Available at (c) Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Grimmelshausens Werke
Die Digitale Grimmelshausen-Edition ist ein von der
Als Mitbegründer und Koordinator des Projekts sowie als Hauptbearbeiter der Texte bin ich - neben den bereits genannten Personen - folgenden Institutionen und Personen zu Dank verpflichtet:
Der
Unserer Heidelberger Institutssekretärin
Wer über
Die wichtigsten Stationen im Leben
Dritten Materia des
meinem sibenzehenden jährigen
Alter
befunden hätte (EC, 3. Materia, S. 106). Wenn man die Angabe
als autobiographisch versteht und zurückrechnet, kommt man auf das Jahr 1621
oder, wahrscheinlicher, 1622 (vgl. Breuer 1999, 13).
Spätestens seit 1597 war Herrn Johannis
Christoffen Grhsn.-Burger zu Gelnhaußen hinderl. Ehel. Sohn
bezeichnet (zitiert nach Meid 1984, 78).
Im Spätsommer 1634 jedoch veränderte sich
DA es taget / füttert ich mich wieder mit Waitzen / begab mich zum
nächsten auff Gelnhausen / und fande daselbst die Thor offen / welche zum
theil verbrennet / und jedoch noch halber mit Mist verschantzt waren: Jch
gieng hinein / konte aber keines lebendigen Menschen gewahr werden /
hingegen lagen die Gassen hin und her mit Todten überstreut / deren etliche
gantz / etliche aber biß auffs Hemd außgezogen waren. Dieser jämmerliche
Anblick war mir ein erschröcklich Spectacul, massen ihm jederman selbsten
wol einbilden kan / meine Einfalt konte nicht ersinnen / was vor ein Unglück
das Ort in einen solchen Stand gesetzt haben müste. Jch erfuhre aber
ohnlängst hernach / daß die Käiserliche Völcker etliche Weymarische daselbst
überrumpelt. Kaum zween Steinwürff weit kam ich in die Statt / als ich mich
derselben schon satt gesehen hatte / derowegen kehrete ich wieder umb /
gieng durch die Au neben hin / und kam auff ein gänge Landstraß / die mich
vor die herrliche Vestung Hanau trug
(ST, S. 64 f.).
Im Gegensatz zu seinem Romanhelden war der etwa zwölfjährige
Was mit
In dieser Zeit lernte
Im Juli 1649 endete
Nur eine Woche nach der Hochzeit, am 7. September 1649, begann
, um seine
mittlerweile siebenköpfige Familie ernähren zu können.
In dieser Zeit war an eine literarische oder gar gelehrte akademische Tätigkeit
gar nicht zu denken. Dennoch muss er bereits in diesen Jahren jede freie Minute,
die ihm seine Verwaltungstätigkeit, die mit vielen zeitraubenden Reisen in der
Umgebung verbunden war, seine Tätigkeit als Gastwirt und seine Verantwortung als
Familienoberhaupt ließen, mit Lesen und Exzerpieren verbracht haben, um die
Grundlagen für seine späteren literarischen Werke zu schaffen. Seine durch den
Krieg abgebrochene Schulausbildung und die fehlende universitäre Laufbahn
ersetzte er autodidaktisch durch ungeheuren Fleiß und Hartnäckigkeit. Nur so ist
es zu erklären, dass
Am 7. September 1660, also genau elf Jahre nach dem Beginn seiner Tätigkeit als
Schaffner, wurde
Erst zwei Jahre später, im Oktober 1662, fand
Bis 1667 betrieb
,
bevor er sich erfolgreich um die Stelle des Schultheißen zu
Gerade die Funktion als Mittler zwischen Obrigkeit und Volk brachte einem
Geflecht sozialer Abhängigkeit und gesellschaftlicher Hierarchien
(Meid
1984, 80), denn obwohl er sich für die Untertanen einsetzte, war er diesen
gegenüber doch ein Vertreter der Obrigkeit.
Der Konflikt zwischen dem Reich und den Franzosen sowie dem Straßburger Bischof
spitzte sich immer weiter zu (für Details vgl. Boehnke/Sarkowicz 2011,
441–448), so dass
Obiit in Domino Honestus et magno ingenio et eruditione Johannes
Christophorus von
Es verstarb im Herrn der ehrenwerte Johannes Christoph von
(zitiert und Übersetzung nach Breuer 1999,
16).
Zumindest im Tode erhielt er also die Anerkennung als Gelehrter, die ihm zu Lebzeiten versagt geblieben war.
Das Gesamtwerk
Zu den zehn Romanen sind zum einen der simplicianische Zyklus (
Der
Die kürzeren Satiren umfassen eine Reihe verschiedenster Schriften mit
satirischem Gehalt, der sich in unterschiedlichen Textsorten äußert. Es gibt ein
Gesprächsspiel, das nach dem Vorbild von
Die Traktate sind der gottlosen
Machiavellismus abgrenzt, und
der
Das Werk
Autordiskurs beschrieben werden kann (vgl. zu diesem Abschnitt
ausführlich Rosenberger in Vorber.).
Diskurse lassen sich als eine Anzahl von Texten beschreiben, die in thematischer und semantischer Beziehung zueinander stehen. Sie entstehen nicht per se, sondern sie werden vom Diskursanalytiker als solche konstituiert, indem dieser sein Untersuchungskorpus zusammenstellt und bestimmte Texte als zum Korpus gehörig und andere als nicht zum Korpus gehörig erklärt und zudem plausibel macht, welche Texte er aus welchen Gründen (arbeitsökonomische, sprachliche usw.) nicht in sein Korpus aufgenommen hat, obwohl sie hätten dazugehören können. Mit anderen Worten: Ein Einzeltext ist nicht aus sich heraus eine Konstituente eines bestimmten Diskurses, sondern er wird durch den Diskursanalytiker zu einer gemacht, was dieser durch plausible Gründe rechtfertigen muss (angesichts der vielfältigen Literatur zur Diskursanalyse, deren Auflistung den Rahmen sprengen würde, sei hier nur auf eine einführende Darstellung in die linguistische Diskursanalyse verwiesen: Spitzmüller/Warnke 2011; dort weitere Literatur).
Ein Sonderfall des Diskurses ist der Autordiskurs. Während Diskurse normalerweise durch ihre Vielstimmigkeit geprägt sind, d. h. durch viele verschiedene Autoren mit unterschiedlichen Meinungen, Weltanschauungen, Kommunikations- und Wirkungsabsichten usw. konstituiert werden, wird der Autordiskurs von einem einzigen Autor geschaffen. Dieser legt die verschiedenen von ihm produzierten Einzeltexte bewusst diskursiv an, d. h. er stellt Beziehungen her, durch die die Einzeltexte aufeinander verweisen. Der Autordiskurs bildet somit einen vom Autor als solchen intendierten Mikrokosmos, der durch das Beziehungsgeflecht zwischen den einzelnen Texten entsteht.
Um diesen Sachverhalt deutlicher zu machen, sei zunächst einmal der Autordiskurs von andern Formen der Beziehungen zwischen Einzeltexten ein und desselben Autors abgegrenzt.
Der Autordiskurs beschränkt sich nicht auf bloße Motivgleichheit zwischen
einzelnen Texten eines Autors. In verschiedenen Romanen und Erzählungen
Ebenso wenig ist darunter die explizite Bezugnahme eines Textes auf andere zu
verstehen. So ist etwa Autordiskurs zu
sprechen.
Der Autordiskurs ist zudem kein in sich geschlossener Zyklus wie
Alle diese Merkmale sind in
Insgesamt sind mindestens sieben verschiedene diskurskonnektive Elemente zu unterscheiden (wobei davon auszugehen ist, dass die Liste erweiterbar ist). Diese sind:
a) Autorpseudonyme
b) Fiktive Verfasserschaft
c) Figuren
d) Perspektivität
e) Motive
f) Diskurstranszendente Intertextualität
g) Diskursimmanente Intertextualität
Autorpseudonyme: Nur drei Texte (die beiden historischen
Legendenromane Christoffel von Grimmelshausen:
Nun stellt sich die Frage, warum
Hochgeehrter großgünstiger lieber Leser / etc. dieser
(Cont, fol. G
10r).Samuel Greifnson vom Hirschfeld / massen ich nicht allein dieses
nach seinem Absterben unter seinen hinderlassenen Schrifften gefunden /
sonder er bezeugt sich auch selbst in diesem Buch auff den German Schleifheim von Sulsfort an dessen statt auff
den Titul gesetzt / ist mir unwissent; sonsten hat er noch mehr feine Satyrische Gedichte hinderlassen / welche / wann diß
Werck beliebt wird / wol auch durch den Truck an Tag gegeben werden köndten;
so ich dem Leser zur Nachricht nicht verbergen wollen; diesen Schluß habe
ich nicht hinderhalten mögen weil er die erste fünff Theil bereits bey
seinen Lebzeiten in Truck gegeben. Der Leser leb wol. dat.
Rheinnec den 22. Apprilis Anno 1668. H. J.
C. V. G. P. zu Cernhein
Die Abkürzung in der Unterschrift ist unschwer als Hans Jacob
Christoffel von Grimmelshausen, Praetor (= Schultheiß)
Auf diesem hier nicht vollständig nachvollzogenen Pfad lassen sich die
Autorpseudonyme systematisch auflösen. Die Spuren, die zur Entschlüsselung der
Anagramme führen, hat
Fiktive Verfasserschaft: Wie bereits erwähnt, publizierte
Erstens wird er selbst als Schriftsteller tätig. Am Ende der
Endlich fandt ich / daß ich Praesilien Safft deren es vnderschiedliche
Gattung auff dieser Jnsul gibt / wann solche mit Citronen-Safft vermischt
werden / gar wol auff eine Art grosser Palmblätter zuschreiben seye /
welches mich höchlich erfreute / weil ich nunmehr ordenliche Gebett
(Cont, fol. F 9r).concipirn und auffschreiben kondte; zuletzt als ich
mit hertzlicher Reu meinen gantzen geführten Lebens-Lauff betrachtete / und
meine Bubenstück die ich von Jugend auff begangen / mir selbsten vor Augen
stellte / und zu Gemüth führete / daß gleichwohl der barmhertzige GOtt
unangesehen aller solchen groben Sünden / mich bißher nit allein vor der
ewigen Verdambnuß bewahrt / […] beschriebe ich alles was mir noch
eingefallen / in dieses Buch so ich von obgemelten Blättern gemacht
Nach eigener Aussage begann er jedoch schon früher zu schreiben: An verschiedenen
Stellen des Schwartz und
Weiß) und des
JN meinem Gäns-Stall
(ST, S. 122).concipirte ich / was beydes
vom Tantzen und Sauffen ich im ersten Theil meines Schwartz und Weiß
hiebevor geschrieben
Jn Summa / es ist nicht außzusprechen / was das liebe Geld vermag / wie
ich dann hiebevor in meinem Schwartz und Weiß etwas darvon geschrieben /
wenn mans nur recht zu brauchen und anzulegen weiß
(ST, S. 324).
Jch gieng offt zum ältesten Pfarrer derselbigen Statt / als der mir auß
seiner
(ST, S. 352 f.).Bibliothec viel Bücher lehnete / und wenn ich
ihm eins wieder brachte / so discurirte er von
allerhand Sachen mit mir / dann wir accommodirten uns
so miteinander / daß einer den andern gern leiden mochte: Als nun nicht nur
die Martins-Gäns und Metzelsuppen hin und wieder / sondern auch die H.
Weyhnacht-Feyertäge vorbey waren / verehrte ich ihm eine Flaschen voll
Straßburger Brandtewein zum Neuen Jahr […] und kam darauff hin ihn zu
besuchen / als er eben in meinem Joseph lase / welchen ihm mein Wirth ohne
mein Wissen geliehen hatte: Jch entfärbte mich / daß einem solchen gelehrten
Mann meine Arbeit in die Hände kommen solte / sonderlich weil man darvor
hält / daß einer am besten auß seinen Schrifften erkennet werde; Er aber
machte mich zu ihm sitzen / und lobte zwar meine Invention, schalte aber / daß ich mich so lang in der Seliche (die Potiphars Weib gewesen) Liebes-Händeln
hätte auffgehalten; Wessen das Hertz voll ist / gehet der Mund über / sagte
er ferners / wenn der Herr nicht selbsten wüste wie einem Buler umbs Hertz
ist / so hätte er dieses Weibs Passiones nicht so wol
außführen / oder vor Augen stellen können: Jch antwortet / was ich
geschrieben hätte / das wäre mein eigene Erfindung nicht / sondern hätte es
auß andern Büchern extrahirt / mich umb etwas im
Schreiben zu üben
Zweitens ist
MEin liebes Kind: Wann du über kurtz oder lang nach meinem Hintritt über
diesen Calender kommst / so sey ermahnet / daß ich ihn allein vor dich / und
zwar mir und dir zu Nutz geschrieben; Mir / daß ich in so langweiliger Zeit
auf meinen solchen einzelen Bauern-Hof den Müssiggang vermitten / und die
Wunder Gottes desto besser betrachtet; dir aber / daß du ihn auch zu
müssigen Zeiten gebrauchen sollest / in Durchlesung desselben deinen
Verstand zu üben und aufzumuntern
(EC, Vorrede, S. 3).
Beide Texte wurden zur Ermahnung und Erbauung des jungen durch den alten Jch habe diese schöne Histori erst neulich zu
meiner Zeitvertreibung mit allen ihren Umbständen zu Papier gebracht / und
werde sie villeicht der gantzen Welt durch den Edlen Truck gemein
machen
(RP, 86).
Schließlich taucht
Die fiktiven Verfasser stehen in einem äußerst komplexen und in sich
widersprüchlichen Verhältnis zueinander (vgl. dazu Rosenberger in Vorber.). So
entsteht an manchen Stellen der Eindruck, realer
zu sein als die historische Person
Figuren: Auch durch die Figuren entsteht Diskurskohärenz,
denn eine nicht unerhebliche Anzahl an Personen tritt in zwei oder mehr Texten
auf oder wird zumindest erwähnt. Dies ist insbesondere bei
Auch andere Figuren treten in mehreren Texten auf, als Haupt- und als Nebenfigur,
doch nicht so omnipräsent sind wie
Eine solche Häufung von Figuren, die mehrfach in verschiedenen Texten ein und desselben Autors auftreten, spricht für absichtlich herbeigeführte Diskurskohärenz. Insbesondere der simplicianische Zyklus weist eine hohe Dichte an immer wiederkehrenden Figuren auf. So kann man sagen, dass die Figuren als diskurskonnektive Elemente fungieren.
Perspektivität: Eine grundlegende Eigenschaft von Diskursen
ist die Multiperspektivität, die Vielstimmigkeit konträrer Meinungen. In den
Diskursen finden Aushandlungsprozesse statt, in denen verschiedenste Positionen
aufeinanderprallen; diese enden im Konsens oder im Dissens. Diese Eigenschaft
erfüllt auch
Verschiedene Ereignisse werden bei dem Simplicissimo zu Trutz
aufschreibt und im 24. Kapitel der
objektive
Schilderung der Begegnung gibt es nicht, es ist Sache des Lesers zu entscheiden,
welcher Darstellung er mehr Glauben schenkt. Der Streit wird auf literarischer
Ebene ausgetragen, die Schilderung des
Dieser Streit zwischen
Motive: Der Autordiskurs konstituiert sich auch durch ein
dichtes Netz von Motiven, Metaphern und Gedankenfiguren. Konstanten in
Dieses Geflecht von Themen, Motiven und Gedankenfiguren wirkt diskurskonnektiv, weil diese sich stets aufeinander beziehen lassen, einander bestätigen oder auch in Frage stellen. Auf diese Weise tragen sie auch zur Multiperspektivität bei und fungieren somit als diskurskonnektive Mittel.
Diskurstranszendente Intertextualität: Unter dem Terminus
diskurstranszendente Intertextualität wird solche
Intertextualität gefasst, die über den Autordiskurs hinausverweist.
ein rätselhafter Bilderbogen, der durch die dissonante Welt des 17.
Jahrhunderts führte, ein Narren- und Satyrspiel, das sich zwischen
abgründiger Chaotik und Heilsgeschichte bewegte, und schließlich das Produkt
einer Erzählkunst, die man angesichts ihrer wuchernden
alchimistisch-astrologischen, mythologischen, biblischen, emblematischen und
allegorischen
(Schmitt 1993, 69).Intertexte
mit einem Begriff Michail Bachtins als
polyphon
bezeichnen könnte
Auf diese Weise reiht sich
Die transdiskursive Intertextualität kann auch für innerdiskursive Kohärenz
sorgen, indem verschiedene Texte gemeinsam auf dieselben externen Quellen oder
Konzepte Bezug nehmen. So wird etwa in vier verschiedenen Texten das politische
Konzept des Machiavellismus auf argumentativer Ebene diskutiert oder auf
narrativer Ebene dargestellt, nämlich einerseits im zum Netzwerk
verknüpftes Agglomerat von Büchern, die durch eine bestimmte oder
unbestimmte Anzahl von Verweisen auf jeweils andere Bücher miteinander
verflochten sind
(Schmitt 1993, 73). So gesehen sind
aus Literatur gemachte [...]
Literatur
(ebd.).
Diskursimmanente Intertextualität: Im Gegensatz zur
transdiskursiven Intertextualität beschränkt sich die diskursimmanente
Intertextualität auf den Autordiskurs. Dieses diskurskonnektive Mittel hat
insofern einen etwas anderen Charakter, als es alle bisher beschriebenen
diskurskonnektiven Mittel mit einbezieht. Sie ist somit einerseits den anderen
übergeordnet, ihnen andererseits aber auch nebengeordnet, da sich auch
Intertextualität nachweisen lässt, die nicht ohne Weiteres unter eine der
anderen sechs Kategorien gefasst werden kann. Diese Intertextualität besteht vor
allem in impliziten und expliziten Querverweisen in Gibt mich dannoch nicht Wunder / daß
der alte
(WV
I, S. 105). Mit der Literaturkritik des
Mehr Interpretation erfordern die impliziten Verweise, auch wenn einige von ihnen
offensichtlicher sind als andere. Zu den offensichtlichen Verweisen gehört z. B.
Er antwortet ach die Blut Hex! schlag sie der
Donner; lebt das Teuffelsvihe noch? es ist kein leichtfertigere Bestia seit
Erschaffung der Welt von der lieben Sonnen niemahl beschienen
worden!
(Spr, S. 43). Wer die mein hochgeehrter Herr wird sich bald müd gehört haben /
dann dies ist eben die jenige deren er im sechsten Capitul des fünfften
Buchs seiner Lebens-Beschreibung selbst gedacht hat
(ebd., S.
45).
Deutlich subtiler ist eine andere Form intertextueller Verweise. In der kurzen
Inhaltsangabe des einfältig erzehlt
werde (KJ, S. 2). Das Adverb
einfältig ist das deutsche Heteronym zum lateinischen
simplex und verweist direkt auf
Im Hier redet Joseph ohne Zweiffel von
Christo / dem allgemeinen Heiland / und verstehet durch die heilige
Geheimnüß nichts anders / als die Göttliche
(M, S. 67 f.).
Hier wird möglicherweise auf das vierte Kapitel des Cabalam,
von deren und der verworffenen Cabala ich vielleicht
an einem andern Ort zu schreiben Ursach haben werde
Im 9. Kapitel des
Der
(TM, S.
85).Autor des pag. 72. eine Histori
von einen Bauern / der ebenmässig ein dergleichen Sprichwort an sich gehabt
/ der aber hingegen seinen Renntmeister damit beschlagen gleichwie diser
König obgemelten Stattschreiber abgefertigt; vnd weil sie sich hieher
schickt / will ich sie auch von Wort zu Wort hieher setzen
In der Vorrede zu simplicianischer
Zyklus zu verstehen seien und so diese Romane eng miteinander
zusammenhingen, so eng, dass die einzelnen Bücher nur im Zusammenhang
verständlich seien:
Sonsten wäre dieses billich das zehende Theil oder Buch deß
(WV II, S. 20).part deß Simplicianischen
Schrifften aneinander hängt / und weder der gantze Tractätlein allein ohne solche Zusammenfügung
genugsam verstanden werden mag
Die hier vorgestellte Typologie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder
Exhaustivität. Sie soll lediglich die auffälligsten Mittel der Herstellung von
Konnexion im Autordiskurs
Die Erarbeitung der Edition wird in drei Schritten vollzogen (vgl. dazu
prinzipiell Bär et al.
2010 und Rosenberger 2012): Im
ersten Schritt wurden die Textgrundlagen in Form von digitalen Faksimiles
beschafft. Textgrundlage sind, der gängigen Praxis der
Grimmelshausen-Philologie folgend, stets die Erstdrucke, da die späteren
Drucke zahlreiche sprachliche und z. T. auch inhaltliche Überarbeitungen
aufweisen, für die
Auf der Grundlage dieser Faksimiles wurden durch Abtippen Volltexte erstellt. Dabei wurden einige prinzipielle Änderungen im Schriftfbild vorgenommen, v. a. die Umstellung von Fraktur auf Antiqua, bzw., bei fremdsprachigen Ausdrücken und Passagen, von Antiqua auf Kursive. Bei der graphischen Gestaltung der Edition wird außerdem darauf verzichtet, die verschiedenen 'r'- und 's'-Varianten abzubilden, ebenso auf die Wiedergabe des überschriebenen 'e' bei Umlauten und andere für die Schriftlichkeit der Zeit spezifische Zeichen wie Ligaturen; Abkürzungen wie z. B. Nasalstriche wurden aufgelöst. Dies ist der besseren Handhabbarkeit bei der elektronischen Datenverarbeitung geschuldet, da etwa der Aufwand, den die Codierung des überschriebenen 'e' erfordert, durch den Ertrag unseres Erachtens nicht gerechtfertigt würde.
Im zweiten Schritt wurden Abschreibfehler in den Volltexten ausgebessert und Druckfehler im Faksimile markiert (vgl. dazu unten, 4.8). Anschließend werden die Texte nach den in Abschnitt 4 beschriebenen Richtlinien annotiert, d. h. unter der Textoberfläche mit Lemmata und linguistischen Kommentaren angereichert. Die fertige Annotation wurde abschließend noch einmal kritisch durchgesehen, um Annotationsfehler und Unregelmäßigkeiten zu korrigieren.
Im dritten Schritt schließlich wurden die annotierten Texte auf dem Server
der
In dieser Edition werden alle in Breuer 1999 behandelten Texte
berücksichtigt. Inzwischen ist die Autorschaft
Die beiden Texte Autordiskurs
beschrieben wurden, einfügen lassen, in die Edition aufgenommen. Dies
erfolgt nicht nur deshalb, weil die Autorschaft
Anders ist der Fall bei den Kalenderschriften gelagert. Die Frage nach der
Verfasserschaft
Es erscheint uns, den Herausgebern, jedoch fragwürdig, Texte, bei denen die
Verfasserschaft
In Falle von
Auf diese Weise kommt die Edition auf insgesamt 22 Einzeltexte. Dabei ist
anzumerken, dass die
Insgesamt wurden ca. 4800 Faksimileseiten (das entspricht ca. 800 000 Ausdruckseinheiten (token)) in die elektronische Edition aufgenommen.
Diese elektronische Edition ermöglicht eine schnelle und zuverlässige Volltextrecherche, wobei die Suchmaschine nach Eingabe eines Stichworts alle Belege für dieses Stichwort im vorher festgelegten Suchrahmen samt seiner syntagmatischen Umgebung anzeigt. Auf diese Weise können Forscher verschiedener Disziplinen je nach ihrem Interesse und ihren Fragestellungen semantische Zusammenhänge, Kollokationen, Motivzusammenhänge, Schreib- und Darstellungsvarianten usw. mit relativ wenig Aufwand untersuchen. Per Mausklick ist es möglich, Transkription und Faksimile nebeneinanderzulegen und zu vergleichen. Angaben zur syntaktischen Funktion von Hilfsverben, Artikeln und Pronomen sowie zur Herkunft von Fremdwörtern oder zu nicht mehr gebräuchlichen oder okkasionellen Wörtern erleichtern das Textverständnis auf der rein sprachlichen Ebene und können zudem als Ausgangspunkt für weiterreichende Untersuchungen dienen.
Damit elektronische Editionen diesen Anforderungen gerecht werden können,
müssen die Texte vorher annotiert werden. Dies geschieht durch Anreicherung
und Codierung der Texte durch Attribute und Kommentare, die es der Maschine
ermöglichen, die Texte in einer der Fragestellung des Benutzers angemessenen
Weise darzustellen. Im Falle der Digitalen Grimmelshausen-Edition erfolgt
die Annotation durch die Text Encoding Initiative
(TEI) in XML. Um
eine den oben formulierten Zielen der Edition angemessene und in sich
einheitliche Annotation gewährleisten zu können, wurden auf das Korpus
zugeschnittene Standards entwickelt. Die zentralen Annotationsrichtlinien
sollen im Folgenden vorgestellt werden (vgl. zum gesamten folgenden auch
Rosenberger 2012).
Aus linguistischer Sicht sind mehrere Typen der Annotation möglich:
Eine morphologische Annotation ist für eine elektronische Edition wenig sinnvoll, weil hier nur die Interessen eines sehr engen Kreises potentieller Benutzer wahrgenommen und die Bedürfnisse des anvisierten Benutzerkreises ignoriert würden. Semantische oder syntaktische Annotationen wären mit einem enormen theoretischen und zeitlichen Aufwand verbunden gewesen, der weder durch die Ressourcen des Projekts noch durch den Nutzen für die Benutzer gerechtfertigt wäre: Man hätte nämlich zunächst auf der Grundlage einer bestimmten, noch zu erarbeitenden grammatischen bzw. semantischen Theorie komplexe Annotationsrichtlinien entwerfen müssen, um alle in den Texten vorkommenden grammatischen Funktionen und semantischen Relationen abbilden zu können. Ein solches Vorgehen ist nur für entsprechende Fragestellungen und Forschungsinteressen sinnvoll. Diese Edition richtet sich jedoch an einen allgemeinen, möglichst wenig spezialisierten Benutzerkreis, d. h. sie soll Literaturwissenschaftler ebenso ansprechen wie Linguisten, Historiker oder Soziologen. Dies kann sie nur, wenn die Daten möglichst wenig vorstrukturiert werden. Genau dies geschähe aber, wenn man etwa die syntaktische Funktion von Partikeln in der Edition vorgeben würde. Vielmehr soll die Edition als Basis für weitergehende Forschungen dienen. Aus diesem Grund sind wir davon überzeugt, dass die lexikalische Annotation der für die Zwecke dieser Edition angemessene Typ ist. Bei diesem Typ werden Worteinheiten, gelegentlich auch semantische Einheiten (vgl. unten, 4.9.), einzeln annotiert, was am stärksten den Ziel einer Edition, die Volltextrecherchen ermöglichen soll, entspricht.
Das Kernstück der lexikalischen Annotation ist die Lemmatisierung. Die
älteren Sprachstadien des Deutschen zeichnen sich durch eine enorme
Vielfalt an graphischer, flexions- und wortbildungsmorphologischer
Varianz aus. So listet abkommen 25 Varianten auf, darunter abe qwam, abkomen, afkompt, abkumben oder afqueme (Reichmann
1989, 64).
Eine solche Varianz ist für und, vnd, unnd,
vnndt für das Lexem und. Hinzu kommt die Flexion der Verben, Substantive,
Adjektive, Artikel und Pronomina. Diese Vielzahl an Schreibvarianten und
Flexionsformen muss für die Annotation vereinheitlicht werden, damit
durch einen Suchbefehl tatsächlich alle Belege für ein Lexem unabhängig
von seiner graphischen Gestalt oder der Flexionsform gefunden werden
können. Hierfür wurde der Begriff des Lemmas, ursprünglich aus der
Lexikographie stammend, adaptiert. Das Lemma ist eine vom Belegmaterial
abstrahierte, auf Konventionen beruhende konstruierte Flexions- und
Schreibform eines Wortes, die als Stichwort in einem Wörterbuch oder
Lexikon dient und dem Benutzer die Auffindung erleichtert. Im Folgenden
soll in der Digitalen Grimmelshausen-Edition angewandte
Lemmatisierungspraxis vorgestellt werden.
Wie in der Lexikographie wird auch bei der Annotation digitaler Korpora die Varianz der Schreib- und Flexionsformen auf eine einheitliche Basisform, das Lemma, zurückgeführt. Das Lemma ist, wie in der Lexikographie, eine möglichst unmarkierte Form. Dabei folgen wir den in der deutschsprachigen Lexikographie etablierten Konventionen der Lemmatisierung, d. h. es werden für die einzelnen Wortarten spezifische Lemmaformen angesetzt. Diese sind:
typischeSchreibung als Grundlage für die Lemmatisierung in der Digitalen Grimmelshausen-Edition ansetzen. Diese Möglichkeit bietet sich aber aus mehreren Gründen nicht an. Erstens kann von einer
typischenSchreibung bei
Aufgrund dieser Regeln werden die Lemmaformen angesetzt. Die Lemmatisierung wird wie folgt kodiert:
Bevor ein Einzelwort lemmatisiert werden kann, muss es zunächst als zu dieser Lemmaform gehörig identifiziert werden. Dies ist in den allermeisten Fällen unproblematisch. In seltenen Fällen bedarf es aber einiges philologischen Scharfsinns und der Hilfe früherer Editionen und Arbeiten, um schwierige Textstellen zu entschlüsseln (vgl. dazu Rosenberger 2012, 348-350).
Die Satzzeichen, die in
<p><pc>/</pc></p> <p><pc>.</pc></p>
Seitenwechsel werden mit dem Tag <pb> (page break) annotiert. Das Attribut @facs (facsimile) gibt die URL an, unter der das entsprechende Faksimile zu finden ist. Es kann per Mausklick aufgerufen und auf den Bildschirm neben den Volltext gelegt werden. Das Attribut @n (number) gibt die Seitenzahl an. Im folgenden Beispiel wird auch gezeigt, wie mit Worttrennungen bei Seitenumbrüchen verfahren wird:
<w lemma="wenig">we<pb facs="1336382" n="193"/>nig</w>
Zahlen werden wie Wörter annotiert und mit dem Attribut @type versehen:
<w type="num">1000.</w>
Darüber hinaus werden auch die astrologischen Zeichen und die Tabellen im
<figure><p>♈</p><figDesc>Widder</figDesc></figure>
Als Beispiel für die Kodierung der Tabellen dient die Tafel der Mansiones auf S. 177 im
<table rend="boxed" rows="31" cols="13">...</table>
Dies bedeutet: Die Tabelle ist in einzelne Kästchen unterteilt und enthält 31 Zeilen und 13 Spalten.
Danach werden die einzelnen Zeilen von links nach rechts und von oben nach unten kodiert, so dass das Kästchen links oben das erste und das Kästchen rechts unten das letzte ist:
Die Lemmatisierung der Wörter ist die Grundlage der lexikalischen
Annotation. In der Digitalen Grimmelshausen-Edition werden darüber
hinaus auch in eingeschränkter Weise syntaktische Funktionen kodiert.
Dies ist aufgrund der Häufigkeit bestimmter Homonyme notwendig. So
können die Verben haben, sein und werden sowohl als Vollverben
mit lexikalischer Bedeutung oder als Hilfsverben mit syntaktischer
Funktion (zur Anzeige des Tempus, Modus oder Genus verbi) gebraucht
werden. Wörter wie der/die/das oder sein/ihr können als Artikel oder als Pronomen
gebraucht werden. Für die Annotation wird das Attribut @function
angewandt, für den Artikel wird das Kürzel 'Art', für das Pronomen
'Pron' verwendet. Die Kodierung sieht dann so aus:
<w lemma="der" function="Art">den</w>
<w lemma="ich" function="Pron">mich</w>
Die Entscheidung, ob ein Artikel oder ein Pronomen vorliegt, wird grundsätzlich auf Parole-Ebene, getroffen d. h. anhand der jeweils konkreten Funktion im Satz, die das betreffende Wort einnimmt.
Die syntaktische Annotation betrifft auch der Sonderfall des teilbaren Verbs bzw. Partikelverbs, das im Deutschen keineswegs selten ist. Dabei wird die Verbform lemmatisiert, die zugehörige abgetrennte Partikel wird mit dem Attribut @corresp (correspondence) versehen:
<w lemma="aufhalten">hielte</w> er sich gar nicht <w corresp="aufhalten">auff</w>
Fiktive und historische Eigennamen werden eigens annotiert. Diese werden
in den Tag <rs> (referencing string) gesetzt. In das Attribut @ref
(reference) wird die Nennform des Namens gesetzt; die Namen werden hier
wie die übrigen Wörter behandelt. Zur Identifizierung der Namensform
dient das Zeichen #. Durch das Attribut @type werden drei Typen von
Eigennamen unterschieden: Personennamen (Kürzel 'person'), Orts-,
Landschafts- und Gewässernamen (Kürzel 'place') und Bezeichnungen von
Institutionen, etwa Staatskonstrukte wie die Spanischen
Niederlande
(Kürzel 'corporate'):
<rs ref="#Hans" type="person">Hanns</rs>
<rs ref="#Venedig" type="place">Venedig</rs>
<rs ref="#Zum_Rappen" type="corporate">zum
Rappen</rs> (Gasthaus in
Als Sonderform des Eigennamens können Buchtitel angesehen werden. Sie werden zunächst in die Tags <bibl> (bibliography) und <ref> (reference) gesetzt. Der Tag <bibl> zeigt an, dass es sich um eine bibliographische Angabe handelt, der Tag <ref> gibt durch das Attribut @target nähere Angaben, anhand derer der Titel identifiziert werden kann:
<bibl><ref type="bibliography" target="#Der_keusche_Joseph">Joseph</ref></bibl>
In ausgebauter Form können auch Angaben zum Autor gemacht werden:
<bibl xml:id="Der_keusche_Joseph"><author>Hans
Jacob Christoffel von
Diesem Umstand wird in der Edition Rechnung getragen. Wenn der Verdacht
besteht, dass ein Wort heute nicht mehr gebräuchlich ist, wird dies
anhand der üblichen Wörterbücher zur deutschen Gegenwartssprache
(ausgestorben
. Ein Beispiel
hierfür ist das von derohalben.
Als Romancier und Satiriker verwendete Ehebieger. Um festzustellen, ob es sich wirklich um einen
Okkasionalismus handelt, empfiehlt es sich, das Ehebieger ist dort nicht gebucht, was vermuten
lässt, dass es sich in der Tat um eine einmalige Bildung handelt. Meist
handelt es sich bei diesen Wörtern um Hapaxlegomena.
Ausgestorbene Wörter und Okkasionalismen werden in der Digitalen
Grimmelshausen-Edition in gleicher Weise behandelt. Beide werden wie
oben beschrieben lemmatisiert. Die Schreibung des Lemmas richtet sich
nach den heute geltenden Rechtschreibregeln, aus denen abgeleitet werden
kann, wie das jeweilige Wort heute geschrieben würde. Danach werden die
Wörter mit dem Tag <index> versehen, im Attribut @indexName wird
angegeben, dass es sich um ein ausgestorbenes oder okkasionelles
Wort
(aow) handelt. Im Tag <term> schließlich wird die
Schreibform des Wortes noch einmal wiedergegeben. Alle auf diese Weise
indizierten Wörter werden in einer eigenen alphabetisch geordneten Liste
der Edition mitgegeben, so dass Benutzer anhand dieser Liste feststellen
können, welche heute nicht mehr gebräuchlichen Wörter von
<w lemma="Stocknarr">Stock-Narr<index indexName="aow"><term>Stocknarr</term></index></w>
Die Unterscheidung von indigenen Wörtern, Fremd- und Lehnwörtern ist
außerordentlich schwierig und aus lexikologischer Sicht kaum
zufriedenstellend zu treffen. Der Grund dafür liegt in der Tatsache,
dass der deutsche Sprachraum Teil der lateinisch geprägten europäischen
Sprach- und Kulturgemeinschaft ist. Wortentlehnungen aus dem
Lateinischen gab es bereits in voralthochdeutscher Zeit (etwa Pfalz von lat. palatium;
dieses Lehnwort ist noch von der zweiten Lautverschiebung (/p/ --> /pf/
und /t/ --> /ts/ (= z)) betroffen). Viele Lehnwörter sind vollständig in
das System des Deutschen integriert, so dass sie nicht mehr als
fremd
wahrgenommen werden, z. B. Grenze (aus poln. granica) oder Fenster (aus lat. fenestra). Andere sind noch deutlich als Lehnwörter erkennbar, da
sie nicht oder nicht vollständig in das deutsche Sprachsystem integriert
wurden, z. B. Rendezvous (Fremdphonem), Varieté (Fremdgraphem) oder Indices (Fremdmorphem). Im Bereich der Lehnwortbildung können
exogene Wörter und Morpheme durch Komposition oder Derivation mit
indigenen Elementen verbunden werden. Durch diese Weiterverwertung des
Lehnwortschatzes ergibt sich im Laufe der Zeit eine Situation der
deutschen Sprache, auf die – synchronisch gesehen – die
Klassifizierung als
(von Polenz 1994, 78).
Diese und viele andere Beobachtungen führten Horst Haider Munske zu der
These, dass es sich bei der deutschen Sprache um eine Mischsprache
handle (Munske 1988, 69).Fremdwort
oder Lehnwort
nicht mehr
zutrifft
In der patriotisch geprägten Sprachreflexion des 17. Jahrhunderts spielt
die Fremdwortfrage eine sehr wichtige Rolle, da im sprachpatriotischen
Diskurs das Fremdwort als Bedrohung nicht nur der deutschen Sprache,
sondern vor allem der deutschen Sitten und Tugenden, der deutschen
Kultur angesehen wurde. Der kulturelle und sprachliche Einfluss aus
Frankreich, Spanien und Italien wurde fast durchweg negativ bewertet,
obwohl von dort auch wichtige Impulse aufgenommen wurden, etwa durch Alamode-Sprache
, die
deutsch-französische Sprachmischung aufs Korn genommen wurde (z. B. der
anonmye Anschrift für Adresse oder Bücherei für
Bibliothek; bereits von Zeitgenossen
kritisiert und verspottet wurden Tageleuchter für
Fenster oder Jungferzwinger für Nonnenkloster) (vgl.
dazu Rosenberger in Vorber.).
Die scharfe Unterscheidung zwischen indigenem und Fremdwort spiegelte sich auch in den Drucken wider: Für deutschen Text wurden Frakturtypen verwendet, für fremdsprachige Wörter Antiqua. Dies ging sogar so weit, dass deutsche Flexionsendungen bei sonst in Antiqua gesetzten Fremdwörtern in Fraktur gesetzt sind.
Diese graphische Trennung bildet auch die Grundlage für die Behandlung von Fremdwörtern in der Digitalen Grimmelshausen-Edition. Alles, was in den Originaltexten in Antiqua gedruckt ist, wird als Fremdwort angesehen. Diese pragmatische Entscheidung bringt einige Inkonsistenzen mit sich, da in den Drucken Wörter manchmal als fremd angesehen und deshalb in Antiqua gesetzt werden, in anderen Fällen aber die gleichen Einheiten in Fraktur stehen. Auch hier wird strikt nach der konkreten Textgestalt vorgegangen.
Die Fremdwörter werden zunächst wie die anderen auch lemmatisiert. Zur
Bestimmung der Herkunft der Fremdwörter werden das Philosophia. Die Herkunft wird durch das Attribut
@xml:lang angegeben. Durch den Tag <hi> (highlightet) wird der
Schriftartwechsel markiert, das Attribut @rend (rendition) zeigt an,
welche Schriftart in den mit <hi>-Tags versehenen Passagen
verwendet wird. Auf diese Weise kann auch Schriftartwechsel innerhalb
eines Wortes angezeigt werden. Die Kodierung hat damit folgende Gestalt
(im vorliegenden Fall ist die Buchstabenfolge 'contentir' in Antiqua,
die Endung 'en' in Fraktur gesetzt):
<w lemma="kontentieren" xml:lang="la"><hi rend="antiqua">contentir</hi>en</w>
Die Frage, ob ein Druckfehler vorliegt oder nicht, ist aufgrund der graphischen und morphologischen Varianzen oft nur schwer zu beantworten. An anderer Stelle werden zwei interessante Beispiele dafür diskutiert (vgl. Rosenberger 2012, 348-350). Daher werden in dieser Edition nur dann korrigierende Texteingriffe vorgenommen, wenn ein offensichtlicher Fehler vorliegt, d. h. nur dann, wenn die im Druck vorgefundene Version keine sinnvolle Aussage ergibt oder eine Schreibweise ohne ersichtlichen Grund vom Usus abweicht. Beim Verdacht auf einen Druckfehler wird folgendes Prüfschema angewandt:
Druckfehler werden folgendermaßen annotiert: Das betreffende Wort wird mit dem Tag <choice>, das eine alternative Codierung anzeigt, und dann mit dem Tag <corr> (correction), das die korrekte Form anzeigt, versehen. Innerhalb des <corr>-Tag wird mit dem Attribut @resp (responsibility) der Bearbeiter angezeigt, der für diesen Texteingriff verantwortlich ist (in meinem Fall meine Initialen: 'sr'). Es folgt die ggf. lemmatisierte korrekte Form, bevor im Tag <sic> die im Original zu findende fehlerhafte Form dokumentiert wird. Das Schema sieht damit so aus:
<choice><corr resp="sr"><w>und</w></corr><sic>uud</sic></choice>
Die Digitale Grimmelshausen-Edition steht bei der lexikalischen Kodierung
vor einem Problem, das durch die sprachlichen Verhältnisse der Zeit vor
der Etablierung der neuhochdeutschen Schriftsprache bedingt ist. Im 17.
Jahrhundert sind - neben anderen Vereinheitlichungen auf phonologischer,
graphematischer, morphologischer und syntaktischer Ebene - zahlreiche
Wortbildungsprozesse noch nicht abgeschlossen. Dies betrifft
insbesondere Kompositionen, die in dieser Zeit bereits belegt, aber noch
nicht allgemein durchgesetzt, aber aus heutiger Sicht als solche zu
behandeln sind. Insbesondere das pränominale (vorangestellte)
Genitivattribut bewirkte eine Ambivalenz des Artikels, da dieser sich
sowohl auf das Attribut als auch auf das regierende Substantiv beziehen
konnte (vgl. dazu ausführlich Pavlov 1995). Dies hat
dazu geführt, dass Substantiv und Attribut schließlich auch
zusammengeschrieben wurden. Dieser Prozess ist insbesondere im 17. und
frühen 18. Jahrhundert zu beobachten. Durch Einschränkung der
Voranstellung des Genitivattributs, durch strengere Setzung des
Artikels und durch Zusammenschreibung wurde der Kompositionsstatus
im Laufe des 17./18. Jh. eindeutig
(von Polenz 1994, 283
f.).
Auch bei
In den Sätzen (1) und (3) lassen sich die Beispiele als Nominalphrasen
mit Adjektivattribut lesen, in (4) und (5) mit Genitivattribut, in (2)
und (5) mit Artikel und in (6) ließe sich eine Umstellung zu Erhaltung deiner selbst rechtfertigen, wodurch
das Genitivattribut deutlicher wird. Auch (7) kann als artikelloser
pränominaler Genitiv gedeutet werden. Somit können die markierten Fälle
stets auch als Einzellexeme lemmatisiert werden. Eine Ausnahme bildet
lediglich Beispiel (8), wo sich die Deutung als Kompositum trotz
getrennter Schreibung geradezu aufdrängt.
Diachron betrachtet sind alle diese Fälle durch Wortbildung univerbiert
worden. Und zumindest in den Sätzen (4), (5), (7) und (8) ist durch das
Fehlen des Artikels die Möglichkeit, hier eine Vorform des Kompositums
zu sehen, nicht ausgeschlossen. Theoretisch spricht nichts dagegen,
analog zu der bei Lebensbeschreibung auch die Lebensgröße als Kompositum anzusetzen.
Eine elektronische Edition mit lexikalischen Annotationen steht nun vor
der Frage, wie sie mit dem Dilemma umzugehen hat. Einerseits soll durch
die Annotation in aktueller Rechtschreibung die Edition auch für
fachfremde Benutzer problemlos handhabbar sein, andererseits soll der
historische Sprachstand in der Edition gewahrt und in der Lemmatisierung
abgebildet werden. Im konkreten Fall heißt das: Aus gegenwärtiger
Perspektive wäre bei Beispiel 3 das Kompositum Schwarzbrot als Lemma anzusetzen, dann müsste das Syntagma schwartz Brod als ein Wort behandelt werden. Aus
historischer Perspektive dagegen liegt eine Nominalphrase mit
substantivischem Kern und unflektiertem Adjektivattribut vor, die, im
Sinne der lexikalischen Annotation, getrennt annotiert werden
müsste.
Eine exemplarische quantitative Erhebung hat ergeben, dass sich für die
Texte nachdem
etwa ist in der univerbierten Form weitaus häufiger belegt als das
Syntagma nach dem. Umgekehrt verhält es sich mit
sobald, das fast nur in der Form so bald zu finden ist. Zudem zeigen sich
regionale Unterschiede. In den bei fortschrittlicher
als die Straßburger
Drucke.
Aus diesem Befund ergibt sich, dass ein quantitatives Verfahren zur Lösung des Problems wenig sinnvoll wäre, da sich unweigerlich für den Benutzer kaum nachvollziehbare Inkonsequenzen ergäben, was die Benutzung der Edition unnötig erschweren würde. Auch andere Kriterien, die man ansetzen könnte, sind unbefriedigend, weil eben nicht eindeutig entschieden werden kann, ob es sich bei Fällen wie in den obigen Beispielen um Wortgruppen oder um Vorstufen der univerbierten Komposition handelt.
Die in der Digitalen Grimmelshausen-Edition angewandte Lösung ist ein
Kompromiss, der versucht, beide Interpretationsmöglichkeiten offen zu
halten und so versucht, Vereindeutigungen zu vermeiden, wo keine
Eindeutigkeit vorhanden ist. Theoretische Basis für den Lösungsansatz
ist die Wortdefinition von
Das Wort ist die bilateral aus Inhalt und Ausdruck konstituierte
kleinste signifikative und damit notwendigerweise
sprachlich-kognitive und kommunikative, d. h. nicht als Verbindung
signifikativer, sprachlich-kognitiver und kommunikativer Einheiten
beschreibbare Einheit der Sprache, sofern sie als syntagmatisch
isolierte Substitutionseinheit einem Sprechpartner unabhängig von
anderen solcher Einheiten sprachlich etwas über einen Sachverhalt zu
wissen gibt
(Reichmann 1976, 9).
Aus dieser Definition leitet die Digitale Grimmelshausen-Edition einige Folgerungen ab:
lässt sich erklären), sondern nur Wortbildungsprodukte, die semantisch mehr sind als die Summe ihrer Teile (z. B.
Eingangstür eines Hauses(das semantische Merkmal
Eingangist weder in
sterben).
Für die Praxis der Annotation ergibt sich der Schluss, dass semantisch
offensichtlich eng zusammengehörige, ausdrucksseitig aber getrennte
Einheiten als phrasematische oder idiomatisierte Wortgruppen aufzufassen
sind, die als solche Substitutionseinheiten darstellen und damit Wörter
im Sinne der Definition virtuelle Univerbierung
einführen. Virtuell ist die Univerbierung deshalb, weil die
Ausdruckseinheiten im Schriftbild der Edition weiterhin getrennt
bleiben, das Endprodukt im Wortbildungsprozess jedoch durch die
Suchmaschine gefunden werden kann. Die Annotation für Lebens Grösse (vgl. oben, Beispiel 4) erfolgt auf folgende
Weise:
Aus dieser Annotation ergibt sich, dass der Benutzer zu diesem Beleg
geleitet wird, wenn er die Wörter Lebensgröße,
Leben und Größe in die
Suchmaschine eingibt.
Mit dieser Annotationspraxis sind sowohl die historische Gestalt des
Textes als auch der gewohnte Standard des heutigen Benutzers
berücksichtigt, auch die Ambiguität der Textstelle bleibt gewahrt. Der
Benutzer kann auch ohne sprachhistorische Kenntnisse auf die Edition
zurückgreifen. Zudem legt diese Lemmatisierungspraxis nicht fest, ob,
wie in Beispiel 3, schwartz ein Adjektivattribut
oder das attributive Bestimmungswort eines semantisch zwar vorliegenden,
ausdrucksseitig aber nicht ausgeführten Kompositums (*Schwartzbrod) ist. Beide Interpretationen sind möglich und
die Lemmatisierung lässt beide Möglichkeiten offen: Für die erste
spricht, dass nach dem Schwarzbrot
erst seit Beginn des 19. Jahrhunderts belegt ist und mit dem Attribut
schwartz auch nur die Farbe des Brotes
gemeint sein könnte, zumal da sich schwartz
problemlos durch weiß substituieren ließe, womit
das Syntagma keine Substitutionseinheit im obigen Sinne darstellt. Für
die zweite Interpretation dagegen spricht, dass eine Idiomatisierung zu
aus Roggenmehl gebackenes Brot
nicht ausgeschlossen ist,
sondern durch das Kompositum Küh-Käß in
unmittelbarer Nachbarschaft eine Parallelkonstruktion nahegelegt wird.
Durch das beschriebene Verfahren wird es vermieden, dass der Herausgeber
durch die Lemmatisierung einer der Interpretationsmöglichkeiten
einseitig folgt und die andere dadurch ausschließt. Es bleibt dem
Benutzer überlassen, wie er solche und ähnliche Stellen verstehen
will.
Es bleibt noch zu erwähnen, dass mit diesem Verfahren auch der bei
GOtt seiner milden Güte nach / zuvergelten (WV
I)
Die Kodierung sieht in diesen Fällen so aus:
Christoffel von Grimmelshausen
.
Bereits im Titel wird der Aufbau des Textes deutlich: Satyrischer
Pilgram / Das ist: Kalt und Warm / Weiß und Schwartz / Lob und Schand /
über guths und böß / Tugend und Laster / auch Nutz und Schad vieler
Ständt und Ding der Sichtbarn und Unsichtbarn der Zeitlichen und Ewigen
Welt
. Aus diesem Titel ist zu schließen, dass der Satyr und der
Pilgram als Gegensatzpaar aufzufassen sind, wie schon das Titelkupfer
nahelegt. Der Titel nimmt Bezug auf ein Meisterlied des prodesse aut
delectare
, nach dem Texte unterhaltsam und lehrreich sein
sollten.
Dem Text sind drei Vorreden vorangestellt, die bereits die triadische
Struktur der folgenden Kapitel widerspiegeln: In einem Satz
werden
die positiven Seiten eines Gegenstandes beschrieben, in einem
Gegensatz
die negativen Aspekte des gleichen Gegenstandes
beleuchtet, bevor in einem Nachklang
eine Synthese versucht wird; die
einzelnen Kapitel haben also eine dialektische Struktur. Die Vorreden kehren
diese Struktur um: In der ersten Vorrede greift Momus, der antike Kritiker
der Götter und Menschen, Autor und Text massiv an, rückt also die negativen
Aspekte in den Vordergrund: Das Buch sei ein liederlichs
Geplauder
, ein nichtiges Gewesch und lehres
Wortgeplerr
(fol. A ij v). Man könne aber auch nichts anderes
von jemandem erwarten, der im Alter von zehn Jahren Musketier geworden sei
und der ohne Ausbildung als ein unwissender Esel / Ignorant und
Idioth
kaum richtig schreiben könne (fol. A iij r). Der Titel
sei eine schändliche Mißgeburt
und der Text als solcher ein
erschrecklichs Monstrum
(A viiij v). Es werde nicht
deutlich, warum der Autor das Buch geschrieben habe: Geld würde er für diese
Thorheit
(ebd.) keines zu erwarten haben und Ruhm und
Ehre könne er damit auch nicht gewinnen. Aus einem ungebildeten Musketier
könne eben kein guter Schriftsteller werden, er solle besser Soldat
bleiben.
In der Gegenschrifft des Authors
verteidigt sich dieser gegen die
Angriffe: Er könne nichts dafür, dass er Soldat hätte werden müssen und
nicht hätte studieren können. Dies dürfe man ihm nicht zum Vorwurf machen.
Außerdem verschwendeten viele Gelehrte ihr Talent und ihre Bildung. Er habe
auch weder Geld noch Ehre oder Ruhm mit dieser Schrift gewinnen wollen.
Seine Absicht sei es, den Leser zu lehren, das Richtige vom Falschen zu
unterscheiden. Zudem sei die Behauptung, aus einem Soldaten könne kein guter
Schriftsteller werden, nicht stichhaltig, denn sonst hätte man
In der dritten Vorrede wendet sich
einer ieden Materi drey Satzstück zugeordnet; Jm Ersten Satz wird
erzehlet eines Wesens Lob / Güthe / Nutz / Ehr / Nothwendigkeit / Tugend
und was des guten Dinges mehr ist; Jm andern Stück oder Gegensatz
erzehle ich eben desselbigen Wesens Schädlichkeit / Laster / Mißbrauch
und alles schlimm übel so ihme anhängt und mir zu Gedächtniß kommen; Jm
dritten Stück oder Nachklang sage ich meine Unmäßliche Meinung auch
darzu
(A 11 r).
Die Intention des Textes sei es, dass der Leser lerne, das Gute zu gebrauchen und das Schlechte zu meiden.
Die drei Vorreden sagen viel über das Selbstverständnis Ignorant und Idiot)
kann er nicht damit rechnen, jemals als Schriftsteller ernstgenommen zu
werden. Die erste Vorrede reflektiert also die isolierte Situation des
literarischen Außenseiters
Der Text ist in zwei Teile mit je zehn Kapiteln gegliedert. Der erste
Satz
handelt von Gott. Gott ist weder zu begreifen, noch kann man
seine Güte, Barmherzigkeit, Liebe, Weisheit und andere Eigenschaften der
Vollkommenheit, die zusammen seine Göttlichkeit ergeben, begreifen oder auch
nur annähernd loben. Im Gegensatz
erinnert der Autor an sein
Versprechen aus der Vorrede, von jedem Ding die guten und die schlechten
Eigenschaften darzustellen. Dieses Versprechen könne er hier aber nicht
halten, weil Gott völlig makel- und fehlerlos sei. Hypothetisch wird zwar
Gottes Allmacht in Frage gestellt durch die Behauptung, dass Gott nichts
schaffen könne, was vollkommener sei als er selbst. Doch diese Hypothese
wird als Hyperbolie behandelt: Eine Steigerung der Vollkommenheit sei
unmöglich, weshalb Gott das Höchste und Allerheiligste sei. Der
Nachklang
fordert den Leser auf, Gott immer zu ehren und niemals
etwas zu tun, was ihm missfallen könnte, spielt also auf die christliche
Ethik an.
Der zweite Satz
handelt von den vier Zeiten der Welt. Und
sonderlich von der Letzteren
(S. 6). Zunächst wird die antike
Lehre von den vier Weltzeiten (goldenes, silbernes, kupfernes und eisernes
Zeitalter) referiert. Augenblicklich befinde sich die Menschheit im eisernen
Zeitalter, das eine Steigerung des kupfernen darstelle. Der Autor
widerspricht dieser Theorie: Die gegenwärtigen Menschen lebten im goldenen
Zeitalter und nicht die Alten. Zum Beweis nennt er verschiedene Ereignisse
aus dem
Im Gegensatz
wird der These, dass die Gegenwart das goldene Zeitalter
sei, vehement widersprochen: Die Menschen seien durch Kriege und anderes
Unglück schwer gebeutelt und jeder Stand, von den Fürsten bis zu den Bauern
habe eine schwere Last zu tragen oder werde durch viele Missstände
unterdrückt. Zudem wird ein Lasterkatalog vorgestellt, den die Alten nicht
gekannt hätten: Hoffart / Geitz / Ehrgeitz / Verschwendung / Bauch-
und Seckel-Sorg / Neid / Haß / Hader / Zanck / Mord / Zwispalt / Untreu
/ Arglist / Betrug / Diebstahl / Falschheit / Ehebruch / Secten /
Ketzerey / &c.
(S. 16 f.). Im Nachklang
legt der
Autor den Sachverhalt so dar: Zu allen Zeiten hätte es gottvergessene
Menschen und viel Leid gegeben. Die Menschen sollten nicht über die Zeit
klagen, in der sie lebten, sondern vielmehr ihre Zeit nutzen, ein
gottgefälliges Leben zu führen: Wer Gott erkannt habe, solle beständig sein,
wer reich sei, solle barmherzig sein und wer arm sei, sich in christlicher
Geduld üben. Wer auf Gott vertraue, für den verlören alle Zeiten ihre
Schrecken.
Das zweite Kapitel legt also zwei gegensätzliche geschichtsphilosophische
Konzepte dar: Die Verfallshypothese, die den Weg vom goldenen zum eisernen
Zeitalter nimmt, und die Aufstiegshypothese, nach der die Menschen
kontinuierlich besser und glücklicher lebten. Der Nachklang
gibt
keiner der beiden Theorien recht, sondern verweist auf die von den Zeiten
und Geschichtstheorien unabhängige christliche Ethik, die zum einzigen
Wertmaßstab wird.
Der dritte Satz
handelt von den Menschen und beginnt mit einem
hyperbolischen Lob: Die Sonne sei das Aug der Welt
, der
König der Planeten
, der Schmaragd der
Fixsternen
und die Regentin der Geschöpfe
(S.
25). Doch im Vergleich zu den Menschen sei sie nichts, denn Gott habe sie um
der Menschen willen erschaffen. Der Mensch sei Ebenbild Gottes und durch die
Fähigkeit zu reden unterscheide er sich von allen anderen Geschöpfen. Er sei
der Herr über die Erde und habe sich die Welt untertan gemacht, er könne
Kräuter, Wasser und die Steine beherrschen, besäße Vernunft und könne die
Geheimnisse der Gestirne ergründen. Von seinem Erfindungsreichtum zeugten
die sieben Weltwunder, der Babylonische Turm und viele weitere
Kunsterzeugnisse. Schließlich sei Gott selbst Mensch geworden und der Mensch
werde einst das ewige Reich bewohnen.
Dieses Lob wird im Gegensatz
zurückgenommen: Der Mensch sei an Leib
und Seele gebrechlich, am Leib, weil er verschiedenste Krankheiten bekommen
könne, an der Seele, weil sich die Menschen gegenseitig mehr Schaden
zufügten als die wildesten Tiere. Er werde von Sorgen und Leidenschaften
geplagt und müsse stets vor dem Teufel auf der Hut sein. Die glücklichsten
Geschöpfe seien die Menschen, die gottgefällig lebten. Wer dies nicht tue,
der sei armseliger als die Tiere, weil diese die ewige Verdammnis nicht
fürchten müssten. Diesen letzten Punkt nimmt der Nachklang
für die
vermittelnde Position auf: Der Mensch müsse sein Streben auf die Erkenntnis
Gottes richten. Gotteserkenntnis und Gottesliebe setzt der Autor gleich. Wer
Gott liebe, der könne das Elend des irdischen Daseins besser ertragen und
werde mit der ewigen Seligkeit belohnt. Wer Gott aber nicht liebe, für den
wäre es besser gewesen, wenn er niemals geboren worden wäre. Erneut bildet
also die christliche Ethik den Konnex, der die gegensätzlichen Positionen
verbindet.
Der vierte Satz
handelt von den Bauern. Diese seien eigentlich viel
edler als die Adligen, denn bereits Adam sei nach der Vertreibung aus dem
Paradies Bauer gewesen. Der Autor zählt antike Persönlichkeiten auf, die die
Bauern lobten oder selbst Bauern gewesen seien. Bauern würden eher zum
Kriegsdienst herangezogen als andere Menschen, weil sie robuster und stärker
seien als die Waichling in Stätt: und Schlössern
(S. 42). Die
Bauern seien einfache und ehrliche Arbeiter, die mit ihren Erzeugnissen die
übrigen Menschen ernährten und Material für ihre Kleidung lieferten, ohne
daraus mehr Gewinn ziehen zu wollen als ihnen zustünde. Die Bauern lebten
ruhiger und gesünder als die Menschen in der Stadt.
Jch dörffte sagen ein Bauer lebe besser als ein Printz / und hab nicht
Ursach mit einem Fürsten zudauschen / Dann ob schon ein Fürst mit Essen
/ Trincken / Kleydung / Dienern / und in Summa allein dem was zur
Wollust dienet / bein allerherrlichsten versehen; So hat Er hingegen
jedoch ein solch großen hauffen Sorgen / Gedancken Begierten und
künfftige schwere Verantwortung uff sich liegen / daß unmüglich seyn kan
/ daß den Bauren / seyn Speck / Käß und Brodt nit besser als dem Fürsten
Seine allerbeste Schlecker-Bißel / schmeckt / sonderlich auch weil
beydes Jhr gewöhnliche Speise ist
(S. 45).
Im Gegensatz
werden die Sorgen und Nöte der Bauern thematisiert: Neben
der schweren Arbeit auf dem Feld müssten sie viele weitere Mühen ertragen:
Unwetter und Ungeziefer könnten die Ernte vernichten und so die Erzeugnisse
ihrer mühevollen Arbeit. Im Krieg nähmen ihnen die Soldaten ihre Güter weg
und Raubtiere, Bettler und Zigeuner seien eine weitere Plage. Zu Martini
verlangten die Landesherren und Schaffner ihren Anteil an ihren Produkten
und bei deren Verkauf erlösten sie oft nicht genug, um den Aufwand zu
decken.
Neben diesen äußeren Problemen des Bauernstandes seien auch charakterliche
Defizite zu beobachten, wobei der Autor jedoch betont, dass dieses Urteil
nicht auf alle Bauern zutreffe. Er beschreibt den Schmutz, in dem sie
lebten, zudem seien sie betrügerisch, unhöflich, gotteslästerlich, unfromm,
untreu, lügnerisch und abergläubisch. Er zitiert eine längere Passage aus
Garzonis
Garzonius sagt […] die Bauren seyn meistentheils listig wie die Füchs
/ boßhafftig wie ein Wolff / voller Bubenstück / verflucht wie der
Teuffel selbst / von deme sie auch gemeiniglich regiert werden; Jn summa
wann jemand einen argen Bauren schilt / so ist es eben so viel / als
wann man ihn einen abgescheumbten durchtriebenen Essig und Kernbösewicht
nennet; dann bey ihnen ist gemeiniglich weder Gewissen / noch Treu /
noch Verstand / sonder lauter List / Betrug / Falschheit und Boßheit mit
denen er vom Scheitel an biß unter die Fußsohlen durchsaltzen ist; und
was das allerärgste seyn mag / ist daß sie solche schöne Tugenden gahr
artlich unter den Schein der vorscheinenden Einfalt verbergen können /
biß sie ein ehrlichen Mann der sich eines bessern zu ihnen versiehet /
fein meisterlich betrogen haben. Sonst aber ist er gantz thumb / und zu
allen vortrefflichen Geschäfften ungeschickter als ein Esel zum
Lautenschlagen
(S. 53).
Im Nachklang
bestätigt der Autor, dass die Bauern gleichermaßen gelobt
und getadelt werden könnten. Deshalb empfiehlt er ihnen, wahre Gottesfurcht
zu üben und ein reines Gewissen anzustreben, dann würden sie von Gott
gesegnet.
Der fünfte Satz
handelt vom Geld. Die Verachtung, die dem Geld
entgegengebracht werde, sei nicht gerechtfertigt, denn wer kein Geld besäße,
könne nicht heiraten und eine Familie gründen und sei gesellschaftlich
ausgeschlossen. Er könne vor Gericht keinen Rechtsbeistand bezahlen und auch
keine Ärzte, die seine Krankheiten heilen. Und wenn er gestorben sei, würden
keine Leichpredigt und keine Seelmesse für ihn gehalten. Wer dagegen Geld
besitze, der genieße Ehre und Unabhängigkeit und habe ein sorgloses Leben.
Zudem gebe es ihm die Macht, über andere zu bestimmen und Menschen sogar zu
kaufen. Nach einer persischen Weisheit seien der König, der Wein und die
Weiber mächtig, am mächtigsten aber sei das Geld. Man könne sogar durch Geld
seine Seele aus dem Fegefeuer erlösen.
Dem Gegensatz
zufolge muss derjenige, der Geld besitzen will, viele
Sorgen und Mühe auf sich nehmen und auch den Lastern des Geldes folgen.
Dadurch gerät er leicht in Versuchung und verstrickt sich in die Netze des
Teufels. Wer also nach dem Geld strebt, setzt seine Seligkeit aufs Spiel. Er
kann dem Laster des Geizes verfallen und in Wollust versinken. Wenn er
stirbt, muss er sich dennoch vom Geld trennen und gefährdet die Seligkeit
seiner Erben. Wer kein Geld besitzt, strebt nach ihm und gerät in
Versuchung, Sünde und Laster auf sich zu laden, um es zu bekommen. Kaufleute
setzen sich den Gefahren des Meeres aus, Soldaten setzen ihr Leben aufs
Spiel und Wucherer ihre Seligkeit, Frauen opfern ihre Keuschheit. Des
Gelds wegen erhebt sich Krieg / Gotteslästerung / Mainayd / Mord / Zanck
/ Hader / Ehebruch / Diebstal / böß Gewissen / Abgötterey / schwere
Rechts-Händel / und in summa alles Ubel
(S. 72). Das Geld wird
zum Abgott, der nur deshalb nicht angebetet, wird, weil ihm noch kein Altar
gebaut wurde. Um des Geldes willen betrügt man sogar seine Eltern und lässt
sich vom Teufel einfangen. Niemals sei gehört worden, dass Gott oder ein
Heiliger mit Geld gehandelt hätten und niemand könne Gott und dem
Mammon
dienen (S. 74).
Im Nachklang
nimmt der Autor eine neutrale und als realistisch
erscheinende Position ein: Das Geld an sich sei weder gut noch schlecht, es
komme darauf an, wie man es gebrauche. Es im Meer zu versenken, um seinen
schlechten Einfluss zu bannen sei genauso töricht wie es zu verprassen oder
zu schändlichen Zwecken zu verwenden. Auf keinen Fall solle man
Teiffelische Abgötterey
mit dem Geld betreiben (S. 76).
Man solle vielmehr Gott Rechenschaft über den Gebrauch seines Geldes ablegen
können. Der Arme solle sich an den christlichen Spruch erinnern, dass ein
Reicher schwerlich in den Himmel komme und der Reiche solle Gott für diese
Gunst danken und sein Geld für seine Mitmenschen gebrauchen.
Der sechste Satz
handelt vom Tanzen. Der Autor weist auf die Struktur
der Darstellung, von jedem Ding das Gute und das Schlechte aufzuzeigen. An
diesem Gegenstand fällt es ihm jedoch sichtlich schwer, etwas Gutes zu
finden. Er verweist auf den harmonischen Tanz der Himmelskörper und zitiert
Stellen bei
Im Gegensatz
verbindet er den Tanz mit vielen Lastern, er verleite die
Menschen zu Unzucht, Schamlosigkeit und sei ein treffliche
(S. 80). Zur Begründung verweist er auf den Tanz um das
goldene Kalb. Der Tanz bringe die Menschen um ihre Vernunft, Männer
benutzten ihn, um auf sich aufmerksam zu machen und Frauen, um schamlos mit
sich handeln lassen zu können. Er zählt einige Bibelstellen auf, in denen
der Tanz zu Unglück geführt habe, die Kirche habe ihn nicht ohne Grund
verboten. Auf heidnischen Gottesdiensten werde viel getanzt und auch die
Hexen und Zauberer tanzten auf ihren höllischen Zusammenkünften. Im
invention, nicht allein dem Menschen zur
Verstellung: sondern auch GOTT selbsten zur Schmach vom Teuffel
erfundenNachklang
wird, anders als in den vorherigen Kapiteln, keine
vermittelnde Position bezogen, sondern Gegensatzes
:
Er habe sich bereits geschämt, überhaupt etwas zum Lob des Tanzes zu
sagen.
Der siebente Satz
handelt vom Wein. Dieser sei gesund für Körper und
Seele, mache die Schwachen kräftig und ermuntere die Mutlosen. Er sei die
edelste aller Flüssigkeiten und nicht ohne Grund spiele er beim christlichen
Abendmahl eine entscheidende Rolle. Dem Ertz-Ketzer Mahomet
(S. 100) habe Gott den Genuss des Weines verboten und den Türken sei er
nicht erlaubt, weil solche Bestien
(ebd.) dieses Getränks
unwürdig seien.
Der Gegensatz
betont, dass der übermäßige Genuss des Weines Körper und
Seele schade. Der Mensch verliere durch den Wein Ehre, Verstand, Geld und
Gut, Gesundheit, Freunde, Freiheit, das Leben und schließlich sein
Seelenheil.
so bald er aber truncken / ist er unversehens überwunden worden / dann
wann der Wein eingehet / so gehet der Witz auß / als dann ist der
gescheide ein Narr / der Verstand wird verfinstert / die Sinne werden
stumpff / die Sprach wird verhindert / die Zunge stamlet / das Gesicht
vergehet / das Gehör wird betäubet / die Empfindligkeit verlohren / die
Kräffte werden geschwächt / die Geberde verstellet / der Beutel wird
erschöpfet / der Vorrath verthan / die Zeit verlohren / die
Heimligkeiten geöffnet / und der gantze Leib des Menschen nicht allein
verderbet / sondern auch zu allerhand Uppigkeit / bösen Lüsten /
Thorheiten und Unzucht gereutzet; Dann gehet es an ein wüten und toben /
springen und tantzen [!] / fluchen und schweren / rauffen und schlagen /
kotzen (mit Gunst) und speyen / biß endlich eine solche Bestia / [wann
sie anderst in solcher Gefahr das Leben durchbringt] dorthin fält wie
ein Ploch und alle Würckung der Seelen verlohren hat; sich in eignen
Unflat und Gespey umbwaltzende
(S. 104).
Trunksüchtige verspielen ihr Hab und Gut, prügeln sich, töten einander, auch
die Gefahr der Abhängigkeit wird genannt. Im Nachklang
wird anhand
der Abfolge der Tierkreiszeichen der Weg der Trunkenheit nachgezeichnet mit
all ihren Folgen für den Trinker, die symbolisch in den Tierkreiszeichen
dargestellt werden. Die Folgen der Trunksucht werden also in astrologischer
Metaphorik nachgezeichnet.
Der achte Satz
widmet sich der Schönheit. Diese sei eine
Himmlische Gabe GOttes
(S. 113), was schon daran zu
erkennen sei, dass die Engel eine sehr schöne Gestalt besäßen, während der
Teufel und die höllischen Geister hässlich seien. Es werden antike Autoren
und Rechtsquellen zitiert, nach denen eine hässliche Gestalt Ausdruck einer
ungestalten Seelen
(ebd.) sei. Daraus sei die
Wissenschaft der Physiognomie entstanden, wenn auch der Autor zugibt, dass
noch mehr dazugehöre, um sich ein Urteil über einen Menschen zu bilden.
Daraus schließt er, dass das Schöne zuträglich und das Hässliche schädlich
sei. Schönheit bringe Glück und Vorteile im Leben und sie mache alles
Thun und Lassen / Handel und Wandel / Reden und Geberden
anmütiger und angenehmer
(S. 118).
Dem Gegensatz
zufolge hat jedoch die Schönheit besonders bei den
Frauen auch das Laster zur Folge: Hoffart / Müssiggang /
Kleider-Pracht / Vermessenheit / Muthwillen / Frevel / Schamperkeit /
Neid / Unkeuschheit und Faulheit
(S. 119). Zudem verweist er auf
die Vergänglichkeit der Schönheit. Es sei außerdem ein Fehler, von äußerer
Schönheit auf eine schöne Seele zu schließen, vielmehr seien die Schönen oft
die Lasterhaftesten, denn die schönen Frauen und Männer hätten es am
schwersten, keusch zu bleiben. Keuschheit und Schönheit stünden in
immerwährendem Kampf miteinander, der umso heftiger werde, je größer die
Schönheit sei. Die Schönheit bringe auch sonst viel Unglück. Als Beispiele
nennt er die Schicksale
Im Nachklang
empfiehlt der Autor allen, einen Spiegel zu benutzen,
nicht, um sich zu schminken und so schöner zu machen, sondern um das Innere
zu erkennen: Man solle sich selbst erkennen und dieser Erkenntnis folgen. Er
spielt auf das
Der neunte Satz
handelt von den Priestern, die von Gott auserwählt
seien, seine Stellvertreter auf Erden zu sein. Sie seien keinem Fürsten
untertan und müssten ihren Lebensunterhalt nicht durch harte Arbeit
verdienen. Ihre Sonderstellung in allen Gesellschaften wird anhand vieler
Bibelzitate belegt. Sie fungieren als Wegweiser für die Menschen, ermahnen
die Sünder und erteilen die Absolution. Zudem erhalten sie das menschliche
Geschlecht, da ohne die Eheschließung, die sie alleine vollziehen dürfen,
das Chaos herrschen würde. Im Gegensatz
heißt es, dass man, da sie
Auserwählte Gottes und dessen Stellvertreter seien, keine Kritik an ihnen
üben dürfe, selbst wenn es einzelne gebe, die dem hohen Anspruch an ihren
Stand nicht gerecht würden. Dem Nachklang
zufolge soll man sich um
diese Verfehlungen einzelner Priester nicht kümmern und ihren Worten, nicht
ihren Taten folgen. Dem Laien stehe es nicht zu, über die Priester zu
urteilen.
Der zehnte und letzte Satz
des ersten Teils handelt von den
Weibern
. Diese seien, wenn man dem Schöpfungsbericht der Bibel
folge, von edlerer Herkunft als die Männer, da diese aus dem schweren
Element und faulen Treck der Erden
(S. 134) stammten, jene aus
dem Fleisch des Mannes. Es sei zu mutmaßen, dass ihr im Paradies die
Herrschaft oblag, denn sonst sei es nicht zu erklären, dass sie Weiberfeinde[]
(S. 144) hielten jede Frau, solange sie
jung und keusch sei, für eine Göttin, wenn sie aber keine Jungfrau mehr sei,
würden ihr alle Laster angehängt. Daraus könne man schließen, dass die
Frauen durch den sexuellen Verkehr mit den Männern deren Laster
gleichsam Erbsweiß
(ebd.) empfangen. Durch diese Wendung,
die den Männern die Schuld an den Lastern der Frauen gibt, wird zugleich
auch das Frauenbild der Männer einer kritischen Reflexion unterzogen.
So positiv die Beschreibung der Frau im Satz
ist, so
erschreckend misogyne[] Züge
(Kühlmann 2008, 28) trägt
der Gegensatz
: Das Weibisch Geschlecht
wird als
zänckisch / forchtsam / frevel / ungezähmt / hinlässig / gifftig
/ unerträglich / unbeständig etc. allzeit wanckelhafftig /
geitzig
beschrieben (S. 145). Der Autor betont jedoch, dass er
damit nicht die tugendhaften Frauen meine, sondern nur die bösen, weil er
sich nicht dem Vorwurf aussetzen wolle, ein Weiberfeind
zu
sein (ebd.). In der Folge werden einige der Argumente, die im Satz für die
Frauen eingesetzt worden waren, gegen diese verwendet. Die Frau des
Im Nachklang
scheint der Autor mehr dem Gegensatz
zu folgen,
schwächt diesen aber ab: Frauen seien notwendig, weshalb man sich mit ihnen
arrangieren müsse. Fromme Frauen seien selten, doch wenn man eine habe,
solle man sich glücklich schätzen. Manchmal sei eine böse Frau auch von
Nutzen, was man an
Spangenberg erzehlet in seinen teutschen Sprichwörter-Außlegung ein
sondere Gattung welche er vor die beste hielt / das Weib zu bannen /
nehmlich man soll ihr alle Jahr einen jungen Erben zweigen und also
etwas zu thun geben / so würden sie vieler anderer Thorheit vergessen /
dabey wirs wollen bleiben lassen und hiemit dieses beschliessen
(S. 154).
Auch wenn er es im Satz
reflektiert und problematisiert, folgt Weiberfeind
erscheint.
Im ersten Satz
des zweiten Teils, der von der Poeterey handelt, wird die Poesie als eine Kunst dargestellt, die
nicht durch Übung und Unterricht erlernt werden kann, sondern durch
göttliche Eingebung entsteht. Diese göttliche Inspiration hätte aus dem
Bauernknaben unserem Altfränckischen Teutschen Hans
Sachsen
(S. 5) gewesen. Anhand antiker Quellen (z. B. dem
auch dem
wahren Gott nicht zu wider
sein könne (S. 7). Die Poeten
verdienten großes Lob und sie seien von den Fürsten immer auch geschätzt
worden. Besonders gebühre aber unsere[n] Teutschen Poeten
Lob, welche ihre Muttersprach / die beynahe alle Ausländer vor hart
und unärtig gehalten und ausgeschrihen / durch ihre Sinnreiche Kräfte
dermassen auspolirt / daß sie keiner fremden im geringsten nichts
nachgiebt
(S. 9). Am höchsten seien jedoch jene Poeten zu loben,
die ihre Begabung zum Preis Gottes nutzten.
Unter Berufung auf Gegensatz
mit dem Vorwurf, nach dem die Poeten Verderber der Jugend seien und deshalb
auch aus den Städten gejagt wurden. Damit hängt der Vorwurf zusammen, dass
sie alle ihre Geschickligkeiten uff lauter Fabuln / Lügen und
Narrentheydung gelegt / dabey dan viel untüchtige und unzüchtige Possen
mit untergeloffen
seien (S. 10 f.). Der Autor verweist auf Sprachhelden
, die gantz Nagelneue Wörter uff die
Bahn […] bringen / deren sie sich nicht allein in ihren Schrifften
gebrauchen / sonder auch in ihren täglichen Reden vernemmen lassen; und
ob sie zwar deßwegen offt so kahl damit bestehen / daß sie auch die
Wald-Bauern verlachen und corrigiren, so vermeinen sie iedoch / das
Vaterland sey ihnen umb solcher ihrer närrischen Witz halber hoch
verbunden
(S. 12). Auch die Grammatiker und Sprachreformer
werden bereits sechs Jahre vor dem Erscheinen des
Andere wollen eine neue
(ebd.).Grammatica und Orthographiam der teutschen Sprach vorschreiben /
die so Phantastisch beschaffen / daß die Schüler Knaben / wann sie
darmit ufgezogen kämen / bey den Schulmeistern übel anlauffen würden;
und dennoch schämen sie sich nicht / sich solcher Thorheit halber zu
rühmen
Den Dichtern wird weiter eine gewisse Entrückung oder, moderner ausgedrückt,
Weltfremdheit vorgeworfen, weshalb man sie für wahnsinnig halten könne.
Schließlich machten sie auch oft leichtfertige Lieder und Gedichte
[…] / damit sie auch andere anstecken / verführen und verderben
(S. 13).
Im Nachklang
betont der Autor die Macht der Poeten, diejenigen, denen
sie gewogen sind, in den höchsten Himmel zu loben und andere, denen sie
nicht freundlich gesinnt sind, in die Hölle zu stoßen. Wenn sie aber ihre
Talente nutzen, um Gott zu loben, dann solle man mit ihnen wie mit
Der zweite Satz
handelt vom Geschütz mit dem von die Rohr [= Gewehre, S. R.] oder das Büchsengeschoß weith
ehrlicher als ein ander Mörderisch Gewehr
(S. 19).
Die Schusswaffe habe aber auch ihre guten Seiten: Vor ihrer Erfindung hätte man in den Schlachten mit Schwertern, Äxten und Spießen aufeinander eingeschlagen, bis kaum noch jemand lebte und es ein gewaltiges Blutbad gegeben habe. Durch Kanonen und Geschütze seien heute aber die Schlachten schneller entschieden, so dass nicht mehr Menschen als notwendig sterben müssten. Man könne auch den Geschützen nicht anlasten, dass mit ihrer Hilfe Städte erobert würden, da man sie auch zur Verteidigung einsetze.
Das Schießpulver habe aber auch außerhalb des militärischen Bereichs seinen
Nutzen: Störende Felsen könnten weggesprengt oder Tiere ohne Gefahr
geschossen werden. Bei Prozessionen und Festen gebe es Feuerwerke und es
hätte den Spaniern bei der Eroberung des Inkareiches wertvolle Hilfe
geleistet. Ein einfacher Musketier könne viel stärkere Feinde besiegen und
Der Nachteil des Schießpulvers ist dem Gegensatz
zufolge der Umstand,
dass ehrliche Menschen durch liederliche[] Lumpen
erschossen
werden könnten, ohne dass sie imstande seien, sich zu wehren (S. 24). Zudem
könnten viele Menschen durch Unfälle oder Unachtsamkeit ihr Leben durch das
Schießpulver lassen. Im Nachklang
heißt es, dass das Büchsenschießen
nicht vor Kinder und Narren erfunden
worden sei (S. 26),
sondern von kundigen Leuten vollzogen werden müsse. Das Schießpulver habe
die Erfindung weiterer Künste nach sich gezogen, etwa das Festmachen oder
den Büchsenbann. Der Autor berichtet von phantastischen Schießkünsten, die
aber ans Magische grenzten und besser geheim blieben.
Der dritte Satz
handelt von der Liebe. Der Autor verweist auf antike
Quellen (u. a.
Im Gegensatz
heißt es, dass die Liebe eine der schwersten Krankheiten
des Menschen sei, wer von ihr ergriffen werde, komme nicht mehr von ihr los
und sei bereit, Leid und Tod für sie zu erdulden. Die traditionelle
bildliche Darstellung der Liebe als Amor oder Cupido wird zum Ausgangspunkt
für eine negative Darstellung des Charakters der Liebe:
und wann wir ihn betrachten / wie er gemeiniglich sonst abgemahlt wird
/ so können wir ohnschwer
(S. 37).judiciren was er vor
Gaben mit sich bringt / nackend / bedeut / daß weder Ehr noch Guths an
ihm zu erjagen / blind / daß er seine Anhänger blendet / daß sie wie
obgedacht ihren aignen Jammer nit sehn; Er wird gemahlt als ein Kind von
wegen seiner Leichtfertigkeith / und daß er die Seinige zu Kindern: ja
wohl gar zu Narren mache; mit kleinen Flügeln / zu bedeuten / daß seine
Freude kurtz / unbeständig und flüchtig sey; Er hat Pfeil / Bogen /
Fackeln / damit nichts anders als Wunden / Unglück und Hertzleid
anzurichten
Die verliebten werden von
Solche arme Gecken wissen von nichts anders zu dencken / zu sagen noch
zu schreiben / als der eine von seiner
(S. 39 f.).Philis,
der ander von seiner Chloris, der dritte von
seiner Galataeae, und der vierdte von seiner Amarilis, darauff sie dann allerhand Reumen / Devisen und künstliche / zwar lustige / doch
phantastische Possen dichten; da werden ihre Haar nit nur der Seiden
oder dem Golde: sonder den Straalen der Sonnen: ihre Augen den Sternen:
ihre Augenbrauen dem Ebenholtz: ihre Wangen denen uffgehenden Rosen:
ihre Leffzen den Corallen: die Zähn den Perlen: die Stirn dem
Helffenbein: die Farb der Hand dem Schee: der Hals einem Alabaster / und
die Brüste zweyen Zuckerballen verglichen; da werden die ahnmuthige
Geberden: die Göttliche Sitten: die holdselige Gestalten / und die
liebreiche Reden beydes in Prosen gelobt und mit Reumen besungen; da
mueß die schöne Helena / die keusche Lucretia und die muthige Cleopatra: ja die Venus selbst ihren
Göttinnen weichen / und gehet alles uff lautern Hyperbolis weit über die Schnur daher
Verliebte erscheinen für den Betrachter in ihrem Gebaren höchst lächerlich,
wenn sie nachts um die Häuser der Geliebten streifen und dabei Regen und
Kälte ignorieren, ihrer Angebeteten ein Ständchen bringen, was ihnen
manchmal einbringt, dass sie mit einer frischen Camerlaugen
begossen
werden (ebd.), sie staffieren sich mit neuer Kleidung
aus und laufen als wann sie uff Eyern giengen
(S. 41).
Verliebte setzen sich damit Hohn und Spott aus. Doch wenn ihr Wunsch erfüllt
wird, setzen sie sich der Gefahr aus, in den schlechten Einfluss der Frauen
zu gelangen, was anhand antiker Beispiele belegt werden soll: Helden wie Nachklang
wird der
Gegensatz
fortgeführt: Wer einmal von der Liebe befallen sei, der
könne schwerlich wieder geheilt werden, weshalb der Autor empfiehlt, sich
vor der Buhlschaft zu hüten.
Der vierte Satz
handelt vom Tabak. Nachdem die Herkunft und die
Ausbreitung des Tabaks in Deutschland während des Dreißigjährigen Krieges
dargelegt wurden, wird betont, dass der Genuss des Tabaks über alle Stände
verteilt sei. Der Tabak werde von vielen aus medizinischen Gründen genossen.
Am Beispiel der Indianer könne man lernen, dass er auch zur Friedens- und
Gemeinschaftsstiftung eingesetzt werden könne. Darüber hinaus seien Anbau,
Weiterverarbeitung und Handel mit Tabak ein wichtiger Wirtschaftsfaktor
geworden. Selbst wenn einige Fürsten versuchen würden, ihn zu verbieten,
würde man den Tabak nicht mehr aus Deutschland entfernen können.
Unter Verweis auf
nit daß er ihn hinunter schlucke / dann solches würde ihm wie dem Hund
das Graß bekommen / sonder er müffelt dran wie eine Gaiß die wiederkeuet
/ und in dem er also die Krafft aus dem Tabackh sauget / zeugt er auch
die Flüsse und Phlegmatische Feuchtigkeiten im Munde zusammen / speyet
solche den gantzen langen Tag aus / und macht damit ein solches unflätig
Geifferwerck umb sich herumer / daß einem kotzen möchte
(S.
55).
Der Autor schildert drastisch seinen Ekel, den er empfunden habe, wenn er morgens in das Wachthaus gekommen sei, in dem in der Nacht die Soldaten geraucht hätten: Der Raum stinke so sehr, dass man in Ohnmacht fallen könnte und der Boden sei mit Speichel und Schleim bedeckt gewesen. Insbesondere die niederen Stände wie Bettler und Zigeuner, aber auch Bürger und Bauern, am allermeisten aber die Soldaten verfielen dem Tabakkonsum. Schließlich macht der Autor auf eine weitere Gefahr des Tabaks aufmerksam: Durch das Hantieren mit Feuer könnten durch unvorsichtige Menschen Brände entfacht werden. Auf diese Weise sei schon manche Stadt abgebrannt. Deshalb solle man jungen Leuten das Rauchen ganz verbieten, vielleicht würde diese Torheit dann wieder verschwinden.
Im Nachklang
empfiehlt der Autor den Rauchern, sich den Tabak
allmählich wieder abzugewöhnen. Den Nichtrauchern empfiehlt er aber, den
Tabak gar nicht erst zu versuchen. Wer dennoch nicht von ihm lassen könne,
dem empfiehlt er den Genueser Tabak, der sei von allen der beste.
Dieses Kapitel scheint nichts an Aktualität eingebüßt zu haben. Gleichwohl
nimmt die ironische Empfehlung am Schluss der Darstellung etwas von ihrer
Schärfe und ist möglicherweise ein Indiz dafür, dass
Der fünfte Satz
handelt vom Stand grosser Herren
(S.
61). Gott habe den Menschen zum Herren über die Erde gemacht und einige
dieser Menschen zu den Herren über die übrigen. Dieser sei der glückseligste
auf der Erde, weshalb viele diese Stellung begehrten. Der Autor zitiert Gottlose Machiavellus
(ebd.) forderte von den Herrschern
den Verzicht auf die christliche Seligkeit, was scharf getadelt wird:
Nach dem Gegensatz
ist aber die Verantwortung in der Regierung mit
solch großen Sorgen und Mühen verbunden, dass viele Herrscher ihr Amt
niedergelegt hätten, etwa Kaiser wie ich dan hiervon auch von
andern Sachen mehr / so hieher gehörten / in meinem Simplicissimo
Anregung gethan / als ich dem Gubernator zu Hanau wahrsagte
(S.
71). Zu den Aufgaben des Herrschers gehört es, für die Wirtschaft seines
Reiches zu sorgen und den Frieden zu erhalten. Er muss das Reich vor Feinden
schützen und alles für seine Erhaltung tun. Neben dem Glauben muss er viele
Tugenden besitzen: Wahrhaftigkeit, Tapferkeit, Standhaftigkeit,
Gerechtigkeit, Weisheit, Freundlichkeit, Vorsichtigkeit und Bescheidenheit.
Aus all dem könne man sehen, dass die Fürsten viele Sorgen und Nöte hätten
und nur selten ein geruhsames Alter genießen könnten. Häufig komme es daher
vor, dass Könige aus Furcht, Gier oder anderen Gründen von diesen Tugenden
abwichen und zu Tyrannen würden. Dadurch seien sie mehr gefährdet als
einfache Menschen.
Im Nachklang
spricht sich
Der sechste Satz
handelt von der Philosophia und den
Philosophis
(S. 77). Es werden Sophi) gewesen,
dies sei der höchste Titel gewesen, den man Menschen verleihen könne.
(S. 80). Für Socrates aber hielte diesen Titul vor
sich zu hoch / wolte derowegen nit Sophos sonder
Philosophus genant werden / daran er und alle
seine Nachkommen sich genügen lassen
Im Gegensatz
kritisiert der Autor, dass der philosophische Streit um
die Meinungen meist nicht um der Wahrheit willen geführt werde, sondern um
nichtswürdige Spitzfünde
(S. 85). Diese nenne Leutverführer
(ebd.). Hinzu komme der Verdacht, dass die
Philosophie nur Fabelwerck
sei, weil die ersten Philosophen
Dichter gewesen seien und die späteren Philosophen die Ideen dieser
lügenhafftigen Poeten
(S. 86) übernommen hätten. Die
moralische Integrität einiger Philosophen wird angezweifelt. Die Deutschen
seien den Philosophen gegenüber immer skeptisch gewesen und hätten die
verschiedenen Meinungen über die Prinzipien der Natur oder das Summum Bonum
verachtet. Für sie seien die Philosophen seltzame Abendteurer /
Gauckler und Possen-reisser
(S. 88).
Der Nachklang
gibt beiden Positionen recht: Jene Philosophie, welche
die christliche Theologie verfälsche und in ein Sophistisch
Geschwätz
verwandle (ebd.), sei zu verwerfen. Weil jedoch die
Kirchenväter sich der Philosophie bedient hätten, um die Ketzer zu
widerlegen und den christlichen Glauben zu stärken, sei sie zu loben. In
vielen Ländern seien Philosophen als Verderber der Jugend des Landes
verwiesen worden und es seien viele Spott- und Streitschriften gegen sie
geschrieben worden, genannt wird u. a. die Komödie
Der siebente Satz
behandelt die Mummerey
(S. 91). Die
Verkleidung sei nichts Schlechtes, unser schwaches
Menschliches Fleisch angenommen
habe (ebd.) und auch
Im Gegensatz
erscheint die Verkleidung in anderem Licht: Der erste,
der sich verkleidet habe, sei der Teufel gewesen, als er in Gestalt einer
Schlange siebenhunderterley
Arten, sich durch Schminke
und Kleidung zu verstellen (S. 96), doch auch die Männer hätten diese Kunst
erlernt, so dass Treu / Glaube und Uffrichtigkeit so schwerlich mehr
zu finden
seien (ebd.). Die Fastnacht sei kein harmloser Spaß,
sondern eine unehrliche Ergetzung
, durch die Zucht /
Scham und Erbarkeit
abgelegt würden und durch die Hurerey
/ Dieberey / Mord und Todtschlag
gefördert würden (S. 99). Die
Verkleidungen der Fastnacht dienten nur dazu, sich in aller
läppischen Uppigkeit herumb zu weltzen / und so unerkandt allerhand
Leichtfertigkeiten und Unfläterey zu begehen
, die man sonst
nicht begehen könnte, ohne seine Ehre zu verlieren (ebd.).
Auch Masken und Verkleidungen sind dem Nachklang
zufolge nicht
prinzipiell gut oder schlecht, sondern nur der Gebrauch, den man von ihnen
macht. De Autor warnt noch einmal vor dem Teufel, der viele Maskeraden
benutze, um die Menschen zu verführen und seiner Hexenschar
einzuverleiben.
Der achte Satz
handelt von der Medicin und den Medicis
(S. 102). Weil die Gesundheit zu den höchsten Gütern gehört und die Ärzte
Krankheiten heilen und die Gesundheit wiederherstellen können, werden sie
von allen geachtet. Für den Mediziner seien fünf der sieben freien Künste,
nämlich Logik, Rhetorik, Arithmetik, Musik und Astrologie wichtig; Grammatik
und Geometrie werden nicht genannt, dafür aber die Theologie, weil der Arzt
seine Patienten bei Bedarf an ihre Sterblichkeit erinnern und sie mahnen
müsse, ihren Frieden mit Gott zu machen. Wegen der vielen Kenntnisse, die
zum Beruf des Arztes gehören, seien die Ärzte hoch zu achten.
Der Gegensatz
verweist auf die Fehlbarkeit der Ärzte. Viele seien
einfach Scharlatane, die nicht wüssten, was sie tun, keine Ahnung von den
Krankheiten und niemals ein medizinisches Buch gelesen hätten, sich aber
stets als große Mediziner präsentierten. Für Menschen, die an solche
falschen Ärzte gerieten, ende die Behandlung meist tödlich. Auch viele echte
Ärzte betrögen ihre Patienten, indem sie die Heilung hinauszögerten und
teure Medikamente verschrieben, um möglichst viel Geld zu verdienen. Zudem
seien sie in großer Gefahr, hoffärtig zu werden, mit dem Ziel, nur noch
Fürsten zu behandeln. Diese benutzten ärmere Patienten bestenfalls als
Versuchskaninchen für noch nicht erprobte Medikamente.
Der Nachklang
konstatiert, dass es sowohl Ärzte gebe, die Seuchen
besiegen als auch solche, die die Friedhöfe füllten. Guten Ärzten solle man
ihre Fehler verzeihen, schlechten das Handwerk legen. Allgemein erscheine
der Arzt dem Patienten in dreierlei Gestalt: Als Engel, wenn er zu ihm
komme, als Gott, wenn er ihn geheilt habe und als Teufel, wenn der Patient
ihn bezahlen müsse. Der Autor empfiehlt, die guten Ärzte gerne zu bezahlen,
da man sein Geld nicht besser als in seine Gesundheit anlegen könne.
Der neunte Satz
handelt von den Bettlern. Diese seien reicher und
freigebiger als ein Kaiser, denn dieser müsse, um seinen Reichtum und seine
Freigebigkeit zu beweisen, selbst zum Bettler werden. Einem ehrlichen Leben
sei jedoch die Armut entgegengesetzt, weil den Armen oft die Wahl bleibe zu
stehlen oder vor Hunger zu sterben. Wenn ein ehrlicher Mensch durch Unglück
Haus und Hof verliere, so finde sich schwerlich ein Reicher, der ihm seinen
Verlust ersetze. Die Bettler dagegen gäben ihm so viel, dass er sich ein
schöneres Haus bauen könne als zuvor. Das Betteln sei gottgefällig, weil es
die Reichen zur Freigebigkeit aufrufe und sie an das Gebot des Mitleids
erinnere. Daher hätten viele Heilige ihren Reichtum verschenkt und
Bettelorden gegründet, um Gott in Armut zu dienen. Weil der Bettler nicht
arbeiten müsse und keine Sorge um sein Hab und Gut zu haben brauche, sei er
freier als ein Fürst. Wenn er reisen wolle, brauche er keine Wechselbriefe
oder ein Heer. Er lebe von anderer Leute Arbeit, ohne selbst zu arbeiten und
ihm werde gegeben, ohne das er selbst etwas geben müsse.
Der Gegensatz
betont, dass jedoch die meisten Bettler nicht aus Armut,
sondern aus Faulheit und Schamlosigkeit bettelten. Die meisten könnten ihr
Geld durch Arbeit verdienen. Daher solle man solche Bettler zur Arbeit
zwingen oder sie bestrafen. Viele Bettler erschwindelten sich ihre Almosen
durch Betrügereien, indem sie Krankheiten oder Gebrechen vortäuschten, wobei
sie eine ausgefeilte Technik entwickelt hätten. Nur die Pest oder die
Syphilis täuschten sie nicht vor, weil sich ihnen dann niemand nähern würde.
Sie hätten sogar eine eigene Sprache entwickelt, die nur Eingeweihte
verstünden. Die erbettelten Almosen verprassten sie. Die vielen
Spenglern / Schleiffern / Storgern oder Quacksalbern /
Schornsteinfegern / Zigeunern / Comödianten / Neuen-Zeitung-singern /
und andern umblauffenden Strolchen / Landstörtzern und
Landbetriegern
(S. 129) seien eine große und unnütze Last für
die Lande. Viele von ihnen ließen sich nicht mit einem Almosen abspeisen,
sondern verlangten noch Butter und Eier dazu. Und wer das Almosen
verweigere, riskiere, dass der rothe Hahn […] ihm zum Dach hinaus
gejagt
werde (ebd.). Das Schlimmste aber sei, dass sie durch das
Verprassen der milden Gaben Gott verspotteten und ihr gotteslästerliches
Leben nicht aufgeben wollten.
Dem Nachklang
zufolge ist es unchristlich, einem alten oder kranken
Mann, der sich anders seinen Lebensunterhalt nicht mehr verdienen könne, das
Almosen zu verweigern. Doch jungen und kräftigen Bettlern solle man nichts
geben, denn diese verstießen gegen die Gebote Gottes. Diese sollten zur
Zwangsarbeit verpflichtet werden. Ein Herr aus
Der letzte Satz
des Werks handelt vom Krieg. Egal, ob man Macht, Ehre,
Rache oder Reichtum für die besten Güter halte, das beste Mittel, diese zu
erreichen, sei der Krieg. Zudem habe der Krieg auch eine Schutzfunktion, er
sei zur Verteidigung des Landes notwendig. Für den Krieger gebe es großen
Ruhm zu gewinnen, wenn er sich tapfer zeige. Verschiedene Völker, etwa die
Der Autor betont, dass ein Gegensatz
angesichts des Dreißigjährigen
Krieges eigentlich gar nicht notwendig sei, da jeder seine Schädlichkeit
erfahren habe. Doch inzwischen sei eine junge Generation herangewachsen, die
nicht mehr wisse, was Krieg sei. Das Leben eines Soldaten wird als hart und
entbehrungsreich beschrieben, der Soldat habe viele Pflichten, sein Sold sei
kärglich und er müsse jederzeit bereit sein zu töten oder zu sterben. Er
habe keine Ruhe und bis er die Feinheiten des Kriegshandwerks erlernt habe,
sei er meist schon tot. Im Hinblick auf seine eigenen Kriegserfahrungen
betont nichts unsinnigers uff der
Welt
gebe als den Krieg (S. 146). Tiere kämpften mit ihren
natürlichen Waffen, mit Zähnen und Krallen und sie töteten nur, wenn sie
Hunger hätten oder gereizt würden. Die Menschen töteten aber durch Metall
und Stahl andere Ebenbilder Gottes, für die Blueth / Hirn / Jngeweid und gantzen
Gliedmassen gantz abscheulicher Weise getroffen / besprengt und
besudelt
(ebd.). Es gebe drei Hauptstrafen, doch vor Hunger und
Seuchen sei der Krieg die schlimmste von ihnen. Er setze das Gemeinwesen
außer Kraft, befördere das Chaos und brächte unermessliches Leid über die
Menschen. Die Bewohner, sofern sie körperlich ungeschoren blieben, litten
unter den hohen Kriegsabgaben, mit denen Ausrüstung und Sold finanziert
werden müssten. Am Ende gebe es zwei oder drei Menschen, die von dem Krieg
profitierten, aber Tausende, die unter ihm zu leiden hätten.
Im Nachklang
sagt der Autor, dass er nur einen kleinen Teil des
Krieges geschildert habe, doch es sei deutlich, was er vor ein
erschreckliches und grausames Monstrum seye
(S. 151). Für
weiteres verweist er erneut auf den
Der fiktive Verfasser dieses biblischen Romans ist identisch mit dem des
Auf der Titelseite wird Exempel
bezeichnet, das die unveränderliche[]
Vorsehung Gottes
zeige. Die Geschichte des biblischen gar zu
fabelhafftig
(S. 1) seien. Wenn es aber gewünscht sei, dass auch
diese Geschichten erzählt würden, dann könnten sie in die Fortsetzung, die
Lebensgeschichte des
Es folgt eine kurze Inhaltsangabe, welche die Geschichte als göttlichen Plan
interpretiert: Gott habe beschlossen, das Geschlecht einfältig
erzählt (S. 2). Der Hinweis
auf die einfältige
Erzählweise ist bereits ein Hinweis auf den gerade
in der Entstehung befindlichen
Der eigentlichen Erzählung ist eine weitere Vorrede Joseph an Momum
und Zoilum
vorgeschaltet, in der sich die Hauptfigur Kritik an
diesem Roman verbittet. Die beiden Erzkritiker werden bereits in den
Vorreden des
Darbey ware er sehr demütig /
fromb / auffrichtig / redsprechig / freundlich und holdseliger Geberden
/ von den Lastern wuste er so gar nichts / daß er auch ihre Namen nicht
verstunde
(S. 8). Wegen dieser Eigenschaften, weil er seinen
Vater stets unterstützt und seiner Mutter bundgestickten Rock
(ebd.). Diese übermäßige Liebe ruft
den Neid der älteren Brüder
Die Brüder sind wütend über diese Träume und die Auslegungen Also
liessen sich diese Gebrüdere durch Eifer / Neid / Haß / Mißgunst / Zorn
und Mißtrauen umbtreiben / und zogen mit ihren Herden in das Waidreiche
Land Sichem
(S. 21).
Währenddessen wird
Als er sie gefunden hat, ist er froh, sie gesund wiederzusehen. Bei den
Brüdern jedoch, die ihn schon von weitem in seinem bunten Rock erblicken,
wird der Hass so groß, dass sie Mordpläne schmieden. Doch der besonnene wie die Hund an den Steinen zu thun pflegen / wann sie
den / so sie damit geworffen / nicht beschädigen mögen
(S. 36
f.). Also würde Jacob mit
seines liebsten Sohns Rock betrogen / weil er hiebevor seinen Vatter
auch mit seines liebsten Sohns Rock betrogen hatte
(S. 47).
Die ismaelitischen Kaufleute bemerken schnell
Als die Kaufleute in abgelebter eyfersichtiger
Herr
(S. 61), der
Weil sein Geschäft floriert, entschließt sich
Schon bald nach der Hochzeit beginnt sie, ihm Avancen zu machen. Er tut so,
als bemerke er ihre Annäherungsversuche nicht. Um den Anschein zu wahren,
täuscht sie Hanrey
macht (S. 71). Auf vielfache Weise versucht sie
immer wieder, grausamer Tyrann
sei (S. 78). Da
bemerkt sie, dass sie nicht alleine ist. Sie wird von schöne und unvergleichliche
Jungfrau
(S. 80).
Später wird Diamantines Hertz
(S. 92) und beschließt, nicht
aufzugeben. Ein letztes Mal setzt sie all ihre körperlichen Reize ein, um
ihn zu verführen. wie ein
höllische Furi
(S. 109) das Gesicht. Voller Zorn schwört sie
Rache.
Als am Abend
Im Gefängnis muss
Währenddessen erfährt
Nothzwänger / Ehren-Dieb
und Mörder
anklagen werde (S. 127). Er wolle aber
verreckt
schließlich an genau jenem Tag, den
Einige Zeit nach dem Wechsel auf dem Thron werden der oberste Bäcker und der
Mundschenk des Pharaos ins Gefängnis gebracht. Beiden werden relativ
geringfügige Delikte vorgeworfen, doch der neue König bestraft schon
kleinere Vergehen hart. Beide haben Träume gehabt, die ihnen
Weil der neue Pharao im Zuge seiner Krönung viele Häftlinge begnadigt hat und
den Werkstätten die Arbeiter fehlen, werden Leibeigene herangezogen. Auf
diese Weise gelangt vortrefflichste[n] Dam in gantz
Egypten
erhalten (S. 146).
Wenige Tage später hat der Pharao Träume, die die höfischen Traumdeuter nicht
deuten können. In der allgemeinen Ratlosigkeit erinnert sich der Mundschenk
an
Der Reichskanzler erzählt
Nach kurzer Beratung mit den Würdenträgern bestimmt der Pharao
In dem Verfahren treten bald Boßheit
(S. 162) und Thorheit
(S. 163) zutage, mit
Noch vor Beginn der Dürreperiode hat
Nach sieben Jahren beginnt die Teuerung und nach und nach breitet sich die
Hungersnot aus. Eines Tages meldet
Nach ihrer Rückkehr schildern die Brüder
Als sie wieder bei
Als er nach Hause kommt und durch Verrähterlich verkaufft haben
solten
(S. 198). Sie führt dies auf den göttlichen Ratschluss
zurück, der
Weil es die Brüder nicht wagen, ohne
In diesem Augenblick jedoch kann
Als
Inzwischen wird die Hungersnot in
Nach dem Ende der Hungersnot errichtet
Siebzehn Jahre nach seiner Ankunft in
Beide Texte weisen weder eine Titelseite noch eine Verfasserangabe auf.
Der vollständige Titel des Anhang Etlicher wunderlicher Antiquitäten / so der fliegende
Wandersmann Zeit seiner wehrenden Reiß / in einer abgelegenen Vestung an
dem Meer gelegen / und von den Türcken bewohnet / gesehen und
verzeichnet
(S. 1). Es handelt sich dabei um ein Sammelsurium
von insgesamt 89 unterschiedlichsten Gegenständen, die in besagter Festung
zu sehen sind und die biblischen oder historischen Persönlichkeiten oder
Ereignissen zugeschrieben werden, wodurch sie heilsgeschichtliche Bedeutung
erhalten, z. B. Nr. 7: Ein Stuck von dem Feigenblat / wormit sich die
Eva bedecket
(ebd.). Gelegentlich werden auch Anachronismen
eingebaut, so wird etwa in Nr. 10 eine Tabakspfeife Der Schatten des öbern Ackers / worauff Abel seinen
Bruder Cain erschlagen
(ebd.).
Der vollständige Titel des Extract. Der ansehnlichen Tractamenten samt deren Expens, welche
den Herrn von Hirschau in vergangener Fastnacht aufgesetzt / und von
demselben ritu solemni verzehrt worden
(S. 11). Es liegt hier
eine fiktive Rechnung eines Festessens zur Fastnacht vor, das von Narren
verzehrt wurde und in der jeweils eine genießbare mit einer ungenießbaren
Speise kombiniert ist, samt dem zu zahlenden Preis, z. B. Vor Salat
und Wagenschmier…9. Kreutz
(ebd.).
Beide Texte sind Anhang der deutschen Übersetzung von Francis Godwins Roman
Breuer 1999,
168 f. interpretiert die beiden Texte als Argutienreihen
(ebd.,
169), also als Kuriositätenkabinette, in denen alltägliche Gegenstände durch
ungewöhnliche Kombinationen einen neuen, oft heilsgeschichtlichen Sinn
erhalten. Ziel ist es, bei den Lesern Verwunderung [zu]
bewirken
und gleichzeitig einen verborgenen geistlichen
Sinn
aufzudecken (ebd., 168). Als Vorbilder nennt er
etwa Fischarts
Der fiktive Verfasser dieses Romans ist
Der junge Damals
stunde ich auß / und empfande (jedoch gantz unvermerckt) die Würckung
deß Unverstands und der Unwissenheit / wann ein unvernünfftig Thier an
meiner Stell gewesen wäre / so hätte es besser gewust / was es zu seiner
Erhaltung hätte thun sollen / als ich
(S. 23). Im Wald begegnet
der Junge schließlich einem alten Einsiedler, der ihn zunächst erschreckt,
zu dem er aber bald Vertrauen fasst, als er dessen Lied Komm Trost der
Nacht / O Nachtigal
hört (S. 26 f.). Als dem Einsiedler deutlich
wird, dass der Junge heimatlos ist und zudem in aller Einfalt und ohne
christliche Erziehung gelebt hat, nimmt er ihn bei sich auf. Wegen seiner
Einfalt gibt er dem Jungen den Namen
Gegen den Rat des Pfarrers bleibt tyrannische [...] Grausamkeit
(S. 46) der Soldaten
schockiert ihn so sehr, dass er seinen Wunsch, den Wald zu verlassen,
überdenkt. Doch als er auch seine eigene bescheidene Hütte geplündert
vorfindet, hat er keine andere Wahl mehr. Nach einem Traum, in dem ihm das
Verhältnis der Stände in der Kriegsgesellschaft vor Augen geführt wurde
(Ständebaum-Allegorie), findet er in einem der von den Soldaten zerrissenen
Bücher einen Brief des Einsiedlers, in dem dieser ihm rät, nach seinem Tod
den Wald zu verlassen. Er befolgt den Rat und zieht fort. Er kommt durch das
zerstörte
Nach diesem Vorfall wird der
einfältigste Einfältige
). Ihm wird vorgegaukelt, gestorben und in
der Hölle geläutert worden zu sein. Nach dem Ritual wird er in eine
Kalbshaut und eine Kappe mit Eselsohren gekleidet, wodurch er auch äußerlich
zum Narren gemacht wird. Durch den Pfarrer darauf vorbereitet, erträgt
Dieses liesse ich mich umb so viel desto ehender überreden / weil mich
hungerte / und nicht darumb / daß ich hiebevor schon selbst gesehen /
wie theils Menschen säuischer als Schwein / grimmiger als Löwen / gäiler
als Böck / neidiger als Hund / unbändiger als Pferd / gröber als Esel /
versoffener als Rinder / listiger als Füchs / gefrässiger als Wölff /
närrischer als Affen / und gifftiger als Schlangen und Krotten waren /
welche dannoch allesampt menschlicher Nahrung genossen / und nur durch
die Gestalt von den Thieren unterschieden waren / zumalen auch die
Unschuld eines Kalbs bey weitem nicht hatten
(S. 146).
Als er bemerkt, dass er als Narr die Freiheit hat, unangenehme Wahrheiten zu
sagen, für die er zuvor bestraft worden war, übt er derbe Kritik an den
Zuständen am Hanauer Hof und an der Herrschaft im Allgemeinen. Er erklärt
Gouverneur Jch halte ihn vor einen Narrn / weil er
jedem die Wahrheit so ungescheut sagt / hingegen seynd seine Discursen
so beschaffen / daß solche keinem Narrn zustehen
(S. 170).
Nachdem er durch den Pfarrer von
Eines Nachts gerät er in ein Haus, dessen Bewohnerinnen offensichtlich Hexen
sind. Auf einer Bank, auf die er sich zufällig gesetzt hat, reitet er zum
höllische Gesellschaft
(S. 189). An dieser Stelle wird
die Handlung von einer Diskussion über die Frage nach der Existenz von Hexen
unterbrochen. Allen Argumenten, die gegen deren Existenz sprechen, hält
[…] dann es gilt mir gleich / es mags einer glauben oder nicht / und
wers nicht glauben will / der mag einen andern Weg ersinnen / auff
welchem ich auß dem Stifft Hirschfeld oder Fulda (dann ich weiß selbst
nicht / wo ich in den Wäldern herumb geschwaifft hatte) in so kurtzer
Zeit ins Ertz-Stifft Magdeburg marchirt seye
(S. 192 f.).
Als er sich von seinem Schock erholt hat, befindet sich
Der alte
Jäger von
Soest
bekannt.
Zu Beginn des dritten Buchs setzt er sich gegen einen Rivalen durch, der sich
später als
Während MEine
Hoffart vermehrte sich mit meinem Glück / darauß endlich nichts anders
als mein Fall erfolgen konte
(S. 301). Er bemerkt, dass seine
Erfolge Neider hervorgerufen haben, die über seinen Fall nicht traurig
wären. Schließlich lässt er sich zu einem Duell hinreißen und schlägt
Weil er zunehmend die Nähe der Vorgesetzten sucht und diese mit Geschenken
und Gastmählern besticht und gleichzeitig seine Kameraden vernachlässigt,
zieht er deren Hass auf sich, weil diese ihn für arrogant und hochnäsig
halten. Die Warnungen und Zeichen ignoriert er jedoch. Noch gefährlicher
wird seine Situation, als er einen Schatz findet und mit seinem Reichtum
prunkt. Weil er um seine Schätze fürchtet, deponiert er diese bei einem
Kaufmann in
Schließlich verlässt ihn sein Glück: Er gerät in einen Hinterhalt und wird
gefangen genommen. Er erhält eine ehrenvolle Haft und weil ihn sein altes
Regiment nicht loskaufen will, wird er verpflichtet, sechs Monate keine
Waffen zu tragen. Für diese Zeit lässt er sich in
Im Januar 1638 verliebt sich edle Freyheit verloren
hatte / und unter einer Bottmässigkeit
leben sollte (S. 370),
die sein Leben stark einschränken würde, macht ihn äußerst unglücklich. Er
will nach
Der geizige Kostherr bittet Fürwitz
(S. 387) nimmt er den Auftrag
an. In Beau Alman
bekannt. Die Aufführung, in der er den
Da er erstens fürchtet, dass er für seine Dienste an den Damen des Hochadels
nachträglich noch bestraft werden könnte, ihm zweitens eine Stelle als
Fähnrich in
Am zweiten Tag seiner Reise wird WOrmit einer sündiget / darmit pflegt einer auch gestrafft zu
werden / diese Kinds-Blattern richteten mich dergestalt zu / daß ich
hinfüro vor den Weibsbildern gute Ruhe hatte
(S. 413). Die
Krankheit entstellt ihn für immer, er verliert seine äußere Schönheit und
seine schöne Singstimme. Zudem befindet er sich in einem fremden Land, hat
keine Freunde und versteht die Sprache nicht. Diese ungünstige Lage bringt
ihn dazu, über sein bisheriges Leben nachzudenken. Er erkennt, dass seine
militärischen Erfolge die Ursache für sein jetziges Unglück waren und er
wünscht sich zum Einsiedler oder wenigstens nach
Als ihm das Geld ausgeht und er die Zeche nicht mehr bezahlen kann, wirft ihn
der Wirt hinaus. Da er noch schwach und durch die Blatternarben entstellt
ist, wird er von keinem Regiment aufgenommen und ein Handwerk hat er nicht
gelernt. So beschließt er, seine bei
In Soestisch
Leben
(S. 424) wieder beginnen kann. Der Versuch, ein Schiff zu
überfallen, misslingt, er fällt in den
Den ganzen Sommer über ist ich nur zum Unglück
geboren
worden sei (S S. 443), weil er nun erneut als Musketier
bei der Belagerung von
Bald jedoch erhält er Urlaub, seine Familie in
Er kehrt zu seinem Regiment zurück, erzählt, was vorgefallen ist und erhält
erneut die Erlaubnis, nach
Das fünfte Buch beginnt mit einer Wallfahrt der beiden Freunde nach irdisch
Paradis
vor (S. 499). Doch weil er sich lieber die Landschaft
anschaut statt zu beten und die Erbsen, die sie zur Buße in ihren Schuhen
tragen, kocht, damit diese nicht schmerzen, muss er sich scharfe Verweise
von Seiten
Nachdem sie nach Jäger von Soest
eine Stelle als
Hauptmann und sein eigenes Regiment. Doch bereits sein erstes Gefecht in
dieser neuen Position wird zum Fiasko:
Weil sich sein Zustand stabilisiert, versucht
Dort angekommen muss er feststellen, dass sich mehr gebösert als
gebessert
hat (S. 519) und er im Sterben liegt. Trotzdem beginnt
er sich wieder nach erotischen Abenteuern umzusehen und bandelt unter
anderem mit
Eines Tages ist er auf einer Landstaße unterwegs, als ihm plötzlich sein Knan
begegnet. Von diesem erfährt er endlich seine wahre Herkunft: Er ist nicht
der leibliche Sohn des Knans, sondern einer jungen Adligen, die diesen eines
Nachts im Wald um Hilfe bat, weil sie hochschwanger und völlig alleine war.
Er half ihr mit der Meuder, das Kind zur Welt zu bringen. Nachdem sie ihnen
ihren Schmuck geschenkt und sie gebeten hatte, das Kind als ihr eigenes
aufzunehmen, sei sie gestorben. Seine Mutter hieß
Seine Ehefrau ist derweil schwanger. Als sie niederkommt, wird
[…] also daß ich auff einmal drey Kinder zusammen brachte / und war
mir nit anders zu Sinn / als es würde auß jedem Winckel noch eins herfür
kriechen / welches mir nit wenig graue Haar machte! Aber es gehet nit
anders her / wann man in einem so gottlosen und verruchten Leben / wie
ich eins geführt / seinen viehischen Begierden folget
(S.
536).
Von der schwedischen Obrigkeit wird er deshalb mit einer Geldstrafe belegt.
Seine Frau macht ihm wegen der beiden anderen Kinder viel Ärger, so dass er
die Magd schließlich besticht, damit sie behauptet, ihr Kind sei von einem
fremden Stutzer gezeugt worden. Als ihr Kind durch ihre Schuld stirbt, säuft
sich die Ehefrau zu Tode, welches mir so zu Hertzen gienge / daß ich
mich fast kranck hierüber gelacht hätte
(S. 537). Nach dem Tod
seiner Frau beschließt
Als er vom sagenhaften
Nach einiger Zeit des Friedens ziehen wieder schwedische Truppen ein.
Nachdem er sein bisheriges Leben und die Erfahrungen seiner Weltreise
überdacht hat, kommt er zu dem Ergebnis, dass man in der Welt nicht fromm
und gottgefällig leben könne. Deshalb nimmt er im letzten Kapitel von der
Welt Abschied (Adjeu Welt
) und zieht sich als Einsiedler in die
Wildnis zurück, allerdings mit dem Vorbehalt, dass dieser Abschied nicht für
immer sein müsse: ob ich aber wie mein Vatter seel. biß an mein End
darin verharren werde / stehet dahin
(S. 618).
Auch hier ist
Die
Er gibt sich unnützen Gedancken
(fol. A 5 b) hin, etwa der
Frage, ob der Geiz oder die Verschwendung das schlimmere Laster sei. Diese
Gedanken führen in einen Traum, der Julus-Avarus-Episode, in der
Als
[…] und köndte es auch wol möglich seyn / daß du mich nicht kennen
soltest / da ich doch alle Zeit und Täge deines Lebens bin bey dir
gewesen? daß ich aber niemahl mit dir mündlich geredt hab wie etwan Anno
1534. den letzten Julij mit Hanß Sachsen dem Schuster von Nörnberg / ist
die Ursach / daß du meiner niemahlen geachtet hast; unangesehen ich dich
mehr als ander Leut bald groß / bald klein / bald reich bald arm / bald
hoch bald nider / bald lustig bald traurig / bald böß bald gut / und in
summa bald so bald anders gemacht hab
(fol. C 2 b).
zimblicher Zifferant
ist (fol. C 4). Die dechiffrierte
Botschaft lautet: Magst dir selbst einbilden wie es Einem jeden ding
ergangen hernach einen discurs daraus formirn Vnd dauon Glauben was der
wahrheit ähnlich ist so hastu was dein närrischeR uorvitz
begehret
. Hierin wird eine poetologische Technik vermittelt:
Durch die Einbildungskraft kann der Dichter sich in jedes Ding
hineinversetzen und dessen Geschichte, wie sie verlaufen sein könnte,
erzählen.
Zunächst macht
Bald beschließt er, sein Eremitendasein aufzugeben, weil ihm scheint, dass er
Gott besser dienen könne, indem er seinen Mitmenschen helfe. Zudem deutet er
das Erscheinen des Schermesser
) erinnert er sich an die
Lehre des
Dort wird er von einem Schlossherrn aufgenommen. In der Nacht wird er von
Geistern heimgesucht, doch seine Frömmigkeit bewahrt ihn vor Schlimmerem. Es
stellt sich heraus, dass die Geister in ihrem Leben großes Unrecht begangen
haben, das beglichen werden müsse, wenn sie Frieden finden wollten.
Als er weiterzieht, schließt sich ihm ein Sendbote an, mit dem er gemeinsam
nach
Wilder Mann
gegen Geld
dem Volk vorgeführt. In einer Handelsstadt erblickt er europäisch gekleidete
Männer, die deutsch, französisch und italienisch sprechen.
Da der Krieg kein Ende zu nehmen scheint, beschließt
Sie errichten gemeinsam drei Kreuze auf der Insel, damit der Teufel nicht
noch einmal Zutritt bekomme. Sie verleben viele Jahre auf dieser Insel,
kleiden sich in Kleider, die sie aus Palmblättern nähen und sorgen für ein
gutes und arbeitsames Leben. Buch der Natur
zu lesen.
In den letzten Kapiteln erzählt Kapitän
mein GOtt was wolt ihr mich zeichen hier ist Fried / dort ist Krieg;
hier weiß ich nichts von Hoffart / vom Geitz / vom Zorn / vom Neyd / vom
Eyfer / von Falschheit / von Betrug / von allerhand Sorgen beydes umb
Nahrung und Klaydung noch umb ehr und Reputation; hier ist eine stille
Einsame ohne Zorn / Hader und Zanck; eine Sicherheit vor eitlen
Begierden / ein Vestung wider alles unordenliches verlangen; ein Schutz
wider die vielfältige Strick der Welt und ein stille Ruhe / darinnen man
dem Allerhöchsten allein dienen: seine Wunder betrachten / und ihm loben
und preysen kan; als ich noch in Europa lebte / war alles (ach Jammer!
daß ich solches von Christen zeugen soll) mit Krieg / Brandt / Mord /
Raub / Plünderung / Frauen und Jungfrauen schänden etc. erfüllt; Alß
aber die Güte GOTTes solche Plagen sambt der schröcklichen Pestilentz
und dem grausamen Hunger hinweck nahm / und dem armen betrangten Volck
zum besten den edlen Frieden wider sendete / da kamen allerhand Laster
deß Wollusts / als Fressen / Sauffen und Spielen; huren / buben und
ehebrechen; welche den gantzen Schwarm der anderen Laster alle nach sich
ziehen / biß es endlich so weit kommen / daß je einer durch
Unterdruckung deß andern sich groß zumachen / offentlich practicirt,
dabey dann kein List / Betrug und Politische Spitzfindigkeit gesparrt
wird; und was das allerärgste / ist dieses / daß keine Besserung
zuhoffen / in dem jeder vermeinet / wann er nur acht Tagen wanns wol
geräth dem Gottesdienst beywohne / und sich etwan das Jahr einmahl
vermeintlich mit GOtt versöhne / er habe es als ein frommer Christ / nit
allein alles wol außgerichtet / sondern GOtt seye ihm noch darzu umb
solche laue Andacht viel schuldig; solte ich nun wider zu solchem Volck
verlangen? müste ich nit besorgen wann ich diese Jnsul / in welche mich
der liebe GOtt gantz wunderbarlicher weiß versetzt / widerumb quittirte
/ es würde mir auff dem Meer wie dem Ionae ergehen? nein! sagte er / vor
solchen Beginnen wolle mich GOtt behüten
(fol. G 7 - G 8).
Der Kapitän respektiert diese Entscheidung und nach einer Woche, in der sich
die Kranken gut erholt haben, verlässt das Schiff die Beschluß
, in dem der mit H. J. C. V. G. P. zu Cernheim
(fol. G 10):
Die Initialen bedeuten nichts anderes als Cernheim
ist ein Anagramm zu
Der Autor dieser Schrift ist
Auf dem Titelblatt kündigt unterschiedliche
(EC, S.
1), gibt Informationen über Bauernpraktiken und Anweisungen zur Erstellung
von Kalendern und Nativitäten. Außerdem werden Curiose
Discursen von der Astronomia, AstrologiaWahrhaffte
Wunder-Geschichten / und andere Merckwürdige Begebenheiten
(ebd.) erzählt und Auskünfte über verschiedene Künste und Wissenschaften
erteilt. So könne der des Lebens und Schreibens kundige Leser nicht nur
alles finden, was er von einem Kalender erwarte, sondern darüber hinaus
lernen, Nativitäten zu erstellen und aus fleissiger
vorhersagen (ebd.).observation künfftig Gewitter / Krieg / Kranckheit / Frucht-
und Unfruchtbarkeit
In einer Vorrede wendet sich
Jch hab zwar nach meiner Gelegenheit und wie mirs nacheinander
eingefallen / geschrieben; Aber jedoch mit Fleiß ein und andere Sachen
durcheinander gesetzt / damit vermittelst ordentlicher Folg und
besonderer Ausführung einer jeden Materi dein Fürwitz nicht auf einmal
obenhin befriedigt / Sondern vielmehr genötigt werde / das Lesen zu
wiederholen / auf daß du alles desto eigentlicher fassen / und in dein
Gedächtnis bringen möchtest
(EC, S. 3).
Der also mit Absicht kompliziert aufgebaute Text enthalte viel Nützliches und
verlange es, aufmerksam gelesen zu werden. Er warnt seinen Sohn davor, zu
schnell zu glauben, alles verstanden zu haben: Er müsse mehrfach die
Abschnitte lesen, anders, als es gewöhnlich bei Kalendern der Fall sei.
Darum sei dies ein ewigwährender Calender
(ebd.). Er habe ihn
absichtlich in einem schlechten [d. i. schlichten; S. R.]
und einer Stylumordentlichen
Unordnung
(ebd.) verfasst. Unterschrieben ist die Vorrede mit
Der Text ist, im Unterschied zu fast allen anderen zeitgenössischen Ausgaben
der Werke Materiae), die
nebeneinander auf einer Doppelseite angeordnet sind. Die geraden
Seitenzahlen beinhalten die erste, zweite und dritte Materia, die ungeraden die vierte, fünfte und sechste Materia. Von wenigen Ausnahmen abgesehen reicht diese
Struktur bis zur Seite 185, wo die sechste Materia
endet. Die ungeraden Seiten weisen nun links die schmalere vierte und rechts
die breitere fünfte Materia auf. Nachdem auf Seite
201 die fünfte Materia beendet ist, füllt die vierte
Materia alleine die ungeraden Seiten bis Seite
207. Weil die dritte Materia auf Seite 204 endet,
nehmen ab Seite 208 die erste und zweite Materia die
übrigen Seiten bis zum Ende des gesamten Textes auf Seite 234 ein. Die Materiae bestehen nicht nur aus Fließtext, sondern
weisen darüber hinaus auch zahlreiche Tabellen und Graphiken auf, die über
astronomische und astrologische Daten informieren. Dieser Aufbau erschwert
das kontinuierliche Lesen, weil der Text einer Materia erst auf der gegenüberliegenden Seite fortgesetzt wird.
Diese Diskontinuität korrespondiert mit der Absicht, die in der Vorrede
angesprochene ordentliche Unordnung
zu schaffen.
Die erste Materia enthält den Kern des Kalenders. Tag
für Tag werden die Heiligen, die an dem jeweiligen Tag gefeiert werden,
aufgelistet, meist mit der Funktion, die sie ausübten, etwa Fausta
Jungfraw und martyrin
(7. Januar). Kirchliche Feiertage sind
ebenfalls eingetragen. Gelegentlich werden auch Uneinigkeiten vermerkt:
Apostel Theilung. ETliche setzen diß Fest künfftigen nechsten
Tag: nach
(15. Juli, S. 142). Auch lokale
Feste werden eingearbeitet, z. B. am 12. August: Bedae Meinung ist diese Theilung
geschehen im 12. Jahr nach Christi Himmelfahrt: Den 15. diß theileten
sie die Länder in der Welt / darinn jeder predigen solte / und den 16.
hernach zogen sie voneinanderHeut wird zu Cölln
am Rhein in S. Ursulae Kirch deren und ihrer Gesellschafft ein
sonderliche Gedächtnus gehalten
(S. 166). Auffällig ist, dass in
der ersten Materia die deutschen Monatsnamen
verwendet werden: Jenner, Hornung, Mertz, Aprill, May, Brachmonath, Hewmonath, Augustmonath, Herbstmonath, Weinmonath, Wintermonath und
Christmonath.
Die zweite Materia teilt sich mit der dritten die
gleiche Überschrift:
(S. 4).Chaos, oder Verworrnes Mischmasch ohne einige
Ordnung / darinnen obgleich wie in einem Labyrinth oder besser zu sagen
/ in einem lustigen Jrrgarten / jedoch allerhand Historien / gewisse
Künste / nothwendige Wissenschafften / und ohnzählig andererley
Gattungen / seltzame Rariteten sich neben der mit untermischten
Bauren-Practick befinden; So von dem alten Simplicissimo schriftlich
verfasset: und also seinem Sohn dem jungen Simplicio hinderlassen
worden
Zumindest für die zweite Materia ist diese Überschrift
vollkommen zutreffend. Formal verläuft sie parallel zur ersten Materia: Unter Verwendung des römischen
Kalendersystems (der 1. Januar wird etwa als Calendis
Januarii
bezeichnet), werden jedem einzelnen Tag ein oder zwei
kurze Geschichten, Anekdoten und andere epische Kleinformen zugeordnet, die
inhaltlich überaus heterogen sind. Gelegentlich werden historische
Ereignisse auf den jeweiligen Tag, unter dem sie stehen, datiert, z. B. am
1. Januar: Diesen Tag thät Ulrich Zwingel sein erste Predig zu Zürich
/ Anno Christi 1519
(ebd.). Legendenhaftes steht neben
pointierten Witzen und Ratschlägen an die Bauern, etwa am 3. Januar:
Jn diesem Monat dünge das Erdreich / Aecker und Wiesen / tresche
die Frucht / laß den Wein ab / beschlage die Pferdt im Neuen Mont oder
etliche Tag hernach / sie bekommen gute Hüff / würff das Korn / schau
nach den Jmmen
(S. 6). Astrologische Einflüsse auf das
Weltgeschehen werden geschildert und dann ironisch in Frage gestellt:
Bedeutung der Cometen. VJel Fieber / Kranckheit / Pestilenz und Todt.
| Schwere Zeit Mangel und groß Hungers-Noth / | Grosse Hitz dürre Zeit
und Unfruchtbarkeit / | Krieg / Raub / Brandt / Mord / Aufruhr / Haß /
Neid und Streitt / | Frost / Kälte / Sturm-Wind / Wetter und
Wassers-Noth / | Viel hoher Leut Untergang und Todt. | Feuers Noth /
Erdbiedem an manchen End / | Und grosser Veränderung der Regiment. |
Nota. Gewiß ists / und man hats auch aus langer Erfahrung / daß die
Cometen grosser Herren Absterben bedeuten / auf deren Todt der Regierung
wegen zu Zeiten Krieg zu folgen pflegen; welcher hernach alles obige
Unglück nach sich ziehen / dahero sagt man / wann Gott ein Land straffen
wolle / so nehme er demselbigen die Obrigkeit; daß aber allweg auf
Absterben grosser Herren / deren Todt ein Comet vorgangen / alles Elend
gefolgt / weisen die Historien / es sterben aber auch Herren ohne
Cometen / deren Todt Krieg nachfolgt / und fallen Krieg ein ohne Herren
Todt
(ebd.).
Auch über Ereignisse aus jüngerer Vergangenheit, etwa die Ermordung Weistu mein Sohn warumb ich dir diß von den Wacholderbeeren
zewymahl hieher geschrieben habe? du vermeynest gewißlich auß Ubersehen!
Nein gar nicht / sonder daß du jhren Gebrauch ja nicht unterlassen
sollest / wilstu anders lang leben
(S. 209/211). Biblische
Ereignisse werden erzählt und datiert, etwa die Opferung
Anno 1635. wurde ich in Knabenweiß von den Hessen gefangen und nach
Cassel geführt / in welche Vestung ein hiesiger Leutenant kam sambt
zweyen Knechten / beydes seine Beuth abzulegen / und seine Verwandte
zubesuchen. Nach dem er sich nun ein bar Tag vffgehalten und lustig
gemacht / und nunmehr auffgesessen sich wider zu seinem Regiment
zubegeben / henckte sich sein Wasserhund den Pferdten an Schwantz / und
zog zurück was er erziehen vermöchte / stelte sich auch sonst gar letz;
Nach seinem Abscheyden kriegten wir in 4. Tagen Zeitung / daß er von den
Käys. beschädigt / und sambt den Knechten gefangen worden
(S.
46/48).
Manche historische Ereignisse, werden, ob beabsichtigt oder nicht ist kaum zu
beurteilen, falsch datiert, etwa die Schlacht bei Wer lieber junge Söhn als Töchter hätte / der bestelle solche
gegen Tag / wo aber lieber Töchter / der befleisse sich deß Abends.
Probatum est
(S. 215).
Insgesamt lässt sich konstatieren, dass weder auf inhaltlicher oder
thematischer Ebene noch auf der Ebene der Textsorten irgendeine Systematik
in der Anordnung erkennbar ist. Die zweite Materia
ist genau das, was sie der Überschrift zufolge sein soll: ein unterhaltsames
und abwechslungsreiches Chaos.
Die dritte Materia steht unter der gleichen oben
zitierten Überschrift wie die zweite, löst sich aber in ihren Texteinheiten
von den einzelnen Tagen der ersten und zweiten Materia. Zunächst besteht die dritte Materia aus allerlei Ratschlägen für den bäuerlichen Alltag, etwa
wie Seile oder Tücher vor Fäule bewahrt werden können. Die Länder,
Königreiche und Städte werden bestimmten Tierkreiszeichen zugeordnet und
andere Wissenselemente werden beschrieben.
Nach diesen Passagen, die an die zweite Materia
anzuknüpfen scheinen, folgt Simplicissimi
(S. 40): Die Meuder macht
Simplicssimus Vorwürfe, weil er ständig Kalender und Discurs mit seiner Mutter die Calender und Bawren oder alter
Weiber-Practic betreffendPracticken kaufe. Dieser antwortet: Liebe Mutter / besser
umb Bücher als verspielt: ich hab doch sonst kein Frewd in der Welt als
lesen
(ebd.). Während die Meuder in der Folge die Nützlichkeit
der Kalender in Abrede stellt und die alten Bauernpraktiken bevorzugt, die
auf der Beobachtung der Tiere und der Natur beruhen, verteidigt Schermesser (Klopapier) gebrauchen könne, was
Ihr Gespräch wird durch den Knan unterbrochen, der hereinkommt und die beiden
tadelt, weil sie dem Gesinde nicht helfen. Er sagt Regen voraus und vorher
müsse noch das Heu eingebracht werden. Die Meuder wird hinausgeschickt, um
bei der Arbeit zu helfen. Es folgt Simplicissimi Discurs mit seinem
Pfetter oder Knan / von der Bawrn-Practic
(S. 62). Wann
aber der Mond in den Fischen ist wann es donnert / so wird daß Geträid
einen kleinen Schaden leyden / und ein gewaltiger Mann mit Todt
abgehen
(S. 68). Auch hier wundert sich
Ja / ja Herr Sohn: Jhr kombt mir eben recht: Was die alte Bawersleuth
/ oder unsere Vorfahren hiebevor erfunden / das haben die Gelehrte von
jhnen auffgefischt / ein lateinischen Pfeffer darüber gemacht / und
solches nachgehents vor jhre eigene Waare der Welt dargeben und
verkaufft; Was wolte so ein Kerl der daheimb in der Stuben sitzt zu
speculiern / von denen Dingen sagen können damit wir Leuth stündlich
umbgehen und selbst Hand anlegen?
(S. 86).
Daran schließt sich der Bericht von der Entstehung des in
der newen Welt befünde
(S. 96) und wahrscheinlich nicht
zurückkommen werde, so dass die Aufzeichnungen nutzlos seien. Auf seine
Frage nach dem Namen des Sohnes antwortet sie, er sei der, den die Leute den
offendürlichen Simplicissimus
(ebd.) nennen, in
Wirklichkeit heiße er aber Materia noch Platz vorhanden sei,
hätte er diesen nun mit Geschichten aufgefüllt, die er von Leuten gehört
habe, die von zimblicher
(S. 104).Conversation: unnd ein gantz
Apophtegmatischer Mensch gewesen seyn
muß
Diese Ergänzung durch den Herausgeber besteht aus 88 Kalendergeschichten,
meist Anekdoten von wenigen Zeilen Umfang, in denen
ER sahe bey den Schweitzern unterschiedliche Esell und Maulthier mit
Citronen / Lemonen / Pommerantzen und sonst allerhand Wahren auß Jtalia
über daß Gebürg kommen; da sagte er zum Hertzbruder / schawet umb
Gotteswillen / diß ist der Jtalianer fruchtbringende
Gesellschafft
(S. 176/178).
Diese kurze Geschichte ist als ironische Anspielung auf die
Am Ende meldet sich der Herausgeber noch einmal zu Wort: Er habe den Calender
als eine Rarität für sich behalten wollen, Freunde hätten ihn aber
überredet, ihn herauszugeben. Er erwähnt, dass er die simplicianische
Familie hätte abmalen lassen und deren Porträts auf den Titelkupfer gesetzt
habe. Weil immer noch einige Seiten frei seien, fügt er noch weitere
komische Geschichten hinzu. Endlich beendet er die dritte Materia mit Datum und Unterschrift: Grießbach den 29. Jul.
1669. Christian Brandsteller Stattschreiber zu Schnackenhausen
(S. 204).
Die dritte Materia ist also deutlich strukturierter
als die zweite, weist jedoch immer noch eine große Heterogenität der Texte
und Textsorten auf: Für zeitgenössische Kalender übliche Ratschläge an die
Bauern werden von zwei Diskussionen des Materia
fungieren.
Die vierte Materia steht unter der Überschrift
Simplicissimi
(S. 5). Discurs mit Zonagrio / die
Calender-Macherey und was deme anhängig / betreffendZonagri(us) ist ein Anagramm für
wiederwertige Buhlschafften
verantwortlich machen zu müssen oder überzeugt seien, unter einem
unglücklichen Stern
zu leben (S. 207). Es sei Ketzerei zu
glauben, dass die Sterne mehr Kraft hätten als Gebete zu Gott. Damit beenden
sie das Gespräch.
Die fünfte Materia steht unter folgender Überschrift:
Simplicissimi
(S.
5). Discurs mit Joanne Indagine / darinnen er unterrichtet wird /
wie vermittelst der Astrologia Naturalis er einem
jeden Menschen ohne Kopfbrechung die Nativität stellen könne
Diese Geburt / so die Sonn im Wassermann ist / wird von Natur das
Wasser schewen / auch kein Glück darinn haben: ist geneigt zu Fiebern /
begierig vieler Ding / freundlich und holtselig / umb das 5. und 36.
Jahr seines Alters nimbt sein Glück zu / alsdann wandert er und nimbt in
Reichthumb zu: doch erlangt er keinen grossen Schatz genugsamer
Reichthumb / es seye dann in den letzten Jahren seines Alters; fallen
jhm auch solche Reichthumb zu / mehr durch Vermitlung guter Gönner / als
wegen eigner Bemühung und Geschicklichkeit. Jndessen hat er
underschidliche Widerwertigkeiten außzustehen / sonderlich aber hat er
mit eignen und frembten Weibern wenig Glück; Er muß sich nur gedulden
biß die erste abspacirt / alsdann laufft Wasser auff seine Mühl
(S. 87).
Auf vielen Seiten wird der Einfluss der Planeten auf Aussehen und Charakter
der Menschen, die unter ihnen geboren werden, beschrieben. Sie werden
bestimmten Körperteilen und Krankheiten zugeordnet, die sie hervorrufen
können. Darüber hinaus werden Pflanzen, Tiere, Tageszeiten und Tätigkeiten,
die man in bestimmten Tätigkeiten tun oder lassen soll, bestimmten
Planetenkonstellationen zugeordnet. Bisweilen ironisiert wers nicht glauben will / mags lassen bleiben / und weil
ich ihn hierzu nicht zwinge / solches gleichwohl selbst erfahren
(S. 119). Auch über die Sternbilder verliert er einige Worte. Schließlich
klärt er
Im ersten Teil der sechsten Materia wird die vierte
Materia fortgesetzt: Zonagri
(S. 5). Discurs von Waarsagern ins gemein / als Propheten
/ Sibyllen / Vatibus / Auguribus, und anderem dergleichen / darauf etwan die Alte
viel gehalten
gar geringe ja nichtige Mutmassungen unnd
(S. 79).Conjecturas, welche nicht werth seyn das weder du noch andere
ehrliche Ingenia sich darmit schleppen; Ja das
liederliche und verächtliche Gesindel der Zügeiner / die von Chus dem
Sohn Cham herkommen / und zwischen Egypten und AEthiopia wohnen/ oder wie Volateranus
vermeinet auß Persia seyn sollen / schämet sich allbereit dieser
herrlichen Kunst / damit sie doch hiebevor sich neben dem stehlen
ernehrten; Wann sie nemblich den Narren die jhnen nachlieffen / gute
Warheit darauß sagten
Simplicissimus bedankt sich bei
Der Rest der sechsten Materia besteht aus einer Reihe
von Wundergeschichten mit legendenhaftem oder anekdotischem Inhalt.
Dazwischen befinden sich noch weitere medizinische Ratschläge.
Die vierte, fünfte und sechste Materia sind damit, vom
Schluss der sechsten abgesehen, Dialoge des Materiae sind mit ihrer detaillierten, extrem
ausführlichen und das Gedächtnis überfordernden Informationsflut
möglicherweise eine Antwort
Der Materiae fordern die Geduld, die Ausdauer und den
Scharfsinn des Lesers heraus mit schier endlosen Aufzählungen und
komplizierten Berechnungen. Durch ironische Kommentare wird die
Glaubwürdigkeit des Beschriebenen oft untergraben, so dass der Leser
entscheiden muss, welche Informationen er für wahr hält und welche nicht. So
interpretiert stellt der
Der fiktive Verfasser dieses Romans ist
Die alte Hoffnung schöpfen könnte noch endlich die himmlische
Barmhertztigkeit zu erlangen
(Werke I,2, S. 12). Man könne
auch verlangen, dass sie ihr Leben, das mit mit mehrern Missethaten
als Jahren / mit mehrern Hurenstücken als Monaten / mit mehrern
Diebsgriffen als Wochen / mit mehrern Tod-Sünden als Tagen / und mit
mehrern gemeinen Sünden als Stunden beladen
sei (S. 13), bereue.
Stattdessen verspottet sie die traditionelle Lebensbeichte und lacht über
diejenigen, die glauben, sie sei zu Reue und Umkehr fähig. Sie stecke viel
zu tief im Laster, als dass sie bereuen könne: als worzu ich ein
Stück zu wenig / hingegen aber etlicher / vornemblich aber zweyer zu
viel habe; das / so mir manglet / ist die Reu / und was mir manglen
solte / ist der Geitz und der Neid
(S. 15). Neben dieser
sexuellen Anspielung werden zwei der Todsünden genannt, Geiz (avaritia) und Neid (invidia),
und auch die anderen fünf Todsünden, Zorn (ira),
Trägheit (acedia), Wollust (luxuria), Maßlosigkeit (gula) und Stolz
(superbia) werden genannt oder lassen sich
erschließen. Nun sei sie zu alt, um sich noch zu ändern, rät aber, dass man
die Jungen ermahnen solle, dass sie es aus ihrer Unbesonnenheit
nimmermehr so weit soll[en] kommen lassen / als die arme Courage
gethan
(S. 17).
Die Frage der Leser nach dem Grund vorwegnehmend gibt sie gleich die Antwort
darauf: Das thue ich dem Simplicissimo zu Trutz!
(ebd.). Er
habe sie in mit was vor einem erbarn Zobelgen
er zu schaffen gehabt
(ebd.). Sie stellt sich also selbst als
verworfene Sünderin dar, um den frommen
Winterkönig
Als Dienerin dieses Rittmeisters wird sie Zeugin der Schlacht am darumb / daß er mir nach der Courage gegriffen hat / wohin
sonst noch keines Manns-Menschen Hände kommen seyn
(S. 34). Courage in diesem Fall eine wohl schamhaft
verfremdende Variante von Kursche
Pelz, weibliche Schambehaarung
ist (vgl. Feldges 1969, 55 f.). Dieser
Vorfall bringt ihr nicht nur ihren Rufnamen ein, der damit eine
Doppelbedeutung erhält (einerseits frz. Mut, Tapferkeit, Beherztheit
,
andererseits weibliches Geschlechtsteil
), sondern auch die Gunst des
Rittmeisters, denn als ihr wahres Geschlecht offenbart ist, zeigt sie ihm
ihre Brüste und bittet ihn, ihre Jungfräulichkeit zu bewahren, nicht ohne
retrospektiv zu bemerken, dass sie diese Verzweiflung nur spielte, um seine
sexuelle Begierde zu entfachen.
Während sie hofft, dass der Rittmeister ihr Verhältnis durch eine Hochzeit
legitimiert, hält er sie jedoch hin. Schließlich wird er in einer Schlacht
schwer verwundet und liegt schon bald im Sterben. So
verkehrt nun gehets in der Welt her / andere nehmen Weiber mit ihnen
ehelich zu leben / dieser aber ehelichte mich / weil er wuste daß er
solte sterben
(S. 42). Ihre Hoffnung auf ein finanzielles
Auskommen durch sein Erbe zerschlägt sich, als sie feststellt, dass der
Rittmeister aus verarmtem Adel stammte und kein Vermögen besaß. So erhält
sie nur dessen Pferde, Waffen und Kleider.
Sie will nach meine Wahr recht theur an Mann [zu] bringen
(S. 51). Ihre
vermeintliche Keuschheit spricht sich in der Stadt herum und schon bald gilt
sie vor eine halbe Heiliginne
(ebd.), bis sie endlich die
Maskerade aufgibt und die Begierden der Männer erfüllt. Bei der Witwe lernt
sie außerdem noch, wie man sich kugelfest macht und anderen die Büchsen
zubannt. Sie behauptet, dass sie wahrscheinlich auch das Hexen gelernt
hätte, wenn sie noch länger geblieben wäre. Doch als die Wege sicher zu sein
scheinen, bricht sie nach
Kurz bevor sie ihre Heimatstadt erreicht, wird sie jedoch von einem Trupp
Reiter angegriffen und mehrfach vergewaltigt. Ein kaiserlicher Hauptmann
rettet sie aus dieser Gefahr. Sie verliebt sich in ihren Retter und heiratet
ihn. Da er sparsam ist und ihre Wünsche respektiert, wird die Ehe
harmonisch, sie reitet gelegentlich in die Schlacht und macht Beute, dafür
erweist sie sich ihm als gute Haushälterin. Das Paar lebt einige Zeit
glückselig und vergnügt
(S. 63), obwohl er
unvermöglich
, also impotent ist. Dann jedoch schlägt ihr
Fatum
(ebd.) zu, der Hauptmann wird vor
Weil ihr untersagt wird, wieder in die Schlacht zu reiten, und ihr Mann
einen Großteil des Geldes mitgenommen hat, muss sie erneut als Prostituierte
arbeiten. Trotz des Verbots kämpft sie in der Schlacht bei Strahl-Hex
bezeichnet (S. 79). Bald steht sie in dem Ruf, Männern, die ihr zu nahe
kommen Unglück zu bringen und die Soldaten sehen sie als Konkurrentin an.
Ihre Versuche, einen neuen Ehemann zu bekommen, schlagen deshalb fehl. Als
sie gewahr wird, dass sie in diesem Regiment keine Zukunft hat, nimmt sie
ihren Abschied und lässt sich in einer Stadt nieder, die sie trotz ihres
schlechten Rufs aufnimmt. Für längere Zeit lebt sie ein ruhiges und
zurückgezogenes Leben, um ihre Chancen auf einen neuen Ehemann zu
verbessern.
Doch weil sich die Patrizier der Stadt nicht mit einer Soldatenhure abgeben
wollen und andere nur auf ihr Geld aus sind, verlässt sie die Stadt wieder
und kehrt nach
Hurenstücke
(S. 102) und die Herkunft ihres
Rufnamens verschweigt. Der Hauptmann wird als bedächtig, vernünftig und
ansehnlich beschrieben und die beiden führen eine glückliche Ehe. Erneut
erweist sie sich als umsichtige Haushälterin. Als er aber in einer Schlacht
von einer Kanonenkugel getroffen wird, wird sie wieder zu einer
unglückseeligen Wittib
(S. 108).
Sie hat jedoch keine Zeit, ihn zu betrauern, denn sie wird ausgerechnet von
jenem Major aufgegriffen, den sie in der Schlacht bei diese Hengste sich müd gerammelt hatten
(S. 111), wird
sie den Knechten übergeben. Sie muss sich nackt ausziehen und viele
Demütigungen über sich ergehen lassen. Sie glaubt, dass sie diese Behandlung
für ihre früheren Sünden verdient habe. Die Überlegungen des Majors, einen
Hexenprozess gegen sie anzustrengen, werden verworfen, weil sexueller
Kontakt mit einer Hexe den Sexualpartner ebenfalls zum Hexer macht und der
Prozess so einem Selbstvernichtungsverfahren
(Berns 1990,
430) gleichgekommen wäre. Endlich wird sie von einem dänischen Rittmeister
gerettet, der sie zu seinem Schloss bringt.
Auf dem Schloss erholt sich Betrügerin betrogen
(S. 125), sie muss ihre Pläne für ein
herrschaftliches Leben aufgeben und wieder ihrer nächtlichen
Handarbeit
nachgehen (ebd.), um ihren Lebensunterhalt zu
bestreiten.
Bald wird ein junger Reuter ihr neuer Partner und sie verabreden die
Hochzeit. Doch der Korporal des Regiments begehrt
Kaum eine Stunde nach ihrer Vertreibung wird Hure / eine Vettel / eine Hex / und
gar einen Teuffel
(S. 133). Ein junger Musketier hilft ihr und
nimmt sie mit in sein Regiment, das gerade nach
Auf dem Weg nach
Der Musketier übertrifft mit seinem Eifer und Gehorsam ihre Erwartungen. Als
sie ihm den ersten Befehl erteilt, die Pferde im Gras einzufangen –
Spring-ins-felt / und fange unsern Schrecken
(S. 150) –
hat sie
Die Marketenderei blüht, zumal sie nach eigener Angabe mehrere Sorten Fleisch
anbietet, nämlich rohe / gesotten / gebraten oder lebendig
(S. 155). In ihrer doppelten Tätigkeit als Marketenderin und Prostituierte
erwirbt sie mit der Zeit großen Reichtum. Außerdem reitet sie bei jeder
Gelegenheit in die Schlacht, um Beute zu machen. Ihre Erfolge steigern aber
auch ihre Gier und so erwirbt sie eines Tages einen Flaschenteufel, einen
Spiritus familiaris, der ihr finanziellen
Reichtum verspricht, solange sie ihn besitzt, aber ewige Verdammnis
einbringt, wenn sie stirbt, solange sie ihn besitzt. Zudem müsse sie ihn
billiger verkaufen, als sie ihn gekauft habe.
Tatsächlich floriert nun ihr Geschäft besser als je zuvor und mit Spiritus familiaris abkaufen,
den er, nach einigen Versuchen, ihn loszuwerden, ins Feuer wirft.
Aus Furcht vor Melancholia
(S. 220). Sie zieht
in die schwäbische Heimatstadt ihres vierten Mannes und kann eine Weile von
dessen Erbe leben. Doch auch hier ist ihr das Glück nicht hold: Erstens ist
die Verwandtschaft des vierten Mannes keineswegs erfreut über ihre Ankunft
und zudem erreicht der Krieg auch bald diese Stadt: Sie muss Soldaten bei
sich einquartieren und schon nach kurzer Zeit ist in ihrem Haus Tag
und Nacht nichts als Fressen und Sauffen / Huren und Buben
(S.
224). Die Stadtverwaltung duldet ihr Treiben, weil die Soldaten auf diese
Weise die Frauen und Töchter der Stadt in Ruhe lassen. Dieses ungezügelte
Leben bleibt nicht ohne Folgen: Sie fängt sich die Franzosen
(Syphilis) ein und muss sich einer Kur in
In
Schelmenstück und Diebsgriff
ersonnen
hat (S. 262), als auf ein Ries Papier (= ca. 500 Blatt)
passen würde. Mit einer erneuten Spitze gegen
In der Zugab des Autors
meldet sich der Schreiber allerhand Unreinigkeit /
Schand / Spott / Armuth und Elend / und was das meiste ist / ein böß
Gewissen
(S. 263). Wie schlimm eine solche Frau sei, merke man
aber erst, wenn es zu spät sei.
Der fiktive Autor auch dieses Romans ist
Der Schreiber der Stelzvorshaus / nach dem gemeinen
Sprichwort / junge Soldaten alte Bettler
(fol. A 11 r). Auf
ach die Blut Hex! schlag sie der Donner; lebt das Teuffelsvihe
noch? es ist kein leichtfertigere Bestia seit Erschaffung der Welt von
der lieben Sonnen niemahl beschienen worden!
(fol. B 8 r). dieser Banckert des betrognen
Betriegers einiger Erb seyn werde
(fol. B 12 v).
An dieser Stelle unterbricht lose [...]
Zigeunerin
sei (ebd.).
Philarchus setzt seine Erzählung fort: dem Simplicissimo zu
Trutz
aufschreiben lassen, damit iederman seine begangene
Thorheit belache
(ebd.). Mehrere Tage hätte er bei den Zigeunern
verbracht, bis seine Arbeit beendet gewesen sei. In dieser Zeit sei er Zeuge
geworden, welch ein unordentliche[s] Gesindel
die Zigeuner
seien (fol. C 2 v) und welch einen leichtfertigen
Lebenswandel
die Gottlose Courage
führe (ebd.).
Schließlich erzählt er noch, wie sie ihn um seinen Lohn betrogen habe.
Als
Inzwischen ist die Zeit zum Abendessen herangekommen und
Seine Mutter war von edler Abstammung und war mit einem Seiltänzer, seinem
Vater, von zu Hause davongelaufen, weil sie sich in diesen verliebt hatte.
Der Vater stürzte kurz nach der Geburt des Kindes und brach sich das Genick.
Die Mutter wagte es nicht, nach Hause zurückzukehren und heiratete einen
anderen Seiltänzer aus der Truppe. Der junge
In der Folge berichtet
Dis ist gewis mein Simplice, daß ihre damalige Schönheit von solchen
Kräften war / daß sie noch wol andere Kerl als ich gewesen / an sich zu
ziehen vermochte / ja sie hatte auch meritirt von den allervornehmsten
und ehrlichsten Cavaliern bedient zu werden / wann sie nicht so Gottlos
und verrucht gewesen wäre; aber sie war in den Begierden nach Gelt so
ersoffen: in allerley Schelmstücken und Diebsgriffen / solches zu
erobern / so abgeführt und fertig: und in Vergnügungen ihrer brünstigen
Geilheit so gar insationabilis, daß ich gäntzlich darvor halte / es
hätte niemand keine Sünde daran gethan / wann er ihr zu Ersparung des
Holtzes einen halben Mühlstein an Hals gehenckt: und sie ohne Urtheil
und Recht in ein Wasser geworffen hätte; diese Unholde als sie meiner
müd worden / brachte beydes durch Schmiralia und ohn Zweifel auch durch
ihre tapfere Faust / darauf sie saß / zuwegen / daß ich sie wider meines
Hertzen Willen quittirn muste; sie gab mir zwar ein Stuck Geld / Pferd /
Kleider und Gewehr mit / hingegen aber auch den Teufel im Glas /
wessentwegen ich grosse Angst ausstunde / bis ich seiner wieder ohne
Schaden los wurde
(fol. F 9 r - F 9 v).
Nach der Trennung von
Er kehrt in die Armee zurück und nimmt an der Schlacht bei
In dieser Zeit wird er als Bauer verkleidet mit einer wichtigen Botschaft
nach
Als im März 1647 der Waffenstillstand zwischen Bayern und dem Kurfürsten von
Köln einerseits und den Franzosen, Schweden und Hessen andererseits
geschlossen wird, hat
Dieser Krieg verläuft für
Die Ehe gestaltet sich als schwierig,
In meine andere und vil ärgere Courage als die erste
Unholde [= Hexe]
gewesen sei (fol. K 5 v). Er konstatiert, dass
das Vogelnest die Frau durch die Kützel ihres geylen
Fleisches
(fol. L 3 v) sie zur Ehebrecherin, Mörderin und ihn
zum Hahnrei gemacht habe. Sie findet ihr Ende, als sie einen Bäckerknecht
als vermeintliche
Währenddessen hatte sich
Als Münchs-Possen
(fol. L 5 r). Inzwischen ist die Nacht zu
Ende gegangen und der neue Tag beginnt.
Der fiktive Verfassername ist ausnahmsweise kein Anagramm, sondern eine
ironische Replik auf Kritiker, die
Der kurze Text soll den Ursprung des Schimpfnamens Beernhäuter erklären. Die Erklärung soll beispielhaft (zum
Exempel
) erfolgen. Die meisten, die den Schimpfnamen
etymologisch erklären wollten, gäben an, er komme von den alten Deutschen,
die auf Tierhäuten geschlafen hätten. Besonders Faule, die nichts Tapferes
vollbringen wollten, hätten auf Bärenhäuten gelegen und seien zum Spott als
Beernhäuter bezeichnet worden. Der Autor habe auf
Im Jahre 1396, als abscheuliches Gespenst
(S. 4), wobei unklar bleibt, ob es
sich um den Teufel handelt. Die Erscheinung fragt den Landsknecht, ob er
reich und ein Herr werden wolle. Dieser antwortet, dass er dies gerne wolle,
solange er sein Seelenheil nicht aufs Spiel setzen müsse. Der Geist sagt,
dass er zuerst den Mut des Landsknechts prüfen müsse. Da erscheint ein
riesiger Bär, den der Landsknecht tötet. Die Erscheinung erläutert danach
die Vertragsbedingungen: Der Landsknecht muss sieben Jahre lang jede Nacht
Wache stehen, er darf sich sieben Jahre lang weder kämmen noch waschen noch
Nägel schneiden, er darf nicht schnäuzen, er muss das abgezogene Fell des
Bären statt eines Mantels tragen und darf niemals das Vaterunser beten.
Dafür bekommt er alle Verpflegung, die er braucht. Weil der Landsknecht sich
ohnehin nur ungern gewaschen hat und auch nicht gerne betet, schlägt er
ein.
Der Geist nennt den Landsknecht von nun an Beernhäuter
und führt ihn in das ein solcher abscheulicher Unflaht / daß er dem Geist selbst
ähnlicher sahe als einem vernünfftigen Menschen / der nach GOttes
herrlichem Ebenbild erschaffen worden
(S. 6).
Als die sieben Jahre fast vorbei sind, erscheint der Geist wieder und stopft ihm Geld in die Hosensäcke. Der Beernhäuter dürfe mit dem Geld machen, was er wolle, er müsse es nur verjubeln und verprassen. Solange aber die sieben Jahre nicht vollends vorbei seien, dürfe er an seinem Aussehen nichts ändern.
Der Beernhäuter gehorcht, doch wegen seines abstoßenden Äußeren wird er
überall abgewiesen. Doch sobald er sein Geld vorzeigt, wird er von den
Wirten freundlich bedient. Diese geben ihm ein gesondertes Zimmer, damit er
die anderen Gäste nicht vergrault. In der Nacht malt der Geist heimlich
Porträts berühmter Personen an die Wände des Zimmers, in dem der Beernhäuter
schläft. Es sind Bildnisse unter anderem von
Zur gleichen Zeit steigt ein Adliger in dem Wirtshaus ab. Der Wirt erzählt ihm von dem seltsamen Gast, der fürchterlich aussehe, aber hervorragende Bilder malen könne. Der Adlige ist von den Bildern so beeindruckt, dass er dem Beernhäuter folgendes Angebot macht: Er habe drei Töchter, die so ähnlich seien, dass sie oft nicht einmal ihre Mutter auseinanderhalten könne. Wenn es ihm gelänge, sie nach ihrem Alter zu ordnen, dürfe er sich eine von ihnen zur Frau nehmen. Wenn er es nicht schaffe, solle er sein Leibeigener werden.
Mit Hilfe des Geistes gelingt es dem Beernhäuter, die Aufgabe zu erfüllen.
Zur künftigen Frau sucht er die jüngste Tochter aus. Danach täuscht er
dringende Geschäfte vor, die er vor der Hochzeit erledigen müsse. Er
zerbricht einen Ring, dessen eine Hälfte er seiner Braut gibt. Diese ist
über den abscheulichen Bernheuter
(S. 12), der ihr Mann
werden soll, so unglücklich, dass sie lieber ihr Leben lang alleine bleiben
wolle als ihn zu heiraten. Ihre Eltern bestehen jedoch auf der Hochzeit und
der Spott der älteren Schwestern verstärkt ihre Traurigkeit.
Unterdessen sind die sieben Jahre vollendet. Der Geist führt den Beernhäuter zum Rhein, wo er sich wäscht, die Haare schneidet und rasiert. Dann staffiert er sich nach der neuesten Mode aus, so dass er aussieht wie ein Kavalier. Der Geist besorgt ihm eine Kutsche und einen Diener in Livree, dazu Kisten voller Geld und kostbaren Kleidern. Bei seinem künftigen Schwiegervater, der ihn wie seine Frau und die Töchter ob des veränderten Aussehens nicht erkennt, stellt er sich als Bewerber um eine seiner Töchter vor. Die beiden älteren schmücken sich mit höchstem Aufwand, weil sie hoffen, dass der stattliche junge Mann eine von ihren wählen würde. Nur die jüngste sitzt abseits und ist den hämischen Blicken ihrer Schwestern ausgesetzt.
Als der Beernhäuter entscheiden soll, welche der Schwestern er erwählt, holt er seine Hälfte des zerbrochenen Rings hervor und gibt sich als der Bräutigam der jüngsten Tochter zu erkennen. Die Eltern und sie sind hocherfreut, doch die älteren Schwestern, die sich ihrer Hoffnungen so jäh beraubt sehen, begehen Selbstmord. Der Geist erscheint dem Beernhäuter und verkündet, nun seien sie beide zufrieden: Der Beernhäuter habe eine und er selbst zwei von den Töchtern des Adligen bekommen. Der Text endet mit der Aufforderung an den Leser, selbst über diese Erklärung zu urteilen.
Es sei angemerkt, dass die
Da diese kurze Schrift zusammen mit dem Durch obigen Autorem
.
Dieser Text, als dessen fiktiver Autor Allen Gaucklern / Marckschreyern / Spielleuten
und allen anderen, die als Unterhaltungskünstler auf den Märkten auftreten,
als nöthig und nützlich
bezeichnet. In der Vorrede Der
Autor an den Käuffer / und sonst Jedermann
(Werke II,
S. 16) wird auf die Lebensbeschreibung des
Nach einem Aufruf An die Umstehenden
, einem achtzeiligen
Gedicht (S. 17) folgt eine Gebrauchsanweisung für dieses Buch: Bei der
Gaukeltasche handelt es sich um ein Requisit eines Gauklers in Form eines
Buches zur Verblüffung des Publikums. Mit einem bestimmten Griff zeigt das
Buch dem Publikum nur weiße Seiten. Der Gaukler soll jemanden bitten, in das
Buch zu blasen. Abhängig davon, welcher Charakter blase, könne der Gaukler
eine bestimmte Seite aufschlagen: Es gebe Seiten für Menschen, die sich für
gelehrt oder weise halten, Seiten für Reiche, Gewalttätige, Soldaten,
Säufer, Frauenhelden usw. Wichtig sei es deshalb für den Gaukler, den
Charakter der Leute anhand des Gesichts, der Kleidung, des Alters etc.
richtig einschätzen zu können. Eine solche Gebrauchsanweisung gibt
Es folgen insgesamt zwölf mit Illustrationen versehene kurze Gedichte, in
denen bestimmte Charaktere in witzig-satirischer Form kritisiert werden,
darunter Geizhälse, Juden, Possenreißer, Soldaten, Trinker und Spieler. Der
kurze Text endet mit einer in Alexandrinern verfassten Poetische[n]
Erinnerung
(S. 32): Der Gaukler Simplen Kerl erdappet
(ebd.) habe. Der Leser solle es nur auch einmal versuchen. Solange er mit
seinen Lüsten in bestimmten Schranken bleibe, werde einem viel Gutes
getan.
Neben den beiden Legendenromanen Hans Jacob Christoph von Grimmelshausen /
Gelnhusano
.
Der Text trägt den Titel lustig
entworfen[e]
Zusammenstellung von Geschichten des
waidlichen
Königs sanfftmütigen
Königs getreuen
tapffern
Generals zu Schanden
geworden. Auch
Vor den eigentlichen Beginn befindet sich noch eine Widmung. Der Traktat wird
dem Hans Jacob Christoffel von
Grimmelshausen / Gelnhusanus, P. zu Cernheim
. P.
ist die
Abkürzung für Praetor (Schultheiß), Cernheim ist ein Anagramm für
Der Text besteht aus insgesamt sechs Kapiteln, so genannten Discursen. Im ersten Discurs stellt Jure Humano positivo
(S.
7), legitimiert. Eine solche Herrschaft sei aber nicht nur nützlich, sondern
ohnumbgängliche Nothwendigkeit
(ebd.), da der Herrscher
über das Eigentum der Menschen wache und sie beschütze. immediate
(ebd.), d. h. durch Gottes Verfügung, wie mediate
(ebd.), womit gemeint ist, dass Gott den Menschen
den richtigen Herrscher eingegeben habe, wie es etwa bei den römischen
Königen
Aus dieser Unterscheidung leitet
Handhabung der Gesetze und Statuten; Bescheidenheit und Vorsichtigkeit
im Regieren; Freundlichkeit gegen seinen frommen und getreuen
Unterthanen; Gerechtigkeit im Urtheilen; Standhafftigkeit in seinem
einmal vorgenommenen; Zuvor aber wolerwogenen Wercken; Grosmühtig und
unerschrocken in Gefahren; Erbar und gravitätisch im Wandel / Sitten und
Geberden; Und endlich auffrichtig und voller Warheit / Treu und Glauben
in seinen Worten
(S. 8).
Zu den Aufgaben des Herrschers zählt er vor allem den Erhalt und Wohlstand
des Staates, der Untertanen und seiner selbst. Die Anstrengungen eines
Herrschers werden in der Alemode-Welt
(S. 9) Ratio Status (Staatsraison) genannt. In Normalfall
werden diese Tugenden aber nicht auf diesen Terminus bezogen. Dies liege
daran, dass der Terminus durch den gottlosen Machiauelli
(ebd.) und dessen Anhänger missbraucht worden sei. Daher trete der Ratio
Status (bei alle
seine gute und böse Stück / Vortheil / List und Renck der Gebühr nach
ordentlich beschreiben könne
(S. 10). Trotz dieser Vielfalt
könne man all diese Formen jedoch in zwei Kategorien einteilen: gut und
böse. Wer den Ratio Status rechtmäßig, fromm und gottgefällig anwende, der
fahre auf einer guten Bahn. Wer sich aber als ungerechter und gottloser
Tyrann erweise, der folge dem Bösen. den gottlosen Machiauellischen
Staats-Regeln
(ebd.).
Weil die Menschen häufig nicht in der Lage seien, guten Ratio Status von bösem zu unterscheiden, sollen beide in diesem Traktat anhand exemplarischer biblischer Gestalten vorgestellt und erläutert werden.
Nachdem der erste Discurs der Einführung in das Thema
des Traktats diente, behandelt der zweite Discurs
König die beste und lauter fromme Männer
regieren
(S. 13), für die beste Staatsform hielt. Seine
Versuche, das Volk zu beschwichtigen, misslangen, das vielköpffige
Thier
(ebd.) bestand auf einem König, den Gott und
Grundveste
gottgefälligen Lebens (ebd.), hervor. Anhand
von Bibelstellen belegt er
Jn Summa Saule / es war kein feinerer als du / unter dem gantzen
Israel / daß gleichwol / wie zu weisen / damals in mehr als 1000000
Köpffen bestunde! du wurdest von GOtt selbsten geliebt / und
dessentwegen zum König über sein auserwehltes Volck gesetzt! Gegen
diesem deinem grossen GOtt warestu bey Antrettung deiner Regierung
demühtig; Ein Verthädiger der Religion; Ein beobachter des Gesetzes / du
warest glückseelig im Kriegen; vorsichtig und bescheiden im Regieren;
gerecht im Urtheilen; standhafftig und grosmühtig in Wiederwärtigkeit;
erbar in Sitten; aufrichtig und warhafftig in Worten; fromm und
Gottselig in Wercken / und über diß alles von Gestalt des Leibs / ein
ansehlicher Majestätischer König! welchen die Feinde eben so sehr
geförchtet als die Freunde geliebt haben
(S. 20).
Vor diesem Hintergrund fragt
Der Grund für hoffärtige /
übermütige und trotzige Gedancken
(S. 23) verleiten ihn, Gottes
Befehle zu missachten und nur noch nach seinem eigenen Willen zu regieren.
Schließlich teilt Hoffart
,
der Schalckhafftige[] Ratio Status
und die neue [...]
alemode [...] Politic
(S. 26) habe ihn dazu verführt.
Zunächst heuchelt
Um den Mordanschlag zu überspielen rät der Ratio Status
Weil jedoch
Als er sieht, dass heimliche Anschläge nicht von Erfolg gekrönt sind,
beauftragt er einige Diener und seinen Sohn
Weil O Ratio Status der
Tyrannen! was machstu aus denen / die deines Raths pflegen / du machst
sie erstlich Gewissensloß / hernach forchtsamb und endlich grausamb;
welches man an diesem
(S. 37).
Durch die Machiavellische Staats-Meinung
(ebd.) ist weder
der gottlosen Ratio Status noch aller Menschen grosser Gewalt und
allerlistigste Anschläg wider den jenigen
, den Gott beschütze
helfen (S 40). Als
Doch seine Einsicht ist nicht von Dauer: Als er die Gelegenheit gekommen
sieht, greift er
wider das austrückliche Verbott
Gottes
(S. 43) mittels schwarzer Magie eine Prophezeiung
eingeholt und seinen Tod vorausgesehen. Die Schlacht verläuft unglücklich
und
schrecklich betrogen
worden war (ebd.). So stürzte er in
Verzweiflung, fand einen schändlichen Tod und wurde zum Gespött der
Feinde.
Worbey alle Grosse zu lernen / daß sie sich / ob sie gleich in
höchstem Wolstand stehen / dannoch vor allen Dingen auf Gott verlassen:
sich nach dessen Willen und Gebotten reguliren: und den verfluchten
Machiauellischen
(S. 44).Ratio Status (dessen Practic mit
dem Atheismo oder aufs wenigst einem bösen
Gewissen und endlicher Verzweiflung hier Zeitlich gestrafft zu werden
pflegt /) dem Gottlosen überlassen sollen; Welches gegen die jenige /
die der Höchste beschützet / ohne das nichts vermag
Im dritten Discurs geht es um edle gute Frucht von einem bösen
Baum
bezeichnet (ebd.). Schon früh erhielt er die Verantwortung
über ein Heer, wobei er bewies, dass er beständig: aufrichtig /
getreu / gottseelig
(ebd.) war. Als er von den Mordanschlägen
seines Vaters gegen
Besonders hoch rechnet ihm Gottlosen Vatter
(S. 48) sterben musste, sei Gottes
Ratschluss gewesen.
Der vierte Discurs widmet sich
Anhand einer Anekdote wird Diß seynd zwar keine Glaubens
Artickel / allein hat man doch darbey abzunehmen / daß der starcke GOTT
ohnangesehen seiner Allmacht sich nur schwacher Jnstrumenten und
verächtlicher Dinge gegen seinen hochmühtigen Widerstrebern
gebrauche
(S. 51).
Während
Dass auch
Ausführlich beschreibt er eine Begebenheit, in der sich
Damit ist Sündigen ist Menschlich;
darinnen verharren / ist Teufflisch; viel abscheulicher aber / wann der
Gefallene sich noch unterstehet / durch seine Vernunfft und GOtt
widerstrebende spitzfindige Staat-Griff der Machiauellisten / ihm selbst
zu helffen; wie Saul gethan
(S. 64). Während
vermittelst Göttlicher Hülffe und Gnaden / des Sauls
politischen Ratio Status überwunden
(S. 66). Auf diese Weise
konnte er die äußeren Feinde
Der fünfte Discurs handelt von
Zum Bruch kam es, als dergestalt hat
(S. 70). Dennoch wurde er
später zum obersten General über das Kriegsheer
Weil gottlose[r] Ratio Status
(S. 73) ließ ihn den Respekt
gegenüber seinem König vergessen. Ähnlich wie
Schließlich fasst
Zum Abschluss wird noch die Geschichte der Jungfrau mir aber noch so viel
weiß Papier übrig verbleibt
(S. 75). Diese Geschichte wolle er,
wie er ironisch bemerkt, kurz erzählen, weil sonst das das Papier nicht
ausreichen werde.
Dieser historische Legendenroman ist einer von drei Texten, die H. J. Christoffel von Grimmelshausen /
Gelnhusano
.
Dieser Roman, den Protheus
beschrieben, der sich
in vielerlei Gestalt zeige, der jedoch an seiner Feder hier / an
seiner treuen Hand
erkannt werde. Er könne von schlichten und
von hohen Dingen schreiben, von Schimpf / von Ernst / von Schwäncken
die zu lachen machen
. Er habe über so blickt doch klar herfür / daß Er nur Fleiß ankehr / |
wie Er mit Lust und Nutz den Weg zur Tugend lehr
.
Das Einleitungsgedicht gibt viel über Proteus
, und die Beschreibung seiner
Wandlungsfähigkeit erinnert an die Baldanders-Episode der
Die Handlung des dreiteiligen Romans beginnt im Jahr 480. Wenige Jahre zuvor
war das
Weil nach langjährigen kriegerischen Auseinandersetzungen endlich Frieden
eingekehrt ist, hat König
Der Erzähler deutet an, dass die alte teutsche Vertraulichkeit bereits
damalen zwischen diesen benachbarten / gewaltigen Königen bey weitem
nicht so groß und offenhertzig gewesen [ist] / wie man sich wol hätte
einbilden mögen
(S. 20). Er nennt zwei Gründe, die in den
künftigen Konflikten eine Rolle spielen. Der erste Grund ist die Religion:
Während die Gotenkönige dem Arianismus anhängen, sind die Franken, Burgunder
und Wormser katholische Christen, die Thüringer gehören noch dem Heidentum
an. Wichtiger sind die politischen Gründe: Die Könige misstrauen einander,
sie fürchten, dass die anderen Könige versuchen könnten, ihren Machtbereich
auszudehnen.
Bei dem Fest werden die komplexen Verwicklungen, die durch Verwandtschaften
und Heiratspolitik noch komplizierter werden, durch Höflichkeit überdeckt;
anmutigen Ort
(S. 34)
setzt er sich nieder, um sich dem Schmerz über seine aussichtslose Liebe zu
In diesem Augenblick erscheint König
Deutlich wird, dass
Zu Beginn des zweiten Teils wird
Diese Beliebtheit und die Erfüllung ihrer Wünsche bringen mit sich, dass
Züchtigung
(S. 74) auf sich zu nehmen und finden in der
folgenden Nacht nur wenig Schlaf. Am nächsten Morgen treffen drei
Gesandtschaften ein, eine von den Ostgoten, eine von Burgund und die dritte
von den Franken. Sie alle fordern die Lehenstreue
In der Folge werden die Kriege geschildert, die sich in Abwesenheit
König
Durch diese Politik gelingen
Nun kehrt die Erzählung zu diese armselige Pilgerschafft
tragen (S. 96). Aus
einem Geheimfach unter ihrem Rock zieht sie ein Säckel hervor, in dem mehr
Edelsteine und andere Kleinodien sind als sie in zwanzig Jahren verbrauchen
könnten.
Sie beklagen ihren Verlust, erkennen aber, dass ihnen nun nichts anderes
übrig bleibt, als Gott zu vertrauen und Geduld zu haben. Da treffen sie auf
einen Mönch, dem sie ihr Elend und den Grund dafür schildern. Der Mönch gibt
zu bedenken, dass der vermeintliche Engel auch ein böser Geist hätte sein
können, der sie in die Irre geführt hätte. Sie dürften ihr Reich, das von
Krieg bedroht sei, nicht einfach im Stich lassen und sich der Verantwortung
entziehen. vor diesem gefährlichen Fallstrick
gerettet
hat (S. 106) und festigen ihren Vorsatz, ihr Elend zu ertragen und es erst
auf ausdrücklichen Befehl Gottes zu beenden.
Das Paar zieht weiter, bis es an die Grenze zu
O Lobwürdiger Entschluß dieser edlen Jugend! welche ohne zweiffel mehr
gethan / wann sie nur gewust hätte / daß es ihre Nohtdurfft durch den
Göttlichen Willen also erfordert; und was vermeinet mein hochgeehrter
Leser wol? solte der eintzige hoffärtige Gedancken noch nicht hiermit
abgebüst: die Göttliche Gerechtigkeit ausgesöhnet: oder wenigst die
himmlische Güte zur Barmhertzigkeit bewegt worden seyn? Sollen dann
diese hohe Personen von dessentwegen / daß sie ihre Grösse wusten und
sich darinn erfreuen / so viel gesündigt haben / daß sie durch diese
ihre freywillige Buß vermittelst deren sie alles verlassen / was die
Menschen hochschätzen / und sich selbst den Bettlern gleich gemacht /
noch nicht überflüssig genug gethan: und damit ihr Ubersehen ausgelescht
haben? Mein freundlicher Leser ich ziehe die Achsel ein und halte mit
meinem nichtigen Urtheil zuruck! den Folg dieser Histori
fortzusetzen
(S. 124).
Endlich gelangen sie in ein Dorf, wo sich armseligen Leben
(ebd.) mehrere
Jahre.
Zu Beginn des dritten Teils kehrt die Erzählung zu den Kriegen zurück. Die
militärischen und politischen Erfolge König
Das Frankenreich wird unter seinen vier Söhnen aufgeteilt:
Unterdessen braut sich in Brüder und Kinder-Mörder[n]
sei (S. 147) sei, zu beenden.
Da mit
Unterdessen ist
Inzwischen leben
Eines Tages werden sie von Seeräubern aus
Die Seeräuber stellen bald fest, dass
Da erscheint ihm jener Bettler, der sie einst im Lustgarten getadelt hatte.
Er gibt
Währenddessen versuchen die Seeräuber, ohne Gewalt und nur mit Schmeichelei
und Verführung
Die Byzantiner bitten
Als
Die Handlung von
Wormit wir dann diese Histori
beschliessen wollen / nach deren Uberlesung ein jeder wegen des
Vergangenen sich umb so viel destoweniger zu verwundern / wann er das
Gegenwärtige vor Augen sihet und betrachtet
(S. 221). Damit
spielt er deutlich auf die Expansionspolitik des französischen Königs
Der Verfasser dieses Legendenromans ist der gleiche wie der des
Es handelt sich hier um einen Sprossroman des
Sie alle haben schandlichen
Gottesdienst
(S. 12) beiwohnen zu müssen, sondern in Kenntnis
des wahren Gottes eines solchen unflätigen Götzendienst[es]
(ebd.) enthoben zu sein. Sie berichtet von den Lügen, mit denen die Priester
das Volk glauben machen, in den Stieren lebe die Seele des
Betrügereyen
(S. 19) kennen.
Elamit
bezeichnet wird. Sein Großvater war ein junger Prinz. Doch als sein Volk
durch die Assyrer besiegt wurde, suchte er Zuflucht bei
Nach diesem Misserfolg konzentriert sich fleischlichen Wollüsten
hin (S. 37):
Sie lässt sich gutaussehende junge Männer in ihren Palast bringen und sie am
nächsten Morgen töten, um ihre Schande zu verbergen. Eines Tages wird auch
Die Frauen aus der Umgebung kommen in dieser Zeit oft zum
Als
Mit der Zeit geraten jedoch die Schüler des Thorheit
(S. 47) und den leichtsinnigen Mord, weil sie nur einen Bruchteil dessen
gelernt haben, was martialische Leute
,
sondern die Mercurialisten
(S. 48) zu Reichtum gelangen. Er
geht deshalb bei einem Kaufmann in die Lehre, bei dem er lernt, sich schnell
an veränderte Umstände anzupassen. Außerdem lernt er die Sprachen, die
Künste und Tricks, die ein Kaufmann für sein Gewerbe benötigt. Auf weiten
Reisen lernt er viele Menschen und Kulturen kennen und verfeinert seine
Gauklerkünste. Mit der Zeit wird er zu einem der erfolgreichsten Kaufleute
in
Dieses Vermögen verliert er jedoch aufgrund einiger Unglücksfälle. Am ersten
ist seine Ehefrau schuld: Sie glaubt, dass er, wie es bei den Persern nicht
unüblich ist, woanders eine zweite Frau unterhält. Aus Eifersucht
beschuldigt sie ihn, als dem Landvogt ein kostbarer Mantel gestohlen wird.
Sein Haus wird durchsucht, der Mantel aber nicht gefunden. Weil
Er verlässt die Stadt und zieht nach
Weil
Gerade als
daß ich
mein Angesicht: geschweige meine Hände unter seine Füßsohlen legen
sollte
(S. 67). Bereits seine Vorväter hätten Ankündigungen
dieses Mannes erhalten.
Der Erzähler schaltet sich ein:
eitelen Thorheit[en] und unnütze[]
Verschwendung
(S. 76) begeistern könne, doch
Nachdem
Einmal begleitet er einen Herrn zum
Die nächsten Jahre verbringt
Damit beendet
Der fiktive Verfasser dieses Romans ist
Der Erzähler ist jener Hellebardier, der an der Tötung der Leyrerin am Ende
des
DEr seltzame Springinsfeld erzehlet in seiner Lebens-Beschreibung /
welcher Gestalt seine Leyrerin diß Vogel-Nest / davon ich jetzt zu reden
vorgenommen / von einem Baum erhoben / dardurch unsichtbar worden /
allerley possirliche Händel angestellt / und endlich umb Leib und Leben
kommen; Jtem / daß bey ihrer Auffopfferung der jenig / so sich nach
einem Nastüchlein gebuckt / das sie in ihrem sterben auß der Hand fallen
lassen / mit Leib und Seel / Haut und Haaren / Kleidern und allem hinweg
kommen / daß seither niemand erfahren / wohin er geflogen oder gestoben
sey. | Dieser verschwundene Kerl nun werther Leser / bin ich / und in
dem Nastüchlein stack das gemeldte Vogel-Nest / welches ich im Fallen
aufffing / in Hoffnung etwas von Geld oder dergleichen darinn zu
erschnappen
(S. 3).
Als er bemerkt, dass das Vogelnest die Macht hat, seinen Träger unsichtbar zu
machen, stellt er sich vor, welche Möglichkeiten ihm dieser Fund bieten
könne. Doch das Ende der Leyrerin zeigt ihm auch die Gefahren auf, die die
Unsichtbarkeit mit sich bringt. Er reflektiert den Umstand, dass solche
magischen Dinge wie das Glückssäckel des
Nachdem er sich in einer burlesken Szene im Wirtshaus Nahrung beschafft und die Wirkungen der Unsichtbarkeit getestet hat, geht der Hellebardier auf Wanderschaft, um die Welt als unsichtbarer Beobachter zu beschauen. Zuerst gelangt er in ein adliges Haus, wo er Zeuge wird, wie zwei verarmte Adelsfamilien hoffen, durch Heirat und die damit verbundenen Beigaben die eigenen finanziellen Verhältnisse aufzubessern. Dabei wird jeweils dem anderen gegenüber mit vermeintlichem Reichtum geprangt, um die wahren Absichten zu überspielen.
Der Hellebardier zieht weiter, weil es ihn nicht interessiert, wie die
Geschichte ausgeht. Er hat die Absicht, in der nächsten Stadt einen reichen
Kaufmann zu bestehlen. Unterwegs beobachtet er eine Gruppe Bettler, die mit
der Adelssphäre, die er gerade verlassen hat, konstrastiert. Er sieht, wie
sie sich Wunden und Krankheiten aufschminken und Verkrüppelungen einüben, um
Mitleid zu erregen. In den Augen des Hellebardiers gehen die
liederliche Bettler / Vaganten und unnütze Landstürtzer / mit
denen unser Teutschland gleichsam überschwärmt ist
(S. 30 f.),
nur deshalb betteln, weil sie für ehrliche Arbeit zu faul sind. Er wünscht
sich, dass die kräftigen Bettler als Soldaten in die Türkenkriege geschickt
und die anderen zur Zwangsarbeit für das Allgemeinwohl herangezogen würden.
In Teilen erinnert diese Passage an die Jupiter-Episode im
Auf seinen Wanderschaften erlebt der Hellebardier zahlreiche Abenteuer. Er
verprügelt einen Bauern, der die
In einer Stadt betritt er das prächtige Haus des Rentmeisters und hört die
Klage eines Bauern, der die Angewohnheit hat, in jedem Satz die Formel wie es dann auch wahr ist zu verwenden, wodurch er
sich aber scheinbar selbst beschuldigt, so dass dem Rentmeister nicht
deutlich wird, worüber sich der Bauer eigentlich beklagt und er den Fall
schließlich vertagt. Diese Passage wird in bälde eine Leiche zu haben verhoffte
(S. 59).
Nachdem er im nächsten Dorf entdeckt hat, dass die dortigen Wirtsleute ihren
Wein panschen, will er Wein vom Pfarrer stehlen. Dabei beobachtet er, wie
der Pfarrer ein junges Mädchen zu verführen versucht und dieses Vorhaben mit
allerlei pseudotheologischen Argumenten rechtfertigt. Als der Pfarrer zu
zudringlich wird, nimmt er ihn und wirft ihn auf den Misthaufen. Er wundert
sich über die Mädchen, die sich zu gottlosen Geistlichen
legen, aber auch darüber, dass Männer, die eigentlich die Geheimnisse der
Heiligen Schrift kennen, solche an sich selbst schwache einfältige
und von Natur geile Creaturen
verführen wollten (S. 65). Neben
der scharfen Kritik an den Geistlichen wird hier auch die Misogynie des
Hellerbardiers deutlich.
Am nächsten Morgen kommen zwei Studenten zum Pfarrhaus. Der Pfarrer, der
wegen des ihm unerklärlichen gestrigen Vorfalls krank ist, gibt ihnen
Wegzehrung mit. Der Hellebardier schließt sich den Studenten an. Unterwegs
diskutieren die Studenten über
Nach langer Diskussion erreichen sie eine Weggabelung und wissen nicht,
welche Richtung sie einschlagen müssen. Sie fragen einen vorbeikommenden
Mann nach dem Weg. Dieser gibt vor, ihnen einen einfachen und sicheren Weg
zeigen zu wollen und führt sie immer tiefer in den Wald hinein. Der Fremde
entpuppt sich als Räuber, der die Studenten mit einem Komplizen ausrauben
und offensichtlich ermorden will. Einer der Studenten klagt: Ach!
[...] hätten wir an statt der eitelen Thorheiten / vergeblichen
Nachgrüblungen und albern Disputationen gelernet / wie wir wol und
seelig sterben solten!
(S. 79). Als der Hellebardier ihre Not
erkennt, verprügelt und verjagt er einen der Räuber und verhindert so die
Ermordung der Studenten. Den anderen schlägt er nieder. Als die Studenten
nun ihrerseits den ohnmächtigen Räuber töten wollen, spricht er unsichtbar
zu ihnen und fordert sie auf, ihn der Obrigkeit zu übergeben. Daraufhin
lassen sie ihn ziehen. Als die Studenten darüber nachgrübeln, wer ihnen
geholfen hätte, bemerkt er ironisch, dass es vielleicht der Geist eines
Präadamiten gewesen sein könnte.
Am nächsten Tag verschlägt es den Hellebardier in ein herrschaftliches Haus,
in dem er eine eitle Dame beobachtet, die sich selbst im Spiegel bewundert.
Er muss über ihr Gebaren lachen. Da sieht ihn die Frau im Spiegel – ein
Spiegel hebt die Unsichtbarkeit durch das Vogelnest auf – und glaubt, eine
teufflische Erscheinung
(S. 89) zu sehen, die sie für
ihre Torheit verspotte. Der Hellebardier flüchtet in den Garten und ärgert
sich über sich selbst, weil er diese junge Frau so sehr verwirrt hat.
Dennoch nimmt er am reichen Festmahl mit allerlei raffinierten Speisen teil
und bedient sich reichlich, bevor er weiterzieht. Im nächsten Dorf quartiert
er sich in einem Bauernhaus ein, wo bittere Armut herrscht, in scharfem
Kontrast zum verschwenderischen Reichtum, den er zuvor gesehen hatte. Er hat
Mitleid mit der Bauersfamilie und hilft ihr, indem er zwei Taler, die er im
Herrschaftshaus gestohlen hatte, hinterlässt.
Als er weiterzieht, denkt er angesichts der jüngsten Geschehnisse über den
Sinn von Armut und Reichtum nach. Er kommt zu dem Schluss, dass Gott bei den
Reichen deren Empfänglichkeit für Wollust und Hoffart prüfe, bei den Armen
aber deren Geduld und Zufriedenheit. So erklärt er sich auch die
unterschiedlichen Reaktionen, die er hervorgerufen hatte: Die Dame, die ihn
im Spiegel gesehen hatte, hielt ihn für den Teufel, die Bauersfamilie hielt
die Taler, als sie diese entdeckte, für ein Geschenk Gottes. Beide befanden
sich im Irrtum: Ob nun beyde Theil von mir so unterschiedlich
geurtheilt / daß sie auch nicht unterschiedlicher hätten urtheilen
können / so hat doch der Wahn alle beyde betrogen / und mich gelernet /
wie wenig unserm eignen Beduncken zutrauen und zu glauben sey
(S. 106). An dieser Stelle verweist er explizit auf den Der Wahn
betreugt
geschrieben stehe.
Bald beobachtet der Hellebardier einen Kuhhandel, wobei sich herausstellt, dass der Verkäufer dem Käufer die gleiche Kuh zuvor gestohlen hatte. Er verfolgt den Betrüger und erkennt ihn als einen der beiden Räuber, die die Studenten überfallen hatten. Dieser trifft sich in einem Wirtshaus mit seinem Kumpanen und der Vogelnestträger hört, dass sie einen Einbruch in ein reiches Haus planen. Er beschließt, den Einbruch zu verhindern und verschafft sich Zutritt zu nämlichem Haus. Auf dem Markt hatte er außerdem erfahren, dass ein Ballen Wolltuch gestohlen worden war und vermutet, dass die beiden Räuber die Diebe seien. In der Nacht brechen die Räuber in das Haus ein und beginnen es zu plündern. Der Hellebardier stößt beide die Treppe hinunter. Während der eine Räuber unverletzt bleibt, hat sich der andere mehrere Knochen gebrochen. Weil der Gesunde befürchtet, der andere könnte ihn bei der Gefangennahme verraten, tötet er ihn mit einem Messer. Er wird vom Hellebardier, der unsichtbar zu ihm spricht, verjagt.
Am nächsten Morgen, als die Vorkommnisse der Nacht entdeckt werden, hätte der Hellebardier die Verwirrung leicht aufdecken können, doch weil er befürchtet, für den Komplizen des Räubers gehalten zu werden, schweigt er und zieht weiter. Er plant, an die polnische Grenze zu ziehen, wo er einen reichen Juden ausrauben will, denn sein Gewissen verbietet es ihm, einen Christen auszurauben. Unterwegs verliert er den Absatz eines Schuhs und muss vor anhaltendem Regen in die Hütte eines Schäfers flüchten, der mit allerlei Gaunereien seinen Herrn betrügt. Als ihm klar wird, dass die Beschaffung von Nahrung und neuer Schuhe mit Diebstählen verbunden wäre, kommt ihm auch der Gedanke, dass das Vogelnest ihm weder ein ruhiges Gewissen noch ein angenehmes Leben bereiten könne. Seine Situation ist nicht gut: Er ist unsichtbar, was ihn von den Menschen isoliert. Er fürchtet, dass er krank werden und sterben könne ohne die Hilfe und den Trost anderer Menschen. Zudem ist er mittlerweile voller Läuse. Schließlich bedenkt er auch, was geschehen würde, wenn man ihn und das Vogelnest entdecken würde: Man würde ihn foltern und als Zauberer verbrennen, er würde das Schicksal der Vorbesitzerin teilen müssen.
Er hofft, in einem Kloster neue Schuhe zu bekommen, stellt jedoch fest, dass
der Schuster nur Rohmaterial hat, mit dem er Schuhe flickt, aber selbst
keine Schuhe herstellt. So beschließt er, in dem Kloster zu warten, bis er
neue Schuhe bekommen kann. Er belauscht eine Unterhaltung zwischen dem Prior
und einem Laienbruder, dem Kellermeister, über den jungen
Der Hellebardier stibitzt den Generalschlüssel des Priors und verschafft sich
so Zutritt zu allen Räumen des Klosters. Er nimmt sich neue Schuhe und
tauscht sein verlaustes Hemd gegen zwei frische aus. Er erfährt auch, dass
der junge
Als er weiterzieht, begegnet er dem überlebenden Räuber wieder und verfolgt ihn in die nächste Stadt. Dort hatte der Räuber einen Rock in Auftrag gegeben, der nun fast fertig ist, nur die Knöpfe fehlen noch. Es stellt sich jedoch heraus, dass die Obrigkeit ihm mit Hilfe des Schneiders eine Falle gestellt hatte: Der Schneider hatte ihn als einen der Diebe der Tuchballen erkannt und angezeigt. Der Räuber wird verhaftet und aufgehängt.
In einem Wirtshaus beobachtet der Vogelnestträger, wie der junge Neid / Jrrung und Mißtrauen
(S. 145)
in Lebensgefahr geraten werde und ihn deshalb in dieses Gasthaus bestellt.
Der Hellebardier begreift, dass der junge
wie würde euch gefallen / wann jemand euch euer Geld hinweg nehme
/ und euch hernach außschrie / ihr hättet falsche Sorten? der Kerl
zauset mir die Haar auß / und darff hernach allerdings sagen / ich hätte
eine falsche Parücke
(S. 153).
In diesem Augenblick erreicht sie die Nachricht, dass der junge
Die Beobachtung eines jungen Liebespaares veranlasst den Hellebardier zu weiteren Reflexionen über moralische Grundwerte und er kommt zu dem Schluss, dass der Mensch sich bei seinen Handlungen immer bewusst sein müsse, dass Gott ihn sehen könne.
Mit diesem Vorsatz versucht er, die Sünden der Menschen zu verhindern, indem er einen Ehebruch vereitelt und einen korrupten Beamten strafen will. Doch schon bald muss er sich eingestehen, dass allein die Notwendigkeit, sich immer wieder Nahrung zu beschaffen, ihn zu weiteren Diebstählen zwingt. Schließlich rechtfertigt er diese Diebstähle, indem er das Recht auf Selbsterhaltung über das Recht auf Eigentum stellt. Dennoch will er seinen Vorsatz, stets Gottes Gegenwart vor Augen zu haben, um sich das ewige Leben zu verdienen, befolgen.
Nachdem er in betrunkenem Zustand eine Jungfrau entjungfert hat, beobachtet
er am Tag darauf, wie ein Hirte eine erschröckliche gen Himmel
schreyende Sünde
(ebd.), vermutlich Sodomie, zu begehen im
Begriff ist und spricht unsichtbar zu ihm. Er macht ihm klar, dass er nicht
unbeobachtet sei und Gottes Zorn errege. Der Hirte ist darüber so
erschrocken, dass er sich umbringen will. Der Hellebardier verhindert den
Selbstmord und begleitet ihn zum Priester, in dessen Obhut er ihn
zurücklässt.
Später fragt er sich, wer mehr gesündigt hätte: Der Hirte oder er selbst, der
selbst ein Sünder sei und sich hier als Tugendwächter aufspiele. Schließlich
habe er selbst erst in der vergangenen Nacht eine unbefleckte
Jungfrau
(S. 184) geschändet. Diese Reflexionen führen ihn zu
einer weiteren Erkenntnis: Es genüge nicht, sich der stetigen Gegenwart
Gottes bewusst zu sein, sondern man müsse ihn auch bitten, einen vor der
Sünde zu bewahren. Außerdem sei es ein wirksamer Schutz vor der Sünde, wenn
man alle Orte meide, die zur Sünde verführen könnten; besonders nennt er
dabei das Trinken als Ursache der Sünde. Um seine Seligkeit nicht zu
gefährden nimmt er sich vor, sich von nun an mehr um sie zu kümmern und
seinen Begierden ernsthafter zu widerstehen.
Er setzt sich unter einen Baum, um im Buch der Natur
zu lesen. Er
beobachtet einen Vogel, der sich ein Nest baut, obwohl ihm keine Gefahr
droht und interpretiert dies als vernünftiges und vorausschauendes Handeln.
Er sieht, wie eine Kröte von einer Schlange verschlungen wird: Die Kröte
steht für den sündenbeladenen Menschen, die Schlange für das Verderben. Die
singende Nachtigall wird zum Vorbild der von Sünden unbelasteten Kreatur.
Schließlich beschließt der Hellebardier, nach Hause zurückzukehren, zu
beichten und den Anweisungen des Priesters in aller Demuth
zu
folgen (S. 191).
Er gelangt in ein Dorf, in dem gerade ein Mann ein Pferd an einem Pfosten
festbindet, auf dem ein Bienenkorb steht. Das Pferd reißt sich los und weil
der Pfosten morsch ist, fällt auch der Bienenkorb herunter. Die Bienen
stechen das Pferd, das daraufhin so wild wird, dass es erschossen werden
muss. Der Hellebardier, der direkt daneben stand, bekommt auch viele
Bienenstiche ab und rettet sich in eine Jauchegrube. Dort denkt er darüber
nach, dass er trotz seiner Unsichtbarkeit Gottes Strafen nicht entgehen
könne. Die Jauche wirkte aber desinfizierend und am nächsten Morgen sind die
Wunden der Bienenstiche fast abgeheilt. Er denkt über die letzten Monate
nach, denkt auch an das Ende der Leyrerin und kommt zu dem Schluss, dass das
Vogelnest an all seinem Unglück schuld sei. Er überlegt, ob er es nicht
verkaufen solle: Es gäbe genug reiche Herren, die ihm viel Geld dafür gehen
würden. Doch er will nicht das Seelenheil eines Menschen gefährden und
fürchtet die Folgen, die das Vogelnest in den falschen Händen
heraufbeschwören könnte. Denn das Vogelnest verführe dazu, sich auf die
Unsichtbarkeit und nicht auf Gott zu verlassen, was die gröste
Abgötterey von der Welt wäre
(S. 195). Deshalb zerreißt er das
Vogelnest in sibenzehenhundert Fetzen
(ebd.).
Als er das Vogelnest abgelegt hat, wird ihm dessen Ambivalenz deutlich: Einerseits diente es als Deckmantel für Sünde und Verbrechen, andererseits hatte es ihn zu der Erkenntnis gebracht, dass er sich jederzeit Gottes Gegenwart bewusst sein und die Gelegenheit zur Sünde meiden solle.
Er beobachtet, wie Ameisen die Reste des Vogelnests für ihren Bau benutzen
und fasst den Entschluss, sich seinen Lebensunterhalt mit harter Arbeit zu
verdienen und dem Pfad der Tugend zu folgen. Durch das plötzliche Auftauchen
von Wölfen wird er aus seinen Gedanken gerissen und rettet sich auf eine
Buche. Er sieht, wie ein offenbar reicher Kaufmann von einem alten
Landstörzer zu jenem Ameisenhaufen geführt wird. Nach einigen Versuchen
findet er Reste des Vogelnests und wird unsichtbar. Der Kaufmann nimmt das
neue Vogelnest an sich und zieht seiner Wege. Der Hellebardier dagegen
findet in einem Astloch jene tausend Dukaten, welche die Leyrerin diesem
Kaufmann gestohlen hatte. Weil die Wölfe nun verschwunden sind, nimmt er das
Geld und reist in die Stadt, in der er das Mädchen entjungfert hat, um sie
zu heiraten. Er schließt seine Erzählung mit dem Hinweis auf die Lehren, die
sie vermitteln soll. Wenn diese nicht erkannt würden, dann solle sie
wenigstens gute Unterhaltung sein, besser als der
Der Verfasser dieses Textes ist
Bei diesem Text handelt es sich um eine fiktive Gesprächsrunde, an der
Vertreter aller Stände beteiligt sind. Mit dieser Textsorte nimmt
Der adlige Kavalier
dessen Gastgeber
dessen Frau
der Kaufmann
der Knan als Bauer;
der Schwede
der Handwerker
die Meuder als Bäuerin;
die Komödiantin
der sechzigjährige Jude
Der Schwede Zimpelsüssus
(S. 5). Diese Auskunft verstehen
sie nicht, weshalb sie den Kaufmann weitberuffene[n]
Simplicissimus
handle (ebd.). Sie bieten den Reisenden an, ihnen
diesen vorzustellen.
Sie finden
Das Prozedere des Gesprächs ist folgendes: Gesprächsleiter ist Man soll kein Geld außgeben / man wisse
dann eigentlich / daß man wiederumb mehr darvor einnemmen werde
(S. 17) oder die Meuder schlägt vor, die Kleider so lange zu tragen, bis sie
nicht mehr tragbar seien. In den folgenden Runden wachsen sich die
Vorschläge, wie man reich werden könne, zu Geiz und Betrügerei aus, etwa
wenn der Knan sagt, dass man nicht zögern solle, krankes Vieh als gesund zu
verkaufen,
Die Reihenfolge des Gesprächs wird erstmals unterbrochen, als haußhältischer / zusammenhäbiger und
gesparsammer
, ja geiziger als andere Leute (S. 43). Zudem könne
man hoffen, dass sie bald sterben. Man solle aber darauf achten, dass sie
nicht zu viele Kinder hätten, weil diese dann den größten Teil des Erbes
bekämen.
Insgesamt werden Sparmaßnahmen in allen Lebensbereichen, in Haus und Hof,
Essen und Trinken, Kleidung und Schmuck, Freundeskreis und Familie
vorgeschlagen.
Nun wird das Gespräch fortgesetzt und zu meiner Zeitvertreibung
(S. 86) aufgeschrieben
habe und sie demnächst zu veröffentlichen gedenke; ein klarer Hinweis auf
Die Aussage, dass Tugend und Frömmigkeit zu Reichtum führten, schränkt er
aber ein: Gott beschere denen, denen er wohlgesonnen sei, eher Armut als
Reichtum, schließlich seien auch
Für Secundrarus
selten gewogen
.
Worauß zusehen / daß im Krieg zwar wol etwas
zugewinnen / aber schwerlich zuerhalten
(S. 117).
Jch sehe an deß Herrn Meinung / daß weise Leuth bißweilen auch irren /
sintemahl wann ich die Wahl hätte / und mirs mein Religion zugebe / ich
wol ein grosser Stocknarr were / wann ich meinen mühsammen und
armseligen Stand / darinn ich Tag und Nacht mit saurer bitterer Muhe /
Gefahr / Sorg und Angst nach meinem geringen stuck Brodt lauffen und
rennen muß / nicht mit einem andern und bessern zuvertauschen wünschte:
man legt uns zu / daß wir durch Betriegerey die Christen beseblen /
verschweigt aber allerdings / daß dieselbe Kunst under ihnen auch üblich
/ und sich ein jeder / der mit uns handelt / befleisset / wie er
dardurch zum Ritter an uns werden möge / und welcher einen Juden
betreugt / bildet sich eyn / alß hätte er das gröste Werck von der Welt
verrichtet / lachet darüber offentlich und heimlich in die Faust / und
kan sich dessen nicht gnug rühmen: Trutz daß alßdann einer auß uns armen
Tropffen aufgezogen käme / ein groß Geschrey darauß zumachen / und wie
mans in dergleichen Fählen uns zukochen pflegt / zuschelten oder
zusagen: Er hat mich beschissen (mit gunst) wie ein Schelm und wie ein
Dieb / wurde ein solcher nicht noch darzu von aller Welt verschmähet und
außgelachet / und noch darzu von der Oberkeit gestrafft oder mit Fäusten
abgetrücknet werden? dahingegen wir arme Tropfsen jedermans Hünd / ja
Verrähter alß die ärgste Schelmen seyn müssen
(S. 125-127).
Diese Satire wurde unter dem Pseudonym
Titelseite und Titelkupfer scheinen eine traditionelle Darstellung der
verkehrten Welt anzukündigen: Ein Reichsapfel steht auf dem Kopf und
verdeckt die Klinge eines Messers. Ein Ochse weidet einen Metzger aus, ein
Soldat trägt die Sense und ein Bauer eine Muskete. Ein Hirsch greift einen
Jäger an und ein Armer gibt einem Reichen Almosen. Im dem eigentlichen Text
vorgeschalteten Praeambulum aber wird mit diesen
Erwartungen gebrochen: Darstellungen verkehrter Welten, wie im Titelkupfer
zu sehen, kenne man genügend. Darüber müsse man nichts schreiben.
Derowegen will ich hier etwas aus einer andern Verkehrten Welt
vormahlen / worinnen nemblich der Arme Lazarus / dem vor zeiten die Hund
seine Geschwere leckten / mit himlischer Freude getröstet: Der reiche
Prasser aber welcher täglich herrlich zuleben gewohnet gewesen / mit
höllischer Pein gequlet wird; Wo die Tyrannen / die etwan zu ihrer Zeit
der gantzen Welt zubefehlen hatten / jezunder in ihrem unaussprechlichem
Schmertzen sich verwundern / daß die Jenige / deren Leben sie vor ein
Thorheit und spöttisch Beyspiel gehalten / und die sie in ihren
angestellten
(fol. A ij v).persecutionibus grausamlich töden
lassen / nunmehr unter die höchste Freund Gottes gerechnet und gesetzt
worden
Es soll also eine verkehrte Welt gezeigt werden, in der die Sünder ihre
gerechte Strafe erhalten, die Gläubigen und Tugendhaften aber ihre
Belohnung. Die Stoßrichtung der Satire kehrt also die üblichen Darstellungen
der verkehrten Welt um: Die reale
Welt ist die verkehrte Welt,
während die satirische Darstellung die Norm repräsentiert. Die satirische
Norm entsteht also durch doppelte Verkehrung.
Der namenlose Ich-Erzähler wandert eines Tages im April ins Gebirge, um Kräuter für seine Hausapotheke zu sammeln. Dabei gerät er in einen Platzregen und stellt sich in einem hohlen Baum unter. Der Boden gibt aber plötzlich nach und der Erzähler fällt lange Zeit abwärts, bis er schließlich in der Hölle landet.
Weil er nicht tot und verdammt ist, übersteht er den Sturz unversehrt und
spürt die Hitze der höllischen Flammen nicht. Von seinem Genius, seinem
Schutzengel, begleitet, läuft er durch die Hölle und beobachtet die Strafen
für die Sünder. Diese sind so eingerichtet, dass die im Leben begangene
Sünde durch die Strafe auf den Sünder zurückfällt (Prinzip der
Spiegelstrafe). An den einzelnen Stationen bekommt er Gelegenheit, mit einem
der Verdammten zu sprechen. Dieser erzählt ihm eine exemplarische
Lebensgeschichte, die mit Sünde und Verdammung endet. Sodann berichtet der
Erzähler von den jetzigen Zuständen auf der Erde, wobei er diese stark
idealisiert darstellt und so den Eindruck bei den Verdammten erweckt, das
irdische Paradies sei Wirklichkeit geworden. Die einzelnen Stationen sind
also triadisch aufgebaut mit der Schilderung der Strafe, der exemplarischen
Beschreibung der bestraften Sünde und einer fiktiven Darstellung der Welt,
wie sie sein sollte. Durch die Idealisierung der Zustände in der Welt der
Lebenden wird eine verkehrte Welt
aufgebaut und der
verkehrten
, auf den Kopf gestellten realen Welt als Wunschzustand
gegenübergesetzt.
So müssen sich etwa die Ketzer gegenseitig glühende Stäbe aus dem Gehirn
ziehen, aus denen Käfige geflochten werden, mit denen später Leichtgläubige
eingefangen werden sollen. Aus den Hirnen der Ketzer entstehen also im
wahrsten Sinne des Wortes Hirngespinste. Den
Geizhälsen wird das Blut mittels einer Presse herausgepresst. Von diesem
Blut ernähren sich die anderen Geizhälse, bis sie so vollgesogen sind, dass
sie ihrerseits ausgepresst werden können und so ihr Blut nun anderen zur
Nahrung dient. Damit soll darauf hingewiesen werden, dass Geizhälse davon
leben, andere auszupressen.
Der Erzähler begegnet auf seiner Reise durch die Hölle unter anderem dem
römischen Kaiser
Diese Flugschrift wurde anonym publiziert. Historischer Hintergrund ist die
Expansionspolitik Sonnenkönigs
und ignorierte die Protestbriefe
An einem heißen Tag während der Kirschernte faulenzt der Ich-Erzähler und
liest, hinter einem großen Busch versteckt, im
Sie setzen sich unter einen Kirschbaum, wo der Ich-Erzähler ihr Gespräch
mithören kann. Er erfährt, dass die drei im Krieg zwischen den Franzosen und
den
Obwohl die Mutter ihren Sohn verflucht hatte, ist sie über dessen Rückkehr so
froh, dass sie ihren früheren Groll vergisst und ihn freundlich begrüßt. Der
Erzähler bemerkt, dass Dann mich dunckt dein Lust zum Krieg sey
gebüßt: dein vnleitsammer Vbermuht sey vergangen: dein flegelhaffte
Hoffart sey verschwunden: dein boßhafftiger Muhtwill sey gedämpfft / vnd
dein außgelassene Viehische Geilheit sey erloschen
(S. 2). Als
die Mutter seinen abgemagerten Körper sieht, weint sie.
Inzwischen hat auch ohngerathenen
Galgenschlüngel
(S. 8) auf der Straße liegen lassen.
Der Handwerksgeselle legt ein gutes Wort für vnerkandtliche[r] vnd
undanckbare[r]
Bauer beschimpft (ebd.).
Weil es Feiertag ist, gehen viele Leute spazieren. So kommen auch der Junker
und der Pfarrer vorbei und hören den Streit. Als der Junker
Der Junker macht
So stiftet der Junker durch seine Vermittlung Frieden zwischen
Der Savoyer wird vom Junker für einen Franzosen gehalten, was er heftig von sich weist: Er sei in holländischen Diensten gewesen und von den Franzosen gefangen worden. Diese hätten ihn zu niedrigsten Arbeiten gezwungen und ihn und die deutschen Söldner als lebende Schutzschilde missbraucht. Sie hätten immer in vorderster Front kämpfen müssen, wo die Wahrscheinlichkeit zu überleben sehr gering sei. Er habe niemals eine Armee erlebt, in der Menschenleben so wenig zählten wie die französische.
Der Handwerksgeselle weiß noch schlimmere Dinge von der französischen Armee
zu berichten: Er sei mit
Den Weg nach Hause verbringt die kleine Gesellschaft mit Diskussionen über
das Verhältnis der Deutschen zu den Franzosen, über das Militärwesen in
Der Text endet mit dem Hinweis, dass die Geschichte als Warnung zu verstehen
sei. Man solle nicht mit dem Krieg durch die Welt ziehen und eines Tages
möglicherweise als teutsche Frantzosen
(S. 16) gegen das
eigene Vaterland kämpfen. Wer dies tue, verdiene sich die Strafe, die der
Vater und der Pfarrer
Dieser Legendenroman ist der dritte jener Texte, die H. J. Christoffel von
Grimmelshausen / Gelnhusano
. Den Roman widmet
Neben dieser Widmung sind dem eigentlichen Roman noch zwei Widmungsgedichte
und eine Vorrede vorgeschaltet. Das erste Gedicht grenzt den vorliegenden
Roman scharf vom populären Der Grimmelshäuser
habe
den Roman zwar durch hohe Red-art nicht künstlich
außgeschliffen
(ebd.), doch er sei so beschaffen, dass jedermann
Nützliches daraus entnehmen könnte. Der Verfasser dieses Gedichts ist ein
gewisser
Im zweiten Gedicht richtet sich der Diener [k]urtze[n] Zufruff an den
Grimmelshäuser
. Er lobt den Autor, weil er neue Einfälle habe
und die Sitten und Tugenden fördere. Er solle sich nicht um die Kritiker
Die beiden Widmungsgedichte geben viel über
Die umfangreiche Vorrede bettet den Roman in den historischen Kontext ein:
Die Geschichte ist in die Jahre zwischen 570 und 650 angesiedelt, in der
viele Tyrannen und Mörder auf den Thronen saßen und heilige Männer lebten
wie Papst verfluchte Kind Mahomet geboren
der durch seine neue
Religion als falsche[r] Prophet und Ertzketzer
(fol. A x r)
den Orient der christlichen Religion abspenstig machte. In dieser Zeit gab
es viele Kriege; Könige und Fürsten wurden ermordet, Völker ausgerottet und
mehrere Male die politische Ordnung umgewälzt. Erstmals wurden die Christen
von den Sarazenen angegriffen und das
All dies erzählt der Autor, um dem Leser deutlich zu machen, dass Gott die
Seinen auch in solch chaotischen Zeiten mit vielen Kriegen und Verwerfungen,
in denen alles Bund über Eck
geht (fol. B ij v), beschützt,
sie aber zugleich in ihrer Beständigkeit prüft und läutert, so dass sie umso
sicherer die ewige Seligkeit erreichen. beydes zu seiner Ergetzung / und zu seinem
Nutz
lesen solle (fol. B iij r).
Der in neun Teile gegliederte Roman beginnt mit der Rückkehr des oströmischen
Heeres nach unvergleichlichen Lympida
(S. 6).
Währenddessen kehrt auch der junge
Es wird erzählt, dass Spiegel aller
Tugend
geworden (S. 13), weshalb er auch die Rede seines Vaters
nicht missbilligt. Er sieht es nun selbst als Schande an, seinen Schild
verloren und einen anderen genommen zu haben. In der Nacht lässt
Seit
Trotz hoher Belohnung für ihre Ergreifung seien sie von dem armen Hafner
nicht verraten worden.
In diesem Elend sei
Am nächsten Tag begibt sich
Zu Beginn des zweiten Teils erzählt auß disem allein zur Tugent vnd Gottseeligkeit
aufferzogenen Jüngling ein solcher kühner Soldat vnd ohnerschrockener
Blutvergiesser worden sey
(S. 45). Damit offenbart sie zugleich,
dass sie
Sie erzählt, dass
Zu Beginn des dritten Teils fühlt
meine Haab vnd Güter zu Trost meiner Seelen / zu Nutz meines Proximi:
zu Hilff vnd Erquickung der Armen: zuvorderst aber zur Ehr GOttes noch
bey lebendigem Leib nicht allein zuvermachen / sonder auch gleich hin
vnd wider an die bestimbte Orth vnd End / allwo ich vermeine daß es
nothwendig / GOtt angenehm vnd vnsern Nebenmenschen nutzlich seye /
zuvergaben vnd außzuspenden
(S. 89).
Auf Nachfrage konkretisiert
englisches Angesicht
(S. 98) sich verzerrt. Er verteidigt
seinen Vater gegen die Vorwürfe des Schlave[]: des weltlichen Prachts Knecht[]: des überflusses
Diener: vnd deren offtermahls darauß entspringenden sündtlichen Wollüste
Leibaigne[r] sein
(S. 103). Er wolle nicht der Sohn eines
reichen Mannes sein, sondern seinen Lebensunterhalt mit Arbeit verdienen.
Schließlich stellt er den Tugendadel, dem er nacheifern wolle, über den
Geburtsadel.
Am Beginn des vierten Teils werden
Dies ändert sich, als sie die Erzählungen ihres Vaters und der Säugamme über
Während einer Prozession an Christi Himmelfahrt bekommt sie Gelegenheit, ihn
sich genau anzusehen und als sie das tut, gerät sie in die Fänge der Liebe,
ein Vorgang, der nach dem Vorbild des höfisch-historischen Romans unter
Verwendung antiker Bildlichkeit beschrieben wird: dann eben auff
disem Schlag hatte der tausendlistige Schalck Cupido vnder die Kleydung
des allerkeüschesten Proximi seine Pfeile verborgen / vnd durch solchen
tückischen Vortel das eben so keüsche: Ja sonst unüberwindtliche Hertz
der
(S.
118).
Zunächst glaubt Englisches Leben
(S. 122) zurück und einen Weg, wie
sie ihre Liebe zu
Die Amme, die das Gebet belauscht, macht sich Vorwürfe, weil sie so viel von
Inzwischen wird der Streit zwischen
Der scheelsüchtige Orontaeus
(S. 152) ist über dieses Urteil
äußerst unzufrieden: Er hatte mittellos aus
Nun verkündet mitten in der unruhigen gottlosen Welt
(S. 144) ein
gottgefälliges Leben führen, aber er werde weder Mönch noch Einsiedler. Er
müsse sich unbedingt von den Frauen fernhalten. Gleichwohl würde ihm Gott,
wenn die Zeit reif sei, eine würdige Frau an die Seite stellen. Wenn er sich
mit dieser auf eine Insel zurückziehe, werde sein Geschlecht lange
überleben. Auf keinen Fall solle er in
Nach diesen Prophezeiungen stirbt
Unterdessen vermehren sich Reichtum und Ansehen des
In der Kirche, dem einzigen Ort, an dem sie ihn zu Gesicht bekommt, wirft sie
ihm verliebte Blicke zu, doch er wendet sich in keinem Moment vom Altar ab.
Für
Inzwischen versuchen zwei hartnäckige Freier, die beiden Griechen
Dieses Ereignis gibt in der Stadt viele Rätsel auf, weil sich außer der
Familie des
Der Tod der beiden Griechen hat jedoch noch andere Folgen: Sie hatten in
ihrem Konkurrenzkampf alle anderen Freier verdrängt, so dass sie es nicht
mehr gewagt hatten, bei
Weil beide auf Nachkommen spekulieren, lehnen Eittelkeiten
und Thorheiten
(S. 191) verachtet sie so sehr, dass sie die
Männer kaum beachtet. Sie richtet ihre Liebe weiterhin auf Gott und
Weil sie weiß, dass ihre Eltern dies von ihr erwarten, führt sie
Konversationen mit ihren Verehrern, doch keinen von ihnen lässt sie
Sympathie spüren. Zwar wird sie auf diese Weise einige Verehrer los, doch
ihr vermehrtes Auftreten in der Gesellschaft lockt weitere Freier an. Als
Der siebente Teil beginnt damit, dass
Als sie am frühen Morgen zur Kirche gelangen, warten dort bereits
Dort warten bereits einige Freier, mit denen sich
Daher verhindert sie, dass
Zu Beginn des achten Teils wird klar, dass nicht nur kein Hercules / kein Sambson /
kein Horatius […] jemahls besser gefochten [hat] als jetzunder der
vnvergleichliche Proximus
(S. 230). Er tötet acht der Angreifer,
darunter deren Anführer
Weil sich unter den Toten auch einige Mitglieder des hohen Adels der Stadt
und Hofbedienstete befinden, wird die Angelegenheit vom Kaiser persönlich
untersucht.
Unterdessen hat Gelt-
vnnd Gutsbegirige Augen
befriedigen könne (S. 238). Er werde
aber niemals von der Tugend abweichen.
Während des Abendessens, an dem neben
Die Botschaft löst unterschiedliche Reaktionen aus:
Erst als
Am nächsten Tag lässt sich
Dergestalt wurde
(S. 257).
Als sie sich gerade zur Festtafel setzen wollen, taucht ein junger Mann in
Trauerkleidung auf und fällt vor
Am Anfang des neunten und letzten Teils erzählt
Nachdem
Doch das Glück hält nicht lange an: Eine Seuche sucht
Für diesen Text liegt keine Verfasserangabe vor.
Der Haupttitel lautet welt-beruffenen
Schwartz-Bart
des Teuffels Leibfarb
(Schwarz)
geschützt werden. Der Text sei mit einem Privileg des Kaisers
Der Rotbart bekennt, dass er, als Apophtegmatisch[es]
eingefallen sei (S. 5). Nun sei er aber wieder nüchtern. Er hält gleichsam schwartz vor weiß dar geben will
(S. 8), eine
deutliche Anspielung auf den
Der Autor eröffnet mit
In der Folge werden allerlei Argumente angeführt, warum die Schwarzbärte
nicht besser, sondern sogar schlechter seien als die Rotbärte. Deren
Verachtung werde darauf zurückgeführt, dass
In der Natur seien Steine, Blumen oder Tiere meistens bunt, rote Steine wie Rubine seien wertvoller als schwarzer Achat, rote und braune Pferde seien besser als Rappen und schwarze Blumen seien bestenfalls Missgeburten. In den Kalendern würden Sonn- und Feiertage rot, Werktage aber schwarz gekennzeichnet. Daher könne es keine Schande sein, wenn man Männer mit goldenen Bärten Rotbärte nenne.
Schuld an dem schiefen Bild, das man von Rotbärten habe, seien die
Physiognomisten, die von der Farbe und Beschaffenheit der Haare auf den
Charakter des Menschen schlössen. Dieser betrügliche[n] Kunst
(S. 22) sei deshalb nicht zu trauen, weil sie von den Melancholikern
erfunden worden sei. Diese seien Untertanen des Saturn und deshalb bleich
und schwarzbärtig. Aufgrund ihrer Melancholie seien sie neidisch auf die
glücklicheren Menschen gewesen und hätten deshalb die Chiromantie und die
Physiognomie erfunden. Weil diese Künste, richtig angewandt, keineswegs nur
Täuschungen seien, hätten sie durch diese erfahren, dass Männer mit
goldfarbenen Bärten einen besseren Charakter hätten als die mit schwarzen
Bärten. Daher hätten sie angefangen, die Goldfarbenen anzufeinden und, weil
sie kein besseres Argument gefunden hätten, die Goldfarbenen mit Bezug auf
Die Widerlegung eines Spottverses gegen die Rotbärte führt den Autor zu
weiteren Argumenten für die Überlegenheit der Rotbärte gegenüber den
Schwarzbärten. Sein Vorbild sei Kaiser
Einige Exempelgeschichten sollen die moralische Überlegenheit und die Schlagfertigkeit der Rotbärte gegenüber den Schwarzbärten belegen. Er erwähnt, dass niemals Füchse, Eichhörnchen oder Wiesel an Galgen gesehen würden, sondern nur Raben und andere schwarze Vögel. Dies sei auch der Grund dafür, dass schändliche Menschen oder Dinge eher nach schwarzen Vögeln als nach roten benannt würden.
Der Autor führt fünf Bibelstellen an, an denen die rote Farbe der schwarzen
vorgezogen würde. Maler, die den Himmel und das Paradies malten, benutzten
gelbe oder rote Farben, während Maler, die die Hölle oder die bösen Geister
malten, auf des Teuffels Leibfarb
zurückgriffen (S. 57). Es
sei kein Wunder, dass mit den Afrikanern die Menschengruppe schwarz gefärbt
sei, die von Gott am weitesten entfernt lebe. Dies sei aber, so räumt der
Autor ein, letztlich kein Bartkrieg, sondern ein Streit um die Farben.
Wenn
Dieser Text wurde verfasst unter dem Namen
Der Traktat befasst sich mit verschiedenen Aspekten der deutschen Sprache. Er unterzieht einerseits die sprachreflexiven Diskurse des 17. Jahrhunderts einer satirischen Kritik und thematisiert andererseits auch den Sprachgebrauch verschiedener Stände (vgl. dazu ausführlich Rosenberger in Vorber.).
Im ersten Kapitel wird, nach der Feststellung, dass alleine der Mensch
Sprache besitze, die Vielsprachigkeit gelobt. Es geht dabei um den Nutzen,
den Gelehrte, die viele Sprachen beherrschen, für die Allgemeinheit bringen.
Das zweite Kapitel stellt die Gegenthese dar: Vielsprachigkeit verleite zu
Hochmut und zum Glauben, nicht allein die Mehrsprachigkeit mache die
Gelehrsamkeit aus. Vielmehr könnten auch Menschen, die nur ihre
Muttersprache beherrschten, weise sein. Darüber hinaus gibt das Kapitel
einen Überblick über die Sprachverwandtschaften. Kapitel drei widmet sich
der Alamode-Kritik, der Nachahmung fremder Sprachen und Sitten durch
Deutsche. Kapitel vier kann wiederum als Gegenthese zum vorherigen Kapitel
aufgefasst werden: Es werden die zeitgenössischen Orthographievorschläge,
vor allem des namentlich nicht genannten geheyen
besprochen wird. Kapitel elf widmet sich der Frage nach dem vorbildlichen
Deutsch, während in Kapitel zwölf die Stammworttheorie, die in der Sprach-
und Grammatiktheorie der Zeit eine wichtige Rolle spielt, parodiert wird. An
dieser Stelle wird auf das
Der fiktive Verfasser dieses satirischen Texts ist
Im XII. Kapitel des neue Stylus erstmals vorgestellt:
doch werde ich nicht unterlassen sonder erkühnen / nechstkünfftig mein
Galgen-Männlein (das ist / ein curioses kurtzes so genandtes Tractätlen)
mit disem wider neu-zugerichteten Simplicianischen Stylo ausmondirt / in
die Welt zu schicken / welches im Vorbeygehen neben andern seinen
Nutzbarkeiten auch lehren und errinnern wird / auff was Weiß man mit den
guten ehrlichen E gesparsamer umbgehen: vnd die einsilbige Wörter in
unserer teutschen Sprach widerumb vermehren möge
(
Der Text besteht aus zwei ineinandergreifenden Teilen: Einem Brief des Annotationen des Herausgebers, der die Briefstellen
kommentiert und selbst noch einiges zu den Hintergründen der Praktiken des
Aberglaubens beisteuert.
Nur der Brief des Annotationen die gewohnte Orthographie aufweisen. Um einen
Eindruck von diesem neu-zugerichteten Simplicianischen
Stylo zu vermitteln, sei eine Stelle aus dem Brief des Simplicius
zitiert:
Was nun erst-lich das gmein Volck dvon sagt / und gar-nah glaubt / ist
dis mit eim Wort: man find und grab sie untrm Galgn; dis wär nun ein
ab-scheu-lich Her-kunfft / ab der sich ein jeds ehr-lich Gmüht
ohn-zweiffl ent-setzt / odr doch bil-lich ent-setzn solt. Dann (sagn die
Leuth) wann man ein Erb-dieb / das ist / ein solchn Dieb ghenckt /dem
das stehln an-gborn / ent-wedr weil sein Muttr / in dem sie mit ihm
schwangr gangn / auch gstohln / odr we-nigst zum stehln Lust ghabt / und
der-selb sein Jungfr-schafft noch habend / das Wassr lauffn laß / so
wachs ein solchs Galgn-Mänl draus / so auch Alraun gnannt wird / welchs
hernach zu gwissr Zeit / und mit sondr-barn Ceremonien allr-dings wie
die Wurtzl Baraas beym Josepho mit Auffopff-rung eins schwartzn Hunds /
der an statt des Gräbrs sterb / aus-ge-grabn werdn muß; Als dann werd es
in rohtm Wein gwaschn / in zarth lein-und seidn Tüchl gwickelt / solch
Bad all Frey-tag mit ihm widr-holt / er in ein Lädl gthan / und ihm all
Nacht ein stück Geld zu-glegt / da vor man am morgen früh zwey finde;
man müß es abr nit übr-ladn / es steh sonst ab / odr sterb
(S. 3
f.).
Der in dieser Passage genannte Josepho
ist der jüdische
Geschichtsschreiber Annotatio als Quelle ausgewiesen wird. In der Anmerkung zum
zweiten Kapitel findet sich eine ironische Herleitung des Wortes Alraune, die das assoziierende Etymologisieren der
zeitgenössischen Sprachwissenschaft zu parodieren scheint und die hier in
Auszügen wiedergegeben werden soll:
Ein neues unerhörtes so mir jetzt erstlich einfällt / und den
eigentlichen Ursprung des Allraunmänlins belanget; es heist Allraun:
Solte das nicht herkommen von arca, loculus? Jch meine ja!
Nidersächsisch (als welches der ältiste und also edelste (wann gleich
nicht so hoch / als ihn der Joan. Gorop. Becanus de Cimbr. Ling.
steigern wollen) Dialectus ist) sagt man noch Alruhn / da man anfänglich
Aruhn gesprochen; Weil aber den Vorfahren Ruhn ist significativum in
ihrer Sprach gewesen / in dem es mit rühnen / raunen etc. übereinstimmet
/ und A / als alterapars compositi, hat bey ihnen so keinen sonderlichen
Verstand gewonnen / (dann ein jedes Volck torquiret und maceriret die
peregrina vocabula mit seiner Zungen dermassen / daß sie domestici
werden / oder einen unerfahrnen Originisten zu seyn scheinen; und daher
hat man so lang aus Mißverstand das Wort Alruhn von rühnen / her
derivirt, da es doch dem Verstand nach nichts ähnlichs hat; dann rühnen
heisset einem heimlich was ins Ohr reden oder murmeln etc. das thut ja
das Allrünigen nicht / es hats auch niemand von ihm begehrt / sondern es
ist ein Bildnus das in einem Kästlein still ohne reden ligt) so haben
sie Al drauß gemacht / weil nemlich ein anders fast ähnlichs Wort
vorhanden gewesen / als Ahlraup; und weil es sonsten mit andern
ungewöhnlichen und frembdscheinenden vocabulis also gleichschallete /
als mit Almanach / Almod / Allarm / Alchymia, Alcermes. Traun wie
Serapis bey den Egyptiern nichts anders gewesen / aus der Einsetzung
Josephs / als das Begräbnus oder Sarg Christi / darvon gründlich und zu
grosser Verwunderung in meinem Traum-und Wunderwerck / also ist Alraun
denen Vorfahren nichts anders gewesen / als ein Zeichen oder Nachäffung
und Mißbrauch der Lade des Bunds; arcae foederis
(S. 15 f.).
Damit wurde etwa ein Drittel der gesamten Passage zitiert. Wie ernsthaft dem
Herausgeber diese philologischen Scharfsinnigkeiten, die er mit ironischem
Eifer belegt (in der obigen Passage wird mit Auff
diese weitgesuchte Herführung / läst mir das Gelächter so mich hierüber
überfallen (weswegen ich dann auch sonst nichts vorbringen kan)
[…]
" (S. 20).
Inhaltlich wird in Brief und Annotationen auf die
teuflische Herkunft des Galgenmännleins aufmerksam gemacht. Mit zahlreichen
Anekdoten, etwa der autobiographischen vom Diebsdaumen des Hercinen ist ein Anagramm
für
Auch der Herausgeber stellt die teuflische Herkunft des Galgenmännleins fest und betont, dass nur drei Dinge Wunder bewirken könnten: die Allmacht Gottes, durch die die Propheten und Apostel Dämonen ausgetrieben, Kranke geheilt und andere Wunder gewirkt hätten; die Natur mit ihren Elementen, den Pflanzen und Tieren, denen Gott eine innere Harmonie gegeben hätte und die ein vernünftiger Mensch durch Erfahrung und Beobachtungen erkunden könne; schließlich der Satan, der durch den Abfall von Gott zwar seine Gnade, nicht aber seine Kräfte eingebüßt hätte und der weiterhin Wunder wirken könne. Dies seien aber keine richtigen Wunder, weil sie trotzdem immer von der Allmacht Gottes abhingen. Wenn eine Wurzel, die unter einem Galgen gewachsen sei, ihrem Besitzer Reichtum verschaffen könne, so sei dies kein Wunder, sondern einzig ein Mittel des Teufels, die Menschen Gott abspenstig zu machen. Er beendet seine Ausführungen mit folgendem Fazit:
Sihe / so ist das Galgenmännlin nichts anders als ein Werck des
leidigen Teuffels / dardurch er GOtt seine Ehr stielet und ihm zueignet:
durch seine tausend-künstlerey und Geschwindigkeit das Geld anderswo
stielet und dieser Wurtzel zulegt: also hiemit den armen Menschen in die
Abgötterey (dann wo eines Hertz ist / da ist auch sein GOtt / und ob
eines Geitzhalses Hertz nicht immer an seinem Galgenmännlin hänge / ist
ohn noht zu fragen) die allerschrecklichste Sünd bringt / in dem er ihn
zu seinem Anbetter macht / endlich aber zu sich in die ewige Verdamnus
stürtzet. Und dis ist der wahre Nutz des Alräunigens
(S.
71).
Dieser kurze Text nimmt also den Aberglauben und die angeblichen Wunder der
Zauberkünstler und Hexen in die satirische Kritik. Thematisch wird hier auf
die Walpurgisnacht im II. Buch des
Bei diesem Roman scheint
Der eigentlichen Romanerzählung sind zwei Vorworte vorangestellt. Das erste
Vorwort ist eine Parodie des von den Kaisern oder Landesherren verliehenen
Druckprivilegs an Drucker und Verleger, mit dem deren Erzeugnisse vor
unberechtigtem Nachdruck geschützt werden sollten. Dem Leser dieser Schrift
ist es dem Vorwort zufolge erlaubt, sie zu lesen, sie zu loben, zu
kritisieren, sie wegzuwerfen oder sie zu verkaufen. Sie darf nur nicht
nachgedruckt und verkauft werden, weil man so dem rechtmäßigen Verleger
das Brot Diebischer Weis vorm Maul
wegnehme (fol. o iv
v). Die ironische Unterschrift lautet: so geben unter eygenhändiger
Unter-Schrifft deß offtmahlig ermeldten grossen Königs / de dato in der
Haupt- und Residentz-Statt Invisibilis, den 33. Monatst. Inauditae, Anno
post nihil ooooo. Nullander Rex Selenitide […] Nemonius Secretar
(fol. o v r).
In der zweiten Vorrede wird zunächst die Intention der beiden genugsam
lesen könne (ebd.).
In dieser zweiten Vorrede gibt
Nun erst beginnt die eigentliche Handlung. Der Ich-Erzähler des Romans ist
jener Kaufmann, den die Springinsfeldische Leyrerin
(S. 7) um
viel Geld bestohlen hat und von dem bereits im Ansehen / Ehr und reputation
fixiert ist und Angst vor deren Verlust hat (S. 8). Daher trifft ihn der
Diebstahl schwer, er beklagt den Verlust seines Geldes wie den einer
Geliebten, er magert ab und wird krank und sieht sich zudem dem Hohn und
Spott seiner Mitmenschen ausgesetzt; er geht sogar zu Hexenmeistern, die ihm
sein verlorenes Geld wiederbeschaffen sollen. Er gesteht, dass er
wider alle Vernunft und Billichkeit das Gelt mehr als Gott
geliebt
habe (S. 12).
Eines Tages spricht ihn ein buckliges Männlein an, offensichtlich eine
Teufelserscheinung, und schlägt ihm ein Geschäft vor: Er könne ihm sein
verlorenes Geld oder einen noch viel wertvolleren Schatz beschaffen. Dafür
solle er ihm das als Lohn geben, was er selbst geben wolle. Der Kaufmann
lässt sich von dem fahrenden Schüler
(S. 21), wie er das
Männlein nennt, in den Wald führen. Dort zeichnet das Männlein einen
Doppelkreis in den Boden, versehen mit allerlei magischen Zeichen. Dann
spricht es eine Zauberformel und es erscheint ein Monstrum[]
(S. 23) in Gestalt einer Schlange, mit einem schönen Frauenkopf und den
Füßen eines Greifen, Schuppen, die aus Gold- und Silbermünzen zu bestehen
scheinen sowie einem Feuerschweif (vgl. das Titelkupfer des Romans). Durch
diesen höllischen Geist erhalten sie die Informationen, die sie brauchen, um
entweder das Geld oder den großen Schatz zu finden. Ein Rudel Wölfe führt
sie zu einer bestimmten Stelle im Wald. Das Männlein fragt den Kaufmann, ob
er sein Geld wiederhaben wolle oder ein Mittel, das ihn unsichtbar mache.
Der Kaufmann entscheidet sich nach einigem Überlegen für letzteres.
Daraufhin sucht das Männlein in einem Ameisenhaufen nach den Resten des
Vogelnests, das der Hellebardier des ersten Teils, der diese Szene, wie oben
geschildert, beobachtet, zerrissen hatte. Nachdem das Männlein die Reste
gefunden hat, nimmt der Kaufmann sie an sich und kehrt in die Stadt zurück,
nachdem er sich vergewissert hat, dass er nicht betrogen wurde und das
Vogelnest ihn tatsächlich unsichtbar macht.
Zunächst will er seine neuen Fähigkeiten einsetzen, um unbemerkt an Informationen zu kommen, die ihn reicher machen sollen, als er je zuvor gewesen ist. Vorher will er aber prüfen, ob in seinem Haus alles in Ordnung ist. Er betritt heimlich sein Haus und findet seine Ehefrau vor, die offenbar viel geweint hat. Er glaubt, dass sie mit ihm den Verlust seines Geldes betrauere und ist froh über ihre Treue. Bevor er sich zu erkennen gibt, spioniert er sein Personal aus und stellt fest, dass einer seiner Diener in die Beschließerin verliebt ist, als er in alamodischer Kleidung um sie wirbt und mit Selbstmord droht, wenn sie ihn abweise.
Die Ehefrau gibt der Beschließerin einen Brief an den Apotheker, den sie diesem am nächsten Morgen übergeben solle. Während die beiden sprechen, liest der Kaufmann den Entwurf des Briefes, der auf dem Tisch liegt. Darin bittet sie den Apotheker um ein Mittel für ihren Mann, damit dieser von seinen melancholischen Gedanken befreit werde, nicht mehr seinem Geld nachtrauere und ihr wieder mehr Aufmerksamkeit schenke. Während er dies liest, hört er, wie sich die Ehefrau bei der Beschließerin über ihren Mann beklagt, der sie in den letzten Wochen schwer vernachlässigt habe und offenbar sein Geld mehr liebe als sie. Der Kaufmann wird darüber wütend. Noch wütender wird er, als seine Ehefrau der Beschließerin von einem jungen Mann erzählt, der gerade Doktor der Medizin geworden sei und in den sie sich verliebt habe. Die beiden Frauen verfassen einen Brief an diesen Doktor, in dem sie ihn, ihre Absichten kaum verhüllend, bitten, am nächsten Abend zur Ehefrau zu kommen. Der Kaufmann sitzt indessen im Sessel und überlegt, wie er seiner Frau diese Untreue heimzahlen könne.
Zunächst will er sich an der Beschließerin rächen. In aller Frühe begibt er sich sichtbar zum Apotheker, mit dem er verwandt ist, und erzählt ihm von seinen Plänen. Das Vogelnest erwähnt er jedoch nicht. Als die Beschließerin kommt, gibt sie dem Apotheker versehentlich den an den Doktor adressierten Brief. Der Apotheker schickt sie nach oben, wo der Kaufmann auf sie wartet. Er macht ihr allerlei Vorwürfe, täuscht vor, seit langem in sie verliebt zu sein und nötigt sie, mit ihm zu schlafen, damit er seine Vorwürfe gegen sie vergesse. Er rät ihr, dass sie, wenn sie schwanger würde, den verliebten Diener zum Vater erklären solle. Danach besticht er sie, damit sie ihm die Briefe seiner Frau an den Doktor aushändigt.
In der Retrospektive macht sich der Kaufmann Vorwürfe: Seine Frau habe
niemals vorgehabt, sie zu betrügen und er selbst habe noch weit Schlimmeres
getan. Er wertet ihr Verhalten als Strafe dafür, dass er sein Geld mehr
geliebt habe als seine Frau und dass er dem teuflischen Zauber gefolgt sei.
Schließlich tut es ihm leid, dass er die Beschließerin so entehrt habe und
zugleich ein Ehebrecher und Jungfrauen-schänder
geworden
sei (S. 66).
Gemeinsam verfassen der Kaufmann und der Apotheker ein fiktives
Antwortschreiben des Doktors an die Ehefrau, in der dieser sich bereit
erklärt, zu kommen. Sie müsse aber das Licht löschen, damit er nicht ins
Gerede komme. Die Beschließerin soll als Botin fungieren. Am Abend nimmt er
ein starkes Abführmittel, das der Apotheker hergerichtet hat und begibt sich
zu seinem Haus. Wie angewiesen findet er alles dunkel vor. Unsichtbar geht
er ins Schlafzimmer, wo seine Frau ihn bereits erwartet. Sie hält ihn für
den Doktor. Nach einiger Zeit beginnt das Abführmittel zu wirken, er wälzt
sich im Bett und beschimpft sie als Ehebrecherische Hur
und
Zauberin
(S. 80). Dann entleert er sich auf ihr Gesicht
und ihren Körper und verprügelt sie. Später lachen er und der Apotheker über
diesen Streich. Über die Beschließerin, die ihre Herrin in einem
erbärmlichen Zustand vorgefunden habe, lädt der Apotheker sie für den
nächsten Tag zum Essen ein.
Der Kaufmann tut nun so, als kehre er von einer Reise zurück und fragt scheinheilig, warum seine Frau so übel zugerichtet sei. Als sie vorgibt, von einer Leiter gefallen zu sein, spielt er den treusorgenden Ehemann, in Wahrheit befürchtet er aber, dass sie die Einladung des Apothekers nicht annehmen und so den letzten Teil seiner Rache vereiteln würde.
Der Apotheker hat inzwischen auch den Doktor eingeladen, so dass sie ihm in
dessen Haus begegnet. Sie kann sich vor Wut kaum beherrschen, bleibt aber
höflich. Der Apotheker richtet die Sitzordnung so ein, dass die Frau neben
dem Doktor sitzt. Während des Essens würdigt sie ihn keines Blickes und der
Kaufmann ist sicher, dass der Doktor sie nun für ein grob und
unhöflichs Weib
halte (S. 89). Unter verschiedenen Vorwänden
lassen der Kaufmann und der Apotheker die Frau und den Doktor alleine.
Sofort beginnt sie, den nichtsahnenden Doktor mit Vorwürfen und wüsten
Beschimpfungen zu traktieren. Der Kaufmann tut so, als halte er seine Frau
für krank und schickt sie nach Hause. Dem Doktor erzählt er, sie leide an
einer Krankheit, die sie zwinge, die Menschen zu beschimpfen, ohne wissen,
was sie tue. Rückblickend bekennt der Kaufmann, dass er durch diese
Geschichte zum Ehebrecher / zu einem Betrüger und Verleumbder
geworden sei (S. 96).
Die nächste Zeit verbringt er mit Experimenten, wie er das Vogelnest so einsetzen kann, dass er nach Belieben unsichtbar und sichtbar wird. Die Beschließerin wird tatsächlich schwanger und er hilft ihr, das Kind dem Diener unterzujubeln. Um den Schein zu wahren, gibt er sich zornig und verzeiht ihr großmütig, in Wahrheit ist er aber zufrieden mit dem Verlauf der Geschichte.
Nachdem er zufällig gehört hat, wie eine Frau von einem Mann verführt und
schwanger wurde und nun versucht, mit Betrug doch noch einen Mann zu finden,
ist er wütend über die vielfältige Betrügereyen des arglistigen
Weiber-Volcks
(S. 119) und beschließt, nichts mehr mit ihm zu
tun haben zu wollen. Er reist zur Michaelismesse nach
Die niederländische Stadt ist erfüllt von den Vorboten des nahenden Kriegs:
Der französische König
Von nun an kann er an nichts anderes mehr denken als an die schöne Jüdin.
Zwar hatte er schon andere außereheliche Beziehungen, doch niemals war sein
Verlangen so groß gewesen wie diesmal. Über den Gedanken an sie
vernachlässigt er sogar seine Geschäfte. Dass sie eine Jüdin ist, stört ihn
nicht, denn wer es wage, seine Reichtümer mit Hilfe des Teufels zu
vergrößern, für den sei es kein Unterschied, ob er die Viehische
Begierden an einem getaufften oder ungetaufften stück Fleisch
befriedige (S. 146). Viel mehr beschäftigen ihn andere Hinderungsgründe: Sie
wird von ihrem Vater streng gehütet, zudem ist er so reich, dass mit Geld
bei ihm nichts zu erreichen ist. Außerdem hassen die Juden die Christen und
hoffen, eines Tages die Welt zu beherrschen. Schließlich genießen sie in
dieser Stadt einen besonderen Schutz.
So beschränkt er sich zunächst darauf, unsichtbar in
Er lernt einen konvertierten Juden namens aberglaubische[n]
Heimlichkeiten
(S. 153) erzählt und von ihrem Glauben, dass der
Prophet
Durch geschickte Manipulationen setzt er in der jüdischen Gemeinde das
Gerücht in die Welt, die Ankunft des Messias stehe in Kürze bevor. Zur
Untermauerung fingiert er Beweise. Unsichtbar nimmt er an Beschneidungen
teil und setzt sich auf den für
Sein Betrug gelingt und er verbringt drei Nächte mit
Inzwischen hat der Kaufmann Schlitzgabel
sei (S. 205).
Um
Der Kaufmann hält sich nun die Bekehrung dreier Jüdinnen zugute. Inzwischen
hat er auch erfahren, dass seine Ehefrau gestorben sei. Er sucht nun
Zerstreuung bei den Hexenmeistern, von denen er weitere Künste erlernt. Mit
seinen Kumpanen verbringt er seine Zeit mit Fressen und Sauffen /
Huren und Buben
(S. 258) und vergisst bald seine verstorbene
Frau,
Der Kaufmann beschließt, von einer Phantasmagorie, deren Zeuge er war,
inspiriert, sein Glück als Soldat zu versuchen und auf Seiten der Großmächtige Goliath
(S. 290) hilflos auf
dem Schlachtfeld. Er hatte nicht bedacht, dass es auch jemanden geben könne,
der seine Festigkeit aufheben und ihn verwunden könne. Aus Furcht,
ausgeplündert und getötet zu werden macht er sich unsichtbar, doch Pferde,
die ihn ebenfalls nicht sehen können, laufen über ihn hinweg und fügen ihm
weitere Wunden zu.
Er interpretiert seinen Zustand, in dem er hilflos und schwer verwundet auf
dem Schlachtfeld liegt, als Strafe Gottes für seine Sünden und seine
Lebensweise, seit ihm die Leyrerin das Geld gestohlen hatte. Er fühlt tiefe
Reue und schwört, dass er sein Leben ändern werde, wenn er gerettet würde.
Endlich wird er von einem französischen Priester und Ärzten gefunden und
versorgt. Er schenkt ihnen sein ganzes Geld, nur das Vogelnest behält er für
sich. Nach einigen Tagen jedoch verschlechtert sich sein Zustand, weil sich
die Wunde im Oberschenkel entzündet hat. Aus Furcht vor der Verdammnis
beichtet er dem Priester alle meine Ehebrecherische
Huren-Hängstereyen / greuliche Zaubermässige Teuffels-Künste / und
andere Schelmenstück und Diebsgriff
(S. 299). Nachdem er sich
erholt hat, schenkt er sein übriges Geld, das er sich aus
Nach seiner Genesung will der Kaufmann zunächst bei dem Geistlichen bleiben, bis die Wege wieder sicher sind. Der Priester wirft ihm vor, immer noch ein Teufelsanbeter zu sein, solange er das Vogelnest besitze. Er erklärt dem Kaufmann, dass die Verwundung in der Schlacht, die er als sein Unglück angesehen habe, in Wahrheit der Gnade Gottes zu verdanken sei, weil sie ihn zur Selbsterkenntnis gebracht habe. Alle Sünden, die er begangen habe, habe ihm das Vogelnest ermöglicht. Er habe Juden und Christen bestohlen, eines sei so schlimm wie das andere. Er habe eine Springwurzel benutzt, um Schlösser zu öffnen. Es gebe aber keine Pflanzen, die Schlösser öffnen könnten, es sei denn, der Teufel selbst öffne die Schlösser. Auch durch die Erlernung der schwarzen Künste und durch seine Teilnahme am Krieg, in dem er viele Menschen getötet habe, habe er gesündigt. Alles in allem seien das nur Beweise dafür, dass er mit dem Teufel im Bunde sei.
Die Predigt des Priesters macht so großen Eindruck auf den Kaufmann, dass er alle seine magischen Gegenstände, das Vogelnest ausgenommen, ins Feuer wirft. Weil das Feuer heftig auflodert und beinahe das Haus in Brand steckt, wagen er und der Priester es nicht, auch das Vogelnest ins Feuer zu werfen. Der Kaufmann versiegelt es und übergibt es dem Priester, der auf eine Gelegenheit warten will, es zu vernichten.
Endlich wird der Priester auf eine Gesandtschaft nach
Zu Hause angekommen findet der Kaufmann
Wie der
Der
Die Erstausgabe von 1668, die auf 1669 vorausdatiert ist, wurde vom
Nürnberger Verleger Ausgabe
letzter Hand
bezeichnen, dann wäre eine moderne Edition auf
dieser Grundlage gerechtfertigt. Bezweifelt man aber
Ab der zweiten Ausgabe des
Der Text hat eine komplizierte, schwer zu rekonstruierende
Entstehungsgeschichte (zu Einzelheiten vgl. Breuer 1999, 119 f.). Viel
spricht dafür, dass
Die
Die Erstausgabe erschien im Herbst 1670 beim Nürnberger Verleger
Dieser Text, der vermutlich zu
Der kurze Text nimmt Bezug auf das VII. und VIII. Kapitel des
Der
Der Legendenroman
Die Erstausgabe des
Die Frage nach dem Verleger dieses Romans hat in der Forschung für
Diskussionen gesorgt. Zwar sind die fiktiven Angaben zu Druckort und
Verleger die gleichen wie im Grimmelshausen sein Verhältnis zu Felßecker schon um das
Ende des Jahres 1671 bzw. Anfang 1672 gelöst hat und dass er
kurze Zeit darauf in
(Koschlig 1939, 261).
Daher könne das im Herbst 1672 erschienene
Entgegen der These
Aus den Messkatalogen lässt sich entnehmen, dass
Die Flugschrift
Der
Manfred
Koschlig 1939, 293 f. ging aufgrund von Eigenheiten des
Titelkupfers davon aus, dass der Da im übrigen keinerlei Gründe vorhanden sind, die gegen
die Annahme Dollhopffs als Verleger des
(ebd., 294). vor weynachten
den
Das
Das