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Obrigkeitskritik und Fürstenberatung: Die Oberhofprediger in Braunschweig-Wolfenbüttel 1568-1714
ICh habe zwar vor drittehalb Jahren in der Dedication meiner über Melchiors von Osse Testament publicirten Anmerckungen erwehnet, daß diese vielleicht wegen meines zunehmenden Alters meine letzte Schrifft seyn dörffte, und habe auch seit dem nichts in Teutscher Sprache in Druck herausgegeben, als zu Ende des 1718. Jahrs eine Vorrede zu des Websters aus dem Englischen in das Teutsche übersetzte Buch von Hexereyen. Weßhalben sich vielleicht viele wundern dörfften, warum ich meinen Vorsatz geändert, und itzo die gegenwärtige Gedancken über allerhand auserlesene Juristische Händel nicht alleine drücken lasse, sondern auch alsbald auf den Titel mit Benennung des ersten Theils gleichsam mich erklähret, daß ich künfftig noch ferner dergleichen zu ediren gesonnen wäre, zumahlen da die bekante Reimen von dem Alter des Menschen
mich vielleicht erinnern solten, daß, da ich nunmehro schon im Anfang dieses
Jahrs mein Sechs und sechtzigstes angetreten, ich mich denen Greisen und nimmer
weisen Leuten immer mehr und mehr näherte. Aber wenn nichts mehr als diese Reime
mir in Wege stünden, würde ich leicht zur Antwort geben können, daß ich mit
meinen Schrifften es ein Jahr oder funffzehen (so GOtt Leben und Gesundheit
verleihen solte) noch mit ansehen, und also etwan noch etliche zwantzig biß
dreyßig
Ich bin von Jugend auff schlecht und recht, aber dabey allezeit eines
freymüthigen und frölichen Sinnes gewesen, und vermeinete also nicht, da ich vor
dreyßig Jahren meine schertz-und ernsthaffte Gedancken monatlich in Leipzig
publicirte, daß so ein Lermen daraus entstehen und diejenigen, denen ich
darinnen die Wahrheit gesagt hatte, so erbittert wieder mich werden solten, als
es leyder geschahe. Die Ursach meiner Einfalt war, daß ich nach der gemeinen
noch itzo herrschenden doctrin feste glaubte, die scala praedicamentalis träffe
so richtig ein, als das einmahl eins, und daß Petrus, Paulus, Johannes so wenig
von einander unterschieden wäre, als unter denen Thieren, die individua von
einer Art oder specie infima. Und wie ich also meines Orts gar wohl leiden
konte, wenn mir jemand, auch in etwas beissenden Schertz die Warheit sagte, wenn
aber jemand ohne Vernunfft oder judicio mich tadeln wolte, ich mehr Mitleiden
mit ihm hatte, als daß ich mich über ihn erzürnen solte; also meinete ich auch,
es wären andre Menschen nothwendig eben so geartet. Aber meine Verfolgung und
Austreibung aus meinem Vaterlande lehrte mich ein anders, u. ich fing damals am
ersten an, wiewohl noch etwas dunckel, zu erkennen, daß die Menschen so
vielfältig von einander unterschieden wären, als die Thiere insgesamt, und
beflisse mich demnach von der Zeit an, die Natur der Menschen besser erkennen zu
lernen, und die aus dem gemeinen Irrthum herfliessende vielfältige irrige
Conclusiones nebst andern falschen Lehren zu wiederlegen. Ich erkennete aber
nicht lange darauf, daß die Satyrische Schreib-Art zwar auch ein Mittel wäre,
die tieff eingewurtzelten Irrthümer vielen Leuten zu erkennen zu geben; aber daß
sie doch bey denen, die allzusehr an die Irrthümer gewohnt, und bey denen sie
etwas feste sässen, keine Besserung leichtlich würckte, sondern sie vielmehr
wieder die
Jedoch hat alles seine Zeit, Ziel, Maß und Gewicht. Und nachdem ich also nach
dieser Regul meine Schreib-Art etliche und zwantzig Jahr eingerichtet, habe ich
nicht alleine befunden, daß dasjenige, was ich so wohl in der Philosophie, als
auch in der Jurisprudentz (die nach der heutigen auf vielen Universitäten
hergebrachten und bißher mit grossen Nutzen der Studirenden vergesellschafften
Erkäntniß, einen viel weiteren Begriff oder Sprengkel hat, als man vor diesen
und noch heute in Pabstthum vermeinet) in öffentlichen Schrifften vorgetragen,
viel mehreren applausum erhalten als vorhero. Denn obschon sich hier und dar
nicht wenige Wiedersprecher gefunden, und noch finden; so habe ich doch nicht
bedurfft, mich in Streit-Schrifften einzulassen, oder die vorhergebrauchten,
nunmehr aber abgeschafften allzubeissenden Ausdrückungen zu entschuldigen,
sondern es ist genung gewesen, wenn ich meine etwa noch nicht deutlich genung
vorgetragene Sätze deutlicher gemacht, oder es haben sich andre gefunden, die
dieselben an meine statt vertheidiget; oder GOtt hat auf andre Weise mich und
meine Lehren beschützet, dafür der göttlichen Weißheit und Barmhertzigkeit ich
demüthig dancke. Ja diese unverdiente göttliche Gnade hat mich immer mehr und
mehr behertzter gemacht, die noch vielfältigen Reliquien des Politischen
Pabstthums in der Jurisprudentia Ecclesiastica getrost zu entdecken, wie
Und für eine dergleichen göttliche Erinnerung habe ich auch diejenige
Reichskündige Wiederwärtigkeit aufgenommen, die mir wegen der Disputation de
Concubinatu zu W. zu der Zeit begegnet, als meine Noten über den Lancelottum
gleich unter der Presse waren, und ich mich nicht ohne Ursache befahren muste,
die hinter dieser Machine versteckte unsichtbare Feinde würden intendiren, ihr
Müthgen zum wenigsten durch Verhinderung des völligen Abdrucks derselben, an mir
zu kühlen, wiewohl die Warheit zu sagen, mich diese Sache mehr um des Verlegers
als um meinet willen, betrübte, indem jener einen grossen Schaden gelitten haben
würde, wenn er dieses etwas kostbare Werck hätte müssen unausgefertiget, und die
allbereit gedruckten Stücke zu Maculatur werden lassen. Derowegen bate ich GOtt,
der Feinde Rathschläge in diesem Stücke zu nichte zu machen, und, daferne es
seiner göttlichen Weißheit nicht gefallen möchte, daß ich in denen Entdeckungen
der gar groben Reliquien des politischen Pabstthums unter uns weiter fortfahren
solte, mir alsdann mein Hertz und Feder zu regieren, daß ich andre Warheiten zu
lehren und zu erklähren, fortführe, die so verhaßt nicht wären, noch die Feinde
derselben so hefftig in Harnisch brächten; oder daß ich mich des Schreibens gar
begäbe, und es andern jüngern überliesse. Da nun GOtt mein Gebet wegen der Noten
ad Lancelottum gnädig erhöret; habe ich auch meines Orts darauff gedacht, wie
ich mich in fernerer publicirung meiner Schrifften künfftig ein wenig mehr
einschränckte, und dannenhero habe ich in der Dedication des Oßischen Testaments
unter andern diese Worte gebraucht, daß selbiges vielleicht die letzte Schrifft
seyn dürffte, die ich durch öffentlichen Druck heraus gäbe, in dem theils mein
immer mehr u. mehr zunehmen des Alter, theils auch andre vielfältige Ursachen
mich erinnerten, dermahleins von
Nachdem mich aber unterschiedene gute und vornehme Freunde erinnert, so lange mir GOTT die Kräffte des Gemüths und des Leibes in gutem Stande liesse, meinem Nächsten ferner mit meinen Schrifften zu dienen, habe ich ein Temperament darinnen zu treffen gemeinet, daß ich theils eine etwas beliebtere Materie wählete, theils aber, daß ich etliliche schon längst concipirte Schrifften übersähe und publicirte, theils daß ich die allbereit edirten mit einigen Anmerckungen erläuterte, oder deutlicher, die bey Erklärung derselben schon vor geraumer Zeit darzu geschriebene Randglossen, darzu setzte; theils daß ich zu nützlichen und die gemeine Irrthümer bestreitenden Schrifften etwa eine Vorrede machte; theils, daß ich die von mir verfertigte Responsa und Urtheile durchgienge, und die merckwürdigsten von denen andern absonderte, und nach und nach heraus gäbe. Und in diesen Absichten sind seit dem die Fundamenta juris naturae & Gentium mit neuen Anmerckungen, ingleichen die Historia juris naturalis heraus kommen, und werden diese Ostermesse einige kurtze Noten, die ich über die Prudentiam Consultatoriam verfertiget, der neuen Aufflage der teutschen version derselben unter dem Titel: Politische Klugheit sich und andern zu rathen / zu Leipzig beygefüget werden.
Wie nun in allen diesen Schrifften solche Wahrheiten vorgetragen worden, die
nicht so viele und mächtige Feinde noch unter uns haben, als diejenigen sind, so
die Kirchen-Rechts-Gelahrheit absonderlich berühren; also hätte ich mir an
wenigsten versehen, daß wegen der Vorrede über den Webster iemand, der dißfalls
andrer Meinung ist als ich, dergestalt ergrimmen solte, daß er die dißfalls
schon vor vielen Jahren wieder mich heraus gegebene einfältige Schrifft von
neuen zu vertheidigen, und darneben auff eine so grobe und plumpe Art als in der
diesen vorigen Herbst edirten Scarteque von Kobold geschehen, mich zu lästern
sich bemühen solte: indem ich ja in der Disputation von Ursprung des
Inquisitions-Processes wieder die Hexen so augenscheinlich gewiesen, daß der
Teuffel, der Bündnisse mit den Hexen macht, bey
Aber wieder auff die oben gedachte und itzo zum erstenmahle
Es hat mich indessen nicht wenig gekränckt, wenn ich schon vor etlich und dreißig
biß viertzig Jahren gewahr worden, daß in Auctionibus die Juristischen Bücher an
aller wohlfeilesten weggegangen, und man grosse Folianten für ein sehr geringes
Geld sich anschaffen können, sonderlich aber Responsa und Consilia; biß ich
hernach selbst gewahr worden, daß diese Tröster mehrentheils mit Trebern der
Spanischen oder Italiänischen Legulejisterey und Rabulisterey angefüllet, und
sehr wenig von wahrhaffter Weißheit und Gelahrheit darinnen enthalten; ja daß
eben diese Männer, wiewohl aus keiner bösen Absicht, sondern aus guter
intention, mit diesen ihren mühsamen Schrifften die vornehmste Ursache der
verwirreten und langweiligen Justiz wären, (wie bey des in denen Noten über das
Oßische Testament mit mehrern ausgeführet worden) und dannenhero sie sonst von
keinem vernünfftigen Menschen gebraucht würden, noch gebraucht werden könten,
als von denen, so entweder von Amts wegen die Legule jisterey fortpflantzen
müssen, oder von denen, die aus Vorsatz und Muthwillen von der Rabulisterey
profession machten, und sich dieser Folianten zu diesen ihren hocus pocus auf
tausenderley wiederwärtige Weise bedieneten: was aber die consilia oder
Hiernächst so gehet bey denen gemeinen edirungen derer Responsorum guten Theils
diese Unannehmlichkeit mit vor, daß man eines Theils keinen sonderlichen
selectum bey denenselben gebrauchet, sondern alle decisiones oder Responsa, wie
sie nach der Reihe vorkommen, so nach einander hin drucken läßt, und also viel
verdrießliche Dinge oder an denen kein Zweiffel ist, mit einrückt, andern Theils
aber, daß man bey jedem Handel nicht bemühet ist, bey dem Leser eine Begierde zu
Lesung derselben zu erwecken, entweder durch etwas deutlichere Vorstellung der
Umstände, als insgemein in denen den Responsis praemittirten speciebus facti zu
geschehen pflegt, oder durch andere nützliche Neben-Gedancken, die da eine
Anleitung geben, weiter nach zudencken, worzu dieses oder jenes Responsum sonst
genutzet werden könte. Auch diese inconvenientz zu meiden, habe ich mich
beflissen eines Theils die Händel, worüber die Responsa oder Urtheile ertheilet
worden, etwas umständlicher entweder durch
Ich bescheide mich zwar hierbey, daß ein vernünfftiger Wirth, wenn er gute Freunde tractiren will, in Aufftragung der Gerichte und Zurichtung derselben sich mehr nach dem Geschmack der Gäste, als nach seinem eigenen richten solle. Ich kan aber nicht läugnen, daß ich mich in Auslesung der Juristischen Händel fürnemlich nach meinem Geschmack gerichtet habe: Ich glaube aber dennoch nicht, daß ich deßhalben unvernünfftig gehandelt habe: Denn die obgemeldete Regel gehet nur die gebetenen, nicht aber die ungebetenen Gäste an. Nun weiß ich aber gewiß, daß in allen drey Religionen, die in Römischen Reich geduldet werden, viel Gelehrte, auch andre von allerhand Facultäten und Ständen seyn, die sich zwar nicht nach meinem Geschmack richten, aber die doch von GOtt mit einem dem meinigen gleichkommenden Geschmack begabet, und nichts destoweniger tugendhaffte ehrliche Leute sind, für diese habe ich meine Juristische Händel geschrieben; für die traurigen und ächtzenden sind sie nicht; und wenn sie diesen nicht schmecken, dörffen sie mir die Schuld nicht geben; denn wer hat sie gebeten, daß sie sie lesen sollen? Ja ich sag es ihnen hiermit zum voraus, daß sie besser thun werden, sie lassen sie ungelesen: sie machen es, wie ich in Ansehen der Schrifften, die nach ihrem Geschmack eingerichtet sind. Ich lese sie nicht. Nichts destoweniger aber hasse ich diejenigen nicht, die solche verfertiget, ich lästere sie auch nicht, sondern ich bin vielmehr so wohl ihnen und ihres gleichen zu allen aufrichtigen, Christl. Freundschaffts- und Liebes-Diensten bereit, als denen die meines Geschmacks sind.
In übrigen hat auch über dieses die Natur und Beschaffenheit der Sache zuweilen
erfordert, daß ich die Thorheit der vorkommenden Händel lebhafft vorzustellen,
keines allzuernsthafften Eyffers, noch weniger aber eines ächtzenden und
Ich hätte zwar wegen dieser itzo publicirten und ferner zu publiciren vorhabenden Juristischen Händel noch ein mehrers zu erinnern; aber ich will es biß auf die Vorrede des andern Theils versparen, und dem Leser nur noch mit zwey Worten melden, daß ich gesonnen bin, so lange GOtt will, alle Leipziger Oster und Michaels-Messen einen Theil von dergleichen Gedancken, deren ein jeder aus etliche und viertzig Bogen bestehen soll, zu publiciren. Indessen gebe Gott uns allen ein fröliches Hertz, und verleihe immerdar Friede zu unsern Zeiten: auff daß seine Gnade stets bey uns bleibe, und erlöse uns so lange wir leben. Halle den 6. April. 1720.
CHRISTIAN THOMASIUS. D.
ANno 1681. mense Octobr. kömmt ein Leipziger
§. II. Nun waren wohl die Ursachen, warum derselbe Advocat nicht selbst bedienet
seyn wolte, mir leichtlich zu errathen, indem er von Jugend auf bey einem
berühmten Practico zwar ware erzogen worden, aber in theoria juris nicht gar zu
viel mochte gethan haben, auch derjenige, so Ihn aufferzogen hatte, mehr in
civilibus als criminalibus berühmt gewesen ware; Alleine ich war meines Orts
noch jung und mangelte es mir in criminalibus auch noch an der Experienz. Zudem
so schiene zwar der liebe Hr. Hanß Heinrich, nachdem ich mit selben ins
besondere geredet hatte, ein ehrlicher Mann zu seyn, der mir wohl keine Lügen
vorbrachte; aber ob dessen Ehefrau und Tochter auch so unschuldig wären, als Sie
vorgeben, hatte ich einige Ursachen zu zweiffeln, zumahlen da man gemeldet
hatte, daß bey der Besichtigung des Cörpers etliche Stiche an des Kindes Leibe
solten seyn gefunden worden; und mir bewust war, was für harte Verordnung die
Ordinatio Criminalis Carolina wider die Weibespersonen, die ihre
Schwangerschafft verleugnen, gegeben hatte. Indem drunge der Mann sehr drauf,
daß der Commissarius sein feind wäre, und es ware doch sehr schwer oder zum
wenigsten sehr langweilig, diese Feindschafft zu bescheinigen und vermittelst
dieser Bescheinigung einen andern Commissarium auszubitten. Zu geschweigen, da
der Mann etliche Nachbarn hatte, die von guten alten Adel waren und in der
Regierung, die die Commission angeordnet, gute Freunde und Verwandten hatten,
daß dadurch die Erhaltung eines andern
§. III. Mann sagt in gemeinen Sprüchwort, daß der geringsteActis
die Indicia zu sehen bekommen.
§. IV. Und gewiß die Wahrheit zu sagen, so waren auch die Acta sehr bedencklich, und sagten noch zur Zeit wenig favorables für die Inquisitinnen aus. Ich will das Vornehmste drauß hieher setzen, wie ich selbige hernach suo tempore excerpiren lassen. FOL. 1. war des Amtmans zu Z. Verordnung an den Amtman zu P. von 8. Octobr. 1681. FOL. 2. Des Vice Cantzler Z. zu Z. Verordnung ad eundem sub eodem dato. FOL 3. war die Denuntiation des Priefters zu Pr. an den Amtmann zu Z. folgenden Innhalts:
P. P. Ingleichen berichte ich hiermit, daß jetzo umb 3. Uhr Nachmittage Herrn Hanß Heinrich N seine Köchin zu mir kommen und mir offenbahret, daß Sie nebenst den Hauß-Knecht ein Kindlein (ein Mägdlein, welches Herrn Hanß Heinrich N. Tochter gewesen seyn soll, die bißhero in Geschrey gewesen, daß Sie schwanger seyn soll,) in dem Würtz-Garten gefunden und ausgegraben. Das haben Sie in dem neuen Gebäude auf den Saal ins Ofen-Loch gelegt (Nota. Der Ofen hat eine Thür, daß nichts hineinkan) das Kind haben gesehen ein Tischer-Geselle von P. der Praeceptor, (der wird jetzo, oder morgen fortwandern,) die Käse-Mutter, die Zofe etc. Herr Hanß Heinrich und sein Weib aber wissen nicht, daß das Kind gefunden worden. Weilen nun periculum in mora, und damit das Kind nicht aus dem Wege geschafft werden möge, habe ich RATIONE OFFICII ET IUBENTE CONSCIENTIA es hiermit eilend berichten wollen. M. H. H. wird dißfalls Anordnung zu machen wissen. GOTT mit uns. D. 8. Oct. 1681.
Als Sie hinaus kommen, auf Herrn N. Guth, wären Sie erst aufs alte Gebäude gegangen und überall gesucht, aber nichts gefunden. Hernach als Sie in das neue kommen, hätte die Käse-Mutter heimlich zu Ihm gesagt, Sie solten nur nirgends suchen, und nur mit ihr kommen, das Kind läge in Gewölbe; hätte auch aufgeschlossen, und das Kind in einer Schachtel darinn gelegen, so er mit sich herein gebracht. Ein kleiner schwartzer Kerl, so etwa Schreiber seyn möchte, wäre darbey gewesen, und gesagt, die Köchin hätte es gestern zu Nacht ausgegraben, und hinein gebracht, daß Sie es alle gesehen, wüste aber nicht, wo Sie es hingethan: und wäre todt von Hr. N. Tochter kommen, welches die Frau N. (mater inquisitae) auch gesagt, und begehret, es möchte besichtiget werden. Der Kerl hätte auch gesagt, Hr. N. Tochter wäre zu Mittage schon weggegangen, Hr. N. aber selbst nicht zu Hause gewesen. Das Kind wäre schon ziemlich verweset. Es wäre alle Thüren offen gewesen, als Sie hinaus kommen, und hätte das Gesinde in denen Betten gelegen, und als Sie schon überall gesucht gehabt, wäre die N. (Mater inquisitae) erst aus der Viehe-Stube kommen, und hätte die Käse-Mutter gesagt, Sie hätte gesungen, denn Sie zur Beichte gewesen, der Kerl hätte auch gesagt: das Kind hätte zuvor droben gestanden.
Uff E. Hoch-Fürstl. Durchl. Vice-Cantzlers Herrn Salomon Z. des gestrigen Abends
gegen 9. Uhr abgelassene Instruction, betreffende die
Aufhebung des Kindes, so Herrn Hanß Heinrich N. Tochter zu G. gebohren und
umgebracht haben soll, habe alsofort den Land-Richter nebst einer Folge dahin
abgeschickt, mit angedeuteter Verordnung, daß, da das Kind befunden würde, man
nicht alleine solches hinweg nehmen, sondern auch die Mutter desselben, da Sie
fürhanden, mitbringen solle. Wann denn nun, Gnädigster Herr, der Cörper des
ermordeten Kindes zwar in einem Gewölbe des neuen Gebäudes gefunden, und durch
den Land-Knecht anhero gebracht worden, die Mutter aber desselben nicht
anzutreffen gewesen, sondern des Schreibers Aussage nach, schon zu Mittage
weggegangen gewesen; Als habe E. Hoch-Fürstl. Durchl. solches gehorsamst
berichten, und Dero fernere Gnädigste Verordnung in Unterthänigkeit erwarten
sollen. P. d. 9. Oct. 1681.
Berichtet, es hätte die Köchin gestern, als Sie nicht zu Hause gewesen, das Kind in kleinen Garten bey dem Kutsch-Stall aufgegraben, und ins Ofen-Loch getragen, und solte es die innge N. (Anna) selbst aus dem Ofen-Loch gehohlet, und in das Gewölbe getragen haben, massen Sie es auch in Ofen-Loch liegen gesehen, und hätte es der Herr und die Frau auch gewust. Gestern wäre die junge N. (Anna) noch zu Hause gewesen, und mit gessen, wo Sie aber hernach hinkommen, wisse Sie nicht. Ingleichen wäre der Herr Abends zu Hause gewesen, wo er aber hinkommen, wisse sie auch nicht. Ohngefähr würde es künfftigen Dienstag 3. Wochen werden, daß die älteste Tochter sehr kranck worden, und wäre die Mutter zu N. zum Kindtauffen gewesen, und des Nachts zu Hause kommen, ob Sie aber damahls das Kind bekommen, könne sie nicht wissen: Es solte es der Hauß-Knecht, Toffel R. von Z. gethan haben, so ein garstiger Kerl, und einen Buckel hätte. Heute vor 8. Tagen wäre die junge N. (Anna) wieder in der Kirchen gewesen, und hätte sich gar galant angezogen gehabt, die Trescher hätten Sie gestern zu Mittage hinten zum Wasser-Thore hinaus gehen sehen, über die Brücke, wohin aber, wisse Sie nicht.
Herr Daniel H. berichtet, es hätte Georg S. von St. erzehlet, er wäre heute zu L. gewesen, da hätte der Schirrmeister von G. erwehnet, Herrn N. älteste Tochter hätte gesagt: Sie solten nur Ihr Kind nicht umbbringen, sie wolte sich gerne in einem Hirten-Hause behelffen.
Herr M. Christian M. Praeceptor in Amte allhier berichtet, es wäre geredet worden, Hr. N. hätte von seiner Köchin ein Grabscheid gefordert, und als Sie Ihm eines gegeben, hätte er gesagt, es wäre schon gut, Sie solte nur hingehen.
Sonst habe ich von Ihr (der Köchin) mit Bestürtzung vernommen, daß die Mutter von der Geburt des Kindes Wissenschafft gehabt, auch gar dabey gewesen, und da nicht selbst das Kind umbgebracht, doch dazu geholffen.
1. Ein Stich auf dem rechten Arm oben auf dem Achsel-Gelencke. 2. Zwey Stiche über dem rechten Arm unter dem Hals-Beine, davon einer gegen der Gurgel durch, der andere aber nicht durchgangen. 3. Ein Stich unter dem rechten Arme, so nicht durchgangen. 4. Vier Stiche gegen den Rücken auf der rechten Seiten, davon aber keiner durchgangen. 5. Ein Stich auf dem lincken Schulter-Blate. 6. Zwey Stiche neben einander, als einer zwischen der sechsten, der andere zwischen der siebenden Rippen unter dem lincken Arme, davon einer durch den Magen gegen der rechten Seiten in untern Theil der Leber gangen, welche beyde auch tödtlich gehalten worden. Dieses bezeigen unterzeichnete beyden Physici und Chirurgus.
L. G. Wir begehren auf deinen wegen Hanß Heinrich N. zu G. entwichenen ältesten Tochter von 9. dieses eingeschickten unterthänigsten Bericht, du wollest derselben, wie auch dem Praeceptori, wenn derselbe ebenmäßig ausgetreten, mit Steck-Brieffen fleissig nachtrachten, auch sonsten ferner in der Sachen die Gebühr verfügen. Hieran geschicht unsere Meinung. V. L. V. S.
Er wäre vor 8. Wochen zu Hr. H. H. kommen, und wäre damahls schon starck davon
geredet worden, daß dessen älteste Tochter schwanger sey. Alleine Herr H. H.
hätte gesagt, er wolte den, der es sagte, wohl nein führen, dahero niemand etwas
sagen wollen. Vor ohngefehr 8. Tagen hätte das Gesinde Heu in Schuppen, so an
den kleinen Gärtgen in neuen Gebäude wäre, abgeladen, und wären gewahr worden,
daß in dem Gärtgen nur gegraben gewesen, und ein Rosemarien oder dergleichen
Stock und ein Bäumgen dahin gesetzt, worauf die Köchin Gedancken gemacht, und
hätte verwichenen Freytag daselbst nachzugraben zu Mittage angefangen, als der
Herr gespeifet gehabt. Dieweil Sie aber nicht fertig werden können, hätte Sie es
wieder müssen zuscharren. Abends aber hernach hätte Sie recht gegraben, und das
Kind gefunden / wäre auch auf seine Stube mit dem Knechte kommen, und gesagt,
sie hätten das Kind gefunden, und als er gefragt, ob Sie es denn heraus
genommen, hätten Sie geantwortet: Nein, es lieget darinnen. Darauf hätte er
gesagt: Wann Ihr das Kind liegen lasset, und sie sehen morgen, daß es gegraben
ist, so nehmen sie es weg. Auf dieses wäre die Köch in und der Hauß-Knecht
hingegangen und es geholet und in den Camin gesteckt. Als es nun also stille
worden, hätte er folgendes Tages zu der Köchin und Hauß-Knecht gesagt: Sie
solten es doch nicht verschweigen. Darauf die Köchin gleich nach Pr. zum Pfarrer
gangen, und hätte der Hauß-Knecht gesagt, weil er gleich heute zur Beichte gehen
wolte, so wolte er es dem Herren
Es wäre vorgestern den 10. dieses bey den Schützen zu Pen. und auf dem Felde
geredet
Der Schirrmeister saget: er habe freylich die Leute davon reden hören, daß die junge N. (Anna) gesagt haben solte: Sie solten Ihr nur das Kind nicht nehmen. Zu wem Sie es aber gesagt, wisse er nicht. Der Ober-Encke sagt, es wäre Herr H. H. ehe die Land-Gerichte hinaus kommen, noch da gewesen, des Abends. Wenn er aber weggeritten, wisse er nicht; denn Sie hätten in Ihren Betten gelegen. Zwey Reit-Pferde wären weg. Ob nun der Schreiber mit Ihm geritten, wisse er nicht. Der Hauß-Knecht habe das Kind mit der Köchin ausgegraben.
Es hätte die Frau (Maria) Ihn auf die Knechte Achtung zu geben befohlen, weil Ihr Herr nicht da wäre, und dabey gesagt: Sie könne nicht bleiben; sie wolte gehen und sehen, wo Ihr Herr hinkommen. Wäre also fortgangen. Er seines Orts hätte es dem Herrn lange zuvor gesagt, daß seine Tochter schwanger wäre; Allein er hätte es nicht glauben wollen.
An des Hegereuters Kindtauffe zu St. allwo die andere Tochter wäre zu Gevatter
gestanden, und die Mutter mit gewesen, und zu Nacht wieder nach Hause kommen,
hätte Anna das Kind bekommen, welches sie an Ihren schreyen gehöret, und wäre
etwa um Mitternacht, und niemand Ihrer Meynung nach, als Ihre Mutter bey Ihr
gewesen. Zuvor aber, ehe die Mutter nach Hause kommen, hätte die Tochter Anna
nach der Käse-Mutter geschickt, und Ihr, weil Sie zuvor uneins gewesen wegen des
Schreibers, es abgebeten, allermassen solches die Käse-Mutter zu Ihr und der
Zoffe gesagt, und erzehlet, Sie hätte der Schwangern auf den Leib gegriffen,
welche gefragt, ob es bald werden würde, der Sie aber geantwortet: Sie würde
noch besser dran müssen. Als Sie nun die Käse-Mutter gefragt; ob Sie nicht bey
Ihr geblieben, hätte Sie geantwortet: Wie die Mutter wäre kommen, wäre sie davon
gegangen. Frühe morgens hätte niemands zu Ihr der Tochter gedurfft, sondern die
Mutter alleine wäre bey Ihr zu und abgegangen, ausser das Gänse-Mägdgen, so bey
Ihr blieben, weil der Herr und Frau gespeiset. Selbige Nacht, als das Kind
gebohren worden, wäre die andere Tochter Maria Sophia herunter kommen in die
Kinder Stube, allwo sie die Köchin und Zoffe geschlaffen, und für dem Bette
nieder gefallen, die Hände zusammen
Das Gänse-Mägdgen von 14. Jahren sagt; sie wäre bey Annen damahls, als die Mutter zu St. gewesen, geblieben, biß die Mutter kommen, hernach aber wäre Sie zu Bette gangen. Hätte nichts schreyen gehört.
Der Hauß-Knecht, so 17. Jahr alt, sagt, er habe das Kind helffen suchen, wer es aber umbracht, wüste er nicht. Anna wäre des Sonnabends weggegangen, und der Herr des Nachts mit dem Schreiber, gestern Abends wäre der Schreiber wieder kommen, und heute frühe umb 3. Uhr wieder weggeritten.
Der Kutscher sagt: als die Köchin das Kind suchen wollen, hätte er Ihr einen Bratspieß zu geworffen, so etwan ein paar Ellen lang, er hätte aber das Kind nicht gesehen, wisse auch nicht, wer es umbgebracht. Herr und Frau wären des Abends noch da, Sonntages frühe aber weg gewesen.
Die Köchin berichtet weiter: die Schenckin zu O. hätte zu Ihr gesagt: wenn Sie sich lang herumb drehete, so könte Sie den Staupbesen davon bekommen. Ingleichen, wenn Sie sich doch besinnen könte, ob Sie das Vogelspießgen gehabt, da Sie das Kind gesucht, so könte Sie noch ein stücke Geld davon bekommen. Allein sie hätte das Vogelspießgen nicht, sondern einen Bratspieß, so forne an der Spitze rund gewesen, gehabt, und müste Sie tieff gestochen haben, wenn Sie Löcher in den Kinde machen sollen. Zu dem so hätte Sie über dreymahl nicht gestochen, auch nicht tieff, denn das Kind hätte, als Sie die Erde weggethan, schon da gelegen.
Die Mittel-Magd, so 19. Jahr, ist befragt worden: ob Sie hätte zur Köchin diese
Worte geredet: Herrn H. H. älteste Tochter Anna hätte ihr Kind, als es die Zoffe
abgewaschen gehabt, und in die Schachtel geleget, bey einem Händgen genommen,
und gesagt. Du liebes Kind, ich hätte dich gerne behalten wollen, wenn ich für
denen
Die Käse-Mutter sagt, sie wäre bey dem Abwaschen nicht gewesen, sondern als die Zoffe und Sie auff der Frau Befehl das Kind in die Schachtel gelegt, da wäre Anna nicht mehr dabey, sondern schon hinweg gewesen. Die Zoffe berichtet weiter: Zuvor, als das Gesinde zur Fr. Maria gesagt, daß das Kind da wäre, hätte Sie zu Annen der Tochter und der Zoffe gesagt: gehet doch hin, es soll drüben in Ofen liegen, und bringet es her über, darauf wäre Sie die Zoffe, weil viel Volcks in Hause gewesen, alleine hinüber auffs neue Gebäude gangen, und es gehohlet. Ehe sie aber herunter kommen, hätte die Tochter in Hause auffgewartet, und es von Ihr genommen, und in Ihre Cammer hinauff getragen, sagende, sie solte Ihr eine Kanne Wasser hohlen, sie wolte es abwaschen, welches sie auch gethan, und hätte die Tochter Anna Ihr Kind selber abgewaschen, hätte vorige Worte: Ach wenn ichs doch behalten dürffte / geredet, und wäre herunter ins Hauß gangen, da hätte Frau Maria sie gefragt: ob Sie die Kammer zugemacht hätte, und Sie nein geantwortet; hätte Sie Ihr und der Käse-Mutter befohlen, Sie solten es in eine Schachtel, so in der Cammer gestanden, legen, so Sie auch gethan, und von dar hätten Sie es müssen ins Gewölbe ins neue Gebäude tragen. Die Anna hätte das Kind bey keiner Hand, sondern beym Beingen ergriffen, und mit der andern Hand ins Wasser gelegt.
Die Mittel-Magd bleibt darbey, und gedächte es eydlich zu erhalten, daß die Worte, wie Sie gegen die Köchin erzehlet, wären geredet worden. Die Zoffe bleibet auch dabey und will darüber schweren, daß Anna mehr nicht geredet, als was Sie gesagt, das Kind auch nicht an die Hände gegriffen.
Die Zoffe ist ferner befragt worden, Wann Anna das Kind bekommen. Resp. Es wäre Herr H. H. seine Frau und andere Tochter 3. Tage zu St. auffn Kindtauffen gewesen, wären zwar allezeit des Nachts zu Hause kommen, und hielte Sie dafür, sie müste das Kind unter der Zeit bekommen haben, denn Sie wäre nach 3. Tagen wieder runter in die Stuben kommen, da Sie sonst den ersten Tag in der Cammer geblieben.
Die Käse-Mutter sagt: Anna wäre etwa 3. Tage in der Cammer auffn Boden gewesen, da sie nicht wäre herunter kommen, und hielte dafür, daß Sie das Kind den ersten Tag, da das Kindtauffen gewesen, bekommen, den selben Tag hätte Sie Ihr müssen auf den Bauch greiffen, hätte es ihr auch abgebeten, da Sie zu vor mit ein ander gezürnet. Sie könte nicht wissen, wer das Kind umbgebracht, oder vergraben.
Der Praeceptor sagt, er erinnere sich, daß Herr H. H. etliche Tage hernach, als die Tochter das Kind bekommen, und einige Tage zuvor, als die Köchin es ausgegraben, auf dem Schlag, so haussen vor den kleinen Gärtgen wäre, gestiegen, und über die Mauer hinein gesehen, und als er Ihn, wornach er sähe, gefraget, hätte er geantwortet, er hätte gedacht, seine Liebste wäre darinnen. Item: Er hätte in Hause gehöret, daß die andere Tochter Maria Sophia, aus der Cammer, wo die Schwestergelegen, herunter kommen, auff die Knie gefallen, und gesagt, sie solten doch beten, daß der liebe GOtt sie behüten wolle, daß Sie nicht Hand dürffte anlegen. Item, er hätte von andern Leuten, welche er zwarten nicht mehr wüste, sagen hören, die Anna hätte gesagt: Sie wolte das Kind gerne behalten, wenn Sie gleich in ein Hirten-Hauß ziehen sollen.
Jungfer M. S. ist über die Reden, so Sie zur Köchin gesagt haben soll: (Sie solle
doch beten, daß Sie GOtt behüten wolle, daß Sie nicht dürffte dabey helffen)
vernommen worden, hat geantwortet: Sie wäre damahls, als Sie von St. kommen, des
Nachts umb 12. Uhr in der Herren-Stube gewesen, und allda etliche Kleider und
Sachen abgeleget, von da in die Kinder Stube, und aus einer in die andere
gangen, daß wohl 3. Stunden vorbey kommen, ehe Sie zur Schwester hinauf gangen,
und da wäre Sie alleine und niemand bey Ihr gewesen, sich auch in solcher Cammer
schlaffen gelegt, und von diesen Dingen nichts gewust. Umb 3. Uhr hätte Sie sich
niedergelegt, und umb 5. Uhr wäre Sie wieder aufgestanden. In die Kinder-Stube
wäre Sie zwar kommen, und gesagt: Das GOtt erbarm, ich weiß nicht, ob ich kan
droben bleiben, denn ich muß fluchs frühe wieder auffstehen, die Leutgen wollen
mich abhohlen. Wenn Sie
Ich habe in der N. Inquisition Sache nicht alleine, auch ehe die Besichtigung Fol. 16. geschehen, und Ew. Hoch F. Durchl. Gn. Rescript von 10. dieses eingelauffen, mit abgefasseten Steck-Brieffen wieder die älteste N. Tochter, nicht aber auch den Praeceptor, weil solcher nicht ausgetreten, sondern zweymahl bey mir gewesen; Sondern auch, als immittelst H. H. mit seinen Schreiber, und folgends auch dessen Ehe-Weib ausgetreten, mit angestellter Generallnquisition verfahren, allwo denn so wohl wieder Vater und Mutter, als auch die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien, und zwar wieder jene durch summarische Zeugen Aussage Fol. 23. 28. 30. 33. 34. 35. 36. und 41. wieder diese aber Fol. 33. b. etliche indicia sich herfür gethan. Alldieweil aber, Gn. Fürst und Herr bey dergleichen Dingen behutsam zu gehen seyn will, doch aber auch zu besorgen, es möchten die Zeugen, weil zumahl die Mittel-Magd und Zoffe Fol. 38. seq. einander zu wieder, die Köchin auch Fol. 37. b. mit Betrohung und Beschimpfung zugesetzt werden wollen, ehe rechtliche Erkäntniß eingehohlet werde, sich aus dem Staube machen. So habe E. Hoch-Fürstl. Durchl. auch dieses zusamt den actis gehorsamst hinterbringen, und wie so wohl wieder die Ausgetretenen, als auch wieder die andere annoch verhandene Tochter Marien Sophien ferner zu verfahren, und ob nicht immittelst die Zeugen eydlich zu examiniren, Gnädigste resolution Unterthänigst erwarten sollen.
§. V. Biß hieher waren damahls die Acten kommen, als ich dieselben obgedachter
Weise zu sehen bekam, und ware der Actuarius gleich mit copirung des
ietzbemeldeten Berichts beschäfftiget, daß ich also, wenn ich etliche Stunden
später gekommen wäre, die Acta nicht würde in Amte P. gefunden haben. Ich machte
mich dannenhero bald auff und ritte wieder zurücke nach Leipzig. Mein Hertz
wurde mir, nachdem ich etwas attent dasjenige, was ich gelesen, betrachtete, umb
ein gutes Theil leichter, indem ich zwar sahe, daß der Amtmann sich es blut
sauer werden liese, die armen Leute, wegen des von Ihm zum ersten nimis
praecipitanter in actis beschuldigten Mords, auf das empfindlichste zu graviren,
aber daß doch alle die dem ersten Ansehen nach starcke indicia wieder die
Inquisiten, garleichtlich aus eben
§. VI. Als ich nun diesen meinen Schluß, so bald ich in Leipzig wieder angekommen
war, der stupratae Vater und dessen Freunde entdeckte, und Ihnen dißfalls klaren
Wein einschenckte, auch Ihnen freystellete, ob Sie gedächten, einen andern
Advocaten zu bekommen, von dem Sie sich bessern success zu versichern hätten;
Sie aber mich nochmahlen ersuchten, die Sache über mich zu nehmen, meldeten Sie
mir zugleich, daß der Medicus von Z. Herr D. Schreyer, der das gefundene Kind
mit hätte besichtigen helffen, denselben Tag in Leipzig auf die Michaelis-Messe
kommen wäre, daß Sie mit Ihm gesprochen hätten, und Er ein Verlangen trüge, mit
ihren Advocato zu reden. Ich gieng alsbald hin zu Ihm, und erfuhr nicht alleine
von Ihm unterschiedene Umstände, die bey der Besichtigung wären vorgegangen,
daraus neue indicia von der Partheyligkeit des Amtmanns zu nehmen waren, die
dergestalt beschaffen, daß Sie auch denen Anwesenden Herren Medicis waren in die
Augen gefallen, sondern er erzehlte mir auch unter andern, daß er bey dieser
Besichtigung Gelegenheit gehabt hätte, etwas zu probiren, das von denen Herrn
Medicis als was besonderes und sehr merckwürdiges nur vor weniger Zeit wäre
angemercket worden; Es wäre bekant, daß die Lungen wegen der darinnen
verborgenen Lufft in dem Wasser nicht untersäncken; weil nun die Kinder in
Mutterleibe keinen Othem hohlten, sondern der Mensch erst nach der Geburth durch
das Othem hohlen Lufft in die Lunge brächte, so wären etliche von denen Neuern
Medicis auf die Gedancken kommen; Daß wenn eine Mutter, so Ihr Kind heimlich
bekommen, vorgäbe, Ihr Kind wäre todt auf die Welt kommen, und man befände doch,
daß bey der Besichtigung die Lunge dieses Kindes oben schwämme, dieses so dann
eine starcke Anzeige wäre, daß das Kind lebendig auf die Welt sey gekommen, und
hinwiederum würde das Vorgeben der Mutter, daß Sie ein todtes Kind gebohren,
warscheinlich gemacht, wenn des todten Kindes Lunge in Wasser untersäncke. Nun
hätte er bey der Besichtigung des Kindes
§. VII. Jedoch wolte ich auch gerne noch vorhero und ehe ich umbPraeliminar Verhör der beyden
In-quisitinnen von dem Defensore vorgenommen, und derselben
Nutzen.
§. IIX. Was nun, nachdem ich die Führung dieser Defension über mich genommen, bey diesen Proceß weiter fürgegangen und anzumercken sey, wird an beqvemsten vorgestellet werden können, wenn ich aus denen hernach, post responsionem Rearum ad articulos, das, was ich mir communicirten Acten excerpiren lassen, nach Ordnung der Acten und der Zeit, so kurtz als möglich, vorstellen werde. FOL. 44. Wurde die Köchin an 15. Oct. von neuen wieder Jungfer Marien Sophien und wegen Hanß Martins (von welchen bald in folgenden deutlicher ein mehrers) verhört. FOL. 45. Ist ein Steck-Brieff wieder Annen ut supra fol. 10. FOL, 46. Herrn Hanß Heinrichs Brieff an den Amtmann zu P. daß er die Köchin nicht solte lassen wegkommen, praesent. d. 16. (wodurch der Calumnie begegnet wurde, als hätte er, der Vater, die Köchin bedrohen lassen, daß Sie sich wegmachen solte.) FOL. 47. Befehl von Z. von 15. Octobr. 1681. praesentirt d. 16.
Wir haben aus deinen verstatteten Bericht etc. uns gebührend vortragen, auch die dißfals gehaltene acta durchsehen und erwegen lassen, und stehen zwar an, wegen H. H. und seines Weibes noch zur Zeit die Captur und Steckbrieffe zu verordnen. Weil aber theils Zeugen etlicher massen wieder einander, auch zu besorgen, daß man deren künfftig nicht allezeit mächtig seyn dürffte; Als ist unser Begehren, du wollest dieselben allerseit, ausgenommen die eine Tochter, so mit weiterer Verhör itzo auch verschonet werden kan, unverzüglich wieder vorfordern, Ihnen die gethane Aussage nochmahls vorlesen, Sie die rechte reine Wahrheit allenthalben, und insonderheit von denen fol. 28. a. & 33. b, registrirten Reden auszufagen, nachdrücklich ermahnen, und dasjenige, worauf Sie alsdann und nach anderweiter nöthiger confrontation beharren, mit einem Eyde bestärcken lassen; inzwischen nichts destoweniger beobachten, ob und wo so wohl ermelder H. H. und dessen Eheweib, als die älteste Tochter, sich ferner aufhalten; auch die beyden Medicos und den Balbier, so das Cörperlein besichtiget, Ihre fol. 16. ausgestelte Registratur, nach Erlang- und Vorlegung des Bratspiesses, womit die Köchin das Kind in der Erden gesucht, und welchen Sie in der eydlichen Aussage zu recognosciren hat, und ob Sie dafür halten, daß die Stiche mit denselben, oder womit sonst geschehen seyn mögen, erleutern, und beschweren lassen, und von diesen allen deinen Bericht mit Beyfügung der Acten zu fernerer Verordnung erstatten. V. L. V. S.
Dieser Befehl ist so nervös, processmäßig und raisonable, daß wenn dergleichen
prudente und unpartheyische Administration der Justiz von dem Amtmann zu P.
ingleichen von allen Collegiis die künfftige Urtheil und
Jedoch wäre dieses, was Sie von Frau Marien gesagt, als ob Sie hin und wieder und ins Gärtgen gangen, nicht die erste Nacht, als die Tochter das Kind bekommen, geschehen, sondern den ersten Tag drauff. Den ersten Abend, als Sie von St. herein kommen, wäre Sie nur ein wenig in die Unterstube gangen und sich ausgezogen, hernach aber bald auf den Boden, als wo Herre, Frau und Kinder neben einander in zwo Kammern sonst geschlaffen, und nicht wieder herunter kommen. Ob Sie aber selben Abend in der Tochter Kammer gangen, könte Sie nicht gewiß sagen. Des folgenden Tages aber hätte Sie gesehen, daß die Frau M, in solcher Kammer immer ab und zugegangen, ingleichen ins Gärtgen, und hätte den Schlüssel an der Cammer-Thür allezeit abgezogen. Des Tages und Abends zu vor, als die Tochter das Kind bekommen, wäre Sie die Köchin bey Ihr in der Kammer gewesen, und diese hätte sich im Bette hin und her geworffen, und wäre sehr kranck gewesen, und als Sie gefragt, was Ihr wäre, hätte Sie Wehe geschrien, und gesagt: wenn Sie nur Ihre liebe Mutter noch einmahl sehen solte, und darauf hätte Sie die Köchin herunter zum Hopffenflücken gehen müssen. Herr H. H. aber hätte Sie, als er aus seiner Kammer herausgangen, ausgerichtet, und gesagt: Ist nicht ein Spiel, ein Gelauffe? Ich ware neulich auch kranck, es ware kein solch Gelauffe. Als Anna des Kindes loß gewesen, habe Sie ein Küssen fürgethan, das Sie alle in Hause gesehen, auch die Wäsche hergegeben, so zwar schon gewaschen gewesen, jedoch noch gar fleckigt. Es könte unmöglich seyn, daß es die Mutter nicht gewust haben solte. Den Bratspieß, so Ihr der Kutschjunge zugeworffen, und eben dieser wäre, so der Land-Knecht mit in das Amt bracht, und Ihr gezeiget worden, hätte Sie darumb gebraucht, weil die Schwestern, Anna und Maria Sophia sich wegen einer Schachtel gezanckt, und diese zu jener gesagt: du Rabenaaß: ich habe auch deinetwegen die Schachtel einbüssen müssen, dahero Sie gedacht, das Kind läge in einer Schachtel, und hätte damit über 3 mahl nicht in die Erde gestochen: wäre solcher an der Spitze auch etwas krümmer gewesen als er itzo wäre. Die Schenckin zu O. hätte auch gesagt: Sie die Köchin, der Praeceptor und Haußknecht, hätten 2500. Thlr. verdienen können, wenn Sie geschwiegen und es dem Pfarrer zu Pr. nicht offenbahret hätten.
Die Zoffe ist wieder vorgefordert worden, und bleibet feste drauff, daß Anna, als
Sie das Kind abgewaschen, und Sie (die Zoffe) hernach zur Mittel-Magd mehr nicht
gesagt, als: Ich will es immer behalten: oder; Ach wenn ich es behalten dürffte.
Inmassen sie es denn auch also zuerst der Käse-Mutter, als Sie gefragt, was Anna
zum Kinde gesagt, erzehlet. Die Käse-Mutter berichtet: die Zoffe hätte zu Ihr
nicht andersgesagt, als daß Anna gesagt: Sie wolte das Kind behalten; die Zoffe
aber drauff geantwortet, was Sie nun mit dem Kinde machen wolte, da es todt
wäre: Sie hätte es zuvor mögen behalten. Die Mittel-Magd ist der Zoffe
fürgestellet worden, und saget: Sie hätte nicht anders gemeinet, als daß die
Zoffe berichtet: Anna hätte gesagt; du liebes Kind, ich hätte dich gerne
behalten wollen, wenn ich für den Meinigen gedurfft. Weil Sie aber nun hörete
daß es nicht so sey, (wäre auch damahls in lauffen geschehen, und Sie in
Erschreckniß gewesen) könte Sie nicht gewiß drauff reden. Der Mittel-Magd ist
Zeit gegeben worden, sich zubedencken. Die andern beyden aber haben Ihre Aussage
hernach beschworen. Die Zoffe sagt ferner, daß als die Frau den ersten Abend von
der Kindtauffe nach Hause kommen, wäre Sie nur ein wenig in die Unter-Stube
gangen und sich angezogen, bald aber darnach auff den Boden (wo Sie sonst der
Herr und Kinder in 2. Kammern neben einander geschlaffen) und nicht wieder
herunter kommen. Ob Sie aber noch diesen Abend in der Tochter Kammer gangen,
könte Sie nicht wissen. Als aber die Tochter das Kind bekommen haben solte, wäre
es die erste Nacht umb 1 Uhr ohngefähr geschehen. Sie hätte zwar kein Geschrey
gehört, aber das Gesinde hätte folgendes Tages davon geredet, daß Anna gewinselt
hätte, und wäre Sie damahls mit der Köchin in der Kinder-Stube gewesen. Die
Käse-Mutter hätte damahls zu Ihr und der Köchin gesagt: Anna hätte Sie zu sich
fordern lassen und es Ihr abgebeten, da Sie Ihr auff den Leib gegriffen. Frühe
Morgens hätte zwar niemand zur Tochter gedurfft. Ob aber die Mutter bey Ihr
gewesen, wisse Sie nicht. Die andere Tochter M. S. wäre die erste Nacht herunter
in die Kinder-Stube, wo Sie die Zoffe und Köchin schlieffen, kommen, für das
Bette nieder gefallen, die Hände zusammen geschlagen und gesagt: Sie könte und
wüste nicht droben zu bleiben. Hernach wäre ein Pferd in Hoff gelauffen und für
das Fenster kommen, da wäre Sie M. S. erschrocken und gesagt. Was komt? Es kommt
ein Neuter. Sehet flugs nauß. Es hätte aber niemand nachgesehen. M. S. aber
hätte die Hände zusammen geschlagen, gebetet, und Sie beyde ermahnet, sie solten
doch fleißig beten, daß der liebe GOtt Sie behüten wolte, wenn etwas vorgienge,
daß Sie ja nichts sähe, und gar nichts wüste. Denn sie hätte nicht gerne hinauff
und auch nicht gerne unten bleiben wollen, weil Sie vor der Mutter sich
gefürchtet, und gesagt: die liebe Mutter schlüge sie, wenn Sie unten bliebe. Den
Tag drauff hätte Sie die Frau auch sehen in das kleine Gärtgen gehen. Was Sie
drinnen gemacht, wisse Sie nicht. Hätte zur Köchin freylich gesagt, Sie wolte
das Kind wohl in
Sie hielten nicht dafür, daß die Löcher oder Stiche, so an dem todten Kinde
befunden worden, mit dem Bratspiesse, so Ihnen gezeiget worden, geschehen, aus
Ursach, weil die 2. grössesten, so in der lincken Seite, nicht viereckigt, wie
der Bratspieß, sondern länglicht, und dünne, auch etwas länger als der Bratspieß
in der Breite gewesen. Zudem, so wären die Stiche unterschiedlich, als etliche
in Rücken, etliche in der Brust, und etliche in Arm gewesen, und keiner durch
das gantze Cadaver gangen.
Er hätte aus dem gnädigsten Rescripto vernommen, daß er dasjenige Attestat, so
über der Section des gefundenen Kindes ertheilet worden, wie auch, ob die
Wunden, so an dem Kinde befunden worden, mit dem Bratspiesse, so Ihm fürgeleget
worden, geschehen sey, beschweren solte; Als antworte er darauff. Was das erste
betrifft, brauche es keine weitere Erleuterung, massen solches juxta leges artis
medicae concipiret. Jam vero artifici in sua arte credendum, und hoffe also mit
dem Eyde verschonet zu werden umb desto mehr, weil er promotus Doctor sey, und
das juramentum Facultaris Medicae allbereit vor 23. Jahren auf seiner Promotion
zu Jena abgeleget, zu dem habe er in seiner 22. jährigen Praxi viel Sectiones
Cadaverum gehabt, und drüber Attestata ausgestellet, die jederzeit plenariam
fidem gehabt, und er solche niemahls beschweren dürffen, zugeschweigen, daß er
zu Z. zum Land und Stadt-Physico bestellet worden, und also auch hoc intuitu den
Eyd deprecire. Ob die Wunden mit dem Ihm vorgezeigten Bratspieß geschehen,
darüber könten diejenigen, so das Kind gebohren, oder die es begraben, am besten
Nachricht geben, auch würde das ausgestellete Attestat vollkommener worden seyn,
wenn bey Section des Cadaveris der itzo producirte Bratspieß alsbald wäre
beygeleget worden. Aus der eusserlichen Form aber, deren welche Er absonderlich
wohl betrachtet, und daß die meisten rund, die 2. aber, so durch die lincke
Seite in dem hohlern Leib unterwertsgangen, mehr länglich als viereckig gewesen,
wäre er in denen Gedancken blieben, (ob wohl propter putredinem in cadavere die
forma vulnerum sich leichte änderte) daß die Wunden mit einen Dolch oder
Pfriemen, so an der Spitze stumpff und rund, weiter auffwerts aber mehr breiter
als gleich viereckigt gewesen, geschehen seyn möge. Und weil der producire
Bratspieß von unten an fast dergleichen Gestalt habe als ein Dolch oder Pfrieme,
so möchte muthmaßlich, iedoch nicht affirmative, und daß er es zu beschweren
getraue, geschlossen werden, daß bey Auffsuchung des Kindes die Wunden durch den
Bratspieß verursachet worden, allermassen auch die Köchin zu Ihm gesagt, daß Sie
3 mahl die Erde, worunter das Kind vergraben gewesen, durchstochen, und also die
Verwundung am Halse und in der lincken Seite verursacht werden können. Die
andern Wunden aber durch das viele stopffen in die Erde, sich ereignen können,
Aus den Actis haben wir verlesen, daß gleichwohl eine und die andere nachdenckliche Rede und Bezüchtigung der Schenckin zu O. in denen Actis angegeben worden: Als ist unser Begehren, du wollest solche zuförderst eydlich vernehmen, in übrigen aber, und sonderlich wegen der von Medicis verweigerten Beschwerung, auch von H. H. für sich und sein Eheweib gesuchten sichern Geleit und respective Caution, in Schöppenstuhl zu Leipzig, weil man solchen zu übergehen keine erhebliche Ursache findet; rechtliche Erkäntniß einhohlen, und das Urtheil uneröffnet zu fernerer Ordnung anhero senden.
§. IX. Die in itzo erzehlten Befehl, den Schöppenstuhl zu Leipzig
betreffend,alterirender Incident-Punct
wegen allzuzeitiger Suchung eines andern Collegii zu
Sprechung der Urtheil.
§. X. Damit wir aber nun wieder in der Historia des Processes fortfahren, war der Amtmann zu P. bemühet, den in fine §. 8. gemeldeten Befehl zur Execution zubringen, und vernahm FOL. 78. seq. den 4. Novemb. die Schenckin von O. über die Reden, die Sie zu der Köchin, nach dieser Ihrer obigen Aussage fol. 37. & 53. d. 12. und 17. Octobr. circa finem, solte geredet haben.
Diese berichtet: Sie hätte die Köchin befragt, was Sie für einen Spieß gehabt, damit Sie das Kind gesucht: und als diese geantwortet, es wäre ein Bratspieß gewesen, hätte Sie die Schenckin gesagt; Sie hätte gedacht, es wäre ein Vogelspieß gewesen, und wenn es also wäre, so solte Sie es nur sagen, und keine Weitläufftigkeit machen: Item: wenn Sie es denen Leuten könte zu gute thun, so möchte Sie es immer thun; so könten die Leute Ihre Köpffe behalten: Item: wenn ihr Anna Elisabeth (die Köchin) kaum auch etwas köntet darvon bekommen! wenn Ihr den Staupbesen köntet darvon kriegen! wenn Ihr das Kind mit dem Vogelspießgen gestochen hättet, und wollek es nicht sagen, und käme doch heraus. Item, wenn Ihr den kleinen Vogelspieß gehabt, so sagts doch immer, so könnt Ihr ehe noch ein Stücke Geld darvon kriegen, als wenn Ihr es leugnet. Daß Sie aber diese Worte geredet haben solle: die Köchin, der Praeceptor und Haußknecht hätten 2500. Thlr. verdienen können, wenn Sie es verschwiegen, und es dem Pfarrer zu Pr. nicht offenbahret, davon wüste Sie nichts, könte sich auch nicht besinnen, wenn Ihr auch der Kopff abgeschlagen werden solte, und wären 2500. Thlr. Ihr sein tage nicht ins Maul kommen. Die Köchin sagt, es wäre bey K. zwischen Michel H. und Vrban M. Häusern geschehen: das die Schenckin zu Ihr gesagt: Ach wenn Ihr nur hättet stille geschwiegen. Ihr hättet können 2500. Thlr. von Herrn bekommen, und hätte die Köchin darauff gesagt, wenn ich gleich stille geschwiegen, so hätten doch der Praeceptor und Haußknecht nicht geschwiegen: die Schenckin aber geantwortet: Ihr hättet doch alle können genung haben. Die Schenckin bleibet dabey, es wären 2500. Thlr. in Ihr Maul nicht kommen, und hätte obiges nicht geredet, hat solches auch mediante juramento bestärcket.
§. XI. Nachhero sind die Acten zum ersten mahl in den Schöppenstuhl nach L. zum Verspruch geschickt worden, und lautet das erste in dieser Sache gesprochene und mitten in Novemb. eingelauffene Urtheil folgender Massen.
Ist jüngsthin auff H. H. Gute zu Gr. in dem Kretzgarten ein todtes Kind, und an
demselben der Medicorum und Balbirers Berichte nach viel Stiche, derer Sie
etliche vor tödtlich gehalten, gefunden worden, und es will H. H. ältesten
Es weiset der Innhalt dieses Urtheils, daß selbiges cum summa prudentia
gesprochen und nichts rigoröses drinnen anzutreffen sey. Die Caution wegen des
salvi conductus für Vater und Mutter ist nach Gelegenheit des Vermögens wegen
beyder Personen, ingleichen des verdachten criminis nicht zu hoch gesetzt. Daß
aber vorher wegen der Mutter und Tochter auff Steck-Brieffe reflectiret worden,
hat gleichfalls wegen der Capitalität des gedachten criminis nicht wohl anders
seyn können. So ist auch der zugleich wegen der Tochter erkandte Achts-Proceß
nicht zu harte, weil der Vater damahlen noch nicht umb salvum conductum wegen
der Tochter angehalten hatte. Mit dem denen Medicis zuerkandten Jurament konte
es obigen Umbständen nach auch nicht wohl anders seyn; vielmehr waren die
Inquisitae denen Herren Scabinis deßhalb höchlich verbunden, daß Sie in dem
Urtheil durch das vorgeschlagene Juramentum credulitatis denen Medicis Ihre
Gewissens-Scrupel benommen hatten, die freylich gestalten Sachen nach de
scientia & veritate nicht, wohl aber de verosimilitudine &
credulitate schweren kunten: Ja Sie, die Herrn Scabini, waren die ersten, die
wegen des Indicii mit denen Stichen, auff die ächte quaestionem praejudicialem;
ob in dem Cörper Blut gefunden worden, gefallen waren, weil, wenn das Kind bey
seinen Leben die Stiche bekommen hätte, sich nothwendig in denen Wunden oder
auch sonsten in Cörper hätte
§. XII. FOL. 90. seq. wurde den 19. Novembr. 1681. die Köchin nach Anleitung obigen Urtheils über folgende drey Articul eydlich vernommen.
Art. 1. Auf was Art und Weise Sie das Kind ausgegraben? Resp. Sie hätte
anfänglich die Erde mit der Hand heraus geworffen, hernacher aber, als Sie nicht
mehr langen können, hätte Sie den Spaten genommen, und etwan 3. mahl die Erde
damit weggethan auf der Seite, darauff wieder die Hände gebraucht, und als Sie
das Kind mit der Hand gefühlet, hätte Sie es bey dem Lappen genommen und heraus
gezerret. Art. 2. Wie viel Stiche Sie mit dem Bratspieß in die Erde gethan?
Resp. das könne Sie nicht eben wissen, möchte zu viel oder zu wenig sagen. Den
Bratspieß hätte Sie 2. oder 3. mahl genommen, und damit in die Erde gestopfft,
weil Sie gedacht, das Kind läge in einer Schachtel. Wie viel Stiche Sie aber
gethan, könte Sie nicht gewiß sagen, und was Sie zuvor von 3. mahlen erwehnet,
wäre von Nehmung des Bratspiesses zu verstehen, welchen Sie so offt genommen,
und nicht von Stichen, so Sie nicht gezehlet. Art. 3. Ob Sie das Kind darmit
getroffen? Resp. das könte Sie auch nicht gewiß wissen. Dieses erinnerte Sie
sich aber, daß Sie einmahl gefühlt, daß Sie auf etwas getroffen, so geknirschet,
als wenn Sie in einen zwillchenen Lappen gestopffet, inmassen auch das Kind in
einen alten garstigen Lappen gelegen, und hätte gedacht, es lege in einen
Küssen. Ob sie nun aber solches getroffen, wisse Sie nicht, hätte auch hernach
weiter mit dem Bratspiesse nicht gestochen, sondern
§. XIII. Ferner sind auch dem Urtheil zu Folge FOL. 93. seq. dieItem der 2. Medicorum und des Barbierers.
Art. 1. Ob Sie in den todten Cörper Blut gefunden? Resp. Test. 1. Es wäre kein
Blut in dem Cörper gewesen. Test. 2. Sie hätten keines gesehen. Test. 3. Er habe
kein Blut gefunden. Art. 2. Ob Sie dafür achten und gewiß glauben, daß die
Stiche dem Kinde erst nach dem Tode zu gefügt? Resp. Test. 1. Weil kein Blut
weder ausser dem Cörper noch in dem Cörper, da doch die Viscera noch zimlich
frisch waren, anzutreffen gewesen, so ist gewiß zu schliessen, daß die Stiche
oder Wunden nach dem Tode in den Cörper gebracht worden. Test. 2. Weil kein Blut
gesunden worden, und doch solche Gliedmassen, so nothwendig Blut von sich geben
müssen, laedirt gewesen,
Wenn man diesen 3. Articul mit den oben §. 11. angeführten Urtheil conferiret, befindet sich, daß der Amtsverwalter nicht, wie er leider gethan, solchen de veritate, sondern nur de credulitate hätte formiren sollen: Ob die Zeugen dafür hielten, und gewiß glaubten, daß alle solche Stiche mit dem vorgezeigten Bratspiesse geschehen. Ob er aber diese Veränderung aus Einfalt und Tummheit, oder aber aus Muthwillen und mit Vorsatz gethan, stellet man dahin.
§. XIV. Dieweil auch die Köchin in Ihrer bey dem §. 12. angeführten Aussage ein neues gravamen oder indicium wieder die Inquisiten vorgebracht hatte, als wenn man Sie durch Hn. Hanß Martin hätte wollen bestechen lassen, als ist derselbe FOL. 108. seq. über folgende Articul eydlich vernommen worden:
Art. 1. Ob er neulich zu Gr. gewesen? T. Ja. Art. 2. Ob er H. H. daselbst und die
Seinen kenne? T. Er kenne sie allerseits wohl. Art. 3. Wo dessen Eheweib und
älteste Tochter sich itzo auffhalten? T. den Ort könne er so genau nicht wissen.
Auf einen Dorffe wären Sie, Zeuge aber wisse nicht, wie es hiesse. Ohnlängst
wären Sie zu Linckel gewesen, von dar Sie H. H, auf M. schaffen wollen. Art. 4.
Ob er nicht auch für etlichen Wochen als den 13. oder 15. Oct. zu Gr. gewesen?
T. vor 4. biß 5. Wochen ohngefähr wäre er da gewesen. Den Tag aber könne er so
genau nicht wissen. Art. 5. Wer Ihn dahin geschickt? Test. Herr B. zu L. mit
Einwilligung Herrn H. H. dieser hätte Ihn auch mit gebeten. Art. 6. Wahr, daß er
die Köchin durch den Haußknecht zu sich fordern lassen? Test. Er hätte Sie nicht
lassen fordern, sondern sie wäre vorbey gangen, da Ihm H. H. Leute solches
referiret, auf welches er zu Ihr
§. XV. Das übrige, was in dem Volumine primo der Acten enthalten, ist eben von
keiner sonderbaren Wichtigkeit. FOL. 19. ist ein Befehl von Z. von 20. Dec.
1681. die Acta nebst Bericht einzuschicken. FOL. 120. H. H. Ansuchung wegen
salvi Conductus für sein Weib. FOL. 121. Des Amtmanns Bericht. FOL. 122. seq.
Befehl, daß dem Weibe (Marien) ein salvus Conductus ertheilet werden solle, von
29. Dec. 1681. FOL. 124. Notification an H. H. wegen seines Weibes salvi
Conductus von 2. Jan. 1681. FOL. 127. Copia des salvi Conductus. FOL. 129.
Citatio an H. H. daß er erscheinen und auff Articulos antworten solle, von 20.
Martii 1682. FOL. 131. seq. Auffsatz der Articul, über welche H. H. vernommen
werden sollen. FOL. 134. H. H. entschuldigungs schreiben. Nemlich es hatte der
Amtsverwalter in der Citation an H. H. diesen nicht mit denen formalibus: Krafft
habender Commission, sondern: Kraffe habenden Amts
citiret, da doch die bißherigen excerpta durchgehends weisen, daß die gantze
Sache dißhero von ihm per commissionem von der Regierung zu Z. ware tractiret
worden, auch das Gut Gr. wo das Kind gefunden worden, ein Schrifftsäßig Gut
ware, welches zwar besagter Amtsverwalter dem Herrn H. H. bißher
unterschiedliche mahl controvers machen wollen, aber nicht reussiren können. Und
also nahm Herr H. H. dadurch Gelegenheit, sich zu entschuldigen, daß er auf eine
Ihm so praeiudicirliche Citation, durch
§. XVI. Ja dieses gabe auch nunmehro Herrn H. H. eine schonCommissarium loß worden.
§. XVII. Die Excerpta aus dem Volumine Il. Auctorum. darauffExcerpta ex
Actis.
§. XIIX. Als nun die Acta von dem Amtsverwalter eingeschickt waren, sucht FOL. 26. H. H. salvum conductum für sich und sein Weib. FOL. 27. Derneue Commissarius berichtet deßhalb nach Dreßden. FOL. 28. Registratur wegen bestellter Caution. FOL. 29. 30. Salvus Conductus für H. H. und sein Weib. FOL. 31. Citatio an H. H. und sein Weib, daß Sie sich auff Articulos sollen verhören lassen. FOL. 32. H. H. begehrt Defension pro avertenda inquisitione für sich und sein Weib, und salvum Conductum für die Tochter. FOL. 35. Urtheil ni fallor Scabinorum Lips. wegen des salvi Conductus und der gesuchten defension pro avertenda. Dieses gienge, wo es mir recht ist, dahin, daß die gebetene Defensio pro avertenda nicht statt habe, der Tochter aber, wenn man dieselbe mit Steck-Brieffen ja nicht erlangen solte, gleichfalls ein salvus Conductus gegen 500. Thlr. Caution ertheilet werden solte. FOL. 36. seqq. Steck-Brieff contra Annam. FOL. 39. biß 46. Befehl und Beylagen, die von dem Amtsverwalter zu P. vorgeschossene Expensen betreffend. FOL. 46. 47. H. H. Schreiben contra den Amtsverwalter. FOL. 48. biß 54. betreffen den salvum Conductum wegen der Tochter Annen, und wie derselbe endlich gleichfalls zu Stande gebracht worden. FOL. 55. Citatio an Inquisitos, sich über Artickel abhören zulassen. FOL. 56. H. H. schreibt den Termin ab. FOL. 57. anderwärtige Citation.
§. XIX. FOL. 58. biß 70. Sind die Articuli Inquisitionales zu befinden, worauff
alle drey Inquisiten, Vater, Mutter und Tochter vernommen worden. Wegen des
Vaters waren 35. Wegen der Mutter 41. und wegen der Tochter 45. Articuli formirt
worden, alle vernünfftig, unpartheyisch, und legal, da sonsten die ungeschickten
und partheyischen Richter absque judicio, die Artickel confus einzurichten, ohne
Noth zuvervielfältigen und impertinente Dinge und Fragen mit ein zumischen
pflegen, wie leider! die tägliche Erfahrung weiset, und kein Monath hingehet, da
nicht dergleichen Exempla mehr als zuviel in die Collegia juridica geschickt
werden solten. Ja man wurde damahls aus dem von Amtsverwalter eingeschickten
Acten und dessen fol. 131. seq. erst gewahr, daß wenn die Commission bey
demselben geblieben wäre, die armen Inquisiten einen
§. XX. Des Vaters H. H. Antwort ware diese folgende.specie des Vaters.
Er fey von Zwencke und 51. Jahr: die Tochter sey freylich, und zwar wie Sie Ihn
berichtet, von Toffel R. geschwängert worden, und wie Ihm wäre berichtet worden,
gegen Michaelis zu Nacht eines Kindes genesen, als das Kindtauffen zu St.
gewesen. Er habe gehöret, daß die erste Nacht, als sein Eheweib von dem
Kindtauffen nach Hause kommen, ein grosses Gelauffe im Hause hin und wieder
gewesen, er sey damahls gleich unpaß gewesen. Er könne sich eigentlich nicht
mehr besinnen, daß er damahls zur Köchin gesagt haben solle: Ist nicht ein Spiel
und Gelauffe, ich war neulich kranck, und war nicht so ein Gelauffe. Er könne es
endlich wohl gesagt und gescholten haben. Davon wisse er nichts, daß Anna und
sein Eheweib Maria das Kind solle umb das Leben gebracht haben, und das wolle er
nicht hoffen: Er wisse auch nicht, wo Sie es hingethan. Ihm sey gesagt worden,
seine Ehefrau hätte solches in Garten begraben, und sey es lange hernacher
geschehen, da er es erfahren hätte. Er wisse aber nicht, wer dabey geholffen
hätte, viel weniger habe er selbst geholffen: damahls habe er keine
Wissenschafft davon gehabt: Er habe zwar davon gehöret, daß lange vorher davon
geredet worden, daß die Tochter Anna schwanger wäre, habe Ihr auch dieser wegen
zugeredet, aber von Ihr keine Gewißheit erfahren können: der Rebhüner-Fänger zu
O. habe Ihm davon gesagt (von dem Müller zu Gr. aber könne er sich nichts
besinnen.) Weil er nun von Ihr der Tochter nichts vernehmen können, habe er
freylich gedrohet, er wolte den, der dieses sagte schon hinein führen. Aber den
Müller zu Gr. habe er deßhalben nicht abgeschafft, sondern es wäre derselbe biß
Dato noch da. Es sey zwar auch Andreas S. von Z. bey Ihm gewesen, und Ihm
erzehlet, wie sich der gewesene Hauß-Knecht Toffel R. damit gerühmet, daß er mit
seiner Tochter fleischlich zu thun gehabt, er wisse aber die Zeit nicht
eigentlich mehr, ob es des Tages zuvor gewesen, als die Tochter das Kind
bekommen: Er habe S. geantwortet, daß er die Tochter schon vorgehabt, aber
nichts von Ihr vernehmen können. Daß er aber den Hauß-Knecht bey der Tochter in
der Kammer angetroffen haben solle, negiret er, mit dem Zusatz; wenn er solche
angetroffen hätte, würde es übel abgelauffen seyn. Daß die Tochter 3. Tage nach
der
§. XXI. Gleichwie nun ein jeder verständiger Leser, aus dieser des Vaters Antwort gar leichtlich abnehmen kan, daß gar geringe Indicia wieder Ihn verhanden gewesen, und also dessen Defension keiner grossen Mühe gebraucht habe; Also wäre es zu wünschen gewesen, daß man von dessen Eheweibe und der Tochter Anna dergleichen hätte sagen können. Der Mutter Frau Marien Ihre Aussage ad Articulos gienge dahin.
Sie sey von Annaberg 43. Jahr. Die Tochter Anna hätte Ihre Schwängerung Ihr nicht
bey Zeiten eröffnet. Sie hätte zwar freylich gesehen, daß die Tochter einen
hohen Leib gehabt: Sie habe aber nicht gemeinet, daß es so beschaffen wäre, die
Tochter habe es auch nicht gestanden. Sie habe gewust, das die Tochter sonst
eine Beschwerung gehabt, und habe gemeinet, der hohe Leib komme davon her, und
sey
§. XXII. Es zeiget zwar diese Aussage an, daß meine oben §. 7. gedachte Praecaution bey Frau Marien nicht umsonst gewesen, und daß Sie auff die Articulos fein gerade zu geantwortet habe, und keine impertinentia oder zu der vorgelegten Frage nicht gehörige Dinge mit eingemischt habe. Aber es ist doch so gar leer damit nicht abgangen, indem Sie bey denen Fragen wegen Subornirung und vorgehabter Bestechung der Köchin, Ihrer kurtz vorher angeführten Verneinung die Worte: Sie habe nichts davon gewust, wie Sie das Kind ausgegraben hätten, mit beygefügt, die sich zu diesen Artickeln gar nicht schicken. Was endlich der Tochter Annen Antwort ad Articulos betrifft, lautet dieselbe also;
Sie wäre 16. Jahr, hätte sich von Toffel R. schwängern lassen: und zweymahl in
der Kinder-Stuben Unzucht mit Ihn getrieben: sey von Weihnachten biß Michaelis
mit schweren Leibe gangen, hätte aber die Schwängerung die gantze Zeit über
heimlich gehalten, weil sie nichts in Ihren Leibe gefühlet; sey auch auff
diejenigen, so davon geredet, ungehalten gewesen; und eben deßhalben habe Sie
auch solches Ihren Vater und Mutter nicht eröffnet; noch mit Ihrer Mutter Abrede
genommen, wie es bey Ihrer Niederkunfft gehalten werden solte. Sie sey aber 3.
Tage vor Michaelis 81. als Ihre Mutter auff der Gevatterschafft gewesen, zur
Kindes-Noth kranck worden; habe sehr nach Ihrer Mutter verlanget, und das
Gänse-Mägdgen, so bey Ihr gewesen, öffters hinaus sehen lassen, ob die Mutter
bald käme: Sie habe deßwegen in der Kindes-Noth sonst niemand zu sich geruffen,
weil niemand zu Hause gewesen, und Sie in der angst nicht gewust, wo Sie alle
wären: Da nun die Mutter kommen, hätte Sie aus Angst nicht behalten, ob das
Gänse-Mädgen droben blieben oder herunter gegangen wäre. Bald nach Ankunft der
Mutter, wäre Sie
§. XXIII. Nunmehro war es Zeit an der Defension zu arbeiten. Ich hatte auch damit nicht gewartet, biß die Abhörung der Inquisiten geschehen war, welches sich freylich eine zimliche Zeit verzog (die ich aber nicht genau determiniren kan, weil ich solche nicht accurat in meinem excerptis auffgezeichnet finde) sondern ich ließ so fort, als ich Hoffnung hatte, einen andern Commissarium zuerlangen, den 14. May 82. die Käse-Mutter und Zoffe per Notarium und testes eydlich über den Umbstand abhören, daß die Anna kurtz vor Ihrer Geburt einen schweren Fall gethan, und ob bey Abwaschung des Kindes einige Wunden an demselben gefunden worden. Diese Aussage ist unten nach der ersten Defension §. 26. zu finden. Den 4. Februarii Anno 1683. erhielte ich von Herrn D. Schreyern ein privat responsum über die Frage: ob das untersincken der Lunge eine genungsame Anzeigung sey, daß das Kind todt zur Welt gekommen? (Siehe solche gleichfalls unten §. 27.) Den 12. Junii 83. bat ich den Herrn Commissarium, Herrn D. Schreyern so wohl ratione facti, ob die Lunge untergesuncken, als doctrinae, was diese Untersinckung bedeute, per requisitoriales an S. Obrigkeit über 6. Artickel abhören zulassen. Nun hatte Ihn zwar dieselbe den 11. Julii 83. darüber abgehört, wie sie Vol. 2. fol. 73. seq. zu befinden, aber er hatte solche abermahl nicht eydlich thun wollen, biß er endlich diese Aussage eydlich zu bekräfftigen, nach einer geraumen Zeit durch Urtheil und Recht genöthiget wurde, welches aber erst geschahe, als die erste Defension schon fertig war. (Vide infra §. 33. den Anhang der ersten Defension.) Den 10. Novembr. 83. bekam ich von Herrn D. Rivino und den seeligen D. Langen Ihr attestatum de pulmonibus submersis in aqua (infra §. 29.) und so wohl diese, als Herr D. Schreyer und andre gute Freunde suppeditirten mir die unten §. 30. gleichfalls befindliche Attestata ex libris aliorum Medicorum.
§. XXIV. Ich machte mich auch an 13. September 83. an die Defension selbst, und
verfertigte dieselbe in kurtzer Zeit, weil mir aber gar zu viel daran gelegen
war, daß D. Schreyer seine Aussage eydlich bestärckte, dieser aber, wie gedacht,
sich mit dieser eydlichen Bestärckung aus einer kleinen caprice auffhielte,
konte ich dieselbe nicht erst übergeben, als biß die eydliche Bestärckung
eingelauffen, wie Sie Volum. 2. Act. fol. 93. seq. zu befinden ist. Die Antwort
selbsten lautet also: ART. 1. Wahr, daß Zeuge Anno 1681. mense Oct. zu P. nebst
Herrn George Wilhelm W. Stadt Physico, und Christian S. Amts-Barbierer daselbst,
ein todtes, und in H. H. zu Gr. Garten auffgegrabenes Kind besichtiget? TEST.
Ja. ART. 2. Wahr, daß Herr Zeuge bey der Besichtigung und Section die
§. XXV. Die den 25. Februarii 1684 übergebene Defension selbstDefension selbst.
Species facti bestehet kürtzlich darinnen. Anno 1681. d. 8. Octobris rüget der Pfarrer zu Pr. bey dem Amtmann zu Z. daß Herr Hauß Henrichs Köchin Ihm offenbahret, wie Sie nebst dem Hauß-Knecht in des Herren Krätzgarten ein Kindlein Weibliches Geschlechts, welches Herrn H. H. ältester Tochter Annen, (als die in Geschrey gewesen, daß Sie schwanger sey) zugehöret, gefunden, ausgegraben und in ein Ofenloch gelegethabe.
Worauff der Amtmann zu Z. auff gut befinden des damahligen Herrn Vice. Cantzlers alsbald noch selbigen Tages an den Amtmann zu P. Verordnung gethan, der Sachen Beschaffenheit zu untersuchen.
Dieser auch eod. dato hora nocturna 10. den Amts-Landrichter nebst dem Land-Knechte nach G. verschickt, besagtes Kind aufzusuchen
und als es eingebracht worden,
durch die beyden Stadt-Physicos zu Z. und P. wie auch den Amts-Balbier daselbst besichtigen und hernach begraben lassen.
Hierbey nun will ANNEN, daß Sie dieses Kind in Unehren gezeugt auch nebenst der MUTTER, daß Sie beyderfeits an dasselbe Hand angelegt, es umbgebracht und ermordet, und den VATER, daß er hierumb allenthalben gute Wissenschafft gehabt, schuld gegeben werden,
und bestehet also das fundament gegenwärtiger deduction nach Anleitung besagten Urtheils in 3. Statibus Controversiae.
1. Ob Anna das todt gefundene Kind in Unehren erzeuget?
2. Ob Anna und Dero Mutter Frau Maria an das Kind Hand angelegt, es umbgebracht und ermordet?
3. Ob der Vater Herr Hanß Heinrich so wohl umb die Schwängerung der Tochter, als auch der Ermordung des Kindes gute Wissenschafft gehabt?
Ehe aber die Antwort auf diese drey Fragen und zwar auf iede absonderlich, erfolget, wird fürnemlich in antecessum ratione Processus erinnert, daß selbiger dann und wann, wie suis locis gemeldet werden soll, ehe diese Sache ins Amt Leipzig gediehen, nicht gar zu förmlich geführet worden; absonderlich ist dieses wohl zu mercken, daß der Amtsverwalter zu P. in inquisitione speciali keine Zeugen über articulos (exceptis paucissimis) vernommen, sondern Sie einig und allein Ihre summarische Aussagen beschweren lassen.
cum tamen etiam testi, quando crimen probandum est, non sit summarie causa proponenda, sed certis articulis includenda & postea testes super his distinctis articulis examinati debeant.
wannenhero, und da über Verhoffen durch gegenwärtige Defension derer Inquisiten völlige Unschuld nicht sufficienter dargethan werden solte, für allen Dingen die bey dieser Sache verhöreten Zeugen, nochmahlen auf articulos gebührend vernommen werden müsten.
Was nun die Antwort auf die erste (1) Frage betrifft, und ob Anna das todt gefundene Kind in Unehren erzeugt: so ist hiervon nicht nöthig, viel Worte zu machen, in Ansehen Anna Vogtin selbsten nebst Vater und Mutter
allbereit dieses einhellig gestanden und nicht in Abrede seyn können, und also hierbey nichts mehr zu thun ist, als daß die Herren Judices gebührend ersuchet werden, die dißfalls verwürckte Straffe in Ansehen der Inquisitin Jugend, als welche tempore der Schwängerung kaum 15. Jahr alt gewesen
so wohl auch, daß Sie von Ihres Vaters Knecht Toffel R. verführet und hierzu betrüglicher Weise beredet worden.
leidlichern zu moderiren.
Auf die andere (2) Frage, und ob Anna nebst Ihrer Mutter an das Kind Hand angeleget, es umgebracht und ermordet: wird mit Nein geantwortet, massen dann auch so wohl Anna
als die Mutter
solches beständig verneinet: Gleichwie aber in dergleichen quaestionibus capitalibus mit derer Inquisitorum blossen Verneinung es nicht ausgemacht seyn will, sondern andere medii termini hierzu gebrauchet werden müssen; Also hoffen doch Inquisiti, man werde Sie bey Ihrer Verneinung nicht darzu anhalten, daß Sie Ihre negativam beweisen solten;
sondern es werde genung seyn, wenn Sie die indicia, so dißfalls ex actis wieder Sie genommen werden könten, durch stattliche und rechtsgegründete responsiones elidiren, inmassen bekanten Rechtens, quod deficientibus indiciis claris & legitimis kein judex einigen reum torquiren kan, sondern selbigen absolviren muß.
Belangende nun die wieder Annen und deren Mutter lauffende indicia, so sind selbige theils generalia & communia, theils specialia & particularia. Zu jenen wird nicht unbillig (l) Fuga referiret.
Denn da ist aus denen Acten zu sehen, daß Anna sich den Mittag, als auf den Abend drauff das todte Kind aufgehoben worden, weggemacht
sondern auch die Mutter den Morgen drauf fortgegangen
erst aus der Viehe-Stube kommen.
Gleichwie aber von diesen indicio gar deutlich
constituiret ist, daß selbiges für sich alleine pro indicio ad torturam nicht zu halten sey; Also sind auch die Umbstände bey gegenwärtigen casu so beschaffen, daß selbiges allhier in keine consideration gezogen werden kan. Denn da sind die Doctores der beständigen Meinung, quod fuga non faciat indicium, quando quis fugit post formatam inquisitionem, vel ex probabili timore futurae inquisitionis
welches sich ad casum nostrum gar wohl appliciren lässet, indem Anna (welche derer Reden, so Sie von dem Land-Richter modo ex act. fol. 6. b. beschuldiget worden, sich nicht zu entsinnen weiß, Er der Land-Richter auch dißfalls testis injuratus & quidem de visu & auditu alieno ist) den 8. Octobris nach Mittage, als die Köchin schon die Sache bey dem Pfarrer zu Pr. gerüget,
und Sie sich dannenhero der inquisition billig befahren müssen; massen Ihr denn auch, wie Sie selbst berichtet,
die Leute sehr leide gemacht, die Mutter aber
jam coepta inquisitione und nachdem allbereit Haußsuchung geschehen den Morgen darauff, als Ihr ebenmäßig die Leute leide gemacht, Sie würde mit Ketten und Banden gehohlet werden,
ausgetreten ist. Ferner so sind die Doctores auch darinnen einig, quod fuga tum nullum indicium faciat & ne quidem leve, si reus reversus fuerit, absque distinctione sive aufugerit in libertate, sive aufugerit ex manibus familiae, sive sponte revertatur sive post citationem emissam, sive cito revertatur sive ex intervallo
Nun haben aber so wohl Anna als Ihre Mutter sich sponte & ante citationem wiedergestellet, auch selbst umb salvum conductum durch Ihren respective Vater und Ehemann ansuchen lassen,
woraus zugleich erhellet, daß bemeldte beyde Inquisitinnen nicht aus Furcht eines
bösen Gewissens, sondern bloß ex metu carceris, utpote ex quo male respondetur,
Das andere (II) indicium commune, welches so wohl wieder Mutter und Tochter suspicion zu erwecken scheinet, könte daher genommen werden, daß gleichwohl die Köchin
ausgesaget:
aus welchen Worten dabey helffen man leicht schließen könte, daß Jungfer Maria Sophia hiermit die Ermordung des Kindes gemeinet, und daß Sie bey selbiger nicht helffen könte, massen dann auch der Praeceptor diese Auslegung gemacht
Alleine gleichwie (1) so viel des Praeceptoris Aussage betrifft, selbige tanquam de visu & auditu alieno hier gantz nicht zu attendiren, auch alle Umbstände (2) gar deutlich geben, daß er der Praeceptor dieses von der Köchin müsse gehöret haben; hiernechst (3) dieses pro praesumtione hominis non juris zu achten, daß durch die phrasin dabey helffen item Hand anlegen eben auff den Kinder-Mord müste Reflexion seyn gemacht worden, weil diese Worte ja so wohl auff das adjumentum in partu könten gezogen werden; Also ist auch (4) dieser Aussage der Köchin in geringsten kein Glaube beyzumessen, indem Jungfer Maria Sophia Vogtin in Ihrer Aussage
diesen Umbstand gantz und gar verneinet. Nec obstat (5) daß die Köchin gleichwohl Ihre Aussage mit einem Eyde bestärcket.
Denn hierauff ist zu wissen, daß Ihre der Köchin eydliche Aussage (6) in genere nichts taugt, so ferne Sie die Inquisiten graviret, weil die Köchin alles, was Sie bey dieser Sache vorgenommen, nicht ex amore veritatis sed ex inimicitia & studio vindictae verrichtet
Testi inimico autem non creditur, sive sit Masculus sive foemina, etiam in criminibus atrocissimis, etiamsi confirmaverit dicta per torturam, aut SS. Eucharistiam sumserit.
Zudem, so wird auch (7) Ihre der Köchin Aussage in hoc puncto, durch die Zoffe (welche doch Besage der Köchin selbst damahls soll darbey gewesen seyn, als Jungfer Maria Sophia herunter in die Stube kommen
verdächtig gemacht, welche die Worte, so Jungfer Maria Sophia damahls soll gesagt haben, gantz anders fürbringt,
und also mit der Köchin Aussage nicht übereinstimmt. Jam vero testes discordantes in verbis, ubi agitur de formalitate verborum, minime probant, etiamsi in sensu conveniant, praeprimis, quando quaestio est de facto recenti, in quo oblivio non est verisimilis.
Und was brauchts viel disputirens? hat doch (8) die Hochlöbl. Z. Regierung
nachdrücklich anbefohlen, ermeldte Jungfer Maria Sophia mit weiterer Verhör zu verschonen, welches nicht würde geschehen seyn, wenn dieses Indicium in einige Consideration käme, zugeschweigen, daß wenn gleich (9) auch Jungfer Maria Sophia ausdrücklich von Entleibung des Kindes geredet hätte, dennoch Ihre Aussage als non jurata, weder die Schwester Annen noch die Mutter graviren könte etc.
Das dritte (III) Indicium commune bestehet darinnen, daß es gleichwohl das
Ansehen gewinnen will, als hätten die Inquisitinnen oder der Vater selber die
Woraus zu muthmassen wäre, daß Sie dißfalls kein gar zu gut Gewissen bey dieser Sache haben müsten.
Aber auch dieses indicium ist weder vor sich der Bewandniß, daß es ad torturam sufficient seyn solte, (massen bekandten Rechtens, daß derjenige, der auch mit dem accusatore selbst de crimine capitali transigirt, nicht infamis noch davor gehalten wird, daß er des delicti geständig gewesen, sed potius eidem ignoscitur tanquam qui qualiter qualiter sanguinem suum redimere voluerit
noch in praesenti casu erwiesen und dargethan.
Den die Köchin hat (1) niemahls an denen angeführten Oertern mit den geringsten Worte Meldung gethan, daß die Schenckin von O. oder Herr J. in Nahmen und auf Geheiß derer Inquisiten dieses, was Sie Ihnen schuld gegeben, mit Ihr geredet. Zum andern (2) so verneinen auch Inquisiti diese Inculpation unanimiter & conformiter
Drittens (3) so hat die Schenckin zu O.
sich von der Köchin Ihrer Inculpation, daß Sie Ihr der Köchin 2500. Thlr. geboten, wenn Sie sagen würde, Sie habe das Kind mit dem Vogelspiesse gesucht, per juramentum testimoniale liberirt
so wohl auch Herr J. als er für der Löbl. Universität dieser wegen als Zeuge auff unterschiedene Artickel eydlich geantwortet, gantz ein anders ausgesaget,
absonderlich aber
ausdrücklich gemeldet: Er hätte Ihr der Köchin keine Verehrung versprochen, auch keine Vorschläge gethan, NB. wäre dessen auch von niemand befehliget gewesen? was er laut seiner vorigen Aussage geredet, hätte er vor sich selbst gethan etc. Wodurch zugleich (3) abermahls zu sehen, wie viel der Köchin Ihrer übrigen Aussage, so ferne selbige contra inquisitas zu seyn scheinet, zu trauen sey, massen man Sie ietzo allbereit auf der andern mendacio ertappet hat.
Das vierdte (IV) und gröste indicium commune, welches so wohl die Tochter als Mutter zu graviren scheinet, ist, daß die Medici und Chirurgus bey der Besichtigung
eilff Stiche an den todten Kinde gefunden, unter welchen unterschiedene für tödtlich gehalten und angegeben worden. Woraus man leicht auf die praesumtion gerathen könte, daß diese Stiche von niemand anders als von Annen oder deren Mutter hergerühret, weil sonst niemand in partu bey Ihr gewesen, und also das Kind durch diese Stiche sey umbgebracht worden.
Aber GOtt sey Danck, daß zu Rettung derer Inquisitinnen Unschuld auch dieses indicium zu elidiren in denen actis vielfältige subsidia vorhanden. Denn da ist bald Anfangs (1) billig zu verwundern, wie es komme, daß weder der Land-Richter in seinen Bericht, noch der Land-Knecht in seiner relation (welche doch beyde das Kind aufgehoben) nicht mit dem geringsten Worte gedencken, daß Sie an dem Kinde einen einigen Stich befunden
(2) So deponiren auch
die Käse-Mutter und die Zoffe ausdrücklich, daß Sie bey Abwaschung des todten ausgegrabenen Kindes keine Wunden gespüret.
Wannenhero man fast auf wunderliche Gedancken gerathen solte, ob nicht die Stiche gar in Amte zu P. ehe man das todte Kind besichtiget, in das Cörperlein gemacht worden, denn es sonst fast nicht müglich wäre, daß die Zoffe, die das Kind abgewaschen, oder der Land-Knecht, der es aufgehoben, und von Gr. nach P. ins Amt gebracht, von eilff Stichen nicht einen einigen solten gewahr worden seyn, und müsten allen Falls, daferne ja über Verhoffen ea, quae mox scquentur, dieses indicium nicht elidiren solten, der Land-Knecht hierüber, so wohl auch der Amtsverwalter zu P. wo und wie er nach Uberbringung des Kindes selbiges biß zur Besichtigung verwahret habe, auf articulos eydlich vernommen werden. Man hoffet aber, es werde dieser Weitläufftigkeit nicht bedürffen, indem (3) daß durch diese Stiche das Kind weder von Annen noch Ihrer Mutter umbgebracht worden, daraus firmissime bewiesen wird, weil diese Wunden in das Cörperlein erst nach dessen Todte gemacht worden, wie solches die beyden Stadt-Physici nebst dem Chirurgo eydlich ausgesaget
Diese Aussagen, so wohl auch den Schluß: Cadaver vulnera post morten accepit. Ergo per ea infans non fuit interemtus, hält Defensor für sufficient und richtig, und will dannenhero denen Herren Urtheilsfassern mit unnöthigen allegatis Doctorum und weitläufftiger deducirung der Regul, quod artifici in sua arte credendum sit, nicht verdrießlich fallen. Uber dieses und zum (4) so weisen die acta mit mehrern, daß, da ja die Stiche schon bey der Abwaschung des Kindes in den Cörperlein gewesen seyn solten, Selbige die Köchin durch Unvorsichtigkeit darein gestochen habe. Denn da ist hin und wieder in Selbigen zu befinden, daß Sie die Köchin nach dem Kinde in den Garten gegraben, mit einem Bratspiesse dreymahl in das Erdreich gestopffet, und zwar solcher Gestalt, daß Sie uno actu mehr als einmahl damit in die Erde gestochen, hernach als Sie gefühlet, daß Sie auf was angetroffen, das Kind herausgegraben, und also die in den Cörperlein befundenen Stiche Ihme mit den Bratspiesse zugefüget.
Ob nun gleich (5) die Köchin anfangs geleugnet, daß Sie das Kind mit den Bratspieß gestochen
welche Worte verbis negantibus ziemlich nahe kommen; So giebt doch (6) Sie die Köchin selbsten es viel näher, wenn Sie die verba negantia in dubitantia verwandelt
und schadet dannenhero nichts, obgleich Sie die Köchin mit der Sprache nicht recht heraus will, ja es wird vielmehr dadurch Ihre Aussage nur mehr und mehr verdächtig gemacht. Denn zugeschweigen, daß Sie (7) dasjenige, was Sie von dreymahligen stechen.
gesaget, in der andern Aussage
selbsten deutlich genung, wie es zuverstehen sey, erkläret, man Sie auch (8) gar deutlich auff dem dritten mendacio ertapt, wenn man Ihre Antwort ad art. 3. mit der ad art. 2. conferirt,
So ist doch über dieses (9) aus anderer Zeugen Aussage zu sehen, wie Sie dißfalls und da Sie verneinet, oder gezweiffelt, daß Sie dem Kinde die Stiche zu gefüget, wieder Ihr besseres wissen und Gewissen geredet, massen Sie denn allbereit zu denen andern Zeugen extra judicium eines andern geständig gewesen
in judicio aber die Wahrheit aus einer unzeitigen Furcht, als ob, wenn Sie die Wahrheit sagete, es ihr Gefahr bringen könte, verschwiegen
Nec obstat (10) daß Herr Wilhelm W. Stadt-Physicus und Herr Christian S. Amtsbarbierer d. 18. Octobr. 1681. in Amte ausgesaget: Sie hielten nicht dafür, daß diese Löcher oder Stiche, so an den todten Kinde befunden worden, mit den Bratspiesse, so Ihnen gezeiget worden, geschehen.
auch Herr D. Schreyer das Gegenspiel sich nicht zu beschweren getrauet
so haben sich doch (11) jene bald eines besseren besonnen
so wohl auch Herr D. Schreyer hernachmahls nebst jenen diese Ihre Aussage juramento bekräfftiget:
Zu mehrerer Erleuterung aber dieser Aussage können Inquisitae unerinnert nicht lassen, daß der Amtsverwalter zu P. (13) den art. 3. nicht recht nach Anleitung des
befindlichen Urtheils eingerichtet. Denn da selbiges gewolt, daß dieser articulus de credulitate und: Ob Zeugen dafür achten und gewiß glauben, daß alle solche Stiche mit den vorgezeigten Bratspieße geschehen? formiret werden solte
hat der Amtsverwalter ex satis crassa ignorantia selbigen de veritate: Ob alle solche Stiche mit dem vorgezeigten Bratspiesse geschehen? eingerichtet. Wannenhero nicht zu verwundern ist, daß (14) die Zeugen auff den articulum nicht assertive sondern nur mit den Wort muthmassen antworten müssen, weil Sie freylich von einen facto alieno nicht pure affirmative respondiren können. Deniquę nec obstat (15) daß gleichwohl iidem testes in depositione ad artic. 2.
welcher articulus doch auch nur auff credulitatem gehet, so confident geantwortet
bey diesem articulo tertio aber durchgehends verba dubitantia: Sie könten es nicht gewiß sagen, Sie muthmasseten es nur &c. gebrauchet. Denn gleichwie (16) die quaestiones articuli 2. & 3. gantz unterschiedener Natur sind und dannenhero ad diversa nicht einerley Antwort fallen kan; Also giebt auch (17) Herr D. Schreyer
die Ursache hiervon gar deutlich zu verstehen, daß nemlich, wenn Sie Ihre
credulitatem, und daß Sie gewiß glaubeten, daß die Wunden mit dem Bratspiesse
geschehen wären, hätten aussagen sollen, sie alsbald den Bratspieß bey der
Section, daß Sie selbigen mit denen Wunden als gewöhnlichen conferiren können,
hätten
Die Indicia particularia & specialia graviren theils die Mutter, Frauen Marien, theils die Tochter, Annen, so das Kind gebohren.
Contra die Mutter könte ein Indicium daher genommen werden, daß die Köchin Ihr der Frau diese Ermordung Schuld giebet.
inmassen auch der Herr Amtmann zu Z. dergleichen an den Amtsverwalter zu P. berichtet.
Alleine der Köchin Aussagen sind (1) suspect de mendacio
(2) factum homicidium infantis praesupponentia, welches dannenhero aliunde erwiesen werden muß (3) non asserentia, sed de credulitate, iam vero testis de credulitate nihil probat, nec etiam proprie dicitur testis
& imo ne quidem indicium efficacissimum facit, sed saltem quale quale
Zum (II.) scheinet Frau Maria graviret zu werden, durch Daniel H. summarische Aussage
Aber diese Aussage ist gar nichts nütze, quia (1) est de auditu & quidem multipliciter alieno (2) weil Sie auch mit George S. und des Schirrmeisters depositionibus, die doch ebenmäßig de auditu alieno sind, gantz nicht übereinkommet, auch diese von umbbringen gantz nichts vermelden
Zudem so ist (3) aus allen Umbständen zu mercken, daß diese fliegende Rede entweder von der Köchin, oder von der Mittel-Magd ihren Ursprung müsse genommen haben.
welche beyde, oder doch zum wenigsten die Köchin, es zweiffels ohne die Frau Mariam in Unglück zu bringen, und sich zum Theil an Selbiger wegen scharffer Hauß-Zucht zu rechnen
unter die Leute spargiret haben, worzu sonderlich das von der Köchin in ietztgesetzter Aussage beygefügtes unzeitige judicium ziemliche Muthmassung giebet. Daß aber auch diese Reden, so die Köchin und Mittel-Magd ausgesaget (4) inter mendacia referiret werden müssen, weiset die deposition der Käse-Mutter und Zoffe, wie auch dieser letztern confrontation mit der Mittel-Magd gar deutlich.
daß man dißfalls sich länger aufzuhalten vor unnöthig erachtet, sondern vielmehr zu denen Indiciis specialibus contra Annen schreitet.
Diese nun können verhoffentlich nicht besser proponiret und elidiret werden, als
referiret, massen solches nicht nur der contextus weiset, sondern auch die Doctores mehrentheils dahin zielen;
und dannenhero der Käyser nicht immediate schliessen will, Titiae uterus antea tumidus subito decrevit, aut lac in mamillis habet, ergo cadaver interfecit, sondern vielmehr mediate: Titia cadaver occisum se peperisse negans, positis istis circumstantiis de mendacio, & propter mendacium de infanticidio simul suspecta est. Weil aber dergleichen mendacium bey Annen nicht verhanden, sondern Sie alsbald, wie oben erwehnet, gestanden, daß Sie das todt gefundene Kind gebohren habe, so würde vergebens seyn, Sich über demjenigen, was in actis etwan von dem Umstande, daß Sie Anna vor der Geburt einen dicken Leib gehabt, welcher Sich hernach wieder verlohren, hin und wieder anzutreffen ist, ohne Noth aufzuhalten.
So saget demnach Anna, Sie habe das Kind gebohren, es sey aber todt auf die Welt gekommen.
und gehöret also das andere indicium hieher, welches der Käyser im 131. Articul
gesetzt hat mit solgenden Worten. So aber ein Weibs-Bild, als obstehet, ein
lebendig gliedmäßig Kindlein, das nachmahls todt gefunden, heimlich gebohren und
verborgen hätte, und so dieselbe erkündigte Mutter deßhalb bespracht würde,
entschuldigungsweise fürgäbe, wie das Kindlein ohne Ihre Schuld todt von Ihr
gebohren seyn solte: Wolte Sie dann solche Ihre Unschuld durch redliche gute
Ursachen und Umbstände durch Kundschafft ausführen, damit sol es gehalten und
gehandelt werden, wie in 74. Artickel anfahend, Item so ein Beklagter
Kundschafft etc. funden wird, auch deßhalb zu weiterer Suchung Anzeigung
geschicht, wann ohne bestimmte gnugsame Beweisung ist der angeregten vermeinten
Entschuldigung nicht zu glauben, sonst möchte sich eine iede Thäterin mit einen
solchen gedichten Fürgeben ledigen. Doch so ein Weibsbild ein lebendig
gliedmäßig Kindlein also heimlich trägt, auch mit Willen allein und ohne Hülffe
anderer Weiber gebieret, welche ohne hülffliche Geburt mit tödtlicher
cum occulta solius Dei cognitioni refervari dicantur, qui solus novit corda filiorum hominum tanquam cordium scrutator & secretorum cognitor atque judex
wannenhero vi dictae regulae bey dem infanticidio und wenn ein Kind occulte
ohne Zweiffel darum, weil eine solche schwangere Weibes-Person stets in Furcht wegen der bevorstehenden Schande schwebet, und sich dannenhero die Zeit Ihrer Schwangerschafft durch sehr ängstet und also der Frucht, wie wohl absque intentione, zugleich Schaden zufüget, welche Ursache viel wahrscheinlicher ist, als diejenige, welche Tessaurus
anführet. Dieweilen aber der eventus gewiesen, daß viele lose Vetteln dieser in aequitate gegründeten praesumtion und regul gemißbrauchet, und vorgegeben, Sie hätten die Kinder todt auff die Welt gebracht, da doch andere indicia oder wohl gar die Zeugen und Ihre propria confessio Sie hernach eines andern überwiesen; Als hat Käyser Carl, ne delicta maneant impunita, in angeführten Articul die praesumtion gantz umgekehrt, und das Gesetz gegeben, daß in dubio, so eine inquisita, daß Sie das Kind gebohren, geständig sey, die Geburt aber heimlich geschehen, dafür zu halten sey, Sie habe das Kind umbgebracht, sie erhalte dann durch gnugsame Zeugniß oder scharffe tortur ein anders. Welche praesumtion nicht nur, wie allbereit erwehnet, contra praefatam aequitatis regulam, quod occulta dijudicationi divinae sint relinquenda, zu lauffen scheinet, sondern auch einer andern regulae, die sonsten in decernenda tortura fast pro principali gehalten wird, zu wieder ist, nemlich, quod indicia ad torturam debeant esse certa, clara, imo luce meridiana clariora, ut judex non solum sit quasi certus de delinquente, sed etiam nihil aliud sibi deesse videatur, quam rei confessio
sintemahl an diesen indicio billig dergleichen perspicuitas und evidentia
desideriret wird. Denn es ist keine nothwendige Folgerung, daß wenn eine
geschwängerte Weibes-Person das Kind heimlich getragen und heimlich gebohren
hat, Selbige auch das Kind umbracht, oder doch zum wenigsten die incention, das
Kind umzubringen,
zumahlen, da der Imperator in Verfertigung dieses Artickuls zum Endzweck den Nutzen des gemeinen Wesens sich vorgesetzet, & ne delicta atrocia occultentur eorumque poenae ab improbis infanticidis eludantur, und also die justitia dieses articuli, wenn gleich in einen und andern casu singulari, denen privatis zu viel geschehen solte, dennoch per dictum Cassii
könte salviret werden. Habet aliquid ex iniquo omne magnum exemplum, quod contra singulos utilitate publica rependitur; So wird doch verhoffentlich aus dem, was hactenus deduciret worden, dieses inferiret werden können, daß gegenwärtiger articulus keine interpretationem extensivam, sondern nur restrictivam annehme, in Ansehen bekandten Rechten, quod in eo, quod contra tenorem rationis, & contra rationem juris receptum, aut propter aliquam utilitatem auctoritate constituentium introductum est, non sit procedendum ad consequentias
massen auch dieserwegen der sonst tyrannische Nero das Gesetz, welches der
Familie, in der ein Hauß-Herr umbgebracht worden, den Tod andreuet, und als an
sich selbst sehr harte, dennoch an des Pedanii Secundi seinen Knechten, deren
über vierhundert gewesen, wieder des Römischen Pöbels Willen war exequiret
worden, auff dessen im Hause mitwohnende Freygelassene, die der Cingonius Varro
zur deportation
Ja, wenn auch gleich dieser articulus nicht contra tenorem rationis erfunden wäre, so ist doch gewiß, daß er inter leges poenales gehöre, welche leges poenales auch keine interpretationem extensivam, sondern nur restrictivam admittiren
massen die Leges poenales ad odiosas referiret werden, in odiosis vero etiam sermo figuratus aliquantulum admitti solet ut onus evitetur
welches alles auch menti Gloriosissimi Imperatoris gantz gemäß ist, indem er die Clausul
nicht ohne Ursach beygefüget, sondern damit angezeiget, daß die von Ihm darinnen vorgeschriebene Regul allerdings limitationes zu lassen, und nicht so generaliter zu verstehen sey.
His praesuppositis und wenn nun in d. artic. 131. gesagt wird; daß so ein Weibsbild, die ein lebendig gliedmäßig Kind heimlich trägt, solches mit Willen alleine und ohne Hülffe anderer Weiber gebieret, keine glaublichere Ursach sey, denn daß dieselbige Mutter durch boßhafften Fürsatz vermeint mit Ertödtung des Kindes Ihre Leichtfertigkeit verborgen zu halten, und Sie dannenhero mit der peinlichen Frage angegriffen werden solle, wann Sie nicht Ihre Unschuld gebührend ausführen könne etc. so ist bald anfänglich (1) kein Zweiffel, daß dieser Artickul nur auf diejenigen, die NB. mit Willen das Kind heimlich zur Welt bringen,
zu restringiren sey, wird dannenhero dieser articulus diejenigen Weibes-Personen nicht graviren können, welche entweder nicht gewust, daß Sie schwanger seyn, und plötzlich von der Geburts-Stunde überfallen worden, daß Sie andere Weibes-Personen nicht dazu beruffen können, quia voluntas sine electione non est, electio vero praesupponit scientiam, & si haec non adsit, actio per ignorantiam invita dici solet
(2), So viel das Wort heimlich betrifft, welches in offterwehnten articulo als
& ita multo magis quod sit coram uno teste; alleine, es hat neben diesen Gebrauch und sonderlich in materia delictorum auch significatum strictiorem, pro eo, quod fit in obscuro, aliis hominibus plane insciis, quodque adeo prorsus ignoratur & ne per unicum testem quidem probari potest
welcher significatus strictior dann auch billig propter deducta hier verstanden werden muß, daß dieser articulus nur von denenjenigen Weibes-Bildern rede, die ohne Beyseyn einiger Weibes-Person gebähren, nicht aber auff diejenige Person gezogen werden könne, welche in Gegenwart auch nur einer Weibes-Person Ihrer Frucht genesen, und kommen dieser Assertion die Worte des Kaysers zimlich zu statten, oder sind doch zum wenigsten derselbigen nicht zu wieder, wann er sagt
Denn das Wort Allein ist eine particula exclusiva, und kan nicht gesaget werden,
daß, wenn nur ein einig Weib zugegen gewesen, eine solche Weibes-Person das Kind
alleine und ohne Hülffe anderer Weiber gebohren habe, Solus enim omnes alios excludit
(3) Uber dieses so weisen die Worte dicti articuli:
daß der Imperator hierbey nicht so wohl auf den modum pariendi, an palam an clam
factus fuerit, sondern vielmehr, wie allbereit bey der ersten Conclusion
und gehöret also zum requisitis dieses Indicii, daß eine Weibes-Person tempore partus sich an einen solchen Orte auffgehalten, wo leichtlich niemand zu Ihr kommen können, oder daß Sie sich verschlossen und niemand zu sich gelassen, und solcher gestalt nicht alleine die Geburt, sondern auch zugleich sich selbsten verborgen gehalten.
Wann (4) der Imperator bey Beschreibung dieses indicii folgende Worte setzet,
so will er zweiffels ohne andeuten, daß duplex occultatio verhanden seyn müsse, wenn dieses indicium statt finden solle (1) impraegnationis, (2) partus und daß eines ohne das andere nicht genung sey, denn das weiset das Wort auch, welches hier nichts anders als die Lateinische particula ET bedeutet, quae regulariter est conjunctiva & copulativa
Non obstant verba antecedentia:
aus welchen scheinet, daß auch sola occultatio partus, & ex pari ratione sola occultatio impraegnationis zu diesen Indicio genung sey. Denn es weiset der gantze context, daß diese anfängliche Worte nicht dispositiva, sondern nur prooemialia seyen, bey denen pro nostra sententia aber angeführten Worten sich decisio imperatoria anfange, und demnach auff diese, nicht aber auff jene in decisione hujus conclusionis zu sehen sey.
Es hat auch (5) Kayser Carl wohl selbst gemerckt, daß dieses indicium an und für sich selbst nicht allemahl stricte observiret werden könte, dannenhero er in favorem rearum diese Clausul:
mit angefüget, in welcher er nicht nur die Richter gewarnet, daß sie auf den
Fall, da eine Inquisita das todtgefundene Kind heimlich zur Welt gebohren, nicht
stracks ohne rechtliche Erkäntnüß zur Tortur zuplumpen sollen, sondern auch
denen Rechtsverständigen seu Collegiis Juris Consultorum selbst freygestellet,
das Sie
Wann nun dieses, was bißhero deduciret worden, ad casum praesentem appliciret wird, so wird sich befinden: daß nicht nur (1) die requisita indicii, so in d. art. 131. erfordert werden, bey Annen garnicht verhanden seyn, sondern auch (II) daß Selbige durch gnugsame praesumtiones, partum nunquam extra uterum vixisse, dieses indicium elidiren könne.
So viel jenes betrifft, so ist zwar an dem, daß Anna Ihre Schwängerung nie gestehen wollen, sondern selbige biß zur Zeit Ihrer Geburth heimlich gehalten, dannenhero scheinen könte, als ob die verba d. articuli
Sie nicht wenig gravirten. Wenn man aber betrachtet, daß Sie diese Heimliche haltung nicht aus Vorsatz gethan, sondern ex ignorantia, und zwar aus einer solchen ignorantia, die ihre gewissen und wahrscheinlichen Ursachen hat, indem Sie (a) nichts im Leibe gefühlet,
(b) Sie auch sonsten mit der obstructione mensium behafftet gewesen, welcher Sie die accidentia, die sonsten bey Schwangern sich ereignen, leichtlich ex errore zuschreiben können, massen nicht nur Ihre Mutter selbst dieses von Ihr ausgesagt
sondern auch allenfalls Tit. Herrn G. B. berühmten Practici allhier zu Leipzig Eheliebste, bey welcher als Ihrer nahen Freundin Sie sich vor Ihrer Schwängerung eine Zeitlang auffgehalten, eben selbiges und daß Anna zur selbigen Zeit vielfältig über diese obstructionem geklagt, wird bezeugen müssen; So siehet man bald, daß obangezogene Worte von der Heimlichhaltung sich hieher nicht appliciren lassen, dieweil
der articulus nur von denenjenigen, die dolo malo und mit willen
Ihre Schwangerschafft und Geburts-Zeit heimlich halten, zu verstehen ist. Zu
geschweigen, daß
kein Indicium machet.
Ob auch ferner, so viel die Geburs-Zeit betrifft, bey herannahenden Geburts-Schmertzen und Entledigung von denselbigen niemand, als Ihre Mutter beständig bey Ihr gewesen, und dannenhero auch ex hoc capite offtberührter articulus hieher wieder Annen angeführet werden könte; so kan doch aus vielfältigen Ursachen behauptet werden, daß diese Anführung nur schlechterdinges ex captatione verborum, nicht aber ex intentione Legislatoris geschehe. Denn, da ist abermahls (1) kein dolus malus verhanden gewesen, weil Anna per modo dicta nicht gewust, daß Sie Schwanger wäre, und also die zugestossenen Schmertzen für Geburts-Schmertzen nicht achten können, (2) kan nicht gesaget werden, daß Sie das Kind heimlich zur Welt gebracht, weil Sie tempore partus sich nicht versteckt, und für denen Leuten verborgen gehalten, sondern in Ihre gewöhnliche Kammer gelegen, und jedermann der Sie nur besuchen wollen, für sich gelassen,
Denn es ist nicht alleine die Köchin bey ihr gewesen, und sponte, nicht aber auff zumuthen der Inquisitae wieder von Ihr gangen.
sondern es ist auch die Käse-Mutter zur selben Zeit zu Ihr kommen, Ihr auf den Leib gefühlt und ebenmäßig von freyen Stücken und nicht auf Bitte oder Geheiß der Inquisitin wieder davon gangen
ja das Gänse-Mägdgen ist so lange, biß die Mutter nach Hause kommen, bey Ihr Annen continue blieben
Aus welchen allen gar deutlich zu schliessen, daß wenn Anna gewust, daß Sie Schwanger wäre und in Willens gehabt hätte Ihre Geburth zu verbergen, Sie weder das Gänse-Mägdgen würde haben so lange bey sich bleiben, noch die Käse-Mutter, Ihr auff den Leib zufühlen holen lassen, massen Sie ja nicht mächtig gewesen die Geburths-Wehen nach Ihren Gefallen zu verhalten, sondern Sie ja so leicht das Kind in praesentz der Köchin, des Gänse-Mägdgens oder der Käse-Mutter gebähren können, als Sie solches hernach in Gegenwart Ihrer Mutter gebohren, cum certissimum sit, facultates animae vegetativae & sensitivae, a quarum una certe, si non ab utraque, dependet generatio partus hominis, in hominis arbitrio non esse. So wäre es auch die gröste Thorheit von der Welt gewesen, wenn Sie Anna Vogtin in Willens gehabt hätte partum zu verbergen und zu ertödten, daß Sie die Käse-Mutter zu sich holen, und Sich den Bauch befühlen lassen auch fragen sollen, ob es bald gut werden werde. Und warum hat Sie die Käse-Mutter, da Sie Ihr auf den Bauch gefühlet, und also wohl gemerckt, daß Anna Vogtin ein Kind gebähren wolte, dieses nicht zum wenigsten in Abwesenheit der Mutter, Herrn Hanß Heinrichen den Vater gesagt, oder begehret, daß eine verständige Frau darzu geholet werden möchte. Die gebährende ist leicht zu entschuldigen, als welche biß auf die letzte Stunde nicht wissend, daß Sie Schwanger sey, in ipso partu für überhäufften Schmertzen, wie leicht zu erachten, nicht gewust, was Sie gethan oder thun sollen, welches Sie auch nicht ohne Wahrscheinlichkeit ad articulos offt wiederhohlet,
Non obstat, daß der Praeceptor fürwendet, als habe niemand zu Ihr Annen gedurfft
Denn daß dieses von denen drauff folgenden Tagen und nicht von dem tempore partus zu verstehen sey, weiset nicht alleine der contextus, da der Praeceptor selbst sagt, und es wiederhohlet, daß Anna die Käse-Mutter zu sich hohlen lassen, sondern es bezeugen es auch der Köchin und Zoffe Ihre Aussage.
Ob es nun gleich an dem, daß Anna nebst Ihrer Mutter POST PARTVM Ihre Schwangerschafft und Geburth heimlich gehalten, so kan doch hieraus kein indicium genommen werden, weil der Imperator bloß de celatione impraegnationis ante partum & partus ipsius redet, und dessen Verordnung tanquam poenalis odiosa auff diesen casum nicht extendiret werden kan, zumahlen auch hierbey keine ratio connexionis mit unterläufft, daß man schliessen könte: Inquisita hat nach der Geburt solche heimlich gehalten, Ergo hat Sie das Kind umbgebracht. Vielmehr ist daraus zuschliessen, daß dieses deßhalben geschehen, damit die Schande, die durch das todtgebohrne Kind nicht public worden, ferner verborgen bliebe, welches auch die Inquisitae selbst gar wahrscheinlich suppeditiren
(3) So kan auch daher nicht gesagt werden, daß Anna Ihr Kind heimlich zur Welt gebracht, weil Ihre Mutter Frau Maria bey ihr gewesen
denn wolte man gleich sagen, daß der in Gegenwart der Mutter geschehener partus
ebenfalls pro clandestino zu halten sey, weil die Mutter solchergestalt, und
weil Sie niemand zur Geburth beruffen, selbst des infanticidii verdächtig, so
könte doch dieser Einwurff gar leichte beantwortet werden, daß nirgend in
Constitutione Criminali versehen, daß pro infanticidii indicio respectu aviae
gehalten werden solte, wenn selbige alleine bey der Tochter Ihren partu wäre,
und ist über dieses schon oben ausgeführet worden, daß in actis sonsten nicht
das geringste indicium verhanden, welches mit Bestand auff die Mutter appliciret
werden und Sie graviren könte: man müste denn anführen wollen, daß die Mutter
deßhalben verdächtig sey, weil die Tochter verdächtig wäre, und Sie bey
derselben alleine gewesen: Allein dieses ist eben itzo in quaestione, ob die
Tochter verdächtig sey, und wenn demnach die Mutter nicht eher verdächtig ist,
als wenn ein indicium grave auff die Tochter
Denn, gleich wie daselbst die ineptitudo in folgenden formalibus bestehet, si Titius heres erit, Sejus heres esto, si Sejus heres erit, Titius heres esto; also würde dergleichen ineptitudo entstehen, wenn man sagen wolte: si mater suspecta est, filia quoque erit suspecta, & si filia est suspecta, mater quoque suspecta erit. Hierzu kömt noch, daß alle die andern Umbstände weisen, daß weder die Mutter noch die Tochter ea intentione was böses zu begehen beysammen gewesen. Denn da ist nirgend in denen Acten zu befinden, daß Anna die Mutter von der Kindtauffe nach Hause zu sich hohlen lassen, sondern die Mutter ist in später Nacht, und da Feyer-Abend gewesen, wie es auff dem Lande gebräuchlich, nach Hause gefahren kommen
welches sie nicht würde gethan haben, sondern wohl eher nach Hause kommen, ja nicht einmahl über Land auff das Kindtauffen gefahren seyn, oder doch zum wenigsten mit der Tochter Verlaß genommen haben, daß man Sie, wenn es Noth hätte, hohlen lassen solte, wenn sie von der Tochter Schwangerschafft Wissenschafft gehabt hätte und mit Ihr der Tochter etwas böses vornehmen wollen. Als auch die Mutter nach Hause kommen, hat man Ihr gantz nicht gesagt, daß die Tochter kranck wäre (denn dieses ist nirgends in actis zu befinden) sondern Sie hat sich erstlich ausgezogen, und ist hernacher auff den Boden gangen, wo Sie zuschlaffen pflegen, in Willens sich nieder zu legen, als Sie aber die Tochter ächtzen und winseln hören, ist Sie in Ihre der Tochter Kammer hinein gangen.
welches alles auf solche Art nicht würde zugegangen seyn, wenn sie Frau Maria mit der Tochter de malo facinore perpetrando sich beredet gehabt, und mit Ihr colludiret hätte. Hier ist nun leicht zu erachten, wie der guten Frau Marien zu Muthe gewesen, und Sie müsse erschrocken seyn, als Sie, welches Sie bißher nicht geglaubet, befunden, daß Ihre Tochter schwanger und Ihre Geburts-Stunde so nahe sey, ja als gar das Kind, ehe Sie Frau Maria sich vollend ausziehen, und Ihr der Tochter zu helffen sich praepariren können, alsbald in continenti da gewesen.
jedoch ist auch bey der Geburth des Kindes nichts vorgangen, wordurch das Kind hätte verwarloset werden können. Denn Anna hat das Kind also liegend in Bette bekommen
da es also an nichts hartes angestossen, wodurch es etwa verletzet worden, die Frau Maria aber hätte die Nabel-Schnure an den Kinde gerne verbinden wollen, wenn es lebendig gewesen wäre, und geblutet hätte
aber so ist das Kind alsbald todt auff die Welt kommen, und hat gantz grünlicht als verweset ausgesehen
Verhoffentlich ist per hactenus allata sufficienter ausgeführet, daß das Indicium, welches ex art. 131. Constitutionis Carolinae in causis infanticidii fürnemlich attendiret wird, auf Annen nicht appliciret werden könte. Solte aber über verhoffen denen Herrn Urtheilsfassern noch einig dubium residiren, so wird doch selbiges durch folgende probationes, daß das Kind todt auf die Welt gekommen, gäntzlich gehoben werden, und Inquisitae Unschuld hervor blicken.
Der Beweiß und Bescheinigung einer Sache bestehet entweder ex argumentis artificialibus aut inartificialibus, scilicet testibus & Instrumentis.
Durch Instrumenta kan zwar Inculpata nicht erweisen, daß das Kind todt auff die Welt kommen sey, so scheinet es auch, daß durch testes dißfalls nichts erwiesen werden könne, weil niemand bey dem partu ausser die Frau Mutter gewesen; Alleine warum Frauen Marien Ihre itzt referirte Aussage
bey dreser Sache gantz und gar nicht attendiret werden solle, kan man nicht absehen. Denn ob Sie gleich testis unica, correa adeo suspecta, & non jurata ist; So ist doch bekant, quod testis unicus etiam ad rei defensionem & probandam eius innocentiam sufficiat
etiam si sit ex parentibus rei
Nec obstat, daß Frau Maria bey diesen delicto selbst correa ist. Denn zu geschweigen, quod ad defensionem rei admittantur testes alias plane inhabiles
& de crimine accusati
so ist bey gegenwärtigen casu dieses wohl zu beobachten, daß wieder Frau Marien Vogtin gar kein beständig indicium verhanden, sondern Sie nothwendig vel simpliciter vel certe cum conditione absolviret werden muß. Wann nun dieses geschehen, so fällt alle suspicio von Ihr weg, und kan Sie alsdenn hernach, cum desierit esse inquisita, gar wohl dieses Puncts halber, als testis eydlich vernommen werden.
So mangelt es auch der Inquisitae an probationibus artificialibus nicht. Denn (1) weiset beykommender rotulus sub . daß Anna kurtz zuvor, ehe Sie das Kind bekommen, aus dem Backhause über die Schwelle gar harte auff den Leib gefallen, und darüber sehr erschrocken
(2) daß in partu Catharina R. (die Käse-Mutter) die Ihr Annen auff den Leib gefühlet, nicht das geringste empfunden, daß Sich in den Leibe gereget habe,
welches doch sonst nicht wohl möglich gewesen wäre, wenn das Kind in utero noch gelebet hätte, auch gar leicht geschehen können, daß durch diesen harten Fall das Kind erschlagen worden. (3) So setzet Inquisita zu Beweisung, daß Ihr Kind todt auff die Welt kommen, diesen Schluß: Pulmones infantis exacti in aqua sub mersi sunt, Ergo infans extra uterum nunquam vixit. Jenes ist facti, und wird durch Herr D. Schreyers Aussage erwiesen
dieses ist eine wohl gegründete Meinung und principium Dominorum Medicorum, welche nicht nur mit herrlichen rationibus, sondern auch mit guten unverwerflichen experimentis behauptet wird
Denn da hat nicht nur offterwehnter Herr D. Schreyer diese Meinung sufficienter deduciret,
sondern es hat auch schon längst ein berühmtes Mitglied Societatis Curiosorum Germaniae Carolus Raygerus
dieses als ein argumentum indubitatum ad convincendas (ergo & ad defenden. das) infanticidas & indagandam veritatem, an infans in utero mortuus vel demum post partum quocunque modo strangulatus vel occisus fuerit, angegeben. Ja es bekräfftigen Selbige noch ferner zwey berühmte Medici Lipsienses
anderer vortrefflichen Medicorum, die dieser Meynung, erwehnen, und selbige als rem notoriam praesupponiren, anietzo zu geschweigen
Non obstat, daß vielleicht diese Meinung nicht eben von allen Herren Medicis für so universal will gehalten, und behauptet werden, sintemahl nicht nur Herr D. Wedel dieses argumentum pro universali nicht ausgeben will,
sondern auch vielleicht noch mehr Scriptores verhanden seyn können, die Herrn D. Wedels Meinung behaupten, ja wohl diese praesumtion gar nicht gelten lassen wollen, denn es ist männiglich bekandt, daß unter denen Herren Medicis propter diversitates hypotheseon nicht leichtlich eine Meinung durchgehends wird approbiret werden, sondern man ja so leicht opiniones communes contra communes bey Ihnen antreffen könte, als in Jure von dergleichen communibus contra communes gantze tractat verfertiget worden. Zum wenigsten, und wann auch gleich in eventum diese Meinung de pulmonibus nicht von einer gantzen Facultät approbiret werden solte, würde doch daraus nicht geschlossen werden können, daß selbige falsch sey, in Ansehen es denenjenigen, die pro inquisita angeführet werden, nicht ermangeln wird, auff die rationes Dominorum dissentientium gründlich zu antworten, sondern es würde Hn. D. Caroli Raygeri sententia auff solche Masse nur dubia werden, und derowegen wird es noch pro favore Inquisitae genung seyn, wenn die oben specificirte opinio inter conjecturas zu rechnen wäre. Massen dann ja die Criminalistae darinnen einig sind, quod praesumtiones delicti confutari possint contrariis conjecturis & praesumtionibus
Jam vero in dubio semper in mitiorem partem est praesumendum
Et in dubio potius praesumitur possibile honestum, quam possibile inhonestum
Praeterea illa conjectura potentior dicitur, quae est pro reo
& ubi pares sunt probationes, ex latere Rei una semper adest juris praesumtio, sive in criminali judicio, sive in civili versemur, ne scilicet deliquisse credatur sed potius sit absolvendus.
Ulterius praesumtio est, quod parentes non minus diligant liberos quam se ipsos, & ideo quemadmodum quis seipsum offendere nolit, ita etiam nolit filium laedere,
Und gelten angeführte praesumtiones nicht allein in delictis levioribus, sondern Sie werden auch ad crimen infanticidii von dem berühmten JCto Francisco Hottomanno
appliciret, und zwar auff einen solchen casum, da viel stärckere praesumtiones wieder die ream stritten, auch diejenigen, so Hottomannus entgegen gesetzt, lange so sufficient und gültig nicht waren, als die, welche inquisita anietzo zu deducirung Ihrer Unschuld angeführet.
welcher Locus Hottomanni gleichwie er hauptsächlich pro innocentia Annen Vogtin zu consideriren ist; Also zweiffelt auch Selbige gantz nicht, es werden die Herren Urtheilsfassere bey diesem schweren casu alle Umbstände wohl und genau ponderiren, und Sie ab Inculpatione infanticidii bey so gestalten Sachen absolviren.
Dannenhero auch Herr Hanß Heinrich der Vater seines Orts auff die 3. Frage: Ob Er nehmlich so wohl umb die Schwängerung seiner Tochter, als auch um die Ermordung des todten Kindes gute Wissenschafft gehabt: kürtzlich mit nein antwortet, und in deducirung seiner Unschuld sich ferner auffzuhalten nicht nöthig erachtet, dieweil, so viel die Ermordung betrifft, praesupposito, daß das Kind nicht ermordet worden, auch seine Wissenschafft darvon von sich selbst wegfället, quippe cum non entis nulla sit scientia, was aber die Schwängerung anlanget, nicht das gerinste indicium wieder Ihn in actis vorhanden, auch was etwan von seiner Beyseitmachung und Austretung für Argwohn geschöpffet werden möchte, durch eben die responsiones, die oben bey der andern Frage wegen Annen und Frau Marien Ihrer Flucht angeführet worden, elidiret werden kan, zu geschweigen, daß nirgend in Rechten gegründet zu seyn scheinet, quod notitia parentum de defloratione jam facta filiae für ein straffbares Delictum gehalten werden solle; weßhalben er vielmehr in Nahmen GOttes nebst seinem Weibe und Tochter in Rechten zu erkennen bittet, daß Sie insgesamt von der angestelleten Inquisition zu entbürden.
§. XXVI. In der defension werden sechs Beylagen citirt, eineDefension I.
Zeugen Aussage pro Rea.
Praem. Praemitt. ART. 1. Wie Zeuginnen heissen und wie alt sie seyn? TEST 1. Sie
die Käse-Mutter heisse Catharina R. und sey 32. Jahr alt. TEST. 2. Sie (die
Zoffe) heisse Dorothea K. und sey 20. Jahr alt. ART. 2. Ob nicht Zeugin bewust,
daß Anna aus dem Back-Hause zu Gr. über die Schwelle gefallen? TEST. 2. Das habe
Sie alleine gesehen, sonst wäre niemand mitgegangen. ARTIC. 3. Ob nicht dieses
zu der Zeit geschehen, da Anna mit schwangern Leibe gegangen? TEST. 2. Ja.
ARTIC. 4. Ob nicht damahls Anna gar hart auf den Leib gefallen? TEST. 2. Sie
wäre hart darnieder geschlagen. ARTIC. 5. Ob Zeugin nicht wisse, wann und zu
welcher Zeit es geschehen? TEST. 2. Es wäre noch vor den Melsener Marckt
geschehen, die Pflaumen wären schon reiff gewesen. ART. 6. Und also wahr, daß
dieser
§. XXVII. Herrn D. Schreyers deduction, daß die untersinckende Lunge im Wasser Anzeigungen geben, daß ein Kind oder Thier ausser Mutter-Leibe nicht gelebet habe, ist Vol. 2. fol. 129. seq. befindlich.
Quaestio est: An pulmones aquae impositi, si submergantur, Indicium praebeant, animal, cujus pulmones sint, extra uterum vitam nunquam habuisse?
1. Embryo tum demum vere vivere creditur, quando in Iucem editus respirat, in
utero autem respiratione caret. GALENVS de L. Ast. l. 6. c.
5. In confesso est, & spirationem a vitu & vitam a
spiratione separari non posse, adeo, ut viventem non spirare &
spirantem non vivere, sit impossibile. DEVSING in microcosmo: non vivere dicitur foetus in utero,
quia actus naturales corporis non exercet, seu operationes habet
organorum. KYPERVS l. 1. med. contr. cap. 23. §. 53,
Ordinarie respiratio in foetu non est.
LAMSVERDE & SVAMMERDAM: non respirat Embryo, quia
aquae innatat, aer desicit, & musculi ad respirationem necessarii
debiliores sunt.
2. Per respirationem aer in pulmones ingreditur, vocisque modulationem regressu
efficit; ejulatus enim & vagitus in utero extra ordinem sunt, NYMAN. de
vita foet. in utero testatur, & BARTHOLINVS refert: Tempore partus aërem accipit infans.
3. Aer in pulmones receptus non totus exsufflatur, sed in vesiculas receptus,
istos alias in se subsidentes coarctat, & graviores qui sunt, dilatat,
leviores reddit, ut aquae, quod lanionibus notum, supernatent. SVAM. MERDAM: Propter aeris praesentiam aquis impositi pulmones nunquam
fundum petunt, postquam semel tantum animal
inspiraverit. DEVSING. sect. 6. de mot. cord. Pulmones in foetu rare-fiunt quando in lucem editus,
compactior pulmo in utero est. HARVEJVS: Per pulmones foetus sanguis non circulatur in utero, quia
subsident. LAMSVERDE: In foetu pulmones semper sunt
contracti, assumto aëre expanduntur & dilatantur; in lucem vero
editus infans cito respirat. quia in utero semper est spirandi conatus.
4. Contrariorum eadem est ratio, si propteer aëris ingressum pulmo allevatur ut aquae innatet, sequitur, quod in defectu aëris etiam pulmonem, qui in utero compactior & gravior, in aqua subsidere oporteat. Proinde
5. posita respiratione in foetu extra uterum ponitur vita & contra:
respiratio enim & vita pari passu ambulant. ARISTOT. de resp. cap. 2. Inspiratio & exspimtio principatum vitae &
necis habent, & GALENVS l. 6. Loc. aff. cap.
5.
6. data respiratione, datur pulmonum levitas, negata hac, negatur aëris ingressus & respiratio, manetque pulmonum gravitas.
7. Quod pulmonum cadaveris cujuscunque gravitas, coarctatio &
JOHANN SCHREYER D. Physicus Cizensium Juratus.
§. XXIIX. Der locus ex Caroli Raygeri Med, Doct. & Physici Posoniensis Anno 6. Curiosor. p. 299. de infante mortuo excluso dissecto, Actorum fol. 131. lautet also:
Pulmones parvi, exigui, non admodum rubicundi, instar parenchymatis hepatis vel portiunculae carnis ex utroque latere cordis jacebant, in aquam mersi subito fundum petebant, inde constitit, infantem in utero non respirare: (alias aëre distenti fuissent) illumque fuisse ante exclusionem mortuum; nam si semel tantum extra uterum respirasset, aër in pulmonibus detentus submersionem impedivisset. Ut autem de experimento certi essemus, immisimus pulmones agninos in aquam, qui supernatarunt, etiamsi incisi sint, & aër omni vi expressus fuerit; foetus vero pulmones fundum petierunt. Deinde cum foetus post mortem exclusus & pulmones toties, quoties immersi fuissent, fundum petiissent, unum sumsimus perque afperam arteriam inflavimus, inde loci statim distenti sunt. mox omni conamine expresso iterum flatu, natarunt, nihilominus nec mergi potuerunt. Argumentum credo indubitatum ad convincendas infanticidas & indagandam veritatem, an infans in utero mortuus vel demum post partum, quocunque modo strangulatus vel occisus?
§. XXIX. Folget das Responsum derer beyden Herren Medi. corum zu Leipzig D. Rivini und D. Langens, davon das Original in Actis Vol. 2. fol. 132.
P. P. Es begehret derselbe unser Bedencken über dieser Frage: Ob man gewiß seyn
könne, daß foetus nicht gelebet habe extra uterum, wenn desselben Lungen ins
Wasser geworffen, untersincken? Nun ist zu Beantwortung dieser Frage 1)
unstreitig, und jederzeit zu erweisen, daß insgemein alle Lungen, so wohl von
Menschen, als auch anderer Thiere, so bald sie Athem geschöpfft, im Wasser nicht
untersincken, sondern allezeit schwimmen, man werffe sie gantz oder stückweise
hinein. 2) Ist auch dieses gewiß, und durch vielfältige Experimenta erwiesen,
daß so man eines Thieres, so entweder todt gebohren, oder auch aus Mutter-Leibe
geschnitten, und in seinen Membranis gestorben; Wie denn hiervon D. Carl Raygeri
Observation, so er in 2. unterschiedenen todt gebohrnen Kindern gehabt, und in
Miscell. Nat.
Curioso
rum
in German. Anno VI. Observat. CCII. pag. 299. zufinden,
deßhalben unter andern zulesen würdig, daß man des Spigelii und anderer
Autorität anzuführen nicht nöthig hat. Damit aber iedermann sehe, worauf sich
diese Experimenta gründen, und aus was Ursachen sie iederzeit unfehlbar
erfolgen, wollen wir unsere wohlgegründete, und der Natur gemässe Rationes mit
anführen. Was den 1) anlanget pulmones viventium extra uterum, so darff es
keines grossen Beweises, warum selbe auff den Wasser schwimmen, sintemahl die
durch die Respiration geschöpffte Lufft, welche sich gutes theils auch post
exspirationem in denen cellulis pulmonum verhält, so wenig dieselben in Wasser
sincken läst, als etwa sonst eine mit Lufft angefüllte Blase, nun respiriret
aber 2) die Frucht, so lange sie in Mutter-Leibe liegt, gantz in geringsten
nicht. Denn (1) kan man ad oculum demonstriren, wenn die Frucht aus Mutter-Leibe
geschnitten wird, daß in geringsten keine Lufft in dem Amnio oder Häutlein, so
immediate die Frucht umschliest, sondern dergleicheu Liquor zufinden sey,
welcher, so er inter inspirandum (wie es denn nicht wohl anders seyn könte) in
die Lungen eingezogen würde, ungereimt, und der Natur allerdings zuwieder wäre.
(2) Kan auch dieses alle Tage demonstriret werden, daß so lange der Foetus in
seinen involucris verschlossen lieget, selber entweder sich gar in geringsten
nicht bewegt, oder doch, wenn er sich gleich in übrigen rege, dennoch Thoracem
nicht movire, ohne welchen doch die Respiration keines weges geschehen kan. (3)
Hätte sich die Natur nicht vergeblich bemühet, und so wohl das foramen ovale,
als nuch anastomosin arteriosam in Embryone formirt, damit das Geblüte die
Lungen vorbey gehen könne, und durch selbe nicht dürffte circuliret werden, wenn
die Lungen durch die Respiration expandirt, die ordentliche Circulationem
sanguinis zuliesse. Wenn demnach eintzig und allein wegen Mangel der Lufft, die
Lungen foetus in utero extincti, denen andern zuwieder, welche ausser
Mutter-Leibe gelebet, in Wasser untersincken; ein Kind aber den Augenblick, da
es zur Welt gebohren wird, alsobald zu respiriren anfängt, so muß auch diß
unstreitig erfolgen, daß welche Lungen in Wasser sincken, von keinem animali
seyn können, so ausser Mutter-Leibe gelebet habe. Diese unsere Resolution der
zugeschickten Frage, welche wir niemand zu Liebe oder Leyd, sondern nach unsern
guten Wissen und Gewissen aus eigener Observation und Grunde der Wahrheit
auffgesetzt, haben wir auff Begehren schrifftlich ausfertigen, und eigenhändig
unterschreiben wollen. Geschehen in Leipzig d. 10. Novembr. 1683.
D. Aug. Quirin. Rivinus.
D. Christian Joh. Lange.
§. XXX. Endlich die excerpta ex scriptis variorum Medicorum,4. Excerpta varia ex Medicorum scriptis.
MALACHIAS TRVSTON de Respirat. Sect. 22. p. m. 85. Primo
itaque constat, pulmones in foetu nondum respirante compressiores esse, vasa
pneumatica multum connivere, atque ob fluiditatem parenchymatis non nunquam
quasi incurvari & complicari, denique totam pulmonum molem densam
& quodammodo compactam cerni. Constat etiam, eosdem pulmones hoc tempore
faturatae pene rubedinis esse, quin & graves, ponderisque fere paris cum
reliquis carnibus, unde & in aquam conjecti submerguntur. Quorum ratio
haec impraesentiarum esse videtur, quod aëre nondum hausto membranaceae illae
vesiculae (ex quibus potissimum pulmonum moles constare, cum Malpighio mihi
etiam verisimile fit) nondum impleantur, attollantur & in conspectum se
prodant, nempe latera earum, nondum submerso aëre, coeunt, & se mutuo
tangunt, unde fit, ut sola fere vasa sanguifera, & sanguis circumfusus
obversentur oculis; hinc tanta densitas & rubedo, pondus etiam
gravitasque. JOHANNES SVAMMERDAM de respirat. cap. 5. §. 2.
& 3. p. m. 38. Hinc in ipsis pulmonibus (quod praecipue notatu
dignissimum est) cum nunquam in vehementissima etiam respiratione, plenarie
contrahantur (ut inferius paulo clarius adhuc explicabimus) magna satis aëris
copia necessario & semper invenitur, etiamsi in inspiratione sive etiam
in exspiratione animal extingui contingat. Vnde etiam fit propter aëris
praesentiam, ut aquis impositi pulmones nunquam fundum petant, postquam semel
tantum animal inspiraverit. THOMAS BARTHOLINVS de Pulmonibus
Sect. 2. p. m. 29. Ingens dubium oritur ex pulmonibus embryonum, qui
omnium Anatomicorum consensu rubent in foetu & merguntur, in adultis
pallent & natant. Galenum l. 15. Us. part. c. 6.
hic sequuntur longo agmine Zerbus, Laurentius, Picolomineus, Bauhinus,
Spigelius, Hofmannus, Harvegius, Highmorus. Plerique sanguini materno
adscribunt, quo nutriuntur. Alii imperfectioni, alii aëris ventilationi, qua
extra uterum pulmones moti albent, quod etiam indicium matribus suggerit
Harvegius, vivum an mortuum foetum pepererit. In hoc luto adhuc haereremus, nisi
Cl. Charletoni manu erigeremur, qui Exerc. 8. Oecon. de Resp.
§. 21. in foetibus humanis in utero emortuis, quos complures hujus rei
gratia dissecuit, nullum discrimen invenit in colore ad albedinem inclinante ab
adultis, adeoque pignore certare paratus est, ex colore solo discerni non posse
foetus vitalitatem. Causa veteris erroris penes Galenum est, qui ab Hippocrate,
more suo, secessum fecit. Hujus vero doctrinae est vel de narura pueri,
genituram in utero respirare, quam si sequamur, pro pulmone nullus supererit
scrupulus.
§. XXXI. Ich bescheide mich, daß viele, die meine §. 25. vorgebrachte Defension
lesen werden, sich wundern dürfften, daß so wenig Defensionen insgemein.
§. XXXII. Ich wende mich vielmehr wieder zur Continuation gegenwärtigerDefension.
§. XXXIII. Der Anhang Actorum fol. 135. seq. hält nicht viel mehr in sich, als die Application des Franckfurtischen responsi, welches besser gefallen war, als ich erwartet hatte.
Denen Herren Urtheils-Verfassern zu dienstlicher Nachricht wird kürtzlich
erinnert, daß obstehende, und fol. 100. seq. his actis befindliche Deductio
innocentiae damahlen verfertiget worden, als Herrn D. Schreyers Summarische
Aussage nur bey denen actis war, dessen eydliche Deposition aber (fol. 93. seq.)
noch nicht da gewesen. Wenn dann das momentum totius defensionis potissimum
darinnen beruhet: ob Anna genungsam beygebracht, daß Ihr Kind todt auff die Welt
kommen sey, hierbey auch die quaestio praejudicialis: an pulmones in aqua
submersi indicium faciant, foetus ante partum extincti? zuförderst zu beobachten
ist, massen denn auch Zweiffels ohne die Herren Schöppen, in sententionando fol. 87. horum. act. Volum. 1. darauff reflectiret; Als
hoffet Inquisita nunmehro dieses, was ihr zu deduciren obgelegen, gnugsam
verrichtet zu haben. Denn da weiset beykommendes Responsum Facul. Med. in Acad. Viad. sub E. daß nicht allein dieses ein
unverwerflicher Beweiß sey, daß ein Kind in Mutter-Leibe gestorben, wenn seine
Lungen auf einer guten Quantität Wasser untersincken, sondern auch, daß in
gegenwärtigen Fall fürnemlich, wegen derer mit anhangenden Umbstände, daß
nemlich Anna wenig Tage vor Ihrer Geburt über die Schwelle des Backhauses hart
darnieder gefallen, so wohl auch die Käse-Mutter, als sie partus tempore bey der
Inquisita gewesen, nicht gefühlet, daß sich etwas in ihrem Leibe gereget habe
&c. zu praesumiren sey, daß Annen ihr Kind todt auff die Welt kommen.
Und wird dannenhero nicht nöthig seyn, daß noch ein dergleichen Responsum ex
alia Facult. Med. eingeholet werde, weil die Unkosten dißfalls gantz unnöthig
seyn würden. Denn entweder dasselbe Responsum fiele abermahls der Inquisitae
bey, so wäre solches alsdenn nur superfluum, oder aber es dissentirte von den
Franckfurtischen Responso, so wäre doch die regula nebst dem, was sonsten in der
Defension angeführet worden. vid. fol. 120. hor. act.
quod nempe in dubio praesumendum sit in partem mitiorem, & pro
inquisitis, noch für Annen zu attendiren, ja es würde auch fol. 129. & 132. für sich angeführet,
nicht schwer fallen, denen dissentientibus, so deren welche fürhanden, auf ihre
rationes zu antworten. Wolte man auch gleich fürgeben, daß die Facultas Med.
Viad. so geantwortet habe, wie sie von dem Interrogante berichtet worden sey,
dieser aber etliche zur Sache dienliche Umbstände in seiner Frage leichtlich
ausgelassen haben können, dannenhero von nöthen, daß die Defensio nochmahlen in
ein Collegium Medicum gesendet werde; so ist aus der Beylage sub F. zusehen, daß
der Defensor in propositis quaestionibus den geringsten Umbstand, so ad
informationem derer Herrn Medicorum dienlich seyn könte, nicht ausgelassen, noch
selbigen anders, als er aus denen Actis zu verificiren, gesetzt, massen denn
dieses Vorgeben gnugsam durch das von obwohlgedachter Medicinischen Facultät
unter den Casum gedruckte Insiegel beglaubiget wird; Ferner, gleichwie die
Responsa Dnn. Medicorum alle insgesamt die veritatam facti und daß des todten
Kindes Lunge in Wasser untergesuncken sey, praesupponiren; also hoffet Inquisita
auch diesen Punct durch Herrn D. Schreyers jüngst erfolgte eydliche Aussage d. f. 93. seqq, hor. Act. die mit dessen summarischen
Antwort f. 74. seqq. gäntzlich übereinstimmet, erwiesen
zu haben. Denn obwohl Christian S. der Barbierer zu P. in seiner f. 99. befindlichen Deposition, wie man wohl gehoffet
hätte, Herrn D. Schreyers Aussage nicht beypflichtet, so ist doch pro Inquisita
sufficient, daß selbiger Herrn D. Schreyern nicht contradicirt, sondern seine
Herrn D. Schreyers Aussage omni exceptione major bleibet, und also Inquisitae
die bekante Rechts-Regul zu statten kömmt, daß auch durch einen Zeugen, wenn
selbiger omni exceptione major ist, innocentia rei probiret werden könne,
zumahlen da aus S. Zeugniß doch zum wenigsten dieses zu sehen ist, daß er die
Lunge ausgeschnitten, und Herrn D. Schreyern gegeben. Will demnach Inquisita in
Gottes Nahmen zum Urtheil beschlossen haben, und versichert sich einer
erfreulichen absolutoriae.
§. XXXIV. Die speciem facti, die ich nach Franckfurt gesendet,Responsum der Medicinischen Facultät zu
Franckfurt pro Rea.fol. 143. seq. in actis anzutreffen, halte nicht vor
nöthig hieher zu setzen, weil es nichts anders als ein kurtzer Extract
desjenigen ist, was in vorigen bereits weiter gemeldet worden, und daß ich der
Facultät nichts falsches berichtet, zeiget Ihr responsum selbst fol. 138. biß
141. Actorum.
Als uns derselbe einen Casum, betreffend Annen und Ihre Mutter, welche eines
Infanticidii beschuldiget worden, nebst einigen Beylagen (so unter unser
Facultät Insiegel mit den Casu wieder zurück kommen) zugefertiget, und unser
Responsum über die beyde darinnen proponirte Fragen, cum rationibus dubitandi
& decidendi bittlich begehret, demnach haben wir Decanus, Senior,
Doctores und Professores
1. Wenn gefeaget wird: an indicium certum aut valde probabile sit, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones fubmergantur in aqua? antworten wir affirmative; also, daß wir sagen: Est valde imo maxime probabile indicium, partum ante exitum ex utero materno fuisse extinctum, si ejus pulmones submergantur in aqua. Und dieses darum. Denn einmahl ists gewiß und augenscheinlich allemahl darzuthun, daß jedwede Lungen so wohl von Menschen, als andern Thieren, welche ausserhalb Mutter-Leibe das Leben gehabt haben, nicht untergehen, wenn sie ins Wasser geworffen werden, und geschiehet solches, weil sie leicht und locker seyn, wegen der Lufft, welche sie ausserhalb Mutter-Leibes in denen lebenden und Athmenden Thieren geschöpffet, und davon etwas in sich behalten haben.
Nachmahls ist auch theils durch unterschiedene Bekräfftigungen glaubwürdiger und
vorsichtiger Naturkündiger, welche in denen Beylagen zur Genüge angeführet seyn,
und noch mehr angeführet werden könten, theils durch unsere eigene Anmerckung
uns sattsam kund worden, daß die Lungen eines Thieres, von welchem man gewiß
weiß, daß es todt aus Mutter-Leibe kommen wäre, genommen sey, wofern es in
seiner Umhüllung oder verschlossenen Mutter verstorben ist, wenn sie aufs Wasser
geworffen werden, nicht schwimmen, sondern untersincken. Und geschiehet solches,
dieweil sie dichte und schwer sind, wegen Mangel der Lufft, als welche sie noch
nicht geschöpffet, und dannenhero auch nichts darvon an und in sich behalten
haben. Denn ein Kind oder Frucht, so lange es in seinen involucris und
verschlossener Mutter lieget, athmet nicht, also, daß es Lufft durch den Mund
und Nasen, und ferner durch die Lufftröhren aus- und einlasse. Welches zu
behaupten wir uns beziehen auff die rationes und autoritates, welche bereits in
denen Beylagen angeführet, und weil wir selbige für gültig erkennen, bemühen wir
uns nicht mehrere beyzubringen, ob es wohl daran nicht mangelt. Zwar will von
einigen die Gewißheit angezeigter Experimentorum in Zweiffel gezogen werden, und
ist in einer ihres Orts wohlbekandter Disputation de Abstruso respirationis
Humanae mysterio dergestalt darwieder geschrieben worden: Cum ex Hydrostatices
Legibus constet, corpora omnia, in specie, uti loquuntur, aqua ipsa leviora, in
eadem supernatare, si sufficienti aquae quantitati imittantur; Pulmones autem
uti membranosa & carnosa omnia specifica gravitate aquis cedunt; Hinc
tam foetus nondum respirantis, quam nati pulmones supernatare possunt, si modo
sat magna aquae quantitas illos circumfluat, adeoque non sequitur: pulmones,
quia supernatan: Ergo foetus respiravit; Nec vice versa. Nam quod quorundam
experientia velit Exercit. Physiol. 8. §. 10.
Welches, wenn es wohl beobachtet wird, vielen objectionibus, so circa
respirationem foetus in utero moviret werden, abhelffen kan. Wenn man demnach
nicht weiß, ob ein Kind oder Thier in oder ausserhalb Mutter-Leibe gestorben
sey, ists Zweiffels ohne ein unverwerfflicher Beweiß, daß dieses geschehen sey,
wenn seine Lungen auf einer guten Quantität Wasser schwimmen, jenes aber, wenn
sie in derselben untergehen. Und dannenhero
wenn 2) gefraget wird, annon in praesenti Casu propter reliquas circumstantias
huic adjunctas, praesumendum sit, infantem Annae in utero jam extinctum fuisse?
Antworten wir gleichfalls darauf Affirm. Denn, überdem, daß ex Actis erhellet,
es sey die Lunge des todten Kindes, als sie Herr D. Schreyer, Stadt-Physicus zu
Zeitz bey der section separiret, und ins Wasser (dessen er Zweissels ohne eine
sattsame Quantität wird adhibirt haben) geworffen, untergesuncken; Machen den
Untergang des Kindes in mütterl. Leibe folgende Umstände sehr probabel. 1) Daß
Anna Vogtin wenig Tage ante partum über die Schwelle des Backhauses hart
darnieder gefallen, daß sie für Entsetzen kein Wort reden können. Da dann so
wohl die hefftige Concussion, so das Kind darbey erlitten, als der Schreck zu
dem Tode des Kindes gnugsame Ursache hat geben können. (2) Daß die Käse-Mutter,
als Sie
§. XXXV. Bey Ubergebung der defension und des Anhanges bate ich den Herrn Commissarium, weil der Wille der Herren Scabinorum nun erfüllet wäre, und ich den Inhalt meiner defension selbst an eine Medicinische Facultät geschickt hätte; auch keine Medicinische Facultät in vorigen Urtheil eben in specie benennet wäre, er möchte nunmehro die acta denen Herren Scabinis wieder überschicken. Dieses konte er mir mit Fug nicht abschlagen, und erfolgte hierauff mense Martio 1684. Actorum fol. 155. seq. die sententia sequentis tenoris.
Daß vor allen Dingen gedachten H. H. dessen Eheweibs und Tochter, zu den Acten
gebrachte Defension nochmahln einer Medicinischen Facultät zu förderst
zuschicken, und dero Gutachten, insonderheit auch hierüber, ob, wenn ein Stücke
von der Lunge eines todten Kindes, zumahln etliche Tage nach der Geburt, in
Wasser untersincket, daraus abzunehmen, daß das Kind bereits in Mutter-Leibe,
und noch vor der Geburt todt gewesen, oder ob solches auch aus andern Ursachen,
ungeacht das Kind lebendig zur Welt kommen, sich mit der Lunge gleichfalls
zutragen könne, einzuholen, des Stadt-Physici George Wilhelm W. eydl. Zeugniß,
ob der Vogtin Kindes Lunge bey der section ins Wasser geworffen worden und
untergesuncken, anzuschaffen, dann Catharina R. und Dorothea K. über die Vol. 2. fol. 124. & seqq. befindliche Articul,
und wie viel Tage ohngefehr Anna Vogtin vor der Geburt den Fall gethan,
Gerichtl. und vermittelst Eydes abzuhören. Ergehet darauff in der Sache
allenthalben ferner was Recht ist.
§. XXXVI. Nun muste der Herr Commissarius, wie bekant, das Urtheil ante
publicationem erst versiegelt nacher Dreßden schicken. Wie es aber gemeiniglich
in Collegiis zu geschehen pfleget, daß einige darunter seyn, die nicht schweigen
können; also erfuhr ich bey guter Gelegenheit, daß in einer Compagnie ware
geredet worden: Thomasius solte doch seinen Willen nicht haben, sondern die acta
müsten doch noch an die Medicinische Facultät zu Leipzig geschickt werden, und
da würde es sich schon weisen, daß Anna zum wenigsten der Tortur müste
unterworffen werden, wenn die von der Medicinischen Facultät zu Franckfurth
angeführten rationes in Responso Facultatis Medicae Lipsiensis gar nachdrücklich
würden beantwortet werden etc. Was solte ich nun hierbey wohl thun? Ich muste
wohl
Eurer Churfürstl. Durchl. ruhet noch in Gnädigsten Andencken, daß Selbige für
einiger Zeit Dero Amtmanne zu Leipzig auff mein unterthänigstes suppliciren
Gnädigst committiret, die wieder meine Tochter Annen, ingleichen mein Eheweib
und mich für dem Amte zu P. in puncto infanticidii und was dem anhängig,
angestellte inquisition denen Rechten gemäß zu vollführen, welches ich noch
mahlen mit Unterthänigsten Gehorsam erkenne. Gleichwie aber Gnädigster Churfürst
und Herr, die indicia wieder meine Tochter hauptsächlich in 2. puncten beruhen,
erstlich, daß an dem todten Kinde bey der section unterschiedene Stiche gefunden
worden; hernacher, daß ermeldte meine Tocher in keines Menschen als meines
Eheweibes Beyseyn das Kind zur Welt gebohren; Also hoffe ich das erste indicium
in der ad acta ohnlängst gegebenen defension dadurch hauptsächlich elidiret zu
haben, weil die Medici, so bey der section gewesen, auff vorhergehendes
rechtliches Erkäntniß derer Herren Schöppen (die Zweiffels ohne darauff
reflectiret) eydlich ausgesaget, daß Sie gäntzlich davor hielten, daß die Stiche
dem Kinde erst nach seinem Tode zugefügt worden, auch daß es gar wohl seyn
könte, daß dieses von der Köchin, die das todte Kind ausgegraben, und zuvorher
mit einem Bratspiesse in die Erde zum öfftern gestochen, auch selbst gestanden,
daß Sie vermuthlich dem Kinde die Stiche zugefüget, mit dem Bratspiesse, der
Ihnen vorgezeiget worden, geschehen wäre. So viel aber das andere indicium
betrifft, bin ich gemeinet gewesen, solches nach Anleitung des art. 131.
Constit. Crimin. hierdurch zu wiederlegen; wann ich darthäte, daß das Kind todt
auff die Welt gekommen sey, worzu ich mich denn des einen Medici, so die section
verrichtet, Nachricht bedienet, der bey der section ein Stück von des todten
Kindes Lunge ins Wasser geworffen, und befunden, daß Selbige untergesuncken,
massen dann die berühmtesten Medici hodierni der Meinung sind, daß pulmones
infantis in aqua submergentes ein gewisses indicium machen, quod foetus in utero
fuerit extinctus. Wann ich dann deßhalben den Medicum, so die Lunge ins Wasser
geworffen, über gewisse articulos eydlich abhören zu lassen begehret, der Herr
Amtmann aber dieses für sich zu thun Bedencken getragen, sondern dieserwegen me
consentiente Sich bey denen Herren Schöppen informiret; Als haben Selbige zwar
interloquendo erkennet, daß meinem petito billig statt zu geben wäre, dabey aber
zugleich, daß er der Herr Amtmann zuvor über meine defension, wenn ich solche
übergeben würde, in einem Collegio medico erkennen lassen solte, mit gesprochen;
Ob nun wohl der Herr Amtmann auch solches zu thun Vorhabens gewesen; so habe ich
doch endlich durch mein Bitten erhalten, daß er
Solten auch allenfalls die Herren Schöppen interloquendo erkennet haben, daß die
eingegebene Defension noch zuvor in ein Collegium Medicum gesendet werden solte;
So geruhen Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit nur selbsten Gnädigst zu
ermessen, daß hierdurch der Inquisitions-Proceß nur verzögert und unnöthige
Unkosten gemacht werden würden. Denn entweder dasjenige Collegium, welches von
neuen erkennen soll, würde denen allbereit angeführten responsis Beyfall geben,
und würde solcher gestalt superfluum seyn, oder aber es würde, wie leicht
geschehen kan, indem hodie gemeiniglich unter 100 Medicis kaum 10 gefunden
werden, die in hypothesibus mit einander in allen einstimmig seyn, von denen, so
auff meiner Seite sind, dissentiren. Auf diesem Fall würde es denen meinigen
nicht ermangeln, die rationes dissentientium zu wiederlegen, und ihre Meinung
durch unzehliche experimenta, so noch täglich an Hunden, so in Mutter-Leibe
verstorben, und andern Viehe probiret werden, zu vertheidigen, und würde sodann
nicht alleine eine longa Disputatio unter denen Herrn Medicis daraus erwachsen,
sondern dennoch auch in hoc casu meiner Tochter und uns die bekante
Rechts-Regul, quod in dubio in criminalibus sequenda sit pars favorabilior pro
reo, zu statten kommen, wie ich solches weitläufftiger in ipsa defensione
eiusque appendice deduciret; und lebe ich
§. XXXVII. Nun erlangte ich zwar mein petitum nicht völlig,D. Rivini und D. Langii anderes Responsum,
und was die Gelegenheit darzu gewesen.
P. P. Nachdem derselbe unlängst auff die vorgelegte Frage: Ob dieses vor ein
gewisses Anzeigen zu achten sey, daß ein Kind todt auff die Welt kommen, wenn
dessen Lungen in Wasser untersincken? von uns zur Antwort bekommen, daß man
allerdings Krafft gegebener Rationen und Experimenten gewiß seyn könne, es sey
ein Kind nicht lebendig gebohren, sondern in Mutter-Leibe gestorben; und er
ferner von Uns zu wissen begehret: Ob, wenn ein Stück von der Lunge eines todten
Kindes,
(L. S.) D. Aug. Quir. Rivinus.
(L. S.) D. Christian Joh. Lange.
§. XXXIIX. Hierauff wurden die Acten von dem Herrn Commissario an die löbliche Medicinische Facultät nach Wittenberg geschickt, und ertheilte dieselbe sub dato 30. Augusti 1684. (Actorum fol. 178. seq.) folgendes Responsum.
P. P. über folgende Frage gebeten; Ob, wenn ein Stücke von der Lunge eines todten
Kindes, zumahlen etliche Tage nach der Geburt, in Wasser untersincket, daraus
abzunehmen, daß das Kind bereits in Mutter-Leibe und noch vor der Geburt todt
gewesen, oder ob solches auch aus andern Ursachen, ungeachtet das Kind lebendig
zur Welt kommen, sich mit der Lunge gleichfalls zutragen könne; Als haben wir
die Acta Collegialiter fleißig durchlesen, alles genau erwogen, und geben Ihme
zur verlangten Antwort dieses, daß wir zwar die, von denen Herrn Medicis
angeführten Experimenta in Zweiffel zu ziehen nicht Ursach haben, indem wir
theils selbst vor vielen Jahren experimentiret, daß die Lunge eines abortus von
4. Monat, eines von 6. Monat, und eines Kindes, so in der Geburt gestorben, in
Wasser alsobald untergesuncken, welches gleichfalls in denen brutis wir
vielfältig hernach observiret; so lassen wir auch die angeführten rationes in
ihren Würden, und könte vielleicht die gravitas pulmonum in utero auch daher
deduciret werden, weil
Wir halten auch nicht dafür, daß propter putredinem eine Lunge, so einmahl Lufft geschöpffet, also disponiret werden könne, daß sie müste untersincken, weil unmüglich alle vesiculae so gar corrumpiret werden können, daß alle Lufft heraus gehe, es geschehe denn eine totalis resolutio mixti, dahero die fol. 175. angeführte Experimenta wir leicht glauben können. Wir können aber nicht dafür achten, daß dieses ein indubitatum und universale argumentum sey, wodurch so gar gewiß bewiesen werden könne, es müste ante partum in Mutter-Leibe das Kind erstorben seyn.
Man könte endlich wohl ex praesuppositis schliessen: Wenn eine Lunge in Wasser
sincket, so hat dieselbe noch keine Lufft in der Welt geschöpffet, aber es
folget nicht alsobald, daß es müsse in Mutter-Leibe gestorben seyn, sintemahl so
wohl in als nach der Geburt ein lebendig Kind kan ertödtet werden, ehe es Athem
holet. Dieses zu behaupten muß vor allen Dingen praesupponiret werden, daß ein
Kind eine Zeitlang ausser Mutter-Leibe, ehe es Athem holet, wie in utero leben
könne, welches geschiehet in folgenden Casibus: 1. Müssen alle Wehmütter
gestehen, daß öffters Kinder zur Welt kommen, die sich zwar bewegen und pulsum
haben, aber nicht Athem holen, und sie daher genöthiget werden, Athem
einzublasen, wann nemlich das Geblüte oder das Wasser zu starck aus der Mutter
nachschiesset, Nase und Maul verstopffet, daß es nicht Athem holen kan,
ingleichen wenn die pulmones so gar viel muci bey sich haben, Nasen und Maul
davon angefüllet, daß so bald die Lufft nicht hinein dringen kan. 2. Wenn die
Nabelschnur sich etliche mahl um das Hälsgen umschlungen und verhindert, daß das
Kind nicht respiriren kan, wie denn bekandt, daß, wenn nicht bald Hülffe
geschiehet, viel Kinder also verderben müssen. 3. Wenn das Kind inverso modo mit
denen pedibus erst gebohren wird, da öffters sich zuträget, daß, wenn die Geburt
zu balde sich um das Hälsgen schliesset, das Kind lebend und zappelnd
stranguliret wird. 4. Ist ausser allen Zweiffel, daß öffters Kinder zur Welt
kommen mit denen involucris oder secundinis, welche partus Harveus recht
naturales nennet, da instar ovi der gantze conceptus excludiret wird. In diesem
Casu ist ausser allen Zweiffel, es besagen es auch die Weh-Mütter, daß das Kind
eine gute Weile, ehe die secundinae geöffnet werden, sine respiratione, wie in
utero leben könne, sintemahl der aër athmosphaericus hier so wenig als in utero
durch die dicken membranas eindringen kan, über dieses das Kind annoch in seinem
liquore schwimmet, welche rationes sonst contra respirationem foetus in utero
angeführet werden. Wann nun dieses also richtig, daß ein lebendig
Anlangende praesentem casum, so können wir zwar aus obangeführten Ursachen einig und alleine darum, daß weil die Lunge Annen Vogtin Kindes untergesuncken, solches ante partum in utero müsse verstorben seyn, firmiter nicht schliessen; Gleichwohl aber, weil andere circumstantiae zu consideriren, als
1. das Anna über eine Schwelle kurtz vor der Geburt, in dem Backhause auff den Leib gefallen, und darbey sehr erschrocken.
2. Die Medici bey der Besichtigung keine andere laesion gefunden, als die Wunden, so erst nach dem Tode mit einem Bratspiesse sollen von der Köchin seyn gemacht worden.
3. Die Käse-Mutter eydl. ausgesaget, daß kurtz vor der Geburt Sie Annen auff den Leib gefühlet, und keine Bewegung eines Kindes gewahr worden.
4. Bey einer Ersten Geburt es ohne dem schwer zugehet, daß also ein von Fall und Schrecken vorhero geschwächtes Kind leicht in der Geburt ersterben kan, und dann
5. Hierzu kömmet, daß die Pulmones untergesuncken,
Als erachten wir sehr probabel zu seyn, daß das Kind entweder vor oder in der
harten Geburt verstorben sey, sonderlich wenn auff Rechtl. Ausspruch derer
JCtorum die Mutter Maria mit einem Cörperl. Eyde erhalten solte, daß, wie Sie
ad Art. 24. & 25. fol. 64. Act. fac. b.
ausgesaget, das Kind gantz grünlicht, wie verweset ausgesehen, und kein bißgen
Blut bey der Nabel-Schnur zu sehen gewesen,
Zu Uhrkund etc.
§. XXXIX. Da ich nun gewahr wurde, daß das responsum Facultatis
P. P. Hat Anna eine ledige Dirne, als Sie Artickuls-Weise vernommen worden, in
Guten bekandt und gestanden, daß Sie auff des Vaters Guthe von Christoph R. sich
in Unehren schwängern lassen, und davon Ao. 1681, den Tag vor Michaelis eines
Kindes genesen, welches aber hernach todt in den Krätz-Garten ausgegraben, und
viel Stiche an demselben befunden worden. Und es wird Ihr, daß sie an das Kind,
nachdem Sie es lebendig zur Welt gebohren, Hand angeleget, es umbracht, und es
vorsetzl. ermordet, ihrer Mutter aber, daß sie der Tochter hierzu den Anschlag
gegeben und behülfl. gewesen, dem Vater auch, daß er hiervon gute Wissenschafft
gehabt, beygemessen. Ob nun wohl allerseits Inquisiten, als Sie hierüber
Articuls-Weise vernommen worden, dessen nicht geständig seyn wollen, so viel
auch die Stiche an dem Kinde betrifft, aus dem Acten erscheinet, daß solche ihm
in Ausgraben, und nachdem es todt gewesen, zugefüget worden, und etliche der
Medicorum aus etlichen Umständen, daß das Kind von Annen Vogtin, müsse todt auff
die Welt kommen seyn, geschlossen, wie denn auch dieselbe, daß sie kurtz vor der
Geburt über eine Schwelle auff den Leib gefallen, vorgiebet, und die
Käse-Mutter, daß, als Inquisitin zur Geburt gearbeitet, Sie bey ihr in der
Cammer gewesen, ihr auff den Leib gefühlet, da sich denn das Kind nicht gereget,
eydl. ausgesaget; dieweil aber dennoch Anna die Schwängerung, ungeachtet Vol. 2. fol. 180. angeführet, in Sachen, so Leib und Leben betreffen,
so blosser Dinge auff solche Problemata, die etliche der Medicorum proponiret,
sich nicht zu gründen, und deren ungeacht, Inquisitin Kind lebendig auff die
Welt gekommen seyn kan, in der übergebenen defension auch der wieder sie
streitende Verdacht zur Genüge nicht abgelehnet, nach mehrerm Inhalt der
überschickten Inquisitions-Acten. So erscheinet darans und sonsten allenthalben
so viel, daß das Annen ertheilte sichere Geleite hinwiederum auffzuheben, und
sie zur Hafft zu bringen, auch da sie ihr Bekäntniß in Guten anderweit richtig
nicht thun will, seyd Ihr wohl befugt, sie dem Scharff-Richter auff diese Maasse
zu untergeben, daß er sie mag ausziehen, entblössen, zur Leiter führen, die zur
Peinligkeit gehörigen Instrumenta vorzeigen, die Daumenstöcke anlegen, und damit
zuschrauben, auch da dieses nicht fruchtet, sie mit den Banden-Schnüren, jedoch,
daß es bey dem, wie jetzt gedacht, verbleibe, und mit Ihr vor diesesmahl ferner
nichts vorgenommen werde, dabey sie denn mit allen Ernst zu befragen, ob sie
nicht An. 1681. ein lebendig Kind zur Welt gebohren? ob sie nicht an dasselbe
Hand angeleget, und es vorsetzlich ermordet? wie sie mit der Ermordung umgangen?
Ob sie nicht das Kind, so bald es von Ihr kommen, in Bette ersticket? Ob sie
nicht dasselbige darinnen eine Zeit lang liegen lassen, damit es ersticken und
umkommen sollen? Wer ihr zu dieser Mordthat geholffen, oder Rath und Anschlag
darzu gegeben? Was sie sonst darbey gethan und Ihr darum bewust sey? Wenn nun
ihre gütl. oder vor dem Scharff-Richter gethanene Aussage mit Fleiß
auffgezeichnet, und nebst denen Acten wiederum überschickt wird, so ergehet
darauff so wohl ihrer Person, als auch der Mutter und des Vaters halber ferner
was recht ist.
§. XL. Weil nun nach geschehener gewöhnlicher publication des Urtheils, oder
vielmehr derer rationum desselben, erhellete, daß ohnerachtet aller bißhero
vorgebrachten momentorum in defensione die Herren Scabini Lipsienses dennoch
auff die tortur Ihre reflexion gemacht
P. P. Daß Ewre Churfürstl. Durchl. meinem Unterthänigsten Bitten Gnädigstes Gehöre geben, und Dero Creyß-Amtmanne zu Leipzig anzubefehlen geruhen wollen, mich in Inquisition Sachen meiner Tochter, Eheweib und mich selbst betreffende, mit noch einer defension zu hören, erkenne ich zuförderst mit unterthänigsten Gehorsam. Ob ich mir nun wohl getraue, die defension dergestalt einzurichten, daß keine Peinlichkeit bey dieser Sache statt haben könne; so befinde ich doch, daß hierbey der wichtigste stastus controversiae nicht so wohl in facto, als in jure, und wie der 131. articulus der P. Halßg. Ord. zu interpretiren sey, bestehe, und gleichwie ich hierinnen die interpretes auff zweyen unterschiedenen Meinungen angetroffen: deren eine die Herren Scabini in Ihrer Sententz gefolgt zu haben scheinen; Also lebte ich der ungezweiffelten Hoffnung, daß wenn die Acta in ein ander Collegium ausser Leipzig gesendet werden solten, ich mitiorem sententiam sodann erhalten würde. Wann dann Ewre Chur fürstl. Durchl. sonst in dergleichen Fällen auff unterthänigstes Bitten derer Inquisitorum die Versendung derer Acten in andere Collegia Gnädigst zu indulgiren pflegen; auch bey diesem schweren casu, mein und meiner Familie Ehre, Leib und Leben interessiret sind; Als flehe Ewre Churfürstliche Durchlauchtigkeit ich nochmahls in unterthänigsten Gehorsam wehmüthigst an; diese Hohe Churfürstl. Gnade mir noch zu erweisen, und erwehnten Dero Creyß-Amtmann zu Leipzig, Herrn Johann Joachim Rothen Gnädigst anzubefehlen, daß er nach meiner eingebrachten defension die Inquisitions-Acta an die Löbl. Juristen-Faeultät nacher Wittenberg zu Rechtlichen Verspruch sende; und verharre stetswährend etc.
§. XLI. Nachdem auch diesem petito Gnädigst war deferiretDefension derer Inquisiten.
P. P. Obwohl Inquisitin verhoffet hätte, Sie würde in ihrer vorigen Defension so viel ausgeführet haben, daß sie per sententiam von dem angeschuldigten Kinder-Mord würde absolviret werden, so will es doch aus denen ihr ex sententia in Abschrifft communicirten rationibus dubitandi & decidendi das Ansehen gewinnen, als sey ihr etwas peinliches zuerkandt worden, weßhalben sie auch Ihr Leib und Leben zuretten in Nahmen GOttes zu der von Churfl. Durchl. ihr gnädigst vergönstigten Defension schreitet.
Und zwar nachdem ihr Advocat in der ersten eingegebenen Defension Act. f. 100. & seqq. Vol. 2. wie auch in der
kurtzen Deduction f. 135. seqq. nach seinen wenigen
Vermögen mit nicht geringer Mühe alles dasjenige zusammen gesucht, was er zu
Ihrer Defension nöthig erachtet, auch in den sententiis interlocutoriis hierzu
Anleitung gegeben worden. Als ist sie nicht willens, allhier viel Neuerungen
vorzubringen, vielweniger dasjenige, was daselbst distincte angeführet worden,
hieher mit Verdruß zu wiederholen; sondern sie will nur so kurtz als möglich
auff die in den fol. 186. befindlichen Urtheil
angeführte rationes decidendi, jedoch salva Dnn. Concipientium autoritate
antworten, und lebet des zuversichtlichen Vertrauens zu denen jetzigen Herrn
Judicibus, sie werden mit dieser schweren Sache, die nicht allein ihr Leib und
Leben, sondern ihrer gantzen Familie Ehr und Gut betrifft, sich nicht
verdriessen lassen, zuförderst ermeldte ihre erste Defension und absonderlich
von fol. 111. biß zu Ende, ingleichen die kurtze
Deduction fol. 135. wohl bedächtig und mit Fleiß zu
durchlesen. Als warum auch selbige demüthigst und um GOttes Willen bittet.
Gleichwie aber in den Inquisitions-Acten zwey Indicia hauptsächlich entgegen zu
seyn geschienen (1) daß das Kind viel Stiche gehabt (2) daß sie Anna Vogtin das
Kind ohne jemands als Ihrer Mutter Gegenwart zur Welt gebracht; also acceptiret
Inquisitin bald anfänglich, daß so viel das erste Indicium derer Stiche
betrifft, die Herren Urtheilsfasser selbiges vor gnugsam abgelehnet halten,
indem sie nicht allein in rationibus decidendi der Stiche nicht ferner
gedencken, sondern auch in rationibus dubitandi, (verbis: So viel auch die
Stiche an dem Kinde betrifft aus denen Acten erscheinet,
daß solche in Ausgraben, und nachdem es todt gewesen, zugefügt worden) dasjenige
was Inquisitin in ihrer ersten Defension dieserwegen weitläufftig angeführet,
deutlich gnung approbiren, und beruhet dannenhero der status Controversiae einig
und alleine noch darinne: Ob Inquisitin auch in ihrer Defension den (2)
Verdacht, und daß sie nemlich das Kind alleine zur Welt gebracht, gnugsam
abgelehnet, und auff die deßhalb wieder Sie ex Art. 131.
Const. Crimin. entstandene Praesumtion zur Gnüge geantwortet habe?
Inquisitin vermeinet, daß solches allerdings geschehen, dieweil sie in ihrer
Defension deutlich gnung ausgeführet, daß (1) so viel die hierbey in acht
zunehmenden quaestiones Juris betrifft, ermeldter Art.
131. (1) keine interpretationem extensivam nicht 131. Art. nur dahin
zu restringiren sey, so eine ohne eines einigen Menschen Beyseyn das Kind zur
Welt bringe: (4) Daß dieser Art. nur von dem Casu rede, wenn ein Weibs-Bild cum
occultatione & sui & partus das Kind zur Welt bringe: (5) Daß
der Art. nicht de sola occultatione impraegnationis rede, sondern hiernechst
auch die heimliche Gebährung conjunctim erfordere: (6) Daß der Art. allerdings
contrariam probationem eamque etiam ex argumentis artificialibus petitam
zulasse. (II) Was circumstantias facti anlanget, daß (7) Anna Vogtin ihre
Schwängerung nicht ex malitia. sondern aus einer warscheinlichen Unwissenheit
heimlich gehalten: (8) Daß Anna Vogtin das Kind nicht heimlich zur Welt bracht,
weil sie sich nicht verstecket, sondern in ihre Kammer gelegen, und iedermann
vor sich kommen, ja die Käse-Mutter sich gar auff den Leib fühlen lassen: (9)
Ingleichen weil sie das Kind in Gegenwart ihrer Mutter bekommen: (10) Daß Anna
Vogtin per argumenta artificialia bescheinigen könne, daß das Kind todt auff die
Welt kommen, dieweil Inquisitin zuvor kurtz, ehe sie das Kind bekommen, gar
harte auff den Leib gefallen: (11) Ferner die Käse-Mutter, indem sie ihr durante
partu auff den Leib gefühlet, nichts gemercket, so sich im Leibe gereget hätte:
(12) Weil die Lunge des todten Kindes bey der Section untergesuncken: Und (13)
weil diese argumenta probantia nicht allein von vielfältig angeführten
scriptoribus Medicis, sondern auch von zweyen gantzen Collegis Medicorum, als
erstlich derer zu franckfurt an der Oder, und hernach derer Herrn Medicorum
Wittebergensium, so viel die Inquisitam betrifft, einstimmig approbiret worden.
Ob nun gleich ex his mediis terminis gar leichtlich auff die rationes decidendi
derer Herren Urtheilsfasser geantwortet werden kan, und derohalben keiner
weitern Deduction von nöthen wäre, so wil doch Inquisitin um besserer
Richtigkeit Willen, auch auf dieselbe distincte sich einlassen. Die (1) Ursache
bestehet darinnen: Die-Weil Anna Vogtin die Schwängerung ungeachtet sie hierüber
vom Vater zur Rede gesetzt worden, beständig verneinet. Darauf antwortet
Inquisitin (1) daß quoad illationem hieraus keine Folgerung ad torturam gemacht
werden könne, weil der Imp. in Art. 131. die
occultationem partus mit der occultatione impraegnationis conjungiret haben wil,
(per modo dicta puncto 5) und solcher gestalt die Heimlichhaltung der
Schwängerung für sich keine Peinligkeit verursachen kan, zumahlen da (2) hier
die Circumstantiae facti weisen, daß Anna Vogtin ihre Schwängerung selbsten
nicht gewust, (per modo dicta puncto 7) Auff die (2) rationem decidendi, daß sie
auch nachgehends, als sie in Abwesenheit ihrer Mutter kranck worden, ihren
Zustand niemanden in Hause, auch als die in d. Art. 131. nicht so wohl eine stillschweigende
Geburt, als eine so mit Verbergung der Gebährerin an einem einsamen oder
ohngewöhnlichen Ort geschiehet, verstanden haben wolle (per dicta puncto 4.)
Ingleichen, daß durch die verba: alleine und ohne iemands Beyseyn, der
Legislator nur von dem Casu rede, da ein Weibs-Bild keinen lebendigen Menschen,
auch die Mutter selbst nicht umb sich hat (per dicta puncto 3.) Wannenhero auch
diese ratio decidendi, quod pace Dnn. Concipp. dictum sit, ad inferendam
Torturam noch nicht erheblich gnung zu seyn scheinet, zugeschweigen, daß (2)
quoad factum in voriger Defension zur Genüge angeführet worden, daß Inquisitin
ihre Geburt nicht alleine, nicht heimlich gehalten, sintemahl sie iedermann, der
nur zu Ihr gehen wollen, zu sich in die Kammer gelassen (per punctum 8.) sondern
sie hat auch ihren Zustand der R. oder Käse-Mutter allerdings offenbahret, indem
sie sich von derselbrn nicht allein auff den Leib fühlen lassen, sondern sie
auch gefragt; ob es bald werden würde, die Käse-Mutter aber geantwortet, sie
müste noch besser daran, wie solches nicht allein der Praeceptor Vol. 1. Act. fol. 24. a. sondern auch die Köchin d. Vol. 1. fol. 33. a. Gerichtlich ausgesaget, auch
allbereit in Defensione l. weitläufftig angeführet ist. Aus welchen Worten ja
nichts anders geschlossen werden kan, als daß Anna Vogtin der R. daß sie in
Geburts-Schmertzen laborire, entdecket, oder zum wenigsten doch für selbiger
nicht heimlich gehalten haben müsse, zumahlen da die Käse-Mutter (wie das
Urtheil in rationibus dubitandi circa finem selbsten agnosciret, quod
acceptatur) damahls so genau Achtung geben, ob das Kind sich in dem Leibe
gereget habe oder nicht? welches nicht würde geschehen seyn, wenn sie nicht
gewust hätte, daß Anna Vogtin in Geburts-Schmertzen arbeitete. Daß (3) in
sententia inter rationes decidendi mit angeführet wird, daß Anna das Kind in
Bette bekommen, gestehet Inquisitin gar gerne, daß sie nicht genau penetriren
könne, was hieraus wieder sie für eine praesumtion ad Infanticidium oder
Torturam wolle gemacht werden; Ja sie bildet sich vielmehr ein, daß dieses zu
ihren Vortheil gedeyen solle, dieweil solchergestalt das Kind an nichts hartes
anstossen und etwa verletzet werden können, auch sonsten eben nichts
ungewöhnliches, ja vielmehr in Franckreich gewöhnlich seyn soll, daß
Gebärerinnen, zumahl bey schwerer Geburt, die Kinder in Bette zu gebähren
pflegen. Wolte man aber gleich, wie es fast das Ansehen gewinnen wil, auff eine
Erstickung des Kindes argumentiren, so wäre doch solches nicht nur ab eo, quod
fit per accidens, hergenommen, fondern es würde auch solches deßhalben nicht pro
Indicio ad Torturam passiren können, weil die Constitutio Carolina, so hier als
Norma billich Art. 131. redet, scheinet Inquisitin
hauptsächlich zu statten zu kommen, daß obgleich die Herrn Urtheilsfasser pro
ratione decidendi (4) anführen: daß die Mutter das Kind todt zu sich genommen,
anfänglich in einer Lade verborgen, und hernach in der Stille vergraben, die
Tochter auch in wenig Tagen wiederum auffgestanden, ein Küssen vor den Leib
gebunden, in 8. Tagen auch wiederum in die Kirche gangen, und sich dergestalt
angekleidet, daß man ihr die Geburt nicht mercken sollen, daß die Mutter, daß
sie die Tochter ein Fieber habe, fürgewendet; dennoch auch hieraus, und weil
diese facta alle post partum geschehen, nicht wohl ein beständig Indicium ad
Torturam gemacht werden könne, wie solches ebenmäßig in Defens. l. §. Ob es nun
gleich an dem etc. weitläufftig deduciret worden; So viel endlich die von Annen
Vogtin angemaßte probation betrifft, daß das Kind todt auff die Welt kommen sey,
als welche sie auch für ihren stärcksten Grund hält, auch daher die Herrn
Urtheilsfasser inter rationes dubitandi gesetzet, und etliche derer Medicorum aus etlichen Umständen, daß das Kind von Annen
müste todt auf die Welt gekommen seyn, geschlossen, wie denn auch dieselbe / daß
sie kurtz vor der Geburt über eine Schwelle auff den Leib gefallen, vorgiebet,
und die Käse-Mutter, daß als Inquisitin zur Geburt
gearbeitet, sie bey ihr in der Kammer gewesen, ihr auff den Leib gefühlet, da
sich denn daß Kind nicht gereget, eydlich aussaget, so acceptiret Inquisitin,
daß in rationibus decidendi wieder der Käse-Mutter Aussage, daß sich das Kind
tempore partus in Mutter-Leibe nicht gereget, nichts excipiret worden. Ob nun
gleich, was der Inquisitin Fall vor der Geburt anlanget, vorgewendet und tamquam
ratio decidendi quinta (5) angeführet wird: daß der angezogene Fall, wie die
eydlich abgehörte Zeugin, Dorothea die Zoffe meldet, ohngefehr nach Johann.
gegen Bartholomaei und also eine ziemliche Zeit vor Inquisitin Niederkunfft
geschehen sey, so kan doch Inquisitin zu Defendirung ihrer Unschuld auff diese
Exception unterschiedlich antworten. Denn anfänglich (1) so ist diese der
Dorotheen Aussage eine geraume Zeit und über Jahr und Tag nach dem facto
geschehen. v. Act. Vol. 2. f. 171. Daher sie auch in
Responsione ad Art. 5. dict. fol. darzu setzet, sie wisse so eigen die Zeit
nicht; In der ersten Aussage aber, da ihr das factum noch in recenti memoria
geschwebet, hat sie nicht allein deutl. bejahet, daß der Inquisitin Fall kurtz
vor der Zeit geschehen, ehe sie des Kindes genesen, vid. ejus
deposit. ad Art. 6. fol. 125. b. sondern sie hat auch die Zeit viel
genauer determiniret, es wäre noch vor den Melsener Marckte geschehen, die
Pflaumen wären schon reiff gewesen. vid. Respons. ejus ad
Art. 5. d. fol. 125. a. Nun ist bekandt, daß der Melsener Marckt
etliche wenige Tage f. 181. a. pro ratione, warum zu glauben, daß das Kind todt anff die
Welt kommen sey, angeführet haben. Weil demnach (4) in dergl. Quaestionibus
Physicis nicht so wohl auf die dubia eruditorum alterius Facultatis, als auf die
Decision derer Herren Medicorum, für welche solches eigentlich gehöret, zu sehen
ist, so hoffet Inquisitin, es werden Ihr derer Herren Medicorum Responsa, de
mortno foetu ante partum allerdings noch zu statten kommen, zumahln da von
Denenselben noch andere rationes und fürnemlich de pulmonis submersione in aqua
angeführet worden. Neque obstat, daß pro ratione decidendi ultima (6) in
sententia gesaget wird; Daß in übrigen / wie in der Medicimschen Facultät zu Wittenberg Gutachten Vol. 2. f. 180. angeführet, in Sachen, so Leib und Leben
betreffen, so blosser Dinge auff solche problemata, die
etl. derer Medicorum proponiret, sich nicht zu gründen,
und deren ungeachtet Inquisitin Kind lebendig auff die
Welt gekommen seyn kan. Denn gleich wie es das Ansehen gewinnen will, als wäre
der Sensus jetzt angeführter ration folgender, daß, ob gleich Inquisitin die
praesumtion, so ex Art. 131. Constit. Carol. de partu vivo edito wieder sie
gestritten, durch die Attestata derer von ihr angeführten Herren Medicorum de
infante ante partum mortuo, ablehnen wollen, dennoch diese Ablehnung nicht
sufficient sey, weil (1) die Attestata nur von etl. Medicis gestellet worden.
(2) Weil in causis capitalibus auff die problemata etl. Medicorum nicht zu
gründen sey, und (3) weil denen Attestatis ungeachtet dennoch das Kind lebendig
auff die Welt könne gekommen seyn. Also antwortet Inquisita auff das (1) daß
secundum jura vulgataad negotia, de quibus Medici testari solent, ad minimum duo
requirantur, per ea, quae tradit MASCARD, de probat, Vol. 3.
Concl. 139. n. 22. Und dannenhero, wenn gleich Inquisita nur das
Attestatum derer zweyen Herren Medicorum Lipsiensium für sich hätte, es schon
genung wäre. Nun aber hat sie noch über dieses zwey Attestata von zweyen
berühmten Medicinischen Facultäten. Wie können denn nun diese Problemata etl.
Medicorum genennet werden. Vielmehr vermeinet Inquisitin, Sie habe quoad
quaestionem casus praesentis: Ob in specie, daß Ihr der Inquisitin Kind todt
auff die Welt kommen, zu praesumiren sey? aller Medicorum decision vor sich,
denn ja warhafftig in diesem passu so viel als Medici bey denen d. Concl. 139. n. 45. (2) So kan auch Inquisita nicht
absehen, warum in diesem casu criminali auff derer Herren Medicorum problemata
sich nicht zu gründen sey. Denn gleichwie die Herren Medici Wittebergenses d. f.
180. b. nur von der ersten general quaestion reden, und derohalben Ihre Worte
auff die quaestionem specialem von Annen Ihrem Kinde nicht zu ziehen sind per d.
f. 180. b. also wird ja sonsten von denen Rechts-Lehrern einstimmig dociret,
quod Artifici in sua arte credendum sit, & quod Medicis a Judice in iis,
quae ad artem medicam pertinent, fides adhiberi debeat, wie solches weitläufftig
deduciren MASCARD. d. Concl. 139. n. 2. TIRAQUELL. de Nobilit. c. 31. n. 398. ZACHIAS quaest. Medico Legal. lib. 5. tit. 2. quaest. 1. CARAR de Medico part. 9. n. 175. seqq. Dd. communiter ad Art. 149. Constit. Crimin. Ja es haben auch die Herren
Urtheils-Fasser bey diesem casu zu zweyen unterschiedenen mahlen erkennet, es
soll die Defension in eine Medicinische Facultät überschicket werden. Wenn nun
die Responsa Facultatum Medicarum, die einmüthig besagen, daß zu praesumiren
sey, daß Annen ihr Kind todt auff die Welt kommen, der Inquisitae nichts
fruchten, sondern diesen allen unerachtet Ihr die Tortur zuerkennet werden
solte; So scheinet ja in Warheit, daß so viel Zeit und Unkosten vergeblich seyn
auffgewendet worden. Alleine wird (3) vorgewendet, die Herren Medici gestehen ja
selber, daß dero praesumtion unerachtet, dennoch der Annen ihr Kind hätte
lebendig auff die Welt kommen können. Resp. 1. Carolus Raygerus und die andern
Scribenten, so in der ersten Defension angeführet worden, ingleichen die beyden
Herren Medici Lipsienses und die Löbl. Medicinische Facultät zu Franckfurt an
der Oder gestehen solches nicht. Wenn nun gleich die Löbl. Facultät zu
Wittenberg denen ersten hierinnen contradicirte, so würde doch die Rechts-Regul,
quod in dubio sententia, quae pro reo facit; sequenda sit, (zumahlen, da die pro
Inquisita gesprochen, noch mehr an der Anzahl sind) die Inquisitam noch
Art. 131. Const. Crimin. sattsam elidiret. Denn das
Indicium, quod ea, quae clanculum partum edidit, si postea asserat, infantem in
utero fuisse extinctum, praesumatur infantem interfecisse, kan ja gewiß nicht
pro infallibili ausgegeben werden, sondern es macht nur praesumtionem Juris,
nicht aber praesumtionem juris & de jure. Nun ist aber bekandt, daß
praesumtio juris tantum nicht eben per praesumtionem juris & de jure
elidiret werden müsse, sondern auch per praesumtionem juris contrariam enerviret
werden könne, quia secundum communem doctrinam satis est, probare praesumtiones
a jure inductas, etiam ubi ad victoriam consequendam liquidissimae probationes
requiruntur, vel alias requireretur probatio per instrumentum: praeprimis si
versemur in tali casu, ubi verae & satis manifestae probationes haberi
non possunt, MASCARD. de probat. Vol. 1. qu. 10. n. 42.
& 46. Und werden demnach die Herren Urtheils-Fasser doch
concediren, daß wenn gleich Anna zu Behuff ihrer Unschuld keine praesumtionem
juris & de jure angeführet, dennoch derer Herren Medicorum Responsa, so
ferne selbige, wie gedacht, per observantiam hactenus receptam a judicibus in
dergleichen Fällen attendiret werden sollen, zum wenigsten pro praesumtionibus
juris passiret werden müssen. Letzlich und da ja über Verhoffen Anna die wieder
sie streitende Indicia nicht aus dem Grunde gehoben hätte, so hoffet sie doch,
daß nunmehro über das juramentum purgatorium nichts peinliches ihr zuerkennet
werden solle. Submituret demnach in Nahmen GOttes zu einem erfreulichen Urtheil,
und beschliesset mit den verbis MARCIANI l. 11. pr. ff. de
poen. Perspiciendum est judicanti, ne quid aut durius aut remissius
constituatur, quam causa deposcit. Nec enim aut severitatis aut clementiae
gloria affectanda est, sed perpenso judicio, prout quaeque res expostulat,
statuendum est. Plane in levloribus causis
§. XLII. Ob nun wohl die Herren JCti Wittebergenses der Reae
Daraus allenthalben so viel zu befinden, daß Anna, in Fall sie auf gütl. Zureden, ihr Bekäntniß richtiger zu thun sich ferner verweigern solte, dem Scharff-Richter vorzustellen, und vermittelst desselben, als solte und wolte er sie angreiffen, jedoch noch zur Zeit nicht angegriffen, zu befragen, ob sie nicht An. 1681. umb Mich. ein lebendiges Kind zur Welt bracht? Ob sie nicht Hand an dasselbe geleget, und es ermordet? Oder ob nicht solches ihre Mutter Maria, gethan? Wie es damit zugegangen, und was jedes darbey gethan! Darauff und wenn ihre Aussage, auch wie sie sich darbey geberdet, mit Fleiß, immassen zu beschehen, zu den Acten verzeichnet wird, der Bestraffung halber oder sonst ferner ergehet, was Recht ist.
zuerkandt; so ware doch in Betrachtung dessen, was allbereit oben §. 2. & 5. angeführet worden, absonderlich aber, weil in delictis ejusmodi capitalibus und zwar bey dergleichen indiciis das juramentum purgatorium nicht wohl pfleget erkandt zu werden, bey der Sache auff meiner Seite weiter nichts zu thun, zumahlen da ohnedem es sich noch sehr disputiren liesse: Ob nicht certo respectu es öffters besser pro reo sey, wenn auff die territionem verbalem oder wenn auff ein juramentum purgatorium gesprochen wird. Solcher gestalt nun finde ich auch in meinen excerptis weiter nichts als das letzte definitiv Urtheil.
§. XLIII. Dieses ware nun abermahls von denen Herren SchöppenDefinitiv
Urtheil.
Dieweil Inquisitin Anna, als sie dem fol. 215. Vol. 2.
befindlichen Urtheil zu folge dem Scharff-Richter vorgestellet worden, vor
demselben erhalten, daß Sie Ano 1681. umb Michaelis kein lebendig Kind zur Welt
gebohren, Sie auch an dasselbe Hand nicht angeleget, und es ermordet, noch
solches ihre Mutter gethan, sondern es wäre das Kind todt auff die Welt kommen,
nach mehrern Inhalt der überschickten Inquisitions-Acten; So mag zwar nunmehro
wegen der beygemessenen Ermordung weder wieder Sie noch der Mutter, ingleichen
dem Vater etwas weiter vorgenommen werden, Sie Anna ist aber gleichwohl, daß sie
sich damahls in Unehren schwängern lassen, die Schwängerung auch gegen ihren
Vater beständig verneinet, und sowohl die Geburt ausser gegen die Mutter gantz
heimlich gehalten, und nachgehends als sie des Kindes genesen, ein Küssen auff
den Leib gebunden, zu dem Ende, fol. 149. & seqq. Vol. 1. ausser dem baaren
Verlage auf 36. Thlr. 21. gl. zumäßigen, abzustatten schuldig.
Wie und auff was Weise aber die Sache so lange und in zwey Jahren und drüber, von dem publicirten Wittenbergischen Urtheil an zu rechnen, trainiret worden, kan ich gleichfalls nicht melden; vermuthlich hat der Vater gesucht, allerhand Dilationes zu gebrauchen, biß ihm endlich bey Verlust der Caution ist anbefohlen worden, die Tochter zu sistiren &c.
§. XLIV. Ich habe diesen casum hauptsächlich deßwegen so ausführlich und
weitläuftig vorgestellet, weil die nach dieser Zeit geführten criminal Acten in
puncto infanticidii vielfältig bezeiget haben, daß die Quaestion, wie weit die
Untersinckung der Lunge oder auch die Obenschwimmung derselben ein indicium für
oder wieder die beschuldigte Kinder-Mörderinnen mache, zum öfftern darinnen
ventiliret worden. Ja es haben auch die Commentatores über die Peinliche
Halsgerichts-Ordnung nach dieser Zeit nicht ermangelt, dißfalls ihre Meimmgen
über diese Frage zu entdecken. Z. E. der Seel. Herr D. Beyer zu Wittenberg delineat. jur. crimin. ad art. 33. seq. posit. 21. seq.
Der Herr Hoffrath Ludovici in seinen notis practicis über die Peinliche
Halsgerichts-Ordnung dict. art. 35. p 51. 52. edit. anno
1716. Vor diesem gegenwärtigen casu glaube ich nicht, daß dieser Frage
halber etwas in denen judiciis in Teutschland und in denen Urtheilen oder
Responsis collegiorum juridicorum vel medicorum vorgekommen sey. Weil nun diese
Frage in denen oben beygedruckten responsis variis Medicis plene außgeführet
worden, so werden sich die Herren Advocati inquisitorum derselben in dergleichen
Fällen gar nützlich bedienen, auch nach Gelegenheit, wenn Ihnen dißfalls einige
objectiones gemacht werden wolten, diese dann und wann beantworten können.
Jedoch ist kein Zweiffel, es werde aus denen neueren Scribenten noch ein mehrers
als hier zu finden, von dieser Materie können angemercket werden. Also finde ich
z. E. daß Herr D. Beyer loc. cit. notiret hat, daß wenn das Kind schon habe
angefangen zu faulen, alsdenn die Lunge des Kindes auch oben schwimme, wenn
dieses gleich in Mutter-Leibe schon gestorben gewesen, welches mit dem oben von
der Fäulung §. 37. angeführten casu nicht muß confundiret werden, daß die Lungen
der Thiere die einmahl mit Lufft angefüllet gewesen, auch nach der Fäulung nicht
untersincken &c.
VOr Alters sind bey allen vernünfstigen Völckern die delatoresDenuntianten, und daß das Angeben für ein Christlich Werck
gehalten wird.
§. II. Jedoch müssen wir nicht allen Mißbrauch, der bey uns in
inquisitions-Processenex essen der Richter in Inquisitions. Sachen nebst einem artigen Exempel davon.Commission, für mich aber etc.) in sehr höflichen
terminis, daß er deßhalben für Ihm erscheinen solte. Der denunciatus, der schon
durch lange Erfahrung die in Schaaffs-Kleidern sich versteckende Wölffe hatte
kennen lernen, antwortete wieder in höflichen terminis, er wolte hertzlich gerne
erscheinen, wunderte sich aber, daß in der schrifftlichen citation die copia
commissionis nicht wäre beygelegt worden, und bate um dieselbe nochmahlen. Was
solte nun dieser berühmte Mann thun? hätte Er dieselbe communicirt, so hätte
denuntiatus Ihm gewiesen, daß Er keine commission hätte, Ihn selbst zuvernehmen,
und als einen inquisiten zu tractiren; hätte Er aber das Commissariale begehrter
massen nicht gezeiget, so hätte der Denuntiat eine rechtmäßige Ursache gehabt,
für der Commission sich nicht einzulassen. Aber da ware bald Rath zu. Wer
einmahl die Gräntzen der Ehrligkeit und Schamhafftigkeit nur ein wenig
übertritt, der schämet sich hernach nicht, gantz ungescheuet auff dem Pfad der
Unverschamheit fortzuwandeln. Also machte es auch dieser Herr und sagte, es sey
Ihm in Commissoriali verboten, daß Er die Copey davon niemand geben, auch das
Original nicht einmal jemand ad perlegendum vorlegen solte. Nun kame diese
Ausflucht dem denuntianten desto ridiculer vor, weil der Herr Commissarius sonst
in seinen Schrifften behauptet hatte, quod falsiloquium omne pro mendacio sit
habendum, und daß also alle Unwarheit eine derbe Lügen und folglich eine grosse
Sünde sey; und diese Unwarheit ware doch so grob und handgreiflich, auch wieder
alle principia juris, daß gar nicht zu praesumiren war, daß die committirende
Herren Räthe dergleichen clausulam ohnbegehret, in den ersten Commissions-Befehl
solten gesetzt haben. Da nun Denuntiatus dieses abermahls, jedoch
bescheidentlich demonstrirte, liesse sich zwar der Herr Commissarius eine
Zeitlang beruhigen; er berichtete aber an einen Hoff-Minister etliche
gleichfalls aus der Lufft ersonnene Umbstände (ohne dasjenige, was zwischen ihm
und den Denuntiato besagter massen ergangen, zu melden) und brachte etliche
Schein-rationes für, warum es gut seyn würde, wenn ihm ein neuer Befehl
zugeschickt, und in demselben verboten würde, daß er das Commissoriale niemand
zeigen solte. Dictum factum. So bald er diesen Befehl hatte, schickte er dessen
vidimirte Copie jedoch sine dato dem denuntiato zu, und dachte nun, er hätte Ihn
§. III. Doch dergleichen Freyheiten dürffen sich die denuntiantendenuncianten.
§. IV. Alles dieses, was bißher angemercket worden, wird durch folgendesOccasion gegenwärtiges responsi, und dessen Inhalt.
Hat der Closter-Verwalter zu M. bey dem Hochfürstlichen Br. zu denen
Closter-Sachen deputirten Raths-Collegio euch den Korn-Schreiber zu M. zu
unterschiedenen mahlen Anno 1690. 91. 92, wegen vielfältiger in eurem Amte
begangenen Untreue und unverantwortlicher Nachläßigkeit denunciret, worauff den
8 Apr. 92. gewisse Commissarii unter folgenden formalien constituiret worden:
daß Sie sich so schleunig als möglich nach dem Closter M. verfügen, die
denuncirte Beschuldigung vermittelst Einnehmung eydlicher Kundschafft gründlich
untersuchen, und darauff ihren pflichtmäßigen Bericht zu fernerer Verordnung
ausführlich erstatten solten. Haben sich darauff die Herren Commissarii nach M.
verfüget, den 25. April 92. euch die allbereit zuvor intimirte Commission unter
besagten Formalibus eröffnet, ihr euch aber so fort eure jura competentia wieder
die abzuhörende Zeugen vorbehalten; sind sodann der Prior des Closters auff die
von dem Closter-Verwalter wieder euch eingegebene puncta jedoch ohne Eyd, von
denen Herrn Commissariis vernommen, nach diesen aber ihr der Korn-Schreiber den
28. Aprilis seq. so fort über 305. Inquisitional-Artickel, alsdenn aber erst den
30. Aprilis die Inquisitional Zeugen, auff die Artickel, die ihr verneinet,
eydlich abgehöret, und ihr nochmahlen in der Cantzeley zu W. den 7. May 92. über
17. Artickel vernommen worden. Haben ferner die Herrn Commissarii sub dato 10.
Maji, ihren Bericht an das committirende Collegium eingesendet; ihr aber seitdem
unterschiedene kurtze deductiones innocentiae nebst etlichen von Notariis
verfertigten instrumentis ad Acta gegeben und Defensional-Zeugen zu Rettung
eurer Unschuld judicialiter abhören lassen, auch etliche monita über derer Herrn
Commissariorum Bericht auffgesetzt, aus denen Ihr eure Defension zuverfertigen
Vorhabens seyd, und wollet berichtet seyn; Ob solche Indicia, die zu einer Special-Inquisition de jure
erfordert werden, wieder euch verhanden gewesen.
Ob nun wohl die Begünstigungen, derer ihr beschuldiget worden, so beschaffen, daß Sie, wenn ihr derer überwiesen worden, des Closters Interesse mercklich laediret, und dannenhero propter favorem causae piae die Herrn Commissarii an die gemeinen Rechts-Reguln nicht allenthalben gebunden zu seyn scheinen möchten, zumahlen da der Nutzen des gemeinen Wesens erfordern will, ut delicta punientur ocius non servato juris ordine
auch die P. H. O.
vermag, daß die Richter dran seyn sollen, daß die Straffe der Missethaten mit den wenigsten Kosten als seyn kan gefördert werden; hiernächst Processus tumultuarius von berühmten Rechts-Lehrern unter die species Processus gerechnet wird
und ferner die wieder euch angestellete Inquisition auff des Closter-Verwalters denunciation geschehen, qui per tradita Arimensis
pro uno teste habendus esse videtur, zumahl da er als eine dem Closter mit Eyd und Pflicht zugethane Person zu betrachten, dessen Denunciation um so vielmehr pro indicio ad inquisitionem specialem formandam zu halten, weil sonst überhaupt denunciatio unter die indicia specialis inquisitionis gerechnet wird
auch in übrigen, wenn schon die Special Inquisition, ohne genungsame indicia wieder euch angestellet wäre, dennoch der Mangel derselben dadurch ersetzet worden, daß ihr in responsione ad articulos viele Dinge, sonderlich das beym Ausmessen des Korns und Brodtbacken euch imputirte falsum betreffend, gestanden oder eingereumet, die euch nicht wenig graviren könten, also die von euch formirte Frage nunmehro zu späte vorgebracht zu seyn scheinet, cum confessus habeatur pro convicto & judicato:
Dennoch aber und dieweil die ohne genungsame indicia formirte inquisitio specialis pro nulla zu achten
in tantum, ut nec consolidetur per testes postea receptos, quibus delictum plene esset probatum
vel per subsequentem confessionem, aut etsi de crimine excepto agatur
und allhier kein genungsam indicium wieder euch zur Special Inquisition vorhanden gewesen, indem, wie für allen Dingen geschehen sollen, das corpus delicti, nemlich der kleinere Scheffel und das steinerne Gewichte, mit dem man euch das falsum begangen zu haben beschuldiget, für eurer Abhörung ad articulos nicht untersucht worden, da doch diejenige inquisition pro nulla zuhalten, ubi non constat de corpore delicti, nec possit sine eo perveniri ad specialem inquisitionem, aut reus de crimine examinari, in tantum ut non sufficiat, si constet de corpore delicti post sententiam, nec suppleatur hic defectus per confessionem
auch von dieser Regul das crimen falsi nicht durchgehends auszunehmen ist, ob es
massen denn auch in der wieder euch formirten Inquisition, nachdem ihr allbereit auff Inquisitional. Artickel abgehöret worden, mit Gegeneinanderhaltung derer Himbden, mit denen das Korn ein und ausgemessen ist, geschehen; hiernächst auch die Herrn Commissarii den tenorem commissionis, der nur dahin gangen, daß Sie wegen derer imputationen eydliche Kundschafft einziehen solten, gar mercklich überschritten, indem sie den Prior nur summarisch ohne Eyd abgehöret, und unerachtet derselbe sehr favorabel für euch ausgesaget, und den Closter-Verwalter mehr als euch graviret, so fort euch auf etliche hundert Inquisitional-Artickel abgehöret, und aber alle actus Commissionem transgredientes pro nullis zu achten
unde & Commissarius commissionem sicut pupillam oculorum diligenter observare debet
in übrigen aber, was oben de non servando juris ordine angeführet worden, nur von denen criminibus manifestis & notoriis zu verstehen ist
und die so genante species Processus tumultuarii von anderen Rechts-Lehrern mit Nachdruck wiederleget worden
auch die denunciation des Kloster-Verwalters pro indicio sufficienti ad inquisitionem specialem nicht gehalten werden kan, sowohl weil die angeführte Regel quod denuncians habeatur pro uno teste, von denen Doctoribus selbst so limitiret wird, quod unus testis non probet,
und derselben einen andern canon entgegen zu setzen, quod denunciator non possit recipi in testem
als auch, weil ein Richter auff die Person und Affecten eines denuncianten wohl Acht geben muß
und bey gegenwärtigen Fall der Closter-Verwalter allen Umbständen nach seine
denunciation (die ohne dem nicht mit einem Eyd bestärcket worden) aus
vergalleten Gemüthe wieder euch übergeben, und von dem Prior ein übeles Zeugnüß
wegen seiner
zumahlen da er seine denunciation so vielfältig wiederholet, selbst articulos inquisitionales eigenhändig ad acta übergeben, bey erfolgter inquisition Erinnerung gethan, dem Fiscal eure defensional Artickel ad formanda interrogatoria zu übergeben und bey dem gantzen Proceß sich dergestalt erwiesen, daß starcke praesumtiones wieder ihn verhanden, daß er euren Ruin eiffrig gesucht; in übrigen aber eure Geständnüß bey dem examine ad articulos euch deßwegen nicht graviren kan, weil ihr dieselbige alsofort durch eine eingegebene Declaration sub dato 2. May revociret, und zu euren Behuff vorgewendet, daß ihr wegen der geschehenen Ubereilung und grossen Menge der Artickel consterniret worden, und bey nahe nicht gewust, was ihr geantwortet, auch dieselbe guten theils so beschaffen, daß Sie durch die darauff erfolgete evidentiam sensuum sattsam wiederleget worden, wannenhero in Rechten heilsamlich versehen, quod si quis maleficium ultro fateatur, non semper ei fides habenda sit, nonnunquam enim aut metu, aut qua alia de causa in se confitetur &c.
auch bewährter Rechts-Lehrer Meinung nach, in dubio dafür zuhalten, quod confessio ex metu facta sit.
sicuti & confessio non afficit confitentem, si non constat de corpore delicti & ejus circumstantiis, ac confessio falsa non nocet, ut nec opus sit eam revocare; denique confessio quamvis judicialis & spontanea, tamen propter errorem revocari juste potest
So ist auch die wieder euch formirte special Inquisition wegen ermangelnder indiciorum zu recht für beständig nicht zu achten.
Auff eure andere Frage erachten wir vor recht. Seyd ihr unter andern imputationen
hauptsächlich beschuldiget worden, daß ihr das Closter-Korn euch durch rechte
und völlige Maß haltende Himbden zwar zumessen lassen, aber durch einen viel
kleinern Himbden wieder ausgemessen, auch bey Abwegung des Brodts zur Spende und
Pröfen kein recht Gewichte gebrauchet, und ihr wollet berichtet seyn: Ob ihr
wegen dieser Haupt-Puncte durch der defensional Zeugen eydliche deposition und
sonsten die euch gravirende Indicia sattsam gehoben.
Ob nun wohl wieder euch angeführet worden, daß der Obsfeldische und
Brandeslebische Himbden, mit denen euch das Korn zugemessen worden, die beyden
in dem Kloster von euch gebrauchten Himbden, (die auch ein merckliches von
einander
und zum wenigsten von euch bey beyden imputationen eine straffbare Nachläßigkeit begangen zu seyn scheinet, cum ex negligentia sua nemo commodum consequi debeat,
& dolo facere praesumatur, qui fecit, quod facere non debuit,
Dennoch aber und dieweil ihr durch genungsame instrumenta, attestata und abgehörte eydliche defensional Zeugen saltsam ausgeführet, daß das Getreyde, so euch mit dem grossen Obsfeldischen Himbden zugemessen worden, voller Kaff, Staub, Spreu und anderer Unreinigkeit gewesen, welches hernach auff dem Closter gesiebet, und reine gemacht werden müssen, und alsomit einem so grossen Himbden nicht wieder ausgemessen werden können; ingleichen daß der Brandeslebische Himbden, mit dem euch bey Antretung eures Amts von des von V. Verwalter, das Korn zugemessen worden, kaum eine Hand voll von euren so genanten Brandeslebischen Himbden, dessen ihr euch in Closter bedienet, differire, bey dieser Bewandnüß aber die praesumtio für euch ist, daß ihr nicht gewust, daß, nachdem Brandesleben an einen andern Besitzer kommen, der neue Verwalter, als es zwar nun der Augenschein gewiesen, sich eines grössern Himbden, als sein Vorfahre bedienet, cum facti alieni ignorantia praesumatur nec noceat
& mutatio omnis facti sit adeoque praesumi non debeat
ferner ihr durch die Zeugen erwiesen, daß ihr 5. Jahr den schwartzen Kornwurm
auff den Boden gehabt, von denen ihr Schaden gelitten, und davon die Ubermasse
gar wahrscheinlich auffgefressen werden können; ihr auch alle Jahr dem Kloster
Ubermasse berechnet, und euch bey der Rechnung wegen des, was von Mäusen
gefressen, vertreten,
auch über dieses bekandten Rechtens, quod veritas rerum gestarum erroribus non vitietur
quod praesumtio fortior tollat debiliorem
& quod praesumtionem vincat probatio
So hättet ihr auch die beyden Haupt-imputationes des
Ausmessens und Backens halber nothdürfftig abgelehnet, und wegen derselben eine
absolutoriam zu hoffen.
Auff eure dritte Frage erachten wir vor recht. Obwohl der Closter-Verwalter bey dem wieder euch an 22. Aprilis 92. verfertigten Memorial ausdrücklich sich bedungen, daß er dasjenige, was er Closters und Pflicht wegen wieder euch eingegeben, nicht animo calumniandi, injuriandi aut accusandi, sondern bloß zu des Closters Besten animo denunciandi zu gehöriger Untersuchung wolle gestellet haben; auch sonsten die Rechts-Lehrer denjenigen a praesumta calumnia liberiren, der ex necessitate officii anklagt oder denunciret;
Dennoch aber und dieweil aus denen manual-acten über das, was bey Beantwortung
der ersten Frage angeführet worden, auch daraus, daß der Closter-Verwalter bey
denen denunciationen allerhand Kleinigkeiten, die keine delicta seyn, wieder
euch gerüget; daß er schwürig gewesen, daß ihr euch verlauten lassen, ihr hättet
das Closter gepachtet; daß er nicht ehe, als biß es dahin kommen, die
angegebenen imputationes denunciret, (massen ihm dieses auch von denen Herren
Commissariis vorgehalten worden,) und daß der Prior, auch etliche Zeugen, von
diesem seinen feindseeligen Gemüthe deponiret; genungsame Vermuthung zu nehmen,
daß er aus Haß und
hiernechst aber bekandten Rechtens, quod denuncians calumniator a denunciato injuriarum conveniri possit & ad omnia damna resarcienda teneatur
auch derjenige, der necessitatem officii vorschützet, zwar a calumnia praesumta, nicht aber ab evidenti liberiret und pro calumnia evidenti gehalten wird, wenn kein sufficient indicium von dem denuncianten beygebracht worden
So wäret ihr auch nach erhaltener absolutoria den Closter-Verwalter injuriarum zubelangen wohl befugt, und er euch alle
durch die Inquisition verursachte Schäden und Unkosten
zuerstatten schuldig.
Auff eure letzte Frage erachten wir vor recht. Wollet ihr berichtet sey. Was euch zu fernerer Ausführung eurer Unschuld sonst mehr heilsam und ersprießlich seyn könne:
Ob nun wohl diese Frage zimlich general und mehr für den Advocatum causae als für die Collegia Juridica, die nicht de utili, sondern de justo respondiren, zu gehören scheinet; auch ihr zuförderst bey Verfertigung eurer Defension euer Absehen dahin zu richten habt, daß ihr euch mit der nullitate Inquisitionis und dem, was dieser wegen bey Beantwortung der ersten Frage angeführet worden, schützet, quia nullum quod est, nullum producit effectum
Dennoch aber und dieweil die in euren monitis über der Herrn Commissariorum Bericht aufgesetzten exculpationes und defensiones wieder die übrigen euch imputirte Puncte auch denen Rechten Gemäß, hiernechst des Prioris summarische Aussage, vielmehr dem denuntianten, als euch wiedrig ist, und die abgehöreten so wohl inquisitional als defensional Zeugen zu eurer Vertheidigung durchgehends ausgesagt, oder doch keiner euch dergestalt graviret, daß in Rechten eine beständige Praesumtion daraus wieder euch erwachsen könte, und bey dieser Bewandniß ihr eine pure absolu oriam zuhoffen, quia juramentum purgatorium praesupponit praesumtiones & indicia verosimilia;
auch obwohl Hanß E. in depositione zu W. den 30. Novembr. 1691. viele Dinge, die
euch der Closter-Verwalter beschuldiget, bejahet; dennoch seine deposition ohne
Eyd geschehen, öffters von hören sagen redet, keine citation an ihn bey denen
Acten zu befinden, sondern es vielmehr allen Ansehen nach, weil die articuli,
darüber er vernommen worden, des denuncianten eigene Hand sind, und E. ad finem
depositionis
endlichen auch dem Fiscal vergöunet worden, wieder eure articulos defensionales interrogatoria zumachen, da man doch solches euch bey Abhörung der Zeugen ad inquisitionales nicht gestattet, und aber entweder nach etlicher Rechts-Lehrer Meinung jenes dem Fiscal nicht,
oder aber nach anderer Meinung
euch auch dieses zu verstatten gewesen: So möchtet ihr euch über die exceptionem
nullitatis auch derer in euren monitis angeführten exculpationen und itztgemeldten Ursachen bey
Verfertigung eurer Defension mit Recht bedienen. Alles
von Rechts wegen.
§. V. Ich entsinne mich hierbey, daß ich bey dem vorigen Handelallegatorum
juris.
§. VI. Solte auch ein Liebhaber des Päbstischen Rechts wieder dasjenige, was oben
§. 1. wieder die Freylassung der falschen Denuntianten von aller Bestraffung
angeführet worden, excipiren, daß gleichwohl denen calumnianten Ihr falsches
Angeben nicht so gar für genossen ausgienge, indem gemeiniglich (wie auch in
gegenwärtigen responso ad quaestionem 3. geschehen) so dann denen unschuldigen
denuntiatis die actio injuriarum & damni dati repetitio fürbehalten
werde; so ist doch dieser Einwurff leicht zu beantworten. Denn es ist ein
grosser Unterscheid zwischen der vor diesem gebräuchlichen Bestraffung der
nichts beweisenden peinlichen Ankläger, und der denen unschuldig denuncirten
Theilen vorbehaltenen Klage wieder die boßhafftigen denuntianten. Jene geschahe
zugleich in einem Urtheil nebst der absolution der peinlich Beklagten ex officio
und kostete denen Beklagten weder Zeit, noch Mühe, noch Geld, und also war
selbige fähig die calumnianten zu hindern, daß Sie sich nicht leichte in eine
dergleichen peinliche Anklage mischeten. Aber dieses lässet sich auff die
vorbehaltene Klagen der denuncirten nicht appliciren; denn diese kosten denen
armen Leuten viel Geld und Unkosten, auch nach der überall herrschenden
Auffenthaltung der lieben Justiz, viele Jahre an der edlen Zeit, und stehet doch
dahin, ob Sie etwas erhalten, und wenn Sie es
MAn muß von einem extremo nicht auf das andre fallen. Es istpraeliminar-Anmerckungen.
§. II. Diese letzte Anmerckung wird durch folgenden casum und das deßhalben in April Anno 1693. gegebene responsum erleutert. Bey entstandener Verdrießlichkeit zwischen zwey zusammen verheyratheten Fürstlichen Personen war der Verdacht auff einen gewissen Cavallier und ein Fräulein gefallen, daß selbige diese Uneinigkeit unterhielten, massen denn auch, nach dem Sie sich beyde aus dem Staube gemacht, das Fräulein arrestiret, und einem gewissen Amtmann anbefohlen wurde, den Cavallier gleichfalls nach zutrachten, und denselben arrestiren zu lassen. Dieser wurde aber denuntiret, daß er sich hätte bestechen lassen, und also der Cavallier echapiret wäre. Bey Untersuchung der Sache wurde der Amtmann zwar ad interim von fernerer inquisition, aber nicht von allen Unkosten absolviret, da er aber damit nicht zufrieden, sondern völlig von der inquisition und Unkosten absolviret seyn und den Denuntianten als einen Meineydigen bestrafft wissen wolte, und daß er Ihm einen Wiederruff zu thun schuldig wäre, gabe er uns zu folgenden Responso Anlaß.
Hat Adam Christoph Euch beschuldiget, auch als er deswegen am 22. Oct. 1692. auff
Articul vernommen worden, jurato ausgesagt, daß ihr Euren Pflichten nach, nicht
genugsamen Fleiß angewendet, den von U. zu gefänglicher Hafft zu bringen, ob
gleich derselbe zu Zettlitz, Weitschersdorff und Leipzig sich zum öfftern
auffgehalten, Euch auch nicht allein seine Anwesenheit in Leipzig sonst bewust
gewesen, sondern auch ausdrücklich von Denuntianten als Ihr und U. zu Leipzig
gewesen, solches gemeldet worden, zugleich, daß ihr 50. Thlr. und zwey
Tisch-Becher zu dem Ende bekommen, daß ihr den von U. nicht ferner mit
Steck-Briefen verfolgen soltet, und daß ihr der wegen U. inhafftirten Magdalenen
Sophien von Z. durch euren Schreiber von dem, was wieder sie in denen Gerichten
vorgegangen, Nachricht gegeben: habt ihr darauff Eure Unschuld wieder diese
inculpation darzuthun, etliche deductiones nebst unterschiedenen Zeugniß rotulis
ad acta gegeben, und ist in dem Schöppen-Stuhl zu Leipzig mens. Mart. dieses
Jahrs in dieser Sache erkandt worden: Daß wieder Euch wegen des von Adam
Christophen euch beygemessenen Verbrechens noch zur Zeit und in Ermangelung
stärckern Verdachts weiter nichts vorzunehmen, immassen ihr auch mehr nicht, als
die von Euch selbst verursachten Unkosten, nebst dem damahligen Urthels-Gelde
und Bothen-Lohne abzustatten schuldig wäret, wobey Euch doch Eure defension
verstattet worden: Ihr seyd aber gesonnen, an deren statt nur kurtze und Acten
mäßige Erinnerungen einzugeben, durch die ihr Euch zu erhalten getrauet, daß ihr
von der
Ob ihr nun wohl zu diesem Ende anführet, daß ihr die von dem Delatore selbst angegebene Zeugen, als nemlich den Hof-Goldschmidt zu M. und sein Eheweib, ingleichen den Kutscher Heinrichen, der Euch des delatoris Vorgeben nach zu dem Ende nach Leipzig abgeholet haben soll, nebst 2. von seinen Knechten eydlich abhören lassen, diese aber, und zwar der Goldschmidt und sein Weib, daß sie Euch bey der Hertzogin von N. nicht gesehen, auch ihnen von den Empfang der 50. Rthlr. nichts wissend sey, der Kutscher aber und seine Knechte, daß sie euch nach Leipzig nicht abgeholet, ausgesaget, Ihr auch ferner Licentiat D. der die 50. Rthlr. ausgezahlet haben solle, für der Hochfürstl. Z. Regierung über Zeugen articulos abhören lassen wollen, selber aber solches zu thun sich gewegert, jedoch Euch ein schrifftl. attestatum ertheilet, daß ihr von ihm kein Geld bekommen, auch des U. und der Z. Advocatus Euch gleichfalls ein Attestatum gegeben, daß ihme hiervon gantz nichts wissend sey; hiernechst Ihr selber freywillig angehalten, daß ihr mit dem delatore confrontiret werden möchtet, und dieser bey der confrontation etliche Umstände, anders als zuvor ausgesaget, bey dieser Bewandniß aber der delator offenbahr vor meineydig zu halten wäre, zumahln da derselbe von seinen Wirthen, die gleichfalls eydlich abgehöret worden, ein böses Zeugniß wegen seines Wandels erhalten, und endlich zur selben Zeit, als dieses vorgegangen seyn solte, der von U. bey der Hochfürstl. Regierung um Einstellung der Steck-Brieffe Ansuchung gethan, auch an Euch ein Befehl ergangen, darüber rechtlich erkennen zu lassen, und ihr auch solchergestalt a culpa liberiret wäret, weil Krafft dieses Befehls Ihr immittelst wieder den von U. mit der captur nicht verfahren können.
Dieweil aber dennoch die Herren Scabini zu Leipzig in sententionando
hauptsächlich darauff reflectiret zu haben scheinen, daß Adam Christoph E. in
seiner eydlichen denunciation nicht dahin zielet, daß er selbst gesehen oder
gehöret, wie Ihr Geld und Silber-Geschirr deßwegen, daß Ihr den von U.
verschonen sollet, empfangen hättet, sondern seine Aussage, besage dessen, was
Er ad art. 12. 13. 14. 15. 16. deponiret, sich auff Conjecturen gründet,
ingleichen daß er der delator aus dem, was Ihr eingegeben pro persona vili und
nicht pro omni exceptione majore zu halten wäre, da beneben aber ihr in Euren
deductionen, weder Eure Unschuld genugsamer Weise dargethan, noch den delatorem
eines Mein-Eydes überwiesen, sondern vielmehr aus denenselben hin und wieder
einige neue, wiewohl geringe, und zu fernerer Inquisition noch nicht zulängliche Verdächte entstanden, indem Ihr die von
dem delatore angegebene Zeugen selbst abhören lassen, und die articulos nach
eurem
Et quod ante inquisitionem specialem de corpore delicti vel in genere saltem & probabiliter ex praesumtionibus verisimilibus constare debeat, atque suspiciones, & indicia valida & legitima, quoad personam delinquentis inquisitionem praecedere debeant, alioquin inquisitio nulla foret.
So erscheinet daraus allenthalben so viel, daß ihr keine correctoriam des vorigen Urtheils Euch zu getrösten, noch von der angestellten Inquisition oder Erstattung der von Euch selbst verursachten Unkosten völlig zu absolviren, vielweniger wieder Adam Christoph wegen des von euch ihm imputirten Mein-Eydes noch zur Zeit inquisitorie zu verfahren wäre. Jedoch ist Euch unbenommen, denselben, da Ihr Ihn Anspruchs zu erlassen nicht gemeynet, für seiner ordentlichen Obrigkeit gebührend zu belangen. V. R. W.
§. III. Es möchten manchem gescheiden Menschen bey Lesung obigescrimina sind
deßhalben sufficient zur special
Inquisition.
§. IV. Der andre Zweiffel dörffte dieser seyn, warumb ich den Titel
UBer dieser Frage sind die Juristen nicht gleicher Meinung gewesen.
U. F. D. Z. Erbare, weise, günstige gute Freunde. Auf Eure an uns gethane Frage sambt zugeschickter Uhrgicht den gefangenen Andreas Arend belangende, derwegen ihr euch des Rechten zu berichten gebeten, sprechen wir Schöppen des Gerichts aufn Berge vor dem Rolande zu Halle vor Recht: Obwohl genanter Andreas Arend, wenn er auff solchen seinen Bekentniß vor gehegten peinlichen Gerichte verharren würde, möchte mit dem Strang vom Leben zum Tode gerichtet werden, dennoch aber weil er auch selbsten umb Gnade gebeten, so möget ihr ihn nach Gelegenheit aller Umbstände mit dem Schwerdt von Leben zum Tode bringen lassen. Ihr wollet ihme dann fernere Gnade erzeigen, auff den Fall köntet ihr ihme das Leben schencken, und der Gerichte mit öffentlichen Staupenschlägen ewig verweisen lassen. V. R. W. Uhrkundl. mit unserm Insiegel versiegelt. Schöppen des Gerichts auffn Berge vor dem Rolande zu Halle.
§. II. Nachdem aber das Jus publicum seit funffzig Jahren auff einen gantz anderen Fuß gesetzt worden, ist auch die gegentheilige Meinung empor kommen, zumahl da man auff Universitäten erkant, daß die Römische Differenz der Obrigkeiten, und dererselben jurisdiction, (wie ich solches in einer absonderlichen disputation augenscheinlich gewiesen,) sich auf die Teutschen Obrigkeiten wie eine Faust auff das Auge schickte. Man hat demnach gelehret, daß dergleichen Verwandelung der hohen Landes-Obrigkeit alleine zustehe, wie solches das auff Ansuchung des Raths zu Z. in Monat Junio 1693. gesprochene Urtheil exempelsweise bekräfftiget.
Haben Christian und Hans Paul in Güte gestanden, daß Sie nebst Martin, der sich
mit Gewalt aus dem Gefängniß erbrochen, auch unerachtet ausgesendeten
Steck-Brieffen nicht wieder zuerlangen gewesen, sich zusammen gesellet,
Spitzbüberey zu treiben, und die Leute zu bestehlen, und daß Sie zu Wittenberg
und Zerbst an unterschiedenen Orthen theils eingestiegen, theils eingebrochen,
und daselbst Sachen von geringen Werth gestohlen, die auch meistentheils bey
ihnen gefunden, und denen Eigenthums-Herren wieder ausgeantwortet, das übrige
aber biß auff was weniges sonst gut gethan und ihnen erlassen worden, nach
mehrern Inhalt der übersendeten Acten. So werden beyde Inquisiten der begangenen
Deuben halber mit Staupen-Schlägen des Landes ewig billig verwiesen. Es wolte
dann die hohe Obrigkeit Hans Paul H. in Ansehen er noch ein junger Mensch und
allen Ansehen nach von denen beyden andern darzu verführet worden, auch sich
Christians eigenen Geständnüß nach
§. III. Dieses kame nun freylich dem Rath zu Z. aus denen §. 1.
Daß dieselben gestalten Sachen nach ohne communication und Einwilligung der Hohen Landes-Obrigkeit die Hansen Paulen zuerkandte poen des Staupbesens in eine Geld-Busse, oder andere gelindere Straffe zu verwandeln nicht befugt, sondern es verbleibet dißfalls bey dem von uns am verwichenen Monath in dieser Sache gesprochenen Urtheil billig V. R. W.
Haben wir in obigen Sachen in vorigen Monat zu recht erkant, daß Christian und Hanß Paul H. der begangenen Deuben halber mit Staupen-Schlägen des Landes ewig billig zu verweisen; Es wolte denn die Hohe Obrigkeit Hanß Paulen in Ansehen er annoch ein junger Mensch etc. Gnade erzeigen etc.
Ob nun wohl dieselbigen für sich anführen, daß Ihnen als dem Stadt-Nath sothane Veränderung der Straffe, vermöge des Ihnen zustehenden imperii meri billig zukomme, und Ihnen hierinnen die doctrina
Beyfall gebe, auch sie, besage der Beylagen A. B. C. & D. allbereit anno 1646. und 1664. und zwar in ersten Fall vermöge eines Rechts-Spruchs aus der Juristen Facultät der Universität Wittenberg die Straffe des Landes-Verweisung in eine Geld-Busse verwandelt; auch endlich in der Beylage E. die Schöppen des Gerichts auff den Berge vor dem Rolande zu Halle zu recht erkant, daß Sie der Rath einen zum Strang verurtheileten nach Gelegenheit aller Umstände mit dem Schwerd von Leben zum Tode bringen, oder, da Sie Ihm ferner Gnade erzeigen wolten, Ihm das Leben schencken, und der Gerichte mit öffentlichen Staupen-Schlägen ewig verweisen lassen möchten:
Dieweil aber dennoch das jus Aggratiandi ein unstreitiges regale majestatis ist, welches denen Fürsten und andern Ständen des Reichs wegen der Hohen Landes-Obrigkeit zwar zustehet, aber von keiner Unter-Obrigkeit mit Bestande Rechtens angemasset werden mag, und dahin von bewehrten Rechts-Lehrern die Veränderung der Straffe, auch des Staupen-Schlages oder Landes-Verweisung gerechnet wird,
weßhalb auch die Schöppen zu Leipzig, die zwar zum öfftern darwieder gesprochen, hierinnen nicht allemahl einig gewesen
biß in der Chur-Sächsischen Landes-Ordnung die Sache dahin gediehen, daß darinnen denen Ober-Gerichten frey gelassen worden, die Straffe des Staupen-Schlages und der Landes-Verweisung in eine geringere Straffe zu verwandeln,
welches Gesetze aber, zumahl da solches ohnedem nach denen neuen Erledigungen wieder zimlich restringiret worden,
ausser das Chur-Sächsische territorium nicht zu extendiren, ferner durch die Beylagen sub A. B. C. und D. nur so viel beybracht worden, daß dieselben in der Landes-Verweisung, nicht aber in Straffe des Staupenschlages, davon itzo die Frage ist, die mitigation exerciret, und an etlichen benachbarten Orten gebräuchlich ist, daß wann gleich denen Unter-Obrigkeiten, die merum imperium haben, die mitigation bey Landes-Verweisungen nachgelassen wird, doch auff Leibes-Straffen und Staupenschläge solches mit nichten extendiret werden kan; bey dieser Bewandniß aber das Hällische Schöppen-Urtheil, nach welchen Ihnen gar das jus aggratiandi zugesprochen werden wollen, Ihnen nicht zu statten kommen mag, und wie bey demselben kein Jahr beygeschrieben gewesen, also aus der ungewöhnlichen Unterschrifft zu vermuthen, daß solches vor undencklichen Jahren, da die JCti die principia juris publici nicht so accurat als itzo, untersucht gehabt, gesprochen worden seyn müsse; auch endlich Besage der Inquisitions Acten fol. 52. seqq. von Inquisiten allbereit die mitigatio poenae bey der Hochfürstlichen Anhältischen Regierung gesucht und daselbst anhängig gemacht worden;
Als ist obbesagter massen zu erkennen gewesen,
§. IV. Jedoch sind dieser decision etliche Erklährungen mit anzuhängen,
sonderlich in dem casu, wann nur Landes-Verweisung zuerkennet worden. Denn
entweder ist in dem Urtheil allbereit alternative Landes-Verweisung oder Geldes
Straffe zuerkant worden, so hat die
Dieweil Maria Margaretha, daß ihre Mutter von ihrem bösen Vorhaben nichts gewust, auch ihr hierzu weder Anschläge gegeben noch behülfflich gewesen, in der Tortur beständig ausgesaget, die von der Mutter Ottilien beschehene Verschweigung der Schwängerung und Geburth ihrer Tochter auch nicht sowohl einer Boßheit als grosser Bestürtzung und natürlich mütterlichen Zuneigung zuzuschreiben, zudem dieselbe hohen Alters und eine Zeitlang in gefänglicher Hafft enthalten worden: so hat es bey der in dem Urtheil fol. 48. ihrer Person halber erkanten absolution sein bewenden, und wird nunmehro nach Anleitung sothanen Urthels an der Inquisitin Marien Margarethen, die zuerkante Todes-Straffe gebührend billig vollstrecket: der Bader-Geselle Christian aber ist gestalten Sachen nach von der wieder ihn angestellten Inquisition zuentbinden. In übrigen wird Marien Margarethen zu Christlicher Vorbereitung ihres Todtes ein anderer unpartheyischer Prediger zugeordnet, und der Diaconus ferner zu ihr nicht gelassen, auch weil ihm nicht geziemet vor seiner Denunciation durch unzuläßige Inquisition dem Richterlichen Amt einzugreiffen, und Inquisitin sich wegen seiner Ungestümheit beschweret, auch nicht geringer Verdacht einer beschehenen Subornirung sich wieder denselben ereignet, dieser Begünstigungen halben von dem Consistorio nach vorhergegangener gebührender Untersuchung billig gestraffet V. R. W.
Auch Hochgeehrte Herren. Ist in dem fol. 48. enthaltenen Urthel dem Feldscherer Christoph, weil er der Inquisitin Marien Margarethen boßhafftiges Vorhaben wegen Abtreibung der Frucht gehörigen Orts nicht entdecket, sondern dieselbe vielmehr dabey durch verschiedene ihr zugestellte Medicamenta gestärcket, 2 jährige Landes-Verweisung, es wolte ihn dann die Hochgräfl. Herrschafft gegen eine ziemliche Geld-Busse damit in Gnaden verschonen, zuerkant worden, welches Ihnen aber bedencklich vorkommt, und sie dahero, ob nicht dißfalls das angezogene Urtheil zu reformiren sey, berichtet seyn wollen:
Ob nun wohl dieselben anführen, daß auch eine Unter-Obrigkeit, wann sie mit dem
Dieweil aber dennoch unter dem Verbrechen, weßhalben die Landes-Verweisung pfleget zuerkant zu werden, billig ein Unterschied zu machen, und deren etliche so beschaffen, daß bey deren Bestraffung die Landes-Verweisung und Geld-Busse einander fast gleich geachtet werden, und um deßwillen auf beydes alternative erkandt wird. In etlichen delictis aber hauptsächlich auf die Lands-Verweisung, als eine schwerere Straffe, damit andere dadurch mögen abgeschrecket werden, gesehen, und nicht leicht die Verwandelung in eine Geld-Busse oder andere Straffe, es seyn dann sonderbare motiven verhanden, zugelassen wird, in solchem Fall aber dergleichen Verwandlung ad jus aggratiandi und unter die hohen Regalia gehöret, so der niederen Obrigkeit keines weges zustehet, und dann in gegenwärtigen casu des Feldscherers excess von der Beschaffenheit, daß billig vornemlich auff die Landes-Verweisung andern zum Abscheu gesehen werden müsse, gestalt dann, wann derselbe der Inquisitin Schwängerung, und habenden bösen Vorsatz die Frucht abzutreiben, gehöriges Orts entdecket hätte, dieser Kinder-Mord leicht verhütet werden können, in jüngsten Urtheil auch auf einige Geld-Busse anderer gestalt nicht, als auf den Fall der Begnadigung erkandt, und umb deßwillen keine gewisse Summa determiniret worden, welche Begnadigung der hohen Obrigkeit alleine zukommt: so erscheinet daraus so viel, daß das vorgemeldete Urtheil hierunter noch zur Zeit nicht zu reformiren sey; Es könte und wolte dann der Feldscherer durch anderwertige Defension so viel aussühren, daß nach Versendung der Acten eine determinirte Geld-Busse pure oder mit der Landes-Verweisung alternative erkennet würde, damit wäre er billig zuzulassen, und möchten so dann dieselbigen in dem letzten Fall ohne Zuthuung der hohen Obrigkeit die Geldes-Straffe an statt der Landes-Verweisung exigiren. V. R. W
ICh habe bey dem 3. Handel §. 4. angemerckt, daß ein grosser Unterscheid unter
derjenigen Formul, befugt zu seyn, jemand zu belangen, und unter der andern sey;
daß ihm solches zu thun
§. II. Diese Anmerckung hat sonderlich in injurien-Processen ihrenactiones injuriarum
§. III. Der Leser übereile sich hier nicht, das er etwa vermeinen solte,Summa des gegenwärtigen Handels
nebst dem responso.
Hat derselbe am 8. Junii 1691. besage No. I. protocolliret, daß Elias Holdhusen
aus D. berichtet, er habe von Gertraut Hermanns, Johann Freytags Wittbe, welche
bey ihme in seinem Hause sich auffgehalten, gehöret, daß die Jungfer W. zu der
domina gesaget, es gehörete des Ambts-Raths (sein des Herrn Quaerentis) Sohn ihm
nicht, sondern das Kind hätte einen andern Vater, worauff derselbe am 15. Jun.
besagte Gertraud Freytagin vorfodern lassen, und sie darüber vernommen, auch
selbsten protocolliret, daß dieselbe Frau die Worte unter denen formalibus, wie
sie Holdhusen vorgebracht, nicht gestehen wollen, sondern gesagt, Sie habe
gehöret, daß die Fräulin Domina gesagt hätte, die Jungfer W. schonete auch
andere Leute nicht, massen sie von der Ambts-Räthin viel Böses geredet hätte,
hernach aber, als er ermeldte Gertraud Freytagin ermahnet, die rechte Wahrheit
auszusagen, auch Elias Holdhusen mit ihr confrontiret, dieser auch sich
erbothen, nebst seiner Frauen dasjenige, was er gemeldet, eydlich zu erhalten,
und die rea anfänglich bey der Confrontation bey ihrem Verneinen beständig
verblieben, doch endlich gestanden, daß der Fräulin Dominae Mägde in ihrer
Gegenwart gesaget, daß die W. blamirte, der Sohn gehöre dem Ambts-Rath nicht zu,
sondern es möchte wohl ein Officier Vater seyn, auch sich dißfalls so wohl auff
die Magd als ihre eigene Tochter, als Zeugen bezogen. Hat derselbe mens. April.
1692. besage N. II. an Sr. Churfürstl. Durchl. unterthänigst suppliciret, weil
Gertraudt Freytagin sich unterstanden habe, von seiner Frau gantz Ehrenrührig zu
reden, und Er diese injurie zu vindiciren gesonnen sey, aber in dieser
Hat derselbe nach diesem Num. V. nicht allein vor sich, sondern auch im Nahmen seiner Ehe-Liebsten und Unmündigen Sohnes mit folgenden formalien geklaget:
Und so fort in der Klage auff Beklagtin ihre vor dem Commissario bey dem
summarischen Verhör geschehene Exceptiones wieder Elias Schülcken, und daß sie
die offtbesagten Worte im Amte aus Frucht protocolliren lassen, weitläufftig
geantwortet, keine Einlassung und Antwort von Bekl. auff die Klage begehret,
sondern bloß auff den Wiederruff und poenam corporis afflictivam cum refusione
expensarum, ingleichen, darea den Autorem dieser gröblichen Beschuldigung nicht
nennen wolte, auff die torturam zu erkennen gebethen. Worwieder Bekl. I.
Exceptionem incompetentis actionis (weil sie stille und friedlich bißher
gelebet, und von Ihr solchergestalt kein animus injuriandi zu praesumiren sey,
auch ferner das, was sie in Protocollo N. I. gestanden haben solle, vor keine
injurien zu achten, indem sie sodann besagte Worte nur relative, was eine andere
gesaget haben solte, und nicht enunciative vorgebracht hätte, dieses aber, was
man injuriöses hörete, vor kein Crimen zu achten wäre,) 2) Exceptionem inepti
libelli (weil bey der Klage n. 5. keine Zeit noch Ort beniemet wären, und ihr
also hierdurch exceptio praescriptionis abgeschnitten werden wolle,) 3.) bey der
eventual litis contestation wieder das, von demselben N. I. gehaltene Protocoll
Exceptionem metus (weil derselbe, als er sie in seiner eigenen Sache examiniret,
Sie nach dem Gefängniß gehen heissen) und 4.) Exceptionem nullitatis (weil
derselbe in seiner eigenen Sache das Protocoll geführet) besage No. VI.
eingewendet, und er will berichtet seyn, (I) ob nicht in der von seiner Seite
ad Acta, No. VII. gebrachten Schrifft seine
Nothdurfft zur Gnüge beobachtet, und des Gegentheils Schrift beantwortet worden
wäre; oder, ob noch zu Erhaltung eines guten Urtheils etwas hinzu zu thun, und
wie solches mit guten fundamentis Juris eingerichtet
werden müste: Ingleichen (II) ob nicht rea wegen der
ausgesprengten Injurien, ungeachtet, daß sie solches nur
relative
Ob nun wohl (so viel anfänglich die andere Frage und die von Bekl. zu erst opponirte exceptionem non competentis actionis betrifft,) derselbige in seiner Replic. n. 7. vorgebracht, quod omne verbum injuriosum animo maledicendi prolatum praesumatur, donec a proferente contrarium probetur, in tantum, ut ne quidem ad juramentum purgatorium facile admittendus sit, und aber die Worte: Der Sohn gehörete dem Amts-Rathe nicht zu etc. an sich selbst injuriosa wären; Auch Bekl. selbige besage des Herrn Landes-Hauptmanns Protocoll gestanden hätte, und also Bekl. beweisen müste, daß Sie animum injuriandi nicht gehabt, zumahl da sie in protocollo n. 3. gestanden, Sie habe die injurien von Niemand jemahls gehöret, sondern von sich selbst hingeredet; Auch hiernechst über die von ihm selbst n. 7. angeführten Autores sonsten bekandten Rechtens, und von dem Finckelthusio
weitläufftig ausgeführet worden: Quod injurias spargens & autorem prolatarum injuriarum nominans non excusetur, auch daher das bekandte Sprichwort entstanden; Wehrmann haben hilfft nicht, und es solcher gestalt das Ansehen gewinnen möchte, ob wäre Bekl. allerdings demselben einen Wiederruff zu thun schuldig, und über dieses mit harter Straffe zu belegen;
D. a. d. zu Verständniß dessen, wovon die angeführten Doctores handeln, zwey unterschiedene Casus wohl zu unterscheiden, ob nemlich jemand von einem andern was schimpfliches redet, und hernach zu seiner Entschuldigung sich auf ein Wehrman beziehet; oder, ob er nur schlecht weg erzehlet, daß ein anderer was schimpfliches, (zumahl wenn er solches bey der Erzehlung selbst für injurieus ausgiebt) geredet; besagte Autores und sonderlich Finckelthusius
von dem ersten Casu ausdrücklich reden, welcher doch auf Bekl. nicht appliciret werden mag, indem derselbe selbst in dem Protocol. n. 1. protocolliret, daß anfänglich Elias Holthusen (von welchen wir nicht verstehen, warum er bald Elias Holthusen, bald Elias Schilcke genandt worden) berichtet, Bekl. habe gesagt, daß die Jungfer W. zu der Domina gesaget habe, es gehöre des Amt-Raths Sohn Ihm nicht zu etc. Ingleichen: Daß Bekl. endlich gestanden, der Fräulein Domina Mägde hätten in ihrer Gegenwart gesaget, daß die W. NB. blamiret: der Sohngehöre dem Amts-Rathe nicht zu, vielmehr hieraus abzusehen, daß diese formalia zu dem andern Casu gehören, und aber bekandten Rechtens, daß man daraus keinen animum injuriandi erhärten könne, wenn einer von dem andern erzehlet, daß dieser den dritten blamiret, oder verläumdet habe, qui enim alium falso aliquid dixisse affirmat, injuriarum minime tenetur.
Auch hiernechst Bekl. niemahls gestanden, daß sie die Worte, für sich und absque relatione auf die Jungfer W. geredet, und das in protocoll n. 3. befindliche Geständniß der Beklagtin,
besage des Contexts den Verstand nicht haben, als wenn Bekl. zuletzt gestanden hätte, Sie habe für sich selbst injurieuse Worte ausgestossen, sondern daß Sie zu den protocollirten Worten von Elias Schülcken, selbige auszusagen beredet worden; So erscheinet daraus allenthalben so viel, daß wenn gleich Bekl. überwiesen würde, daß sie unter besagten formalien dasjenige, was n. 1. protocolliret worden, gegen Clias Schülcken gesagt, dennoch keine actio injuriarum wieder sie statt haben könne, sondern auff die opponirte exceptionem non competentis actionis erkennet werden müsse, und Derselbe sich mit seiner action an die Jungfer W. (dafern nur noch res integra) zu halten schuldig sey.
Zum andern und auff die Erste Frage erachten W. V. R. ob gleich derselbe quoad exceptionem inepti Libelli repliciret, daß aus dem Amts-Hauptmannlichen Protocoll sub n. 3. und der daselbst befindlichen deposition der Zeugen zu sehen wäre, daß Bekl. die injurien ohngefehr in Junio 1691. geredet haben solte, auch Bekl, bey der ersten Verhör in Ambte diese Exception nicht opponiret, sondern vielmehr die injurien gestanden, auch dem libello in fine die Clausula salutaris & ineptitudinem salvans angeführet worden wäre: Ferner, quoad Exceptionem metus die geschehene Bedrohung der incarcerirung verneinet, und daß sie von ihm, als judice nicht zu praesumiren, vorgewendet, endlich quoad Exceptionem nullitatis sich damit zu schützen gedencket, daß eine Obrigkeit, auch wohl in propria causa wegen der ratione officii zugefügten injurien Richter seyn könne.
D. a. d. derselbige seine Klage selbsten geändert, und da Er in der mündlichen
Verhör für dem Herrn Landes-Hauptmann n. 3. Bekl. beschuldiget, Sie habe die
Worte enunciative geredet, hingegen in der schrifftl. Klage n. 5. daß sie solche
relative ausgesagt, libellirt; Bekl. aber bey dieser Bewandniß Vermöge des
interlocuts sub n. 4. mehr auf die schrifftliche als mündliche Klage sehen
müssen, und ihr durch das interlocut ihre Exceptiones nicht abgeschnitten
worden; Sie auch niemahlen die Worte quaestionis, so ferne selbige enunciativa
& injuriosa seyn, gestanden. Ferner nach gemeinen Rechten die
Circumstantia loci & temporis in dem Libell billig hätte exprimiret
werden sollen, und bey diesen Umbständen aus der vorhergegangenen summarischen
Zeugen Verhör (zumahl dieselbe noch allzu general und ungewiß) nicht suppliret
werden mag; über dieses in dem Libell (wie sich nicht gebühret) so fort über die
summarischen Exceptiones der Bekl. verfahren, und keine litis contestation von
Ihr gefordert worden, dergleichen vielfältige und hauptsächliche defectus aber
die Clausula salutaris zu heilen nicht vermag, und wir also nicht sehen,
Auf die dritte und letzte Frage erachten W. V. R. Hat Bekl. bey Ubergebung ihrer
Exceptionum sub N. 6. wieder denselben eine reconventions-Klage übergeben, und
darinnen Ihn beschuldiget, Er habe sie am 14. Aug. von öffentlicher Straffen
wegnehmen, in gefängliche Hafft bringen, und daselbst biß in die 11te Woche, und
so lange, biß er per mandatum poenale sine clausula darzu angehalten worden,
gefänglich gehalten: Weßhalben sie actionem aestimatoriam auff 600 Rthle. hoch
juncta criminali wieder Ihn angestellet, und die Einlassung auff diese
reconventions Klage von Ihm begehret, und Er will berichtet seyn: ob er und die
Seinigen sich auf diese reconvention einzulassen, oder
die Reconvenientin Sie peculiari
actione zu belangen schuldig sey?
Ob Er nun wohl für sich anführet, daß die conventions-Klage per modum Commissionis an den Herrn Landes-Hauptmann gelanget sey, & quod hoc casu, quando motu proprio Principis judex detur, cesset ratio l. 14. C. de sent. & interlocut. Hiernechst besagte reconvention erst post litis contestationem proponiret, und derselben nicht alsbald annectiret worden; Ferner die reconventions-Klage, weil sie aus der conventions-Klage herfliesse, nicht ehe, als biß jene zu Ende, erörtert werden könne: Auch vermöge der Churfl. Quartals-Gerichts-Ordnung zuvorhero erkant werden solte, ob die reconvention statt habe; Und endlich allenfalls wieder klägerin zuvorher Cautionem pro Expensis bestellen müste.
D.a.d. vermöge Käyserl. Rechten, welche in der Marck-Brandenburg beobachtet
werden, die reconventions-Klage, mit der convention zugleich tractiret werden
soll, und sonsten bekant, quod reconventio institui possit tam coram judice
§. IV. Hätte der Quaerente nur seine fünff Sinnen vernünfftig gebrauchenQuaerenten.
DAß in Ehestifftungen gar öffters ratione successionis zwischen Braut und
Bräutigam nicht eben eine grosse Gleichheit gehalten, sondern einem Ehegatten
vor dem andern darinnen ein Vortheil gegönnet oder gegeben wird, ist eben nichts
rares, und kan aus vielen auch vernünfftigen Ursachen geschehen, daß aber der
eine Ehe-Gatte in der Ehe-Stifftung dem andern alle Ihm sonst denen Rechten nach
zustehende jura benimmt, und nicht das geringste dargegen wieder verspricht,
sondern sich alleine allen Vortheil und avantage so wohl bey Lebzeiten des
Ehegatten, als nach dessen Tode zugeschrieben, das ist gar ein rares Exempel,
und verdienet dannenhero dasselbige destomehr, daß man diese Ehestifftung, die
curiosität des Lesers zu vergnügen, gantz hieher setze, wenn nur zuvorhero der
Betrug dabey gemeldet worden, nach welchen die tugendsame Frau Braut den
Bräutigam betrogen, damit der Leser denselben nicht für einen tummen Kerl halte,
der nicht werth sey, daß man ihm helffe, weil er eine solche schädliche
Ehe-Stifftung doch gleichwohl wohlbedächtig unterschrieben. Die Sache verhält
sich kürtzlich also. Johannes, ein berühmter Doctor Medicinae und Practicus in
einer Fürstl. Residentz gewanne nach Absterben seiner ersten Ehe-Frauen, die Ihm
unterschiedene Kinder hinterlassen, eine Eheliche affection zu einer in gleichen
Zustandt sich befindenden Wittbe / Frauen Annen Elisabeth, und wie er ein
ehrlicher aufrichtiger Man war, also hielte Er diese seine Braut,
die zumahl Ihn sehr freundlich begegnete, und sich (als ein listiges Weib) auch
bißhero für der Welt also aufgeführet hatte, auch für so ehrlich. Da nun wegen
Ihrer beyder Zustandes höchstnöthig war, für Vollziehung der Ehe um eine
Ehestifftung besorget zu seyn; verwilligte der Bräutigam, daß der Braut Curator
eine auffetzete, damit er sehen könte, was seine Liebste praetendirte. Als aber
dieser mit dem in folgenden §. befindlichen irraisonablen Wercke auffgezogen
kam, und da er diese Unbilligkeit zuvorhero
§. II. Weil nun der ehrliche und verliebte Mann seiner lieben Braut
Zu wissen, daß im Nahmen der Allerheil. Dreyfaltigkeit, zwischen Herrn D. Johann S. Stadt- und Land-Physico allhier, und Frauen Annen Elisabethen S. Wittben, eine Christliche Ehe nach fürgegangener Anruffung GOttes abgeredet und beschlossen worden, wie folget:
Dieweil nemlich Herr D. Johann zu Frau Annen Elisabethen eine aufrichtige hertzl.
Liebe getragen, und diese es auf beschehenen Vortrag vor eine sonderbahre
Schickung des Allerhöchsten gehalten, daher auch solche sichs gefallen lassen,
so hat es der Herr D. mit Danck angenommen und versprochen, sie jederzeit
hertzl. zu lieben, nach seinem Stande zu versorgen, und in keiner Noth zu
verlassen, sondern sich dermassen gegen sie zu verhalten, wie es GOttes Gebot
erfordert, und einem Ehemanne wohl anstehet, eignet und gebühret, hingegen sie,
die Frau Wittbe, den Herrn D. in Freud und Leid beständig zu lieben, zu ehren,
treuen Beystand zu leisten, und in keinem Unglück von ihm abzustehen, sich
verbündl. gemacht. Hierbey ist abgeredet worden,
Johan (Sponsus) Christian G. als Zeuge.
Anna Elisabeth (Sponsa) Christian Z. Curat. nomine der Frau Braut.
§. III. Nach vollzogener Ehe wurde der arme Mann bald gewahr,Responsum das dieselbe nicht
gültig sey.
Har derselbe Anno 1691. Mens. April. sich mit Frauen Annen Elisabethen
verehlichet (welche Ihn vor der Hochzeit eine Ehestifftung zugesendet, die er zu
unterschreiben sich anfänglich geweigert, weil Er befunden, daß selbige Ihm
höchst praejudicirlich sey, indem die Braut Ihm nicht das geringste zuzuwenden
versprochen, sondern
Ob nun wohl wieder Ihn angeführet werden möchte, daß er diese Ehestifftung mit gutem Bedacht unterschrieben, und die Beredung seiner Braut vielmehr pro blanditiis als dolosa persvasione zu halten sey, auch dergleichen liebkosende Beredungen in Rechten sonsten nicht für unzuläßlich gehalten werden: Ferner die Ehestifftung pro contractu inter vivos zu achten wäre, indem darinnen nicht gedacht wird, daß die Braut etwas erben oder erblich haben solle. Im übrigen aber wenn schon bey der Ehestifftung ein dolus auff Seiten der Braut vorgegangen, dennoch, da nunmehro allbereit zwey Jahr verflossen, die actio doli praescribiret sey;
Dieweil aber dennoch der gantze context der Ehestifftung weiset, daß darinnen nicht das geringste Zeichen einer ehelichen Liebe gegen denselben zu spüren, sondern vielmehr allenthalben genugsame Zeichen sich hervor thun, daß die Braut bloß auff Ihrer Seite dadurch zu lucriren und Ihm die onera matrimonii allein über dem Halß zu lassen gesucht; und aber bekanten Rechtens, daß in Contractu Societatis, da der eine Theil das lucrum alleine, und der andere alleine damnum über sich nimt, solches für unrecht, und der Contract pro societate leonina gehalten wird, welches vielmehr in societate conjugali zu observiren, weil die Socii in Rechten nur pro fratribus gehalten werden, hingegen die Societät, die zwischen Mann und Weib gemacht wird, viel verbündlicher, ja für die allerverbündlichste zu achten ist; Ferner da Er die onera matrimonii, vermöge besagter Ehestifftung alleine tragen soll, die darinnen geschehene renunciation des Ihme zustehenden usus fructus, & portionis statutariae unkrässtig ist,
absonderlich da die Ehestifftung von Ihme zwey Tage vor der Hochzeit aufgerichtet, da Braut und Bräutigam in praesenti materia schon für Mann und Weib geachtet werden, und also sein Versprechen offenbarlich pro illicita donatione inter virum & uxorem zu halten;
Hiernächst die besagte Ehestifftung pro contractu inter vivos nicht wohl ausgegeben werden mag, indem nicht darinnen enthalten, daß sie als ein Contractunter Lebendigen gemachet seyn solle, auch nicht exprimiret worden, daß eine Ehe-Beredung oder Vergleich, sondern nur daß eine Christliche Ehe abgeredet und beschlossen worden; nach diesem aber die contenta der gesamten Ehestifftung sich mit diesen Worten;
anfänget, und also ausdrücklich darinnen der künfftigen Succession gedacht wird; wie nicht weniger.
Ingleichen.
welche Worte einem legato ähnlicher als promissioni inter vivos; auch in fine keine clausulae, daß man die Ehe-pacta steiff und feste halten wolle, oder dergleichen enthalten,
und diese Ehestifftung solcher gestallt vielmehr pro specie ultimae voluntatis
als pro contractu inter vivos zu halten wäre, cum in dubio benigniorem
sententiam (i. e. quae partem laesam minus gravat) sequi tutius sit; zumahl, da
nach den gemeinen Regeln der interpretation dieselbige allezeit wieder
denjenigen, der was ungewöhnliches in einem Contract zu seinem Vortheil setzet,
geschweige denn wieder den, der eintzig und alleine einen Vortheil aus einem
Contracte ungewöhnlicher Weise suchet, gemachet werden, und er sich imputiren
soll, daß er nicht deutlicher geredet; Seine Eheliebste auch sich des favoris
dotis & pactorum dotalium nicht zu getrösten hat, weil sie demselben
nicht einen Heller darinnen zugewendet; Da aber die Ehestifftung ad ultimas
voluntates gerechnet werden solte, selbige entweder für unkräfftig, weil nur
zwey Zeugen unterschrieben, oder doch dafür zu achten wäre, das Sie, wie alle
letzte Willen, von einem Theil auch ohne des andern consens umgestossen werden
möchte; Uber dieses, wenn gleich die Ehestifftung pro pacto zu halten wäre,
dennoch blanditiae zwar in ultimis voluntatibus zugelassen seyn, aber
dergleichen privilegia bey denen contractibus ohne Unterscheid nicht haben, auch
die Umstände bey gegenwärtigen casu allenthalben weisen, daß man gefährlich mit
Ihm umgegangen, und das tempus praescriptionis in actione doli bey besagten
Umständen nicht von
§. IV. Jedoch war die Sache wegen unterschiedener Umstände freylich so klar nicht, und war dannenhero nicht zu verwundern, daß dem betrogenen Ehemanne von andern gerathen wurde, daß er sicherer gehen würde, wenn er noch bey einem andern Collegio sich informiren liesse. Als er nun dieses thate, bekam er von der Juristen-Facultät zu N. ein gantz wiedriges responsum folgenden Inhalts.
Als Derselbe uns das Concept einer Ehestifftung sub B. und C. wie er solches bey
vorhabender Verehelichung mit seiner jetzigen Ehefrauen extendiren und
vollziehen lassen wollen, zugeschicket, und darneben berichtet, welcher gestalt
nur etwa 2. Tage vor dessen Hochzeit Ihme eine andere Ehestifftung sub A. von
seinem Weibe zur Unterschrifft vorgeleget worden, er auch solche auf dieser
seiner Frauen Worte: Mein Schatz, unterschreibe es nur, ich wills schon machen
etc. verleitet, unterschrieben, in Hoffnung, es werde dieselbe ehrlich und
redlich mit Ihme umgehen, und nachdem Er sich auf ein Grosses gegen Sie heraus
gelassen, Ihn anderweit vergnügen. Es sey aber geschehen, daß, da Er solches
jetzo von Ihr verlanget, Sie sich mit der Ehestifftung A. entschuldiget, als
Krafft welcher Sie zu nichts verbunden, zumahl sie eine sententiam favorabilem
aus dem Schöppen-Stuhle zu Leipzig enthalten. Deswegen Er gemüssiget worden, die
speciem facti zum Rechtlichen Ausspruch in die Juristen-Facultät nacher Halle zu
schicken, von dannen Er dieses Responsum erhalten, daß Er die Ehestifftung
quaestionis wieder seines Weibes Willen per actionem doli vel remedium
nullitatis umzustossen, oder per ultimam voluntatem zu ändern, auch nach seinem
Tode dessen Erben wieder seine Wittwe, da Sie auf die Ehestifftung klagen solte,
mit der Exceptione nullitatis & doli mali sich zu schützen befugt seyn.
Hingegen hat die Juristen-Facultät zu Wittenberg in voriger facti specie gantz
anders gesprochen, nemlich, daß die zwischen Ihm und seinem Weibe aufgerichtete
Ehestifftung in vim contractus beständig fest bleibe, Ihm aber, wenn seine
wieder das project derselben übergebene Erinnerungen nicht attendiret werden
wolten, seine Ehefrau auch der bey der Unterschrifft gethanen Vertröstung nicht
nach kommen, und gleichwohl er dadurch zur subscription induciret worden,
bemeldte seine Ehefrau actione doli, oder daferne das biennium darunter
verflossen, in factum rechtlich zu belangen, und
Ob wohl (1) vieler Doctorum Meinung nach, die pacta dotalia alsdenn pro mixtis zu halten, und in vim ultimae voluntatis gelten müssen, wenn der Succession auff den Todes-Fall darinnen gedacht wird.
Dergleichen sich denn in gegenwärtiger Ehestifftung findet in verb:
Hiernächst auch (2) denen Rechten entgegen laufft, wenn ein Ehe-Gatte dem andern ein gewisses Antheil seiner Güter oder Erbschafft durch dergleichen pacta zuwenden will.
Immassen aus diesem fundamento viel Doctores die pacta dotalia, quae ultra dotem & donationem propter nuptias, alterutri conjugum aliquid deferunt, durchaus verwerffen
Zudem auch (3) gegenwärtige Ehestifftung eine grosse Ungleichheit in sich hält, indem Er von seiner Liebsten Vermögen gar nichts überkommen soll, sondern Er allen beneficiis successoriis durchaus renunciiret, da hingegen Ihr eine jährliche Renthe von 75. Fl. ohne denen 15. Fl. Wohnungs-Gelder verschrieben, und zu deren Erhebung gewisse Capitalia ausgesetzet worden, welches eine Societatem Leoninam zu inferiren scheinet, und daher denen Rechten nach für unbeständig zu halten. Zu geschweigen (4) auff diese masse eine donatio unilateralis inter maritum & uxorem heraus kommen wolte, welche gleichfalls in Rechten improbiret wird, ne scilicet amor Conjugalis venalis sit aut pretio comparetur.
Dennoch aber und dieweil 1. nicht ob quaelibet verba de successione loquentia die Ehestifftung pro ultima voluntate aut donatione mortis causa zu halten, sondern nur in dem Fall, si pacta ipsam bonorum obventionem seu devolutionem concernunt.
Indem in gegenwärtiger Ehestifftung ein mehrers nicht enthalten, als daß der
die Ehestifftung in vim contractus gelten, und pro negotio inter vivos gehalten werden.
Immassen auch 2. das blosse Wort Erblich dahin nicht gedeutet werden mag, als ob die Contrahentes einen letzten Willen hätten verordnen wollen, siquidem haec vox non semper ad modum devolutae successionis pertinet, quasi eo modo jure hereditario sint transmissa bona, cum plerumque transactionis effectum concernat, sunt verba
Ferner 3. was de invaliditate pactorum dotalium angeführet wird, ac si illis bona in alterum transferri nequeant, communi totius Germaniae consvetudine & usu vorlängst explodiret ist, prout testantur.
Hiernechst auch 4. die in denen pactis dotalibus enthaltene grosse Ungleichheit
selbige nicht auffheben; sintemahl das matrimonium keine societas proprie sic
dicta ist, noch deren speciem hat, und daher gar wohl einer derer Ehegatten sich
den Vortheil allein pacisciren kan, allermassen denn in dessen Absehen Gail. 2.
observ, 78. n. 5. eine notable cautionem an die Hand giebt, wie man die
inaequalitatem dotis & donationis propter nuptias salviren können, ita
ut illa etiam jure communi subsistat; nimirum si de lucranda dote, aut donatione
propter nuptias pacta fiant dotalia, & quidem antequam matrimonium
contrahatur. Hoc enim casu pacta disparia valere & admitti dicit, quae
tantum constante matrimonio prohibita sunt, eo quod donationem sapiant, quae
inter virum & uxorem prohibita est, ne mutuo amore se spolient; cesset
vero ratio ista matrimonio nondum contracto. Aus welchem deciso denn zugleich 5.
erscheinet, daß aus dieser inaequalitate pactorum keine donatio inter virum
& uxorem prohibita zu inferiren sey, indem quoad hanc materiam Braut und
Bräutigam pro conjugatis nicht gehalten werden mögen, um deswillen auch Carpzov.
part 2.
§. V. Ob nun wohl aus dem ietzo erzehlten responso zugleich zuresponsi.
Als derselbe uns zwey responsa sub A. & B. benebst einer Frage
zugeschicket, etc. Haben wir für etlichen Monaten, über desselben wegen der mit
seiner Eheliebsten getroffenen Ehestifftung an uns abgegangenen Frage ein
Responsum ertheilet, daß derselbige die Ehestifftung auch wieder seiner
Vertrauten Willen per actionem doli vel remedium nullitatis umzustossen, oder
per ultimam voluntatem zu ändern, auch nach seinem Tode dessen Erben sich wieder
seine Vertraute, da Sie aus der Ehestifftung klagen solte, mit der Exceptione
nullitatis & doli mali zu schützen wohl befugt wären. Hat derselbige
ferner sich hierüber anderwärtig bey einem benachbarten Collegio Juridico
informiren lassen, in welchen unsere Rationes decidendi retentis iisdem verbis
zu rationibus dubitandi gemacht, und hernach mit andern rationibus decidendi
refutiret, auch erkant werden wollen, daß die zwischen demselben und seiner
ietzigen Ehefrauen aufgerichtete Ehestifftung in vim contractus beständig wäre,
es bliebe aber demselben, seine Ehefrau und deren Curatorem actione doli oder in
factum zu belangen unbenommen etc. Ob nun wohl wir, was die der actioni doli
beygefügte actionem in factum betrifft, allerdings mit besagtem Rechts-Collegio
einig sind, hiernechst aber von Selbigen in denen rationibus decidendi zu
Behauptung der Beständigkeit der Ehestifftung in vim contractus angeführet
worden, daß die praestanda, so nach desselben Absterben seiner künfftigen Wittbe
geleistet werden sollen, auf keine Succession noch Erbschafft abzielen, sondern
sothane Ehepacta bloß desselben künfftige Erben dahin verbänden, daß Sie nach
seinem tödlichen Hintritt seiner ietzigen Frauen jährlich 15. Fl. zum Hauß Zinse
und 75. Fl. zum Unterhalt geben, auch zu solchem Ende gewisse Capitalia
aussetzen sollen; Jam quando verba ita sint concepta, ut obligatio in persona
quidem promittentis fundata, sed in mortis eventum collata in persona heredis
effectum capiat, atque
Hingegen darwieder nichts thue, daß im Eingange der Ehestifftung stehe, daß in
selbiger vor der künfftigen Succession disponiret werden solle, weil solches
nicht genung wäre, wenn die subsequentia verba darauf nicht correspondireten,
wiederum in gegenwärtigen pactis der maritus von aller Succession
ausgeschlossen, dessen Erben auch in Gegentheil zu blossen particular
praestandis obligiret, auch darbey keiner Succession noch Erbgangs-Recht
erwehnet worden; im übrigen wieder die Beständigkeit solcher Ehe-pacten nichts
thue, daß eine grosse inaequalität darinnen fürhanden, und die onera matrimonii
dem Ehemann alleine heimfielen, weil dieser Ihm selbst zu imputiren, daß er
dißfalls sich alles Vortheils begeben, überdiß ohne dergleichen die Eheliche
Liebe gar wohl bestehen könne, sonsten folgen würde, daß cum uxore egena die
societas conjugalis nicht bestehen könne: Ferner den Sächßischen Rechten nach
die Ehe ante conscensionem thalami für vollzogen nicht geachtet werde; also was
de illicita donatione inter virum & uxorem in rationibus dubitandi
angeführet, sich anhero nicht appliciren lasse, auch was von der Ehefrauen
Kinder succession in der Ehestifftung verordnet worden, mit der successione
conjugum nicht zu confundiren wäre; Dieweil aber dennoch gar offenbahr, daß
eines Theils unsere vornehmsten rationes decidendi, (als wenn wir ausdrücklich
die succession dessen Ehefrauen nicht pro universali, sondern pro singulari, und
daß Sie einem legato ähnlich sey, ausgeben, auch was wir ex regulis bonae
interpretationis in dubio contra eum, qui lucrum ex contractu quaerit, facienda,
angeführet) gar nicht fürgebracht, von denen fürgebrachten aber auch die
principaliores, als was wir de comparatione societatis, de conjugio, ingleichen
de nullitate renunciationis ususfructus & portionis statutariae
gesetzet, gar nichts geantwortet worden, und also hieraus leichte zusehen, daß,
da wir die Sache der Gebühr nach, und ohne Absicht auf einige Neben-Umstände
erwogen, der Herr Referent, der unser Responsum refutiren wollen, nicht
unwahrscheinlich ein ander Absehen gehabt haben möge. Bey dieser Bewandniß aber
annoch unumgestossen bleibet, daß das pactum quaestionis gar nicht pro pacto
dotali zu achten, und also ehe dieses wiederleget worden, zu frühzeitig
asseriret werde, daß es nicht pro ultima voluntate, sondern contractu inter
vivos zu halten (maßen wir auch selbst dasjenige, was in unserm Responso de
specie ultimae voluntatis gesetzet worden, nicht categorice, sondern per
conditionem & concessionem asseriret) auch der ex Carpzovio angeführte
locus solcher gestallt uns gantz nicht opponiret werden mag, weil er nicht
alleine von einem pacto ipso Jure
ausgeleget werden muß, und im gegenseitigen Responso, wenn Succession und Erbgangs-Recht darinnen synonymice gebraucht werden, gar deutlich successio universalis cum particulari & legato confundiret worden; Uber dieses nicht wohl zusammen hänget, wenn in gegenseitigen Responso gemeldet wird, der maritus müsse sich selbst imputiren, daß er sich alles Vortheils begeben, und doch gleichwohl Ihme actio doli zuerkennet worden. Endlich aber, was die Sächßischen Rechte de consummatione matrimonii per conscensionem thalami statuiren, entweder nur alleine von der Succession der Eheleute, oder doch zum wenigsten von den Casibus nicht zu verstehen ist, wo in materia delictorum sponsus & sponsa pro marito & uxore gehalten werden; massen denn auch nach Sächsischen Rechte ein Ehebruch cum sponso & sponsa begangen wird, und also auch ebenmäßig sponsus & sponsa donationem inter virum & uxorem illicitam begehen mag; dieser Meinung auch nicht zuwieder ist, was etwa Carpzovius
von denen Geschencken zwischen Braut und Bräutigam gelehrt, weil solches ausdrücklich nur von denen gewöhnlichen Geschencken, die zwischen Braut und Bräutigam pflegen vorzugehen, handeln, und auf eine ungewöhnliche Schenckung nicht gezogen werden mag; So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß das mit seiner Ehefrauen getroffene Ehe-pactum allerdings pro nullo zu achten, und dannenhero von Ihm oder seinen Kindern actione vel exceptione nullitatis mit Bestand Rechtens angefochten werden möge. V. R. W.
§. VI. Bey diesen Umständen und unterschiedenen Meinungen der
ES hatte einsmahls ein gewisser Mensch (vermuthlich bey Nacht oder in einem
Tumult) eine Ohrfeige bekommen, und wuste nicht, von wem. Ob Ihm nun wohl die
kleinen Kinder auff der Gasse, geschweige denn vernünfftige und Rechtsgelehrte
Leute würden gerathen haben, er solle kein Wesen von dieser Maulschelle machen,
sondern er würde am klügsten thun, wenn er dieselbe in Gedult verschmertzte, sie
einsteckte und stilleschwiege, weil er von niemand satisfaction nehmen oder
begehren könte, indem er nicht wüste, wen er verklagen, und von Ihm satisfaction
begehren solte: so wolte doch der Mensch diesen
§. II. Ach, sprichstu, ich habe dieses Histörgen oder Fabelgen schon gehöret, als ich noch ein Kind war, und hätte ich dir was klügers zugetraut, als daß du in deinen auserlesenen Juristischen Händeln mit solchen Fratzen soltest auffgezogen kommen, und zwar mit so weitläufftigen Umbständen dieselbe erzehlen. Dieses sind Possen, die ein spöttischer Müßiggänger erdacht hat, die Leute zu lachen zu machen. Denn es ist nicht möglich, daß solche Thoren in der Welt seyn können oder jemahls gewesen, die dergleichen Narren-Possen vornähmen oder vorgenommen hätten. Wenn du in deinen Juristischen Händeln an statt warhafftig geschehener Casuum solche sottisen und Eulenspiegeleyen willst zu Marckte bringen, wirstu Christlichen und gottseeligen Lehrern von allen vier Facultäten nicht verargen, wenn Sie Ihre Zuhörer oder Anhänger auch für deinen Schrifften warnen, die du in deinem hohen Alter geschrieben. Das GOtt erbarm! ist denn gar keine Besserung bey dir zu hoffen. Wäre es doch nicht Wunder, daß - - Aber halt ein Freund, und übereile dich in deiner eingebildeten Gottseeligkeit und affectirten Ernsthafftigkeit nicht. Die Haupt-Antwort auff deinen Pharisaeischen Zweiffel wirstu vielleicht in der zu diesem Theile zu seiner Zeit zu verfertigenden Vorrede lesen. Das Histörgen des vorigen §. halte ich für keine Fabel, weil es vor diesen eben solche Thoren gegeben als heute, und keine Narrheit erdacht werden kan, die nicht vor dem geschehen sey, und noch geschähe. Du weist wohl: Narravere patres &c. Daß ich aber die Thorheit dieses Histörgens mit mehrern Umbständen vorgestellet, geschahe deßwegen, weil es vergönnet ist, solches bey individuis vagis zu thun; und weil unterschiedene Umstände nicht zuliessen, daß ich dieselben bey Erzehlung einer gleichen ja noch viel grössern, und zwar von einem sehr vornehmen und mächtigen Hofmanne begangenen sottise anbrächte, sondern dem Leser die Mühe überliesse, ob er solches selbst thun, und den nun folgenden Handel mit diesem bekanten Histörgen, wie ich solches erzehlet, conferiren, und hernach decidiren wolle, welcher von beyden eine grössere Kappe verdienet.
§. III. Ey, fährestu mit runzelnder und betrübter Stirne fort, das ist nicht
möglich; das erdichtestu nur. Je warte doch nur ein wenig, und laß mich zu
Worten kommen. Denn es gilt doch sonst auch bey denen affectirtesten
Scheinheiligen die Rechts-Regul: Audiatur & altera pars, und du kanst,
wenn du es mir nicht glauben wilst, dir unsern Actuatio sein protocoll weisen
lassen. Kurtz von der Sache zu kommen, in Monat Januario 1694. wurde von einem,
der sich Sempronius nennete, sub dato Dicasteyen den 5. Januarii diese
Urtheils-Frage an unsere Facultät gesendet.
Man bittet um geneigte Willfahrung, auch das Responsum wohlversiegelt ehestens aus zufertigen, weil an der Eyl gelegen, und soll dieses alles mit schuldigem Danck hinwieder erkant werden, wie dann auch nechst Göttl. empfehlung verbleibet, etc.
§. IV. Nun vergleiche diesen Sempronium mit dem Menschen in ersten paragrapho, und merck wohl an, daß Sempronius ein scharffsinniges Mittel vorschlug, wie man solche unsichtbare injurianten durch den Scharfrichter citiren, und unehrlich machen lassen könne, ingleichen daß er zu uns ein grosses Vertrauen hätte, daß wir dieses heilsame Mittel genungsam mit allegatis legum & Doctorum ausspicken würden, und daß Er endlich höchst vorsichtig besorgt war, daß bey diesem Proces der Gerichtbarkeit zu Dicasteyen keine praejudiz geschähe, und dennoch der Hohen Landes-Obrigkeit Ihr gebührender respect durch diesem unerhörten und tieff ausgesonnenen Proceß nicht verletzet würde. Und ist leichte zu gedencken, daß wir über das gute Vertrauen, das man zu unserer Facultät hatte, nicht weineten, und daß wir es uns blut sauer werden, auch die Mühe wohl bezahlen liessen, unser responsum mit allegatis legum & Doctorum zu versehen. Was aber Sempronius darzu gesagt, als er unser responsum gelesen, kan ich nicht melden, denn ich kenne noch diese Stunde den lieben vornehmen Mann nicht, und noch weniger, als Er den Ihn injurirenden Passagirer kante, zumahl da ich in meiner Land-Charte nicht habe finden können, wo Adicien und Dicasteyen liege. Du kanst dich demnach selber bemühen, ob du des Sempronii Gedancken errathen könnest. Hier hastu unser Responsum, das wir in eben diesem Monat Januario des 1694. Jahrs annoch ausfertigten.
Hat Sempronius auff seinem Adelichen Guthe zu Dicasteyen das merum imperium und
Macht wieder Capital delinquenten criminaliter zu verfahren, und ad poenam
mortis usque zu inquiriren, massen er denn auch über dieses von vornehmen hohen
Eltern gebohren, und auff seinem Guthe in renomirlichen statu, auch bey grossen
Herrn in Gnaden lebet. Ist besagter Sempronius eine Zeitlang verreiset gewesen,
und als er wieder zurück kommen, hat ihm sein guter Freund in geheim
offenbahret, wie zu Adicien und anderswo ein Murmeln gegangen und ausgesprenget
worden, daß ein Passagier auf der Post unterwegens gesaget, es hätte Sempronius
eine solche schlimme That begangen, weßhalben er wohl das Land räumen oder
verlassen müsse, auch hierbey noch andere, wieder Sempronii Ehre lauffende grobe
injurien vorgebracht und erzehlet. Hat man von solchem Passagier und dessen
Nahmen oder Herkommen, (ob man gleich nach selbigen sehr geforschet, und sich
eusserst bemühet, selben zuerkundigen,) dennoch keine gewisse Nachricht erlangen
können, und will derselbe berichtet seyn: Wie Sempronius contra den Unbekanten
und nicht zu erforschenden diffamanten am
Ob nun wohl für Sempronio, daß auf vorgeschlagene Masse wieder den unbekanten Passagier zu verfahren wäre, angeführet werden möchte, quod ubi difficilis probatio sit in injuriis, senatus publica quaestione rem vindicari velit
& quod, si quis injuriam atrocem fecerit, qui contemnere injuriarum judicium possit, Praetor acriter exequi hanc rem debeat, & eos, qui injuriam fecerunt coërcere.
Quod etiam infamia notentur appellatores, qui judici convitium fecerint,
quodque de injuria nunc extra ordinem ex causa & persona statui soleat.
Zumahlen, da auch nach hergebrachter Gewohnheit in praxi eine Obrigkeit wegen der ihr selbst angethanen Beschimpfung gar wohl inquiriren mag,
Dieweil aber dennoch besagte rationes und Textus insgesamt, entweder de injuriis realibus, oder wo ein gewisser reus ist, reden, auch sonsten bekanten Rechtens, quod qui injuriarum agere velit, certum dicere, nec vagari debeat,
& quemadmodum nulla executio est, si incertae personae convitium fiat.
ita etiam ex natura correlatorum nulla executio fieri potest, si incerta persona convitium fecisse dicatur.
Und wenn man einen Process contra incertum injuriantem verstatten wolte, viel inconvenientien erfolgen würden, indem man weder die praescriptionem actionis injuriarum verbalium.
noch die regulam, quod haec actio contra haeredem non detur,
beobachten, noch weniger aber attendiren könte, an reus sit doli capax, welches doch secundum
ersodert wird; Auch ferner der von Sempronio intendirte Process gantz nicht gebräuchlich ist, cum injuriarum causa non publici judicii, sed privati contineat querelam.
more vero solito adversus eos, qui minuenda opinionis nostrae causa aliquid confecisse comperientur, injuriarum judicio experiri debeamus; Massen denn auch der Process in injurien-Sachen contra Reum fugitivum & absentem
gantz auf eine andre Art, als Sempronius intendiret, anzustellen; Hiernechst wenn eine Obrigkeit die Ihr selbst angethane Beschimpfung zu vindiciren gesonnen, zuförderst erfordert wird, ut injuria judici, ut judici, ratione officii sit illata
item, ut sit evidens & notoria, nec altiorem requirat probationem; denique, ut Reus in poenam solummodo arbitrariam condemnetur, non etiam ad palinodiam seu aestimationem injuriarum.
derer keines doch auff gegenwärtigen Casum appliciret werden kan, und vielmehr Sempronii intention in Wege stehet, quod in causa injuriarum ne quidem judicare debeat, qui ei, qui agit, gener, socer, vitricus, privignus sobrinusque est, propiusve eorum quenquam ea cognatione, affinitateve attingit,
Im übrigen aber Sempronius sich nicht zu befahren hat, daß durch dergl. üblen Ruff und dessen Erduldung Er an seiner Ehre gekräncket oder Abbruch leiden mögen, massen der Imperator Gordianus hiervon gar schön redet: Si es nunciator, vereri non debes, ne eapropter, quod injuriae faciendae gratia, quidam te veluti delatorem esse dixerunt, opinio tua maculata sit.
Unde etiam, si injuriatus nolit vindicare injuriam illatam, non potest ad id compelli nec tacendo periculum suae famae aut existimationis subit,
So möchte auch Sempronius wieder den unbekanten und nicht zu erforschenden Passagier weder per denunciationem zu Adicien, noch per Inquisitionem zu Dicasteyen oder andern Orten verfahren: Es ist ihm aber unbenommen, da Er die ihm durch das gemeine Gemurmel zugefügte Beschimpfung zu vindiciren gemeinet, seinen guten Freund gebührend anzuhalten, daß er ihm etliche Personen, die dergleichen Reden geführet, nahmhafft mache, auch so dann entweder selbige injuriarum belange, oder von ihnen deutlichere Bezeugung des gemeldeten Passagiers heraus bringe, und ferner Sich seinethalben in denen Post-Charten erkundige, auch endlich wieder ihn an gehörigem Orte seine Injurien-Klage anstelle. V. R. W.
VOrnehme Standes-Personen oder auch Hohe Reichs-Stände
§. II. Und zu diesen letzten Fall referire ich nicht ohne Ursache gegenwärtiges Attestat, welches ein sehr vornehmer und berühmter Reichs-Stand einem seiner Unterthanen ertheilet hatte, und das ich Anno 1695. mense Januario bey gewissen Inquisitions-Acten wieder Hans Adam M. wegen einer stuprirten Weibes-Person antraff, indem der Herr Graff, der das Attestatum gegeben hatte, sonsten, und wenn er nüchtern war, für einen klugen und sehr vernünfftigen Herrn passirte, und folglich zu Ausfertigung oder Unterschreibung dieses Attestats bey grosser Trunckenheit muste seyn gebracht worden. Das Attestat lautet also:
Demnach Uns der erbahre junge Geselle Hans Adam M. Rothgerber allhier um ein glaubwürdiges Attestat in Unterthänigkeit angelanget; Als haben wir solches Ihm nicht verweigern können. Attestiren hierbey, aus obrigkeitlicher Macht; daß, so lange er unser Unterthan ist, Wir von Ihm nichts unrechts gehöret haben. Weilen aber anietzo in Schwängerungs-Sachen mit Christina S. mit Ihm was vorgegangen seyn soll (Uns aber unwissend). Als sagen wir so weit, daß er nicht Thäter zu dem Wercke sey, sondern drey andre Personen, als ein Corporal, ein Gärtner, welcher in meinen Diensten sich befunden, und ein Strumpffstricker-Geselle, welcher durchgegangen', auch von Ihme schwanger worden, sich zu solchen Sachen gefunden, da Sie gerne diesen Hans Adam, welcher zwey mahl da gewesen, nicht in Unehren, Sie gerne wolle zur Ehe haben, wegen Reichthums halben, damit die andern möchten durchschlüppern. Und so weit ist mein Attestat.
(L. S.) Graff X. Y. Z.
ES ist wahr, daß die Advocaten nach dem ietzigen Zustande des Teutschen Rechts
und der darinnen eingeführten Gerichts-Processe, unentbehrlich sind, und daß ein
ehrlicher und auffrichtiger iedoch vernünfftiger Advocate nicht alleine ein
grosses
§. II. Dergleichen tumme Kerl sind gemeiniglich diejenigen, die dieCorporale haben,
gebraucht, und geschähe also seinen Bauren eine Ehre, daß man Sie durch dieses
Wort denen Tagelöhnern, ja gemeinen Handwercks-Leuten in Städten vorzöge und
denen Corporalen gleich achtete. Ich dächte, ich hätte mit diesem Vorschlag
schon
§. III. Aber dieses ist die Rabulisterey unsers Zungendreschers nichtAbsurde allegation der Gesetze
aus dem Corpore juris.
Ich bitte, Sie mögen consideriren, daß 1. etc. 2. quod màndatarius ex delicto non teneatur, si mandatum effectui non datum. Nun aber stehet man ja nicht in judicio extremo, den Herrn von S. zu actioniren, in Gegentheil will ich vor dessen Hoch-Adeliches Wohlseyn als ein Christ bitten.
Ich bin versichert, der Leser werde sich die Zeit Lebens vorher nicht eingebildet
haben, daß in diesen beyden allegirten Texten stehen solte, daß, oder wie man
vor Adelicher Personen Wohlseyn Christlich bitten solle; ja ich bin versichert,
er werde es auch noch, indem er die Texte auffschlägt, ja wenn er sie schon
auffgeschlagen hat, nicht glauben. Zu dem so hat der allegirte lex de furtis
nicht 19. paragraphos. Und wenn du auch den Advocatum entschuldigen woltest, er
hätte diese allegata nur ein wenig zu weit herunter geruckt, indem sie
eigentlich nach denen Worten: si mandatum effectui non datum. hätten gesetzet
werden sollen, auch an statt l. 53. §. 19. de furtis l. 52. §. 19. eod. und an
statt l, 53. §. 1. de V. S. l. 53. §. ult. in fine eodem gelesen werden müste,
so würde doch auch diese Entschuldigung seine Tumheit nicht
bedecken, indem die darinnen enthaltenen Worte die allegirte Regul nicht
beweisen, vielweniger sich auf den gegenwärtigen Handel schicken, zumahlen da
das formale delicti allhier eigentlich in der provocation an das jüngste
Gerichte, nicht aber in Stehung für demselben oder in der daselbst angestelleten
Anklage bestünde.
§. IV. Wenn ich nun dieses alles und das gantze Wesen der Zungendrescher überlege; so mercke ich zugleich dabey an, daß die gröbsten und tummesten Fehler, die von Vornehmen und Reichen aber dabey nicht gelehrten Partheyen in gerichtlichen Sachen begangen werden, nicht so wohl diesen, als hauptsächlich Ihren Advocaten, oder Justitiariis zugerechnet werden müssen, und daß dannenhero auch diejenige ungemeine Thorheit, die oben bey dem 7. Handel §. 3. errehlet worden, nicht dem Gerichtsherrn Sempronio selbst, sondern seinem klugen gerichts-Director sehr wahrscheinlich zuzuschreiben sey, auch von diesem die schönen Vorschläge von dem Scharff-Richter, und die scrupel ratione fori sehr vermuthlich hergekommen.
ES ist ein Richter billig zu betauren, wenn er einen Zungendrescher zum Feinde hat, nicht weniger ein rechtschaffener Advocat, wenn er für einem feindseligen und ungerechten Richter zu practiciren hat. Jedoch müssen auch beyde Theile nicht alles zu Poltzen drehen, sondern ein Theil mit des andern seinen menschlichen Fehlern und Schwachheiten Gedult haben, zumahl ein Advocat mit dem Richter, weil ordentlich dieser jenem mehr, als jener diesen schaden kan. Aber ein Zungendrescher beobachtet dieses nicht, und trachtet auff alle Weise denen Richtern, für denen er zu thun hat, nach Vermögen zu schaden, wie gegenwärtige Frage zeiget, die Anno 1694. ein Quaerent, der sich Christoph Wahrenbergen zu Salgast nennete, an Uns abschickete.
Es befindet sich bey einem gewissen Collegio in Sächsischen Landen ein Vice
Director, welcher sich sonsten gegen Sempronium die Zeithero feindselig und
verdächtig erwiesen, und als diesem unlängst vom Collegio, wiewohl ohne
gesuchtes Erkäntniß über diesem und andere vorfallende puncte, eine poenal
Auflage, binnen 14. Tagen in Sachen Ihn und Titium betreffende etwas zu
praestiren, in das Hauß geschicket worden, hat er sich daher graviret befunden,
und ad. Superiorem eine Appellation am
N. N.
hat er dem Nuncio befohlen, er solle die Stunde bey solcher registratur beniemen,
da er die Verordnung überbracht habe, ob nun wohl der Nuncius sich
entschuldiget, es wären schon 11. Tage verflossen, er habe die Stunde vergessen,
und es sey bey dem judicio nicht bräuchlich, noch er darauff verpflichtet, die
Stunde der insinuation dieser oder jener Auflage zu beniemen, so hat er doch
darauff gedrungen, er solte dennoch zu dem Actuario gehen, und die Stunde
melden, in Meinung, es werde so eine heraus kommen, daß gesaget werden könne, es
sey die Appellation zu spät und nicht intra decendium eingelauffen, der Nuncius
aber hat, weil er die Stunde eigentlich nach seinem Berichte nicht gewust, und
die Appellation am 10. Octobr. 1693, hor. 3. pom. eingekommen, die Insinuation
der Auflage lieber zu spät als zu frühe angeben wollen, und dahero hor. 5, pom.
des 30. Septembr. beniemet, welche der Notarius oder Actuarius voriger
registratur außer der Zeile mit anderer Dinte und Feder einge flicket. Ob nun
wohl dardurch der Vice-Director seine intention nicht erreichet hat; So erscheinet doch daraus die
inimicitia und der animus nocendi, daß er sich, indem er getrachtet, Sempronium
um die Appellation, folglich auch in Schaden und Straffe zu bringen, verdächtig,
auch eines falsi theilhafftig gemacht, in mehrer Betrachtung, daß Sempronius ein
jus quaesitum vor Eingebung der appellation soweit erlanget gehabt, daß bey
insinuation der Verordnung und der relation vom 2. Octobr. 1693. keine Stunde
registriret gewesen, als dessen er sich vor Eingebung der Appellation am 9ten
und 10ten. Octobr. erkundigen, und die Acta oder registratur durch einen
Canzelisten ansehen lassen, der keine Stunde darbey gefunden, und versichert
hat, es stünde der gantze Tag offen, darauff er sich, und zwar um so viel mehr
verlassen, weil neglecta horae registratura debito tempore remedium interpositum
praesumiret wird,
dem Vice-Directori aber nicht gebühret hätte, nach eingegebener Appellation in
die vor 11. Tagen gemachte registratur, quae recepit omnem perfectionem, exlongo
intervallo etwas neues, dem Sempronio praejudicirliches, mit wiederrechtl.
Erforderung der Stunde (zumahln er aus der registratur ersehen, wie Sempronius
absens & horam ignorans gewesen,) in Meinung, etwas wiedriges zu
eliciren,
wie er dann auch auff solche Weise die registratur, ob sey der Zusatz (hor. 5.
vesp.) am 2ten Octobr. 1693. bey deren Verfertigung, wie sichs uno actu
gebühret, schon darbey gewesen, falsch gemachet, indem dieses erst 11. Tage
hernach, und nach eingereichter Appellation geschehen, und nun weder der
Actuarius, daß die registratur am 2ten Oct. 1693. wie sie jetzo lautet, gewesen,
noch der Nuncius, daß er diese Stund eigentlich wisse, schweren kan, woraus dann
eine Unrichtigkeit derer Acten und viele inconvenientien entstehen,
welcherhalben Ihr. Churfürstl. Durchl. zu Sachsen in einem Mandato sub dato
Dreßden den 14ten Dec. 1669. in Appendice Corporis juris Saxonici befindlich vor
ein falsum indistincte, es sey ipso actu schädlich oder
nicht, zu halten, und mit der inquisition 100. 200. auch 300. Thlr. Straffe
denjenigen zu belegen befohlen, der in denen Acten, und eingebrachten Gesetzen,
sowohl denen registraturen derer fatalium und insinuation derer citationen
ichtwas ändere, auslösche, hinzuthue oder corrigire; So wäre man auch sonsten
niemahls gesichert, daß es bey dieser oder jener registratur verbleibe, sondern
müste stets besorgen, daß noch etwas eingerücket werde, und die jura statuiren
ausser dem, daß ein falsum begangen werde, si quis in literis publicis quid
celaverit, deleverit, corruperit, adjecerit; Quod hic primo intuitu ex
diversitate literarum & atramenti, interlineatura, intervallo &
tarditate apparet, & probatur per testes,
es ist auch ad crimen falsi gnung, falsum praejudicare potuisse, licet actu non praejudicaverit,
cum potentia actui proxima habetur pro actu ipso,
Diesem nach gelanget an meine Hochgeehrte Herren mein dienstl. Bitten, Sie wollen geruhen, nach Uberlegung des casus und dessen Umständen, mir, ob aus angeführten und andern beywohnenden Ursachen durch angezogene Veränderung derer Acten und registratur ein falsum begangen, und der Vice Director, der es also vor sich angeordnet, sich dessen theilhafftig gemachet, wieder Ihn auch, sonderlich nach erwehnten Churfürstl. Mandat, mit der inquisition zu verfahren, ingleichen als suspectum vom Sempronio unter andern daher zu excipiren sey? Ihr Rechtl. Erachten mit Beyfügung oder Zurückgebung dieser Frage, um die Gebühr zu eröffnen; Worneben ich verbleibe etc.
§. II. Ob es nun wohl dem Quaerenten, wie du siehest, an Latein Erstes und
allegatis nicht fehlete, so erhielte er doch kein responsum nachseinem Responsum. Gefallen.
Hat ein gewisses Collegium in Sächßl. Landen ohnlängst Sempronio in Sachen, Ihn
und Titium betreffend, eine poenal Auflage in das Hauß geschickt, worwieder
Sempronius am zehenden Tage hernach eine Appellation eingesendet; Hat der
Vice-Director besagtes Collegii, als er befunden, daß bey der Relation des
Nuncii,) wann neml. Sempronio erwehnte Auflage infinuiret worden) nur der Tag,
nicht aber die Stunde der Insinuation registriret worden, dem Nuncio befohlen,
solche Stunde zu melden, auch, als selbiger nach vorhergegangener
Entschuldigung, daß er, weil schon eilff Tage verflossen, die Stunde eigentlich
nicht benennen könte, endlich eine, wiewohl falsche Stunde ausgesaget; Hat der
Notarius oder Actuarius selbige voriger Registratur ausser der Zeile mit anderer
Dinte und Feder eingeflicket, und Ihr wollet berichtet seyn: Ob dißfalls nicht
ein falsum begangen, und wieder den Vice-Director, der sich dessen durch eine Anordnung theilhafftig
gemacht, dieserwegen mit der Inquisition zu verfahren;
Ingleichen: Ob nicht Sempronius dahero wieder selbigen
als suspectum excipiren könne:
Ob Ihr nun wohl anführet, daß dieses von dem Vice. Directore vorgenommen worden,
Sempronium um das fatale Appellationis interponendae zu bringen, auch bey der
Insinuation dergleichen Auflagen nicht gebräuchlich sey, horam insinuationis in
die Relation zu setzen, massen dann bey solchen Auflagen nicht, wie bey denen
Urtheilen das fatale Appellationis de momento in momentum lauffe; und da ja hora
insinuationis registriret werden sollen, es sich gebühret hätte, selbige
absonderlich zu machen, und die vorige Registratur nicht zu corrigiren; zumahlen
da in dem Churfür stl. Sächßl. Mandat sub dato Dreßden den 14. Septembr. 1669.
ausdrücklich enthalten, daß dergleichen Correcturen indistincte für ein falsum
zu halten, und wieder den Verbrecher mit der Inquisition zu verfahren, auch das
Delictum selbst mit 100.
§. III. Es muste aber dem Advocato wohl sehr viel daran gelegen seyn, daß er den Haupt-Proceß durch dergleichen Streiche aufhalten könte, drum gab er uns geschwinde neues Geld zu lösen, erhielte aber dennoch noch in eben selbigen Monat kein annehmliches Responsum.
Haben Wir auff eine von euch in diesem Monath an Uns ergangene Frage den
Vice-Directorem eines Collegii in Sächßl. Landen betreffend, ein Responsum
ertheilet, daß die auff Veranlassung des Vice-Directoris gemachte registratur
noch zur Zeit pro crimine falsi nicht zu achten, noch deswegen wieder Ihn mit
der inquisition zu verfahren, Euch aber hierbey unbenommen sey, wieder selbige
exceptionem suspectijudicis bescheidentlich zu opponiren, und ihr wollet ferner
berichtet seyn: Ob denn nicht eine General-Inquisition
des facti halber, es betreffe nun solches den Vice-Directorem, Actuarium oder Nuncium, anzustellen, und biß diese questron
erörtert, mit dem Verfahren in der Haupt-Sache in Ruhe zu stehen:
Ob nun wohl von Euch angeführet wird, daß von Uns in vorigem responso inter
rationes decidendi gesetzet worden, daß aus Eurem vorigen Bericht nicht zu
sehen, ob der Vice-Director befohlen habe, die Registratur der falschen Stunde
in die erste Registratur einzuflicken, nunmehro aber sich befinde, daß der
ES ist schon oben beym 4. Handel §. 1. erinnert worden, daß in
§. II. Nemlich wir wurden in Martio 1694. gefragt; Ob die Herren von W. dadurch, daß Sie einem Koch ein privilegium in einer von denen Ihnen gehörigen Städten ertheilet, der Hohen Fürstlichen Landes-Obrigkeit in Ihre regalia eingegriffen, und deßwegen Bestraffung oder einen Verweiß verdienet hätten. Wir antworteten folgender massen:
Haben die Herren Gebrüdere von dem W. Andreas, einen Koch Anno 1685. ein privilegium ertheilet, daß bey allen in ihren Aemtern, Gr. und W. und deren dazu behörigen Dorffschafften sich begebenden Hochzeiten, Kind-Tauffen und andern Gelagen, ihre Unterthanen, wenn ein Hauß-Wirth einen Koch zu haben und zu gebrauchen verlangen, diesen Mr. Andreas vor andern zum Koch gebrauchen, und bey 2. Thlr, Straffe keinen fremden nehmen noch holen solten; Als aber die Herren Concedentes aus erheblichen Ursachen hernach dieses Privilegium wieder cassiret und auffgehoben, hat sich besagter Koch an die Fürstl. Regierung nach B. gewendet, und 2. Befehlige daselbst extrahiret, in welchen den Herren von dem W. untersaget werden wolle, daß sie sich künfftig der Ertheilung dergleichen privilegien enthalten solten. Ob nun wohl wieder die Herren von dem W. angeführet wird, daß das jus concedendi collegia & privilegia unter die einem Reichs-Stande gehörige regalia & jura superioritatis territorialis zu rechnen sey, welche ad reservata principum gehöreten, auch die Reichs-Fürsten und Stände solche mit ihren Vasallen gar nicht zu theilen, noch durch Affter-Lehn, zum praejudiz ihrer Fürstl. dignität und Hoheit zu transferiren pflegten, auch hiernächst das dem Koche ertheilte privilegium einem monopolio sehr nahe kömmt, und nach gemeinen Rechten bekant, quod causa monopoliorum pro valde odiosa habeatur;
D. a. d. weyland Fürst Wolffgang etc. Anno 1514. das Schloß und Städtlein Gr. mit
Stadt-Recht und Weichbild, mit Backen, Brauen, und allen Handwercken,
ES ist nicht alleine höchst löblich, sondern es gehöret auch gewisser
§. II. Aber das sind gar rare Gerichts-Secretarii. Es ist vielmehr eine Zeit her
auffgekommen, daß man auch die verwirresten und in vielen voluminibus, oder
etlichen hundert numeris bestehenden Acten denen Collegiis zuschickt, und kurtz
und gut (nemlich daß es besser dauchte) begehret, über dasjenige, was in dieser
Sache Rechtens sey, ein Urtheil zu verfertigen. Und wir dürffen uns deßwegen
nicht wohl darüber beschweren, oder deßhalben an dem Ort, da es nöthig,
gebührende Erinnerung thun; weil auch diejenigen, die geringern collegiis in
diesem Stück mit guten Exempeln vorgehen solten, Ihre commodität desto besser zu
gebrauchen, von der alten löblichen Mode unserer Vorfahren, (wie aus denen alten
Schöppen-Urtheln und derer Formalien zu sehen) schon eine gute Weile abgegangen,
und die Last denen Collegiis juris auf den Halß geweltzt, und also sich
dergestalt in Possess gesetzet, daß Sie vermuthlich exceptionem spolii
demjenigen opponiren würden, der Ihnen die Acta zu formiruug einer deutlichen
Urtheils-Frage zurücke schicken würde. Durch diesen Fehler wird nicht allein die
justiz protrahiret, sondern auch die Urtheile theurer gemacht. Die
Gerichts-Secretarii oder Actuarii haben die Acta (als mit denen Sie täglich
umgehen und die dazu gehörigen Sachen expediren,) innen, oder können doch mit
einer sehr geringen Mühe den statum controversiae aus denenselben vorsuchen, und
wenn solches geschiehet, brauchen die referenten in denen Collegiis nicht so
viel Zeit, die ungeheuren volumina Actorum durchzusehen, und mit vieler Mühe und
Schweiß zu suchen, wo es sitze, und auff was für eine Frage zu sprechen sey,
welches gar offte erst in denen letzten
§. III. Andere fragen zwar special genung, und mehr als sich gebühret,ad Acta zu bringen etc.
§. IV. Gleichwie aber insgemein alle Achselträgerey und Hämischkeit allenthalben verhast ist, und denen armen mit diesen Laster behaffteten Leuten selbst den grösten Verdruß macht; Also kan denen, welchen diese observation undeutlich vorkommt, folgendes responsum, das Anno 1694. mense Martio nomine Facultatis ertheilet worden, durch ein gar artiges Exempel dieselbige erleutern und bekräfftigen, zumahlen da daraus zu sehen, daß auch gantze Collegia sich mit solchen ungebührlichen Dingen prostituiren können, wie denn das responsum an ein gewisses Stadt-Raths Collegium ergangen.
P. P. Hat die Kramer-Innung zu N. eine retorsion wieder J. W. L. übergeben, woraus hernach ein weitläufftiger Process entstanden, und haben beyde Partheyen einander in Gesetzen mit unterschiedlichen Anzüglichkeiten angegriffen; Als man nun in dieser vorigen Sache Anno 1692. mense April von der Juristen-Facultät zu Jena ein Urthel eingehohlet, ist in dem Urthel besagte Anzüglichkeiten der Partheyen zu bestraffen, übergangen worden; Haben wieder besagtes Urthel beyde Partheyen Leuterung eingewendet, da dann geschehen, daß als wegen beklagter ihrer Leuterung von der Juristen-Facultät zu Leipzig ein Urthel gefodert worden, daß der Stadtschreiber, mit Bewilligung des Ober-Bürgermeisters der Urtheils-Frage ein Postscriptum beygefüget und in selbigen gefraget: Ob nicht und wie hoch die Partheyen wegen der im ersten Termino gebrauchter Anzüglichkeit zu bestraffen wären, worauf erfolget, daß in dem Urtheil deßhalb Klägern 5. Thlr. Beklagten aber 15. Thlr. Straffe dictiret worden; Haben sich Beklagte hierüber in Actis zu unterschiedenen mahlen beschweret, zumahlen da das Postscriptum nicht alsofort zu der Urtheils-Frage, ad acta geschrieben worden, sondern besage der Registratur Volumine 2. fol. 81. b. erst über ein Jahr darzu kommen, Sie auch in Erfahrung gebracht, daß der Stadt-Schreiber über dieses noch in einem Beyschreiben die Sache an den Actuarium der Juristen-Facultät zu Leipzig recommendiret, und haben Sie endlich dergleichen Beschwerung so wohl wegen dieser als anderer Ursachen bey der Hoch-Fürstl. Landes-Regierung übergeben, und deßwegen unterschiedene Gnädigste Befehle extrahiret; Ist in diesen Befehlen einen sub dat. 13. Jan. 1694. enthalten, daß die Kramer-Innung unter andern fürgestellet auch bescheiniget, daß ermeldter Stadt-Schreiber sich in der Sache ziemlich partheyisch erwiesen, und Sie wollen berichtet seyn: Ob dann die von der Kramer-Innung und dero Advocato dem Stadtschreiber inculpirte Partheylichkeit in actis und sonderlich in der eydl. deposition über den fol. 3. Vol. X. befindlichen 19. Articul zur Gnüge fundiret?
Ob nun wohl die Kramer-Innung Vol. IV. fol. 26. & seqq. wieder den
Stadt-Schreiber weitläufftig anführet, daß ihm die freye Hand etwas zu laxe
gelassen werde, und dadurch Ihnen der Process dermassen schwer und wiedrig
gemacht worden, daß,
Dieweil aber dennoch durch die in dem Vol. 4. fol. 137. & seqq. befindl. Bericht auff diese Beschwerungen geantwortet worden, und nebst dieser Beantwortung aus denen in dieser Sache ergangenen Actis hinc inde für den Stadtschreiber angeführet werden mag, daß dieser gantze Proceis auch auf Seiten der Kramer-Innung ärgerlich, & cum variis indiciis pruritus litigandi geführet worden, und der Stadtschreiber das offtgedachte Postscriptum nicht für sich, sondern mit consens des Burgermeisters verfertiget, auch endlich Johann Beyer in dem extract dict. fol. 3. Vol. X. eydl. ausgesaget, daß der recommendation-Brieff an den Actuarium zu Leipzig dieses Innhalts gewesen: Er solte sich der Acten halber bemühen, daß sothane odiöse Sache in Güte beygeleget würde; Er könte dadurch E. Hochweisen Rath einen sonderbahren Gefallen erweisen, indem unterichiedliche Raths-membra in der Sache mit interesfiret, Selbige auff einander sehr erbittert, und also dieses dem Rathe sehr praejudicirlich wäre; So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß die dem Stadtschreiber imputirte Partheylichkeit dadurch und sonderlich durch die eydl. deposition über den fol. 3. befindl. 19ten Articul noch nicht völlig erwiesen, sondern er mit seiner Nothdurfft darwieder noch ferner zuhören sey.
Auff die 2. Frage E. W. V. R. Wollen sie ferner berichtet sey, ob nicht die fol.
126. seqq. Vol. 4 & fol. 23. seqq. Vol. X. wieder sie reiterirete
Anzüglichkeit und die wieder den Stadtschreiber geschehene inculpation pro
injuria intuitu officii zu achten. Ob nun wohl, wann jemand eine Obrigkeit oder
dero Bedienten zur Ungebühr
Auf die 3. Frage erachten W. V. R. Wollen Sie letzlich berichtet seyn, ob wegen besagten inculpationen wieder die Kramer-Innung und deren Advocaten inquisitorie, ingleichen wieder den Advocatum, wenn er in ihrer jurisdiction angetroffen würde, mit leidlichen Arreste und der suspension a Praxi zuverfahren sey?
Ob nun wohl wieder diejenigen, so eine Obrigkeit intuitu officii injuriren, gar wohl inquisitorie verfahren werden mag, auch solcher gestalt nach Gelegenheit der Umstände arrestatio & suspensio a praxi intuitu Advocatorum statt finden;
Dieweil aber dennoch offterwehnte inculpation, als in vorgehender Frage ausgeführet worden, pro injuria intuitu officii nicht zu achten, auch ferner der fol. 137. & seqq. Vol. 4. befindliche Bericht mit harten und anzüglichen terminis wieder die Kramer-Innung und deren Advocaten angefüllet ist: Solchergestalt aber, wenn schon von der Kramer-Innung und ihrem Advocato eine injurie intuitu officii wieder Sie ausgestossen worden, dennoch per vindictam privatam vindictae publicae per inquisitionem expediendae praejudiciret worden, auch endlich so wohl Vol. 4. als Volumine sub X. klar ausweisen, daß diese gantze Sache annoch coram Principe anhängig sey, und daselbst exceptio suspecti judicis ventiliret werde, bey dieser Bewandniß aber dieselben nicht zugleich partis & judicis personas vertreten können:
So möchte auch wieder die Kramer-Innung und deren Advocaten wegen der inculpation nicht inquisitorie verfahren, noch dieser mit Arrest und suspensione a Praxi beleget werden; Es ist Ihnen aber unbenommen, ihre exculpation coram Principe gebührend und bescheidentlich vorzubringen, auch daselbst, daß ihnen dadurch zuviel geschehen, auszuführen, und gehörige Bestraffung zu suchen, V. R. W
ES gehöret zwar zu eines treuen Predigers Lehr-Amte, daß, weil die
§. II. Gleichwie aber die Exempel eine Sache deutlicher vorstellen, so wurden
Anno 1694. mense Aprili an unsere Facultät Acten geschickt, ein Urtheil darinnen
zu sprechen, allwo folgender Handel zu befinden war: Es war an einem Ort ein
Bürgermeister gestorben, mit dem der dasige Superintendens nicht in guten
Vernehmen gestanden hatte. Da nun dieser begraben wurde, that Ihm ein Prediger
eines benachbarten Orts die Abdanckung, lobte, wie gewöhnlich, den verstorbenen
Bürgemeister, mochte
§. III. Nichts desto weniger hatte der Superintendent, da er dieserwegenrationibus.
Auff Klage, Antwort geführten Beweiß und ferners Rechtl. Einbringen in Sachen Bürgermeister Johanns zu St. Witwen und Erben, wie auch Ehrw. Conrad Daniels, Pastoris zu H. Kläger an einem, Ehrw. Andreä Senioris zu St. Beklagten andern Theils erkennen etc. Daraus so viel zu befinden, daß Beklagter vermittelst eines leibl. Eydes sich zu reinigen, und daß er in der am 8. Trinitatis Anno 1692. in der Predigt vorgebrachten, und N. 9. & 17. Actor. interrog. gener. 25. befindlichen Erzehlung durch den verstorbenen Mann, der sehr übel gelebet, nicht Bürgemeister Johannsen, und durch den benachbarten Prediger vom Lande, der die Abdanckung gethan, nicht klagenden Pastorn zu H. gemeinet, nach vorhergegangener ernstl. Verwarnung für der schweren Straffe des Meineydes, worzu ein anderer Prediger zu gebrauchen, zu schweren schuldig, er thue nun solches oder nicht, so ergehet darauff ferner was Recht ist. V. R. W.
Ob wohl Beklagter beständig leugnet, daß er durch die am 8. Trinitatis 1692. in
der Predigt vorgebrachte Erzehlung weder den verstorbenen Bürgermeister noch den
Pfarrer zu H. gemeinet, auch Klägere ihre articulos probatoriales dergestalt
nicht eingerichtet, daß was bündiges pro ipsorum intentione daraus zu schliessen
wäre, sondern
Dieweil aber dennoch Beklagter durch den N. 9. ad Acta gegebenen extract seiner Predigt, und durch das interrogatorium generale 25. d. N. 17. gestanden, und von den Zeugen ad d. inter. 25. bekräfftiget worden, daß Er daselbst befindlicher massen gepredigt, und solche Erzehlung ziemlich gezwungen auff den locum communem von falschen Propheten appliciret worden; hiernechst die meisten Umstände der Erzehlung auff die dem Bürgermeister von dem Pfarrer zu H. geschehene Abdanckung sich ungezwungen appliciren lassen, und Beklagter mit dem Bürgermeister testantibus Actis zuvor hero in schwerer Feindseeligkeit gelebet, auch dessen feindseeliges Gemüthe gegen den Verstorbenen aus dem interrogatorio generali 1) als welches zu nichts, als den Verstorbenen zu verunglimpffen, bey diesem Process nütze ist, mercklich abzunehmen ist, hiernechst der Pastor zu G. (wieder den Beklagter nichts gegründetes, das ihn verdächtig machen möchte, ausgeführet,) ad art. probat. 4. eydlich ausgesaget, Beklagter habe zu Zeugen für des Bürgermeisters Leiche gesaget: Loben muß man ihn nicht, denn die gantze Stadt weiß, wie Er gelebet, und testes 5. &. 11. ad interrog. 4. artic. bezeugen, Beklagter (welcher es doch leugnet) habe in der Erzehlung eines fürnehmen oder reichen Mannes gedacht, absonderlich aber der Umstand, daß der, so die Abdanckung gethan, zum Beschluß gesaget, du Heuchler etc. gar zu special ist, und zu dem loco communi von den falschen Propheten gar nichts thut, auch mit des Pfarrers zu H. Worten, deren er sich zum Beschluß seiner Abdanckung, besage der Zeugen ad artic. 30. gebrauchet, gantz übereinstimmet: So hat zwar wegen vieler anderer in der Erzehlung befindlichen Umständen, die mit dieser Abdanckung nicht übereinkommen, nicht definitive erkant werden mögen. Es hat aber aus obigen Ursachen Beklagter starcken Verdacht wieder sich erwecket, weswegen auff das juramentum purgationis und weil er in Actis hin und wieder diese Erzehlung mit vielen unwahrscheinlichen Umständen zu coloriren sich bemühet, auff die Zuziehung eines Predigers in sententia reflectiret werden müssen.
ES ist zu beklagen, daß der meiste Theil unserer Lutherischen Prediger
§. II. Aus diesen Betrachtungen hat unsere Facultät Anno 1694. inResponsum über den rubricirten Handel.
Hat derselbe, als Er nach seines Collegen und Pastoris Abzuge an dessen Stelle zum Pastore im Hertzogthum Magdeburg erwehlet worden, mit denen Kirch-Vätern und Vorstehern sich dahin verglichen, daß von dem annuo salario, welches seine Antecessores gehabt, und in 224. Thlr. und zwey Wispel Brod-Korn bestanden, in Ansehen des Ihme vorgestelleten schlechten Zustandes der Kirchen, Er überhaupt mit 200. Thlr. und 1. Wispel Korn zufrieden seyn wolle. Haben hierauff die Kirch-Väter und Vorsteher seinem Successori im Diaconat, an statt des gewöhnlichen und auch Ihme zuvor gereichten Salarii an 135. Thlr. 168. Thlr. versprochen, und wollen nunmehro die Kirch-Väter Ihme auff sein Anhalten die völlige Besoldung seiner Antecessorum nicht reichen.
Ob nun wohl die Kirchen-Vorsteher vorgeben, daß Sie einmahl mit Ihme um das Salarium überhaupt gehandelt, und transactio sonsten rei judicatae in denen Rechten gleich geachtet wird, auch die bekante Rechts-Regul, quod ante erat voluntatis, ex postfacto fit necessitatis, Ihme in Wege zu stehen scheinet; Dieweil aber dennoch demselben die Kirch-Vorsteher durch das Vorgeben, als wäre die Kirche in schlechten Zustande, ad transigendum induciret, dieses Vorgeben aber, indem Sie dem Diacono sein Salarium alsbald gesteigert, offenbahr ungegründet gewesen, und auch die transactiones gar wohl ex Capite doli rescindiret werden mögen, und Ihme der gantze Titulus Decretalium, ut Ecclesiastica beneficia sine diminutione conferantur billig zu statten kömmet; Ferner bewährter Rechts-Lehrer Meinung nach, ejusmodi pacta & transactiones pro turpibus gehalten werden,
adeo, ut Pastor non excludatur a majoris salarii petitione, cum pactorum, quae contra bonos mores sunt, nulla sit obligatio.
Uber dieses die Churfürstl. Brandenb. im Hertzogthum Magdeburg publicirte Kirchen-Ordnung
ausdrücklich dergleichen pacta untersaget; So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß denen Kirch-Vätern und Vorstehern nicht zu gelassen gewesen, Ihme an dem gewöhnlichen Salario etwas abzubrechen, Ihm auch nicht praejudiciren könne, daß Er das verschmälerte Salarium einmahl angenommen, sondern es sind die Kirchen-Vorsteher und Kirch-Väter demselben dasjenige, was Sie Ihme fallen zu lassen, überredet, nachzuschiessen, und hinführo das völlige Salarium in der masse, als dasselbe seine nächsten Antecessores gehabt, zu reichen schuldig, V. R. W.
DIe Handwercke und Innungen in denen Städten haben zwar eigentlich keine
jurisdiction und obrigkeitliche Gewalt; aber Sie haben doch etwas, das derselben
gleich kömmt, und Zunffte-Zwang oder sonsten genennet wird: Und zeiget es die
Erfahrung, daß, wie man im gemeinen Sprichwort zu
§. II. Der Leser kan bey Lesung des gegenwärtigen responsi, zu demResponsum für die
Innungen.
Seyd Ihr bey der Cramer-Innung zu N. Cramer-Meister, auch von der Innung nebst
andern zum Syndico zu Abthuung der Processe und Einrichtung anderer der Innung
zum besten zu reichenden Dinge bestätiget worden, und habt durch den
Cramer-Bothen an etliche Innungs-Verwandte, die in denen praestandis, so sie der
Innung schuldig, säumig gewesen, etliche mit den Kramer-Innungs-Siegel
versiegelte Erinnerungen zugeschicket, worinnen ihr Sie in Nahmen der sämtlichen
Kramermeister und Innung ihrer Schuldigkeit erinnert, und Ihnen praestanda zu
praestiren auferleget, auch darbey gewisse Warnungs-Clausulen angehenget, daß
wiedrigen Falls Sie gewärtig seyn solten, daß man Sie judicialiter belangen
würde, oder daß nach den Innungs-articuln und privilegiis ergehen solle, was
Recht ist, darbey auch bey etlichen diese Worte zu befinden: Wornach Er sich zu
achten, und vor Schaden zu hüten. Haben etliche von denen, an welche diese
Verordnungen ergangen, nicht nur selbige verachtet, sondern seynd auch
dieserwegen für den Rath zu N. klagbahr worden, und ist vor gedachten Rath
jüngsthin in dieser Sache ein Abschied ergangen, daß die Kramer-Innung der sich
gebrauchten ungebührlichen Auflagen halber mit 25. Thlr. billig zu bestraffen,
und Ihr dergleichen ferneres Unternehmen nachdrücklichen zu
Ob nun wohl von dem Rath zu N. vorgegeben werden möchte, daß die Kramer-Innung für ein privat-collegium zu achten sey, dem keine obrigkeitl. Gewalt zukomme, und folglich auch nicht gebühre, denen Innungs-Verwandten etwas schrifftliches unter der Cramer-Innung Siegel und mit dergleichen in denen Gerichtl. Auflagen gewöhnlichen Clausulen aufzulegen, wannenhero durch die von Euch auff diese Weise geschehene Auflagen Ihnen ein Eingriff in ihr obrigkeitliches Amt geschehen, und eine jede Obrigkeit wohl befugt sey, dergleichen Eingriffe wieder Ihre Unterthanen selbst mit einer Geld-Busse zu bestraffen; Hiernechst auch wohl bey denen Kramer-Innungen nicht eben gewöhnlich zu seyn pfleget, daß Schrifftl. Andeutungen und Auflagen, zumahlen unter dem von Euch gebrauchten stilo ergehen, sondern gemeiniglich man solches durch den Kramer-Bothen mündlich verrichten lässet. Ob wohl auch ferner der Mit-Cramer-Meister und andre Innungs-Verwandte vorgeben, Sie dörfften diese Eure facta nicht praestiren: Weil die Cramer-Meister für Ihre eigene facta stehen müsten, der Mit-Cramer-Meister aber die von Euch geschehene Auflage nicht verstünde, Ihr auch alle Schrifften der Cramer-Innung in Händen hättet, und hierbey nicht zu leugnen, daß nach der gemeinen Rechts-Regul keinem eines andern sein factum imputiret werden mag, an allermeisten aber verbothene und unzuläßliche Dinge auff denen, so solche verrichten, allein hafften, und Niemand, der mit ihnen in eine Gesellschafft verbunden ist, auffgebürdet werden mögen;
D. a. d. Ihr in denen geschehenen Auflagen und Erinnerungen nichts als der
Cramer-Innung Bestes und Nutzen gesuchet, die Cramer-Innung auch befugt ist,
vermöge des 9ten Innungs-Articuls bey den Innungs-Verwandten in irrigen Sachen
gütlichen Vergleich zu versuchen, auch in geringen Dingen biß auff 12. gl. hoch
Straffe zu dictiren, ferner Euch als Cramer-Meister und bestellten Syndico
obgelegen, die säumigen Innungs-Verwandte ihrer Schuldigkeit zu erinnern, auch
nirgend verbothen ist, solches schrifftlich zu thun, und nicht alles, was
ungewöhnlich ist, für strafbahr zu achten, und heute zu Tage die
Gerichts-Obrigkeit nicht, wie vor Alters, an gewisse Formulen gebunden ist, noch
sich Unter-Obrigkeiten gewisse Formulen zueignen, und dem, so sich solcher
bedienet, als einen, der ihnen einen Eingrieff gethan, bestraffen mögen;
absonderlich aber Ihr in denen Auflagen Euch würcklich nicht einer dem Rath
zukommenden und Eurer Innung nicht zustehenden obrigkeitlichen Macht oder poenal
So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß der Rath zu N. nicht befugt sey, weder die Kramer-Innung noch Euch wegen der in obbeschriebenen terminis und Umständen ergangenen schrifftlichen Auflagen, zu bestraffen. Hingegen aber der Mit-Cramer-Meister Matthias und die andern Innungs-Verwandten Euch in dieser Sache gebührenden Beystand zu leisten, sich mit Bestande Rechtens nicht entbrechen können. V. R. W.
ES ist eben nichts seltzames, daß ein Mensche von andern umgebracht,
§. II. Hactenus bene. Aber nun wendet sich das Blat. Jederman wunderte sich nicht
nur über den plötzlichen Tod, sondern auch über die geschwinde Begräbniß, und da
etwan die noch lebende Schwester nebst dem Bruder denen curiösen Gemüthern nicht
einerley beständige, sondern zimlich variirende Antwort wegen der Umstände des
Todes mochten gegeben, oder auch wohl gar gegen eine und andre vertraute Person
etwas gedacht haben, daß sich die Tode erhangen hätte; entstand noch vor der
Begräbniß ein Gemurmel, als ob die beyden Geschwister die todte erhangen hätten,
und deßwegen so mit der Begräbniß eilten, damit dieses Schelmstück verborgen
bleiben solte; es war aber dieses noch so kräfftig nicht, daß es dem
ordentlichen Amtmann oder dem Priester hätte bewegen sollen, die geschwinde
Begräbniß aufzuschieben, ob gleich deßhalben Ansuchung geschehen war. Dieser
Umstand vermehrte den Verdacht, und wurde
§. III. Ja man fieng hiernächst auch an, wieder den Amtman undadjungirten
Amtmanns.
§. IV. Nach Erwegung dieser bißhero erzehlten Umstände kan nun ein unpartheyischer Leser unser allhier beygedrucktes Urtheil mit Bedacht lesen und überlegen, ob wir bey diesem gleichwohl zweiffelhafften und etwas verwirrten Handel das rechte Pflöckgen getroffen, oder, wenn er nicht unserer Meinung ist, sich selber über den Handel machen, und unser mense Majo 1694. gesprochenes Urtheil pro lubitu verbessern oder verschlimmern.
P. P. Seynd Esaias und Johanna Christina in Verdacht, daß Sie Marien Elisabeth
Ihre Schwester gewaltsamer Weise ertödtet, geben aber beständig vor, daß besagte
Maria Elisabeth sich selber auff dem Heuboden erhänget hätte. Ob nun wohl besage
der Registratur Fol. 1. ein allgemeiner Ruff entstanden, ob habe Esaias seine
Schwester umgebracht, und bey Wiederauffgrabung und Besichtigung des Cörpers der
Medicus fol. 15. dafür gehalten, daß, weil die Hände gebunden, und an dem Halß
ein wenig Haut abgezogen gewesen, die Todte sich nicht selbst erhangen, auch
sonsten bey der Besichtigung dict. fol. 15. hin und wieder an dem Cörper andre
indicia gelittener Gewalt zu befinden gewesen; Ferner Inquisit Esaias etliche
Stunden zuvor, der Todten ein paar Ohrfeigen gegeben, die Entleibte auch zu erst
gefunden haben will, zu Johannen Christinen in die Küche kommen, einen Strick in
der Hand gehabt, und zu ihr gesaget: Er habe seine Schwester von dem Stricke
abgelöfet: beyde Inquisiten hier auff ohne Beyruffung anderer Personen, die
Todte allein von den Boden herunter getragen, die Erhenckung verschwiegen, auch
Esaias Johannen Christinen instruiret, daß sie seinen mit der Getödteten
vorgehabten Zanck, und daß sich die selbe selbsten gehencket,
D. a. d. wieder Johannen Christinen kein genugsames indicium ad inquisitionem
oder capturam bey den Acten zu befinden, Esaias aber besage der Actorum fol.
So erscheinet hieraus und aus den Acten allenthalben so viel, daß Johanna Christina von der wieder sie angestelleten Inquisition zu absolviren, und nach geleisteten Uhrpheden der Hafft wieder zu erlassen, so dann aber mit den Zeugen Eyde zu belegen, und zu befragen: Ob Ihr nicht wissend, auff was Weise Maria Elisabeth ihr Leben geendiget? Und ob Esaias dieselbe mit angethaner Gewalt ums Leben gebracht? Dafern sie nun bey ihrer vorigen Aussage verbleiben, oder nichts, so den Esaias weiter graviren möchte, aussagen solte, ist auch wieder diesen in Ermanglung anderer indicien weiter nichts vorzunehmen, sondern Er wird ebenmäßig nach geleisteten Uhrpheden der gefänglichen Hafft wieder erlassen, jedoch ist er die Inquisitions-Unkosten nach geschehener Liquidation und Moderation zu bezahlen schuldig, und wird das Concept der an uns abgegangenen Urthels-Frage zuförderst zu den Actis inquisitionalibus gebracht; Es ist demselben auch unbenommen, dasjenige, was wieder den Prediger zu G. von Ihm berichtet worden, bey den Fürstl. Consistorio zu N. zu fernerer Untersuchung anzubringen. V. R. W.
WIr haben bißhero wiederum allerhand casus, die ad jus privatum
P. P. Es ist in hiesiger Käyserl. Freyen-und des H. R. Reichs-Stadt Goßlar ein geistliches Stifft gelegen, welches Käyser Henricus Glorwürdigsten Andenckens Anno 1051. und also 150. Jahr eher, denn die Stadt Goßlar das Stadt- und Bürger-Recht überkommen, in honorem Beatae Mariae Virginis & SS. Simonis & Judae ut & Matthiae Apostolorum fundiret und gestifftet hat. Dieses Stifft haben nicht allein die Römischen Päbste, sondern auch die Glorwürdigsten Käyser (welches gleichsam ein seminarium aller Ertz- und Bischöffe durchs gantze Römische Reich gewesen, und Capella Imperii, und dessen Canonici Capellani Regii genannt worden,
absonderlich Friedericus Barbarossa, und Henricus IV. laut in originali
vorhandener Diplomatum, jetzo in Copia sub lit. A. & B. beygeleget, mit
herrlichen und gantz sonderbaren Privilegien, mit dem jure immunitatis,
& omnimodae exemtionis begnadet und begabet, wobey es die Successores in
Imperio nicht allein Gnädiglichst gelassen, sondern es hat Ferdinandus III.
Imperator Invictissimus im Jahr 1647. über die in Anno 1637. Allergnädigst
ertheilte Consirmation der Privilegien noch besonders zu mehrern Nachdruck des
Stiffts mit einem ernstlichen Protectorio und Schutz-Briefe versehen, laut
Beylage sub lit. F. welche Privilegia samt und sonders biß auff die jetzige
Käyserl. Majest. inclusive sind confirmiret und bestätiget worden. Es haben sich
aber je zu Zeiten inter Senatum & Capitulum einige Miß-Verstände
ereignet, welche aber bald darauff durch gewisse Verträge gehoben worden. Vor
ohngefehr 5. Jahren aber haben de novo allerhand Wiederwärtigkeiten und
Zunöthigungen an Seiten des Raths sich hervor gethan, indem derselbe nicht
allein eine jurisdiction vi juris territorialis über Unser Stifft und dessen
Eingesessene sich wollen anmassen, sondern auch dasselbe nach eigenen Gefallen
mit Collecten und anderen
wodurch Wir Unseres dafürhaltens in possessorio geschützet worden. Es haben sich aber Bürgermeister und Rath der Stadt Goßlar daran nicht gekehret, sondern haben nach der Zeit einen Eingriff nach den andern, eine Thätlichkeit nach der andern, ja gar eine Beschimpffung nach der andern wieder Unser Stifft, und dessen Zugehörige, ohngeachtet unterschiedlicher von Unseren Gnädigsten Erb-Schutz-Fürsten und Herren, Herren Rudolph Augusti und Herren Anthon Ulrichs, Hertzoge zu Braunschweig und Lüneburg Fürstl. Fürstl. Durchl. Durchl. an sie abgelassenen ernstlichen Vermahnungs-Schreiben ausgeübet; biß sie endlich, da ihnen einige extrema angedrohet worden, zur Güte sich zu accommodiren, sich erbothen, und weilen Wir dabey alle Ursach der Mißhelligkeiten gerne aus dem Grunde um beständigen Friedens willen wolten gehoben sehen, als haben Wir über Erheblichkeit oder irrelevanz beyderseits fundamentorum eines unpartheyischen Judicii Uns zu bedienen rathsam ermessen. Selbige nun bestehen ex parte Senatus darinnen.
1. Daß Civitas Goslarienfis ein unmittelbahrer Evangelischer Reichs-Stand sey, mit der superioritate territoriali, und darab dependirenden Jurisdiction in Geist- und Weltlichen, Civil und Criminal Sachen, über alle und jede Dero Bürger und Einwohner von Uhralters her begnadet und begabet, und daß niemand von ihrer jurisdiction, nisi per pacta, sich eximiren könne.
2. Daß vermöge Passauischen Vertrags, und darauff erfolgeten Religions-Frieden, die Jurisdictio Ecclesiastica contra Augustanae Confessionis addictos suspendiret, und jure superioritatis ad Status Imperii devolviret worden.
3. Daß vermöge Instrumenti pacis Caesareo-Svecici, art. 5. §. quaecunque Monasteria, weil Senatus Anno 1624. primo Januarii in possessione jurisdictionis Exemtae nostrae Ecclesiae gewesen, derselbe dabey zu manuteniren.
4. Daß besage Capitulationis Leopoldinae §. und zum dritten, Käyserl. Maj. denen
Ständen des Reichs sich verobligiret, dieselbe bey ihren Hoheiten, Recht und
Gerechtigkeiten zu lassen, niemanden ein Privilegium dawieder zu ertheilen, und
da
Ex parte nostra wird nachfolgender gestalt geantwortet, und zwar
1. Das das jus superioritatis territorialis über diejenige, welche zwar in territorio wohnen, aber nicht de territorio sind, und welche ab initio per Privilegia Caesarea srey und exemt gewesen, sich nicht erstrecke.
2. Daß per Transactionem Passaviensem & subsecutam pacem Religionis diejenigen Stiffter, welche niemahlen Episcopo vel Archiepiscopo subject, sondern a primis incunabulis exemt, und immediate sub Caesare & Imperio gewesen, ihrer exemtion dadurch nicht verlustig worden.
3. Daß die possessio primo Januarii 1624. in facto nicht erweißlich sey; sondern Wir können darthun, daß Wir damahls so wohl, als nach der Zeit actus possessorios jurisdictionis exemtae verrichtet, Bürgermeister und Rath haben Uns auch noch Anno 1655. in subsidium juris requiriret, coram Capitulo Zeugen zu verhören; item, daß sie in ihrem, zwey Jahr ante motam hanc litem ad Aulam Caesaream abgeschickten Vorbericht praemeditato für Unterthanen, so Ihrer Käyserl. Majest. und dem H. R. Reich immediate unterworffen, Uns erkläret, desgleichen, daß sie ante motam litem das praedicat eines Käyserl. freyen Exemt-Stiffts Uns ohnstreitig beygeleget. Daß Wir auch per Inhibitionem in aula Caesarea in possessione geschützet worden, & quod, qui hodie possidet, etiam olim possedisse praesumatur.
4. Daß die Käyserl. Wahl Capitulation am angezogenen Ort Uns nicht nachtheilig
sey. Denn Käyserl. Majest. hätte sich zwar pacts-Weise verbindlich gemacht,
Fürsten und Stände des Reichs bey ihrer Hoheit, Recht und Gerechtigkeit zu
lassen. Es hätte aber solches nicht den Verstand, als wenn Käyserl. Majest. sich
verobligiret, alle andere immediat Reichs-Unterthanen ihrer von uhralters her
gehabten Privilegiorum und Exemtionum zu berauben, und daß kein eintziger Ort im
Römischen Reich ab ordinaria jurisdictione Magistratus mehr exemt, und immediate
Caesari und Imperio unterworffen seyn solte, sondern daß hinkünfftig dergleichen
Exemtiones
§. II. Ob nun wohl das darauff verfertigte responsum grösten theilsResponsum.
P. P. Ist das Stifft S. S. Simonis & Judae zu Goßlar von langen Zeiten
her, absonderlich aber von Käyser Friderico Anno 1188. und Heinrico Anno 1234.
nebst Ertheilung anderer privilegien, auch mit dem privilegio exemtionis
versehen, und zu einen freyem Käyserl. exemt Stifft gemacht worden, auch bißhero
in ruhiger possess immedietatis & exemtionis blieben; Hat vor wenig
Jahren der Magistrat der Reichs-Stadt Goßlar über besagtes Stifft eine
jurisdiction sich angemasset, und als man dieserwegen bey dem supremo judicio
aulico zu Wien klagbahr worden, auch allergnädigste Rescripta pro manutenenda
possessione erhalten, hat denenselben doch auff Seiten des Raths nicht
nachgelebet werden wollen; Hat sich endlich
Ob nun wohl auff Seiten des Magistrats angeführet werden möchte, daß die Stadt Goßlar ein unmittelbahrer Evangelischer Reichs-Stand sey, der mit der Superioritate territoriali und der davon dependirenden Jurisdiction in Geistl. und Weltlichen, Civil und Criminal Sachen über alle und jede Bürger und Einwohner in territorio begabet sey; Hiernechst nicht nur vermöge Passauischen Vertrags und darauff erfolgten Religions-Frieden jurisdictio Ecclesiastica contra Augustanae confessioni addictos suspendiret und jure Superioritatis ad status Imperii devolviret worden, sondern auch instrumentum Pacis Caesareo Svec. art. 5. §. quaecunque Monasteria 24. in dieser Controvers klahre Maaß gäbe, indem darinnen ausdrücklich verordnet, daß welche Clöster-Stifftungen und andere Geistliche Güther, die der Augspurgischen Confession verwandte Stände den 1. Jan. 1624. in Besitz gehabt haben, Sie dieselbe auch hinführo in Besitz behalten, und hierwieder keine exeintion weder vor dem Passauischen Vertrag und Religions-Frieden oder nach denselben vorgeschützet oder die distinction, ob solche Güter in oder de territoriis wären, attendiret werden solte, und aber Senatus Goslariensis 1. Jan. 1624. in possessione Jurisdictionis über das Stifft zu Goßlar gewesen wäre. Ferner besage Capitul. Leopold §. und zum dritten etc. Käyserl. Majest. denen Ständen des Reichs sich verbunden, Niemand ein Privilegium wieder der Stände Hoheit zu concediren, und da einige vor oder bey wehrenden Kriege darwieder ertheilet worden, dieselben gäntzlich zu cassiren; Auch endlich denenselben das von Käyser Ferdinando III. ertheilte Protectorium wenig zu statten kommen möchte, indem dergleichen protectoria auch wohl mittelbahren Unterthanen aus gewissen Ursachen pflegen ertheilet zu werden, auch ohne dem die in ihrem Protectorio sub. F. erhaltenen Worte
auch darwider NB. ausserhalb ordentlichen Rechtens nicht bekümmern
selbsten dahin weisen, daß die Protectoria nur wieder unrechtmäßige Gewalt, & salva jurisdictione consveta gegeben werden.
Dieweil aber dennoch das Stifft quaestionis schon vor langen Jahren, und da man
bey denen heutigen freyen Reichs-Städten von der Superioritate territoriali
wenig oder nichts gewust, zu einem unmittelbahren und eximirten freyen
Reichs-Stifft gemacht worden, und was so wohl in den Religions-Frieden, als
instrumento Pacis de suspensa Jurisdictione Ecclesiastica, eaque ex possessione
d. 1. Jan. 1624. judicanda enthalten, nur auff solche Casus, wann zwischen
unterschiedenen Religions-Verwandten Streitigkeiten vorfallen, zu ziehen ist,
dergleichen aber allhier nicht zu
DIser gegenwärtige casus wurde auch anno 1694. in unsere FacultätAutoris zur
selbigen Zeit.
§. II. Barbara Labarenzin, Martin Peroltzens Eheweib zu Cößlin war wegen Hexerey in die inquisition gezogen worden, und waren in Actis folgende hauptsächliche indicia wieder Sie befindlich. (1.) Daß Anno 1690. Ihr Mann Klage wieder einen Knecht, der Ihr Hexerey schuld gegeben, geklagt, die Sache aber liegen lassen; (2.) Daß eine Hexe, Tobias Beckers Wittbe Inquisitae bey der Confrontation unter die Augen gesagt, daß Sie von ihr der Inquisitin vor 15. Jahren Zaubern gelernet, auff einen Teuffel, Nahmens Hanß, umgetaufft, und Maria genennet worden, auch mit Ihr öffters auf dem Blocks-Berge gewesen sey, wie nicht weniger zu zweyen mahlen andern Leuten das Bier-Brauen verderbet habe. (3.) Soll Sie besage testis 1. & 7. summarischer Aussage Hanß Köpens eines Hüters Frau voll Läuse gemacht haben, als Ihr diese wegen eines Zancks, der unter Ihren Kindern vorgangen, etwas vorgehalten gehabt. (4.) Soll Sie nach summarischer Aussage testis 4. Christian Mendens Kinde rechten Arm und Hand lahm gemacht haben, weil dieser mit Ihrem Mann Streit gehabt. (5.) Soll Sie, wie Testis 5. summarisch deponirt, David Drosen und seiner Frauen Geschwüre angehext haben, weil diese letzte Anlaß gegeben haben soll, daß Inquisitae Eydam mit in Krieg genommen worden. (6.) Soll sie besage summariae depositionis testis 7. Hanß Köpen die rechte Hand im Gelencke entzwey gehext haben, weil er Ihres Bruders Frauen, die in einem bösen Geschrey gewesen, sich nicht habe annehmen wollen. (7.) Soll Sie Marien Hildebrands Tochter taub und stumm gehext haben, wie aus der Registratur von 27. Julii 1694. so immediate nach denen articulis inquisitionalibus folget, zu sehen. (8.) Soll Sie Caspar Weißkamms Tochter, besage der drauff folgenden Registratur von 25. Julii behext haben. (9.) Soll Ihr der Inquisitin besage articuli inquisitionalis 120. seq. sehr bange gewesen seyn, als Peter Scharrings Wittib gleichfalls als eine Hexe justificirt und zum Thore ausgeführet worden. Ob nun wohl diese indicia gar leicht und legaliter in etliche 20. oder 30. inquisitional-Artickel gebracht werden können, so hatte doch der judex more per inquisitores magnae pravitatis introducto über 150. Artickel befragt, und das Weib ware doch so hartnäckigt gewesen, und hatte alles beständig geleugnet.
§. III. Nun wäre diese Hartnäckigkeit zwar secundum naturam singularem &
privilegiatam processus magici hactenus recepti alleine genung gewesen, diese
Inquisitin vom Morgen biß auff den Abend durch die schärffste tortur zur
Geständniß der beschuldigten Hexerey zu bringen. Alleine der Richter hatte ex
superfluo, und der inquisitin das
§. IV. Wieder diese indicia führet der Inquisitin defensor folgende exceptiones an: Ad (1) daß der Inquisitin Mann wegen Armuth den Proceß liegen lassen müssen. Ad (2) daß solchen Hexen nicht zu glauben sey. Ad (3) Es folge nicht, daß Sie diese Läuse gemacht hätte; Zudem müste testis 1. ad interr. 3. art. prob. 6. selbst gestehen, daß Sie keine Droh-Worte von der Inquisitin gehöret. Ad (4) Sey die 4. Zeugin testis in propria causa, unica, deponire de auditu alieno, wisse auch ad art. 19. nicht einmahl, ob Inquisitin oder Ihre Schwester die Drohworte geredet. Ad (5) Es stünden ja test. 5. & 6. selbst in den Gedancken, daß die Geschwüre aus bösen Geblüte entsprungen, in resp. ad int. 3. art. probat. 27. Ad (6) Gestünden gleichfalls test. 1. & 2. ad interr. 1. art. prob. 37. Sie hätten keine Drohworte von der Inquisitin gehöret, und sey der Armbruch erst drey viertheil Jahr hernach erfolget, welches juxta art. 44. der Peinlichen Halß-Gerichts-Ordnung keinen Verdacht mache. Ad (7) Gestunden test. 9. & 10. ad art. 40. selbst, es habe Inquisitin nichts verdrossen, ingleichen ad inter 1. art. 41. daß die Tochter schon vor zwey Jahren taub gewesen. Ad (8) Inquisita habe zwar Streit mit der Zeugin gehabt, könte aber niemand sagen, daß Sie gedrohet, auch testis 11. & 12. ad interr. 1. art. 46. nicht sagen, wie lange hernach die Lähmung erfolget.
§. V. Nachdem ich den bißher erzehlten extract ex Actis ad referendum
verfertiget, bemühete ich mich zu Uberlegung und Abfassung meines voti des
Carpzovii Criminalia, ingleichen den Malleum
Daß wieder Barbaren Labarentzin in Ermangelung anderer Indicien ferner nichts vorzunehmen, sondern Sie ist nunmehro nach geleisteten Urpheden der gefänglichen Hafst zu erlassen, jedoch seynd diese Acta wohl zu verwahren, und ist auf ihr Leben und Wandel fleißig acht zu geben, Sie ist auch die auff diesem Proceß ergangene Unkosten nach vorhergegangener Liquidation und richterlicher Ermäßigung zuerstatten schuldig. V. R. W.
§. VI. Nun verdrosse es mich aber nicht wenig, daß bey diesem erstenrationes
decidendi.
Ob wohl die wegen Hexerey verbrannte Anna Strackefelds bey der Confrontation
Inquisitin in die Augen gesaget, daß Sie vor ohngefehr 15. Jahren von der
Inquisitin Zaubern gelernet, und von Ihr einen Teuffel Hans genannt in einer
Neige Kohl bekommen, auff denselben umgetauffet und Maria genennet worden,
ingleichen daß Inquisitin mit ihr öffters auffn Blocksberge gewesen, und zu 2.
mahlen andern Leuten das Bier-Brauen verderbet; Hiernechst Inquisita von andern
Zeugen beschuldiget worden, daß Sie Läuse gemachet, und etliche Personen durch
Hexerey gelähmet,
§. VII. Ich vermuthe wohl, daß noch viele von denen Lefern seyn möchten, die auff
den noch leider mehr als zu gemeinen Schlendrian grosse Stücken zu halten
pflegen, nemlich daß die denunciation und Aussage justificirter Hexen ein
starckes indicium wieder andre denuncirte sey, und würde es vergebens seyn, mit
Leuten, die muthwillig an praejudiciis hangen, in einer ordentlichen
vernünfftigen disputation sich einzulassen, sondern wenn man selbige gewinnen,
oder doch zum wenigsten Ihnen Ihre Thorheit höflicher Weise zu verstehen geben
will, muß solches per indirectum geschehen, & tanquam aliud agendo.
Dannenhero wird es Ihnen verhoffentlich nicht unangenehm seyn, wenn ich Ihnen
folgende Historie vorstelle, und Sie bitte, sie möchten doch solche wohl und
reiflich überlegen, zumahlen da dieselbe in Anfang Ihre Meinung vertheydiget. Es
hat ein Grosser Herr in Teutschland zween Geistliche zu seiner Tafel beruffen,
Männer von sonderbarer Geschicklichkeit und Frömmigkeit; Unter der Mahlzeit
fieng der Fürst zu den einen also an zu reden: Mein Herr Pater, meynet ihr auch, daß wir biß daher recht daran gethan, indem
wir auff zehen oder zwölff Besagungen deren, so diese oder jene auf den
Zauber-Täntzen gesehen zu haben bekennet, dieselbige angreiffen und torquiren lassen; Ich besorge sehr, daß der Teuffel als
ein tausendkünstiger Bösewicht seine Bundsgenossen in viele Wege betriege, und
daß es demnach mit den Besagungen, darauff man biß hieher gegangen, ein
unsicheres gefährliches Ding sey, zumahlen weil so viel fürnehme gelehrte Leute
dieser Anzeige Pater, was dünckt euch dabey. Hierauf fuhr der Pater so bald heraus (wie dann diejenigen, welche kaum vier Schuh vom
Kachel-Ofen kommen, in ihren Discursen sich übel moderiren können) und sagte: Ey Gnädiger Herr, was ist
nöthig, daß wir uns hierbey viel Beschwerung machen, last uns ja nicht meynen,
daß der allmächtige GOtt das zulassen werde, daß ehrliche unschuldige Leute
solchergestalt solten geschändet werden, derowegen ists unvonnöthen, daß ein
Richter, wann er so viel Besagungen wieder jemanden hat, sich ferner ein
Gewissen machen wolte, sondern er kan darauf sicher fortfahren. Als nun der
Fürst hiergegen replicirete, und zwischen ihnen beyden
die Sache beyderseits disputiret worden; der Geistliche
aber auf seiner Meinung steiff und feste beharrete, endigte der Fürst diese disputation mit nachfolgenden Worten: Es ist mir, Herr
Pater, vor euch leid, daß ihr das Urtheil mit euern
eigenen Munde schon wieder euch gefället, und derowegen euch nicht zu beschweren
habt, daß ich euch beym Kopffe nehmen und ins Gefängniß führen lasse, angesehen,
daß ihrer unter funffzehen nicht seyn, welche alle mit einander bekannt haben,
daß ihr mit ihnen auff dem Zauber-Tantze gewesen seyd, und damit ihr nicht etwan
meinet, als ob ich schertze, so will ich alsbald die Acta herbringen lassen, da könt ihr auch selbst drinne lesen, und werd et
darinnen finden, daß ihr von so viel Zeugen überwiesen seyd. Da stunde der gute
Gesell wie Butter an der Sonnen in Hundstagen, und konte nichts vorwenden, weil
er sich selbsten zu schanden gemacht hatte, und war seine vorige Beredtsamkeit
plötzlich in ein stummes Stillschweigen verkehret. Diese Historie erzehlet der
Autor cautionis eriminalis, dubio 48. p. 347. Und hat man wohl ehe Exempel, daß
die Hexen gemartert, und ungemartert Ihre eigene Richter angegeben haben.
§ IIX. Nachdem also die bey mir bißhero gewesene persvasion vonActen.
§. IX. Und zwar so geschahe es noch eben dasselbige 1694. Jahr, daß im Monat
October von dem Königlichen Dänischen Cantzley-Rath und Justitiario des Amts
Steinburg Herrn W. H. Masio aus Itzehoe andre Hexen-Acta an Uns geschickt
wurden. Diese betraffen ein alt Weib, welches ein Mägdgen von 9. Jahren
beschuldigt hatte, daß Sie von Ihr Mäuse machen lernen; und war von dem Fiscal
und denen Defensoribus beyder Inquisiten ernstlich mit einander disputiret
worden; ob nicht die Alte, die nicht gestehen wolte, daß Sie dem Mägdgen Mäuse
zu machen gelehret, und das Mägdgen, das sonst weiter nichts weder wieder sich
noch wieder die Alte aussagen wolte, torquiret werden solten. Es wurden dabey
von beyden Theilen schöne allegata legum & doctorum auff allen Seiten
angebracht, auch das Mäusemachen des Mägdgens mit den Schlangen
§. X. Der andere casus, der sich folgends 1695. zugetragen, undper pacta mit dem Teufel gethan zu haben freywillig
ausgesagt.
§. XI. Ob ich nun wohl gesonnen bin, künfftig denen Juristischen Händeln auch andre merckwürdige Hexen-Händel mit einzumischen, so wird man sich doch nicht wundern, daß obbesagte zwey casus, ob Sie schon sehr merckwürdig sind, werden ausgelassen werden, weil sie allbereit schon an gedachten Ort zu finden sind. Die von Herr D. Reichen daselbst p. 682. biß 774. angeführten dritten und vierten Acta Magica betreffend, gehen selbige Unsere Facultät nicht an, indem dieselbe anno 1676. item 1689. passirt, da Unsere Facultät noch in der holen Weyde lag, und nicht concipirt worden war. Ich kan mich auch nicht mehr besinnen, woher Herr D. Reiche diese Acta bekommen hatte: Sie sind aber auch dergestalt nach denen principiis des gemeinen Schlendrians gehalten und darinnen auch nach dieser Melodey gesprochen worden; daß wohl daß Haupt-Absehen damahls gewesen, sie beydrücken zu lassen, ut opposita juxta se posita magis elucescant.
ES muß hier zuförderst repetiret werden, was oben bey dem II.General-Anmerckungen.
§. II. Denn allhier stellet sich ein solcher Handel vor, da zwey
Schulmeisterapplication auff gegenwärtiges responfum.
P. P. Hat dessen bißheriger Schulmeister Heinrich W. bey dem Consistorio zu A.
unterschiedenes wieder denselben, sonderlich aber grobe injurien, wormit Er
seine Vorgesetzten in Consistorio angetastet haben solle, denunciret, es auch
damit so weit gebracht, daß die Herren Consistoriales die Sache genau zu
untersuchen, die angegebenen Zeugen abzuhören, ihn darüber zu vernehmen, ferner
mit der gebethenen defension pro avertenda inquisitione zu zulassen, und die
Acta so dann in einen gewissen Schöppen-Stuhl zu versenden, Commissarios
angeordnet; hat besagter Schöppen-Stuhl, als die Acta dahin verschicket worden,
zu Recht erkennet, daß derselbe nicht allein mit der Special-Inqnisition zu
verschonen, sondern auch wegen zugezogenen Schimpffes, Schadens und Unkosten
seinen Regress an die denuncianten zu nehmen befugt sey, welches Urtheil aber
demselben nicht publiciret, sondern von dem Consistorio die Acta anderweit, nach
Rechtl. Erkäntniß versendet, und in der neuen Urthels-Frage diese Umstände: Daß
derselbe licentioes in Reden und bereits wegen dergleichen mit dem vorigen
Kirchen-Patrono gehaltenen Irrungen und Wiederwärtigkeiten translociret: item:
Sie könten nicht begreiffen, wie der Schöppen-Stuhl so gelinde sprechen könne,
eingerücket, und darbey gebethen worden, dieses mit zu erwegen, und ad Acta und
anderweit zu sprechen; Hat ferner das Collegium, wohin die Acta zum andern mahl
gesendet worden, die vorige sentenz corrigiret, und daß er wegen derer wieder
das Consistorium angegebenen Injurien, und daß er solche nicht ausgestossen,
eydlich sich reinigen solte, erkennet, worauff das Consistorium anbefohlen, daß
diesem letzten Urtheil nachgegangen, zur Eydes-Leistung ein termin anberaumet,
oder aber eine Frist zu dessen anderweitigen defension verstattet werden solle,
und derselbe will anfänglich berichtet seyn: Ob die in seiner defension benennten Zeugen und Personen gestalten Umständen nach de jure habiles und Ihn so fort ad
purgatorium graviren können, oder ob sie nicht vielmehr wegen ihrer
vielen und grossen defecte ipsojure zu verwerffen, und
es dahero bey der absolutoria zu lassen
Ob nun wohl Heinrich W. in seiner denunciation wieder denselben viele üble Dinge mit specialen Umständen angegeben, und sich dißfalls fürnehmlich auff 2. Zeugen, nehmlich dessen eigenen Substitutum Johann T. und den gewesenen Schulmeister zu R. Heinrich K. bezogen, in übrigen aber 2. Zeugen, wann sie gleich nicht omni exceptione majores, dennoch eine praesumtion ad juramentum purgatorium reo imponendum machen können.
Dieweil aber dennoch, so viel den denuncianten Heinrich W. betrifft, derselbe per
testes defensionales und attestata Seinem Bericht nach graviret wird, daß Er ein
übles Lob habe, ein Dieb, und ab officio removiret sey, auch noch zu W. in
peinlichen Processe stecke, mit demselben (Quaerenten) in offenbahrer
Feindschafft lebe, und sich berühmet habe, wenn Er mit dem Substituten es nur
dahin bringen könne, daß demselben das Handwerck geleget würde etc. Ferner
dessen Substitutum Johann T. praesumtion ad
inquisitionem specialem oder juramentum
purgatorium wieder denselben machen können, sondern es billig bey der
ersten sententia absolutoria zu lassen sey.
Will derselbe ferner berichtet seyn, ob die Herren Consistoriales ihm die sententiam absolutoriam
mit Bestande vorenthalten, und ein ander Urtheil wieder ihn einholen, auch nach
Anleitung desselben ihn nunmehro zur Eydes-Reinigung anhalten können;
Ob nun wohl in causis Criminalibus die von einem Richter zu seiner Information eingehohlten Urtheil keine andre als probabilem autoritatem haben, und wenn der Richter aus erheblichen Ursachen dieselben den Rechten und Acten nicht gemäß zu seyn erachtet, ihm bey einem andern Collegio sich Raths zu erholen, nirgends verbothen ist, auch ferner in processu inquisitorio hauptsächlich auff diesen Umstand zu sehen, ob ein reus eine solche Person sey, zu der man sich der angeschuldigten Mißhandelung zu versehen habe, und dannenhero die Herren Consistoriales nicht ohne Grund bey anderweitiger Verschickung der Acten obspecificirte Umstände in die Urthels-Frage mit eingerücket zu haben scheinen.
Dieweil aber dennoch, was von der Freyheit eines Richters, die Acta anderweitig
zu verschicken, angeführet worden, nur von dergleichen sententiis zu verstehen
ist, die eine Consistorialibus billig publiciret und es darbey gelassen;
Auff die dritte Frage; Ob wieder den Substitutum und
beyde Schulmeister wegen der vermittelst eydlicher Zeugnisse und attestaten
dargethanen Verbrechen, die Inquisition anzuordnen:
erachten W. V. R.
Ob wohl von jeder Obrigkeit dahin zu sehen, daß die Mißhandlung gebührend gestrafft, und wieder anrüchtige Personen inquiriret werde;
Dieweil aber dennoch die bey der ersten Frage benenneten Anschuldigungen, damit
derselbe seinen Substitutum und die beyden Schulmeister beleget, also
beschaffen, daß auff dieselben wegen vieler varirenden Umstände auff eine
eintzele Frage nicht zugleich geantwortet werden mag, indem etliche zu
übersehen, und nur bloß fidem testium minuiren; etliche ohne weitläufftige
inquifition eine Vorhaltung oder einen Verweiß verdienen, wegen der gröbsten
aber, als daß Heinrich W. Forellen gestohlen, und der Kirchen zu Warenburg 8.
Thlr. entwendet haben soll, der sothane Anschuldigung bescheinigende Rotulus
testium, aus dem die hier zu wissen nöthige Umstände zu ersehen, nicht
mitgesendet worden; und in übrigen diese Frage mehr das interesse publicum, als
desselben privat interesse angehet; So ist demselben zwar indicia an gehörigen Orten einzugeben und zu denunciren; Es wird aber judex
competens, nach Anleitung obbesagter oder anderer Uns noch unbewusten
Umständen ermessen, was auf sothane denunciation zu
verfügen sey, massen derselbe auch für sich hierbey zu beobachten, daß durch
solche denunciation derselbe in Feindschafft gegen
Seinen Substitutum nicht ferner vertäufft werde, oder,
da die indicia ad inquisitionem nicht allenthalben sufficientia seyn möchten, ihm nicht andre
Verdrießlichkeit daraus erwachsen, V. R. W.
§. III. Es ist nachhero ein anderer casus vor ungefehr 12. Jahren anremovirung der Urtheile.
§. IV. Nun möchte sich wohl mancher wundern, wie es doch kommenConsistorial Acten öfters vorkommenden irregularitäten.
§. V. Die Ursachen sind vielerley. Die vornehmsten scheinen folgende zu seyn. 1.
Die noch in vielen Consistorial-Ordnungen beybehaltene reliquiae Papatus
Politici ex jure Canonico, davon ich in meinen notis ad Lancelottum vielfältig
gehandelt, und davon der Herr Hofrath Ludovici in seinem Consistorial-Proceß
cap. 15. §. 2. seq. p. 160. seq. das Exempel, daß in Ehe-Sachen der Kläger der
Beklagtin die Klage nicht in das Gewissen schieben könne, kurtz und deutlich
ausgeführt. 2. Die von denen Evangelischen Theologis und JCtis über dem noch in
praxin Consistoriorum eingeführte und vertheydigte gantz offenbahr nach dem
politischen Pabstthum schmeckende, ja solche zuweilen übertreffende Meinungen,
wie davon eines Theils Carpzovii Jurisprudentia Consistorialis, und das von dem
seel. Cantzler Fritsch zusammen getragene Jus Ecclesiasticum, fürnehmlich aber
D. Christian Webers de jure Consistoriorum darinnen befindlicher Tractat
genungsam bezeugen kan. Und hat Herr Hoffrath Ludovici löblich und wohl gethan,
daß er in besagten seinem Consistorial-Process a §. 1. ad §. 8. capitis 2. dem
Manne seine Blösse, Boßheit oder Unverstand, wiewohl nur in einer einigen zu
seinem Zweck dienenden Frage cordate gezeiget, und sich billig gewundert, daß
dieses gefährliche (und allen Evangelischen Fürsten und dero Juri circa sacra
höchst praejudicirliche) Buch in Evangelischen Landen zum Druck gelassen worden,
und daß sich noch niemand gefunden, der die darinnen enthaltene grobe
Papistische Sätze zu wiederlegen sich unternommen hätte. 3. Die menschlichen
Schwachheiten, die auch denen Herren Consistorialibus ankleben, und die sie gar
füglich durch die beyden ersten Ursachen bedecken können. 4. Daß öffters die
Consistoria mehrentheils mit Theologis besetzt sind, oder diese doch das
directorium entweder öffentlich oder in geheim darinnen haben, und denen es über
die allbereit vorher angemerckte Ursachen, auch noch, wiewohl ohne Ihre Schuld,
an gnungsamer
§. VI. Wie ist aber nun diesem Elend zu begegnen? Dieses ist ebenremedia.
IN eben dem Monat October 1694. als der vorige Handel einlieff, wurde auch folgender an die Facultät geschickt, in welchem ein anderer Priester wegen seines unordentlichen Wandels war in die Inquisition kommen, für deme aber unsere Facultät nicht so favorabel sprechen konte, als vor dem in dem vorigen casu geschehen, weil die Umstände gantz anders waren. Diese Umstände aber kan ich nicht besser beschreiben, als wenn ich den extract aus denen an uns geschickten Actis hersetze, zumahlen da die dem Urtheil beygefügten rationes dieselben etwas zu kurtz und nicht so deutlich referiren.
Der Pfarrherrer P. wird unterschiedlich beschuldiget, und sagen sonderlich in
Num. 6. testis 8. & seq. wieder Ihn aus, daß er sehr späte in die Kirche
käme, und ofte die Leute wieder heimgiengen, daß er oftmahls sehr truncken sein
Amt verrichtete, zu denen Krancken nicht gienge, die Leute auf der Cantzel
angriffe, sein Vieh den Leuten Schaden thun liesse, mit seiner Frau sehr
ärgerlich lebete, mit dem Feuer gefährlich umgienge, daß die Nachbarn in grosser
Gefahr wären, auch schon einmahl Feuer entstanden wäre, sich früh in
Brandtewein, Nachmittage in Brühan und Toback vollsöffe, item sehr fluchte.
Dergleichen auch schon in n. 5. unterschiedene Zeugen berichtet, auch ferner
geklaget, daß Er nicht in die Schule käme, auch die Beichtkinder von seines
Collegens Stuhle weg und zu sich ruffte, worauff n. 8. das Consistorium die
Special Inquisition angeordnet. Num. 9. sind diese Beschuldigungen in gewisse
Inquisitional-Articul gebracht, und der Pfarrer darüber vernommen, der aber
alles negiret, jedoch nachhero als die Zeugen abgehöret werden sollen, ultro
gestanden, daß Er in einigen Sachen zu viel gethan, so nicht aus Boßheit sondern
Schwachheit geschehen, habe auch aus Zorn, weil Er viel Hauß-Creutz ausgestanden
und grossen Abgang erlitten, etwas mehr Brandtewein getruncken, habe aber in
seinem Amte nichts versehen. Die Zeugen sind hierauff eydlich abgehöret, wollen
aber von keiner Gewißheit mehrentheils sagen,
§. II. Von denen contentis der defension ist zwar keine besondererationibus.
In Inquisitions-Sachen C. W. P. Pastoris zu E. unterschiedliche Excesse und
dahero entstandene Aergernisse betreffende, erkennen Fürstl. Braunschw.
Lüneburg. verordnete Consistorial-und Kirchen Räthe zu Wolffenbüttel auf etc.
Daraus so viel zu befinden, daß ermeldter P. in der ihm verstatteten defension
nichts, so ihm zustatten kommen möchte, ausgeführet, weswegen Er wegen seines
beharrlichen ärgerlichen Lebens und Wandels, und so wohl vorher als nach seiner
restitution auffs neue begangenen groben Excesse, nunmehro seines Pfarr-Amts zu
entsetzen, hiernechst auff 8.
Es ist Inquisit, nachdem Er unterschiedlicher Excesse halber ab officio
suspendiret gewesen, act. n. 31. wieder restituiret worden, jedoch mit der
ausdrücklichen Commination, daß bey seinem ferneren üblen Verhalten er ohn alles
Rücksehen, removiret werden soll, wobey ihn ferner n. 32. angedeutet, daß Er
öffentlich pro concione der geärgerten Gemeine eine Abbitte thun, und hinführo
ein unsträflich Leben zu führen, angeloben solte; Welchen Er aber schlecht
nachgelebet, indem nicht nur ex depositione test. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
& 15. ad art. 21. & 22. n. 55. zu sehen, daß Er keine rechte
Abbitte gethan, und solche sehr laulicht und nur conditionate verrichtet,
sondern auch nach solcher deprecation viel grobe excesse begangen, immassen nach
Aussage test. 3. 8. 10. 11. & 12. ad art. 24. sub n. 55. Er so bald
folgendes Tages sehr späthe in die Kirche kommen, auch wie test. 8. 10.
& 12. ad art. 25. berichtet, damahls einen Zanck in der Beth-Stunde
angefangen, aus seinem Stand heraus gekiffen, und mit Ochsen und Flegeln um sich
geworffen; Ferner nach Aussage test. 1. 2. 3. 5. 6. 7. 8. 13. 16. & 22.
ad art. 17. 18. & 19. den Müller in einer Predigt, als derselbe zum H.
Abendmahl gehen wollen, sehr handgreiflich, daß es jedermann mercken können,
heftig angegriffen, ihn einen Epicurer und Teuffels-Kind geheissen, auch sehr
ungeberdig sich darbey bezeiget, ingleichen den Altarmann, als Selbiger beym H.
Abendmahl das Tuch gehalten, injuriret, und einen alten Schelm gescholten, wie
test. 7. & 14. ad art. 35. 36. n. 55. ingleichen test. 2. ad art. 8. n.
57. berichten; Hiernechst derselbe vermöge der Zeugen Aussage ad art. 64.
& 65. n. 55. so wohl in übermäßigen Brandtewein-Trincken, als üblen
Leben mit seiner Frau immer continuiret, es fast schlimmer als zuvor machet, und
die gantze Gemeine dadurch ärgert, auch sonder Zweiffel aus Trunckenheit vor
einiger Zeit nicht nur das Evangelium vor der Epistel abgelesen, sondern auch,
als der andre versicul im Glauben gesungen worden, auff die Cantzel gestiegen
und angefangen zu predigen, daß der letzte Vers des Gesangs zu nicht geringen
Aergerniß der Zuhörer zurück gelassen werden müssen, überdiß Dom. XIII. post
Trin. 1693. als der Müller beym Capellan gebeichtet, mit der Hand auf seinen
Beicht-Stuhl geschlagen, und überlaut zu seinen Beicht-Kindern gesaget: gehet in
Frieden, aber dort sitzet ein Teuffels-Kind und beichtet, darüber der Müller
erschrocken, und ohne absolution zur Kirche hinaus gegangen, vid. test. 3.
& 5. ad art. 1. 2. & 3. n. 57. b. in übrigen aber öffters
truncken zur Leiche, in Beicht-Stuhl und zu den Patienten, denen Er das H.
Abendmahl reichen sollen, gekommen, vid. test. 22. ad art. 10. test. 16. 18.
& 21. ad art. 50. test. 1. 2. 5. & 24. ad art. 31. n. 55. Zu
geschweigen der Excesse, so sich bey letzterer Inquisition zu
Ob nun wohl P. in seiner übergebenen defension zuförderst, daß die Zeugen noch auf seine Interrogatoria abgehöret werden möchten, begehret, auch alle Zeugen suspect zu machen sich angelegen seyn lassen, in übrigen aber niemand wegen seiner Mißhandelung mit doppelter Straffe zu belegen;
Dieweil aber dennoch besage der Acten, Inquisit sich an denen Interrogatoriis unstreitig versäumet, auch wenn gleich ein und anderer Zeuge demselben nicht gewogen wäre, dennoch nicht zu praesumiren, daß die Zeugen in so grosser Anzahl ihr Gewissen mit einem Mein-Eyd beschweret haben solten, zumahl Sie bey der Confrontation-Inquisito seine Begünstigung beständig in faciem gesaget, und sein Vorgeben wieder dieselbigen in der defension zum theil unzulänglich, mehrentheils aber seinem eigenen Geständniß nach unerweißlich, hiernechst eine Menge grober Excesse und Mißhandelungen vorhanden, unter welchen unterschiedene turbationes sacrorum, bey der Beichte und administration des Abendmahls zu befinden, und solcher Gestalt auf die blosse remotion nicht erkennet werden mögen, auch endlich dahin zu sehen, ob nicht, da alle bißherige Vermahnungen und ernstliche Mittel, Inquisitum nicht von seinem Brandteweinsauffen, (welches der Ursprung aller seiner Begünstigung zu seyn scheinet) abwendig machen können; zum wenigsten durch obrigkeitliche Casteyung Er corrigiret werden könne; Als ist obiger massen zu erkennen gewesen.
§. III. Vielleicht wird sich mancher Leser wundern, wenn er die rubricrubric dieses Handels.
§. IV. Brandtewein, Toback etc. werden allhier in weitläufftigen Verstande
genommen, daß Sie so wohl die gemeinen und allen Bauren bekanten species, als
auch diejenigen, die wegen ihrer rarität oder Kostbarkeit mit eignen Nahmen, als
Ros solis, Aquavit, Knaster, körnichter Schnuptoback, u. s. w. pflegen genennet
zu werden, bedeuten. Brandtewein ist so wohl indifferent als der Toback, denn
sonst würde man in Christlichen und vernünfftigen Republiquen dessen Zubereitung
und Handel nicht so lange geduldet haben. Ja Brandtewein und Toback sind alles
gute und nützliche Dinge, die, wenn sie recht gebraucht werden, dem gemeinen
Wesen viel Nutzen bringen, und die Gesundheit des Menschen erhalten, oder die
Kranckheiten vertreiben. Daß sie aber durch den Mißbrauch das Leben verkürtzen,
ist auch nicht zu zweiffeln. Je hitziger, rarer und theurer der Brandtewein ist;
je kürtzere Arbeit macht er. Der Knaster-Toback ist unstreitig lieblicher,
angenehmer und gesunder, wenn er mäßig gebraucht wird als der gemeine Toback;
aber er verderbet auch den Magen, und verkürtzet denen, die Ihn täglich und
übermäßig brauchen, das Leben: Der Schnup-Toback ist so lange eben nicht mode,
daß ich hätte observiren können, ob diejenigen, die sich dessen allzuhäuffigen
Gebrauchs von Jugend auf bedienen, alt zu werden pflegen, welches ich mir aber
indessen schwerlich einbilden kan. Wegen der Seele, und der Ehre ist zwar
gleichfalls zwischen Brandtewein und Toback einiger Unterscheid, aber vielleicht
so groß nicht, als ihn
§. V. Wie ist aber nun diesem Ubel zu helffen: Principiis obsta, sero
§. VI. Nun ware wohl freylich bey diesem letzten casu die Hauptursache, weil
dieser junge Mensch sui juris war, und keinen superiorem hatte, der Ihn zum
Gebrauch des vorgeschlagenen Mittels forciret hätte, wannenhero auch meine
Herren Collegen dafür gehalten, daß es dem Prediger quaestionis für sich
ohnmöglich wäre, sich den Gebrauch des Brandteweins abzugewöhnen, und haben
dannenhero nebst andern auch aus dieser Ursache, in das Urtheil die letzte
clausul einzurücken geschlossen, daß man Ihn im Gefängniß durch Reichung Wasser
und Brodt darzu anhalten und gleichsam forciren solte. Gleichwie ich aber weiter
keine Nachricht erhalten, wie die Sache abgelauffen; Also zweiffle ich doch, daß
dieses Mittel viel dürffte ausgerichtet haben. Die Ursachen meines Zweiffels
können vermuthlich aus dem, was bißhero angeführet worden, leichtlich abgenommen
werden; jetzo will ich nur melden, was Sie etwan vernünfftig bewogen, anderer
Meinung zu seyn. Es ist aus der Historie bekant, daß vor etliche hundert Jahren,
da in Deutschland noch kein Land-Friede eingeführt war, es geschahe, daß eine
Adeliche Person einen Abt gefangen bekommen, und Ihn, biß er sich ranzioniret,
nur mit Wasser und Brod speisen lassen, welches sich etliche Wochen verzogen.
Als nun die Ranzion angelanget, und der Abt von dem Edelmann Abschied nahm,
versahe er es, daß er sich gegen diesen für das Tractament mit Wasser und Brodt
bedanckte, mit der beygefügten Ursache, daß er bißher etliche Jahr her von dem
Podagra vielfältig geplagt worden, und daran grosse Schmertzen ausgestanden
hätte; aber das Wasser und Brod habe Ihn völlig curirt, und getraue er sich
nunmehro durch mäßige Speise und Tranck in dieser Gesundheit zu erhalten. Der
Edelmann antwortete hierauff, er habe diesen Umstand bey determinirung der
Ranzion nicht gewust, und sey nicht mehr dann billich, daß Ihm der Abt auch das
Artzt-Lohn a part bezahle etc. Die Wahrscheinlichkeit
ICh werde vielleicht bey einem andern Handel bessere Gelegenheit
§. II. Indessen ist doch das Geschwätze unter dem gemeinen Volck geblieben, und bildet sich dasselbe noch heut zu Tage die alten Fabeln beständig ein, daß die Jüden gegen Ostern Christen-Kinder zu kauffen und solche zu ermorden pflegten. Dannenhero geschahe es, daß Anno 1694. in October, Acten von Helffte zu uns geschickt wurden, welche wieder einen alten acht und sechzigjährigen Mann, der das Brod für denen Thüren suchte, Andreas Meinarten und dessen Frau Marien Naumanns ergangen waren. Der Mann hatte besage Registratur fol. 1. denen Juden zu Helffte einen Knaben zu verkauffen angeboten, hatte auch solches, als er über articulos inquisitionales vernommen worden ad art. 19. alsobald gestanden, jedoch, daß er es auf seiner Frauen Befehl gethan, und er es vor sich nicht thun wollen, ad art. 24. vorgegeben, auch ad art. 27. angeführet, daß er noch kein pretium verlanget hätte. Die Frau ware durchgegangen, und unerachtet Sie laut fol. 9. mit Steck-Briefen war verfolget worden, ware Sie doch nicht zu erlangen gewesen.
§. III. Ob nun wohl dieser Verkauff noch nicht ad actum proximum der Vollziehung gekommen war, dennoch aber es ohnedem eine kützliche Sache mit dem Plagio ist, wie bey denen Criminalisten allenthalben davon kan gelesen werden, und der Umstand, daß dieser Verkauff eben an einen Juden hätte ex intentione des Verkäuffers geschehen sollen, sonderlich zu attendiren war; so konte wohl kein favorabel Urtheil für den Bettelmann fallen, sondern es lautete solches also:
Als derselbe Uns angebrachte Rüge, gehaltene Registraturen, verfaste
Inquisitional-Articul, Andreas Meinarts darauf gethane Antwort, benebst den
übrigen in dieser Inquisitions-Sache ergangenen Actis und einer Frage
zugeschicket, und etc. Hat Andreas Meinart in Güte gestanden und bekant, daß Er
am 4ten Octobr. jüngsthin denen Juden zu Helffte ein Kind zum Verkauff
angebothen; Ob nun wohl derselbe zu seiner Entschuldigung vorwendet, daß er auf
Befehl seiner Frauen solches gethan, für sich aber nicht in Willens gehabt, den
Jungen zu verkauffen, auch nicht gewust hätte, daß, wenn man eines andern Befehl
ausrichte, man deßhalben zu bestraffen wäre; Dieweil aber solchen seinem
Vorgeben wenig Glauben beyzumessen, ihme auch solches nicht helffen mag, indem
aus dem natürlichen Recht und der gesunden Vernunfft Er wissen soll, daß dieses
eine höchststraffbare Missethat sey, und Er von der Frauen Vorhaben wohl gewust,
und solches zu befördern zu denen Juden gangen, nach mehrern Inhalt der
überschickten Inquisitions-Acten; So wird besagter Andreas Meinart wegen solchen
MInima circumstantia variat jus. Dieses ist eine gemeine aber
§. II. Alle diese Anmerckungen können gar füglich durch folgendesimplicite auch andre touchiren.
§. III. Daß aber diese ration in dem responso, das Anno 1694. in Monat October, nomine Facultatis ausgefertiget wurde, nicht berühret worden, ist deßhalb geschehen, weil die referenten in Collegiis schuldig sind, Ihre responsa und Urtheil nicht nach Ihrer privat Meinung, sondern nach denen mehrern Stimmen einzurichten. Das responsum selbst, welches auf imploration einer armen Bauer-Magd, die sich Elisabeth Eulitzin zu Nirgendsheim nennete, war also abgefaßt.
Hat bey der Hoch Fürstl. D. A. Regierung des gesamten Hochfürstl. Hauses Unter-Director Herr J. A. von K. wieder Euch, ob soltet Ihr ihn für einem blinden Huren-Sohn gescholten haben, zur Inquisition denunciret, und gebethen, weil Ihr als ein Dienst-Bothe de fuga suspecta wäret, Euch zur gefänglichen Hafft zu bringen. Hat hierauff die Fürstl. Regierung zu D. Euch durch eine Wache, um Euch in arrest zu nehmen suchen lassen, und es hat die Wache, weil ihr verreiset gewesen, was Sie von Euren Sachen und mobilien gefunden, mit sich weggenommen. Habt Ihr ferner bey wohlermeldter Regierung zu Rechtlicher Ausführung eurer Sache zu zweymahlen, um ein special sicheres Geleite angesuchet, jedoch nichts zurück erhalten, biß ihr von einem tertio die Nachricht bekommen, daß die Regierung zu D. an den Herrn Unter-Director von K. zuforderst geschrieben habe, um von ihm zu vernehmen, ob mit seinem Willen Euch das gebethene sichere Geleite ertheilet werden möge, und ihr wollet anfänglich berichtet seyn: Ob die Hochlöbliche Regierung zu D. Euch das gesuchte sichere Geleite wohl versagen könne:
Ob nun wohl ein Richter befundenen Umständen nach, und in gewissen Fällen das gebethene sichere Geleite gar wohl versagen kan, absonderlich aber derselbe wohl dahin zu sehen hat, damit dem Inquisito durch Verstatttung solches sicheren Geleits zu Verschleiffung der Sache oder eludirung des judicii nicht selbst Anlaß gegeben werden möge;
Dieweil aber dennoch nach gemeinen Rechten es Herkommens, daß einem inculpato, zumahl absenti zu Ausführung seiner defension der gebethene Salvus Conductus regulariter nicht abzuschlagen, sondern so gar auch in atrocioribus delictis, quae poenam fanguinis vel aliam corporis afflictivam nach sich ziehen, und wenn gleich der reus consessus & convictus wäre, dennoch, wenn Er defension zu führen sich getrauet, ihm special sicher Geleite zu verstatten per tradita.
Hiernechst auch nur in delictis notoriis & manifestis, und wenn der inculpatus gegenwärtig, oder allbereit verhafftet ist, das sichere Geleite nicht pfleget verstattet zu werden, so aber beydes in gegenwärtigen Fall nicht zu finden, indem zur Zeit weder Ihr, der denuncirten Injurien geständig oder deren überführet, noch auch in loco judicii anzutreffen seyd;
So erscheinet daraus so viel, daß die Fürstl. Regierung zu D. Euch das gesuchte sichere Geleite mit Bestande nicht versagen könne;
Auff die andere Frage E. W. V. R. Ob wohl der Herr Denunciant als pars laesa hierunter das meiste interesse hat, auch damit Er zu gebührender satisfaction gelangen mögen, diese injurien zur Inquisition denunciret, dahero scheinen möchte, daß dessen Wille und Consens bey Ertheilung des sichern Geleits nicht auszuschliessen;
Dieweil aber dennoch derselbe in gegenwärtigen Fall pro Actore oder accusatore
nicht zu achten, sondern wie aus Eurem Bericht abzunehmen, Er in nudis terminis
denunciationis blieben, bey welcher Bewandtniß Er die gantze Sache in des
judicis Hände und direction gestellet, und derselben den gewöhnlichen Lauff nach
Anleitung des Inquisitions-Processes lassen muß; So erscheinet daraus so viel,
daß de jure oder necessitate des
denunciantens als partis
laesae Wille zu Ertheilung des sichern Geleits nicht erfodert werde;
Auff die 3te Frage E. W. V. R.
Ob wohl nach Gelegenheit der Umstände die Injurien auch mit Staupen-Schlägen und Landes-Verweisung bestraffet werden können, zumahl wenn solche atroces und wieder Vornehme in Ehren-Aemtern sitzende Personen, von geringen Leuten ausgestossen worden, auff welchen Fall die Caution ziemlich hoch erstrecket zu werden pfleget.
Dieweil aber dennoch in gegenwärtigen Fall, ob ihr zwar als ein Dienst-Bothe weit
geringern Standes seyd, als Herr Denunciant, so in hohen Fürstl. Diensten
stehet, die Injurien doch so beschaffen, daß darinnen kein notabile delictum
demselben vorgeworffen worden, sondern solche nur auff dessen contumeliam
zielen, bey welchen Umständen, wann Ihr gleich der injurien überführet werden
soltet, höher als auff zeitliches Gefängniß oder jährige Landes-Verweisung nicht
erkannt werden möchte, und die auff diesen Process gehende Kosten, auch nicht
gar hoch sich belauffen dürfften; So erscheinet daraus so viel, daß gestalten
Sachen und Umständen nach, wegen der Caution pro salvo
conductu ein Vorstand, der auffs höchste die summe von 50. Thlr. übertreffe, von Euch mit Bestande Rechtens nicht
gefodert werden möge. V. R. W.
ES gehet zwar der gegenwärtige Handel nicht alleine die rubricirte Behutsamkeit
an, sondern er reflectiret auch auff mehreres Versehen der Richter in
criminalibus, jedoch ist besagte Behutsamkeit wohl das vornehmste, worauf
allhier zu sehen. Die Sache verhält sich also. Anno 1694. gleichfalls in
October, schickte die Regierung zu Z. etliche Volumina Actorum inquisitionalium
wieder einem liederlichen und allebreit vorhero zu Jena relegirten Magister ein.
Dieser wurde beschuldiget, daß er schimpfflich von der Herrschafft geredet
hätte, massen Ihn drey Zeugen beschuldigten, daß Magister George Conrad Z. sich
hätte verlauten lassen, Er respectirte keinen Fürstl. Befehl, und wolte, wenn Er
einen bekäme, die posteriora daran wischen, auch den Amtmann zu T. wenn dieser
Ihn in arrest nehmen wolte, wacker abschlagen. Nun saß dieser saubere Herr
Magister allbereit wegen Schulden in Z. verarrestiret, und wurde demnach a
Regimine dem Amtmann daselbst, auch die Inquisition wegen der denuncirten puncte
halber auffgetragen. Da dieses geschehen, kamen neue Denunciationes ein, daß er
schimpflich von dem neuen Superintendenten zu F. P. geredet, und Ihn einen
jungen Esel, seinen Vater aber den Hof-Prediger zu Z. einen alten Esel
geheissen, und wurden Patente ad Acta beygeleget, daß er schon vormahls zu
zweyen mahlen von Jena relegiret sey, welche Sache dem Amtmann zu Z. zu
untersuchen gleichfalls committiret wurde. Indessen hatte Gottfried Ernst B.
sich schrifftlich offeriret, für die Schuld, weßhalben M. Z. arrestiret worden,
zu caviren, solche Caution auch hernacher auff die Anschuldigungen extendirt,
welches aber Z. auff alle denuneiationes nicht passiren lassen, sondern nur auff
die Sache wegen der Herrschafft und den Amtmann zu T. restringiret wissen wolte,
indem er zugleich verlangete, man wolle dasjenige, was den Hof-Prediger und
dessen Sohn concernirte, ad forum competens nach L. verweisen: worauff Ihm die
Wache weggenommen, jedoch Ihm im Hause arrest zu halten angedeutet worden. Er Z.
hielte hieauff um defension pro avertenda an, so
Hierauff wurde dem Caventen, der sich über dieses Urtheil beschwert befunde, eine praeclusivische Frist zur Defension verstattet; ja Z. kam selbst mit einer Appellation ein, um deßwillen der Cavent fernere defension zu führen sich nicht verbunden achtete, auch selbst eventualiter appellirte. An statt der Appellation aber wurde dem Z. eine praeclusivische Monats-Frist zur defension ertheilet, und solche resolution abermahls dem Caventen zur Bestellung insinuiret: dem Caventen aber wurde aufferleget, seine Verantwortung zu thun, warum er appelliret hätte, und solle er sich auch erklären, ob er der appellation renunciren wolle: Es wurde auch hernach resolviret, rechtliches Erkäntniß einholen zu lassen. Bald darauff kam der Cavente schrifftlich ein, und stellete vor, daß zwar zu J. 200. Thlr. Straffe nebst denen Unkosten dictiret worden, es wären aber in Actis noch unterschiedliche momenta, die, wo nicht gäntzlich, doch pro parte die Straffe abwenden könten. Denn 1. fände sich defectus wegen insinuation der citationen, 2. die Urtheile wären zu J. gesprochen, da doch selbige Universität selbst wieder Z. denunciret hätte, 3. wäre das, was Z. eingegeben, von dem Secretario förmlich refutiret worden, welches ungewöhnlich und unzuläßlich; Er bate dannenhero, daß in einem andern Collegio hierüber erkannt werden, oder eine moderation der Straffe und Unkosten erfolgen möchte, und wolte er in so weit der appellation renunciren. Nach diesen erklärte er sich mündlich, wenn er seinen regress wieder Z. wegen aller Sachen nehmen könte, vor voll, sonsten aber nur pro rata die Zahlung zu thun.
§. II. In solchen Umständen nun wurden die Acten an uns geschickt, und wolte die Regierung über drey Fragen belehret seyn. Worinnen aber diese drey Fragen eigentlich bestanden, und was nomine Facultatis darauff geantwortet worden, ist aus dem folgenden Urtheil und dessen rationibus decidendi mit mehrern zu ersehen.
P. P. Als dieselben Uns die wieder M. Georg Conrad Z. ergangenen Acta in 4. Voluminibus nebst 3. unterschiedenen Fragen zugeschicket etc.
Daß M. Georg Conrad Z. an der fol. 118. Vol. sub erstatteten defension wieder
das Urtheil fol. 108. sich gestalten Sachen nach noch nicht versäumet, sondern
er ist damit noch ferner zu hören; So mag auch Gottsried Ernst B. wenn Er die in
besagten Urtheil erkante Straffe, nebst denen Unkosten jetzo bezahlet, deßwegen
seinen regress wieder M. Z. noch zur Zeit in keiner Sache, künfftig aber, und da
der Proceß mit Z. seine Endschafft völlig erreichet, nur wegen dieser Puncte, in
welche Z. consentiret, so wohl der Straffe als Unkosten halber nehmen, viel
weniger ist die von ihm bestelte Caution wieder seinen Willen auff erwehnte
Puncte, denen Z. wiedersprochen,
Ist M. Georg Conrad Z. beschuldiget worden, daß Er schimpfflich von der Herrschafft geredet, dahero dem Amtmann zu Z. die Inquisition wieder erwehnten Z. der wegen Schulden bereits in Arrest genommen gewesen, auffgetragen worden; Ist nachhero zu unterschiedenen Zeiten weiter wieder M. Z. denunciret worden, daß Er so wohl den Amtsverwalter zu T. als auch den neuen Superintendenten zu F. P. und dessen Vater, den Hof-Prediger in Z. gröblich injuriret, wie nicht weniger von der Universität Jena sehr schimpfflich und injuriös geredet, dahero auch dißfalls zu inquiriren, dem Amtmann anbefohlen worden; Hat indessen Gottfried Ernst B. welcher vor Z. Schulden halber in Actis sub fol. 2. Caution bestellt gehabt, als Er Vol. 2. fol. 25. f. b. gefraget worden, ob Er sothane Caution auch auf die Inquisitions-Sache ge. stellet, oder stellen wolle, mit ja geantwortet, welches aber Z. so indefinite nicht geschehen lassen wollen, sondern die Caution nur auff die Sache wegen der Herrschafft und den Amtsverwalter zu T. anzunehmen sich heraus gelassen, und ist hierauff wieder Z. die Inquisition fortgesetzet, auch endlich in Actis sub demselben in contumaciam, weil er nach entledigten Arrest weggereiset, und auff die an Ihn abgelassene peremtorische Citationes nicht erschienen, zeitliche Landes-Verweisung oder 200. Thaler Straffe dictiret worden, worwieder Z. fol. 115. d. act. mit einer appellation einkommen, die ihm aber als in Inquisitions-Process unzuläßlich abgeschlagen, und ihm hingegen fol. 118. eine praeclusivische Monaths-Frist, zu Einbringung Seiner defension untern dato den 28. Jan. 1694. gesetzet worden, die Er vorbey streichen lassen, und die defension nicht eingebracht, dahero der Cavent zu Abtragung sothaner Straffe, und darauff gelauffenen Unkosten, zumahl in den Urtheil fol. 108. dahin alternative mit erkant, angestrenget worden, der aber darzu nicht in totum sich verbunden zu seyn vermeinet, sondern ein und anders vorgewendet, und wir sind anfänglich befraget worden; Ob gedachter M. Z. an der fol. 118. d. Vol. sub verstatteten defension wieder das Urtheil fol. 108. sich versäumet, und damit ferner nicht zuhören;
Ob nun wohl bereits in dieser Sache ermeldter Z. durch 2. sententias condemniret worden, auch die letzte Notification wegen der sub praeclusione nachmahls verstatteten Monaths-Frist, dem Caventen insinuiret worden;
Dieweil aber dennoch besagte beyde sententiae, indem Sie von denunciantibus
gesprochen worden, nullitate zu laboriren scheinen, hiernechst die in denselben
befindlichen clausulen, daß der Landes-Herrschafft freystehe, entweder die zu
erkandte Landes-Verweisung zu exequiren, oder die alternative erkannten 200.
Thlr. von dem Caventen zu exigiren, wo nicht denen gemeinen Rechten, ex multis
capitibus zuwieder, dennoch sehr vielen Rechts gegründeten Zweiffel unterworfen,
auch bey keinem Urtheil eine
So haben wir bey der ersten Frage nicht anders, als daß M. Z. an der fol. 118. Vol. sub verstatteten defension wieder das Urtheil fol. 108. sich gestalten Sachen nach noch nicht versäumet, sondern damit noch ferner zu hören sey, erkennen mögen;
Zum andern seynd Wir befragt worden: ob des Z. sein Cavent, der nunmehr die erkandte Straffe, benebst denen Unkosten fol. 124. Vol. sub zu bezahlen sich in gewisser Masse anerbothen, seinen regress wieder den Principal deßwegen in allen Sachen nehmen könne;
Ob nun wohl ein fidejussor, wenn Er pro debitore principali bezahlet, actione mandati oder negotiorum gestorum den Principal-Schuldner hinwieder belangen mag, auch pro mandatario in denen Rechten gehalten wird, si pro praesente & tacente quis sidejubeat; Dieweil aber dennoch sine debito principali nulla fidejussio est, & consequenter nulla actio fidejussoria gegeben werden mag, und nach denen Umständen, die bey der ersten Frage angeführet worden; Z. noch zur Zeit pro vero debitore nicht zu halten, hiernechst wohl zu beobachten, daß Z. actor. Vol. 11. fol. 25. b. die Caution nicht weiter, als wegen der Herrschafft und des Amtsverwalters zu T. angenommen, und wegen der übrigen Sache, weßhalben wieder Ihn inquiriret worden, ausdrücklich wiedersprochen, in dergleichen Fällen aber einen Bürgen wieder den debitorem principalem weder actio mandati noch negotiorum gestorum zustehet; So mag auch Gottfried Ernst B. wenn er die in vorigen Urtheilen erkandte Straffe nebst denen Unkosten vorjetzo bezahlet, deßwegen seinen regress wieder M. Z. noch zur Zeit in keiner Sache, künfftig aber, und da die Sache mit Z. völlig ausgeführet, nur wegen dieser Puncte, in welche Z. consentiret, so wohl der Straffe als Unkosten halber nehmen.
Drittens seynd wir befragt worden: Ob sich die Caution nicht wieder des Caventen Willen auf alle Sachen erstrecke, und Er dem Judici hierinnen verbunden sey?
Ob nun wohl der Cavente, als Er befraget worden, ob Er nicht auch die Caution
auff die Inquisitions-Sachen extendiren wollen, mit ja geantwortet, und dadurch
der judex ein jus quaesitum erlanget zu haben scheinet, auch daß Z. die Caution
restringiret wissen wollen, mehr ad obligationem, quae est inter fidejussorem
& debitorem principalem, als auff diejenige, quae est inter judicem
& caventem zugehören es das Ansehen hat, auch Z. dem judici das einmahl
per stipulationem des Caventen erlangte Recht nicht wieder benehmen könne.
Dieweil aber dennoch
MIch dünckt, ich kan nicht besser thun, als wenn ich ohne
Nachdem ich unterschriebener Titius, vormahlen gewesener G. R. und Cab. Dir. des
hochseeligen Fürsten von N. N. um von meinen Reise-Fatigues zu erhohlen, mich in
der freyen Reichs-Stadt N. N. etliche Wochen arretiret: Habe daselbst, Meditationes Philosophicas de DEO, Mundo, Homine:
verfertiget und sonder Nahmen zum Druck gegeben.
Um nun in diesen Meditationibus, mit freyerm Hertzen, nach der in Republica Litteraria concessa libertate: wieder die receptas, in Philosophia nostra, opiniones zwar streiten; doch zugleich sie, durch die falschen Beweiß-Gründe der contrairen Parthey, desto mehr verstärcken zu können;
Habe nicht allein die Person eines Philosophischen Heyden angenommen: Der, nachdem die alte und neue Welt-Weißheit, mit dem Studio Theologico er ziemlich, insonderheit über die drey erwehnte Materien, sich bekandt gemachet, dabey verschiedene Königreiche und Länder durch gereiset: in selbigen auch theils die offenbahre Arthen des Gottesdienstes und der Regierungs-Formen, mit einem curieusen Auge beobachtet: theils mit gründlich Gelehrten und subtilen Männern, von vielen Secten und differenten Meinungen, über die Puncta quaestionis, mündliche Conversation gepflogen; sich zwar ad interim, wegen seiner Negotien und Verkehrungen, einen Verbleib-Platz bey denen Christen gewehlet, auch wieder ihre Verfolgungen desto sicherer zu seyn, wie ein Christianus Temporalis sich aufführet: indessen aber sein Heydenthum dem Christenthum in so weit vorziehet; daß obgleich er, die Lehren, welche die Ecclesia Christiana de DEO, Mundo & Homine, vertheidiget: in ihrem Werth und Unwerth, wiewohl mit einer nicht undeutlichen Neigung zu denselbigen, beruhen lässet; er seine Sentimens und den Fidem Ethnico-Philosophicam vor dem Fide Christiano-Philosophica, darüber wo nicht für gar wahr, dennoch wahrscheinlicher angiebet und aestimiret;
Sondern ich habe auch dieses Heyden Argumenta Philosophica: indem auf die
Vernunfft und Libertatem Ratiocinandi (welche zwo Stücke, Deus ceu Liberrima
Ratio: denen Christen und Heyden in voller Masse vergönnet) sie sich
insonderheit gründen: und er de tribus hisce Fidei Philosophicae Articulis seine
Gedancken nicht wie ein Christ und Gottes-Gelehrter: sondern einem
freydenckenden Heyden gleich, nach denen, aus der Raison, der Schrifft, der
Erfahrung und dem Umgang, genommenen Observationen, ohne schädliche Absichten
eröffnet; in den so genanten Meditationibus Philosophicis, per breves positiones
concentriren und der edlen Warheit blos zu gut, public machen wollen: damit die
Herren Theologi & Philosophi Reipublicae Christianae Gelegenheit dadurch
hätten, die Gültigkeit dieser Raisonnemens zu untersuchen, das wahre vom
falschen
Es hatte aber dieses von mir, nach NB. NB. gleich erwehnter Intention verfertigtes Tractätchen, sich kaum in dem Buchladen zur Beurtheilung vernunfftiger und moderater Richter praesentiret: wurde von dem Magistrat der freyen Reichs-Stadt N. N. auf Angeben der Geistlichkeit es confisciret, auch der Verleger durch schwere Bedräuungen gezwungen, den Nahmen des Autoris ihnen zu offenbahren.
Nachdem durch dessen Bekäntniß also kundbahr worden war: Ich wäre der Verfasser erwehnter Meditationum Philosophicarum, und daß ich mich in der Stadt würcklich auffhielte; wurde nach wenigen Wochen, indem immittelst auff das Land zu einem guten Freund verreiset war, ich von dem Scholarchat, welchem die Censura Librorum, in erwehnter Reichs-Stadt N. N. incumbiret: durch einen Ministerialem begrüsset und invitiret zu sie zu kommen, um wegen einer gewissen Affaire, mit mir zu conferiren.
Ob nun wohl den Endzweck dieser Einladung vermercket, und sie leicht decliniren hätte können: in regard als ein gewesener Fürstlicher Rath und wie ein Passagirer, der in einer freyen Stadt vor sein Geld zehret, und ohne Domicilio fixo lebet, das Forum Civium zu agnosciren, ich ohnedem nicht wäre gehalten gewesen;
Habe doch lieber ex bonae caussae confidentia, mich vor die Herren Scholarchen sistiren, und ihre Proposition vernehmen: als durch Exceptiones Fori Declinatorias, in bösen Argwohn setzen, und zu sinistren Urtheilen Anlaß geben wollen.
In die comparitionis, wurde nach kurtzen Praeliminarien, von den Herrn Scholarchen, ex Commissione Nobilissimi Senatus, ich befraget: Ob ein gewisses Tractätchen rubriciret: Meditationes Philosophicae de DEO, Mundo, Homine: mir bekand wäre, und was ich von selbigem hielte?
Meine Replique darauf war: wie auf dero Invitation, theils aus Respect gegen sie, theils wegen eines guten und freyen Gewissens, auch um erwehntes unschuldiges Tractätchen, welches hiemit vor meine Arbeit erkennete, indem es causa inaudita verdammet und confisciret: in etwas zu vertheidigen, ich erschienen wäre; Declarirte dabey de novo, daß offenhertzig gestünde, der Verfasser solcher Meditationum zwar zu seyn: Ich hätte aber selbige
I. Als ein Philosophus Ethnicus (nachdem oben bereits weitläufftig entworffenen Begriff) und gar nicht wie ein Philosophus Christianus, noch weniger wie ein Theologus geschrieben: daß man also die zwo Personas Morales nothwendig von ein ander separiren und nicht confundiren müste; weil sonsten dergleichen Opiniones, die mir niemahlen in den Sinn gekommen wären, leicht auffgebürdet werden könten: wowieder aber solennissime protestirte; Es gienge
II. Bey diesem Tractätchen mein Finis eintzig und allein dahin: die Veritatem Philosophiae Christianae, (von welcher ich als ein Christianus völlig persuadiret wäre) von des Ethnicismi und derer alten als neuen Libertiner, falschen Hypothesibus, per argumenta genuinae orthodoxiae validiora in contrarium, völlig gesäubert und durch dieses Mittel, die wahre Religion, wie den Rechtgläubigen zur unumstößlichen Gewißheit: also den Heyden selbst zu einer Uberzeugung, gründlicher vertheidiget zu sehen. Wie dann zum mehrern Beweiß, daß die in den Tractätchen verfaßte Meinungen, nicht fovirte, sondern exercitii & veritatis inquirendae gratia, von mir nur wären offen geleget worden: Ich
III. allegiret, daß nicht allein zu der Lutherischen Kirche mich bekennete, sondern das Heil. Nachtmahl bey einem Prediger ermeldter Religion in ihrer Stadt, vor wenigen Monathen würcklich empfangen: und dahero aus angezogenen Umständen Sonnen-klar erhellete und wahr bliebe, daß gleich wie ich ein Ecclesiae Christiano-Lutheranae Membrum wäre; also wegen Herausgebung offt erwehnten Tractätchens, mir weder Haeresis noch Atheismus: wie zwar solches vorjetzo, nach meiner in der Praefation geschehener Vorhersagung, practiciret werden wolte; auff eine vernünfftige Art und mit gutem Gewissen imputiret und zur Last geleget werden könten. Wie dann
IV. und zum Schluß noch beyfügte: wie sehr wunderlich es mir vorkäme zu observiren; da in den Buchläden Arianische und Socinianische Bücher: die alte Heydnische und neue Libertinische Philosophie: nebst vielen andern heimlich gefährlichen Schriften: in Lateinischer und Teutscher, Frantzösischer und Englischer Sprache, frey erkauffet und verkauffet würden; daß eben mein Büchlein, ein so unglückliches Destin hätte empfinden und confisciret werden müssen.
Es wurden zwar von denen Herrn Scholarchen, wieder die in den Meditationibus
enthaltene Sätze, verschiedene Einwürffe und Accusationes formiret: auch jeder
zeit, wiewohl nach ihren passionirtem und irrigem Begriff die Schlüsse gemacht:
Sie hielten Principia periculosa & Atheistica in sich verborgen; Ich
bliebe aber hingegen beständig bey den bereits weitläufftig angeführten
Antworten; und nachdem zum öfftern wiederholet, daß der Titul nebst der Vorrede
dieser Meditationum, genungsam für mich, und meine unschuldige Pensees das Wort
redeten: Auch weder des Atheismi Theoretici, noch weniger des Practici
beschuldiget werden
Nun hätte ich verhoffet, daß diese redliche Erklährung und naive Explication meiner Absicht, welche bey Druckung dieses Philosophischen Tractätgens intendiret: den löblichen Stadt-Magistrat und die Geistlichkeit zu Frieden würde gesprochen haben; die Consideration, daß ein jeder der beste Dollmetscher seiner Worte, Schrifften und Gedancken sey: auch einer gethanen Bekäntniß so lange guter Glaube beyzumessen; biß das Gegentheil durch unumstößliche Proben erhärtet werden könne: Cum quilibet uti bonus Vir, ita & Christianus verus praesumatur esse, donec per Testimonia sole meridiano clariora, contrarium in fide & maxime in vitae genere probetur.
Ich muste aber, nach Ablauff weniger Tagen, zu meiner Disconsolation vernehmen, wie ich nicht allein auf eine unchristliche und recht heydnische Art, von den Cantzeln verfolget, und nebst dem Tractätchen in einen öffentlichen Kirchen-Bann gleichsam, durch anzügliche Expressionen, erkläret würde: sondern endlich gar erfahren; daß, nachdem ein Hochedler Rath, ihren Zeugschreiber zwo mahl an mich gesand hätten, in dero Nahmen mir etwas zu hinterbringen, selbiger mich aber nicht zu Hause gefunden: Das sub B. angeschlossene Consilium abeundi meinem Herrn Hospiti eingeliefert wäre worden, mir es bey meiner Heimkunfft zu insinuiren.
So bald solches erhalten, habe mit der raisonablen Welt mich zwar ungemein über dieses Procedere verwundern müssen: so fort aber auch (obgleich es gar nicht difficil mir hätte fallen sollen, erwehntes Consilium Abeundi, per implorationem protectionis potentiorum zu eludiren) die Resolution, aus gewissen Ursachen, sonderlich aber wegen der mir zu kurtz praefigirten Zeit, genommen: um dem angedroheten Schimpf so wohl, als dem Odio Politico & Theologico zu entgehen: mich auff eine Zeitlang, wiewohl jure meo per omnia & in omnibus salvo, aus der Stadt zu begeben.
Weil aber durch dieses ungemein hartes, illegitimes, übereiltes und passionirtes Verfahren des Magistrats und der Priesterschafft, da sie
1) weder auff meine Person und den, wegen vormahliger Fürstlichen Dienste, führenden Character: noch
2) auff die vernünfftige oben bereits angeführte Declaration meiner
3) mir, wieder die Dictamina Rationis & Scripturae, die Regulas Justi, AEqui, & Decori; die Frequentirung ihrer Stadt, unter scharffen Beahndung verbiethen wollen; auff daß empfindlichste bin graviret und beleydiget worden;
So bin ich entschlossen, um die Ruhe meines Gemüths beyzubehalten: und meine, bey dieser Affaire, erwiesene irreprochable Conduite, in den Augen aller Welt, gegen meine Adversarios Politicos & Ecclesiasticos, zu justificiren: die zu dem Ende mir offen stehende Remedia Juris zu ergreiffen; durch selbige, meine rechtmäßig führende Vües zu obtiniren und zugleich, von ermeldten meinen Wiedersachern, wegen denen, an mich verübten Exorbitantien und unlöblichen Ausschweiffungen, die gebührende Satisfaction zu fordern und zu suchen.
Damit aber mit besserm Nachdruck und mehrerer Gewißheit in dieser delicaten Affaire, meine Mesures nehmen könne: Habe vor nöthig erachtet, Euren Hochedlen und Gestrengen, meinen Hochgeehrtesten Herren, diese Facti Speciem, welche zu dero klärern Information, in weitläufftigen Terminis, mit gutem Vorsatz abgefasset: zu dero hochvernünfftigen Erwegung zu communiciren: und über nachfolgendes, aus dem Facto genommene und fliessende Quaestiones: Dero Sinceres und unpartheyisches Gutachten, zu meiner vollkommenen Nachricht angelegentlich gehorsamst auszubitten; Es gehet aber die
Iste Anfrage dahin: Ob mein Philosophisches Tractätchen, welches hiemit zugleich Eurer Hochedlen und Gestrengen, meiner hochgeehrtesten Herren redlichen und Christlichen Censur unterwerfe: könne NB. NB. nach meiner dabey geführten Intention und denen für den Herren Scholarchen, allegirten wichtigen Raisons, welche vor mir in antecedentibus mit einer freyen und treuen Feder sind beschrieben worden: vor ein so scandalöses Büchlein aestimiret werden, darinnen solche böse und Atheistische Principia enthalten, daß es nothwendig eine Confiscation: ich aber das Consilium abeundi meritiret habe. Ob
2. die Geistlichkeit, so
3. Ob und wie wieder diese ihre, gegen mich und meine Philosophische Gedancken, bezeigte unchristliche Conduite, ich meinen Regress nehmen könne: und was für eine actionem zu dem Ende anstrengen solle. Ob nicht
4. der Stadt-Magistrat, gleichmäßig, in dem gantz illegalem modo procedendi ungemein gestrauchelt: und insonderheit durch das ertheilte Consilium abeundi, die jura naturae & hospitalitatis: die dictamina justitiae, aequitatis & decori: ja selbst die officia humanitatis in meiner Person violiret und gebrochen; da sie einen längern und freyen Auffenthalt, bloß und allein wegen eines Philosophischen Tractätchens: welches aus einer redlichen und unschuldigen Absicht, orthodoxae veritatis inquirendae causa meistentheils geschrieben worden; abgeschlagen und mir aus ihrer Stadt, innerhalb dreyen Tagen wegzubegeben, sub dura clausula injungiret; in welcher dennoch die, unsern Heyland lästernde Juden mit ihren gottlosen und blasphemen Schrifften und Büchern in einer güldnen Freyheit gelitten werden. Und weilen also durch diese ungebührliche Proceß-Form und das Sultanische Consilium abeundi, dergestalt mich beleidiget befinde: daß man solches, ohne Ressentiment secundum praescripta juris & legum verschmertzen solte, mir es mit der Zeit zu einem schädlichen Vorwurff ausschlagen dörffte: Als gehet meine
5. und letzte Anfrage dahin: was für ein Rechts-Mittel wieder den Magistrat dieser freyen Reichs-Stadt N. N. in hoc passu mir competire: Selbigen nachdrücklich, seiner grossen Injustiz tam ratione processus, quam Consilii abeundi, vor der gantzen Welt zu überweisen und schamroth zu machen; Als insonderheit, qua via juris brevissima & actione, ihn dabey obligiren könne, vor die mir zugefügte unverdiente Drangsalen und Verfolgungen, eine suffilante, eclatante und notorische Satissaction, auff eine publique Weise und dergestalt zu geben; damit er gehalten sey, zum wenigsten durch ein öffentliches Cassatorium, den gantzen Process-Modum nebst dem Consilio abeundi zu annulliren, zu wiederruffen und vor illegitim zu erklähren. Datum N. N. den 5ten Julii 1717.
§. II. In dieser specie facti sind zwey Beylagen allegiret. Die sub litera A. war
das confiscirte Büchlein de Deo, Mundo, Homine selbst in octavo, aus dreyen
Bogen bestehend, welches ich gerne wolte mit beydrucken laßen, wenn alle Welt
meines Sinnes wäre, und die Herren zu N. nicht nach der gemeinen Meinung, von
dergleichen Bücher Gefährlichkeit, selbiges confisciret hätten. Denn ob sie zwar
solches nach Anleitung unsers responsi zu thun wohl befugt gewesen, so habe doch
allbereit oben bey den V. Handel §. I. p. 130. erinnert, daß nicht alles, was
ich zu thun befugt bin, auch nützlich sey. Nach meiner Meinung werden die
Atheistischen Bücher durch die Confiscation nicht unterdruckt, sondern sie
werden von denen schlauen Buchführern nur desto theurer verkaufft, ja weil die
Politische Welt durch die tägliche Erfahrung vergewissert ist, daß wegen der
vielen Reliquien Papatus Politici, die noch hier und dar auch unter den
Evangelischen dominiren, auch viele gute nützliche Bücher unter dem praetext,
als wenn selbige gefährlich wären, eine gute Zeithero sind confisciret worden,
so pflegen auch viele vernünfftige und gescheide Leute aus Curiosität
dergleichen als Atheistische confiscirte Bücher, wenn selbige confisciret
worden, desto theurer zu bezahlen, weil sie gedencken was gutes darinnen zu
finden. Ich bin versichert, daß wenn Bodini Heptaplomeres, daß wohl eher für
hundert Thaler und drüber bezahlet worden, gedruckt wäre, zwar der erste Verlag
davon dem Verleger eben keinen Schaden bringen dürffte, wenn er es um einen
billigen Preiß gäbe, eben wegen der bißherigen Einbildung von demselben. Aber
ich wolte gut dafür seyn, daß es keiner fernern Auflage würde bedürffen, so viel
einfältiges, albernes und absurdes Zeug stehet darinnen von Anfang biß zu Ende.
Es gemahnet mich mit denen Atheistischen Schrifften, wie mit andern absurden,
oder doch nicht viel besonders in sich habenden Schrifften, die bloß die Rarität
theuer macht. Wie viel tausend Thaler hat nicht mancher Professor (sonderlich in
dem vergangenen Seculo, da die Ignoranz auch noch auff denen Lutherischen
Universitäten herrschete) mit einen dictirten Tractätlein verdienet, das ihn
jeder mit 60. und mehr Thalern bezahlen muste. Warum? er muste schweren, daß er
dieses herrliche Werckgen keinem Menschen communiciren wolte. Jetzund, da das
Werckgen gedruckt ist und etwa 6. oder 8. gute Groschen kostet, will es bald
kein Mensche mehr kauffen. Von Thummermuths Buche: Krumbstab schleußt niemand
aus, habe ich anderswo geredet, und wird es sich weisen, ob der aestim davon,
und die Begierde, solches zu besitzen, nicht gar sehr abnehmen wird, da man
solches nun öffentlich verkaufft. Dem sey aber nun wie ihm wolle, so will
§. III. Zwar möchte mancher dencken; Es erfordere die Connexioncorpus delicti
vernünfftiger Weise ausgelassen werden könne.Autor hoc vel illud
docet, sed de Majore: Quic. talia docet, habendus
est pro Atheo) und also bedarff der Leser, zu Beurtheilung dieses
Streits, da alles de verbis in facto richtig, gar nicht nothwendig, daß er das
Scartecgen selbst lesen müsse.
§. IV. Die andre Beylage sub B. der in der specie facti gedachtsub B.
Als die Herrn Scholarchen referiret, welcher gestalten ohnlängsthin ein sehr
scandalöses Tractätchen, sub rubrica: de DEO, Mundo & Homine,
herausgekommen, welches man confisciret, und auff Herren Schultheiß und Schöppen
Verordnung, den sich jetzo allhier auffhaltenden Autorem davon, Herrn N. N.
darüber
(L. S,)
Conclusum in Senatu Donnerstags den 3ten Junii 1717.
§. V. Das an uns abgelassene Schreiben hatte eben nichts sonderliches merckwürdiges in sich; es wird aber doch nicht undienlich seyn, des Herrn Autoris seinen sonderlichen Zustand auch aus demselben zu erkennen.
Aus beygefügter Specie facti und anderen Anlagen, ersehen dieselbe, welchergestalt ich wegen eines in öffentlichen Druck gegebenen Tractätchens, betittelt: de DEO, Homine & Mundo &c. bey dem löblichen Scholarchat-Amt in der freyen Reichs-Stadt zu N. N. nachmahls bey der gantzen Clerisey daselbsten, in solchen Verdacht gefallen; daß nicht nur gemeldtes Tractätchen, unter dem ohnmaßgeblichen Praetext, daß es scandalös sey, confisciret, sondern auch mir, nach einer dißfalls mit besagtem Scholarchat, praevia citatione, genommener Unterredung, das Consilium abeundi gegeben worden.
Wie mir nun obliegen will, zu Salvirung meiner Reputation, von Prudentioribus mich hierüber belehren zu lassen, wie nemlich mich bey solcher erheblichen Sache zu verhalten: damit dieses, meinem wenigen Bedüncken nach, allzufrühzeitig abgefaßtes und mir insinuirtes Consilium abeundi wiederum redressiret, und mir vor den dißfalls angethanen Tort, die Satisfaction gegeben werden möge;
Also ersuche Eure Hochedlen Gestrengen, und meine Hochgeehrteste Herren gantz
dienstlich: daß sie dieses Factum mit seinen Umständen wohl erwegen, und mich
als einen, ob editum ingenii laborem, unschuldig leidenden, in Rechten cum
rationibus dubitandi & decidendi zu belehren belieben wollen;
obgestalten Sachen nach das wieder mich ergriffene Procedere zu justificiren,
mithin berührtes Tractätgen, ohn angesehen meiner darüber gemachten Explication,
dennoch zu
Uber welches alles und die in Specie Facti enthaltene Anfragen: Ich dero gütiges Bedencken, wie sie solches denen Rechten gemäs zu seyn, ohne einige Reflexion auff meine Person, befinden werden, erwarte; Und dafür die Gebühr, auff erlangte Nachricht, welche samt dem Responso Juris, um gewisser pressanten Ursachen willen, bald zu beschleunigen bitte, mit danckbarem Gemüthe willigst abstatte: auch lebenslang bey sich ereignenden Gelegenheiten mit einer sinceren Dienstbegierde verharre.
Datum N. N. den 5ten Julii 1717.
ergebenst gehorsamster Diener Titius.
§. VI. Nun wunderte es mich bald Anfangs, warum der HerrInserat.
P. S. 1. Ersuche nochmahlen Eure Hochedlen inständigst gehorsamst, dero Responsum Juris nebst dem Auffsatz der zukommenden Spesen zu beschleinigen; auch beydes wohl eingewickelt und versiegelt, an Herrn Heinrich Pels Marchand Banquier in Amsterdam zu addressiren: weil selbiger, von meiner vorjetzigen Demeure die Notice hat;
P. S. 2. Dieses also an Herrn Pels addressirte Paquet bitte hernacher wiederum an
Herrn Rath und Doctorem Juris W. nach N. welcher alda auff der Zeile
wohnhafftig, gütigst zu couvertiren; Indem selbiger von mir ordre hat, so wohl
die vor das Responsum Juris erforderliche Unkosten danckbarlich sofort zu
vergnügen: als auch selbiges an Herrn Pels nach Amsterdam in aller Eil zu
Titius.
§. VII. Es endeckte mir aber dieses Inserat noch ferner einige weitere Nachricht von dem Zustande des Naturells des Herren Quaerenten. Nach seiner specie facti, nach seinen Schreiben an die Facultät, ja nach diesen seinen Inserat selbst, wolte er nicht haben, daß unsere Facultät wissen solte, wer er eigentlich wäre, und wo die Sache, worüber er uns fragte, passirt sey. Da er doch leichtlich hätte gedencken können, daß, ob gleich diese affaire aus leicht zu muthmassenden Ursachen, nicht war in die Zeitungen gesetzt worden, dennoch die Sache allbereit theils durch allethand Brieffe, theils durch die allhier studirende Studiosos, so von der Reichsstadt N. N. bürtig waren, auch bey uns allbereit bekandt sey. Ja da er hiernächst so sorgfältig war, daß er uns auch nicht einmahl den Nahmen seines Herrn Wirths wolte wissen lassen, dem die insinuation des decreti-senatus geschehen war, sondern in der Beylage sub B. derselbe gleichfals mit N. N. bezeichnet war, so fiel er doch in dem Inserat auff einmahl mit der Thüre ins Hauß, und gab uns durch nahmentliche Entdeckung dieses seines gewesenen Herrn Wirths den Schlüssel freywillig in die Hand, dieses vor uns so mühsam verborgne, und verschloßne Geheimniß aufzuschliessen; wenn es auch gleich in der That noch würcklich ein Geheimniß, und nicht allbereit, als obgedacht, schon vielen Gelehrten und Ungelehrten bekant gewesen wäre. Bey diesen Umständen wird mir der Herr Quaerent nicht verdencken, daß ich damahls aus gutem Gemüthe betauret, daß er vermuthlich secundam partem Dialecticae Petri Rami nicht in seiner Bibliothec haben, oder doch nicht fleißig in diesem Buch studiret haben müsse.
§. IIX. Ja das Inserat gab mir noch ferner Anlaß, in den Zustand seines Gemüths
und Willens, wiewohl noch etwas tunckel einzusehen, weil ich noch
zweiffelhafftig war, ob ich die folgende Anmerckung auff das glimpflichste zu
reden einer Einfalt oder Schalckheit zuschreiben solte. Ich wuste nun wohl, an
wen ich das responsum addressiren solte, und wurde auch versprochen, die
Gebühren zu entrichten. Ich dachte aber folgendes hierbey. Warum giebt der Herr
Quaerent nicht jemand hier commission, der das responsum gleich ablöset? Will er
nach seiner eigenen specie facti so ein erfahrner und gereiseter Hoffmann seyn,
so hätte er ja leichtlich dencken sollen, daß dieses Zumuthen nicht
allzuhöflich, oder wohl gar ein
§. IX. Derowegen ware vor allen Dingen nöthig, daß ich per ActuariumD. W. zu
diesen Handel gehöriges Schreiben.
Das beliebte von 24ten Julii jüngsthin habe wohl erhalten und Inhalts vernommen, übersende hierbey begehrter massen eine Assignation, wo mein Hochgeehrter Herr die specificirte 7. Rthlr. in Brandenburgischen 2/3 Stück zu empfangen, mit dienstlicher Bitte, bey wohllöblicher Juristen-Facultät nebst des Herrn Titii und meiner gehorsamsten Empfehlung das Werck solchergestalt zu recommendiren, damit das verlangte Responsum juris zu besagten Herrn Titii besten und nach desselben Wunsch ausfallen / auch fördersamst an mich unter dem Titul und Nahmen. P. A. W. Conseiller de Son Alt. Ser. Monseign. le Prince de N. U. addressiret werden möge etc. die dem Herrn Titio darunter erweisende sonderbahre faveur wird er ohne diese abgestattete Gebühr a part, so wohl bey besagter wohllöblichen Juristen-Facultaet, als auch meinem hochgeehrten Hrn. besonders erkennen, ich aber mache mir die plaisir, Gelegenheit zu haben, in der That zu demonstriren, das beständig sey
N. den 7. Aug. 1717.
Meines hochgeehrtesten Herrn dienstwilligster Diener P. A. W. D.
§. X. Indessen, ehe dieses Schreiben anlangete, referirte ich erst in Facultate generaliter des Herrn Quaerenten desiderium, und schlug vor, daß indessen, ehe des Herrn N. Antwort zurücke käme, ein jeder von meinen Herrn Collegen die Meditationes de DEO, Mundo, Homine zuvorher selbst durchläse, und hierdurch sich auff sein votum wegen der an uns geschickten fünff Fragen praeparirte, und bate zugleich, damit die Sache nicht auffgehalten würde, daß secundum ordinem in Facultate ein ieder, so bald er solches durchlesen, seinem ihm folgenden Herrn Collegen zuschicken möchte. Was sich aber auch hierüber der erste für ein Gewissen gemacht, zeiget dessen an mich abgelassenes Schreiben, mit welchen er mir besagte Meditationes wieder zurücke geschickt.
P. P. Als dero --- den an vergangenen Freytag, als bey letzterer Session der Juristen-Facultät mir ad perlustrandum mitgegebenen Tractat de Deo, Mundo & Homine an die folgenden Herrn Collegen nach Verlesung zu communiciren angeordnet, und ich gestern zum H. Abendmahl gewesen, zu dessen praeparation ich an Lesung obgedachten Tractats am Sonnabend verhindert worden, ihn aber itzo dermassen abominabel finde, daß ich Bedencken habe, selbigen weiter bekant zu machen, vielmehr wünschen möchte, sothanen Tractat niemahls gelesen zu haben, so remittire ich denselben versiegelt hierbey, Dero --- anheim stellend, was sie dißfals ferner zu disponiren geruhen wollen. Indessen wündsche einen von GOttt am Leib und Seele gesegneten Morgen, und verbleibe etc. Halle den 26. Julii 1717.
§. XI. Nachdem nun das Schreiben des N. indessen, da meine übrige Hn. Collegen
insgesamt das Tractätgen durchlasen, anlangte, habe ich an 13. Aug. die Sache
nochmahl distincte referirt, und das in dem folgenden drauff von mir selbst
elaborirten responso zu Ende befindliche conclusum per vota unanimia bekommen,
mich auch befliessen, das responsum also einzurichten, damit eines theils der
Herr Quaerente nicht klagen könte, daß man seine in der specie facti für sich
angeführte rationes übergangen oder verschwiegen hätte, sondern vielmehr
erkennete, daß man noch über dieses alles zusammen gesucht, was nur einiger
massen scheinen können, ihm zu statten zu kommen, anders theils aber der elende
Zustand des Herrn Quaerenten und seine gantz offenbare Atheisterey, zwar ohne
Verbitterung und Hefftigkeit, aber ernstlich ihm vorgestellet würde, damit er
sich entweder begreiffen, und das Unglück, darein er gleichsam sporenstreichs
rennete, erkennen, und in Zeiten seinen Fuß zurücke ziehen, oder doch zum
wenigsten die offenbahre prostitution seiner selbst und der ohnmächtigen
Rachgier, darinnen er stäcke, empflndlich fühlen möchte, indem er sich
gerichtlich rächen wolte, und doch selbst weder forum noch
§. XII. Ob ich nun diesen mir fürgesetzten Zweck in Ausarbeitung desresponsum selbst
Als uns eine species facti nebst gedruckten so genanten Meditationibus Philosophicis de DEO, Mundo, & Homine und einer Beylage sub B. auch fünff Fragen zugeschickt etc. worden, Demnach etc.
Hat Titius ein gewesener Minister bey einem Fürsten in Europa
1. Ob Titii Philosophisches Tractätgen nach seiner dabey geführten intention vor eine so scandalöse Schrifft könne aestimiret werden, darinne böse und Atheistische principia enthalten, daß es nothwendig eine Confiscation, er Titius aber das Consilium abeundi meritiret habe.
2. Ob die Geistlichkeit, so mit grosser rigeur auff die Confiscation desselbigen gedrungen, auff den Cantzeln selbiges für ein Teuffels-Buch und Titium für einen Atheisten ausgeruffen, auch endlich durch ihr predigen den Magistrat verursachet, wieder Titium das Consilium abeundi ergehen zu lassen, nicht dadurch die Lehre der H. Schrifft übertreten, auch durch ihre zornige Aufführung mehr ihre geistliche Herrschafft & Tyrannidem Ecclesiasticam, als einen gelinden und sanfstmüthigen Eyfer für die Ehre und Lehre GOttes zu erkennen gegeben haben.
3. Ob und wie Titius wieder diese gegen ihn und seine Philosophische Gedancken bezeigte Conduite seinen Regress wieder sie nehmen könne, und was er zu dem Ende für eine action anstellen solle.
4. Ob nicht der Stadt-Magistrat durch die Confiscation und das ertheilte Consilium abeundi die Jura naturae & hospitalitatis, die dictamina Justitiae, AEquitatis & decori, ja selbst die officia Humanitatis in Titii Person violiret?
5. Was für ein Rechts-Mittel wieder den Magistrat Titio zustehe, dadurch besagter Magistrat nachdrücklich seiner grossen injustitz vor der gantzen Welt überwiesen und schamroth gemacht, auch angehalten werden könne, vor diese Verfolgungen ein suffisante, eclatante, und notorische Satisfaction auff eine publique Weise, und dergestalt zu geben, damit er gehalten sey, zum wenigsten durch ein öffentliches Cassatorium den gantzen Proceß-modum nebst dem Consilio abeundi zu annulliren und zu wiederruffen?
Ob nun wohl Titius der gäntzlichen Meinung ist, daß für ihn bey allen diesen
quaestionibus gesprochen werden müste, auch zu dem Ende quoad quaestionem primam
hauptsächlich zum Grunde 1. vorausgesetzt haben will, daß er in besagtem
Tractätlein die Person eines Philosophischen Heyden angenommen, der, nachdem er
die alte und neue Weltweißheit mit dem studio Theologico über diese drey
Materien, Deum, Mundum & Hominem sich zugleich bekant gemacht; dabey
verschiedene Königreiche und Länder durchgereiset; in selbigen auch die
unzehlige Arten des Gottesdienstes und der Regierungs-Formen beobachtet, theils
mit gründlich gelehrten Leuten und subtilen Männern von vielen Secten und
differenten Meynungen über diese drey Puncta mündliche Conversation
reflectiret hat; ingleichen daß 14. Meditationes ingenii &
intellectus
Zuletzt aber, wenn auch gleich das Tractätgen quaestionis für ein Atheistisch
Zugeschweigen, daß 19. ohne Zweiffel aus diesen wichtigen Ursachen die
Dieweil aber dennoch bey allen diesen fünff Fragen es hauptsächlich und
Solte aber durch GOttes Verhängniß Titius über Verhoffen in
Die anfänglich in ratione dubitandi 1. 2. 3. so weitläufftig beschriebene, und
öffters urgirte, auch in der specie facti mit vielen NB. bezeichnete Erinnerung,
daß er das Tractätgen nicht als ein Philosophus Christianus, sondern als ein
Philosophus Ethnicus geschrieben, und zwar zu dem Ende, damit die Christen
Gelegenheit bekämen, die Warheit der Christlichen Lehre wider diese Heydnischen
Lehr-Sätze zu schützen, ist so ein elender und unzulänglicher praetext, daß man
sich billich wundern muß, wie es möglich seyn könne, daß ein vernünfftiger Mann,
mit dergleichen Vorgeben einem Magistrat einer Reichs-Stadt, einem Ministerio,
und einem Collegio Juridico damit die Augen zu verblenden, sich möge in den Sinn
kommen lassen. Denn entweder der Autor will ein Christ seyn, und hat sich nur
als einen Heydnischen Philosophen gestellet, oder aber er ist würcklich ein
Heydnischer Philosophus und kein Christ. Beydes kan ihn zu seiner Entschuldigung
nichts helffen, noch des Magistrats und des Ministerii Verfahren mit ihm und
seiner Schrifft etwas schaden. Hat er sich so angestellet als ein Heydnischer
Philosophus, so muß er sich auch gefallen lassen, daß man ihn das Tractament
gegeben, das einem Heydnischen Philosopho gebühret, und so wenig derjenige, der
sich stellet ein Spitzbube zu seyn, den Magistrat belangenkan, wenn er ihn, wie
einen Spitzbuben tractiret, so wenig kan auch derjenige Christ, der sich
anstellet ein Heydnischer Philosophe zu seyn, und Heydnische Dinge lehret, den
Magistrat beschuldigen, wenn sie ihn dasjenige wiederfahren lassen, was einem
Heydnischen Philosopho gehöret. Ist er aber in der That ein Heydnischer
Philosophus, und hat sich nur bißher gestellt als wäre er ein Christe, so hat
die Obrigkeit noch allzugelinde mit ihn verfahren, indem das simulirte
Christenthum mehrern Schaden bey andern verursachen können, als wenn er sich
offenbahr für einen Heyden ausgegeben hätte. Die vorgeschützte intention, daß
dadurch Gelegenheit gegeben werde, die Heydnischen und Atheistischen Irrthümer
zu refutiren, mag Titio auch so wenig zu statten kommen, als wenn einer, der
heimlicher Weise die Brunnen vergiftete, sich damit schützen wolte, als wann er
solches aus guter intention gethan, damit die Herren Medici Gelegenheit bekommen
solten, mit ihren Medicamenten die Krafft und Würckungen des Giffts zu
vertreiben. Die Unzulänglichkeit der ab exceptione fori incompetentis
hergenommenen
Die 7. raison von Duldung anderer verdächtiger Bücher in Buchläden, ist auch
nicht vermögend dem Autori ein Recht zu Duldung des seinigen zu geben, so wenig
als wenn ein ungebetener Gast einen Diener, dem von seinem Herrn befohlen
worden, niemand als die Gäste herein zulassen, wegen angethanen Schimpffs um
Satisfaction bey seinen Herrn verklagen, und daß er gleichwohl andre ungebetene
Gäste eingelassen, zum Fundament
Nachdem wir nun dieses alles, was bißhero angeführet worden, reiflich erwogen,
auch ein jeder unter uns zu vorhero des Titii Meditationes Philosophicas
wohlbedächtig und ohne Partheyligkeit überlesen, als halten wir einmüthig dafür;
daß 1. des Titii Philosophisches Tractätgen auch nach seiner dabey geführten
intention allerdings, für eine so scandaleuse Schrifft zu achten sey, darinnen
böse und Atheistische principia enthalten, daß es nothwendig eine Confiscation,
Titius aber eine noch viel härtere Bestraffung, als das ihm gegebene Consilium
abeundi verdienet
§. XIII. Der Herr Quaerente aber nahme dieses unser wohlmeinendes,
1. Entschuldigung, warum diese Wiederlegung nicht gelehrt sey: 2. sondern nur in
zweyen Puncten deutlich wiedersprechen wollen: 3. Erstlich, daß man seinem
Temperament allzuwenig Ehrgierde zugeschrieben, 4. und folglich kein sonderlich
judicium ihm zugetrauet; 5. Zum andern, daß man ihm eine falsche, ja gar keine
Religion angedichtet; 6. da doch dieses (1) mit seinem Genie incompatible; 7.
(2) sein Christenthum notorisch sey; 8. (3) also diese Beschuldigung eine
offenbahre Verleumdung wäre: 9. Weil Er a) seine Meditationes nur als ein
Philosophus Gentilis Interimisticus geschrieben, 10. b) auch geleugnet, daß
solches seine eigene principia wären, 11. c) und seine wahre intention genungsam
entdecket, 12. d) wieder die confuse und eigenwillige Auslegung 13. e)
solennissime protestiret und ex genuinae Logicae doctrinis höchstvernünfftig die
conclusion negiret, 14. welches mit etlichen Exempeln erläutert wird, als
§. XIV. Ich zweifle nicht, es dürffte mancher Leser den Kopff schütteln,
Praemisso Tit. Ew. Hochedlen Responsum, ist mir vor wenig Wochen
Damit nicht indessen, wenn gäntzlich schwiege: aus dem Stillschweigen, meine geistliche und weltliche hochgeehrte Herrn Oponenten, diese Consequentz: Ich hätte ihnen als Triumphirenden gewonnen gegeben, und den Palmen-Zweig zum Zeichen ihres eclatanten Sieges mit furchtsahmen Händen überreichet; zu meinem Praejuditz ziehen und dessen die Unerfahrnen zu bereden suchen mögen; Werden Eure Hochedlen die besondere Grace mir zu gönnen gütigst geruhen, mit keinen verdrießlichen Minen zu bemercken: wann zu einer etwelcher, und keinen Schalck verbergender Interims-Justificirung meiner Sache und Ablehnung der Lehr-Sätze: die meiner deutlichen Gegensprechung und auffrichtiger Bekäntnis unerwogen; auf eine unfreundliche und gewaltsame Weise, wieder die Gesetze von der Klugheit eines andern Meinung zu verstehen, laut der sub No. 1. angehengter Beylage, rubriciret: Ausübung und Ubertretung der Vernunfft-Lehre; aus einer feindlichen und gefährlichen Abzweckung, vielleicht, damit malgré moy & a contre coeur, in den Augen der Christlichen Welt, vor einen Ketzer, Atheisten und Spinosisten passiren solle; mir zur Last geleget werden: Die einer jeden unschuldig leidenden und gravirten Parthey erlaubte Freyheit der Wieder-Ant- und Verantwortung nehme: über Eurer Hochedlen hochgelehrtes Responsum (wiewohl ohne Violirung derjenigen Hochachtung, welche meinen hochgeehrten Herrn samt und sonders im übrigen schuldig bleibe) mit einer friedliebenden Seele und sanfftmüthigen Feder: in gegenwärtigem Schreiben, diese einige Remarque vorjetzo nur zu machen: welche in dem kurtzen Schluß beruhet: Eurer Hochedlen edle Ars Conjecturandi die Erkäntniß der menschlichen Natur und derer Ihro anklebender natürlicher, sittlicher und geistlicher Neigungen; habe keine Infallibilität, noch gewonnen; Indem so wohl (a) in Bezeichnung meiner Leibes Complexion: als (b) in Vestsetzung derjenigen Religion, welcher ich, nach meinem Gewissen und der innerlichen Uberzeugung von gantzem Hertzen und gantzer Seele zugethan bin; sie sehr gestrauchelt, und durch diesen faux pas eine considerable Blösse gegeben.
Denn was den ersten Punct: von meinem Temperament anlanget; haben Eure Hochedlen,
nach ihren Lehren von der Kunst die Gemüther der Menschen zuerforschen, den
Calculum zwar dahin gezogen: es wäre solches von etwa
melancholisch-sanguinischer Vermischung: weil mein wenig natürliches Judicium,
eben dadurch unterdrücket: und mente allzuwenig Ehrgierde zugeschrieben.
Betreffend mein Judicium: bekenne ich ohne Schamröthe, daßJudicium ihm zugetrauet.
Ich komme auff den andern Punct: der von Euren Hochedlen mir
Erstlich: mit meinem Genie incompatible. Denn selbiges, erkennetGenie incompatible.
Sie wird zum andern: durch mein notorisches Christenthum in dernotorisch sey.
Wie dann drittens: die, in der specie facti erzehlte Ursachen, warum
Dann obwohl willig, ohne peinliche Frage gestanden: der Verfassera) seine Medit ationes nur als einPhil Gent. Interimisticus
geschrieben.
Ich habe (b) vor dem Scholarchat und in der facti specie, gantz und gar geläugnet: wie dann quam constantissime noch von mir geleugnet wird; Quod haec Philosophi Ethnici Principia, propria mea sint dogmata: quibus prae Christianismo, cujus ego tamen strenuus sectator sum, symbolum meum darem & assensum.
Ich habe (c) zu erkennen gegeben, daß vermöge der Doctrinae de Imputatione Actionum Moralium: von welcher Materie verschiedene eminente Moralisten und Juris N. Doctores unvergleichlich geschrieben; Nach der Intentione Cordis & Animi: d. i. warum und aus was einer Bewegung das Wercklein drucken lassen; nicht aber secundum actionem factae impressionis & publicationis: d. i. weil durch den Druck es der gelehrten Welt ich communiciret; man mich anhören, prüfen und beurtheilen müste: Cum Personarum, Actionum & Verborum Moralitas & Turpitudo: Justitia & Injustitia: Innocentia & Culpa: ex voluntate, proposito, praemeditatione & proaeresi, solum dijudicari debeant.
Es ist (d) zeitig von mir erinnert worden; die zwo Personae morales eines Gottesgelehrten und Weltweisen, welche in meiner Vorrede dahero bedächtig: in regard, errorum genitrix, est confusio semper, von einander ich placiret; müsten wegen ihrer gegen einander lauffenden Eigenschafften durchaus nicht zusammen geschmoltzen und zu einer Person geformet werden; weil durch dergleichen fallacias compositionum & divisionum: combinationes contrariarum, uti personarum, ita proprietatum: die gröbsten Irrthümer, irraisonabelste Ketzereyen und solche Articuli Fidei Philosophicae & Christianae, die meine Vernunfft und Sinnen mißbilligten: mir ohne Schwürigkeit, angezettelt werden könten; wann sonderlich noch dazu der Inhalt der Meditationum: nicht nach meiner, des Schrifft-Verfassers redlichen Auslegung; sondern nach dem Willkühr und einer eigenmächtigen Dollmetschung meiner Leser, Gedancken-Richter, und moralischer Hertzenskündiger, verstanden und ausgedeutet werden solten.
Ich habe dahero endlich (e) wieder solche schädliche Unternehmungen und Attentata
moralia, aus einer billigen Vorsichtigkeit quam nissime
protestiret, und ex genuinae logicae doctrinis
höchstvernünfftig die conclusion negiret.passiren lassen, welche schliesset: Titius,
um seine studia Philosophico-Theologica zu recapituliren: hat bey seinen
Recreations-Stunden, zusamt dem Alten und Neuen Testament: der Theologia
Christiana & Gentili: den Aristotelem, Platonem, Pythagoram, Epicurum,
Cartesium, Herbertum, Hobbesium, Machiavellum, Spinosam, Beverland, Pereira,
Boccalini, Ovidium, Lucanum, Lucretium, Clericum, Montagne, Vayer, Broion,
Blount, Baelium, Huygenium, Tolland, Brunum &c. &c. &c.
mit ihren op-& propugnatoribus, wie ein Philosophus Eclecticus
durchgeblättert und conferiret: ihre wahre und irrige Meinungen und
Grund-Lehren, in ein Gewebe gewircket, und selbige endlich, wie ein Collector
& Relator: Exercitii & veritatis amore, heraus gegeben; E. hat
Titius, durch die Auffwärmung und Gemeinmachung gottloser und gefährlicher
Sätze, ein peinliches Verbrechen begangen: E. ist Titius selbst nothwendig ein
Platonist, Spinosist, Hobbesianer, Tollandist etc. etc. E. ist er ein
warhafftiger Heyde, der Christum und seine Lehre verläugnet: E. hat er keine
Religion: E. soll man ihn dem Vulcano auffopffern: oder
zum wenigsten in die Bergwercke und auff die Galeeren schicken.
Es mag hierauff für mich zum ersten: Ludovicus Antonius Muratorius
)
Daß ferner und zum andern: unter den vielen Classen der Weltweisen, die
Philosophi Platonici fürnehmlith: (obgleich andere melden, daß aus der Quelle
des Pythagorae und Zenonis, vielmehr Ketzerisches Gifft geflossen,) die
Patriarchen der Ketzer sind genennet worden: berichtet die Philosophia Aulica.
Und daß Plato, ein Atheista formalis sey, der Spinosismum ante Spinosam
gelehret: hat eine gelehrte Feder zu erweisen sich bemühet. Es hat aber nicht
allein Marsilius Ficinus, die Philosophiam Platonicam aus den unterirrdischen
Hölen wieder hervor gelocket; ein Sedis Romanae Purpuratus Bessarion, nebst dem
Engländer Cudworth, den Platonem gegen seine Verläumder defendiret; Sondern die
Kirchen-Väter selbst, sind wie dem Aristotelismo, Stoicismo und Epicureisino:
also ebenfalls dem Pythagorisino und Platonismo, so gar ergeben gewesen; daß sie
den letztern, biß auff seine Irrthümer angenommen. Wann nun eine unzeitig
hitzige und von den Vorurtheilen geblendete Seele, den Ficinum, Bessarionem,
Cudworth, nebst den Ecclesiae Patribus: theils wegen Herausgebung, theils der
Verthädig- und Annehmung dergleichen Schrifften und ihrer Lehr-Sätze wegen, vor
gottlose Platonisten, Pythagoristen, Atheisten und Spinosisten auff den
Märckten, von den Cantzeln und Cathedern, auch in allen Theologischen und
Juristischen Facultäten Europä ausschreyen, und ihnen, obwohl des Feuerswürdigen
Maleficanten, aus genereuser Compassion, ein dulce & mansuetum Consilium
abeundi aus den Gräntzen der gelehrten Republic und den Gewölben der Buchführer,
ad domum insinuiren lassen wolte; Würde ein gescheider Welt-und Hoff-Philosophus
nicht scriptorum Origenis.Naudaei;
Daß ich aber zum dritten: kein Atheist nach dem gemeinen Urtheil der Verläumdung:
vielmehr ein redlicher Christ, der einen seeligmachenden Glauben bekennet:
warhaftig sey; ist so wahr als wahr bleibet: zwomahl zwo sind vier, und zwomahl
vier sind acht. Erwehnter Glaube ruhet auff zwo Pfeilern: Der erste: ist die
heilige Schrifft, wie sie in dem Alten und Neuen Testament verfasset. Der
andere: ist die unveränderte Augspurgische Confession. Diese dopple Eintheilung
und zwofache Betrachtung meiner Religion, rühret aus der Qvelle: weil in meinem
Gottesdienst eine duplicem Personam Moralem praesentire; Dann erstlich: bin ich
ein Christ, und werde durch den Character, von Juden, Heyden und Türcken
distinguiret; Zum andern: bin ich ein Membrum Ecclesiae Lutheranae, welches
Beylag-Wort, von der Reformirten und Catholischen Kirchen mich absondert. Die
Warheit dieser Christlichen Lutherischen Religion: in welcher ich GOtt diene von
meinen Vor-Eltern her in reinen Gewissen; glaubet nicht allein mein Hertz,
welches dem dreyeinigen und allwissenden Hertzenskündiger, gewiß wissend;
sondern es bekennet auch mein Mund in den kirchlichen Vorfällen: wann sonderlich
mein Confiteor in der Beicht ich spreche, und das hochwürdige Abendmahl nach der
Einsetzung Christi und Auslegung Lutheri empfange. Wie ich nun suche, mich vor
der Welt als einen Lutherischen Christen dem Glauben gemäß auffzuführen: so
befleißige mich dabey, weil der Glaube ohne Wercke todt; die Warheit meines
Glaubens, durch einen Christlichen Wandel zu bestärcken und das Gesetz und das
Evangelium: nach meinen Kräfften, durch eine desinteressirte Liebe GOttes und
meines Nächsten zu erfüllen. Denn die Liebe ist von GOtt, und wer lieb hat, der
ist von GOtt gebohren und kennet GOtt. GOtt aber ist die Liebe, und wer in der
Liebe bleibet, der bleibet in GOtt, und GOtt in ihm; daß also eine verdammliche
Calumnie es ist: bey so guten Religions-Sätzen, die
in Theoria & praxi: in intellectu & corde: in fide &
vita hege; mich dennoch alta voce, vor einen Atheisten auszutrompeten.
Einen Vorwand zu dieser Atheisterey-Fabrique haben zwar die Meditationes
Philosophicae nicht per se, sed per acoidens, daß dieser Responsi, und seiner übrigen Wiedersacher.Responso: welches zu einem Academischen
Oorlog mich ausfordern will; theils auch dahero deutlich zu ersehen: daß meine
hochgeehrte Herren nach der Methode der Clerisey und des Scholarchats: (
Allein um die Nichtigkeit dieser Praetexten, Argumenten, Zumuthungen,
1) Durch die verständlich ausgedruckte Worte meiner Vorrede undcontenta seiner speciei facti.
2) Wird meine Unschuld: von der Endursache vorgenommener Druckungraisonable
intention.
3) Würde es mir, wann nach der Methode: wie mit meiner Schrifft und Person
verfahren worden; ich die Bücher und Disputationes vornehmer und kluger
Gelehrten durchsieben und ausmertzen wolte: eine anmuthige Spiel-Arbeit seyn;
aus solchen, eine considerable Anzahl anstößlicher und verdächtiger Satz-Reden
zu sortiren und ihre Schutz-Herren, wie gefährliche Gifft-Mischer, bey dem
Inquisitions-Tribunal zu deferiren. Ich gehe weiter und soutenire mit einer
freymüthigen Stirne; daß wann zuläßig und verantwortlich: recht und billig es
ist: die in Schrifften vorkommende Reden und Passages, aus ihrer natürlichen
Verbindung und gehörigem Lager zu derangiren: selbigen, einen sensum intentioni
scribentis & loquentis contrarium anzuhefften: und der sinceren
Verdollmetschung ihrer Autorum die Geburth fremder Interpretum vorzuziehen: daß
keine difficultäten es geben würde, den weisen Salomon, erleuchteten Paulum,
nebst den übrigen Rüstzeugen GOttes, in Ertzketzere und Atheisten zu verwandeln;
daß aus der Betrachtung, ein freydenckender und schreibender Journalist überaus
wohl argumentiret: keine Praecipitantz sey gottloser, als die Menschen nicht aus
ihren Worten, sondern aus ihren heimlichen Gedancken beurtheilen. Ich verneine
ja nicht: die Meditationes quaestionis zum Druck befordert zu haben; angesehen
die negativa mich graviren und ein Indicium malae causae seyn würde. Ich
verneine aber mit vollen Lippen: daß aus dem zugestandenen medio Termino: ich
habe das Büchlein verfasset; diese Conclusiones: E. stehen darinnen meine eigene
Grund-Lehren entdecket, die ich für orthodoxische Warheit, mit meinem Hertzen
und Munde bejahe. E. bin ich ein Spinosista, & Atheista incarnatus. E.
solte man mit mir eine Vaninische Tragödie spielen, und zum Scheiterhauffen eine
Promenade machen etc.; mit einer bonne grace heraus
gelocket werden können. Sie sind und bleiben vielmehr unbündige Raisonnemens:
die den Strich der einfältigsten Logic nicht aushalten, und gegen die gesunde
Vernunfft auch den Sensum Communem anstossen.
Wie dann für die Rechtmäßigkeit meiner Defension 4) viele herrlicheAutori des
Entretiens &c.Autori des Espion Turc.Julii Caesaris Vaninidefensorum.
Da nun erzehlte unbenahmte Gelehrte: welche derer Juden, Heyden, Türcken,
Christen und Atheisten, Glaubens-Articuln, Lebens-Arten, Sitten und Meinungen,
aus dem einigen Vornehmen, das wahre von dem falschen: das vernünfftige von dem
unvernünfftigen: GOtt von den Abgöttern: Christum von Belial: mittelst einer
moralischen Chimie zu scheiden, und wie die Stärcke der ächten Lehren: also die
Schwäche irriger Satzungen, durch die Gegenstände begreiflich zu machen; theils
unter entlehnten Aufputz und gekünsteltem Blumwerck moralischer Erdichtung, zu
angenehmen und nützlichen Schau-Essen lüsternder, curieuser und mit einem feinen
Geschmack begabter Seelen, in den öffentlichen Buchläden auffgetischet: theils
auf eine ingenieuse Art, durch die Satyrische Hechel gezogen: theils von denen,
ihnen angebrandten Flecken und Schimpff-Mahlen infamer Gottlosigkeiten,
gesäubert; Von den vornehmsten Pairs und Grandes des Parnassi Litterarii, für
vere-orthodoxi sind gehalten und mit den gehäßigen Nahmen der Heyden, Juden,
Türcken, Unchristen, und Atheisten, gar nicht gefirmlet worden; warum soll denn
ein eben gleiches Recht: nach der incontestablen Juris Regula: ubi par ratio,
ibi
Elias Benoit, der eine Melange des Remarques critiques sur les DissertationsDefensio Vossii
und Doctoris Titii zu statten kommen müsse.Characterem
Es ist zwar freylich leider durch die Ketzermacherey dahin gediehen! daß das Wort Spinozizat so weitläufftig ist: als das Wort Eutychianizat: Nestorianizat: Judaizat: Socinianizat &c. Allein, gleich wie derjenige nicht so fort ein Jude, der eine Passage der Schrifft, wie ein Jude erkläret, oder der nicht sogleich ein Socinianer, der vieleicht in einem Neben-Punct, mit ihnen zusammen trifft; also kan ob AEquipollentiam Casus & Rationis, derselbige nicht für einen Atheisten, Spinosisten, gehalten werden: der einen blossen Referenten & Collectorem Opinionum Spinosisticarum & Atheisticarum &c. mit nichten aber derselben Sectatorem, Defensorem & Propugnatorem abgegeben. Man muß hier Christ-vernünfftig seyn, und nicht gleich mit Sectirischen und unchristlichen Nahmen um sich werffen; sondern alles prüfen, das gute behalten, das böse verwerffen.
Der im weltlichen Leben eingeführete Gebrauch, ist jederman bekannt: Annihilationem per
Ignem, solte verdienet und mir zum Lohne zugezogen haben.
Der allegirte Autor des Entretiens sur divers sujets d’ Histoire &c.Autoris des Entretiens &c. zu statten käme.
Kurtz: (a) die publicirte Meditationes Philosophicae: sind ein Systemarecapitulation, derResponso, die unchristliche Auffbürdung zu lesen; ich
hätte durch dergleichen Ausflüchte, als elenden und unzulänglichen Praetexten, dem Magistrat der Reichs-Stadt N. N. dem Ministerio: und dem
Collegio Juridico: die Augen nur zu verblenden,
gesuchet; daß wegen so harter, unerweißlicher, unleidlicher, und mir
nachtheiliger Auflehnungen: ich kein sanfftmüthiger Remedium ergreiffen kan; als
die, zu einer zuläßigen Defension und Christlichen Ressentiment, von den
göttlichen und weltlichen Rechten, frey gegebene Mittel, wieder meine
Beschuldiger und Verleumder: mir zu reserviren und vorzubehalten. Da also per
Ad- & Deducta überflüßig interimistice wahr gemacht: Es haben weder die
Geistlichkeit, durch die vernünfftige Beurtheilungs-Kunst und das geoffenbahrte
Wort: Conversation also in
der Religion: ein stilles, friedliches und eingezogenes Leben geführet; wie
solches, das Gezeugnis meines gewesenen Hn. Hospitis suffisamment documentiren
könte; durch eine gerichtlich gehörigte Rechts-Erweis- und Uberzeugung, auch
Testimonia & Testes, omni Exceptione majores mich überführet: daß den
Staats- oder Kirchen-Händeln mich einzuflechten: die weltliche und geistliche
Regiments-Verfassung aus ihrer Consistentz zu heben: die
Recht-Gläubigen und Christen auff Irrwege zu leiten: auch wohl zu dem kostbahren
Proceß, welchen wieder den Hochweisen Rath, die Bürgerschafft pro salute Civitatis angestrenget; Pech-Cräntze und Pulver-Säcke
bey zutragen: solte gesuchet haben;
So folget 5. aus solchen warhafftigen Praemissen: die natürliche ungezwungene,
Rationes decidendi nichts
hiessen.Force und Schneidigkeit: denn sie ohnedem, auff
mürben Ecksteinen gemauret und aus spröden Metall sind gegossen worden. Und kan
mein Büchlein: aus welchem die Herrn Adversarii ihre Feuerwercke zu meiner
Bombardirung entlehnen: durch meine eigene Waffen und Minen, mich in die Lufft
zu sprengen und den Rest zu geben; ihnen zu keinem Pulver-Magazin und Zeughause
dienen.
Denn ich will mit freyem Munde selbst gestehen: daß (aa) vernünfftigerin specie wegen
des ihm vonrecommendirten Salomonis
und Jesus Syrachs Erinnerung thut.Jurisprudentz: welche auff die Vernunfft und Schrifft, das Recht und die
Billigkeit sich stützet; selbige Abhandlung mit dem Titul eines moralischen
Fehlers: einer menschlichen Schwachheit: Strauchlung: Ubereilung: und
Ausschweiffung belegen, welche, weil sie ohne bößliche und sündliche: aus einer
vielmehr untadelhafften Begierde zur Warheit geschehen wäre; man mit der
Christlichen Liebe zudecken: zum besten kehren: mit Gütigkeit vertragen und
vergeben: anbey den Fehlenden selbst, durch stattliche Gegen-Gründe und
vernünfftige Schlüsse seiner Fauten überzeugen: und mit einer, dem Christenthum
anständlicher Moderation, zur Raison bringen: nicht aber nach der unhöflichen
Eigenschafft des dummen Pöbels, an die Glocken binden: sie eine Missethat: den
gefallenen Welt-Weisen, einen Maleficanten stylisiren müste: der seine
Philosophische Fehler mit harten Leibes und Lebens-Straffen auszusöhnen; könte
und solte gehalten werden.
Ich gebe nach, (bb) mein Büchlein wäre so gefährlich und ärgerlich: daß den
ertzgottlosesten Tractat de Tribus Impostoribus Mundi, dessen Existentz von
etlichen bejahet: von andern für ein Non-Ens geachtet wird; wegen seiner
verdammlichen Lehren es noch übertreffe; so könte selbiges freylich confisciret,
verbothen und verbrandt werden: Ich aber für meine Person: nachdem die, von dem
Luthero durch den Geist GOttes bewürckte Reformatio Fidei, Vitae, Morum
& Studiorum: nebst der wahren Lehre Christi, dessen Liebe und Sanfftmuth
zur Gold-Wage des auffrichtigen und thätigen Christenthums, uns geprediget,
angerühmet und zur genauen observantz eingebunden; mit keiner Poena Ecclesiastica vel Civili, um so weniger angesehen werden; da vor
mich dieses Achilleische Argument plaidiret: daß nicht der erste Urheber,
Erfinder und Concipient; sondern ein blosser Copist, Ab- und Ausschreiber einer
so unartigen und bösen Schrifft gewesen: auch solche Ausarbeitungen und
Zusammentragung Philosophischer Collectaneen, weder mir noch andern, durch die
Gesetze ausdrücklich sind gewehret und verbothen worden.
Ich will zur Illustrirung dieses Satzes: folgende Casus, zur rechtlichen
Item: eine Dame, die einen lieblichen Capuciner zum Beicht-Vater: einen wohl
tournirten Mohren zum Cammer-Diener hätte: beglückseeligte ihren Ehegemahl mit
einem hochgebohrnen Bett-und Lehn-Erben, der auff dem Haupt eine Münchs-Kutte:
in der Hand einen Rosen-Crantz mitbrächte: und von so schwartzer Couleur wäre,
als wann die in der Zona Torrida roulirende Sonne, ihn gefärbet; Oder es würde
von einer andern Frauen, gar eine Frucht gebohren, die wie der Satan
abconterfeiet zu werden pfleget: mit Hörnern, Küh-Füssen und dergleichen
Merckzeichen gestaltet und embelliret wäre; ist nun die Frage: ob wegen dieser
deformen Creaturen, die erste: einer Sodomiterey, mit denen Bestien, derer notas
characteristicas ihr Kind vortrüge; die andere: eines Ehebruchs, daß sie etwa
mit ihrem Directeur de Conscience, in einer fleischlichen Kniebeugung ein
venerisches Ave Maria oder Salve Pater, mit vereinigten Lippen gesprochen: oder
gar ihre Empfängnis von der Infusion eines hitzigen Africaners genossen: Endlich
die dritte: einer actuellen Vermischung und Liebes-Conferentz mit dem
unsichtbahren Fürsten der Lufft, und Herrn des Riesen-Gebürges; beschuldiget,
angeklaget, verdammet und gerichtet werden könten? Die vernünfftige
Welt-Weisheit: Gottes- und Rechts-Gelahrheit: löset diese dreyfache
Zweiffels-Knoten, nach fleißiger Erforschung derer Umstände, mit dem Voto
Negativo auff: und absolviret die drey Frauen, von der peinlichen Anklage. Die
Ratio Decidendi ist: daß obwohl allegirte drey Sechswöcherinnen: (1) durch ihre
irregulaire Einbildungs-Krafft das meiste, zu den beschriebenen
ausserordentlichen Leibes-Früchten beygetragen: über das (2) sie selbige, durch
ihre Gebährung zum würcklichen Vorschein und in die Augen der Welt gestellet
hätten; Könten diese Errata Naturae: ihnen gar nicht als Consectaria und
Folgerungen verbothener und straffbarer Debauchen: in denen sie sich active
& passive criminaliter auffgeführet hätten; zugerechnet werden; sondern
sie musten in regard
Ich statuire nun: es habe mit meinem Tractätgen eine, den supponirten Casibus, gleiche Bewandtniß: in allen und jeden Umständen; Ich nenne es (1) ein monströses und scandalöses Büchlein: ja dem oben entworffenen Horatianischen Gemählde - - - Librum
Reddatur formae. - - - - Ich bejahe (2) es sey dieser Partus Litterarius Monstrosus, durch die Druck-Presse von mir, auff die offene Schau-Bühne der Welt ausgeleget worden; so müssen consequenter ob paritatem casuum & circumstantiarum: die, vor die loßgesprochene Frauen redende Rationes; zu Ausführung meiner Unschuld und völligen Loßsprechung mir ebenfalls zum Nutzen kommen; da bey Publicirung des Werckleins: wie solches unzählbar bereits moniret: und weil auff dem Angel eben, die Machine dieser Streit-Sache sich umdrehet, zum öfftern hat wiederholet werden müssen; ich mich nur wie eine zufällige und der Philosophischen und Christlichen Warheit zum Vortheil, würckende Ursache dargelehnet; indem von denen darinn zusammengetragenen Meinungen: die Philosophi, die ächte Väter und Mütter seyn; ich mich aber dazu für einen blossen Gevatter erkenne: der wie ein Philosophus Eclecticus sie aus denen Büchern als Papiernen Tauff-Steinen gehoben: in die gedruckte Blätter gleich Windeln eingewickelt: und ihnen den Nahmen Meditationes Philosophicae gegeben: durch selbigen, ihre Natur und Wesen, dem geneigten Leser in wenig Linien abzureissen.
Ich will ferner (3) zugeben; daß die quintam Essentiam der verfluchtesten
Atheistischen Gründe, in mein Büchlein ich vereiniget und die Composition dieser
Gifft-Tropffen mit entdecket hätte; so vermöchte doch niemand vel ex hoc Medio
Termino, für einen Atheisten mich anzugeben. Der Ausspruch eines weisen
Gelehrten über die Rechtfertigung des Vanini, kommet in hoc passu mir ungemein
zu statten: und schmecket selbiger nach dem Kern der Vernunfft-Lehre des
Christenthums und derer Rechte. Von einem elenden Schlage ist die Anklage wieder
Vaninum (so lauten seine notable Worte) daß er der
Atheisten Argumenta erzehlet und fürgetragen: gleich als
wann jemand refutiret werden könte; den man nicht erst
höret. Dergleichen Argumenta und Worte nicht einmal fürbringen;
vielleicht wäre zu wünschen, daß auch Celsi Schrifften
übrig wären: damit man sehen könte, ob ihme Origenes,
keine falsche Meinungen angedichtet. Dann was Lactantius
bey den Meinungen der alten Philosophen gethan, ist bekandt.
Ich will (4) gar gestehen: daß verschiedene Dogmata, die in den
MeditationibusExcommunicationibus, Consiliis abeundi und
dergleichen Tyrannischen Beanhdungen, mit welchen tödtlichen Spanischen Reutern
und gespitzten Pallisaden der Anti-Christ seinen Thron und Regnum Tenebrarum zu
fortificiren, alle Gewalt anwendet; bestraffet, und dadurch bey der Welt in den
Argwohn: daß ein Unchrist und mit einer ansteckenden Kranckheit behafftet wäre;
zum äussersten Ruin meiner zeitlichen Glückseligkeit und zur blamirung meiner
theuer erworbenen Ehre gesetzet und gestürtzet werden.
Zum Beschluß: will ich zwo Passages und Zeugnisse anführen;jure divino der heil.
Schrifft.
Das Jus Publicum aber: daß mit der Feder eines fürtreflichen Commentatoris ad J.
P. schreibe; lehret: quod merito cuique licere debeat de se statuere, qua
potissimum ratione privatim & sine strepitu, Nos Deum, nobis propitium
& placabilem facere possimus. Haec enim seueritas & Tyrannis in
Conscientias aliorum, qua Pontificii utuntur, qui cogitatorum etiam poenas luere
volunt, quos fortasse deprehendunt diversis, nec suae Religioni congruis
opinionibus imbutos; certissimum est signum, timere Clerum suis rebus, ne
imposturae male satis tectae, tandem deprehendantur novaturientium audacia, quam
ideo Igne, Laqueo, Culeo, & atrocibus aliis suppliciis, reprimere
necesse habent. Quod si haec imitamur Protestantes aliquando mitioribus
remediis, veluti exilio, fustigatione, censura Ecclesiastica
& similibus, haud existimare nos oportet, ita recte &
ex ordine a nobis fieri. Saltem enim gradu aliquo peccamus mitius: culpa omni
non vacabimus. Qui enim soli Deo, de side sua rationem reddere debent, in eos,
eam ob rem, nulla apud nos est justa animadversio; modo sibi de coetero a seductione & motibus temperent, in quibus deprehensi, non ex causa religonis puniuntur sed
more seditiosorum.
Diese zwo merckwürdige Stellungen nun: wie eines theils sie zur solidern Löhtung
und Bewährung Deductionis Innocentiae meae: daß sie mit der Vernunfft, der
Schrifft und den Rechten einstimme: angeführet; so werden andern theils, sie zwo
Probir Steine abgeben: an welchen meine geistliche und weltliche Ankläger und
Richter, ihre admirable Conduite, die auff den Cantzeln: in den Raths- und
Gerichts-Stuben: in den Predigten: Urtheilungen und Sententioniten: in regard
meiner Person und meines Büchleins, sie temoigniret; anstreichen, prüfen:
Und wie ich persuadiret bleibe, daß nach diesem Examine Rigoroso,
Ich endige hiemit mein Schreiben und die Praeliminar-Interims-Justificirungcaptirt
er benevolentiam bey der Hällischen
Juristen-Facultät.
Ich nehme indessen noch die eintzige Erlaubniß, unter anhoffender Genehmhaltung
meiner hochgeehrten Herrn, die in der Beylage: Verläumdung und Unschuld sub No.
2. angeschlossene Poetische Gedancken, welche über das Schicksaal meines
Philosophischen Tractätgens und eigener Person: auff Veranlassung guter
Hertzens-Freunde, Minerva quamvis invita verfertiget; Euren Hochedlen, welche
von keinem melancholischen Temperament zu seyn, nach freyer Muthmassung
supponire; zu einer Gemüths-Ergötzlichkeit gehorsamst zu überreichen; da meine
hochgeehrte Herrn in selbigen die Trieb-Federn der Druck-Presse, welche die
Meditationes den Lesern eingehändiget: mein Christenthum und wahre Complexion:
dergestalt augenscheinlich vorgebildet werden ersehen; daß, nachdem, durch die
Unumstößlichkeit meiner Vernunfft- und Rechts-Gründe, Eure Hochedlen sich
unvermerckt werden überwunden finden; sie vor keine Verminderung ihrer
vollständigen Gelahrheit es schätzen werden: die erste, mein Temperament und
Religion concernirende Sentimenten, freywillig zu ändern: und nebst der ächten
Leibes- und Gemüths-Beschaffenheit; den rechten Christlich-Lutherischen Glauben;
mir eigenthümlich, auff Befehl des Königlichen Symboli: Suum Cuique: zurück zu geben.
Ich wünsche übrigens der weitberühmten Hällischen Universität einen ewig
blühenden Wohlstand: weil eben auff derselbigen das thätige Christenthum: die
von dem Sauerteig unnützer und verdorbener Lehre distillirte reine
Iurisprudentz: und die von den Schlacken der Vorurtheile und Irrthümer,
geläuterte Weltweißheit: aus dem Munde frommer Aposteln, fürtrefflicher Priester
der Gerechtigkeit, und kluger Philosophen: erlernet und begriffen. Der Illustren
Juristen-Facultät aber und Euren Hochedlen, meinen hochgeehrten Herrn sammt und
sonders, empfehle mich zur beharrlichen Hochgewogenheit, mit der finceren
Assurance: die particuliere Estime welche ihres zustrengen Responsi ungeachtet,
dennoeh mit einer unverfälschten Passion, Euren Hochedlen gewidmet;
Euer Hoch-Edlen
Meiner Hochgeehrtesten Herren
Friedland d. 20. Octbr. 1717.
gehorsamst ergebenster Diener Titius.
§. XV. Was dünckt nun dem geehrten Leser bey dieser Gegenschrifft,
§. XVI. Noch mehr aber wurde ich zu dieser hertzlichen Erbarmung bewegt, da ich gewahr wurde, daß der Herr Quaerente es §. 3. & 4. so übel genommen, daß ich in unsern Responso ihm so wenig Ehrgierde und folglich auch wenig judicium mitgetheilet hatte. Denn 1. war es in dem Responso in ratione decidendi prima nur obiter und mit folgenden Worten geschehen.
Wer ETWA spricht, sagt nur eine blosse Muthmassung, obligiret sich aber nicht,
daß er dieses etwa oder vielleicht für eine gewisse assertion ausgeben wolle. 2.
So gehörte auch diese assertion hauptsächlich nicht zu dem Responso, sondern es
flosse mir incidenter ein, zumahlen da ich nicht in meinem Nahmen alleine das
Responsum verfertigte, und nicht wissen konte, ob meine Herren Collegen dißfals
mit mir einerley Meinung wären. Indessen, und damit der Herr Quaerent nicht
vorgeben möge; als suchte ich mich hinter die vorige Antwort als hinter einen
Schlupffwinckel zu verstecken, so läugne ich 3. nicht, daß was meine Person
betrifft, ich schon damahls der gäntzlichen Meinung war, daß sein Temperament
sanguineo - melancholicum oder melancholico - sanguineum sey, und habe ich
dieses in denen Noten zu Melchior von Osse Testament not. 255. p. 505. sattsam
zu verstehen gegeben, indem ich daselbst aus denen excerptis einer von dem Herrn
Quaerenten edirten andern Schrifft geschlossen, daß seine Grund-Lehren in zweyen
Haupt-Regeln bestünden: Erstlich: Quaerenda pecunia primum &c. und zum
andern: Si non caste, tamen caute. Und darff der Herr Quaerente die daselbst von
mir angeführten rationes nur besser, als in dieser Schrifft geschehen,
refutiren, wenn er will oder kan. 4. Sehe ich wohl, daß er gerne für denen
Leuten wolle angesehen seyn, daß er ein ehrgieriges summum
bonum hält; die ambition passio infima seyn müsse. 5. Nach meiner Philosophie kan keinem Menschen imputiret werden, was er
für ein Temperament mit auff die Welt gebracht, sondern man muß vielmehr
caeteris paribus in so weit Mitleiden mit ihm haben; weil dieses ohne sein
Wissen und Willen geschehen. 6. Und ob wohl ich an meinem Orte die mixtur eines
melancholischen und sanguinischen Temperaments in gewissen Stücken für elender
halte, als die mixtur der andern Temperamente, so sind doch viele gelehrte Leute
in diesem Stücke nicht mit mir einig, sondern halten die melancholico-sanguineos
für rechte gute Leute, weßhalben er viel klüger würde gethan haben, wenn er
diese Parthey wieder mich gewehlet hätte, als daß er par force und ohne die
geringste vernünfftige Raison ein Cholericus oder ehrgieriger Mensch seyn will.
7. So erkennen vernünfftige Leute, daß das Temperament an und für sich selbst
keinen Menschen tugendhafft oder warhafftig glücklich mache, sondern daß ein
ieder Mensch, er sey von was für Temperament er wolle, theils die Zeit seines
Lebens behutsam zu gehen, und seine Besserung hauptsächlich von göttlicher
direction zu erwarten habe, theils aber auch an seiner Ausbesserung wegen seines
Temperaments nicht verzagen, vielweniger verzweiffeln, indessen aber in seiner
Ausbesserung von der Erkäntniß seines natürlichen Elendes den Anfang machen
müsse.
§. XVII. So ist es auch ferner keines weges ein ambitiöser und judiciöserlocum
angeführet / als ob wir uns wieder sprächen.
XVIII. Und was ist dieses vor eine augenscheinliche Eclipsis judicii, wenn der
Herr Quaerent §. 1. & 2. item §. 28. schreibt, er wolle eben keine
gelehrte Wiederlegung schreiben, sondern nur seine vormahligen Gegensprechungen
und Bekäntnisse wiederholen: das ist, er wolle unsere rationes decidendi nicht
fein distincte beantworten, sondern nur die in denen von uns selbst angeführten
rationibus dubitandi enthaltene querelen wiederhohlen. Er konte ja leicht vorher
sehen, daß ihm nothwendig geantwortet werden müsse: wiederhohlet der Herr
Quaerente die rationes dubitandi, so wiederhohlen wir unsere rationes decidendi.
Will er sich aber wegen dieser keine Mühe geben, so kan er leichte dencken, daß
wir mit noch mehrern Rechte uns weigern können, mit ihm wieder einzulassen,
sondern für uns genung seyn wird, wenn wir ihn schlechterdings auff unsere
rationes decidendi verweisen, und dabey mit grossen Buchstaben schreiben HIC
RHODUS. Spricht er aber: ich habe es ja allbereit §. 1. überhaupt gethan, indem
ich daselbst gesagt, daß ihre rationes decidendi in
blossen Worten, irrigen suppositis, eigenen Schlüssen;
wunderlichen Gleichnissen; arglistigen syllogismis,
unbequemen Instantien, und ungegründeten distinctionen meistentheils bestehe; so kan er sich
leicht die Antwort einbilden, daß nach seinen eigenen stracks darauff
§. XIX. Daß also nicht von nöthen seyn wird, daß ich ferner mit vielendefectus
judicii, die in der Gegenschrifft befindlich sind.
§. XX. Dannenhero wenn gleich der Herr Quaerente noch tausendmahl queruliren, und
daß er kein Atheiste sey auch coram Notario & testibus protestiren, und
auff sein Christliches Leben und Wandel sich beruffen solte; so wird uns doch
kein vernünfftiger Mensch mißdeuten können, daß weder unser Collegium noch ich
in specie mich ferner drauff einlassen, indem unsere rationes decidendi, die er
nicht beantworten wollen, noch können, augenscheinlich weisen, daß diese seine
protestation unter die protestationes facto contrarias gehören, und so lange er
diese rationes nicht beantwortet; wird jeder unpartheyischer Leser die in §. 27.
gantz zur Unzeit angebrachte Wehklage von den blutigen Wunden seiner Seelen
unter die figuras Rhetoricas oder vielleicht auch Poeticas rechnen, die wohl bey
abergläubischen und einfältigen Leuten, aber nicht bey Vernünfftigen einen
Eingang finden; hingegen aber wird jedermann dabeneben die Ungezaumheit seines
losen Maules, oder die Unbeschnittenheit seiner spöttischen Fractur-Feder, und
an unsern Orte die Grösse unserer Gedult bewundern, wenn der Herr Quaerente
meinet, wunder was er gethan hätte, wenn er kurtz darauff unsere rationes
decidendi §. 28. verlacht, von ihrer wenigen Force und
Schneidigkeit, und daß sie ohne dem auff mürben Ecksteinen gemauret, und aus
spröden Metall wären gegossen worden, etwas daher schwatzet.
§. XXI. Insonderheit aber kan ich nicht dafür, daß die in denen rationibus
decidendi gebrauchte Gleichnisse nach seiner bald anfänglichen Beschwerung §. 1.
ihn in die Nase gebissen, und wieder seinen Willen ein Niesen mögen erweckt
haben; weßwegen sie ihm auch als recht wunderliche Gleichnisse vorgekommen sind.
Wenn er einen unpartheyischen Leser hätte bereden wollen, hätte er die
Wunderlichkeit dieser Gleichnisse etwas deutlicher zeigen, sich aber dabey
dennoch bescheiden sollen, quod similia non probent, sed illustrent, und daß
dannenhero die vorhergehenden rationes denen Gleichnissen so wohl als denen
Exempeln ihr Gewichte geben müssen. Er wird aber mir bey dieser Gelegenheit
erlauben, daß ich
§. XXII. Ich acceptire diese Gleichnisse mit grossen Danck, und
§. XXIII. Was den Copisten gottloser Schrifften betrifft, möchte ich
§. XXIV. Endlich die abscheulichen von dem Herrn QuaerentenMonstri
vergleicht.
§. XXV. Zum Beschluß so sind zwar die von dem Herrn Quaerenten in §. 35. angeführten loca aus denen Episteln des H. Pauli an sich gar Christlich und gut: aber es wird der Herr Quaerent abermahls nicht übel nehmen, wenn ich sagen werde, daß es auch hier am besten, nemlich an der application, und folglich an judicio mangele. Und dieses desto deutlicher zu machen, wird er mir verhoffentlich erlauben, daß ich dieserwegen folgende Frage an ihn ergehen lasse. Der Herr Quaerente hat in seinem an uns ergangenen Schreiben begehrt, daß wir richten solten: Ob nicht der Magistrat zu N. unchristlich an ihn gehandelt hätte? Nun wollen wir fetzen, wir hätten ihm dieses von uns begehrtes Urtheil gäntzlich abgeschlagen, und an statt der Ursachen die oberwehenten dicta Paulina angeführet. Oder wir wollen setzen, daß wir ihm nach seinen Begehren beygefallen wären, und das ihm gegebene Consilium abeundi für unchristlich gehalten hätten, der Magistrat aber zu N. wolte auf dieses unser Responsum nicht reflectiren, sondern beruffte sich an statt seiner Replique bloß auff diese dicta Paulina. Nun überlasse ich dem Herrn Quaerenten selbst, was er auff diese unsere exception, oder auff des Magistrats seine Replic, zu repliciren oder zu dupliciren gesonnen sey, wenn er mir nur wieder vergönnet, daß ich mich alsdann aller dieser seiner Gegen-Einwürffe, wiederum gegen ihn und den §. 35. seiner Gegenschrifft bediene.
§. XXVI. Dieses mag voritzo genung seyn zu Bekräfftigung meines Haupt-Urtheils von dem geringen judicio der Gegenschrifft. Ich muß aber auch die derselben von dem Herrn Quaerenten angefügte Beylagen nicht vergeffen, damit derselbe mir nicht etwa vorwerffen möge, ich hätte nicht fein auffrichtig gehandelt, sondern das beste und nachdrücklichste mit Fleiß ausgelassen. Die erste Beylage, darauff er sich §. 2. seiner Gegenschrifft beziehet, bestehet in folgenden.
Betrachte erstlich die Person dessen, der etwas redet, d. i. seinen Stand, oder seinen Affect und Zuneigung wohl: denn die Worte haben öffters unterschiedene Bedeutung nach dem Unterscheid der Stände der Menschen. Z. E. wann ein Stoicker von Affecten redet, muß ich mir schon einen andern Concept davon machen: als wenn es ein Philosophus thut, der einer andern Secte zugethan ist.
Die Person, welche in den Meditationibus redet: ist ein Philosophus. Sein Stand,
Affect oder Zuneigung ist die Philosophia Eclectica seu libera. Kurtz: Er ist
ein Philosophus Eclecticus. Dieser Philosophus Eclecticus: begreiffet in sich
ceu subjecto communi drey differente Moral-Personen: eines Philosophi Ethnici:
Philosophi Ethnico-Christiani: Christiani. Die zwo erstere, führen sich active:
die letztere: mehrentheils passive auff. Was jene: de DEO, Mundo, Homine,
mündlich oder schrifftlich franck und frey raisonniren; wird von dem Philosopho
Christiano angehöret, verzeichnet, erzehlet und durch den Druck, den Gelehrten
zum besten, gemein gemacht. Dieser dreyfache Unterscheid der Moral-Personen und
ihrer Characteren: sind von der Clerisey, dem Magistrat und Eurer Hochedlen
negligiret: dahero eine Vermischung der Wörter, Reden, Meinungen begangen: und
was e. g. der Heyde oder der Christ-Heyde, von GOtt, der Welt, dem Menschen
dencket, redet, schreibet: dem erzehlendem und auffzeichnendem Christen wie
seine eigene Grund-Lehren, beygeleget und zugesprochen worden. Aus welchem Primo
Falso: die von der Clerisey
Gib wohl achtung, von was ein Autor zu reden sich vorgenommen: oder auff was für
eine Sache sich das, was er redet, schicke. Denn, weil in allen Reden oder Propositionen, eine Verknüpffung zwischen dem Subjecto
und Praedicato oder zwischen der Sache, von der man
redet und der, was von einer Sache geredet wird, seyn solle; so giebet auch die
deutliche Erkäntniß des einen, gar leichte die Auslegung des andern, das dunckel
ist.
Confiscation, das Consilium abeundi des Magistrats, und Eurer Hochedlen unrechtliches Responsum: ihren gemeinsamen Ursprung genommen haben.
Ich habe mir vorgenommen, in den Meditationibus: die Argumenta Philosophica,
welche de DEO, Mundo, Homine, die alten und neuen Philosophi Ethnici, &
Ethnico-Christiani hegen; zusammen zu tragen und durch kurtze Sätze
zuconcentriren: damit durch die Argumenta genuinae Philosophiae &
Theologiae in contrarium: die Orthodoxie verthädiget, die Heterodoxie
wiederleget würde. Ich habe aus der Absicht, die freye Raisonnemens: welche über
die drey erwehnte Objecta, der Heyde und der Christ-Heyde führen; wie ein
Christlicher Philosophus, mit gebührender
Auffrichtigkeit ausgesuchet, recensiret und angemercket. Ich habe von dieser,
bey Publicirung der Meditationum, redlich geführter
Intention: vor dem Scholarchat, und in dem specie facti; eine deutliche
Eröffnung gegeben. Es ist aber diese andere Regel der Vernunfft Lehre, von der
Clerisey, dem Magistrat und Euren Hochedlen, mit gleicher Verachtung wie die
vorhergehende, übertreten: die Subjecta und Praedicata sind vermischet: zwischen
den Reden oder Propositionen der drey verschiedener
Moral-Personen, ist keine competirende Verknüpffung gehalten: und dabey mein
wohlgemeinter Vorsatz vor ein peinliches Verbrechen ausgedeutet worden.
Betrachte das vorhergehende und nachfolgende, oder was ein Autor anderswo geschrieben mit Fleiß: so wirst du seine Meinung desto besser verstehen. Denn man muthmasset nicht leicht, daß ein Autor seiner vorigen Meinung werde wieder sprechen, und sich contradiciren. Wenn es aber der Augenschein giebet, daß ein Mensch seiner Meinung wiedersprochen: so ist es vernünfftig, daß man seine letzte Meinung für seine rechte Meinung müsse annehmen. Es wäre dann, daß man sähe, daß ein Mensch an dem letzten Orte nur gleichsam obenhin eine Sache erwehnet hätte: die er anderswo hauptsächlich zu vorhero zum Gegentheil ausgeführet; denn da kan es geschehen, daß man dafür hält; er habe das letzte mehr aus einer Unbedachtsamkeit als aus einem Vorsatz seine vorige Meinung zu ändern; gethan.
Unter zweyen Verstanden und Auslegungen einer Schrifft: ist allezeit diejenige der andern vorzuziehen; die mit der gesunden Vernunfft übereinkommt: und daraus in dem menschlichen Thun und Lassen, eine Würckung entstehet. Derowegen soll man auch in Auslegung gelehrter Schrifften allemahl einen Autorem erklären: daß er nichts wieder die Vernunfft, erbare Sitten oder Gottes Wort gelehret habe; so lange man seine Worte auff eine vernünfftige Weise auslegen kan.
Die Clerisey, der Magistrat und Eure Hochedlen haben weder das Antecedens: daß
einen Philosophum Eclecticum simuliret; noch das
Consequens, daß solche Simulation, aus blosser Liebe zur orthodoxischen Warheit
vorgenommen; beobachtet. Ich habe die zwiefache Intention: bey Herausgebung der
Meditationum Philosophicarum: würcklich in meinem Sinn
gesühret. Ich maintenire selbige vest und beständig: ohne Wiedersprechung oder
Wiederruffung. Es sind von Euren Hochedlen meine politische Tractätgens: zwar
erwogen, und daraus verschiedene Folgerungen gezogen worden; daß aber solches
von meinen hochgeehrten Herrn ohne gebührenden Fleiß, und mehr mit passionirten
als sinceren Gemüthe geschehen: meine Meinungen von ihnen ungültig und unbillig
ausgeleget: ihre Conclusiones aber, mit der Vernunfft-Lehre streiten; werde bey
anderer Gelegenheit deutlich erweisen.
Und ob wohl meine Auslegung: daß die Meditationes wie ein Philosophus Eclecticus geschrieben: vernunfft-schrifft- und sittenmäßig:
über das, weil sie, orthodoxae veritatis amore, ans Licht gestellet, in dem
menschlichen Thun und Lassen: in der Republic der Gelehrsamkeit: in der
Philosophie und Theologie diese considerable Würckung entstehet und heraus
quillet; die Warheit von der Falschheit: das Christenthum von dem Heydenthum:
gereiniget zu sehen; sind diese wichtige
Man muß derjenigen Auslegung folgen, die mit den Grund-Regeln, die ein Autor in
seinen Schrifften gegeben hat, oder mit der Ursache, warum er etwas gethan hat;
übereinkommt. Jedoch muß man wohl darauff bedacht seyn, zu erkennen; ob die
Grund-Regeln, die der andere setzt, und die Ursache, die er vorgiebt, auch von
dem, den man erkläret, mit Ernst gemeinet sind oder von ihm nur zum Schein
vorgebracht worden; denn wo das letzte ist, darff man sich in der Auslegung
nicht daran binden. Z. E. wann gleich Spinosa
allenthalben saget, daß er einen GOtt glaube und GOttes Wesen demonstriren wolle, so sehe ich doch aus andern Umständen, daß sein
GOTT nichts anders ist, als der gantze Begriff aller Creaturen, und muß mich
folglich auch in der Auslegung seiner darnach richten.
Umstände: von der Clerisey, dem Magistrat und Euren Hochedlen ebenfalls in keine Consideration genommen worden: sondern da nach dieser redlichen Erklährung, meine Absichten, Worte, Entschuldigungen und der Inhalt des Büchleins: auff eine vernünfftige Weise hätten können ausgeleget werden; haben sie selbige, nebst den unschuldigsten Pensées meines politischen Tractätgens: auff die gezwungenste, nachtheiligste, gefährlichste und recht unchristliche Art ausgedeutet; mit dem Vorsatz ohne Zweiffel: mich, es koste was es wolle, zum Atheisten zu machen.
Meine Regeln: die zum Grunde bey den Meditationibus und ihrer Ausarbeitung
geleget, sind: daß (1) wie ein freyer Philosophus, nicht wie ein Theologus: (2)
theils wie ein würcklicher Heyde: theils wie ein Christlichgesinnter Heyde: und
nicht wie ein veritabler Christ; sie verfertiget und heraus gegeben. Das (3) die
Verthädigung der Christlich-Philosophischen und Theologischen Warheit: meine
warhafftige Absicht: ich auch (4) bey dieser Philosophischen Arbeit ein
auffrichtiger Christ der Lehre: dem Glauben: und dem Leben nach; beständig bin
gewesen und geblieben. Eure Hochedlen wollen zwar: die in dem Büchlein
befindliche Sätze, vor meine Grund-Lehrenausgeben. Daß aber solches: eben das
Primum Falsum; und die daraus zu meiner Beleidigung und Prejudice, erzwungene und gekünstelte Rationes
Decidendi; Irrthümer und
Geicherweise können wir auch wohl in Auslegung gelehrter Schrifften raisonniren:
was für Consequentien daraus folgen, und dem Autori dieselben beymessen, daß er
dieselben, vermöge seines Grundsatzes ebenmäßig behaupten müsse. Wenn er aber
wieder diese Consequentien protestiret, daß er damit nichts zuthun haben wolle,
und seine Meinung anders erklähret: müssen wir ihn mit frieden lassen, ob wir
gleich nicht begreiffen, wie diese Consequentien nicht
aus dem Grund-Satz folgen solten, auch eines und das andere wieder seine
Erklährung zu sagen haben. Wenn diese nur nicht gantz offenbahrlich, und daß es
alle Menschen begreiffen, cavillatoria ist. Denn weil
mehrentheils dergleichen Consequentien: nicht von unstreitigen, sondern
wahrscheinlichen Dingen, oder doch
Und ob wohl endlich ich meine Unschuld vor dem Scholarchat und in der Specie
Facti nicht allein durch suffisante Vernunfft-Schrifft- und Recht-Schlüsse
documentiret; sondern auch gegen die wiedrige Conclusiones und Auffbürdungen
fremder Lehren und Sentimenten, daß e. g. ich ein Heyde, Spinosist und Atheist:
die in dem Büchlein recensirte Dogmata aber, meine eigene Grund-Lehren wären;
quam solennissime offtermahlen protestiret: und mich dawieder mit Händen und
Füssen gesperret; haben die Clerisey, der Magistrat nebst Euren Hochedlen
darauff wieder nicht die geringste Reflexion gemachet: Es sind im Gegentheil, in
regard meines Büchleins und meiner Person, die trefliche Regeln von der
Geschicklichkeit anderer Meinung zu urtheilen: von ihnen allerseits nach eigener
Willkühr und
Gutachten, übertreten und verachtet worden; da doch insonderheit von meinen
hochgeehrten Herrn ausdrücklich gelehret und souteniret wird, daß wann Autores
wieder die Consequentien, welche aus ihren Schrifften und Sätzen gezogen werden,
protestiren, mit selbigen nichts zu thun haben wollen, und ihre Meinungen anders
erklähren; man sie zu frieden lassen, und ihre Protestationes müsse gelten
lassen. Eure Hochedlen nennen zwar in ihrem Responso, meine Auslegung eine
gezwungene und offenbahr cavillatorische Auslegung: suchen auch dadurch
gleichsam den Vortheil vorgeschützter Protestationen mir streitig zu machen. Daß
aber beyde Epitheta, aus dem Primo Falso gleicherweise hervorsprossen:
documentiret schon zur Gnüge gegenwärtiges Schreiben; wiewohl hinkünfftig
solches: mit mehrerm Licht und Nachdruck zeigen werde. Ich muß und will indessen
zur Salvation des mir zukommenden Rechts: vorjetzo dieses nur beyfügen und
erwehnen: daß weilen noch zur Zeit keine Cavillation mir
von Ew. Hochedlen würcklich ist erwiesen worden: meine redliche Auslegung nebst
den von mir eingewendeten Gegensprechungen, ihre völlige Vigueur,
Verbindlichkeit und Rechts-Kräffte nicht allein haben und behalten: sondern auch
so lange, als die Christen GOtt und die Warheit lieben; haben und behalten
werden.
§. XXVII. Es ist mir von Hertzen leyd, daß ich auch bey dieser Beylage nicht
anders antworten kan, als: ubi judicium? denn 1. haben sich meine Herren
Collegen noch niemals zu der Ausübung meiner Vernunfft-Lehre, als zu einem Libro
Symbolico unserer Facultät bekennet, und judicii.
§. XXVIII. Absonderlich aber muß man sich 3. verwundern,imputirten Primi Falsi.Praejuditz erzwungene und
gekünstelte Rationes decidendi gemacht. Ja wenn er
gesagt hätte, oder sagen können, daß wir ihm Lehren angedichtet hätten, die in
seinem Büchlein nicht enthalten wären, so möchte es sich hören lassen. Aber da
er so unverschämt ist, daß er leugnet, die in seinem Büchlein enthaltene Lehren
wären seine Grund-Lehren nicht, sondern wir hätten solches erdichtet, das ist zu
plump. Wegen des Worts Grund-Lehre will ich keine subtile Untersuchung anfangen:
denn es mögen nun die in seinem Büchlein enthaltene, und in unsern rationibus
decidendi draus excerpirte Lehren, Haupt-Grund-Lehren, oder aus den Grund-Lehren
hergeleitete Conclusiones Atheisticae seyn, so ist Maus wie Mutter. Sind nun
diese Positiones, die er hingesetzt hat, nicht seine Lehren, so sind sie
entweder alle nicht seine, oder nur etliche. Sind sie alle nicht seine, so sind
auch die 1. Deus est, Deus existit, item die 10. Est vero Deus hic unus
&c. nicht seine, sondern er hält sie für falsch, oder lässet sie an
ihren Ort gestellet seyn, und also macht er sich auch bey dieser thörichten
Ausflucht zum Atheisten; sind sie nicht alle, sondern nur etliche seine, warum
hat er denn solche nicht deutlicher angedeutet? ja warum hält er denn alle
vernünfftige Leser für so einfältig, und glaubet mit dieser tummen Sophisterey,
die man kaum einer
§. XXIX. Und ist hierbey sonderlich zu erbarmen, daß er so verblendet gewesen, in
diesem 5. Excerpto die Worte aus meiner Ausübung der Vernunfft-Lehre, als wenn
sie für ihn wären, anzuführen, da doch der Context, und in demselben, was ich
von Spinosa deutlich gemeldet, und allhier oben §. 26.
dict. n. 5. mit andern Litteren drucken lassen, deutlich darthun, daß es dem
Spinosa nicht helffe, wenn er gleich, wie der Herr Quaerente nicht gestehen
will, daß er ein Atheiste sey, zumahl wenn man demselben dasjenige beyfüget, was
ich in responsione ad rationem dubitandi ultimam gemeldet, daß der Herr
Quaerente es viel plumper als Spinosa gemacht. Da es nun nöthig gewesen wäre,
wenn er dieses mein Excerptum auff sich appliciren oder von sich ablehnen
wollen, daß er wegen des Spinosae gewiesen hätte, was zwischen ihm und demselben
für ein mercklicher Unterscheid sey; er sich doch nicht unterstanden, noch bey
seiner üblen Sache unterstehen dörffen, nur ein Wort hiervon zu muxen, so gar
waren dieses der sauren, wie denn dem Herrn Quaerenten als einem guten Poeten,
die Fabel von dem Fuchs und den Weintrauben allbereit schon bekandt seyn wird.
§. XXX. Eben so wenig kan 4. dem Herrn Quaerenten zu statten kommen, wenn er num.
6. aus meiner Vernunfft-Lehre anführet, man solle niemand verdrießliche
consequentias imputiren, wenn er wieder die Consequentien protestire; denn die
abermahls beygefügte Limitation: wenn diese protestation
nicht gantz offenbahr, und daß es alle Menschen begriffen, cavillatoria wäre, ist ihm wiederum per latius deducta in unsern
responso offenbahr zuwieder. Und ist dannenhero gleichfalls ein unschamhaffter
greulicher defectus judicii, wenn er in dem Cavillation würcklich sey erwiesen worden, da doch
unsere rationes decidendi & responsiones ad rationes dubitandi auff
allen Seiten das Gegentheil weisen, und denenselben nicht praejudiciren kan, daß
er selbige nur calumniiret und nicht gelehrt drauf antworten, sondern selbige
nur mit Gegensprechungen und NEGANDO CONCLUSIONEM zu heben sich unterfangen. Daß
er aber vielleicht unter dem Wort würcklich allhier zu echapiren sucht, ist ein
neuer defectus judicii. Es mag seyn (wiewohl ich es doch auch nicht glaube) daß
unser Beweiß in dem Gemüth des Herrn Quaerenten gar keine Würcklichkeit
erreichet habe, so ist es desto schlimmer vor ihn, und zeigt aller Welt seinen
höchst miserablen Zustand an; uns ist genung, wenn unser Beweiß in denen
Gemüthern der gantzen vernünfftigen Welt seine Würcklichkeit ausgeübet, und
derselben die in denen Meditationibus de Deo, Mundo, Homine enthaltene grobe
Atheisterey zu erkennen gegeben.
§. XXXI. Nun wird es wohl Zeit seyn, dem unpartheyischen LeserCondolentz- und Consolations-Schreiben an das confiscirte Tractätgen / betitelt: Meditationes
Philosophicae, de Deo, Mundo, Homine, abgelassen von ihren Verfasser:
Anno 1717. und ist besage des 4. Gesetzes
hauptsächlich wieder die Herren Geistlichen, die wieder die Atheistische
Schrifften geeyffert, und dieselbe zur Confiscation gebracht, gerichtet: daß
andre ist dem Magistrat entgegen gesetzt, wie dessen Titel zeiget: Schreiben,
welches von dem Verfasser des confiscirten Tractätgens,
betitelt: Meditationes Philosophicae de Deo, Mundo,
Homine, abgelassen worden an einen guten Freund über das von dem Rath der
freyen Reichs-Stadt N. erhaltenes Consilium abeundi. Anno 1717. Ein jedes von diesen beyden Stücken
bestehet 1. aus etlichen excerpirten dictis aus der heiligen Schrifft, 2. aus
excerptis aus meinen Schrifften von verläumderischen Auslegungen, aber
beyderseits ohne beygefügte application oder Gegensatz. 3. aus Teutschen
Gedichten, davon jedes Gesetz 6. Verse, das erste Gedicht aber 35. und das andre
32. Gesetze hat, und in welchen er weitläufftig von seiner Unschuld und dem
Unrecht, das ihm geschehen, contestiret, und mit einem Wort die in seiner specie
facti angeführte und von uns in dem Responso in denen rationibus dubitandi
getreulich wiederhohlte und unpartheyisch augirte Entschuldigungen in teutschen
Reimen wiederholet.
§. XXXII. Nun möchte man wohl billig fragen: cui usui: und was gehet unsere
Facultät oder mich diese Schrifften an, die nicht wieder uns gemacht worden,
auch nichts neues vorbringen, was nicht schon allbereit nach Anleitung dessen,
was ich bißhero gemeldet, und zwar ad nauseam beantwortet worden wäre, auch
nicht das geringste mehr demonstriren, als des Herrn Autoris Habrechterey und
Hartnäckigkeit, welcher wir nebst dem unpartheyischen Leser schon durch seine
Gegenschrifft und die erste Beylage sattsam convinciret waren. Nichts
destoweniger muß man ihn auch hier ungehöret nicht verdammen; denn er meldet in
seiner Gegenschrifft §. 40. daß er diese Poetische Gedancken auff Veranlassung
guter Freunde, Minerva quamvis invita verfertiget, und
selbige uns, die er von keinem melancholischen Temperament zu seyn nach freyer Muthmassung supponire, zu einer Gemüths-Ergötzlichkeit überreiche, da wir denn in
selbigen die Triebfedern der Druck-Presse, welche die Meditationes den Lesern eingehändiget; sein Christenthum, und wahre
Complexion, dergestalt augenscheinlich vorgebildet
würden ersehen; daß nach dem durch die Unumstößligkeit seiner Vernunfft- und
Rechts. Gründe wir uns unvermerckt würden überwunden finden; wir so dann vor
keine Verminderung unserer vollständigen Gelahrheit es schätzen würden, unsern
ersten sein TEMPERAMENT und RELIGION
concernirende Sentimenten, freymüthig zu
ändern, und nebst der ächten Leibes- und Gemüths-Beschaffenheit den rechten
Christlich-Lutherischen Glauben auff Befehl des Königlichen Symboli: Suum Cuique, zurück zugeben.
§. XXXIII. Nun wolte ich zuförderst wündschen, daß der Herr Quaerente fein
auffrichtig und biedermännisch hätte schreiben wollen, was er haben wolte: denn
ich kan nicht leugnen, daß ich zwar etwas gelesen, was die Griechen, Lateiner,
Frantzosen, Teutsche etc. de stilo sublimi geschrieben, auch was andere von
denen Meteoris Orationis, item von Galimatias, Phoebus u. s. w. erinnert; ich
bin aber so gelehrt nicht, daß ich mir zu demonstriren getraute, zu welcher
Schreib-Art von denen itzt erwehnten eigentlich dieser angeführte Stilus des
Herrn Quaerenten zu referiren sey, und ob ich in dem summario marginali dieses
paragraphi seinen Sinn recht getroffen habe. Vielleicht soll auch dieser
paragraphus ein Exempel einer scharffsinnigen oder beissenden Ironie vorstellen;
nur dieses ist das schlimste, daß die Gelehrten nicht einerley Nasen haben, und
daß etliche auch den Spanischen Schnup-Toback in starcken dosibus ohne Niesen
vertragen können, da indessen manchmahl die
§. XXXIV. Und wenn ich anders seine Meinung recht verstanden,Argument von dem wenigen
judicio des Herrn Autoris.melancholico-sanguinischen Temperaments, das ist eines Temperaments, das bald
traurig, bald frölich ist: dergleichen Leute aber sind caeteris paribus nicht
ungeschickt, hämische und anzügliche zugleich aber nicht unanmuthige und
ungezwungene Verse zu machen, wenn sie nur etwas Fleiß anwenden wollen, und
nicht aus commodität, (welche die gemeinen Leute, Faulheit oder Unachtsamkeit zu
nennen pflegen) dann und wann einen und andern mercklichen Schnitzer mit
unterlauffen lassen: ob aber dergleichen Leute befugt seyn, diese ihre
§. XXXV. Ich könte ja auch wohl über dieses, wenn ich allzu hitzig seyn und alle
minutias aufflesen wolte, zu fernerer Bestärckung meiner Meinung anführen, daß
es eine Anzeigung eines schlechten judicii sey, wenn man sich angelegen seyn
lässet, weitläufftige Poemata quamvis invita Minerva zu
machen, denn judiciöse Leute machen sonst nicht leichte etwas invita Minerva.
Aber ich will so billig mit dem Herrn Quaerenten handeln, daß ich mich dieses
Arguments begebe, und dieses sein Vorgeben vor ein Hoff-Compliment und eine
Rhetorische Figur annehme, indem beyde Poemata weisen, daß wenn er nur es sich
recht will angelegen seyn lassen, seine Poemata alle unpartheyische Leser
convinciren, daß selbige gar nicht invita Minerva gemacht seyn, sondern wohl
fliessen, und in formalibus nicht viel zu erinnern sey, wenn nur die materialia
und ingredientia was taugten.
§. XXXVI. Dieses alles habe ich mit Vorsatz zu vorher erinnern wollen, damit ich bey dem unpartheyischen Leser eine desto grössere Begierde erwecken möchte, die Poemata quaestionis selbst zulesen, indem ich mich sonst hätte befahren müssen, daß man vielleicht es mir selbst für einen grossen defectum judicii auslegen würde, diese Poemata mit beydrücken zu lassen, indem ich mich nicht entsinne, in Juristischen Händeln und Responsis teutsche und zwar etwas weitläufftige Poetische Schrifften gelesen zu haben. Wolan dann, es folget nunmehro die erste Schrifft dieser andern Beylage.
§. XXXVII. Ob nun wohl so wohl bey dem ersten numero dieses ersten Stücks der
Beylage die allegirten dicta scripturae ohne application angeführet worden, auch
dergleichen bey den andern numero geschehen, ausser daß daselbst der Herr
Quaerente bey der 2. 3. und 5. Section ad marginem etliche Striche gemacht
hatte; so kan ein jeder doch aus seinen vorhergehenden Schrifften gar leichte
seine verborgene Hertzens-Gedancken errathen, und daß er auch diese zwey Stücke
unserm Responso entgegen setzen wollen. Daß aber beydes abermahl sine mica
judicii geschehen, wird jedermann leicht begreiffen, wenn er nur ein wenig
zurücke
§. XXXIIX. Das Poëma selbst betreffend, wiederhole ich zuförderstSpeciale Anmerckung bey dem
deitten, daß der Herr Autor anders schreibe als er
es meine.
§. XXXIX. Und indem der Herr Autor ferner zu Ende des 34. Gesetzes,
§. XL. Indessen ist mir beygefallen, ob etwan, wenn ich mich ein wenig nach dem Genio des Herrn Praetendenten accommodirte, und ihm meine Gedancken gleichfalls reimweise eröffnete, meine gute treuhertzige Erbarmniß und Ermahnung desto eher durchdringen möchte, weil er doch ein grosser Liebhaber von einer ingeniösen Poefie zu seyn scheinet. Nun mangelte es mir zwar eben an der invention nicht, und überlasse ich dem Leser zu judiciren, ob sie nicht zum wenigsten eben so ingeniös sey, als des Herrn Praetendenten seine. Es solte ein Antworts-Schreiben seyn, daß das arme abscheuliche Monstrum (repete supra dicta §. 24.) an seine liebe Mama, wie er sich oben betitelt, oder an seinen lieben Papa, wofür er sich hier ausgiebet, wiederum abgehen liesse, und ihm darinnen seinen bißhero mit lebendigen Farben abgemahlten elenden Zustand wehmüthig vorstellete, auch ihn, daß es hohe Zeit sey in sich zu gehen, und von seiner groben Atheisterey abzustehen, ernstlich vermahnete. Wegen der Materialien war gleichfalls keine Sorge zu tragen; denn der Haupt-Grund konte aus unserm Responso, das übrige aber und die illustrationes ex hactenus dictis genommen werden. Jedoch mangelte es mir am besten, nemlich daß ich kein Poete war, und per dicta §. 35. nicht gerne invita Minerva mich etwas unterfangen wolte. Nichts destoweniger, da sich ein guter Freund anbot, daß er die Ausarbeitung dieser invention über sich nehmen wolte, ließ ich es geschehen, aber da mir selbige gebracht wurde, sahe ich, daß der gute Freund in der Reim-Kunst so ein elender Stimper war, als ich, und mag also dem Herrn Praetendenten mit dem Abdruck des gantzen Gedichts, daß das Seinige an Grösse übertraff und bey nahe seiner §. 14. exhibirten Gegenschrifft, der Grösse nach, gleich kam, nicht verdrießlich fallen, jedoch wird er es nicht übel nehmen, wenn ich ein klein specimen daraus, und was nur itzo §. 38. sq. angeführet worden, hieher setze, damit er nicht dencke, als wenn dieser mein gantzer Vorwand ein Gedichte sey:
Ich habe dem Herrn Concipienten diese elende Verse ernstlich verwiesen, sonderlich aber, daß dieser letzte Reim keine scansion und etliche pedes zu viel hätte, er gab mir aber zur Antwort, daß er alles mit Fleiß also gedichtet hätte, damit er die Wahrscheinligkeit in acht nähme, weil doch kein Vernünfftiger praetendiren würde, daß das abscheuliche Monstrum, das bald nach der Geburt confisciret worden, so anmuthige und reine Verse machen solte, als sein so gelehrter und in der Poesie geübter und berühmter Herr Vater. Was den letzten Vers beträffe, wolte er sich zwar nicht mit der bekanten Antwort eines armen Poeten vertheydigen, der da gemeinet, daß die Verse, die etliche pedes zu viel hätten, desto geschwinder lauffen könten, sondern er hätte in diesem Stück den berühmten Herrn Praetendenten selbst imitirt, als der einer dergleichen licenz in dem folgenden Poemate in dem 4. Vers des 11. Gesetzes sich bedienet hätte. Ob nun wohl die Sache in der That sich also verhielte (wie davon unten zu seiner Zeit §. 49. mit mehrern soll geredet werden,) habe ich doch das übrige von dem weitläufftigen Werck supprimirt, jedoch mit dem Vorbehalt, daß, wenn der Herr Praetendent es begehren solte, ihme selbiges von Anfang biß zu Ende in Vertrauen könne communiciret werden.
§. XLI. Weil es sich nun nicht schicken wolte, dem Herrn Quaerenten mit
Uberschickung dieses Epistolii verdrießlich zu fallen; so habe ich mich hin und
her besonnen, ob ich nicht etwa sonst einem berühmten Poeten, dessen
Vergleichung sich der Herr Quaerente nicht schämen dürffte, etliche gute
Gedancken abborgen, und dem Herrn Quaerenten aus Danckbarkeit wieder zurücke
schicken könte. Ich habe auch nicht lange nachsinnen dürffen, indem mir alsobald
einer beygefallen, der zu seiner Zeit für einem von den berühmtesten gehalten
ward; und noch heute von dem berühmten Wagenseil und andern gelehrten Männern
dem Virgilio, Ovidio u. s. w. vorgezogen wird; dessen anmuthige und sehr
nützliche Schrifften in etlichen Bänden etliche mahl wegen grossen Abgangs
auffgeleget werden müssen; aus welchen man fast in allen Blättern gewahr wird,
daß der rechtschaffene Mann nicht alleine die heilige Schrifft fleißig gelesen
und höchlich geliebet, und daraus den Psalter, die Sprüche, den Prediger, und
die Weißheit Salomonis, den Jesus Syrach u. s. w. reimweise übersetzet, sondern
auch daß er viel Griechische und Lateinische gelehrte Scribenten von allerhand
Gattung, Homerum, Hesiodum, Virgilium, Ovidium, Terentium, Horatium, Lucianum,
Livium, Plutarchum, Aristotelem, Platonem, Crantzium, und viele andre mehr
fleißig gelesen, und derer Lehren hin und wieder mit gutem judicio angebracht.
Und ob er wohl in der lieben Metaphysica und Dialectica & Sophistica,
nicht eben viel sonderlich scheinet erfahren gewesen zu seyn, auch sich um die
qualitates occultas und andre unnütze Sachen der Scholastischen Physic nicht
sehr bekümmert haben mag, so weisen doch alle seine Wercke, daß er die
vernünfftigen principia einer wahren Morale und einer ächten Politic, ja gar des
von dem Herrn Quaerenten so höchlich geliebten Policey und Finanz wesens nicht
alleine wohl inne gehabt, sondern auch aus diesen schönen Principiis
herfliessende vielfältige gute Lehren in seinen Schrifften durchgehends
angebracht, und die Thorheiten und Gefährlichkeiten der Atheistischen und
abergläubischen, ingleichen thörichten und lasterhafften Morale, Politic, u.
Oeconomie sehr deutlich und handgreiflich für Augen gestellet, in der
Jurisprudenz von dem Amte gewissenhaffter Richter und Advocaten u. wieder dessen
vielfältigen auf beyden Theilen vorkommenden Mißbrauch, gar deutlich und
nachdrücklich zum öfftern gute Erinnerungen gethan; in der Theologie nicht nur
das Elend des Pabstthums, so viel Lehr und Leben betrifft, insonderheit der
Mönche und Pfaffen, sonder auch dessen annoch bey uns hier und dar vorhandene
grobe Brocken dergestalt mit lebendigen Farben, auch zuweilen ein wenig ironice,
oder satyrisch
§. XLII. Es sind zwar freylich seine Reime nicht nach der heutigen
§. XLIII. Nun habe ich zwar gar vieles in Hanß Sachsens Schrifften gefunden, das ich dem Herrn Quaerenten wieder mit Poetischen Sachen zu regaliren hätte können beydrucken lassen, als z. E. aus des ersten Buchs dritten Theil fol. 222. b. seq. 1. die Comödie von einem Vater und zwey Söhnen, davon der eine zu karg, der andere zu verschwenderisch war, die aber beyde zu Vertheidigung ihrer Laster gar viele Sprüche aus heiliger Schrifft anzuführen wissen, und darinnen unserm Herrn Quaerenten nichts nachgeben. Ferner aus besagten dritten Theil fol. 301. a. des Klaffers Zung: ingleichen fol. 303. b. den Streuner und Klaffer aus dem 21. Capitel Jesus Syrachs. Item fol. 332. seq. den Eigennutz, das greuliche Thier, mit seinen zwölff Eigenschafften, sonderlich denen Eberzähnen, da er unter andern diese nachdrückliche Worte braucht.
Noch fol. 334. b. seq. die Vergleichung eines kargen reichen Mannes mit einer Sau
in 40. Stücken. Aus dem vierten Theil fol. 395. b. eine artige Beschreibung der
Wanckelmüthigkeit (als mit welcher die Leute von melancholico sanguinischen
Temperament, ihrer gewöhnlichen Hartnäckigkeit unbeschadet, insgemein sehr
geplagt sind,) und fol. 489. b. von einem Neidischen und Geitzigen: Aus des
andern Buchs vierten Theil p. 85. die Fabel von Schmeichler und Warhafften bey
dem Affen-König: aus des dritten Buchs dritten Theil p. 84. seq. das
Fastnachtsspiel: die Warheit will niemand herbergen; ingleichen p. 75. seq. den
unersättlichen Geitzhunger: Aus des vierten Buchs andern Theil p. 220. seq. drey
Philosophische Sprüche wieder den Neid, Müßiggang und Geitz. p. 239. seq. die
Vergleichung eines geitzigen Mannes mit einer Otter. Aus des fünfften Buchs
ersten Theil p. 23. & 88. den 14. und 53. Psalm von denen Thoren, die in
ihren Hertzen sprechen: es ist kein GOtt; aus dem andern Theil p. 238. seq. von
neun Stücken, die in Armuth bringen 1. Bauen, 2. Bergwerck, 3. Alchymie, 4.
Haderey, 5. Rechten, 6. Pracht, 7.
§. XLIV. Die ersten drey Stücke übersende ich dem Herrn Quaerentencomplexion.melancholischer und sanguinischer complexion für, wobey ich gleichergestalt die
Application so wohl dem Herrn Quaerenten, als dem unpartheyischen Leser
überlasse. Hanß Sachse hatte diese Schrifft 1559. an 13. Junii verfertiget, und
ist selbige zu befinden in des andern Buchs ersten Theile p. 123.
§. XLV. Des Herrn Quaerentis anders Stück, das in excerptis von
§. XLVI. An statt des Herrn Quaerentis dritten Stücks will ich
§. XLVII. Nun folget das an unsere Facultät und mich gesendete andre Stück der andern Beylage. Der Titel und Inhalt desselben ist schon oben §. 31. zu finden. So kan auch dasjenige, was daselbst §. 32. 33. 34. 35. allbereit erinnert worden, so wohl in genere wegen der auch hier befindlichen dreyen Classen wieder repetiret werden, als insonderheit die Anmerckung §. 37. wieder die ersten beyden numeros.
§. XLIIX. Also bleibet solchergestalt nichts mehr übrig, als daß ich über das vorhergehende sonst secundum regulas artis Poeticae wohl ausgearbeitete Poema nur drey kleine Puncte erinnere. Denn erstlich hat der Herr Quaerent in denen beyden letzten Versen des dritten Gesetzes
sich sehr übereilet, daß er uns, als die wir in unserm Responso sehr
§. XLIX. Jetzo schreite ich zu dem so offt erwehnten unachtsamen Vers
Gewiß wenn Hanß Sachse einen solchen Schnitzer begangen hätte, die Meister-Sänger zu Nürnberg hätten ihn aus ihrer Zunfft gestossen. Denn ob schon Hanß Sachs zu seiner Zeit gewohnet war, unterschiedene Sylben zu verbeissen, oder aus zweyen eine zu machen, und man nach dieser Methode den Herrn Quaerenten durchhelffen, und das corpus delicti also
verbessern wolte; so wird man doch in denen gantzen Operibus des Hanß Sachsens nicht ein Exempel finden, daß er in einem Wort aus fünff Sylben dreye gemacht, und die andern zwey verschluckt hätte.
§. L. Endlich so ist in dem 15. Gesetz ein neuer aber sehr grosser defectus judicii zu spüren, wenn der Herr Quaerente den hochweisen Rath beschuldiget, als ob sie durch das ihm gegebene Consilium abeundi das Gastrecht verletzt hätten. Hat denn der Herr Quaerente sich nicht des bekanten Verses erinnert. Post tres saepe dies &c. oder auff gut Hanß Sachsisch:
Hat er denn nicht distinguiret inter hospitium publicum & privatum, voluntarium & necessarium, seu mercenarium, da man doch diese distinctiones bey allen ICtis antrifft, die de jure hospitii gehandelt? hat er nicht wahr genommen, daß auch nicht einmal Gastwirthe schuldig seyn, unruhige u. Unfug anfangende, oder auch nur mit gefährlichen und ansteckenden Kranckheiten behafftete Gäste wieder ihren Willen bey sich zu behalten. Wie solte nun die Obrigkeit verbunden seyn, verkappte Philiosophos Ethnicos, Comoedianten, Collectores und ausbreiter gottloser Lehren, oder auch Weiber, die aus thörichter Phantasie die abscheulichsten Monstra gebähren, und weil sie sich als Gäste an einem Orte auffgehalten, auch andere sich ordentlich daselbst befindende sonst ehrliche Weibs-Personen mit solcher schädlichen Phantasie angesteckt, wegen Vorschützung eines eingebildeten nie erhörten Gast-Rechts zu dulden? (Repete supra dicta §. 22. 23. 24.)
§. LI. Aber mich hierbey länger nicht auffzuhalten, so praesentire ich zur
Danckbarkeit hinwiederum drey Gedichte aus Hanß Sachsen. Was anfänglich die
excerpta des Herrn Quaerenten aus der Heil. Schrifft in diesem andern Stück
betrifft, gebe ich ihm zu seiner Besserung gleichfalls allerhand Collectanea aus
der heiligen Schrifft, die Hanß Sachse Anno 1528. unter dem Titul. Evangelium. Von dem Geitz eine kurtze
§. LII. An statt des andern Theils, oder der Excerptorum
aus meinen Schrifften de falsa & non sincera interpretatione; will ich
dem Herrn Quaerenten eine schon von dem scharffsinnigen Luciano entworffene
Fabel von Micillo einem armen Schuster und seinen
reichen Nachbar oder Gevatter (wie ihn Hanß Sachse titulirt) wohl zu überlegen
geben, deren Zweck ist, handgreifflich vorzustellen, daß ein armer aber dabey
vergnügsamer Mann viel glücklicher sey als ein reicher Nimmersatt, und daß also
jener mit diesem vernünfftiger Weise nicht tauschen werde. Hanß Sachse hat diese
Fabel 1562. d. 24. April in teutsche Reime gebracht, und ist dieselbe in dem
fünfften Buch seiner Gedichte in andern Theil p. 259. zu finden.
§. LIII. Nachdem auch der Herr Quaerente in seinem andern Poemate oder dritten
Stück der andern Schrifft nichts neues vorgebracht, sondern nur seine alte Leyer
wiederhohlet, die schon in dem ersten Poemate in seiner Specie Facti, und in der
neuen weitläufftigen Gegenschrifft da gewesen; und also billich hätte den
bekanten lateinischen Vers: Ridetur, chorda &c. bedencken sollen; wir
aber unsers Orts diese seine Schwatzhafftigkeit mit gehöriger Erbarmniß ansehen,
indem uns die tägliche Erfahrung zeiget, daß Leute von seinem Temperament, mit diesem Ubel (wenn sie nicht durch zeitige
Selbsterkäntniß demselben zuvor kommen) insgemein behafftet sind; als will ich
ihm die nützliche Lehren, die Hanß Sachse in besagtem fünfften Buchs andern
Theil p. 244. an 8. Augusti 1662. von dem Reden und Schweigen aus einem alten
Philosopho zu Papier gebracht hat, bestens recommendiren.
§. LIV. Zum Beschluß warne ich aus Hertzens-Grunde den Herrn Quaerenten, daß er
sich für seinen vielleicht sehr nahen grossen unnachbleiblichen Unglück hüte.
Ich will ihm eben keine Gelegenheit zu spotten geben, wenn ich von seinem
miserablen Zustand nach diesen Leben viel Worte machen wolte: sondern ich will
nur zwey Worte von seinem zeitlichen Unglück anfügen. Er ist dienstloß, er
suchet neue Hoffdienste bey mächtigen Potentaten und Fürsten. Kan er sich wohl
einbilden, daß ein Evangelischer König oder Fürst unter den Protestirenden, dem sein Atheistisch Werckgen für Augen kömmt, ihn in
Dienste nehmen werde? Man hat mich versichern wollen, daß er schon damahls, als
er es drücken lassen, in eines mächtigen Catholischen Fürstens Dienste zu
gelangen sich bemühet, und dergleichen noch suche. Gesetzt, GOtt verhängte es:
und seine Consilia Cameralia fingen an unter seiner direction introducirt zu
werden. Ich abstrahire itzo von derselben wahren oder Schein-Nutze. Weiß er
nicht, daß alle Fremde, die bey einem mächtigen Fürsten geschwinde in Gnade
kommen, nothwendig von denen Einheimischen geneidet und
§. LV. Aber ich singe tauben Ohren. Gleich itzo da ich meine Schrifft
§. LVI. Hat denn der arme elende Mensch keinen einigen wahren
§. LVII. An statt der von dem Herrn Praetendenten gegen das Ende seiner
Gegenschrifft angehängten captationis benevolentiae, will ich zum Beschluß noch
eine kleine Erinnerung an felbigen hier anfügen, daß weil ihm unvergessen seyn
wird, wie er einer von denen ältesten bey unserer Facultät examinirten
Candidatis Juris gewesen; er dannenhero um so viel eher mit der an uns
überschickten anzüglichen Gegenschrifft hätte an sich halten sollen; jemehr
sonst die Regeln einer honneten ambition (die er seine herrschende passion zu
seyn, die Leute par force bereden will) ihm solches würden gerathen haben, wenn
er derselben hätte Gehör geben wollen. Zu geschweigen, daß, wie allbereit oben
gedacht worden, kein vernünfftiger Mensch wird begreiffen können, zu was für
einen raisonablen Zweck diese Gegenschrifft hätte dienen sollen. Jedoch ist
nichts so wunderlich und wieder
§. LVIII. Indem ich bey dem Druck dieser Juristischen Händel diePraetenden. ten fauler Minerva
Das Wort Inquisition hat hier eben so, wie oben das Wort
Souverainität ein paar Sylben zu viel, und wie die
Verbeissungs-Verwandlung
UNter denen politischen Staats-Streichen, derer sich der Pabst zu Rom bedient,
alle weltliche Obrigkeit mit ihrer guten Bewilligung zu Roß und Mäulern zu
machen, ist dieser nicht der geringste, daß er die Leyen, (und zwar vielleicht
auch sich seibst und seine Clerisey bona fide) beredet, die Ehe sey ein
Sacrament; und müsse von ihm als Beschützern des Glaubens mit neuen
Straff-Gesetzen gleichsam umzäunet werden, die er aber doch gegen diejenigen, so
sich sonsten in allen Stücken gegen ihn submittirten, wieder verlassen und
darinnen dispensiren könte. Denn was thut doch die Liebe nicht? Ich entsinne
mich, daß fur etliche und dreißig Jahren ein Advocate zu Leipzig etwas
unbescheiden geschrieben hatte, und dannenhero für das Oberhoffgerichte daselbst
gefordert wurde, auch einen derben Verweiß kriegte. Der gute bestürtzte Mensch,
der sich dieses Umstandes bey seinem Erscheinen nicht versehen, wuste in der
Angst nicht, was er für eine Entschuldigung zu seiner deprecation gebrauchen
solte; endlich bat er, man möchte ihm den begangenen Fehler um deßwillen zu gute
halten, weil er zur Zeit seiner verfertigten Schrifft eben Bräutigam gewesen;
und also kein so ruhiges Gemüth als sonst gehabt hätte. Die Herren Assessores
hatten genung zn thun, daß sie in des armen Stümpers Anwesenheit das Lachen
verbissen, und schafften ihn demnach behende fort mit der Vermahnung, es nicht
§. II. Dieweil aber bey dem Anfange der Reformation man
aufreliquien
dieser Lehre bey denen Protestirenden.
§. III. Indessen, gleich wie sonsten die Erkäntniß der
Wahrheit so
§. IV. Vor dieses mahl will ich bey dem Beschluß dieses ersten Theils ein paar
Händel anführen, über welche allbereit anno 1693. und 95. nomine Facultatis Theologicae & Iuridicae von mir theils ein
Urtheil, theils ein Responsum ausgefertiget worden. Was den ersten Handel
betrifft, so wurden aus der Regierung zu M. zu Ende des 1693. Jahres uns Acta
zugeschickt, in welchen folgender Casus enthalten. Ein gewisser Hauptmann hatte
seine Ehefrau sehr übel tractiret, dergestalt, daß die Scheidung von Tische und
Bette erkannt worden war, jedoch mit beygefügter Clausul, daß Kläger zu einer
andern Ehe zu schreiten nicht befugt wäre. Weil nun dieser das donum
continentiae nicht hatte, als war er bemühet, die Erlaubniß, daß er wieder
heyrathen dürffte, auff eine andre invention zu erhalten. Er offerirte sich
nemlich zur juratorischen Caution, daß er künfftig mit seiner Frau friedlich und
schiedlich leben wolte; diese aber war an dem Orte, dahin sie sich nach der
Scheidung von Tische und Bette gewendet hatte, nicht mehr anzutreffen, sondern
hatte sich anders wohin begeben. Da vermeinte nun der Mann, er hätte genungsame
Ursache, diese seine Ehefrau, als wenn sie ihn bößlich verlassen hätte zu
verklagen, und solchergestalt für sich die Freyheit wieder zu heyrathen, zu
erhalten; hingegen war ex Actis zu sehen, daß die Frau den Mann beschuldigte,
daß dieser inzwischen eine ledige Weibes-Person geschwängert
Daß die von Klägern gesuchte völlige Ehescheidung noch zur Zeit nicht statt hat, auch ihme bey Straffe 200. Thlr. zu untersagen, daß er sich durante Processu anderweitig in kein Ehe-Verlöbniß einlasse: Es wird aber auf sein ferneres Ansuchen an das Rensburgische Consistorium, oder wo sich Bekl. sonsten anitzo aufhalten möchte, die Sache nochmals zu Vornehmung gütlicher reconciliation recommendiret und in Entstehung derselben Bekl. zugleich in subsidium, oder da der Ort ihres itzigen Aufenthalts nicht zu erfahren, edictaliter citiret, daß sie binnen einer kurtzen Frist sich ad Acta erklähre, ob sie die fol. 175. befindliche juratorische Caution ihres klagenden Ehemannes anzunehmen, und ihm ferner ehelich beyzuwohnen gesonnen, oder da sie solches zu thun nicht willens, ihre darwieder habende Exceptiones durch einen hierzu genugsam legitimirten Gevollmächtigten ad Acta bringe, auch selbige, absonderlich aber, was sie fol. Act 137. & 138. Klägern beschuldiget, daß er eine daselbst benennete ledige Weibes-Person geschwängert haben solle, gebührend bescheinige, und ergehet, so dann in der Sache allenthalben ferner was recht ist, V. R. W.
Was in dieser Sache bißhero gesprochen worden, zeigen die Acta fol. 113. & 162. allwo beyderseits Partheyen quoad thorum & mensam wegen Klägers gegen Beklagte verübte harte und vielfältige Saevitien von einander separiret und zugleich erkant worden, daß Kläger zur andern Ehe zu schreiten nicht befugt; Als nun hierauf Kläger fol. 172. gebethen, ihn zur juratorischen Caution zu zu lassen, und an die Hochfürstliche Regierung zu Jever in subsidium juris zu gesinnen, daß daselbst die Güte und reconciliation vorgenommen werden möchte, ist diesem petito fol. 174. & 177. deferiret worden und Kläger ferner, als f. 179. & 184. Nachricht ad Acta gebracht worden, daß Beklagte sich von Jever hinweg und nach Holstein gewendet, auch itzo unter dem Rensburgischen Consistorio gesessen sey, fol. 185. abermahl gebethen, nunmehro auf die völlige Ehescheidung zu erkennen.
Ob er nun wohl aber mahls malitiosam desertionem seines Eheweibes vorgeschützet,
auch selbige durch einige Abschrifsten zweyer von Gerhardt Gottfried Wahren
Pastore zu H. W. erhaltenen Schreiben fol. 183. zu bescheinigen sich bemühet.
Dieweil aber dennoch ex Actis offenbahr, daß Kläger wegen seiner harten
Saevitien der Beklaaten zu der desertion Anlaß gegeben, auch in den übergebenen
Abschrifften viele Umstände von dem, was Beklagte besagtem Pastori zur Antwort
gegeben haben soll, ausgelassen, auch darbey fol. 184. b. gedacht worden, daß
Beklagte auff 4. Wochen, Bedenck-Zeit genommen, ihre wahre Hertzens-Meinung von
sich zu geben, und der Stylus des ersten Schreibens fol. 183 und was daselbst
von einer Tracht Prügel gedacht wird, genugsam Vermuthung giebet, daß gemeldeter
Pastor
§. V. Es ist in notis ad Lancelottum angeführet worden, daß die Scheidung von
Tisch und Bette ursprünglich an statt einer wahren Ehescheidung, von dem
Päbstischen Recht erfunden worden, und vorher andern Völckern unbekant gewesen.
Nach der Reformation aber hat man diese Scheidung von Tisch und Bette unter
denen Protestirenden als ein vernünfftiges Mittel beybehalten, die zwischen
Eheleuten entstandene Feindseeligkeiten auffzuheben, und die gehäßigen Gemüther
wieder zu vereinigen. vid. Ziegl. ad Lancelott. lib. 2. not. 519 & 545.
Nun will ich zwar diesen praetext nicht gantz und gar verwerffen, noch für gantz
unvernünfftig ausgeben: sondern gebe gerne zu, daß es jezuweilen mit guten
Success practiciret worden. Nichts destoweniger überlasse ich allen der Natur
der Menschen kundigen Gemüthern zu überlegen: 1. Ob nicht die tägliche Erfahrung
bezeige, daß unter funffzig Exempeln kaum fünffe zu finden, da dieses Mittel
fruchtbarlich angeschlagen, und ob nicht die regulae genuinae Politicae
erfordern, diejenigen Mittel vor vernünfftig auszugeben, die meistentheils nach
der allgemeinen Natur der Menschen, eine gute Würckung nach sich ziehen? 2. Ob
die erste Beybehaltung dieses Mittels unter denen Protestirenden nicht vielmehr
einer nicht allzuvernünfftigen Liebe derer Herrn Juristen gegen das Päbstische
Recht zuzuschreiben sey, und daß das Vorgeben der intendirten Versöhnung nur ein
blosser praetext gewesen? 3. Ob nicht zu diesen Unfug ein grosses beygetragen,
daß man in Auslegung heiliger Schrifft allzusehr an denen Patribus gehangen, und
dieser ihre Erklärungen dem göttlichen Wort selbst gleich geachtet, auch
dannenhero keine andre als adulterium & malitiosam desertionem, für
rechtmäßige Ursachen der Ehescheidung annehmen, solcher gestalt aber die
zwischen Eheleuten entstandene tödtliche und unversöhnliche Feindschafften nicht
für eine rechtmäßige Ursache der Ehescheidung erkennen wollen, in der That
selbst aber doch endlich darauff verfallen, wenn man auch wohl den
§. VI. Anno 1695. wurde über folgenden Handel ein ResponsumResponso.
Als derselbe uns eine speciem facti nebst Beylagen sub B. & D. und zweyen
unterschiedenen Fragen etc. etc. und zwar anfänglich auf die erste Frage etc.
etc. hat Conradus von G. bey Veronicae Mutter seine Person besagte Jungfrau
Veronicam zu heyrathen angetragen, die Mutter aber ohne ihrer Tochter
Einwilligung ihm, daß er sich etwa 6. Wochen gedulden und hernach mit Antwort
versehen werden solte, zur Antwort hinterbringen lassen; Ehe aber dieser Termin
verstrichen, ist Conradus, den zu vorhero Veronica nie gesehen, auch von dessen
Wesen und Gemüthe keine Kundschafft gehabt, in der Veronicae Mutter Hauß kommen,
und hat sein Gewerbe fortgesetzet; ist Veronica, die alsofort, da sie Conradum
gesehen u. gesprochen, bey sich verspühret, daß sie keine Ehel. Affection zu ihm
würde tragen können, auch nicht zu Conrado in die Stube ferner gewolt, sondern
sich absentiret und verstecket, (dessen Bericht nach) unter vielen Weinen und
Seuffzen von der Mutter angetrieben, und von ihrer Mutter Bruder
Ob nun wohl sponsalia de praesenti (dafür wir die zwischen Conrado und Veronica vorgegangene allen Ansehen und Umständen nach, absonderlich aber nach der Beylage sub D. halten) ohne grosse und erhebliche Ursache nicht zu rescindiren, und anfänglich der von Veronica praetendirte dissensus ihr wenig zu statten kommen mag, in Betrachtung doch nicht mehr als metus reverentialis heraus kommen würde, sie auch durch die nachfolgende familiaire Conversation ihr gegebenes Jawort ratihabiret, und da sie nunmehro sich nicht scheuet, vermuthlich wieder ihrer Anverwandten Willen ihren Wiederwillen gegen Conradum so nachdrücklich zu bezeugen, sie vielmehr solches würde bey der Verlobung gethan, und die ihrer Mutter und Anverwandten schuldige Verehrung nicht attendiret haben, wenn sie damahlen, so ernstlich dissentiret hätte, auch wenn solches damahls geschehen, die nunmehr gefolgte Unordnung nachgeblieben wäre; hiernächst was pro Veronica angeführet wird, daß die Zumuthung des Beyschlaffs, so ihr von Conrado geschehen, denen insidiis vitae und morbo contagioso oder insigni deformitati, als causis justis repudii gleich zu achten, wo nicht vorzuziehen, in Rechten nicht gegründet, sondern, wenn gleich insidiae pudicitiae, contagium animi, & deformitas mentis höher in consideration zu nehmen wäre, als itzt bemeldte Ursachen; dennoch dabey zu erwegen, daß diese vitiositas animi durch Erkäntniß und Bereuung leichtlich zu ändern, auch pudicitia ohne Einwilligung des andern Theils nicht so leicht als das Leben benommen werden mag, und ferner des Conradi Vorgeben; daß Braut und Bräutigam post celebrata sponsalia schon Ehe-Leute vor GOtt wären, obschon die copulatio sacerdotalis (die diß fals adiaphora wäre) noch nicht geschehen, nicht nur abstrahendo a Legibus Ecclesiasticis nicht gäntzlich an und vor sich selbst ungegründet ist, sondern auch zum wenigsten diese Würckung nach hergebrachten Rechten hat, daß die aus solchen post sponsalia publica ante benedictionem facerdotalem geschehenen Beyschlaff erzeugte Kinder pro legitimis zu achten; bey dieser Bewandniß aber ein dergleichen concubitus quoad effectus juris externi & Politici pro scortatione aut stupro nicht ausgegeben werden kan, vielweniger einer Braut propter attentationem actio injuriarum zu verstatten ist;
Dieweil aber dennoch die Kirchen-Rechte vermögen, daß propter ortas inimicitias capitales & irreconciliabiles aus Noth und zu Vermeidung grössers Unheils dissolutio sponsaliorum von der Obrigkeit ex officio gar wohl verordnet werden kan, und dem Bericht, auch der Veronicae Beicht-Vaters Schreiben nach sub D. Veronica nunmehr einen solchen Abscheu für Conradum bekommen, daß sie allen von dem Beicht-Vater zu unterschiedenen mahlen geschehenen Zureden ungeachtet nichts ferner von ihm wissen will, sondern lieber unverheyrathet zu bleiben sich erkläret, und gleichwohl Conradus ihr zu diesen Wiederwillen allerdinges Ursache gegeben, indem theils so wenig von ihm, als der Veronicae Freunden verantwortlich, daß sponsalia mit so grosser Ubereilung und ohne gebührende Erkundigung des Gemüths und Neigung, auch wohl mit hierbey gebrauchter List und Bedrohung celebriret worden, woraus denn hernach gar leichtlich solche Früchte erfolgen, die Conradus bey dieser Bewandniß sich mit zu imputiren: Theils der von Conrado attentirte concubitus seines Einwendens unerachtet, für eine ungeziemende, schändliche und in foro Ecclesiastico straffbare That zu halten, indem zu geschweigen, daß keiner Privat-Person für sich Adiaphora nach Gefallen zu ändern frey stehet, auch die Doctores nicht einig, ob und wie weit benedictio sacerdotalis pro Adiaphoro zu halten, zum wenigsten bey denen, die in societate civili leben, nicht auff das zu sehen, was etwan abstrahendo a Legibus humanis vergönnet seyn möchte, sondern was Leges positivae verbieten, sie ebenfals in conscientia obligiret, und sie wegen Ubertretung desselben GOtt, der die Obrigkeit eingesetzet, schwere Rechenschafft geben müssen; auch in praesenti casu der frühzeitige Beyschlaff durch die Kirchen-Rechte mit Kirchen-Busse beleget wird, und hierinnen selbige ein Christlich Absehen haben, daß vernünfftige Menschen und Christen nicht wie das unvernünfftige Vich zusammen lauffen, sondern ihren Ehestand in Zucht und Erbarkeit (die auch von denen Heyden nicht allerdinges aus denen Augen gesetzet worden,) anfangen sollen, im übrigen auff gegenwärtigen Fall die Rechts-Regul: quod si talis accidat casus, qui si tempore sponsaliorum adfuisset, sponsus vel sponsa nunquam consensisset, tuncjudicem ad dirimenda sponsalia propensiorem esse debere, gar wohl appliciret werden mag:
So erscheinet hieraus allenthalben so viel, daß wenn Veronica alles Einredens
unerachtet die Ehe mit Conrado dennoch nicht vollziehen will (dazu sie aber
nochmals ernstlich zu vermahnen ist, auch sich selbst dißfals zu prüfen und für
GOtt zu demüthigen, und denselben anzuruffen hat, daß sie durch dessen
Gnadverleihung den gefasten Wiederwillen überwinden, und, was in GOttes Nahmen
angefangen und bestätiget worden, ja nicht durch halßstarrigen Eigensinn
unterbrechen und deßwegen schwere Verantwortung und Unsegen auff sich ziehen
möge,) die zwischen ihr und Conrado getroffenen
Ob wohl Veronica allenfals eydlich sich zu purgiren erböthig ist, daß der von Conrado attentirte concubitus ihre vornehmste und nicht simulirte Ursache sey, warum sie einen so festen Wiederwillen wieder Conradum gefasset, und hiernächst daß in casibus matrimonialibus nicht contra matrimonium juramenta zu zu lassen, von denen juramentis a parte parti delatis, nicht aber von juramentis purgatoriis, davon doch jetzo die Frage, zu verstehen ist, und also scheinen möchte, daß Veronica in Betrachtung der vielen für sie praesumtionem machendem Umstände zu solchen juramento billig zuzulassen; Dieweil aber dennoch mit denen Juramenten nicht zu spielen, und bekanten Rechtens, quod juramentum non permittendum, si id quod juratum est, partem non relevet, aber bey der ersten Frage allbereit ausgeführet worden, daß das von Conrado vorgenommene, ungeziemende Beginnen für sich keine justam causam repudii auf Seiten der Veronicae macht, sondern sie nur in etwas a poena excusiret, und in der Ehescheidung bloß auff die daraus entstandene inimicitias irreconciliabiles zu sehen ist, in diesem Stücke aber Veronica praesumtionem für sich hat, auch über dieses gefährlich seyn würde, eine in so starcken Affecten stehende Person schweren zu lassen, in Betrachtung die Menschliche Natur also beschaffen, daß man in affectu etwas pro causa primario movente hält, und sich selbst beredet, das man doch hernach, wenn die causa affectum movens weggethan, ist, zum öfftern erkennet, daß es nur ratio secundaria & adjuvans gewesen, auch solchergestalt viel darzu gehöret, ehe sich Veronica rechtschaffen prüfen könne, ob, wenn sie Conradum zu vorhero hertzlich geliebet, sie den ihr zugemutheten Beyschlaff sich ebenmäßig zu einem solchen Haß würde haben bewegen lassen; So mag auch Veronica, da ein Zweifel wegen der Ursache ihrer aversion vorfallen solte, gestalten Sachen nach über diesem Punct zum juramento purgationis nicht zugelassen, oder solches von ihr gefordert werden. V. R. W.
§. VII. Ob wohl auch bey diesem Handel vieles könte erinnert werden, so wird es
sich doch füglicher schicken, bey anderer Gelegenheit solches zu thun, inmassen
die Lehre von denen Ehegelöbnissen bey denen Protestirenden fast noch
verwirreter ist als bey denen Canonisten. Siehe indessen, was ich allbereit in
der disputation de pactis futurorum sponsaliorum und in denen notis ad Lancel.
lib. 2. tit. de sponsalibus fürnemlich aber p. 817. seq. item p. 827. seq.
angemerckt habe. Vorietzo will ich nur diese zwey Puncte kürtzlich melden: 1.
Ist in denen rationibus ad
HUmmarisches Geschrey wegen des Kinder-Mords. §. l. p. 1. Praeliminar Bedencken
und Uberlegung des Defensoris. §. II. p. 2. Auf was Weise derselbe die indicia
in Actis zu sehen bekommen. §. III. p. 3. Starcke indicia wieder die
Inquisitinnen. §. IV. p. 4. Fernere Uberlegung und resolution des Defensoris. §.
V. p. 14. Nachricht von dem, was mit des todten Kindes Lunge probiret worden,
und was daraus zu praesumiren. §. VI. p. 16. Praeliminar Verhör der beyden
Inquisitinnen von dem Defensore vorgenommen, und derselben Nutzen. §. VII. p.
17. Fortsetzung des Processes, und was dabey merckwürdig von 15. Octobris 1681.
biß zu dessen Ende. §. IIX. p. 20. Neuer und die Sache in etwas alterirender
Incident-Punct, wegen allzuzeitiger Suchung eines andern Collegii zu Sprechung
der Urtheile. §. IX. p. 25. Neuer Umstand wegen angegebener Intimidirung und
Corrumpirung der Zeugen. §. X. p. 38. Erstes Urtheil in dieser Sache Mense
Novembr. 1681. §. XI.
Erinnerung, wegen Schädligkeit der Denuntianten, und daß das Angeben für ein
Christlich Werck gehalten wird. §. 1. p. 105. Ingleichen von denen excessen der
Richter in Inquisitions Sachen, nebst einem artigen Exempel davon. §. II. p.
107. Gegeneinanderhaltung der Partheyligkeit der Richter und der falschen
Denuntianten. §. III. p. 109. Occasion gegenwärtigen Responsi, und dessen
Inhalt. § IV. p. 109. Anmerckung wegen der allegatorum juris. §. V. p. 117.
Unzulängligkeit, die
Etliche hieher gehörige Praeliminar-Anmerckungen. §. I. p. 119. Das Responsum selbst. §. II. p. 120. Nicht alle vernünfftigen Leuten Wahrscheinliche crimina sind deßhalben sufficient zur Special Inquisition. §. III. p. 123. Unterschied der Formuln, etwas zu thun befugt, und unbenommen zu seyn. §. IV. p. 125.
Altes Schöppen-Urtheil, darinnen diese Frage bejahet wird. §. I. p. 125. Neues Urtheil, darinnen diese Macht dem Fürsten vorbehalten wird. §. II. p. 126. Dessen Vertheydigung wieder die gemachten Einwürffe. §. III. p. 127. Erklärung und Ausnahme zweyer zu dieser Frage nicht gehörigen Fälle. §. IV. p. 128.
Unterschied unter der Formul, etwas zu thun befugt zu seyn, und wohlgethan zu seyn. §. I. p. 130. Die actiones injuriarum nutzen wenig oder gar nichts. §. II. p. 131. Summa des gegenwärtigen Handels nebst dem responso. §. III. p. 133. Noch etliche Anmerckungen von der Ungeschickligkeit des Quaerenten. §. IV. p. 139.
Die Umstände, durch welche die Braut den Bräutigam betrogen. §. I. p. 140. Die eigennützige Ehestifftung selbst. §. II. p. 141. Responsum, daß dieselbe nicht gültig sey. §. III. p. 143. Ein anderes, für derselben Gültigkeit. §. IV. p. 146. Beantwortung dieses letzten Responsi. §. V. p. 149. Ausgang der Sache. §. VI. p. 151.
Kurtze, jedoch Juristische Beantwortung dieser Frage. §. I. p. 152. Warum dieselbe so ausführlich erzehlet worden. §. II. p. 154. Ein neuer Handel von gleichem Gewichte. §. III. p. 154. Beantwortung desselbigen cum allegatis legum & doctorum. §. IV. p. 156.
Erinnerung für Obrigkeitliche ungelehrte Personen. §. I. p. 159. Exempel eines unförmlichen Attestats. §. II. p. 160.
Anmerckung von Zungendreschern überhaupt. §. I. p. 160. Ein lebendig Exempel eines Zungendreschers. Ungemeine Auslegung, was ein leiblicher Eyd bedeute. §. II. p. 161. Absurde allegation der Gesetze aus dem Corpore Juris. §. III. p. 163. Alle absurditaeten sind solchen Leuten ordentlich zuzuschreiben. §. IV. p. 164.
Die an uns geschickte Frage. §. I. p. 164. Erstes Responsum §. II. p. 167. Das andere. §. III. p. 168.
General Erinnerungen bey diesem Handel. §. I. p. 169. Der Hauptzweck des Responsi. §. II. p. 170.
Wie vernünfftige Urtheils-Fragen abzufassen. §. I. p. 171. Unfug der allzu generalen Urtheils-Fragen. §. II. p. 172. Oder der heimlichen Fragen und Beyschreiben §. III. p. 173. Hieher gehöriger Handel und Responsum. §. IV. p. 174.
Straff-Amt der Prediger und wie solches einzuschrencken sey. §. I. p. 177. Hieher gehöriger Handel §. II. p. 178. Unser Urtheil nebst denen rationibus. §. III. p. 179.
Grosse Dürfftigkeit unserer Prediger. §. I. p. 181. Responsum über den rubricirten Handel. §. II. p. 181.
Die quasi jurisdiction der Zünffte, und deren Mißbrauch. §. I. p. 182. Responsum für die Innungen. §. II. p. 183.
Zweiffelhafftigkeit der Umstände des gegenwärtigen Handels. §. I. p. 185. Indicia wieder die Inquisiten. §. II. p. 186. Partheyligkeit des adjungirten Amtmanns. §. III. p. 187. Das von uns gesprochene Urtheil. §. IV. p. 188.
Die dieferwegen eingeschickte Urtheils-Frage. §. I. p. 191. Das darauff erfolgte responsum. §. II. p. 195.
Zustand des Autoris zur selbigen Zeit. §. I. p. 197. Neun indicia wieder die
inquisitin, die doch alle verneinet. §. II. p. 198. Beweiß der indicien durch
Zeugen §. III. p. 198. Exceptiones des defensoris wieder diese indicia. §. IV.
p. 200. Darauff erfolgtes Urtheil. §. V. p. 200. Dessen rationes decidendi. §.
VI. p. 201. Daß auff das Angeben anderer Hexen nicht zu trauen. §. VII. p. 202.
Exempel von etlichen andern Hexen Acten. §. VIII. p. 203. Nemlich von einem
Mägdgen, das Mäuse
General Anmerckungen. §. I. p. 207. Derer application auff gegenwärtiges Responsum. §. II. p. 207. Weitere Nachricht von removirung der Urtheile. §. III. p. 211. Unterschiedene Exempel etlicher in Consistorial Acten öffters vorkommender irregularitaeten. §. IV. p. 211. Summarische Hauptursachen, woraus dieselben entstanden. §. V. p. 212. Und die darwieder zu gebrauchende remedia. §. VI. p. 213.
Extract aus denen Acten. §. I. p. 214. Urtheil nebst denen rationibus. §. II. p. 217. Absonderliche Gedancken über die Rubric dieses Handels. §. III. p. 219. Erklährung derselben. §. IV. p. 220. Fürnehmstes und fast eintziges Mittel wieder diesen Mißbrauch. §. V. p. 221. Ursache der einen dem Urtheil angehängten Clausul §. VI. p. 222.
General Anmerckung von den Juden. §. I. p. 223. Application derselbigen auf gegenwärtigen Fall. §. II. p. 224. Urtheil darüber. §. III. p. 224.
General Erinnerungen bey diesem Handel. §. I. p. 225. Sonderlich von Schmähungen, die implicite auch andre touchiren. §. II. p. 225. Das Responsum selbst. §. III. p. 226.
Der Handel selbst, nach allen Umständen. §. I. p. 228. Das Urtheil cum rationibus. §. II. p. 230.
Anfrage an die Facultät nebst Vorstellung der Geschicht. §. I. p. 223. Von
Confiscirung Atheistischer Bücher. §. II. p. 240. Ob das Corpus delicti
vernünfftiger Weise ausgelassen werden könne. §. III. p. 241. Die Beylage sub B.
§. IV. p. 241. Das Schreiben an die Facultät. §. V. p. 242. Das inserat. §. VI.
p. 245. Erster Vorschmack von judicio des Herrn Quaerenten. §. VII. p. 244. Und
von dem Zustand seines Gemüths. §. IIX. p. 244. Ein von dem Herrn D. W. zu
diesen Handel gehöriges Schreiben §. IX. p. 245. Praeparatoria zu dem Concluso
der Facultät. §. X. p. 246. Schluß der Facultät, und Zweck des Referenten bey
Ausarbeitung des Responsi. §. XI. p. 246. Das Responsum selbst. §. XII. p. 247.
Summarischer Inhalt von des Herrn Quaerenten Gegenschrifft. §. XIII. p. 265.
Fernere Erinnerung deßwegen, nebst der völligen Gegenschrifft selbst. §. XIV. p.
267. General Mangel dieser Gegenschrifft, daß selbige keinen vernünfftigen Zweck
haben könne. §. XV. p. 291. Die Einfalt des Autoris, daß er par force vor
ambitieus will gehalten seyn. §. XVI. p. 294. Und daß er einen gewissen locum
angeführet, als ob wir uns wiedersprächen. §. XVII. p. 295. Ingleichen, daß er
seine Antwort selbst für ungelehrt gehalten. §. XIIX. p. 296. Noch drey andre
grosse defectus judicii, die in der Gegenschrifft befindlich sind §. XIX. p.
297. Nebst dem unzeitigen queruliren über unsere rationes decidendi. §. XX p.
298. Und daß er unsere gebrauchte Gleichnisse wunderlich tituliret. §. XXI. p.
298. Erinnerung bey seinen Gleichnissen, wenn er sich bald mit einem
Comoedianten. §. XXII. p. 299. Bald mit einem Copisten gottloser Schrifften. §.
XXIII. p. 299. Bald mit einer Mutter eines abschenlichen Monstri vergleicht. §.
XXIV. p. 299. Die von ihm ohne judicio angeführten Sprüche des Apostels Pauli.
§. XXV. p. 300. Der Gegenschrifft erste Beylage. §. XXVI. p. 301. General
Anmerckungen, wegen ebenmäßigen Mangels des Judicii. §. XXVII. p. 306.
Insonderheit wegen des uns imputirten primi falsi. §. XXVIII. p. 307. Und daß er
wegen des Spinosae nicht gemuchst. §. XXIX. p. 308. Ingleichen wegen des
Vorgebens, daß wir ihn keiner cavillation würcklich überwiesen. §. XXX. p. 308.
Inhalt und Beschaffenheit der andern Beylage. §. XXXI. p. 309. Warum diese
Poetische Gedancken an uns geschickt
Politischer Nutzen für den Pabst der Lehre, daß die Ehe ein Sacrament sey. §, I. p. 358. Noch viele reliquien dieser Lehre bey denen
Protestirenden. §. II. p. 359. Die aber einige zeithero
sich nach und nach zu ändern angefangen. § III. p. 359.
Der erste Handel, nebst dem darüber cum rationibus gesprochenen Urtheil. §. IV.
p. 360. Allerhand nützliche Anmerckungen von der Scheidung vom Tisch und Bette.
§. V. p. 362. Der andere Handel nebst dem Responso. §. VI. p. 363. Etliche
Anmerckungen darüber. §. VII. p. 366.