Beda Venerabilis, In Esdram et Nehemiam allegorica expositio. Paschasius Radbertus, Epistola
Lamspringe — 12. Jh., 3. Viertel
Provenienz: 2r alte Signatur D 1. 1r Besitzeintrag Liber sancti Adriani in Lamesprigge. Inhaltsangabe Liber hesdre Bedae. Vermerke von dieser Hand auch in 145 Helmst., VS; 204 Helmst., 1r; 443 Helmst., 1v; 447 Helmst., 5r; 475 Helmst., 1r; 480 Helmst., 1r; 482a Helmst., 1r; 504 Helmst., VS; 510 Helmst., 1r; 511 Helmst., 1r; 519 Helmst., 1r; 553 Helmst., 1r; 650 Helmst., 1r; 943 Helmst., 1r; 1012 Helmst., 1r; 1030 Helmst., 1r; 1034 Helmst., 1r; 1113 Helmst., 1r und 1196 Helmst., 1r. 1572 mit den übrigen Lamspringer Codices in die Wolfenbütteler Hofbibliothek überführt. 1588 von Eberhard Eggelinck unter den Pergamenthandschriften der Hofbibliothek (NLA – StA Wolfenbüttel, 1 Alt 22, 83, 22r–35v, hier 27v) als Expositiones Bedae praesbiteri super Libros Esdrae in quarto vnd bretern mit Pergamein vbertzogen gebunden vff Pergamein geschrieben verzeichnet. 1614 im Gesamtkatalog von Liborius Otho (Cod. Guelf. A Extrav., p. 305 [300]) als Beda presbyter in tres libros Esdras. Ibidem Sermo B. Hieronymi ad Paulam et ad virgines sub ea degentes de assumptione S. Mariae virginis unter Nr. Z 125 der Papalia miscellanea nachgewiesen. Seit 1618 in der Universitätsbibliothek Helmstedt, 1644 im Helmstedter Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 18r) als Bedae commentarii in Esdram in membrana unter den Theologici MSSti in quarto beschrieben; im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 521 genannt.
Pergament — 151 Bl. — 18 × 11 cm
Lagen: I. 19 IV (151). In der Zählung zwischen 79 und 80 ein Blatt übersprungen. Lagensignaturen: I. (8v) bis XVIus (127v). 91v/92v Palimpsest. Vor- und Nachsatzblätter Pergament (12. Jh.; Antiphonarfragmente). Neuere Tintenfoliierung. Schriftraum: 13,5 × 7,5 cm, einspaltig, 28 Zeilen. Carolino-Gothica von 4 Händen, vermutlich der Scriptrix-Gruppe (Handwechsel: 96v, 129r, 131r (Scriptrix?), 147v (Scriptrix?; zur Gruppe gehörig: 443 Helmst., 447 Helmst., 482a [1r-81v], 510 Helmst., 511 Helmst., 519 Helmst., 718 Helmst. [10v-97r], 723 Helmst., 903 Helmst. [1r-75r], 943 Helmst.). 2r das Incipit in Unzialis, die Buchstaben grün hinterlegt oder die Binnenfelder teils punkt-, bzw. kreisförmig gefüllt. Gelegentlich die Initialstämme versehen mit Punktrandungen. Textanfänge teils rubriziert, ebenfalls rubrizierte Satzmajuskeln im Text.
Romanischer Holzdeckeleinband mit Wildlederbezug, das Rückenleder ergänzt. Schließenstifte vorhanden.
INHALT
2r-129r : In Esdram et Nehemia allegorica expositio ( 91, 807-924). 129r-147v : Epistola Hieronymi ad Paulam et Eustochium de assumptione Mariae virginis ( 30, 122-142; Nr. 633; 5355d). 147v-151r Ordo de ordinatione monachorum.
AUSSTATTUNG
6 Initialen. 1 Miniatur. Zwei Randzeichnungen.Miniatur: Auf 1v, zu Beginn des Bedatextes die kolorierte Federzeichnung eines am Pult arbeitenden Schreibers (gerahmt). In den Händen hält er das Messer und die Feder. Auf dem Pult ein aufgeschlagenens Buch und tintenfässer. Den Schaft des Pultes hält knieend ein Mönch/Kleriker umschlungen (eventuell ein Lamspringer Propst). Im Rahmen, um die Zeichnung herumführend die Inschrift: Ut huius sancti Hieronimi beatitudinis particeps apud dominum efficiatur, prefiguratus felix Petrus idcirco, quantum humana possibilitas permittit, eius doctrinis et meritis divina gratia preveniente incessanter adheret. 13,1-7,6 cm - gerahmtes Feld.
Initialen: Zu den Textanfängen um Bedatext (2r, 2v, 4r, 48v, 90v und 129v) Spaltleisteninitialen mit locker geschwungenen Spiralranken und fünffach genagelten Spangen. Als Endbesatz Knollen- und Palmettenblätter. Letztere zum Teil mit Kernen, Äderung und schraffierten Blattrücken. Die Rankengabelungen mit plastisch (vgl. 4r) und linear angelegten Stauchungen. Auf 90v als Initialstammendung ein Fabelwesenkopf. 2,2-5,4 cm.
Randzeichnungen auf den unteren Blatträndern: 136v eine Palmettenstaude. 139r als kolorierte Federzeichnung ein Mann mit Mantel (Adeliger), in der Rechten einen Zweig. Neben ihm ein doppelköpfiger Vogel mit Zweigen in den Schnäbeln. Darüber die Beischrift Filius columbae .P. porta[n]s [?] ramum oliviae (Gen 8,11) scilicet viscera misericordiae (Lc 1,78). Neben dem Vogel die Beischrift Vox turturis (mit Neumen). Auf dem oberen Blattrand von 35r ein Kopf mit phrygischer Mütze (Blindzeichnung). 139v: 3,0 × 4,4 cm (gesamtes Bildfeld).
Farben: Die Initialen mit roter Feder gezeichnet. Details (Spangen und Blätter) gelb laviert. Gewänder mit leicht laviertem Farbauftrag (Orange und Grün). Faltentäler in abgedunkelter Lokalfarbe, Höhungen pergamentfarben freigelassen. Das Inkarnat pergamentfarben mit kreisrunden roten Wangen. Gewandränder, der Schaft des Pultes sowie Kissen und Sitzbank ornamental orange verziert und gelb laviert. Miniatur und Randzeichnung auf 139r in derselben Farbgebung.
STIL UND EINORDNUNG
Paläographisch wird die Handschrift von Härtel an Hände der sogenannten Scriptrix-Gruppe vergeben (zur paläographisch gefassten Gruppe vgl. 943 Helmst.; , 21f.). Die Initialornamentik mit relativ einfachem Endbesatz und zum Teil knollenförmig umgeschlagenen Palmetten finden sich in den frühen Lamspringer Handschriften 510 Helmst., 943 Helmst. und 519 Helmst. Besonders auffällig ist das Blattblütenmotiv mit der mittleren Vollpalmette und den flankierenden, nach unten eingerollten Beiblättern (vgl. 4r mit 510 Helmst., 10v). Der auf 90v im Initialbesatz eingesetzte Fabelwesenkopf mit tropfenförmigem Auge und der geschwungenen Brauenpartie hat seine Parallele in der unfertigen, etwas später entstandenen Lamspringer Handschrift 1113 Helmst., 80v. Vorbilder für die Initialornamentik findet sich in den Handschriften aus Lippoldsberg (dazu vgl. 943 Helmst.). Hier finden sich auch die in 1030 Helmst. beliebten, punkt-, bzw. kreisförmigen Binnenfeldfüllungen (vgl. Kassel, LB, 8° Ms. theol. 4). Das in der Handschrift enthaltene, als kolorierte Federzeichnung ausgeführte Autorenbild des Hieronymus (1v) stellt für die frühen Lamspringer Codices als einzig erhaltene Zeichnung/Miniatur eine Besonderheit dar (abgesehen von marginalen Zeichnungen in 943 Helmst., die von geringerer Qualität sind). Sie steht in einer Bildtradition, wie sie aus einer etwa zeitgleich entstandenen Hildesheimer Sammelhandschrift mit dem Autorenbild des von seinem Schreiber Petrus beobachteten Papst Gregor bekannt ist (Cod. Guelf. 50.4 Aug. 4°, 1v; zum Vergleich , 468f., Abb. 355, 356). Für Hildesheim ist die kolorierte Federzeichnung bis ins 3. Viertel des 12. Jh. belegt. Sie ist nachweislich von rheinländischen bzw. Kölner Vorbildern geprägt (zur Ableitung des Stils vgl. Cod. Guelf. 50.4 Aug. 4°; , 324f.; vgl. auch 510 Helmst.). Die in 1030 Helmst. für die Kolorierung der Zeichnung verwendete, gedeckte Farbskala entspricht den Farbhinterlegungen und Detailkolorierungen der frühen Lamspringer Initialen.vorläufige Beschreibung in der Handschriftendatenbank der HAB).
, 70. — , Nr. (Heinemann Nr.). — , 473. — , 476. — , 61. — , 48, 195. — , 264. — , 30 und 34. — , 324f. — (in Vorb.,Abgekürzt zitierte Literatur
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.