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Da
Erschien 1703 beim Ulmer Buchdrucker und Verleger Georg Wilhelm Kühn, dem Erben von
Die konzeptionelle Vorrede An den Hochgeneigten Leser
hebt zunächst allgemein auf
das ‚Immerwährende’ kriegerischer Konflikte ab – und gerade das 17. Jahrhundert
habe in dieser Hinsicht alle vorherigen Epochen überboten, wie
glaubwürdige Federn
bezeugten. Der Herausgeber und Verleger
Georg Wilhelm Kühn deutet hier vor allem den Beginn des spanischen
Erbfolgekrieges (1710-1714) an: Ist jemals von etlich hundert Jahren her
einige Zeit gewesen/ worinnen durch Beläger- und Eroberung mancherley Städt
und Länder/ sich viel und grosse Veränderungen begeben/ der grausame Mars
getobet/ und gantze Provintzien mit Feuer und Blut überschemet hat/ so ist
es leider! mehr als zu bekanter massen/ dieses nunmehr zu End eilende
Jahrhundert/ in welchem gegen dem letzten Decennio, bey wenigen Jahren sich
hero/ sich wieder ein solcher erschrecklicher Krieg in unserm gel.
Vatterlande Teutscher Nationen entsponen/ der auch die Benachbarte mit
begriffen/ und von denen darinn verübten Brand-Thaten so notabel ist/ dass
man dergleichen fast in keinen Historien finden wird/ auch von den
Nachkömlichen kaum geglaubt werden dörffte/ wofern selbige nicht durch
glaubwürdige Federn auffgezeichnet/ auch durch andere bequeme Mittel dem
Gedächtnus curioser Gemüther [...] vorgebildet und einverleibet
würde
(unpag.). Und zu diesem Zweck sei, wie der Vorredner fortfährt, neben
der beschreibenden Leistung des Textes gerade auch die vermittelnde Leistung des
Bildes bestens geeignet – erst das Bild gebe eine eigentliche Vorstellung
der Situation dieses Martialischen Schauplatzes/ welcher jetztmals den schon
in alten Zeiten durch die Römer Blut-befärbten Edlen Rhein/ samt seiner
angränzenden Nachbaren/ und andere/ begreifft und darstellet
. Der
Herausgeber und Verleger hängt das mediale Potential des Bildes sogar noch höher
als das des Textes: Denn während das jüngste Kriegsgeschehen in geographischer
wie historischer Weise schon ausreichend und mit rühmlichem Fleiß
ausgearbeitet
(unpag.) worden sei, könne eine Karte das, was ein Text linear und
erzählerisch entfalten müsse, in seiner Totalität und Überblicksqualität
gleichsam in einem Augenblick [...] praesentiren
(unpag.). Trotzdem bemüht Kühn in werbender Qualität auch die
Autorität des Textes, und zwar jener Quellen, die für sein Werk herangezogen hat
– angemercket ich mich der allerbesten Erd-Beschreiber dabey
bedienet
(unpag.). Bemerkenswert weil selten ist der folgende Zusatz über den
angedachten Rezeptions- bzw. Gebrauchsmodus des Kartenmaterials der
Damit aber diese Carte sowol von verschiedenen
Liebhabern in ihren Cabinetten/ als von denen Hrn. Passagiers auf Raisen
bequem gebraucht werden könne/ so habe dieselbe in 48. Cärtlein vertheilet/
welche entweder hindereinander gebunden/ oder laut Anweisung deß kurtzen
Begriffs mit No. VI. signirt/ nach behöriger Abschneidung der Graden
aneinander gefüget/ und gleichsam zugleich übersehen werden kann
(unpag.). Die Vorrede schließt mit einem Wunsch nach der
lieblichen Friedens-Sonne
(unpag.). Es folgt das
Titelkupfer, das den deutschen Werktitel ins Lateinische übersetzt
(Theatrum Martis
). Anders als im deutschsprachigen Titelblatt
wird hier auch erstmals der Name des Stechers genannt: Joh. Ulrich
Mülleri
. Das ‚theatrale’ Bildprogramm des Titelkupfers, angedeutet
durch einen zurückgezogenen Vorhang, wird zumindest teilweise durch die gereimte
Erklärung des Kupffers
ausgeführt; artikuliert wird ein
starker Friedenswunsch. Auf dem Kupfer ist dementsprechend die erhöht sitzende,
nicht näher bestimmbare Personifikation einer Stadt zu sehen, die zum einen von
der Tandem
(schließlich, endlich) zu lesen ist –
möglicherweise handelt es sich um die Darstellung eines Friedensvertrags. Dem
folgenden Kupfer, einer
kartographischen Gesamtansicht des Rheines und der angrenzenden
Gebiete, kommt wesentlich orientierende und strukturierende Überblicksfunktion
zu. Es ist in 48 Planquadrate unterteilt, deren Ausschnitte die 48 folgenden
Karten im vergrößerten Maßstab in der Art eines Puzzles wiedergeben. Die
Übersichtskarte macht also das synoptisch zugänglich, was die anschließenden
Seiten in Einzelbestandteile zergliedern. Der Titel dieser Übersichtskarte
lautet dementsprechend: Kurtz gefaste Vorstellung Dieser gantzen
Land-Carten
. Auf das Kupfer folgt die Abbildung einer weiteren
Figur: Es ist
Erzbistümer, Bistümer, Föstungen, Stättlein, Fleken, Universitäten,
Schlösser, Clöster, Schanzen
. Die folgenden 48 Einzelkarten
präsentieren sich als schmucklose Sammlung zusammenhängender Landkarten der
Rheinregion. Ihr ikonographisches Programm verzichtet vollständig auf
inszenatorische Elemente; Schlachtenabbildungen oder ähnliches sucht man
vergebens. Wie die knappe, von der Hermesfigur gehaltene Legende bereits
angedeutet hat, kommt der Visualisierung von Festungsbauten
(Föstungen
, Schanzen
) kein höheres Gewicht zu
als der Verzeichnung sonstiger Bauwerke und Landmarken.
Wie kaum ein zweites europäisches Ereignis war der spanische Erbfolgekrieg (1701-1714) an
der Wende zum 18. Jahrhundert ein starker Katalysator für die Produktion vieler Theatra
belli. Im verfügbaren publizistischen Spektrum wurden diese populären
Kriegstheatra in verschiedenen Medientypen publiziert: in seriell-chronikalischer Form, in
Form von Flugschriften oder in Form von lose oder gebundenen Kartenwerken. Die vorliegende