibus par est mandamus, vt praestò sint,
dolorem suum testentur, fragilitatis humanae
seipsos admoneant, vitae infracta firmitas vbi
quaerenda sit, cogitent, virtutes demortui piè
aemulentur, & sic extremum hoc humanitatis
officium promptè & decenter exequantur. P. P.
Helmst. 1596. 28. Octobr.
II.
INgenio felix patrique
simillima proles
Iulius à Frondeck hoc tumulatur
humo,
Mynsigerûm veterum claro de
sanguine venit,
Maxima spes generis
praesidijquesui.
Sed veluti violas laedit
violentior Eurus,
Et rosa quae pulchrè est visa
virere iacet.
Sic dum magna suae promittit
gaudia genti,
Inijcit huic auidas Parca
seuera manus.
Sed valeant Parcae: Christo
duce tendit ad astra,
AChristo Medico qui petit aeger
opem.
Basilius Satler D. vnd F. Braunschwigischer
Hoffprediger zu Wolffenbüttel.
III.
DA mihi, magne, tuos quibus
vtebare canores,
MYNSIGER, Austriacos cum primâ
ab origine reges
Excitos tumulis, desueta
reuisere mundi
Lumina, & augusto faceres
lucere theatro:
Pene puer, tantisque habitus
nondum vtilis ausis.
Da vates, age, diue lyram: iam
noster Apollo,
Laudc tumens quondam, maiorque
furentibus vmbris
Inuidiae, deiectus habet,
frustraque reposcit
Quas melior iactabat opes. sic
fracta dolore
Spectantûm commune nefas, &
publica damna,
Diriguëre olim magnorum pectora
vatum.
Fas miht sit generique tuo,
famaeque tuorum,
Vt solenne prius, libare, quod
audiat Albis,
Quod Viader, Varnusque sonans
& spumeus Ister.
Nec sum animi dubius nostris
dicenda Camoenis
Maiori commissa tubae,
secretaque vatum
Concilia Elysiis eadem deflere
sub antris.
Non tamen officium patiar,
moremque requiri
Quo me fama beat, supremaque
munera pendam
Mynsingere tibi, magni patris
aemula proles,
Gentis honos: quem crudeli mors
aspera rictu
Hausit, & exanimem patriis
superaddidit vrnis.
Si minus oblitae vestigia
consequor artis
Da veniam, placeatque tibi
sincera voluntas,
Haud ipsi cessura rei. sed
carminis orsus
Vnde noui? generis primordia
auita, togatae
Militiae titulos, &
continuata trophaea
Cognoscenda dedi, neque fors
maioribus vsus,
Aut atauum ceris si cui laus
vera paratur.
Hoc referam, quod te grauida de
matre cadentem
Excepit fouitque sinu Iouis
aurea proles
Calliope, cunisque vigil
aßistere visa est.
Magnum omen, magnum indicium
virtutis & artis,
Mox quoque Pasithea blandarum
prima sororum
Incepit firmare gradum
titubantis, & aptâ
Deseruire manu puero: tum
plurima fronti
Purpura, & Idalijs
increscere gratia membris
Visa fuit, patriusque lepos
manare per ora.
Vix tria compleras vitae
quinquennia, & orta est
Lis noua Parnasso. totum te
Phoebus & omnis
Musarum veneranda cohors
poscebat, inerti
Vt procul à curâ confortia
munia secum
Exigeres, dulcique satur fruere
quiete.
At, Themis, & legum custos
Astraea sacrarum,
Esse suum voluit, patrique in
gloria Phoebi
Ocia, & exili steriles in
puluere curas,
Haud nimium nocuisse refert,
quin vicerit omnes
Saecula quos iuris genuerunt
nostra monarchas.
At tu supra aeui captum,
moremque iuuentae
Par oneri gemino, Themidi
Musisque litabas:
Non minus his inhians animo,
quàm deditus illi.
Vidimus in cathedra te stantem,
& praeside vultum,
Ore graui pugnare viris,
euoluere legum
Intortos apices, & plausum
auferre theatri.
Vidimus & nostrae cùm se
dedit impetus arti
Eloquij vernantis opes,
auditaque Romae
Verba, Maroneis non inferiora
cicutis,
Ipse quibus fata Heroum
laudesque canebas.
Audijt haec eadem pater Albis,
& audijt vdi
Ripa Salae, quique vndosi
liquidum Occaris amnem
Potat, & Hercyniaes
quisquis stupet accola rupes.
O quoties puro te sub Ioue
plectra mouentem
Obstupuëre Deae, quoties decus
oris honestum
Vßit Hamadryadas occulto &
Naiadas igni.
Inuidit vbi saepè Colax, tibi
saepè Menalcas
Semifer, & luscus Corydon:
quos vidimus ipsi.
Furtiuum rudibus tabulis
inscribere carmen.
Et plausus captare leues, tu
celfior irâ
Inuidiae, famaeque potens hos
furfure pastos
Arcadas, atque hyrtis ructantes
allia buccis
Arte repreßisti. ah quantum est
secernere fumos
Ignibus, & castum lacui
praeponere fontem,
Hoc opus, hic labor est. pauci,
quos innuba castos
Melpomene in lucos diuaeque
sacraria Mantus
Deduxit, nouere modum normamque
loquendi
Quem melior Romanus amat.
promulside Graiâ
Tu madidus Latiâque nihil
vulgare sonabas.
Ergo erit vt viuas, positoque
cadauere fama
Euolet ex tumulo coelique in
parte residat:
Vnde omnes spectet populos,
spectandaque regnet
Aeternùm plaude, ô iuuenis,
quod defuit annis
Illa dabit iactura leuis
pensabitur amplo.
At tu stirpis honos, & spes
suprema tuorum,
Siue reluctantes exoras carmina
Musas,
Aeternum facturus opus de
funere fratris,
Seu calido lauis imbre genas,
& torpida lecto
Immemor oblitusque tui das
membra: dolori
Pone modum, mecumque animo
communia pensa
Fata vicesque nouas. viden vt
Mauortia Thrace
Hesperias angustet opes? iacet
Illyris ora
Pressa iugo: tacet Adriaci
vicinia Ponti
Pannonijque lares. vtinam non
Norica tellus
Ardeat, atque eadem tangant
incendia Boios.
Nunquam maiori fuit in
discrimine nostrum
Imperium: quodcunque latus nos
cingit, apertas
Aut inimicitias, aut pacem
praebet iniquam.
Et nos viuendi teneat malesana
cupido?
Felices quos bora vocat
suprema, viriles
Ante annos: dum nulla thori
consortia: nullus
Prolis amor tardat: dum mens
liberrima gaudet
Seruitio exsolui, & patrio
succedere coelo.
Parce animae frater cognatae:
non ego luctus
Castigabo tuos: nimium
indulgere dolori
Crimen habet: pietas quod
postulat integra factum est:
Vlterius tentare nefas. agat
ocia coelo
Mens pia, & in Christi
gremio secura quiescat.
Parua mora est, patrioque simul
iungemur Olympo.
Interea terris viuet, nec
desinet vnquam
Fama viri laudes per totas
spargere gentes.
Henricus Meibomius, Poêta Caesarius, Acad.
Iuliae Professor, f.
IV.
INclita decrêrat Ioachimi
facta parentis
Sigmundus variâ Mynsiger arte
sequi:
Tanto nimirum dignus Patre
Filius: inde
A primo didicit limine nosse
Deum.
Posthaec virtuti totum se
dediàit vni,
Vt genus, vt nomen, vt tueretur
opes.
Martis & Artis amans, in
vtrumque paratus, honestâ
Spe plenus, laudum nobile
carpsit iter.
Vsque adeo sed cuncta sequi
vestigia Patris
Accinctum, ipsius traxit ad ora
Patris
Dux vitae, veterem ad
complexum, atque oscula nota:
O felix, qui sic cepit, &
implet iter.
Sal. Frencelius, Professor Helmst.
V.
MYnsigeri natus, Patris
aequaturus honores
Hei mihi quàm propero funere
raptus obit.
Quid vita est hominis? quid
mundi gloria? fumus
Aut si quid fumo vanius esse
potest.
Nascimur in luctu, & medio
discrimine mortis:
Quod sequitur curas, & mala
tempus habet,
Cum tuti à morbis recteque
valere videmur,
Mors ruit, & morbos saeuior
ante venit.
Mynsigero corpus vegetum, &
fortißima membrae
Ingenij dederat, donaque summa
Deus.
Omnia momento mors inuida
sustulit vnc,
Corruit, & terrâ clauditur
ille decor.
Discite ab exemplo iuuenes,
quam proxima nobis
Vltima lux, celeri quam ruat
ista gradu.
Ponite securos animos:
assuescite mortem
Nosse: vt certa illa est, non
ita certa dies.
Qui sese ad lethum bene
praeparat: omnia recte
Expedit, & vitam munere
mortis habet.
M. Caspar Pfafradius, SS. Theologiae Professor
publicus in Acad. Iulia.
VI.
HEi mihi qualis eras, IVLI
dum vita manebat,
Et vires aderant, hei mihi
qualis eras.
O decus, ô pietas, ô virtus
rara genusque,
O quantum quanto de genitore
caput.
Ad thalamum mallem tibi carmina
pangere:
O non ad thalamum scribo, sed
ad tumulum.
Quam lux vita breuis, quam mors
est inuida, quam non
Virtuti didicit parcere, sed
vitijs.
Fallor? an eripuit citò te mors
liuida nobis
Vita sit vt coelis longior ante
Deum?
Nempe pij placida defuncti
morte quiescunt,
Ac instar somno terra cubile
datur:
Ne videant seris post euentura
diebus
Damna, quibus mundus
concutiendus erat.
Nunc quoque quis dubitet
tristem impendere ruinam
Quam Mars, quam pestis situe
datura fames:
Et metus in promptu est, nec
vanae est fama, quod armis
Saeuiat & ferro nos quoque
Turca petat.
Quin etiam nostri vix inter
viscera regni
Omnia tuta silent, sed mera
bella crepant.
Et si mens superest, quem non
tot signa mouebunt?
Quae mala terrigenis plurima
adesse docent.
Tu verò Iuli, vitam pietate
regebas,
Et tibi Religio maxima cura
fuit.
Quin vbi per curas fuerant
reliquosque labores
Ocia, de Christo carmina sacra
dabas.
Vtilis ille labor quo nunc
abit? Ipsanc Christi.
Carmine non per te vita legenda
fuit?
Cumque animum studijs coluisses
omnibus: vnum
Quod deerat, populos visere
mentis erat.
Vt posses varios hominum
cognoscere mores,
Iamque per Italiam mox
patuisset iter,
Meque tibi fidum comitem
Pylademque volebas,
Sed tibi nunc melior visitur
Italia.
Sed nunc sancte cinis molli
requiesce sub vrna,
Longa satis breuis haec cùm
bona vita fuit.
Non sunt digna tuis fateor mea
carmina factis,
Haec tamen haec noster soribere
iußit amor.
At tu cum tristi, lacrymas,
HENRICE, parente
Siste parum: placeat quod
placuit Domino,
Desine tandem animum miseris
affligere curis,
Nec fratrem modò, sed te quoque
frater ama,
In te Mynsigerûm domus
inclinata recumbit,
Tu viduae matris spes eris vna
tuae.
Non HENRICE precor, precor ô
non abijce mentem
Ne casu maior sit grauiore
dolor.
Ex te Mynsigerûm proles
numerosa resurget,
O radix vireat stemmatis alma
tui:
Fraternus, fateor, curas
exasperat ardor
At nunc tristitiam pelle,
manebit amor.
Misimus Heroem sed non amisimus
istum
Viuit, & aeternum gaudet
adesse Deo.
Et licet in cineres corpus
redigatur & vmbras
Non tamen in nihilum corpus
abibit iners.
Tempus erit superas, quando
rediuiuus in auras
Surget & in prisco corpore
sanguis erit.
M. Gotfridus Sluterus Vesaliensis.
VII.
GLoria quid mundi, quid
opes, quid gaudia prosunt?
Nil prosunt, coeli sed
remorantur iter.
Terra vale, melius selegi,
portus & aura,
Sunt tua rex superûm vulnera
Christe mihi,
Hîc placidè viuo, luctum,
vitaeque dolorem
Deposui, coelo, pace, salute,
fruor,
Ergò tuas mater procul hinc
sepone querelas,
In DOMINO, felix, qui cadit,
ille cadit.
M. Paulus Ritzemannus, magistratui suo
dilectissimo debitae obseruantiae, gratitudinis,
memoriae & honoris ergò offerebat.
VIII.
FLebilis Ottonijs Satrapa
admiraris ab aruis,
Cur veniat paßis, inclyte Musa
comis,
Nec redimita gerat. viridanti
tempora lauro
Vestis at alternos contegat
atra pedes,
Scilicet hic habitus
lachrymisque doloribus aptus
Cultus & angusti pectoris
esse solet.
Musa mihi irrigui fontes
solaminis aegro
Pande mei vt riuuli carminis
amne fluant.
Nam duse te fretus metricis
accingter armis
Passus, & haec longa sunt
renouata mora.
Moesta dies aderat cum tu
iustißime Chiron,
Lumine quaterno syderis ortus
eras,
Et Lachesis truculenta genas
nos dura fatigans
Casibus, angustos non sinit ire
dies.
Vtque alios sileam defunctos
munere vitae,
Quos tulit immiti Parca seuera
manu.
Ille decus Phoebi, Musavum
curaque Iulus
Sigmundi à Frundeck, magna
Mysinger obit.
Eheu quam te tritum Mecoenas
inclyte luctum
Ad nos Ahlslebia, haec nuncia
fama tulit.
Quae referebat vti generosa
stirpe relata
Inter semideos gloria
Mynsigerûm.
Nec praeter meritum vates
heroius, ingens
Auctus honore nouo, claret in
arce
Rarus cnim ingenij fundebat
diuite vena,
Dia Redemtoris nobilis acta
sui.
Tantus, & haec viridi
praestans haud segniter aeu
Orsus erat vires exeruisse
suas.
Ingenuus patrium nitidis
referebat ocellis,
Instar id in vultu menteque
vatis erat.
Et ceu forma nitens patrios
induxerat artus,
Sic virtute parem spes fore
magna fuit.
Aemulus vt patrias laudes
nomenque decusque
coleret iura probata fide,
Foelix consilijs monitisque
& rebus agendis,
Floreret vestrae firma columna
domus.
Quae nunc vana iacent, cultos
ceustrata per agros
Vi tempestatum cùm sata spreta
iacent.
Blandus odoratis ceu flos
procumbit in hortis,
Aspera quem duro frigore laesit
hyems.
Nec quoque Pieridum decus &
spes sera Nepotum
Interijt Lachesis dum furibunda
ruit.
In caput eximium dum saeuit
& aggerat iras,
Vsque adeò vt vitae stamina
falce metat.
Heu mihi quàm saeuos parit haec
truculenta dolores
Bestia dum botrum hunc diripit
atque terit.
Botrus enim viridis radicrum
examine tinctus,
Phoebe parum vlterius crescere
iure queat.
Germinae tam preciosa suis
cultoribus ingens
Solamen miseris coetibus esse
solent.
Verum Parca suis stimulata
furoribus aequae
Lance rapit iuuenes enecat
atque senes.
Atque hac lege sibi ius vindic
at omnibus vna
Sorte, quod accelerat fata
suprema .
Lex fera sed vera est sociorum,
pollice certo
Quae sua pensa trahunt: mitis
at illa Dei.
Limitibus certis vitae qui
tempora signat
Terrigenis, quae non
transsilijsse licet.
Et ne foeda cohors reproborum
in gente maligna,
Virtutum decus & pectoris
omne terant.
Maximus ille hominum feruator
& arbiter ingens
Accelerat sanctis vltima fata
suis.
Atque ita nil prosunt reor
eiulatus & angor
Fratrius egeritur penè dolendo
dolor.
Des igitur fratrio Mecoenas
inclyte amori
Sin minus apta tibi nostra
medela venit.
Et reuocare tuum coneris pectus
anhelum,
Moerore à nimio qui nocuisse
solet.
Insita cordatis natura
potentibus haec est,
Sanguinis vt nequeant non
meminisse sui.
Accidit aduersi quicquam vel in
aere vel in agro,
Damna dolenda quidem damna
ferenda tamen.
At cui obtigerit fraterno in
pectore vulnus,
Ossa penetrando cordis ad ima
subit.
Haec tamen ingenuûm, pietas
quibus inclyta cordi,
Integra quosque fides mutuus
ardor agit.
Nemo igitur iustum queat
inculpare dòlorem,
Quem ciet innocua cum pietate
fides.
Nam silice e dura nostri non
viscera cordis,
Finxit at è molli carnea carne
Deus.
Haec animo reputans, atque ima
mente reuoluens,
Aerumnas animi metior inde
tui.
Inclyte, nam tua vis generosa
& feruida magni
Pectoris Ascraeis non simulata
latet.
Sic luget Isacides mendax cum
fama Iosephum,
Spargeret à rabidis interijsse
feris,
Angitur & lachrymas fundit
Iesseius heros,
Cum sobolis sensit fata
propinqua suae.
Attamen vt planctus luctusque
in funere Nati
Desiit, obsequio Numinis inde
sui.
Sic heros vt iusta datur tibi
causa dolendi,
Sic etiam iustum debet habere
modum.
Pelle graues igitur lachrymas
suspende querelas,
Arbitrio fas est subdere cuncta
Dei.
Qui vitam lepidum germano &
pectore fratrem
Obtulit ad placitum bunc in sua
regna locat.
Nec decet humanis rimari
mentibus illa,
Quî duce diuini Numinis
eueniant.
Optimus est rerum consultor
& arbiter ille,
Qui sapit expediat quid
noceatue pijs.
Proderit & seros vitam
producit in annos,
Proderit & iuuenes ad caua
busta rapit.
Quique suus statuente Deo stat
terminus aeui,
Nemo potest hominum vincere
nemo potest.
Hic neque spectant sexus, nec
gesta, nec aetas,
Qui metam attigerit cursibus
aeger obit.
Nec perit vt nostrûm penitus
nihil inde supersit,
Grex veluti statuit sus Epicure
tuus,
Viuidus est animae vigor &
coelestis origo,
Excessuque suo sidera clara
petit.
Massa nocens carnis lethi sub
iura vocatur,
Et quia fimus erat limus inanis
erit.
Sic veterem luimus noxam
tristemque ruinam,
Atque rei proprio crimine turba
sumus.
At mox tempus erit, coeli cum
clangor ab alto
Ingruet & mundi vasta
theatra ruent.
Vasta theatra ruent mundique
polique soluta
In fluidum liquidi corporis
igne rogum.
Christus vbi residens in
Maiestate verenda,
Supplicium ex merito donaque
iusta feret.
Tum quoque nostra cauis excita
cadauera tumbis
Protulcrint viuum glorificata
decus.
Et quae tarda prius volucres
rapientur in auras
Claraque Phoebei luminis instar
erunt.
Tum sine fine dies & gloria
summa sequetur
Et laeti aeternum stabimus ante
Deum.
Coniunctisque animis vot isque
feremus ouantes
Diuis mellifluo iubila mille
sono.
Iunctus erit frater fratri,
coniunxque marito
Defuncto vt grati carminae
laeta canant.
Grandior hic aeuo diuûm
celebrabit honcres,
Laudibus eximijs, celsaque
facta .
Qui fuerit varijs morbis
vitaeque periclis
Crebrius emersus, munere
Christe tuo.
Hic Cruciger virides palmas
oleique racemos,
Praeferet augusto laeta trophea
duci.
Haec augusta dies votis optanda
serenis
Omnibus est cordi qu s sua parta salus.
Canon : CVM dux Israbel coleret sacra Nobilis & vates hic sua
busta subit.
Aliud annum, mensem
& diem mortis IVLII liquido repraesentans:
SCorpIVs aLterna Vt VICe
habebat spICVLa PhoebI, IVLIVs eXCeßIt Mynsyger
orbe Deo.
Ioachimus Decimator, Pfarherr der gemeine zu
grossen Otterßleben vnd Bönnekenbeck.
IX.
SYlua per Autumnum pulchros
amittit honores
Frondis, & enatum florida
terra decus.
Quin homines eade crebrò sub tepora languent,
Aëris incerta temperieque
cadunt.
Hoc probat, eximia clari
virtute parentis
Nobilis, exemplo Mynsiger ipse
suo.
Qui puer ante diem florentibus
occidit annis,
Occidit, ab saeuae tristia fata
necis!
Sic rosa manè viget, sic lilia
candida fulgent,
Arida quae primo vespere facta
iacent.
At cum postremae ver illud
amabile lucis
Ex letho vitae corpora nostra
dabit:
Tunc, velut Edenij coelestis
flosculus horti,
Iunior è molli Iulius ibit
bumo.
Non secus, atque iterum fundit
noua gramina tellus,
Induit & vernas arbor opaca
comas.
Interea, iuuenis, tua molliter
ossa quiescant,
Et Nymphae violas in tua busta
serant.
DISTICHON, Continens annum, mensem &
diem obitus:
LVX OCtobrIs erat CrIstatae
SaCra VoLVCrI, QVa raptVs Letho MYns Iger Iste fV
It.
IM Herbest verleuret der Wald Sein grünes Laub
/ vnd schön gestalt / Deßgleichen die Erd jhre
zier / Was drauß gewachsen ist herfür. Ja der
Mensche nach altem brauch Vmb die zeit offtmals
kranck wird auch / Felt nieder vnd plötzlich
vergeht / Weil kein bestendig Lufft nicht weht.
Dasselbig der Mynsinger wehrt / Allhie mit seinm
Exempel lehrt / Welcher geadelt zu der frist /
Durch seines Vaters tugend ist. Der hat in seinen
jungen Jahrn Sehr frü müssen von hinnen fahrn /
Ach / was machst du grausamer Tod Viel Jammer /
Leid vnd grosse noht. Also ein Lilg / vnd Rößlein
zart / Des morgens blüht nach bester art / Das
doch zur ersten abend stund Verdorret / vnd geht
bald zu grund. Aber wenn der liebliche Mey / Des
letzten tages kömmet frey / Der vnsern Leibern
dort jhr Lebn Einst nach dem Todt sol wider gebn.
Da wird ein junger Julius Auß der Erd wachsen ohn
verdruß. Vnd ein
Himlisches Blümelein Des Paradises GOttes sein.
Gleich wie im Früling thut außspriessn Das
Erdreich / vnd new Graß auffgiessn / Oder wie
mancher Baum so breit Schön bletter anzeucht
anderweit. Mitler weil rhu du Edler Held / Fein
sanffte biß ans end der Welt / Daß die Jungfrawen
dir / O Knab / Violen strewen auff dein Grab.
Iohannes Scrader Pastor in Neindorff &
Beekendorff.
X.
HIc nos valle tenebrosa
turbam exulem egentem
Antiquae ciuis patriaeque &
lucidus aulae
Indiges aethereae nunc
Mynsingere relinquis,
Mynsingere nitens patriae
virtutis imago
Fulgida Musarum fax, auree
Nobilium flos.
Qualis eras dum vita tibi? quàm
nunc fugiens hinc
Exuuias tenues tristißima
pignora linquis.
Sic verno flos rore satur per
amoena vireta,
Fulgidus exoriente die stat;
vespere tristis
Occidit exustus violento Solis
ab aestu.
Heu genus infelix! mox vitales
vbi in auras
Nascimur, occidimus. vitaeque
in limine vitam
Linquimus aufugientem. Et tu te
mox tegis vmbra
Vix visus, neque maturus
nobisque tuisque,
Ipse tibi licet ô rarum sibi
qui satis ipsi est!
Nam tibi dum faciles Superi,
dum fata sinebant,
Semper recto animo virtutem
ambire serenam
Nil diae praeferre sacro
sapientiae amori,
Cura fuit, falsae lucis
fallentibus vmbris,
Excußis animo sperata inquirere
regna,
Dotibus aeternis caeli
florentia regna.
An te sanctus amor superûmque
immensa cupido
Impulit huc? Ergo fugientem è
turbine mortis
Sede beatorum locat indulgentia
caeli.
Ter felicem animam! felicia
pectora caelo
Debita sidereis iurè
adsciscenda maniplis.
Nos hîc dira premunt trucis
(heu) contagia lethi
Caeca intemperies, falsae
ludibria lucis
Carcere captiuos caeco: Tu
liber iniquis
Compedibus tenebrisque habitas
in luce serena.
Mirandorum operum causas,
aditisque profundis,
Abdita vbi alterius penetras
mysteria secli
Luminis aeterni radiis
perfusus; Abrahae
In gremio, Triados sanctae
circum oscula pendes
Ebrius immenso diuini flumine
amoris.
O quot laetitiae ingentis tibi
basia! At horum
Ad nos imbelles tenuis vix
labitur aura.
Non humana capit mens haec non
ambitus orbis.
At desiderium saltem suspiria
feruens,
Vocem inconditam moueat. Nam
certa quietem
Hanc iurat nostram esse Fides.
Spe regna tenemus
Laetior ingressus quae
Sigismunde triumphas.
Quis coeli procerum fulgentis
in ordine sorti
Inuideat planctu saeuo? quid
pectora moesti
Tundimus? ora rigat geminus
salientis aquae fons?
Munere concessus Diuûm
repetitus ab ijsdem est.
Gratemur patriae ciui. Nos
defleat ille
Aut potius vanum se quisque.
Nouam induit ille
Vitam morte piâ. Vita haec
certißima mors est.
Pulla tamen vestis nos impedit,
vltimus index
Quo te prosequimur feruentis
amoris Iuli,
Et nos qua frueris placidam
sperare quietem.
Tumba habet exuuias donec lux
vltima finem
Afferat indomitae morti,
vitamque reducat.
Vos sanctae exuuiae, quondam
fulgentia magni
Templa Dei, mentisque piae,
requiescite: vosque
Interea sancti Manes SALVETE,
VALETE.
Fecit
M. Henningus Tegetmejer.
XI.
PErfusè sanctis ora
liquoribus,
Et docte claris MYNSIGER
artibus,
Quo vadis? Ah ne morte
moestum
Desere, cùm genitrice
fratrem.
Adeste Musae: visum aliter Deo
est.
Lugendus aegro Carmine
IVLIVS.
Quantum ille pernox labra
curâ
Fontibus Aönijs rigauit?
Linguas & Artes firmiter
imbibit,
Sacrasque leges, Iuraque
calluit,
Et Christiana nempe
feruens
Religione pios fouebat.
O laude patris filius
inclytus,
Sed laude gaudens de propria
magis,
Virtutis haeres quam
bonorum
Maluit esse libens
paternae.
Virtute constat Nobilitas:
genus
Aut sors benigna fronte iocans
diu
Dat gloriosa laude paucos
Funera viuere post in
annos.
Sed Fama longo tempore
permanet
Quam clara virtus factaque
conferunt,
Quid corpus ergo si
putrescit,
Non moritur decus atque
virtus?
En vita Christi, quae tibi
carmine
Iam scripta IVLI nunc quoque
contigit,
Qui vixit hic tellure
tecum
Vult modò viuere teque
secum.
Firmanda mens est: Quin abit,
haud obit
Tam forte pectus, tam studijs
pius
Hic sanguis: In coelis
beatus
Parte sui meliore
viuit.
M. Antonius Notholdus Hagensis.
XII.
VSsit agros nouies feruenti
Sirius aestu,
Nonaque difficilis frigore
currit byems:
Ex quo, iustitiae lumen
venerabile, canum
Mynsigerum terris abstulit atra
dies.
Iuliaci norunt proceres,
Phoebeaque pubes
Flebilibus luctum testificata
modis.
Illius exequijs tunc contigit
omne, sepultis
Reddere quod pietas officiosa
iubet.
Spes erat in natis, lenitaque
tristis ab illo
Tempore paulatim sollicitudo
fuit.
O vanas hominum spes, &
solatia! mortis
In medio vitae vere rapina
sumus.
Altera Frundeccae gentis
sperata columna,
Aspice, crudeli funere rapta
iacet.
Plangite Iuliades, nigramque
resumite pallam,
Lamentis habitus conuenit iste
nouis.
Quam fuerit vestris operosus
miles in armis
Hic iuuenis, Clio te memorare
velim.
Nam duce te versus teretes
cantare poëta
Norat, & in faciles cogere
verba pedes.
Norat & arguto strepitu,
blandoque sonore
Te duce Threïciae plectra
mouere lyrae.
Isinarium quali vatem dulcedine
tigres,
Saxaque cum fluuijs detinuisse
ferunt.
Obtuleris iuueni vix organa
musica, quae non
Artifici posset sollicitare
manu.
Seruijt & Themidi
florentibus impiger annis,
Magnifici voluens inclyta
scripta patris.
ARDEA testis erit, cuius sub
Marte feracis
Indolis in lucem pignora saepe
dedit.
Quis furor ingenio tot diuûm
dotibus aucto
Obscuras Lachesin contemerare
manus?
Polluit (ah) semper sacra,
cultoresque sacrorum
Eripit, abiecto plus satis
aequa gregi.
Thespiades seruate fidem,
memorabile nomen
Obtineat vestra vester alumnus
ope.
Este pio faciles cineri,
conspergite bustum,
Termite frondenti molliculisque
rosis.
Addere si lubet & titulum,
nomenque sepulti,
Aut hoc, aut simili sculpite
saxa typo:
Ossa sub hoc posuit qui
marmore, Mynsiger; Orpheus
Nobilis, & vates ingeniosus
erat.
Quale fuit genitor, natus
potuisset auito
Esse decus generi, ni cita fata
vetent.
EIVSDEM Ode Tricolos
Tetrastrophos, DE EIVSDEM OBITV, ET VLTIMO
STVDIO.
VItam polito carmine
Mynsiger
Christi recensens, à patre
coelitum
Ex orbe pleno lacrymarum
Ad superam reuocatur
aulam.
O finis aeui suauis! ô
exitus
Iucundus! optet quem meritò
sibi
Quicunque coeli gaudet
arce,
AEtherijsque bonis potiri.
Est vita solus Christus &
arbiter
Vitae beatae; vita nec
vspiam
Hanc praeter est quaerenda
vitam,
Aut homini reputanda
felix.
Hanc Christiana dum cithara
canit
Vitam, perennis laeticiae
memor,
Mundi senescentis caducas
Spernit opes, fragilemque
vitam.
Sic ergo vitam, quae potius
labor
Est & malorum flebilis
Ilias,
Permutat, intrans
gloriosae
Gaudia laeticiamque vitae.
Nam victa durae mortis
acerbitas
Si morte Christi est, mors
minimè pijs
Censenda mors est, sed
parata
Semita principiumque
vitae.
Eja supernum Christe polum
citò
Disrumpe, coelo labere
fulgido,
Haereditatis fac tuae nos
Participes, patrijque
regni.
Henningus Ludouici Mindensis, Acad. Iusiae
Studiosus, faciebat.