Athanasius Kircher: Theatrvm HieroglyphicvmKatjaReetzhttp://diglib.hab.de/edoc/ed000057/start.htmHerzog August Bibliothek WolfenbüttelLessingplatz 1WolfenbuettelD-38299Germany2011
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Theatrvm HieroglyphicvmAthanasiusKircher
Theatrum-Literatur der Frühen
Neuzeit
Titel
Athanasii Kircheri Soc. Iesv Oedipi Aegyptiaci Tomus III.
Theatrvm Hieroglyphicvm, Hoc Est, Noua & hucusque intentata
Obeliscorvm Cœterorumque Hieroglyphicorum Monumentorum, quæ tùm
Romæ, tùm in Aegypto, ac celebrioribus Europæ Musæis adhuc
supersunt, Interpretatio Iuxta sensum Physicum, Tropologicum,
Mysticum, Historicum, Politicum, Magicum, Medicum, Mathematicum,
Cabalisticum, Hermeticum, Sophicum, Theosophicum; ex omni
Orientalium doctrina, & sapientia demonstrata. Felicibus
Auspicijs Ferdinandi III. Caesaris. Romæ, Ex Typographia Vitalis
Mascardi, Anno à Partu Virgineo MDCLIV. Svperiorvm Permissv.
RomVitale Mascardus1652Titelseite (Kupfertafel), 590 pag. S., 35 unpag. S., zahlr. Ill.
(Holzschnitte und Kupfertafeln), 11 unpag. gefalt. Bl.
(Kupfertafeln), 2°.
Standorte des Erstdrucks
Sign. BH DER 12685Sign. 4° SB 86/143(3 R Sign. RESQ 30/3Sign. BGE Hb 10/3Sign. 1159 MAGASINSign. FOL ZZ 79 INV 110 RES. vol 4Sign. Z-485Sign. Rés 458-3Sign. Mm.13.9-12Sign. 2 B 0112b (2Sign. P-A 10020:3Sign. A: 25.3 Quod. 2°Sign. Scha Pe 01034Sign. 2o Gesch B 5/60Sign. 4 INSCR 813:3 RARASign Bibl. Diez fol. 182Sign. III h:2° /56, 4Sign. 2 Gl.II,43b :3Sign. Ilf II 2° 00111 (03)Sign. Bc 121, 4° (2,2/3)Sign. BA III 33 FolioSign. ZB Gross D 23 : 4Sign. Wq 692 Bd. 3Sign. CIf-648(4)Sign. 77302 II/3 RarumSign. III-160663/3Sign. STRONG ROOM OGDEN A FOLIO 448/1-2 / A-4I 4K²Sign. SCH R 104: 3Sign. SCH R 104: 3 Expl 2Sign. U 23 | F
Verfasser
Athanasius Kircher (1602-1680), Jesuit und Polyhistor, geboren am 2.5.1602 in
Geisa bei Fulda. Bis zum zehnten Lebensjahr wurde Kircher von seinem Vater
Johann Kircher, Doktor der Theologie und Philosophie, unterrichtet; bis 1618 war
er Schüler am Jesuitengymnasium in Fulda. Danach trat er dem Jesuitenorden bei
und ging als Novize nach Paderborn. Den an das Noviziat anschließenden
Philosophiekurs, den Kircher am dortigen Jesuitenkolleg begann, beendete er
wegen des Krieges in Köln.
Mit 21 Jahren begann er seine Lehrtätigkeit an den Jesuitenkollegs in Koblenz und
Heiligenstadt in der griechischen Sprache und Literatur. Neben seinem Interesse
für Sprachen widmete sich Kircher besonders naturwissenschaftlichen Experimenten
und der Erfindung von Instrumenten. Mit einer Vorführung gewann er das
Wohlwollen des Kurfürsten von Mainz, für den er dann einige Zeit an dessen
Aschaffenburger Residenz tätig war. Ab 1625 absolvierte Kircher am Mainzer
Jesuitenkolleg, wo er eine Professur für griechische Sprache und Literatur inne
hatte und als Chorleiter arbeitete, sein Theologiestudium. 1628 zum Priester
geweiht, ging Kircher für ein Probejahr nach Speyer. In der dortigen Bibliothek
stieß er auf eine Schrift, die seine Forschertätigkeit maßgeblich bestimmte: Sie
zeigte römische Obelisken mit hieroglyphischen Inschriften, die Papst Sixtus V.
hatte aufrichten lassen. Mit der Erläuterung, dass es sich um antike ägyptische
Zeichen handle, die niemand mehr zu entziffern vermag, wurde Kirchers
lebenslanges Bemühen erweckt, die Hieroglyphen zu entschlüsseln. Stolzenberg (S. 15) vermutet, dass es sich bei der Schrift
um den Thesaurus Hieroglyphicorum des Johann Georg
Herwart von Hohenburg aus dem Jahre 1610 handelt.
Nach seinem Jahr in Speyer trat Kircher 1630 eine Professur für Ethik, Mathematik
und orientalische Sprachen am Würzburger Jesuitenkolleg an, das er ein Jahr
später auf der Flucht vor den Schweden in Richtung Frankreich wieder verließ (zu
Schwierigkeiten der Datierung Siebert, S. 13ff.).
Weiterhin lehrte er für den Jesuitenorden als Professor in Lyon und Avignon.
Hier konnte er sich gar ein astronomisches Observatorium einrichten lassen und
seine Studien ausweiten. In Frankreich lernte Kircher Nicolaus Peiresc kennen,
Wissenschaftsmäzen und Sammler ägyptischer Altertümer. Über diesen gelangte
Kircher an die koptischen Schriften, die Pietro della Valle von seiner
Orientreise mitgebracht hatte und die Grundlage seiner Veröffentlichungen zur
koptischen Sprache wurden (besonders die Lingua restituta
aegyptiaca, 1643). Peirescs Einfluss war überdies wichtig
für Kirchers Berufung zum Professor für Mathematik, Physik und orientalische
Sprachen an das Collegium Romanum im Jahr 1633. Der 31-jährige hatte bis dahin
nur die Ars magnesia (1631) publiziert, so dass
seine Kenntnisse der orientalischen Sprachen, seine Forschungen zur ägyptischen
Kultur und vor allem seine Studien zur Entschlüsselung der Hieroglyphen für den
Ruf nach Rom maßgeblich waren (Burkart, S. 237). Ganz im
Kontrast zu den häufigen Ortswechseln seines bisherigen Lebens weilte Kircher
von diesem Zeitpunkt an mit wenigen Ausnahmen wie einer längeren Maltareise fast
ein halbes Jahrhundert lang in Rom. Nach dem achten Jahr der Professur wurde er
von der Verpflichtung zur Lehre befreit. Nun konnte er sich ganz der Publikation
seiner Studien, seinen Korrespondenzen mit den Gelehrten Europas und Jesuitenmissionaren auf
der ganzen Welt sowie seiner Sammlung widmen. Das Museum Kircherianum
beherbergte Altertümer, Kuriositäten, die seine Ordensbrüder ihm aus allen
Teilen der Erde zukommen ließen, Instrumente und eigene Erfindungen und war
schon zu Kirchers Lebzeiten ein wichtiges Ziel für gebildete Romreisende. Das
schriftstellerische Schaffen Kirchers umfasst 44 – teilweise ungedruckte – Werke
(Jaumann, S. 367) und spiegelt seine vielfältigen
Forschungsinteressen wider, die sich aus seinem Wissenschaftsverständnis ergeben
(Burkart, S. 240): Unum in omnibus et
omnia ex uno war eine seiner leitenden Forschungsmaximen. Neben
Publikationen zur Musik, Medizin, Geologie, zu physikalischen Problemen und
vielem anderen mehr begleiteten Kircher vor allem die Studien zur altägyptischen
Kultur und zur Entschlüsselung der Hieroglyphen ein Leben lang. Als Höhepunkt
kann die Publikation seines umfangreichsten Werkes, des dreibändigen
Oedipus Aegyptiacus (1652-54), gelten,
dessen dritter Band das Theatrvm Hieroglyphicvm ist.
Über Langenmantel ist unter dem Titel Fasciculus
epistolarum eine Autobiografie Kirchers überliefert
(Augsburg 1684). Athanasius Kircher starb am 27.11.1680 in Rom.
Publikation
Erstdruck
Alle drei Bände des Oedipus Aegyptiacus wurden –
wie auch einige weitere Werke Kirchers – in Rom bei Vitale Mascardus
gedruckt. Die Drucklegung des ersten Bandes erfolgte 1652, des zweiten
Bandes, der in zwei Teilen erschien, 1653. Das Titelblatt des dritten
Bandes, des Theatrvm Hieroglyphicvm, vermerkt
als Jahr des Druckes 1654 sowie die Erlaubnis des Druckes nach Zensierung
durch den Orden (Svperiorvm Permissv). Im Kolophon wird als
Erscheinungsjahr 1655 verzeichnet. Ebendort verzichtet Kircher im Gegensatz
zu den vorangegangenen Bänden auf ein Erratum und lobt die Sorgfalt seines
Setzers Zacharias Domenicus Acsamitek von Kronenfeld. Der Prager Acsamitek,
dessen Wirken in Rom bisher erst ab 1664 als Drucker in der vatikanischen
Druckerei Sacra Congregazione di Propaganda Fide dokumentiert ist (CERL
Thesaurus), hat demnach schon seit 1652 als Kirchers Setzer für
den Oedipus Aegyptiacus in der Druckerei Vitale
Mascardus gearbeitet. Das Gesamtprojekt Oedipus
Aegyptiacus kündigt Kircher schon 1636 im
Prodromus Coptus an, wo er sich als
ägyptischer Ödipus inszeniert, der das Rätsel der Sphinx lösen wird (Rowland,
s.p.).
Vorlage
Die Biblioteca nazionale centrale Vittorio Emanuele II in Rom verzeichnet das
Manuskript des Oedipus Aegyptiacus in der
Kategorie Gesuitico (1235, Signatur: 3364). Es diente als Vorlage für die Drucke der drei
Bände und enthält außerdem die Kommentare und Streichungen der Zensoren,
Textversionen durch eine weitere Hand sowie einige Briefe Kirchers an seine
Gönner.
Weitere Ausgaben
Mikroform-Ausgaben
Berlin: Universitätsbibliothek der Freien Universität. Vorlage: Exemplar der
Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin, Sign. 777/96/905(1)-3.
Göttingen: Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek. Vorlage:
Exemplar der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Sign. MM 92-64:1-2.
Marburg: Universitätsbibliothek. Vorlage: Exemplar der Universitätsbibliothek
Marburg, Sign. Bo Film 89/180, T. 3.
Paris: Bibliothèque nationale de France 2007. Vorlage: Exemplar der
Bibliothèque nationale de France Paris, Sign. Z-485.
Neuedition
Seit 2009 ist durch die Förderung der Gerda Henkel Stiftung eine
wissenschaftlich kommentierte Reprintausgabe der wichtigsten Werke Kirchers in zwölf Bänden in
Arbeit. Der Oedipus Aegyptiacus soll als erster
Band erscheinen.
Digitale Ausgaben
Google
ebooks 2011. Vorlage: Exemplar der Biblioteca complutense der
Universität Madrid, Sign. BH DER 12685. Paris:
Bibliothèque nationale de France 2008. Vorlage: Exemplar der
Bibliothèque nationale de France Paris, Sign. Z-485.
Inhalt
Der Oedipus Aegyptiacus stützt sich auf zwanzig Jahre
Studien, wie Kircher im Epilog betont: [...] viginti annorum aestu
perfunctus, portum inquam unicvm voluntatis complementum ingredimur
(S.
588). Das Werk umfasst etwas mehr als 2000 Seiten in drei Bänden, von
denen das Theatrvm Hieroglyphicvm der letzte ist.
Der erste Band bietet eine allgemeine Einführung in Geschichte und Geografie,
Staat und Gesellschaft, Religion und Kulte Altägyptens. Der zweite Band erschien
in zwei Teilen, von denen der erste den Untertitel Gymnasivm Sive
Phrontisterion Hieroglyphicum erhielt, und versteht sich
als Enzyklopädie der verborgenen Weisheit der alten Ägypter, die in zwölf
Abteilungen von Mathematik und Medizin zu Magie und den mystischen Lehren und
vielem anderen mehr erläutert wird. Mit dem Theatrvm
Hieroglyphicvm kündigt Kircher die Deutung der
Hieroglyphen von Obelisken und anderen ägyptischen Altertümern in Rom, Ägypten
und berühmten europäischen Museen an. [E]x omni Orientalium doctrina
& sapientia (Titelblatt)
möchte er die Sinnebenen der Monumente entschlüsseln (sensus mysticus, sensus
mathematicus, sensus hermeticus etc.). Somit können die ersten beiden Bände als
umfassende Vermittlung des Wissens betrachtet werden, das für das Ziel des
dritten Bandes notwendige Voraussetzung ist.
Das Theatrvm Hieroglyphicvm ist wie schon die Magnes
(1641), die Lingua Aegyptiaca Restituta (1643) und
die anderen beiden Bände des Oedipus Aegyptiacus
Kaiser Ferdinand
III. gewidmet, der das Gesamtprojekt mit 3000 Scudi
Druckkostenzuschuss unterstützte. Zusätzlich erhielt jedes der zwanzig
Syntagmata sowie die Anacephaleosis ein bis zwei Widmungsträger, so dass das
Theatrvm Hieroglyphicvm insgesamt 25
Adressaten zählt.
Dem etwa 600 Seiten umfassenden Werk sind vorangestellt: eine Vorrede an
Ferdinand III. mit dem Abdruck des kaiserlichen Wappens, eine Auflistung
von sechs Autoritäten (Aristoteles, Iamblich, Plotin, Simeon Ben Iochai, Mor
Isaic, Abenuaschia) mit ausgewählten Textstellen zur doctrina
hieroglyphica der alten Ägypter, sechs
Grundsätze für die Kunst der Hieroglyphenauslegung sowie ein weiteres
Vorwort
an Ferdinand III.
Es folgen auf etwa 70 Seiten vier Diatribe Praelusoria, die die Hieroglyphen im
Allgemeinen behandeln. Ausgehend von der Wortbedeutung Hieroglyphe als
rei sacrae symbolum saxis insculptum (S. 8) wird
ihre Funktion als Träger verborgener Weisheit erläutert, um sie dann in
Beziehung zu den Schriftzeichen der Chinesen, Brachmanen, Mexikaner und der
Armenier zu setzen. Es folgen die schon aus vorangegangenen ägyptologischen
Werken bekannten Thesen über die Verwandtschaft der Hieroglyphen mit der
koptischen Sprache (Beinlich, S. 87-88): Die
Hieroglyphen und das Koptische seien gleich alte Schriften aus pharaonischer
Zeit; das Griechische sei jünger. Während die Hieroglyphen Symbole seien, die
eine höhere Weisheit verbergen und damit für die Allgemeinheit unzugänglich
machen, sei das Koptische die Volkssprache gewesen. Durch die Erfindung der
Schriftzeichen habe Hermes Trismegistos die reine priesterliche Urweisheit
bewahren wollen, die nach der Sintflut in veränderter und verderbter Form
überliefert und Grundlage anderer Zivilisationen wurde. Die Griechen hätten
neben Wissen und Weisheit auch das Alphabet von den Ägyptern übernommen, das
Cadmus nach Griechenland gebracht habe. Zur Erkenntnis der reinen Weisheit in
den Hieroglyphen sei deshalb der Bezug auf philosophische Traditionen von vor
der biblischen Flut nötig, zu denen Kircher durch seine Kenntnis der
orientalischen Sprachen Zugang hatte. Tatsächlich aber ist das Koptische die
späteste Sprachform des Altägyptischen (Beinlich, S. 87) und damit nicht gleich alt, sondern jünger
als die Hieroglyphen. Die 32 Zeichen umfassende koptische Schrift besteht mit
sechs Ausnahmen aus griechischen Buchstaben, die somit älter und nicht jünger
sind. Bei den Hieroglyphen handelt es sich nicht um eine Symbolschrift, die über
okkulte Philosophien entschlüsselt werden könnte, sondern die Zeichen haben
Lautwert (Beinlich, S. 91). 21 Hieroglyphen erläutert Kircher in
Bezug auf ihre koptischen und griechischen Entsprechungen und interpretiert ihre
symbolische Bedeutung. Dabei werden nicht nur Piktogramme sondern auch die
alphabetischen Zeichen als symbolisch aufgefasst, z.B. stünde das A für Α͗γαθòς
Δαίμων, lat. bonus daemon (S. 50).
Den Hauptteil des Werkes machen zwanzig Syntagmata aus. Jedes widmet sich einem
ägyptischen Altertum bzw. einer Gruppe von ägyptischen Altertümern. An
prominenter erster Stelle as a grandiloquent portal to the third
volume (Stolzenberg, S. 61)
handelt Kircher die berühmte Mensa Isiaca ab, die die gesamte ägyptische
Theologie in sich vereine (Aegyptiacae Theologiae summam
continet, S. 80). Sie
galt zu Kirchers Zeit als verloren und wird heute im Ägyptischen Museum in Turin
aufbewahrt. Es folgen alle Kircher bekannten Obelisken in und außerhalb Roms.
Das Syntagma zum größten Obelisken Roms, dem Obeliscus
Lateranensis, eignet er wiederum Kaiser Ferdinand III. zu. Zuletzt
widmet sich Kircher Mumien,
Kanopengefäßen, Sphingen,
Götterabbildern, Statuen,
Amuletten und sogar Leuchtern.
Viele der Gegenstände, die aus Sammlungen aus ganz Europa stammten, können heute
nicht mehr identifiziert werden und ihr einziger Überlieferungsnachweis findet
sich im Theatrvm Hieroglyphicvm. Andere dagegen
können bis in spätere Zeiten nachverfolgt werden: Die Mumien Pietro della Valles
beispielsweise werden später nach Dresden gelangen und dort Winckelmann
beschäftigen (Nachricht von einer Mumie in dem Königlichen Cabinet der
Alterthümer in Dreßden, 1756).
Das übergeordnete Interesse gilt den hieroglyphischen Inschriften der Gegenstände
und ihrer Interpretation; trotzdem sind auch solche in die Sammlung aufgenommen,
die keine Schriftzeichen tragen, z.B. die Leuchter oder der vatikanische
Obelisk. Kirchers Übersetzungsmethode besteht darin, jede Hieroglyphe als Symbol
zu interpretieren und durch Einfügen von Verben die Symbolwerte zu Sätzen zu
verbinden (Beinlich, S. 91). Dabei liest er von oben nach unten,
statt die Blickrichtung der Zeichen zu berücksichtigen. So beginnt er mit dem
Symbol für die oberste Gottheit und endet mit irdenen Bezügen (Stolzenberg, S. 71). Stolzenberg identifiziert die
neuplatonische Hieroglypheninterpretation des babylonischen Rabbis Barachias
Abenephius als grundlegend für Kirchers Auslegungsverständnis (Stolzenberg, S. 63). Von vielen der Hieroglyphen, die
Kircher für altägyptisch hielt, konnte nachgewiesen werden, dass sie spätere
Imitationen sind (z.B. die der Mensa Isiaca oder des Obeliscus Pamphilus). Die
korrekte Übersetzung einer Inschrift im Exkurs über die Obelisken Roms in den
Res gestae des Ammianus Marcellinus (ca.
330-395 n.Chr.) wies Kircher dagegen als falsch zurück.
Mit enzyklopädischem Vollkommenheitsanspruch versammelt jedes Syntagma
umfangreiche Informationen zu dem jeweiligen Objekt. Den Beginn machen immer die
Herleitung des Namens und die Geschichte des Artefaktes aus. Dazu zählen z.B.
das erste Auftauchen, Wechsel des Besitzers und der aktuelle Besitzer, bei den
Obelisken der Auffindungsort und die Umstände seiner Aufrichtung und auch
Vermutungen über die Provenienz. Bei vielen Gegenständen wird der Nutzen
erläutert, die Obelisken erhalten genauere Beschreibungen, manchmal Maße und
Proportionen oder Angaben zu besonderen Schmuckelementen. Lateinische
Inschriften werden aufgezeichnet und im Zusammenhang ihrer Geschichte erläutert.
Nach einer allgemeinen Inhaltsbeschreibung folgt die Einteilung des
Gegenstandes. Den größten Teil des Textes macht stets die Interpretation der
Altertümer aus, d.h. die Deutung des Gegenstandes und seiner Teile sowie die
Übersetzung der Hieroglyphen im Kontext der prisca sapientia. Dabei wird jede
Figur in ihrer Eigenheit von Kleidung über Gestus und Gegenstände, die sie
trägt, und in ihrer Umgebung berücksichtigt.
Das Werk endet mit der Anacephaleosis, die noch einmal die Lehre und Weisheit
der alten Ägypter, Kirchers Thesen zum Wesen der Hieroglyphen und zuletzt die
Schlüsse aus der Beschäftigung mit der ägyptischen Theologie für die christliche
Religion darstellt, um mit dem Hymnus Mercurji
Trismegisti in Pymandro in Versen auszuklingen. Dem Werk
angehängt sind ein Catalogus
Authorum mit Referenzen auf die verwendeten Autoritäten
und das Inhaltsverzeichnis.
Kontext und Klassifizierung
Der Oedipus Aegyptiacus ist in vielfacher Hinsicht
ein herausragendes Werk: innerhalb von Kirchers Schaffen, innerhalb der
Ägyptologiegeschichte und in Hinblick auf eine universalistische
Welterschließungsmethode für die Wissenschaftsgeschichte. Das
Theatrvm Hieroglyphicvm, das allein schon
als Sammlung altägyptischer Artefakte für das 17. Jahrhundert und darüber hinaus
hervorragt, kann nur als Teil dieses Gesamtwerkes verstanden werden.
Es gab schon vor Kirchers Werk Hieroglyphen- bzw. Obeliskensammlungen und
Deutungsversuche wie Pierio Valerianos Hieroglyphica
(1556), Michele Mercatis De gli obelischi di Roma
(1589) oder den Thesaurus Hieroglyphicorum Herwarts
von Hohenburg (1610). Eine Texttradition oder Werkgruppe von
Hieroglyphentheatern gibt es jedoch nicht. Vielmehr muss man Kirchers
Theatrum im Kontext von Ägyptenrezeption und
der Suche nach einer ursprünglichen überlegenen Weisheit lesen.
Neben der aufblühenden Lektüre von Ägyptenberichten antiker Autoren wie Herodot
oder Diodor und der Neuplatoniker zur mystischen prisca
sapientia wie Iamblich oder Plotin beeinflussten besonders die
Neuentdeckungen des 15. Jahrhunderts das Interesse der gelehrten Welt. Die
beiden wichtigsten sind die Hieroglyphica des
Ägypters Horapollon, die Cristoforo Buondelmonti 1419 von der griechischen Insel
Andros nach Florenz brachte, sowie das Corpus
Hermeticum, das 1460 von Leonardo von Pistoia wiederentdeckt
und dem Hermes Trismegistos zugeschrieben wurde.
Die Hieroglyphica Horapollons stammt etwa aus dem 5.
Jahrhundert – d.h. aus einer Zeit, in der die Hieroglyphenschrift schon seit
zwei Jahrhunderten nicht mehr benutzt wurde – und war als griechische
Übersetzung überliefert. Auf der Rezeption Horapollons beruht die
frühneuzeitliche Interpretation der altägyptischen Schrift als eine symbolische,
deren Bedeutung sich allein aus dem Bildsinn des Dargestellten und
nicht aus dem Bezug auf Sprachlaute ergibt (Jan
Assmann, S. 43). Ebendiese Annahme, die schon in der frühen
Neuzeit vereinzelt angezweifelt wurde und seit dem frühen 19. Jahrhundert
widerlegt ist, ist Grundlage von Kirchers Hieroglypheninterpretation. Er
versteht Hieroglyphen als Symbole, in denen die höhere Weisheit verschlüsselt
ist, um sie vor der Allgemeinheit zu verbergen. HIEROGLYPHICVM […] nihil
aliud est, quàm Rei sacrae symbolum saxis
insculptum. Dicitur Symbolum, vt mysteriosi
sensus ratio indicetur. Dicitur rei sacrae, vt
differentia inter symbola sacra & profana constituatur. (S. 8) Der
zweite der sechs Grundsätze zur Hieroglyphenauslegung am Anfang des Werks, den
Kircher an unzähligen Stellen wiederholt und zu beweisen versucht, lautet:
Hieroglyphica symbola ad exemplar naturae instituta, non literis,
syllabis, vocibus, periodis. sed conceptibus Idealibus latentium mysteriorum
sensus efformant. (S. 4) Unter
Berufung auf Platon und Philo Biblius macht Kircher Hermes Trismegistos als
Urheber der Hieroglyphen und ersten Lehrer der vetusta
sapientia aus, die später auch Moses empfangen habe (S. 9f.).
Das Corpus Hermeticum wurde eben diesem Hermes
Trismegistos zugeschrieben. Mit seiner Entdeckung glaubte man nun, zum einen das
Zeugnis einer vorplatonischen Philosophie wiedergefunden zu haben, zum anderen
hatte man neben der Bibel eine noch ältere Offenbarung, auf die man sich
berufen konnte (Hornung, S. 90). Aus diesem
Grund wurde die griechische Traktatsammlung schon drei Jahre später und noch vor
Platon von Marsilio Ficino ins Lateinische übersetzt. Den bereits 1614
veröffentlichten Nachweis des Protestanten Isaac Casaubon, dass es sich beim
Corpus Hermeticum um ein nachchristliches
Werk handeln muss, übergeht Kircher in seiner Herleitung.
Die Auseinandersetzung des Abendlandes mit Ägypten wurde in verschiedenen
Bereichen sichtbar: so in der Aufrichtung von Obelisken in Rom und der Imitation
ägyptischer Kunst und Schrift. Für Kircher selbst wirkte sich seine Rolle bei
der Aufrichtung des Obeliscus Pamphilus auf seine weitere Karriere aus: 1647
hatte Papst Innozenz X. den Abtransport des an der Via Appia liegenden Obelisken
und seine Aufrichtung auf der Piazza Navona veranlasst. Bernini wurde mit der
Gestaltung des Vierströmebrunnens als Basis des Obelisken betraut, Kircher mit
der Sicherung der ägyptischen Schriftzeichen. Sein Ruf als Kenner der
orientalischen Sprachen hatte ihm zu dem Auftrag verholfen, der diesen wiederum
mehrte: indem Kircher die Hieroglyphen auf der vierten, unten liegenden Seite
des Obelisken voraussagte und diese sich nach der Aufrichtung zum großen Teil
bestätigten. Das lag jedoch weniger an Kirchers Fähigkeit zur Übersetzung als
vielmehr an seiner Fähigkeit, Muster zu erkennen (Beinlich, S. 88). Die
allgemeine Begeisterung für Hieroglyphen bringt Aleida Assmann mit der
Geschichte des Druckes in Verbindung: Durch den spektakuläre[n]
Durchbruch [des geschriebenen Wortes], kam es zugleich zu einer Apotheose
des Bildes (Aleida Assmann, S.
263). Da die Alphabetschrift der Bildlichkeit entbehre, deren Fehlen durch den
mechanischen Druck im Gegensatz zu gestalteten Handschriften noch verstärkt
wurde, stünden ägyptische Hieroglyphen für eine ausgeschlagene und
verlorene kulturelle Option, für die verdrängte Seite der
abendländischen Schriftkultur (ebd., S. 261). Dass die
Faszination mit der Entzifferung der Schriftzeichen nicht erlosch, zeige, dass
es weniger um die Erforschung der Schriftzeichen einer fremden Kultur als
um eine imaginäre Auseinandersetzung mit den Leitbegriffen, Zeichen und
Medien der eigenen Kultur geht (ebd., S. 262).
Kirchers Theatrvm Hieroglyphicvm kann in Hinblick auf
den Texttypus gleichermaßen als didaktische Enzyklopädie und Sammlungskommentar
aufgefasst werden. Der Großteil einer Auflage ging an die Jesuitenkollegs auf
der ganzen Welt und wurde dort zur Unterrichtung der studiosi in der jesuitischen Lehre eingesetzt. Dies wird auch deutlich
durch die Dreiteilung des Werkes in einführende Diatribe, Hauptteil und
rekapitulierende Anacephaleosis. Kirchers Werke hatten also einen
Bildungsauftrag. Im Gegensatz zum Vollkommenheitsanspruch z.B. eines Conrad
Gessner, der alle erreichbaren Informationen zu einem Gegenstand sammelte,
stellte Kircher umfassende Informationen zusammen, die im Dienste seines
Unternehmens standen. Die Wissensordnung erfolgt zunächst thematisch nach
Einteilung der Artefakte in Gruppen und danach nach Wichtigkeit, die sowohl
inhaltlich als auch mathematisch motiviert sein kann, d.h. nach Größe bei den
Obelisken oder Anzahl der Artefakte einer Gruppe. Darum steht die Mensa Isiaca,
die nach Ansicht Kirchers die gesamte ägyptische Theologie vereinigt, an erster
Stelle, gefolgt von den mächtigen Obelisken und abgeschlossen von den kleineren
und weniger häufigen Fundstücken. Die Beschreibungen folgen im Wesentlichen dem
Schema verbum – res – significatio, d.h. Angaben zum
Namen, zum Gegenstand und zu dessen Deutung. Pierio Valeriano hatte seiner
Hieroglyphica die Zugabe commentarius gegeben. Herwarts Thesaurus
Hieroglyphorum kam fast ohne Text aus. Kirchers
Theatrum ist mehr als das, was vor allem
durch das Verhältnis von Text und Bild ins Auge fällt. Sein Werk bildet
tatsächlich existierende Artefakte ab. Es bietet für jeden einzelnen
beschriebenen Gegenstand eine Illustration, wodurch das Werk auf einen
vergleichsweise hohen Bildanteil kommt. Seine Präsentation umfasst zudem
Gegenstände, die sich außerhalb von Rom, ja außerhalb von Europa befinden. Sie
zeigt riesige Obelisken, die niemals in einem Museum ausgestellt werden könnten.
Und sie bringt ägyptische Altertümer in die Gegenwart. Kirchers
Theatrum ist demzufolge eine virtuelle
Sammlung, die Raum und Zeit überwindet. Es ist ein ideales Museum in
publizierter Form, durch das er mit seinen Texten führt. Indem es Objekte und
Wissen sammelt, ordnet, zur Schau stellt und deutet, führt es zur Erkenntnis:
zum Schauen und Erkennen des ἱερός, zur Offenbarung der in den Hieroglyphen
verborgenen Weisheit. In diesem Kontext bedient Kircher sich der Theatrum-Metapher.
Rezeption
Zum Einfluss Kirchers auf die Nachwelt urteilt Schmidt-Biggemann: Seine
Werke, im 17. Jahrhundert wenn nicht vielgelesen, so doch weltbekannt, haben
in den 300 Jahren nach dem Tode des Verfassers kein Rezeptionsglück gehabt;
als Charlatanerien, abenteuerliche Spekulationen, Betrügereien und
Renommisterei sind sie verlacht worden. (ebd., S. 67). Englmann teilt die Rezeptionsgeschichte Kirchers in drei
Phasen von wohlwollend zu seinen Lebzeiten über abgeneigt nach seinem Tod bis zu
seiner Neuentdeckung im 20. Jahrhundert ein (Englmann, S. 170). Die
Ablehnung sieht sie unter anderem im Wandel von Erkenntnisinteressen begründet:
Gesamtschau und Gesamtkonzepte mussten der Spezialisierung weichen,
da in die Tiefe und nicht in die Breite geforscht wurde (ebd.,
S. 171). Kircher, den ein universalistisches Wissenschaftsverständnis (unum in
omnibus et omnia ex uno) leitete, wurde nun von den Teildisziplinen rezipiert
und der Oedipus Aegyptiacus damit zum
kuriose[n] Beitrag zur europäischen Ägyptologie (ebd.,
S. 171). Hinzu sei eine zunehmende Skepsis von katholischer Seite gegenüber
Kirchers ausgeprägtem Einbeziehen von Mystik, Magie und Kabbala in die
christliche Lehre gekommen, dem ein Theologe des 18. Jahrhunderts mit seinem
Frömmigkeitsverständnis nicht mehr zustimmen konnte (ebd.,
S. 174). Emden betont gerade die Bedeutung von Autoren wie Kircher, Ficino oder
Pico della Mirandola, die die christliche Lehre, die jüdische Mystik und die
prisca sapientia zusammenbrachten, für das philosophische und
theologische Bewusstsein des 15. bis 18. Jahrhunderts (Emden, S. 299). Auch Mayer-Deutsch argumentiert: Wäre
Kircher den damals vorhandenen, raren Übersetzungen einiger hieroglyphischer
Dokumente als Königspreisungen gefolgt statt sie als ideale, heilige Symbole
zu verstehen, hätte ihn ein Großteil der Gelehrtengemeinde, welche die
Hieroglyphen im Rahmen der Tradition okkulter Philosophie zu verstehen
suchte, weniger rezipiert. (Mayer-Deutsch, S.
13).
Kircher war im 17. Jahrhundert eine wissenschaftliche Autorität und wie seine
Berufung ans Collegium Romanum zeigt, basierte sein Ruf zum großen Teil auf
seiner Kenntnis orientalischer Sprachen und auf Versuchen, Hieroglyphen zu
entziffern. Natürlich gab es schon zu Lebzeiten nicht nur Zustimmung. Kirchers
Förderer Peiresc kritisierte mehrfach dessen Vorgehen, wies auf Irrtümer hin und
sandte ihm Belege, die von Kircher übergangen oder gezielt abgewiesen wurden
(Peirescs Briefe an Cassiano bei Stolzenberg, S. 64).
Verschiedene Thesen wurden noch zu Kirchers Lebzeiten widerlegt. So wies Andreas
Gryphius Kirchers Behauptung zurück, nach dem Verbot von Kulthandlungen durch
das Herrscheredikt Kambyses II. (im 6. Jahrhundert v. Chr.) seien
Mumifizierungsrituale nicht mehr durchgeführt worden, indem er bei einer
Mumiensektion eben diese nachwies, wie er in seinen Mumiae
Wratislavienses (1662) festhielt. In der Jesuitensatire
Monarchia Solipsorum (1651) des Giulio
Clemente Scotti wird Kircher als circulator Aegyptius zum Gespött der
Anwesenden, als er auf einem Holzkrokodil sitzend über den Mond in Käseform
philosophiert. Trotzdem erschien in der frühen Neuzeit kein Buch über das
Koptische, über Mumien, über Ägypten oder über Hieroglyphen, das sich nicht auf
Kircher bezog.
Allgemein kann durch die Vernetzung des Jesuitenordens von einer weltweiten
Verbreitung des Oedipus Aegyptiacus ausgegangen
werden (Englmann, S. 170). Etwa die Hälfte aller gedruckten
Exemplare wurde an die Jesuitenkollegs überall in der Welt versendet. Ein großer
Teil wurde an die Adelshäuser in Europa, an Gelehrte, Freunde und die Gönner
geschickt. Das Werk erlebte nur eine Auflage und wurde auch nie in eine
Volkssprache übersetzt. Zum einen könnte dies kostentechnische Gründe haben:
Schon die Finanzierung der ersten Auflage war nur durch den hohen Zuschuss
Ferdinands III. möglich, was an dem Umfang und Aufwand des Werkes, der hohen
Zahl an Kupferstichen und Holztafeln und vor allem dem immensen Anteil an
orientalischen Lettern lag, die für dieses Projekt erstmals hergestellt wurden.
Zum anderen stellt sich die Frage, welcher volkssprachliche Leser für ein solch
umfangreiches und kostenintensives Werk zu einer hochgradig gelehrten Thematik
hätte gewonnen werden können. Dies verhinderte allerdings nicht, dass Kirchers
Thesen in volkssprachlichen Schriften rezipiert wurden. Innerhalb der
Mumienthematik, etwa in Erasmus Franciscis literarischer Kuriositätensammlung
Lustige Schau-Bühne von allerhand
Curiositäten (1663-73) oder der
Mumiographia Medica oder Bericht von den Egyptischen
Mumien (1716) des Gothaer Hofapothekers Christian
Hertzog, nehmen Bezüge auf Kircher großen Raum ein.
Der wichtigste Punkt in der Rezeptionsgeschichte des Oedipus
Aegyptiacus nach Kirchers Tod ist, dass die
Hieroglyphenübersetzung von der falschen These ausging, die altägyptischen
Schriftzeichen seien als Symbole zu übersetzen. Denn spätestens seit der
Entzifferung der Hieroglyphen durch Jean-François Champollion 1822 mithilfe des
Steins von Rosette, der ein priesterliches Dekret aus dem Jahre 196 v. Chr. in
demotischer und griechischer Sprache sowie in Hieroglyphen enthielt (Beinlich, S. 85), kann Kirchers Auslegungsmethode als nicht
mehr haltbar gelten. Beinlich würdigt Kirchers
Leistung für den allgemeinen Erkenntnisprozess (ebd.): Seine Arbeiten zur
koptischen Sprache und zur Verwandtschaft des Koptischen mit den Hieroglyphen
dienten Champollion, der daraufhin gezielt das Koptische erlernte, ebenso als
Grundlage seiner Arbeit wie Kirchers vielfältige Sammlung altägyptischer
Originaltexte.
In den letzten Jahren wird Kirchers Theatrvm
Hieroglyphicvm bzw. der Oedipus
Aegyptiacus in der Forschung weniger als das Werk der
misslungenen Hieroglyphenentzifferung in der Ägyptologiegeschichte wahrgenommen,
es wird vielmehr Kirchers Auslegungsmethode im Rahmen seines universalistischen
Wissenschaftsverständnisses als Leistung des 17. Jahrhunderts aus
wissenschaftsgeschichtlicher Perspektive untersucht.
Bibliographische Nachweise und Forschungsliteratur
Aleida Assmann: Alte und neue Voraussetzungen der Hieroglyphen-Faszination, in: Dies., Jan Assmann (Hg.): Hieroglyphen. Stationen einer anderen abendländischen Grammatologie. München 2003, S. 261-280Jan Assmann: Etymographie: Zeichen im Jenseits der Sprache, in: Aleida Assmann, Jan Assmann (Hg.): Hieroglyphen. Stationen einer anderen abendländischen Grammatologie. München 2003, S. 37-64Horst Beinlich: Athanasius Kircher und die Kenntnis vom Alten Ägypten, in: Ders., Christoph Daxelmüller (Hg.): Magie des Wissens. Athanasius Kircher 1602-1680: Universalgelehrter, Sammler, Visionär. Dettelbach 2003, S. 85-98Lucas Burkart: Zwischen neuer Wissenschaft und katholischer Restauration: Athanasius Kircher in Rom (1633-1680), in: Kaspar von Greyerz, Thomas Kaufmann, Kim Siebenhüner, Roberto Zaugg (Hg.): Religion und Naturwissenschaften im 16. und 17. Jahrhundert. Gütersloh 2010, S. 237-256Christian J. Emden: Kulturwissenschaft als Entzifferungsunternehmen. Hieroglyphik, Emblematik und historische Einbildungskraft bei Walter Benjamin, in: Aleida Assmann, Jan Assmann (Hg.): Hieroglyphen. Stationen einer anderen abendländischen Grammatologie. München 2003, S. 297-326Felicia Englmann: Sphärenharmonie und Mikrokosmos. Das politische Denken des Athanasius Kircher (1602-1680). Köln 2006Erik Hornung: Das esoterische Ägypten. Das geheime Wissen der Ägypter und sein Einfluß auf das Abendland. München 1999Herbert Jaumann: Kircher, Athanasius S. J., in: Ders.: Handbuch Gelehrtenkultur der Frühen Neuzeit. Bd. 1: Bio-bibliographisches Repertorium. Berlin, New York 2004, S. 367-369Fritz Krafft: Art. "Athanasius Kircher", in: Neue Deutsche Biographie. Hg. durch die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. 1953ff., Bd. 11 (Berlin 1977), S. 641-645Angela Mayer-Deutsch: Das Museum Kircherianum. Kontemplative Momente, historische Rekonstruktion, Bildrhetorik. Zürich 2010Ingrid Rowland: Athanasius Kircher and the Egyptian Oedipus, in: University of Chicago Library Special Collections Research Center (Hg.): Fathom Archive. Chicago 2004 [online]Wilhelm Schmidt-Biggemann: Hermes Trismegistos, Isis und Osiris in Athanasius Kirchers "Oedipus Aegyptiacus", in: Jan Assmann, Fritz Graf, Tonio Hölscher, Ludwig Koenen, John Schneid (Hg.): Archiv für Religionsgeschichte 3. München 2001, S. 67-88Harald Siebert: Flucht, Aufstieg und die Galilei-Affäre: Drei Jahre im Leben des Athanasius Kircher. Eine Mikrostoria (1631-1633). Norderstedt 2008Daniel Stolzenberg: Antiquity Misread, in: Ders. (Hg.): The great art of knowing: The Baroque Encyclopedia of Athanasius Kircher. Stanford 2001, S. 59-76