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Beschreibung von Göttingen, Staats- und Universitätsbibliothek, 2° Cod. Ms. jurid. 151
Patrizia Carmassi: In Vorbereitung: Katalog der mittelalterlichen lateinischen Handschriften der SUB Göttingen, beschrieben von Patrizia Carmassi.

Gregorius IX papa, Bernardus Parmensis

Pergament — I, 196, I Bl. — 38-39,5 × 26 cm — Frankreich — Um 1300

Pergament. Wasserzeichen (Vorsatzblätter): 1. Figuren, anthropomorphe - ganze Figur - allegorische Figur - Fortuna - frei, mit Beizeichen - Buchstaben - VDL. WZIS DE3270-jurid151_I. 2. Buchstaben/Ziffern - mehr als drei Buchstaben (Worte/Namen) - Anfangsbuchstabe U/V - VAN DER LEY - frei, ohne Beizeichen. WZIS DE3270-jurid151_I*. Vom Papiermacher Van der Ley, tätig in Nordholland (Niederlande) in der ersten Hälfte des 19. Jh. Lagen: V+1 (10). 4 V (50). V+1 (61). 7 V (131). V+1 (142). 5 V (192). II (196). 1 Bl. (II). Einige Lagen sind am Ende (Versoseite) durch eine römische Zahl gekennzeichnet. Alte Foliierung in schwarzer Tinte (römische Zahlen); moderne Foliierung (Bleistift) ab fol. 54 (arabische Zahlen). Vorsatzblätter nicht foliiert. Pergament leicht gewellt. Benutzungsspuren: Seitenränder verschmutzt, Schrift abgerieben, gelegentlich Flecken. Pergament unterschiedlich dick, manchmal Löcher und genähte Stellen (Faden verloren). 45 Zeilen. Zweispaltig. Vier-Spalten-Klammerform (s. Powitz, Abb. 6, S. 62). Glosse bis ca. 115 Zeilen. Schriftraum: 21,5-22,5 × 13,5 cm. Textualis für den Haupttext von mindestens zwei Händen (fol. 1r-91r; fol. 91v-196v). Zeitgenössische Semitextualis für die Glosse von verschiedenen Händen. gelegentlich eine Reihe von zufälligen Buchstaben und feines Filigran als Zeilenfüllung, z. B. fol. 35r. Auf fol. 1r das erste Wort von beiden Spalten wurde mit in die Länge gezogenen, alternierenden rot/blauen Majuskelbuchstaben (Lombarden) geschrieben: GREGORIUS, FIRMITER. Jeweils rechts und links dieser Worte eine gestrichelte Perlenreihe mit Kern. Die Buchstaben von vertikalen Linien in der Gegenfarbe flankiert. Bei der zweiten Spalte hatte der Schreiber schon das Wort irmiter geschrieben und Platz für eine kleine Initiale F frei gelassen, hier nicht ausgeführt. Diese Art von hervorgehobenem Incipit durch die Wiederholung der ersten Worte in Displayscript auch zu Beginn der weiteren Bücher (fol. 53va, 92vb, 137va, 152rb). Titulus currens in den Farben Rot und Blau mit Angabe des Buches L[iber] auf der Versoseite und entsprechender römischer Zahl auf der Rectoseite. Maniculae, spätere Interlinear- und Marginalglossen bis zum 15. Jh. in Bastarda von verschiedenen Händen. Einige spätere Glossen am Rande nachträglich getilgt, s. z. B. fol. 23-25, 31, etc. Rubriziert (Text für die Rubriken oft am Rande noch sichtbar). 1. Zwei bis acht Zeilen hohe rote und blaue Fleuronnée-Initialen mit Fleuronnée in der Gegenfarbe. Im Binnenfeld oft nur eine senkrechte Linie, selten Voluten. Repräsentanten. Als Besatz konturbegleitende Linien, kurze Parallelstriche, mit Punkt endend und auf nur einer Seite als Fischgrätenmuster geordnet, Fadenausläufer mit eingerolltem Ende, einzelne (meistens zwei) Perlen, links vom Buchstabenstamm, von diesem getrennt. In wenigen Fällen Knospen mit Kern als stilisierte Zwickelpalmetten. 2. Eine Zeile hohe kleinere rote und blaue Lombarden im Haupttext. Bei der Glosse bis max. 5 Zeilen hohe, meistens rote, gelegentlich blaue Initialen mit langen Ausläufern. Selten mit vertikaler Linie in der Mitte oder gespalten in der Gegenfarbe. Die Farbe Blau unterscheidet sich von der der Initialen im Haupttext und zeigt eine unterschiedliche Bearbeitungsphase. Lemmata gelb oder rot unterstrichen. Die Glosse bei manchen Seiten künstlerisch in geometrischen Formen gestaltet, Rauten, Ecken, vgl. fol. 33r, 46r, 121r. Gelegentlich kleine Zeichnungen in brauner und gelber Tinte, um Stellen zu markieren: z. B. fol. 5v (Esel), 74v (Menschenkopf), 76v (Hund), 82v (Sichel), 105r (Mann mit Kutte), 130r (Globus mit Kreuz), 143r (Vogel). Auf dem Fußsteg von fol. 121r eine Menschfigur (Halbbüste) getilgt.

Moderner Halblederband aus dem 19. Jh. Pappdeckel mit Überzug aus marmoriertem Papier in der Farben Schwarz und Orange (Vgl. https://digitalcollections.lib.washington.edu/digital/collection/dp/id/88/rec/16; Pattern: Shell). VS, HS und Vorsatzblätter aus Papier. Auf VS moderne Signatur (Bleistift) und aufgeklebter Papierzettel mit Auszug aus Meyers Katalog. Auf HS Prüfangaben aus dem Jahr 1977 und alte Signatur (Bleistift): Jurid. Mscpt. 89². Rücken mit Goldprägungen (vegetabile Motive, einzeln und in Bordüre geordnet). Auf orangenfarbenem Etikett Inhaltsangabe in goldenen Majuskelbuchstaben: CORPUS JURIS CANONICI LIBRI DECRETALES. Oben Papierzettel mit moderner Signatur. Überzug weist Kratzer und Fehlstellen auf, besonders auf dem HD. Ecken begestossen. Vorderes Gelenk oben angebrochen.

Herkunft: Verschiedene Merkmale weisen auf eine Herkunft der Handschrift aus Frankreich hin. Vergleichbar mit der Schrift der Glosse sind Paris, Bibliothèque Mazarine, MS 870 (Dezember 1295); Paris, Bibliothèque de l'Arsenal, MS 534 (a. 1296), siehe Manuscrits datés Frankreich, I, S. 261, Pl. XXIV; S. 97, Pl. XXV. Für die Schrift des Haupttextes (fol. 1-91r) vgl. Paris, Bibliothèque universitaire, MS 173 (24 Dezember 1299), ibid., S. 363, Pl. XXVII-XXVIII. Für die Ausstattung vgl. München, Bayerische Staatsbibliothek, Clm 14354 (1305), mit ähnlichem Fischgrätenmuster im Fleuronnée-Stab; dazu Bauer-Eberhardt, Ill. Hss. französischer Herkunft 1, Kat.-Nr. 218, S. 241, und Abb. 335. Für die kleineren Initialen siehe auch Vendôme, Bibliothèque municipale, MS 178, z.B. fol. 22v, 87r. Auch die Erwähnung der Adressaten, lehrenden und studierenden an der Universität Paris, kann als zusätzliches Argument für eine Abschrift des Textes in Frankreich gelten, auch wenn methodische Vorsicht geboten ist. Dazu vgl. M. Bertram, Dekorierte Handschriften der Dekretalen Gregors IX. (Liber Extra) aus der Sicht der Text- und Handschriftenforschung, in Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 35 (2008), S. 31-65, hier S. 33-35. — Früherer Besitzer des Codex im 18.-19. Jh. war der Rechtsgelehrte Friedrich Christian Bergmann (1785-1845). Dieser studierte in Göttingen Theologie, Philologie und Jura. Nach seiner Promotion wurde er dort seit 1811 bis zu seinem Tod ordentlicher Professor für Rechtswissenschaft. Seit 1840 war er u. a. geheimer Justizrat. Zu seiner Person vgl. ADB 2 (1875), S. 392; W. Ebel, Catalogus professorum Gottingensium. 1734-1962, Göttingen 1962, S. 50, 58. Ein Porträt von ihm ist in der SUB Göttingen erhalten (Foto von Lithographie). — Nach Meyer, Göttingen 1, S. 351, wurde die Handschrift 1845 von der Universität gekauft. Im Auktionskatalog Verzeichnis der vom [...] [Friedrich Christian] Bergmann nachgelassenen vorzüglich im Fache Jurisprudenz u. Philologie ausgezeichneten Bücher-Sammlung, [...] welche den 17. November 1845 [...] verkauft werden, Göttingen, 1845, wird diese Handschrift allerdings nicht verzeichnet. Auf dem Fußsteg von fol. 1r ovaler schwarzer Universitätsstempel EX BIBLIOTHECA REGIA ACAD. GEORGIÆ AUG:, in Benutzung ab ca. 1765, vgl. Bibliotheksstempel, S. 93.

Göttingen 1, S. 351.

Ir-v leer.

1ra-196vb Gregorius IX papa, Bernardus Parmensis: Decretalium compilatio cum glossa Bernardi Parmensis. Gregorius episcope [!] servus servorum dei dilectis filiis doctoribus et scolaribus universis Parisius commorantibus ... Rex pacificus … — … quis homagium compellatur. (1ra) Bulle Rex pacificus. (1ra-53va) ›Incipit liber primus de divina trinitate et fide catholica.‹ – (53va-92vb) ›Incipit liber secundus de iudiciis‹. (54r) Blatt später hinzugefügt: leer bis auf die spätere Fortsetzung der Glossierung, die auf fol. 53vb, auf dem Fußsteg, beginnt. — 54v leer. (92vb-137va) ›Incipit liber tercius de vita et honestate clericrum‹. (136r) Blatt später hinzugefügt: leer. (136v) Nachtrag (siehe unten). (137va-152rb) ›Incipit liber quartus de sponsalibus et matrimonio‹. (152rb-196vb) ›Incipit liber V de accusationibus‹.

1ra-196vb Glossa. Bernardus Parmensis. …idem dicit imperator et eandem causam assumit … — … nemo salvatur Unde apostolus et si tra… Glosse beginnt und endet abrupt wegen Lücke zu Beginn und Ende des Codex. Verglichen mit GW 11453.

Edition: Friedberg 2, Sp. 1–928. GW 11450–11502. Vgl. auch Schulte 2, S. 22, Anm. 3. Aldo Adversi, Saggio di un catalogo delle edizioni del „Decretum Gratiani“ posteriori al secolo XV, in Studia Gratiana 6 (1959), S. 281–451. Literatur: Schulte 2, S. 115–116. LMA 3, S. 266-267. HQL 1, S. 376-377. CALMA 2, S. 351, ohne Erwähnung dieser Handschrift. S. Kuttner, B. Smalley, The Glossa Ordinaria to the Gregorian Decretals, in English Historical Review 60 (1945), S. 97-105. S. Kuttner, Notes on the Glossa ordinaria of Bernard of Parma, in Bulletin of Medieval Canon Law 11 (1981), S. 86-93. Murano Opere diffuse, S. 357-366. Bertram Kanonisten, S. 174, 524-527. M. Bertram, Die Dekretalen Gregors IX: Kompilation oder Kodifikation?, in Magister Raimundus. Atti del Convegno per il IV centenario della canonizzazione di San Raimondo de Penyafort (1601-2001), ed. C. Longo, Roma 2002 (Dissertationes historicae 28), S. 61-86. M. Bertram, Signaturenliste der Handschriften der Dekretalen Gregors IX. (Liber Extra). Neubearbeitung April 2014 (Online-Publikationen des Deutschen Historischen Instituts in Rom), Rom 2014, S. 14, 52. www.dhi-roma.it/bertram_extrahss.html Decretales pictae, S. 336. M. Bertram, Überlegungen zu einem qualifizierten Überlieferungsbild der Dekretalen Gregors IX. ("Liber Extra"), in Rechtshandschriften des deutschen Mittelalters. Produktionsorte und Importwege, hg. von P. Carmassi und G. Drossbach, Wiesbaden 2015 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 29), S. 285-302.

IIr-v leer.

Nachtrag

Pergament — 1 Bl. — 37,5 × 23 cm — Frankreich — 15. Jh.

46 Zeilen. Zweispaltig. Vier-Spalten-Klammerform. Vgl. Powitz, Abb. 6, S. 62.Schriftraum: 21,5 × 12 cm. Textualis für den Haupttext und Bastarda für die Glosse.

136r-v Gregorius IX papa, Bernardus Parmensis. (Liber III, Tit. L, Cap. III-V). Nur auf der Versoseite geschrieben. Diese Kapitel waren in der Handschrift übersprungen worden. Daher die Notiz des Schreibers in Bastarda auf dem Fußsteg: Nota quod ista tria capitula Non magno, Sed nec, Clericis, immediate secundum or(din)em debent sequi capitulum Sacerdotibus huius tituli. Dieser befindet sich auf fol. 137ra.

136va-b Non magno opere antiqui hostis invidia … — … emendare noluerit excommunicationi subiaceat. Edition: Friedberg 2, Sp. 633–634.

136va-b Glossa. Bernardus Parmensis. Non magno etc. Obtentu ar. quod pretextu sive compensacione … — … quod sit canon late sententie ut supra c. proximo non minus.


Abgekürzt zitierte Literatur

Bauer-Eberhardt, Ill. Hss. französischer Herkunft 1 U. Bauer-Eberhardt, Die illuminierten Handschriften französischer Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek. Teil 1. Vom 10. bis zum 14. Jahrhundert. Anhang: Die illuminierten Handschriften englischer und spanischer Herkunft. Textband, Wiesbaden 2019 (Katalog der illuminierten Handschriften der Bayerischen Staatsbibliothek in München. Band 7, Die illuminierten Handschriften französischer Herkunft in der Bayerischen Staatsbibliothek. Teil 1)
Bertram Kanonisten M. Bertram, Kanonisten und ihre Texte (1234 bis Mitte 14. Jh.). 18 Aufsätze und 14 Exkurse, Leiden, Boston 2013 (Education and society in the Middle Ages and Renaissance 43)
Bibliotheksstempel Bibliotheksstempel. Besitzvermerke von Bibliotheken in der Bundesrepublik Deutschland, hrsg. von A. Jammers, Wiesbaden 1998 (Beiträge aus der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz 6)
CALMA C.A.L.M.A. Compendium auctorum latinorum medii aevi, hrsg. von M. Lapidge u.a., Bd. 1–, Firenze 1999–
Decretales pictae Le miniature nei manoscritti delle Decretali di Gregorio IX (Liber Extra) Atti del colloquio internazionale tenuto all’Istituto Storico Germanico, Roma 3-4 marzo 2010, a cura di M. Bertram und S. Di Paolo, Roma 2012
Friedberg E. Friedberg, Corpus iuris canonici, 2 Bde., Leipzig 1879 und 1881
Göttingen 1 Die Handschriften in Göttingen, Bd. 1: Universitäts-Bibliothek: Philologie, Literärgeschichte, Philosophie, Jurisprudenz, beschrieben von W. Meyer, Berlin 1893 (Verzeichniss der Handschriften im Preussischen Staate, Abt. 1: Hannover. Bd. 1: Die Handschriften in Göttingen 1)
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
HQL 1 Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, Bd. 1: Mittelalter (1100–1500): Die gelehrten Rechte und die Gesetzgebung, hrsg. von H. Coing, München 1973 (Veröffentlichung des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte)
LMA Lexikon des Mittelalters, Bd. 1–9 und Registerbd., hrsg. von N. Angermann u. a., München 1980–1999
Manuscrits datés Frankreich Catalogue des manuscrits en écriture latine portant des indications, de date, de lieu ou de copiste, par C. Samaran et R. Marichal, Bd. 1–7, Paris 1959–1985
Murano Opere diffuse G. Murano, Opere diffuse per exemplar e pecia, Turnhout 2005 (Textes et études du Moyen Age 29)
Powitz G. Powitz, Textus cum commento, in: Codices manuscripti. Zeitschrift für Handschriftenkunde 5 (1979), 80–89, ND in Ders., Handschriften und frühe Drucke. Ausgewählte Aufsätze zur mittelalterlichen Buch- und Bibliotheksgeschichte, Frankfurt/M. 2005 (Frankfurter Bibliotheksschriften 12), 57–81
Schulte J. F. von Schulte, Die Geschichte der Quellen und Literatur des Canonischen Rechts…, Bd. 1: … von Gratian bis auf Papst Gregor IX. Stuttgart 1875; Bd. 2: … von Papst Gregor IX. bis zum Concil von Trient, Stuttgart 1877
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der abendländischen mittelalterlichen Handschriften der SUB Göttingen Lateinische Handschriften.
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