Available at (c) Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
Ein Verfasser ist nicht genannt. Der VD 17-Katalog benennt in Rekurrenz auf das
Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek München Johann Philip Steüdner als
Widmungsempfänger; das Exemplar der Staatsbibliothek zu Berlin weist hingegen keine
Widmung auf. Gemeint sein könnte
Das
Erschienen 1685 bei
Die
Spätere Ausgaben lassen sich nicht nachweisen.
Das
Das dem Titelblatt nachgestellte, einseitige und hochformatige Kupfer zeigt in
üblicher Ausrichtung die schematisierte Stadtsilhouette Venedigs vom Wasser aus
gesehen. In den Himmel sind zwei Kartuschen gesetzt, links der venezianische
Löwe, rechts die thronende Allegorie der Stadt, Venetia, mit Zepter und
Löwenwappen, wie sie auch auf einem anonymen Stich von 1614 erscheinen (Abb.
Der Form nach hat der Stecher sich hier bei Lukas Schnitzer aus Nürnberg bedient,
auf dessen Venedigdarstellung nach Blaeu von 1666 dieselben Kartuschen
seitenverkehrt zu finden sind (Abb.
Die darauf folgende, knappe Vorrede richtet sich unter der aus den griechischen Großbuchstaben
Alpha und Omega bestehenden Überschrift an den GOtt- und dessen
Majestätische Wercke liebenden Leser
(S. 1). Neben der Tatsache, dass GOtt
damit als
erstgenannte Instanz an prominente Stelle rückt, enthält die Ansprache in erster
Linie eine zeitgeschichtliche Einordnung: Weltkündig
(S. 1) sei, dass Venedig sich 25 Jahre im Krieg mit den Türken unter
der Führung Mahomets IV. befunden habe. Der historische Rückgriff wird im
Folgenden mit der anhaltenden kriegerischen Gegenwart verknüpft und damit zum
indirekten Anlass des Werks: Das Buch erfüllt stellvertretend die Rolle der
Reise, die aufgrund der anhaltenden, gefährlichen Lage nicht angetreten werden
konnte. Zielpublikum ist der Curiose Leser
der zugleich einen
gewissermaßen verhinderten Reisenden
vorstellt (siehe Titel).
Städtebücher können durchaus als Reiseersatz
angesehen
werden (Jakob, S. 452). Als Nachricht und Belustigung
(S. 2) der Adressaten zu dienen, erscheint als relativ unspezifische
Funktionszuweisung des Theatrum-Metaphorik wird weder in der Vorrede noch im
weiteren Text ein direkter Bezug hergestellt. Am Ende der kurzen Ansprache wird
der Leser aufgerufen, sich die verhandelten Dinge unter Berufung auf Gott
zu Nutzen
(S. 2) zu machen, ohne dass dies näher präzisiert wird.
Eine konkrete Benennung der kompilierten Quellen findet sich ebenso wenig wie ein
Verfassername. Auch fehlt jegliche Andeutung, ob und wann die beschriebenen Orte
besichtigt wurden, so dass weder eine vermittelte Authentizität noch ein zu
benennendes Autoritätszitat den Gehalt des
Zu den weder gekennzeichneten noch datierten Abbildungen, die an passender Stelle
in den Text eingebunden sind, gehören Karten und Ansichten. Obschon der
Verfasser ganz offensichtlich Stiche aus
Nicht immer korrespondieren Textquantität und Bildgröße sowie -qualität. Offenbar
wurde disparates Bildmaterial, wie es gerade greifbar war, nachgestochen und in
das Buch eingebunden. Durchgängig ist eine Qualitätsminderung der Illustrationen
gegenüber greifbaren Vorlagen zu verzeichnen. Die dargestellten Stadt- und
Landschaftsräume sind dürftig und einfach gestaltet, die Staffagefiguren
getilgt, was den Charakter eines leeren, kalten Raumes vermittelt (schöne Bruck di
Rialto
(S. 7) mit Verweis auf die Abbildung heißt: wie diese
Figur zeiget
(S. 8). Ein verbindendes Element der ausgewählten Orte
stellt in den meisten Fällen ihre Lage am Wasser dar. Die Illustrationen
vermitteln neben den wiederkehrenden Motiven von Fortifikationen und
Marineszenen auch das Motiv des Reisens: das Schiff, das auf etwas zufährt oder
an etwas vorbeisegelt, kann durchaus leitmotivisch verstanden werden.
Die Hauptkarte des Mare Adriaticum (vor S. 3) zeigt Venedig an den oberen Rand
gedrängt, ohne der Stadt eine zentrale oder herausgehobene Stellung zuzuweisen.
Diese Karte ist in Anlehnung an
Bei dem klappbaren, querformatigen Blatt mit dem venezianischen Stadtpanorama von
S. Georg im Westen bis S. Antonio im Osten (nach S. 4) handelt es sich um eine minder genaue Kopie nach Johann
Philipp Steudners Venedig-Ansicht (Augsburg um 1680; Abb. Anlangend
(S. 4) anhebt: Text und Bild nähern sich ihrem Sujet.
Die sich anschließenden Veduten der Rialtobrücke mit zwei Gondolieren (S. 6) und des Markusplatzes (S. 8) entstammen dem Venedigplan von Teutschhaus
(S. 10) mit arbeitendem Personal, Händlern und Warenaustausch in einem
schönen Renaissance-Innenhof fällt in der ansonsten kanonischen Vorstellung der
Stadt aus dem Rahmen. Im Text nur neben anderen aufgezählt, findet dieses
Teutsche Hauß
(S. 9) keinerlei nähere Erläuterung.
Nach der Vorstellung Venedigs ebbt die Abbildungsdichte deutlich ab. Bemerkenswert ist, dass keine der durchaus greifbaren Stiche von Padua, Bologna, Ferrara oder Verona eingebracht werden, obschon diese Orte längere Besprechungen im Text erfahren. Es finden im Weiteren einfache Stadtansichten oder Prospekte in Vogelperspektive Verwendung, von abgelegenen Inseln werden nur mehr Karten gezeigt.
In der Beschreibung der Stadt Venedig folgt der Text den in der Reiseliteratur
kanonischen Besichtigungspunkten in äußerst knapper Form: vom trojanischen
Ursprung der Venezianer über die Lage der Stadt, die Bevölkerungsdichte und den
Bestand an Gebäuden bis hin zum Transportwesen: der Schiffen und Gundelen/ so
man zur Handthierung und Nothdurfft täglich gebrauchet/ sind bey 8000.
(S. 6)
Der gern anklingenden Frage nach der Form der Stadt (z.B. Delphin) kann der
Verfasser ein unübliches, martialisches Vergleichsbeispiel hinzufügen: der
Situs um Venedig ist einem gespannten Armbrust nicht unehnlich
(S. 5). In
einzelnen Abschnitten widmet sich der Text der Beschreibung der Markuskirche,
der Rialtobrücke, des Zeughauses und des Turms von San Marco.
An einigen Stellen werden historische Quellen, meist antike Geschichtsschreiber
wie
Die Stadtbeschreibung von Padua wird durch einen Einschub über das
Schleusensystem der Brenta unterbrochen. Bey dem Fluß Brenta, ist zu
betrachten/ wie dass/ mit Kunst der Schleussen die Schiff auß den Meerlacken
in besagten Fluß/ und auß demselben in gemeldte Meerpfützen gebracht
werden.
(S. 17) Teile der folgenden Passage sind wörtlich aus
Der
Wasserfall
auf das Schleusensystem zu sprechen, welches der
curiose Leser auß dieser Figur mehrers absehen kan
(S. 47). Die
beigefügte kleine Abbildung, die ebenfalls aus dem
Als geschilderte, tatsächliche Theaterräume im Das berühmte Theatrum/ welches noch allerdingen ganz und unverfallen
ist/ deßgleichen in ganz Italien nicht zu finden, hat ein Oval-Rundung dero
inwendiger Hof 250. Schuh lang/ und 150. breit/ und die Staffeln übereinander
hinauf gebauet.
(S. 23) Laut Verfasser haben 20 000 Personen in Verona Platz
und können einem Schauspiel zusehen
(S. 23). Von Vicenza heißt es lapidar:
Ferner ist allhier wohl zu sehen das Theatrum/ darinnen die Comödien gehalten
werden/ und 5400 Personen/ daß keine die andere hindert/ zu stehen mögen/
welches durch Andream Pelladium erbauet worden.
(S. 25)
Die Stadtbeschreibungen im Zeng
als
topische Abbreviatur: In diesem Städtlein hats ein Schloß/ ist ein zimblich
fester Ort/ und auf der Höhe hats ein absonderliche Festung.
(S. 33)
Es werden auch negative Einschätzungen gegeben, über Triest schreibt der
Verfasser: [...] hart dabey ist die Thumb-Kirchen/ so ein sehr altes grosses
und finsteres Gebäu.
(S. 31) Interessant ist, dass auch das
Nicht-Bemerkenswerte Erwähnung findet. Über Reggio heißt es [...] alda nichts
sonders denckwürdiges zu sehen/ ausser/ daß trefflich schön Brod alda gefunden
wird.
(S. 54)
Ausführlich wird die Kirche S. Maria di Loreto beschrieben (ab S. 59). Die ganze Passage ist
In der Beschreibung von Castel Nuovo berichtet der Schreiber von einem
kriegerischen Angriff des venezianischen Proveditor Antonio des Jahres 1684 und
wechselt damit abrupt zu aktuellen kriegspolitischen Geschehnissen. Die
türkische Bevölkerung bezeichnet der Verfasser als sehr böß/ und den Christen
absonderlich aufsätzig/ weßwegen/ so sie einen Christen erhaschen mögen/ sie
selbigen so gleich gefangen nehmen/ und zu unerträglichen Diensten zwingen/ mit
Peitschen schlagen/ und andernwärts verkaufen
(S. 72). Es werden Details der
Heeraufstellung angeführt und dass der Proveditor willens [war] Castel-Novo
noch diß Jahr anzugreiffen
(S. 73). Eine solche Bezugnahme zu aktuellen
Ereignissen vermittelt den Charakter eines periodischen Nachrichtenmediums.
Im folgenden Teil, der sich den Gebieten von Dalmatien und – sich Insel um Insel
vorarbeitend – der südöstlichen Küstenregion der Adria widmet, steht das
Wehrhafte mehr und mehr im Vordergrund. Die Orte werden kurz beschrieben und
ihre nationale Zugehörigkeit geklärt. Darauf folgen Bemerkungen über die
Befestigung der Stadtanlagen. Hierin korrespondiert der Text mit den
Abbildungen, die vor allem die Fortifikationen darstellen. Ein typisches
Beispiel ist Sebenico
: Von der Festung Zara bey 10. Teutscher/ oder 50.
Welscher Meilen/ liget auch in Dalmatien die Stadt Sebenico/ zwischen Clissa und
Zara/ in Mitten/ ist ein schöne grosse Stadt mit Bollwercken und tieffen Gräben
aufs beste verwahret/ also daß sie jederzeit ihren Feinden viel zu thun gegeben/
wie sie dann von den Türcken offt angefochten worden.
(S. 75)
Das Textgefüge hinterlässt wegen der vielschichtigen Inhalte in seiner Knappheit einen ungenügenden Eindruck und wirkt in seiner Sprunghaftigkeit wenig stringent. In vielen Passagen scheint der Charakter eines flüchtigen, auf Weniges reduzierten Kompendiums auf.
Um die monoton wirkenden Stadtbeschreibungen zu unterbrechen, werden verschiedene
Einschübe aus dem Bereich der Seefahrt (Schilderung eines Meersturmes nach
Neuschütz, S. 73; Beschreibung des Seewindes Schirokio
, S. 77 f.)
und der heimischen Tierwelt (Der Adler
, S. 78; Der
Geyer
, S. 79) in den Text eingebettet, die mitunter fabulösen
Charakter gewinnen und ganz im Gegensatz zu den aktuellen kriegerischen
Auseinandersetzungen stehen, die in den angrenzenden Kapiteln geschildert werden
(so die Befreiung von St. Mauro durch die Venezianer im Sommer 1684, S. 84).
Über den Adler weiß der Verfasser zu berichten: Er solle auch ein
hefftigen Streit wider den Drachen haben/ weil der ihm seine Eyer
frisset
(S. 79). Den Schluss des Im Castell/ so auf einem hohen Berg
gelegen/ und 200. kleine Häußlein begreifft/ ligen 150. Soldaten/ und bey
70. Stuck Geschütz/ und weil das Castell hoch ligt/ kan man sehr weit in die
Insul hinein sehen/ die ist schön und eben/ und unten voller Oelbäum und
Rosinlein Sträuchlein etc.
(S. 90).
Der Schwerpunkt des Rarität
geführt. Zwischen die Erfassung von urbanen und
politischen Strukturen (Länder und Städte) und die Darstellung natürlicher
Gegebenheiten (Berge, Flüsse, Wasser, Früchte) schiebt sich mit der Bezeichnung
Festungen
die militärische Präsenz, die in vielen
Reisebeschreibungen eine Rolle spielt. Zur Grand Tour, der adligen
Ausbildungsreise, gehörte vor der Besichtigung der Altertümer und Kunstschätze
unbedingt eine Schulung militärischer
Belange durch das Studium von Fortifikationen. Der religiöse Aspekt
zeigt sich in der im Titel hervorgehobenen Positionierung der Wallfahrt nach S.
Maria di Loreto. Weitere Gründe für die Beschreibung werden nicht genannt. Der
Form nach lässt sich das Theatrum Adriaticum im weitesten Sinne den
topographisch-enzyklopädischen Städtebüchern
zurechnen (
Der theatrale Raum, den die Beschreibung des anonymen Verfassers erfasst, ist
durch das titelgebende Adriatische Meer gegeben, das damit zum tatsächlichen
Schauplatz des Geschilderten wird. Vielmehr als um eine Reisebeschreibung
handelt es sich also um eine geographische Schrift (
Im Vergleich zu anderen Venedig-Reisebeschreibungen der Frühen Neuzeit fällt
immer wieder die Kürze auf, so beispielsweise bei der Beschreibung des Arsenals
(
Eine konkrete Einordnung des
Das Theatrum-Metaphorik im Titel, gehören aber von Anlage, Aufbau und
Anrede im Vorwort her in eine Reihe, denn Sie besitzen neben einer inhaltlichen
Aurichtung auf das Sehen
in den knappen Vorreden eine gleich gestaltete Topik.
Auch werden die Schriften als zusammengehörig angekündigt, im Vorwort des Hiermit hat der GOtt und dessen
Majestätische Wercken liebende Leser zu ersehen/ die grosse Welt berufene in
Thracien oder Romanien am Hellespont ligende Haupt-Stadt Bisanz [...]. Gleich
wie demselben sonder Zweiffel unter Augen kommen seynwerden/ die beede
Haupt-Städt und Republicen Venedig und Genua/ welchen dann nechstens geliebtes
GOtt folgen wird die Stadt Rom [...].
(Vorrede, unpag.)
Auch im [...] davon in einem besondern Tractätlein Genua
genandt/ mehrers angedeut worden ist.
(S. 22) Des Weiteren fallen unter diese
Sparte Werke über den Berg Olympus, den Bosporus, Teile von Griechenland, die
Ukraine und zwei weitere Bücher über den Adriaraum,
Einige der Titel – so die Beschreibungen von Istanbul, Genua und Venedig –, die
zu der Reihe gerechnet werden können, wurden 1685 bei Jakob Koppmayer im Verlag
Enderlin gedruckt. Enderlin scheint jedoch den Drucker noch im selben Jahr
gewechselt zu haben,, denn es erscheint nach langer Pause 1693 nur noch ein Werk
von Koppmayer bei Enderlin. Über Gründe hierfür lässt sich nur spekulieren,
vielleicht wollte Enderlin sich unabhängig von dem einflussreichen und auch als
Verleger tätigen Augsburger Drucker Koppmayer machen. Enderlin wechselte
anscheinend zu Thomas Astaler, der die Venedig-Beschreibung dann unter dem Titel
Theatrum-Metaphorik im Folgejahr fortführt.
Wie bereits gezeigt werden konnte, bedient sich der Verfasser bei den Stichen
mehrerer Quellen. Auch der Text hat Vorläufer, so sind ganze Passagen wörtlich
Martin Zeillers bei Merian in Frankfurt gedruckten
Eine Begründung zur Darstellung des Ganzen liefert das Vorwort so gesehen nur
indirekt durch den Verweis auf die aktuelle politische Situation im Adriaraum
(Türkenbedrohung). Das Buch gehört zu einer Reihe von Publikationen, die sich
Istanbul, Genua, Rom und dem weiteren Adriaraum widmen, die dem Titel nach aber
keine Theatra sind und keinen weiteren Aufschluss zu Verfasser oder vermitteltem
Anspruch bieten.
Die Erzählhaltung richtet sich gemäß der Zeit gegen die Türken und begrüßt das
Erstarken und die Rückeroberungen der Venezianer. Die zeitgenössischen
Schlachtberichte erscheinen in einer Art von Augenzeugenschaft mit vermehrter
Unmittelbarkeit und detailliertem Wissen über einzelne Abläufe, eine konkrete
Quelle konnte hierfür bislang nicht ausfindig gemacht werden. In Frage käme
hierfür die von Jakob Koppmayer verlegte
Auffällig ist die häufige Verwendung von Wahrnehmungsvokabeln. Die
Theatermetaphorik lässt sich so gesehen in der knappen Vorrede auf die
Bebilderung des Werks beziehen, Geschichte wird als Theater sozusagen lebendig
‚vor Augen gestellt’ (vielen schönen
wohlbedachten Kupfer-Figuren und Mappen [...] für Augen gestellet
(S. 2) werden
solle. Auch der folgende Abschnitt Das Adriatische Meer
beginnt mit einer als
Leseransprache formulierten Anweisung: Nicht zu lesen, sondern zu ersehen
(S.
3) habe dieser die Karte, die somit zu einem Auge der Geschichte
(