Butzmann, Hans: Die Blankenburger Handschriften. Frankfurt/M.: Klostermann, 1966. (Kataloge der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Neue Reihe, Bd. 11) S. 1314 (Vorläufige Beschreibung)

Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 1 Blank.

Codex Iustiniani

Alte Signatur: 45 Blank. — Pergament — 1 + 294 Bl. — 44 × 27 cm — Bologna — XIV. Jh., 1. H.

Lagen: Quinternionen. Reklamanten. Zweispaltig. 44 Zeilen (Text). Textspiegel Schriftraum: 24 × 14,5 cm. Feine Tintenliniierung. Alles von einer Hand. Hellbraune Tinte. Italienische Textura. Größere blaue und kleinere rote Anfangsbuchstaben, diese im Kontext. Initialen, Zierleisten, Miniaturen s. u. Auf den meisten Seiten breiter umrahmender Glossentext; auch reichliche Interlinearglossen. Petienvermerke. Viele spätere Zusätze und Randbemerkungen. Die Handschrift ist reich geschmückt. Auf vielen Seiten finden sich bunte Stäbe, die an den Spalten herablauf en und sich unten nach rechts und links verzweigen. Oft sind die Stäbe durch Perlen und Knoten unterbrochen; sie tragen den Stamm umfassende gezackte Blätter. In die Leisten hineinkomponiert ist die häufige Initiale I (Imperator), die meist aus menschlichen Figuren gebildet ist. Es sind eine oder mehrere nackte Gestalten mit Waffen oder Musikinstrumenten, auch Karikaturen oder groteske Tiere, meist mit langschnabeligen Köpfen. Alles recht ausdrucksvoll in Miene und Gebärde. Die unteren Ausläufe erscheinen gelegentlieh als große Rankenvoluten, in welche Figuren (drollige Menschen und Tiere) eingeschrieben sind, so z.B. Bl. 53r links eine riesige Schnecke und rechts ein schwer bewaffneter, gepanzerter Ritter, der vor der Schnecke flieht. Vor der ersten Präambel sowie vor jedem der 9 Bücher sind Miniaturen eingeschaltet; sie sind spaltenbreit und sechs bis zehn Zeilen hoch. Die ersten drei von diesen Miniaturen sind nach französischem Muster gebildet; auch der übrige Schmuck dieser Seiten (Bl. lr, 5r, 46r) mutet französisch an; z. B. 5r eine sehr lebhafte Hirschjagd zwischen Bäumen, mit einem Hornbläser, einem bogenspannenden Jäger und einer Hundemeute, nach der sich der fliehende Hirsch ängstlich umblickt. Alle anderen sind bolognesisch; da sind die Farben lebhafter, die Figuren plastischer und antikisch drapiert. Es sind die Farben des übrigen Buchschmucks: Tiefblau, Persischblau, Gelbrot (alle „bologn." Haarschöpfe, die „französ." sind grau), Orangeweiß. Während die französisch beeinflußten Bilder in rechteckige Rähmchen eingefügt sind, stehen die italienischen in einem oft unregelmäßigen architektonischen Rahmen. Das immer wiederkehrende Motiv „Richter und Parteien" ist so gestaltet, daß der Richter links im Bilde sitzt, durch eine Säule von den übrigen Figuren getrennt ist und als einziger von einem Grunde aus Blattgold sich abhebt. Einzelheiten: 1r (Präambel) Justinian sitzend mit erhobener Rechten, vor ihm acht Männer in knöchellangen Mänteln: der römische Senat. 5r (Buch 1) Die heilige Dreifaltigkeit (Gnadenstuhl) flankiert von Maria und Johannes. Dreiteilige Architektur auf blauem Kästchengrund. 46r (Buch 2) Auf einem Thronsitz in der Mitte der Richter, links und rechts Parteien. Der Richter empfängt von den rechts stehenden Männern eine Urkunde. 68v, (Buch 3) Richter und Angehörige des Gerichts. Wie auf allen anderen Bildern hebt auch hier der Richter den Finger. Vor ihm alte und junge Männer, statua-risch (Rednerhaltung) oder mit lebhaften Gebärden. 90v (Buch 4) Vor dem Richter Gläubiger und Schuldner. Jeder von seinen Eideshelfern begleitet. Zwischen beiden Parteien eine Säule. 124v (Buch 5) Ein Bräutigam vor seiner Braut im Begriff, ihr den Ring aufzustecken. Hinter ihnen die Zeugen. 165r (Buch 6) Ein Herr führt dem Richter seinen entlaufenen Sklaven vor. Hinter dem Herrn die Zeugen. Hinter dem Sklaven die Häscher. 209v (Buch 7) Ein Herr gibt vor dem Richter seinen Sklaven frei. Beide mit großer Gebärde. Zeugen. 244r (Buch 8) Kläger und Beklagter vor dem Richter. Der Kläger zeigt auf einen Baum, dessen Wurzeln das im Hintergrund sichtbare Haus gefährden. 272r (Buch 9) Streitende Parteien vor dem Richter. Lebhafte Gebärden.

Schlichter Pappband mit braunem Leder, in Wolfenbüttel hergestellt (XVIII. Jh.).

Herkunft: Die Herkunft aus Bologna ist durch Schrift und Dekor gesichert. — 298r unten alter Besitzvermerk Iste liber est …, der Name ist ausradiert. Darüber in flüchtiger französischer Bastarda: Pe. Bailloeul. Comparuit librum magistri Theodori de Na. quia magister suus comparare non potuit … Darunter: Coram nobis Johanne de Groesebek arcium magistro et in jure civili doctore egregio comparuit liber iste, nomine sui magistri legittime impediti … Hierunter drei Handzeichen mit Namen, von denen nur der erste deutlich zu lesen ist: Magister Johannes de Speculo. 1r oben: Cecil (?) Vajo (?). 53r unten: bof (?) vleminck.

I leer.

1r Iustinianus Imperator: Codex repetitae praelectionis , liber 1—9. ›In nomine domini nostri Ihesu Christi domini Iustiniani sacratissimi principis perpetui augusti repetite prelectionis codex in Constantinopoli incipit de novo.‹ (3v) Ende der 3. Präambel. Danach die Capitula, die dreispaltig angelegt sind und erst 4r Sp. 3 einsetzen. Im verbliebenen freien Raum Kubrice per ordinem alphabeti in einer Bastarda des XV. Jhs. nachgetragen. (5r) ›Codicis domini Iustiniani perpetui augusti sacratissimi principis repetite prelectionis incipit liber I de summa trinitate et fide catholica ut nemo de ea publice disputare audeat.