Augustinus, De vita et moribus clericorum suorum sermones II. Alcuinus Flaccus, Varia opera.
Fulda, Benediktinerkloster — 9. Jh., 3. Viertel
Provenienz: Von Matthias Flacius frühestens 1556 erworben (№ 173 der flacianischen Bibliothek. Von Flacius Hand vermutlich die Lagenzählung (vgl. oben), Unterstreichungen mit Rötel auf 44v–45r und der Eintrag auf 47r ›Hęc epistola non est impressa‹. Einträge auf dem Kopfsteg von 2r Sermones Augustini de moribus clericorum und Alchuinus de Trinitate, in membrana von der Hand eines Mitarbeiters der Centuriatoren. 1597 wurde die Handschrift von Herzog Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel erworben und 1618 in die Universitätsbibliothek Helmstedt überführt. Dort 1644 im Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°) unter den Theologici in quarto fälschlich als Retractatio Auustini in libro de Trinitate, in membrana geführt. VS die Helmstedter Signatur T. 4° 150b. Das Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 51) verzeichnet die Handschrift unter Nr. 490.
, 101). I*v auf dem Fußsteg die SignaturPergament — 59 Bl. — 19 × 14,5 cm
Lagen: III+1 (8). I+1 (11). 6 IV (58)!. Zählung Bl. 1–58, letztes Blatt leer und ungez. Moderne Tintenfoliierung. Schriftraum: 15–16 × 10,5–11 cm, einspaltig, 28 Zeilen. Karolingische Minuskel mit insularen Merkmalen von einer Hand. Kapitelüberschriften in roter Unzialis, Capitalis Rustica oder karolingischer Minuskel. Satzmajuskeln in Unzialis oder Capitalis Rustica, rot hinterlegt.
Halbledereinband mit Kiebitzpapierüberzug aus der Werkstatt des Buchbinders Anton Friedrich Wirck in Helmstedt (zweite Hälfte 18. Jh.).
INHALT
2r–11v : De vita et moribus clericorum suorum sermones II. Davor Bl. 1 Titelangabe; 2r–6r Sermo I; 6r–11v Sermo II ( 39, 1568–1581; Sancti Aurelii Augustini Sermones selecti duodeviginti, hrsg. von , Utrecht 1950 [Stromata patristica et mediaevalia 1], 123–143 [mit dieser Hs., Sigle γ]; 284; , 255–257). 12r–47r : De fide sanctae et individuae trinitatis ( 101, 11D-58C, 1409C-1410C; 249, 5–147 [Sigle Wo1]). 47r–50v : De trinitate ad Fredegisum quaestiones XXVIII ( 101, 57D-64A; 249, 149–162 [Sigle Wo1]). 50v–58v : De animae ratione ad Eulaliam virginem ( 101, 639A-650D).
AUSSTATTUNG
Zahlreiche kleine Initialen.Initialen: Zu den Textanfängen zahlreiche Initialen in Federzeichnung, als rot kolorierte Hohlinitialen (2r, 26r) oder als Gesichtsinitialen (13v, 15r, 15v, 22r, 23r, 23v, 28r, 30r). Maße: 0,8–4,6 cm. Die Federinitialen mit roten Punktrandungen und zum Teil dreieckig erweiterten Abschlüssen mit seitlich eingerollten Fäden (vgl. 41r). Die Binnenfelder gefüllt mit dornenförmigen Blütenstempeln (32v, 33r, 34r, 41r, 43v, 44v, 46r), zahlreichen geometrisch-blasenförmig anmutenden oder lanzettförmigen, mit Stegen befestigten Blattformen (vgl. 17v) und teils unförmig ausgeführtem Flechtband (31v, 32r, 38v). Die Stämme der Hohlinitialen gefüllt mit gliedernden Segmenten (2r) und einem Zickzackverlauf (26r). Im Besatz kleine, an Fäden hängende Herzblätter mit Augen (15r, 39r, 50v, 57v) und angefügte Vogelköpfe mit kurzen Schnäbeln sowie spiralartig eingerolltem Nackenschopf (18v, 26r, 33v).
Farben: Als Füllfarbe Minium. Details (Gesichtsstrukturen und Ornament) in Tintenfarbe.
STIL UND EINORDNUNG
Die vorliegende Handschrift wurde von B. Bischoff paläographisch nach Fulda gegeben und in das 3. Viertel des 9. Jh. datiert ( , Nr. 7343). Sämtliche Ausstattungsformen von Helmst. 1045 sind fester Bestandteil des karolingischen Fuldaer Skriptoriums. Bereits in Handschriften aus dem frühen 9. Jh. finden sich die einfachen Füllmotive der Hohlbuchstaben auf 26r und 2r (Zickzack und Stege, vgl. Fulda, Anfang 9. Jh.: Basel, UB, F III 15a, 2r und 14v; , 126, 127, Taf. 3, 1 und 4 und Basel, UB, F III 15c, Bl. 1–11, hier 1r; , 127, Taf. 4, 1). Anschließende Fuldaer Handschriften aus dem 1. Drittel des 9. Jh. und aus der Zeit des Abbatiates von Hrabanus Maurus (822–842) zeigen die Gesichtsinitiale (Paris, BnF, lat. 1771, 10r: , Taf. 11,2), Herzblätter (Oxford, BodL, MS. Laud Lat. 102; , Taf. 34), Tierköpfe mit spiralartiger Einrollung der Hals- oder Kopfkontur (Nackenschopf - München, BSB, Clm 8113, 85r; , Taf. 12), blasenförmigen Blattformen (Frankfurt, UB, Ms. Barth. 32, 24r; , Taf. 31) und dornenförmigen Blütenstempeln (Kassel, UBLMB, 2° Ms. theol. 25, 2v und 5r, vgl. , Taf. 5). Die Ornamentik des Fuldaer Skriptoriums reiht sich in das Formenspektrum der anderen deutsch-insularen Schulen (Würzburg und Mainz) ein, so dass die genannten Füll- und Besatzmotive auch in weiteren Handschriften aus dieser Region vorkommen (zu den Motiven und Handschriften, vgl. , 91–94 - Blätter und Blüten, 96–98 - Tierköpfe, 87 - blasenartige Füllungen, 78–79 - Köpfe). Bei den in Wolfenbüttel so häufig verwendeten Gesichtsinitialen handelt es sich um einen bereits in spätantiken Handschriften vorkommenden Initialtypus, welcher vorrangig in vor- und frühkarolingischen, kontinentalen Handschriften weiter tradiert und nur gelegentlich in insularen Handschriften verwendet wurde (München, BSB, Clm 6436, 3r, 21v, Nordafrika oder Spanien, Anfang 6. Jh.; vgl. , 13, Nr. 2, Abb. 5–6). Insularen Ursprungs hingegen sind die dornenförmigen Blütenstempel, sowie die daraus resultiernden Blattformen und die Tierköpfe (vgl. Durham, Cathedral Library, A. II. 17, 14v, 73v, Northumbrien, um 700). Ein früher Verbleib der Wolfenbütteler Handschrift im Kloster Fulda gilt als nicht gesichert ( , 59).vorläufige Beschreibung in der Handschriftendatenbank der HAB).
, Nr. 1147 (Heinemann Nr.). — , 23, 58, 59. — , Bd. 1,1.2, 283. — , 102, 202A, 243. — , 20, 30–32. — , 106, 107, Taf. 40. — , Die Handschriften der Werke Alkuins aus dem 9. Jh., in: Alkuin von York und die geistige Grundlegung Europas. Akten der Tagung vom 30. September bis zum 2. Oktober 2004 in der Stiftsbibliothek St. Gallen, hrsg. von , , St. Gallen 2010, 185–194, hier 188. — , Nr. 7343. — (Abgekürzt zitierte Literatur
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).