10) Le Soupçonneux, in drey Aufzügen von dem ältern
Ricco-
boni, den 29 Jenner 1721 zum erstenmale aufgeführt.
Personen. Lelio; Silvia, dessen Schwester; Harlequin,
dessen Bedienter; Pantalon, Flaminia, dessen Tochter; Vio
lette, ihr Mädchen; der Doctor; Mario, dessen Sohn; ver
schiedene Bediente. Die Scene ist in Neapolis.
Erster Aufzug; das Theater stellt das Zimmer des
Lelio vor. Lelio eröfnet die Scene; er ist allein und scheinet un
ruhig. Er hat zwey Briefe in der Hand, einen von dem Mario, der
sich auf dem Lande befindet, und den andern von der Flaminia, seiner
versprochenen Braut. Der eine dringt in ihn, seine Heyrath mit der
Silvia, der Schwester des Lelio, zum Schlusse zu bringen; der andre
Brief ist voller Zärtlichkeiten, die dem Lelio ein eitles Romanen
geschwätze dünken, und seine natürliche Unruhe nicht stillen können.
Er sucht das Mittel, in das Herz seiner Geliebten sehen zu können,
in sich selbst, schmeichelt sich, es gefunden zu haben, bezeigt, daß er
den Mario mit Ungeduld erwarte, auf dessen Beystand er sich bey
dieser Gelegenheit Hoffnung macht, und ruft seinen Bedienten, Har
lequin. Weil dieser noch nicht lange bey ihm in Diensten ist, so fragt
er ihn nach seiner Familie, nach seiner vorigen Aufführung, und
dieses alles mit so augenscheinlichen Merkmalen des Argwohns, daß
Harlequin verdrüßlich und unruhig wird und durch seine Unruhe das
Mißtrauen des Lelio vermehrt. Er fragt hierauf den Harlequin, wie
es um sein Liebesverständniß mit Violetten stehe; Harlequin antwortet,
daß er sich glücklich schätze, und sein Herr hält sich über seine dumme
Beruhigung auf; doch Harlequin erwiedert, daß er sich wohl hüten
werde, der Violette einigen Argwohn spüren zu lassen, denn entweder
sie liebe ihn nicht, und alsdenn wäre sein Argwohn umsonst, oder
sie liebe ihn wirklich, und alsdenn könnte ihr ein unverdienter Arg
wohn leicht Gelegenheit geben, ihre Gesinnung zu ändern. Lelio
findet sich durch die Anmerkung seines Bedienten einen Augenblick be
troffen, er fällt aber bald wieder in seinen Charakter und sagt, daß
er wenigstens kein Glück zu schmecken wisse, ohne es ganz zu kennen,
und daß er daher durchaus seine Gebieterin auf die Probe stellen
wolle. Man klopft an die Thüre; Harlequin meldet den Mario an,
der vom Lande zurück kömmt; nachdem Mario hereingetreten, läßt
Lelio den Bedienten abgehen, und schlägt jenem vor, der Flaminia
einen Liebesantrag zu thun, um ihm hernach hinterbringen zu können,
wie er aufgenommen worden, weil er bey seiner angebohrnen Auf
richtigkeit unmöglich eher ruhig seyn könne, als bis er von der Auf
richtigkeit derjenigen, mit denen er zu thun habe, völlig überzeugt
worden. Mario entschuldiget sich mit seiner Liebe gegen die Silvia,
mit der ihn diese Verstellung leicht verunreinigen könnte; Lelio aber
antwortet, daß er nach der verlangten Probe die Flaminia entweder
heyrathen, oder ihr auf ewig entsagen, und den Mario schon wieder
mit seiner Schwester aussöhnen und ihre Heyrath sogleich zu Stande
bringen wolle; da er hingegen seine Einwilligung niemals geben werde,
wenn seinem Verlangen kein Genüge geschehe, oder ihn Mario gegen
die Silvia oder sonst jemanden in der Welt verriethe. Mario muß
sich alles gefallen lassen und Lelio geht ab, nachdem er ihm vorher
gesagt, daß er der Flaminia antworten wolle, und daß sie seinen Brief
durch ihn, den Mario, noch vor Mittage, erhalten müsse; er wolle ihr
melden, daß er sich unbaß befinde, damit er einen Vorwand habe,
sie den ganzen Tag nicht sehen zu dürfen, und Mario seine Erklärung
desto ungehinderter anbringen könne. Harlequin kömmt wieder auf
die Scene und bittet den Mario, ihm einen Herren zu verschaffen;
seiner sey allzu argwöhnisch, als daß man mit ihm leben könne.
Mario gesteht es bey Seite zu, ermahnt aber den Harlequin, den
Lelio nicht zu verlassen, der übrigens ein guter Herr und mit ihm
zufrieden sey. Harlequin sagt ihm hierauf, daß ihn Silvia mit ihrem
Bruder habe reden sehen, und ihn, ehe er weggehe, sprechen wolle.
Mario antwortet, Lelio sey itzt in seinem Kabinet und schreibe, diesen
Augenblick müsse man sich also zu Nutze machen, und er wolle er
warten, was Silvia zu befehlen habe. Harlequin verläßt ihn, und
Mario bleibt wegen dessen, was ihm Lelio aufgetragen, in größter
Besorgniß. Silvia kömmt, und fragt ihren Liebhaber, ob er die Ein
willigung ihres Bruders erhalten habe; Mario erwiedert, daß Lelio,
bey dem er eben itzt aufs neue angehalten, den Tag zu ihrer Ver
mählung noch nicht fest gesetzt, sondern ihm nur versichert habe, daß
sie mit seiner Vermählung an einem Tage zu Stande kommen solle.
Lelio kömmt dazu, sieht sie mit einander reden, und schöpft Verdacht.
Harlequin der mit ihm hineintritt, sagt, ohne Zweifel werde Mario
seiner Schwester die öfentlichen Neuigkeiten des Krieges erzehlen. Lelio
antwortet ihm mit einem gezwungnen Lächeln, daß er sehr daran
zweifle; er ziehet den Mario darauf bey Seite, und dieser versichert
ihm, daß er wegen des bewußten alle Verschwiegenheit beobachtet.
Lelio, ohne sehr beruhiget zu seyn, giebt ihm den eben itzt geschriebenen
Brief. Mario geht mit einem Complimente gegen die Silvia ab, und
bitte sie leise, wegen ihrer Heyrath in den Bruder zu dringen. Lelio,
der sie beobachtet, sagt zu dem Harlequin, daß Mario ohne Zweifel
seine Schwester bitte, ihm von ihrer gehabten Unterredung nichts zu
sagen. Harlequin ist aus Gefälligkeit seiner Meinung, und Lelio
dringt hierauf in seine Schwester ihm nichts von dem zu verhehlen,
was ihr Mario gesagt habe. Sie erröthet, und gehorcht; Lelio wird
dadurch noch unruhiger, will noch mehr wissen, und droht ihr, ihre
Heyrath mit dem Mario zu verhindern, wenn sie nicht alles aufrichtig
bekenne. Harlequin ist auf seines Herrn Seite, und Silvia, die nichts
weiter zu sagen weis, geht mit Thränen ab. Doch hat Lelio seinen
Verdacht noch nicht verloren, sondern ruft vielmehr, indem er hitzig
auf und abgeht: Mir! mir einen solchen Streich zu spielen!
Uns! sagt Harlequin, ihn nachäffend. Ich dachte es wohl! setzt
Lelio hinzu. O wahrhaftig, sagt Harlequin, wir können so
gut betriegen wie sie, und uns soll man so leicht nichts
weiß machen! Indem wird an die Thüre geklopft; Pantalon und
der Doctor treten herein und sagen dem Lelio, daß sie den Augen
blick, sich mit ihm näher zu verbinden, ungeduldig erwarteten; Pan
talon nehmlich soll sein Schwiegervater, und der Doctor der Schwieger
vater seiner Schwester werden. Lelio dankt ihnen, und da sie hinzu
setzen, daß ihre Kinder ihm wegen seiner Uneigennützigkeit verbunden
seyn müßten, weil so wohl er als seine Schwester reichere Gatten
leicht hätten finden können, so giebt Lelio zu verstehen, daß ihm alle
diese Complimente verdächtig vorkommen; ja da die zwey Alten noch
weiter in ihn dringen, einen gewissen Tag fest zu setzen, so antwortet
er ihnen gar nicht, fordert von dem Harlequin seinen Hut und Degen,
und geht fort. Pantalon und der Doctor erstaunen darüber, und da
sie den Harlequin um die Ursache dieses kaltsinnigen Bezeigens fragen,
spielt er die Rolle seines Herrn nach, nimt seinen Hut, seinen Gürtel,
und was er sonst braucht, vom Tische, und verläßt sie ohne alle Um
stände. Sie lauffen ihm nach, und er erste Aufzug ist zu Ende.
Zweyter Aufzug; das Theater stellt die Gasse vor,
in welcher Pantalon wohnet. Mario tritt auf, und ist in der
größten Verlegenheit, daß er etwas thun soll, was mit allen seinen
Neigungen streitet, klopft aber doch an die Thüre des Pantalon an.
Flaminia kömmt heraus, mit ihm zu sprechen; Violette ist bey ihr,
die Mario wieder hinein zu schicken bittet. Hierauf, nachdem er ihr
den Brief des Lelio übergeben, fängt er an, sich in sie verliebt zu
stellen, und thut dieses auf eine sehr ungeschickte Weise. Endlich sagt
er bey Seite, daß er unmöglich länger eine falsche Person spielen
könne; er wirft sich der Flaminia zu Füssen und bittet sie das, was
er ihr entdecken wolle, verschwiegen zu halten. Sie verspricht es, und
er erzehlt ihr die Thorheit seines Freundes, die er seiner Zärtlichkeit
beymißt, und die sie ihm um so vielmehr verzeihen müsse, da Lelio
ihre und seiner Schwester Heyrath ohne Anstand vollziehen wolle, so
bald ihm in diesem Stücke ein Genüge geschehen. Flaminia hört ihm
ruhig zu, indem sie ihm aber antwortet, geräth sie in solche Hitze,
daß ihm wegen seines Geheimnisses bange wird, und er sie, sein Un
glück nicht zu machen, beschwören muß. Sie besänftiget sich, und sagt
ihm, sie besorge es nicht heute zum erstenmale, daß sie die Gemüths
art des Lelio unglücklich machen werde; sie wolle daher ihre Maaß
regeln nehmen, ohne daß ihm Lelio etwas vorwerffen könne; er solle
ihm nur unterdessen sagen, daß seine Liebeserklärung übel aufgenommen
worden, und sich selbst eine Antwort, wie er glaube, daß sie sich am
besten schicke, erdenken. Mario dankt ihr, und geht den Lelio aufzu
suchen. Flaminia ist noch voller Unwillen und ruft Violetten. Sie
erzehlt ihr alles, denket auf Mittel sich zu rächen, und bittet sie, gleich
falls darauf bedacht zu seyn. Harlequin kömmt, Violetten zu besuchen,
und erzehlt ihr, daß ihn Lelio argwöhnisch gegen sie machen wollen;
Violette geräth darüber in Zorn, und ihre Gebieterin sagt ihr ins
Ohr, daß ihr ein Mittel, sich zu rächen, beyfalle; sie setzt hinzu, sie
wolle dem Mario schreiben, daß sie ihn gern die folgende Nacht
sprechen möchte, Violette solle unterdessen sich des Harlequins ver
sichern, damit man von allen Tritten und Schritten seines Herren
Nachricht haben könne. Nachdem Violette wider den Lelio genug los-
gezogen, schlägt sie dem Harlequin vor, sie wenn es Nacht geworden
zu besuchen, doch mit der Vorsicht, sich zu verkleiden; sie wolle ihn,
sagt sie, nahe an dem Zimmer verbergen, wo sich ihre Gebieterin mit
dem Mario unterhalten werde; wenn Mario alsdenn weg sey, würden
sie Zeit genug haben, mit einander zu plaudern. Harlequin findet
diese Einrichtung sehr vernünftig, nur befürchtet er, sein Herr werde
ihm nicht auszugehen erlauben; unterdessen verspricht er doch, sein
Bestes zu thun. Violette wünscht sich, bey Seite, einen glücklichen
Fortgang dieser Intrigue, blos um das Vergnügen zu haben, den
Lelio eifersüchtig zu machen, und sich dadurch an ihm zu rächen. Har
lequin, der seinen Herren mit dem Mario kommen sieht, gehet ab,
sich zu verkleiden. Mario stattet dem Lelio von dem, was er ihm
aufgetragen, Bericht ab, erzehlt wie strenge sich Flaminia gegen ihn
erzeigt habe, und wünschet seinem Freunde von Herzen Glück. Lelio
glaubt ihm bald, und bald ist er wieder mißtrauisch, endlich hält er
es für völlig ausgemacht, daß die vorgegebene Liebe des Mario der
Flaminia nicht mißfallen habe, und verläßt ihn also voller Unruhe.
Mario ist in der größten Verwirrung, und eben kömmt Violette und
bringt ihm den Brief ihrer Gebieterin, mit Bitte, dem Lelio davon
Wind zu geben. Sie versichert ihm, daß der Dienst, welchen er der
Flaminia hierdurch erweise, ihm auf keine Weise nachtheilig seyn solle;
er verspricht zu gehorchen, gehet ab, und Violette begiebt sich gleich
falls sehr vergnügt weg. Das Theater verändert sich, und stellt das
Zimmer des Lelio vor. Man sieht, wie Harlequin daselbst unter ver
schiednen Verkleidungen wählet, wie er sich entschliesset, zwey auf ein
mal zu nehmen, um desto unerkenntlicher zu seyn, und sich wirklich in
dieser Absicht auszukleiden anfängt. Lelio überrascht ihn in dieser
Beschäftigung, und fragt ihn, was er machen will. Harlequin bekennt
ihm, daß Violette ihn zu sich bestellt habe, und bittet ihn bald mit
Weinen, bald mit Lachen, sein gutes Glück nicht zu verhindern. Lelio
verspricht es ihm, sagt aber, daß es noch nicht Nacht sey, und er also
noch Zeit genug habe, sich zu verkleiden. Harlequin umarmet seinen
Herrn, und macht verschiedne freudige Lazzis. Indem tritt ein Be
dienter herein, der dem Lelio einen Brief vom Mario bringt, in
welchem ihm dieser meldet, daß Flaminia ihn (den Mario) zu einer
nächtlichen Unterredung gebeten habe, daß er gehindert worden, ihm
mündlich davon Nachricht zu geben, und daß er ohne seine Einwilli
gung nicht unternehmen wolle. Lelio schließt hieraus, daß er die
Flaminia mit Recht in dem Verdacht gehabt habe, daß ihr die Liebe
des Mario nicht mißfalle, und er folglich nicht so sehr geliebt werde,
als man es ihm bereden wolle. (Der Schauspieler muß hier wohl
Acht haben, daß er Unruhe, aber nicht Eifersucht verrathe; und eben
diesen Unterschied zwischen beyden soll der Verfasser dieses Stücks,
welcher die Rolle des Lelio selbst spielte, unnachahmlich beobachtet
haben.) Lelio fasset den Entschluß, dem Mario zu schreiben, daß er
die Einladung der Flaminia annehmen, und ihm morgen davon Nach
richt geben solle. Er ruft, fordert von dem Harlequin die nöthigen
Dinge zum Schreiben, und unter andern auch Licht. Licht? sagt
Harlequin ganz freudig; also ist es Nacht? Nein, antwortet
Lelio; sondern ich brauche nur Licht. Harlequin bringt ihm
alles, was er gefordert hat; sein Herr schreibt, versiegelt den Brief,
giebt ihn dem Bedienten des Mario, fertiget ihn ab, steckt den Brief
des Mario zu sich, und sagt, daß ihm eben eine gute List beygefallen
sey. Harlequin findet, daß die Nacht diesesmal länger aussenbleibe,
als gewöhnlich. Lelio sieht ihn mit einem kaltsinnigen Blicke an, und
wirft ihm vor, daß er ihm nicht die Art und Weise vertrauet habe,
wie ihn Violette in das Haus hineinbringen wolle. Harlequin ant
wortet ihm, daß sie ihn an der Thüre erwarten werde, und wieder
hohlt alles, was man in der vorigen Scene zwischen ihm und der
Violette vorgehen sehen. Alle Augenblicke aber unterbricht er seine
Rede, indem er sagt, es sey Nacht, er müsse fort. Lelio hält ihn
jedesmal auf; endlich kehrt sich Harlequin um, macht eine Verbeigung
und spricht: Ha! seyn Sie willkommen, gnädige Frau
Nacht! Ich wünsche Ihro Gnaden eine gute Nacht! Und
hierauf will er mit Gewalt fort; Lelio aber hält ihn nochmals zurück,
und sagt, weil er selbst diese Nacht ausgehen wolle, so müsse er (Har
lequin) zu Hause bleiben. Er läßt sich auch durch die Bitten des
Harlequins im geringsten nicht bewegen, sondern sagt, daß er ihn
sogar, um sich seines Gehorsams zu versichern, verschliessen werde;
weil es aber noch Tag ist, so geht er, seiner Schwester zu sagen,
daß sie ihn nicht erwarten dürfe, und läßt sich in der Absicht den
Mantel umgeben, den Harlequin sich zu verkleiden zurecht gelegt hatte.
Er geht ab, Harlequin, voller Verzweiflung macht sich den Augenblick
zu Nutze, Violetten von dieser Verhinderung Nachricht zu geben. Das
Theater verändert sich und stellt eine Strasse vor. Flaminia erscheint,
und sagt Violetten, daß Lelio, bey einer so gegründeten Ursache zum
Verdacht, sie ganz gewiß ausspioniren werde. Harlequin kömmt dazu,
und Flaminia geht bey Seite, damit ihn Violette desto ungehinderter
ausfragen kann. Sie empfängt ihn mit vielen Liebkosungen; anfangs
will er sich trösten, und fängt an mit ihr zu lachen, bald aber er
zehlt er ihr sein Unglück weinend, und macht sich geschwind davon,
weil er sieht, daß es Nacht wird. Flaminia kömmt wieder zu Vio
letten, und sagt, daß sie alles hinter der Thüre gehört habe, und daß
ihr ein Mittel beygefallen sey, wie sie sich an dem argwöhnischen Lelio
rächen könne. Sie sehen Licht kommen, und begeben sich weg. Der
Doctor und Pantalon erscheinen; dieser hat eine Laterne in der Hand,
und sagt jenem, daß er wohl bey ihm zu Abend speisen wolle, nur
müsse er es vorher in seinem Hause melden. Er ruft Violetten, sagt,
daß sie mit dem Abendessen nicht auf ihn warten sollen, und geht
mit seinem Freunde fort. Lelio erscheint in einen Mantel eingehüllt;
er verbirgt sich in einen Winkel, siehet die beyden Alten in das Haus
des Doctors hineingehen, nähert sich dem Hause des Pantalons und
ruft Violetten, die sich stellt, als ob sie ihn für den Harlequin halte.
Nach verschiednen Lazzis von beyden Seiten, empfiehlt er ihr mit
leiser Stimme, ja wohl Acht zu haben, daß sie nicht durch irgend
ein Licht verrathen würden. Indem kömmt gleich Flaminia, die ein
Licht in der Hand hat; sie will sich nach dem Fortgange ihres An
schlages erkundigen; Violette läuft ihr voller Zorn entgegen, und
schmält, daß sie so ungeduldig und unvorsichtig ist, sie zu so unrechter
Zeit zu beleuchten. Flaminia begiebt sich weg. Violette sagt zu dem
Lelio, daß sie das Licht aus dem Zimmer genommen habe, in welches
sie ihn führen wolle; sie nennt ihn beständig Harlequin, läßt ihn zu
der Thüre hinein, die mitten auf dem Theater ist, und schließt nach
ihm zu. Flaminia kömmt abermals wieder, mit einem Wachslichte
in der Hand, ruft Violetten und schilt, daß sie itzt allein und ohne
Licht in dem Zimmer sey, da sie vielmehr den Mario an der Thüre
erwarten sollte. Sie befiehlt ihr um so vielmehr zu eilen, weil sie
von dem Balcon einen vorbeygehen sehen, von dem sie glaube, daß
er es gewesen sey. Inzwischen aber geben sie einander mit Zeichen
zu verstehen, daß Lelio dort eingeschlossen sey, und sie also leise reden
müßten. Violette geht, den Mario zu erwarten, und Flaminia bleibt
allein und wünschet sich heimlich zu ihrer bevorstehenden Rache Glück.
Mario kömmt; Flaminia begegnet ihm sehr hart, und sagt, daß sie
ihn nur deswegen haben ruffen lassen, um ihm zu verbieten, jemals
wieder vor ihre Augen zu kommen. Er geht, dem Ansehen nach, in
der größten Bestürzung fort, und Flaminia fährt, nach seinem Ab
tritte fort, vor sich theuer zu versichern, daß sie nie einen andern
als den Lelio lieben werde. Dieser hört es, macht ein Geräusch und
will sich vor Freuden zu den Füssen der Flaminia werffen; Flaminia
aber thut, als ob sie furchtsam wäre, und einen Dieb zu hören glaubte,
und ruft um Hülfe. Alle Bediente aus dem Hause kommen bewaffnet
herzu; sie befiehlt ihnen ganz laut, sich eines Diebes zu versichern,
der in dem nächsten Zimmer verschlossen sey, leise aber sagt sie, daß
sie alles, was sie ihnen befohlen habe, ja wohl beobachten und es
genug seyn lassen sollten, ihm Furcht einzujagen. Man öfnet die
Thüre; Lelio dringt heraus, rennt die Bedienten übern Hauffen, einer
von ihnen thut einen Pistolenschuß in die Luft, der vermeinte Dieb
verlieret Hut und Perücke, und macht sich davon.
Dritter Aufzug. Die Bühne stellt das Zimmer des
Lelio vor. Harlequin liegt auf einem Tische, und ist eingeschlaffen.
Er träumt, und glaubt mit Violetten zu sprechen. Er bewegt sich und
fällt herunter; er erwacht darüber, sucht Violetten, und da er sie nicht
findet, merkt er endlich, daß er geträumt und der Tag ihn auf
geweckt habe. Lelio tritt herein. Harlequin erkennt ihn nicht so gleich,
und fürchtet sich vor ihm; nach einer Menge Lazzis erkennt er ihn
endlich und fragt, was er mit seinem Hute, und seiner Perücke ge
macht habe. Lelio giebt seinen Verlust einem heftigen Winde schuld,
der sie ihm weggenommen. Indem wird an die Thüre geklopft, und
Harlequin bringt einen Bedienten der Flaminia hereingeführt, der
dem Lelio einen Brief giebt, in welchem sie ihm meldet, daß ihr ein
grosser Verdruß zugestossen, und daß, wenn ihre Heyrath nicht noch
diesen Tag zu Stande käme, sie sich morgen auf Zeitlebens in ein
Kloster einschliessen wolle. Lelio schmeichelt sich, daß die Liebe des
Mario ohne Zweifel dieser grosse Verdruß sey, und sagt zu dem Be
dienten, daß er ihr sogleich selbst die Antwort bringen wolle, und
sie unterdessen versichern lasse, daß er alle Augenblicke bereit sey, ihr
zu gehorchen. Er erkundigt sich bey dem Bedienten nach der Ge
sundheit seiner Gebieterin; dieser antwortet, daß sie sich nicht allzu
wohl befinde, weil sie sich von dem Schrecken noch nicht erhohlt, den
sie vergangene Nacht gehabt habe, indem man einen Dieb bey ihr
eingeschlossen gefunden, der seinen Hut und seine Perücke in Stiche
gelassen. Das muß also, sagt Harlequin, eine sehr unglück-
rend="trennstrich"
liche Nacht für die Hüte und Perücken gewesen seyn.
Sein Herr befiehlet ihm zu schweigen, und fertiget den Bedienten der
Flaminia ab. Harlequin fängt wieder an, von den Hüten und Perücken
zu reden; Lelio wird ungeduldig, indem wird angeklopft und der
Doctor tritt mit dem Pantalon herein. Die zwey Alten liegen dem
Lelio aufs neue an, den Tag zu seiner und der Silvia Verheyrathung,
fest zu setzen; er antwortet, er sey bereit zu schliessen, und wolle ihnen
mit seiner Schwester zu dem Pantalon folgen, wo sie den Notarius
könnten hinkommen lassen. Silvia kömmt hierauf, und sagt ihm, daß
sie ihn im Traume in grosser Noth, unter wilden Thieren gesehen
habe, die ihn zerreissen wollen. Lelio gesteht vor sich, daß es diesem
Traume nicht ganz an Wahrheit fehle. Mario kömmt dazu; grüsset
die Silvia und ziehet den Lelio bey Seite, und erzehlt ihm, daß er
seinetwegen sehr gemißhandelt worden. Lelio unterbricht ihn, und sagt,
er wisse bereits alles und werde ihm die Ruhe seines künftigen Lebens
zu danken haben. Mario und Silvia dringen wegen ihrer Verbin
dung in ihn; er sagt ihnen, was er eben itzt mit dem Pantalon
und dem Doctor abgeredet habe, und sie fallen ihm beyde um den
Hals. Auch ich? sagt Harlequin, auch ich werde Violetten
heyrathen dürfen? Ohne Zweifel; antwortet Lelio; und Har
lequin fällt ihn gleichfalls um den Hals. Die Umarmungen fangen
von neuem an, und so gehen sie endlich mit einander ab. Das Theater
verändert sich, und stellt die Strasse vor, wo Pantalons Haus ist.
Man erblickt den Doctor, den Pantalon und den Notarius, die auf
das Haus zueilen, damit sie Lelio finden und keinen Verdacht zu irgend
einem Argwohne haben möge. Doch Lelio, Silvia und Mario hohlen
sie noch ein, und sie gehen alle zusammen hinein. Das Theater ver
ändert sich abermals, und stellt das Zimmer der Flaminia vor, wo
sie zu Violetten sagt, daß sie noch gar nicht wisse, wie sie mit dem
Lelio, ohne Nachtheil des Mario, werde brechen können. Violette giebt
ihr den Brief des Mario an den Lelio, den dieser, als er sich davon
machen müssen, verloren hatte. Flaminia lieset ihn mit grosser Freude,
und sagt, daß sie ihn sehr gut werden brauchen können. Indem kommen
die Väter und die Liebhaber dazu. Man unterzeichnet die beyden
Contracte. Flaminia bemächtiget sich derselben, giebt dem Mario den,
der ihn angehet, wirft dem Lelio seinen Argwohn und sein be
schimpfendes Verfahren vor, welches sie durch den Brief, den er bey
seiner Flucht verloren, erfahren habe, und zerreißt den Contract, den
sie kurz zuvor unterzeichnet hatte. Pantalon billiget das Verfahren
seiner Tochter und begiebt sich mit ihr weg. Lelio bleibt ganz ver
wirrt; Silvia tröstet ihn, und giebt ihm den Rath, in Zukunft nicht
mehr so argwöhnisch zu seyn; denn, sagt er, dieser Brief ent
hält eine Verrätherey, gegen die ich nicht genug auf
der Hut gewesen bin. In Zukunft will ich mich auch
vor dem Hunde und der Katze in dem Hause in Acht neh
rend="trennstrich"
men, und auch meinem Hemde nicht mehr trauen. Er
gehet voller Wuth ab. Mario und Silvia folgen ihm in der Ab
sicht, ihn mit Flaminien wieder auszusöhnen; und Harlequin sagt, er
wolle gehen und sehen, ob die Thorheit seines Herren auch nicht
seiner Heyrath Unglück gebracht habe; womit die Komödie sich endet.