Spiegel der menschlichen Seligkeit. Der Laien Doctrinal u. A.
Alte Signatur: 41 Blank. — Papier — Bl. 1 u. 190 Pergament- Vor- und Nachbl. 190 Bl. — 29 × 21 cm — Lüneburg — XV. Jh., 3. Viertel.
Wasserzeichen: gekreuzte Schlüssel wie
3857 (findet sich auf Braunschweiger Kämmereirechnungen) u. a. Lagen: Die ersten Bll. der Lagen sind von einer Hand des XV. Jhs mit Lagensignaturen versehen, und zwar Bl. 3 ff. (a1)—a7, 15 ff. b1-b7, 27 ff. c1-c7, 39 ff. d1-d7, 51 ff. e1-e7, 63 ff. f1-f8, 77ff. g1-g6, 87 ff. m1-m7, 99ff. n1-n7, 111 ff. h1-h7, 123ff. i1—17, 135 ff. k1-k7, 147ff. 11-17, 159 ff. o1-o7, 171 ff. p1-p7, 183 ff. q1-q5; die Lagen waren also ursprünglich anders angeordnet. Bl. 6 ist an unrechter Stelle eingeordnet, es gehört zwischen Bl. 14 u. 15. Die ersten Bll. sind gelockert; sie wurden mit Papierstreifen wieder aneinandergeklebt; später wurde zwischen Bl. 1 u. 2 ein Kartonblatt eingefügt. Die Blattränder sind abgegriffen und bei den Bll. 5—6 durch Papierstreifen ausgebessert. 87r—187v Zweispaltig mit kleinerer Bastarda. 3r—71r 25 Zeilen mit Federzeichnungen (s. u.) am Kopf jeder Seite, 71v-75r 31 Zeilen, 78r-86v 28 Zeilen, 87r-109v 42 Zeilen, 111r—157r 36 Zeilen, 159r—187v 40—41 Zeilen. Alle Schriftspiegel und Kolumnen sind mit Tintenlinien eingefaßt. 4 Hände: 3r—75r, 78r—86v, 87r—109v, 111r—157r (G. Ljunggren [s. u.] hat hier zwei Hände am Werke gesehen und durch minutiöse Beobachtungen zu trennen versucht), 159r—187v. Bastarda. Rote Überschriften, rote Auszeichnungsstriche, Bl. 3—86 u. 111 auch rote Anfangsbuchstaben. Bei den gereimten Stücken sind die Verse abgesetzt. Die Federzeichnungen zum Spiegel der menschlichen Seligkeit sind nicht schattiert und nicht koloriert, lediglich die ersten drei sind ungeschickt angestrichen. Sie sind in der Komposition einigermaßen gelungen, was aber auf die Vorlage zurückzuführen sein dürfte. Die Bewegung der Figuren ist lebhaft, die Gesichter sind trotz eines stets wiederkehrenden Schemas (eng zusammenstehende Augen) nicht ganz ohne Ausdruck. Das Ganze wirkt rustikal.Einband: Nackte Holzdeckel mit übergreifendem, wohl gelegentlich einer Reparatur angefertigtem braunem Lederrücken, der mit kleinen Nägeln auf dem Deckel befestigt ist. Die Gelenke des Vorderdeckels sind gebrochen, der Rücken hat sich abgelöst.
Herkunft: Das schmale Bl. 2 trägt auf der Versoseite den Titel in großer Textura Dit boek is den unghelerden luden bereyt und het eyn speghel der mynliken [!] salichet. 1r R[ecepti] a Dominico Drevot Lucię 1558. Darunter ein älterer Vermerk rechteckig ausgeschnitten. Borchling liest den durchstrichenen Eintrag 1v: sneuerdingk hört düth bock und schließt daraus, daß das Buch im Besitz der Lüneburger Patrizierfamilie Sneverding war; vor dieser Eintragung das von anderer Hand geschriebene Wort Henricus durch Rasur getilgt; weiteres bei Borchling (s. u.). Auf der Innenseite des Vorderdeckels ein abgekratztes Wappenexlibris mit Unterschrift; aus den Resten von Wappen und Unterschrift (lesbar ist W…dorf) erschließt Borchling den Namen der Lüneburger Patrizierfamilie Witzendorff. 1v Exlibris Ludwig Rudolfs mit Zahl 21. Darunter mit Rötel No 41 (über durchstrichenem 14a); oben auf der Seite mit Tinte No 41 Blancob. Unter dieser Signatur wird die Hs. in der älteren Literatur zitiert.
Der Laien Doctrinal…, hrsg. von K. F. A. Scheller, 1825, Abdr. der vorliegenden Hs. — K. F. A. Scheller, Bücherkunde der sassisch-niederdeutschen Sprache, 1826, S. 37, Nr. 165; S. 43, Nr. 200; S. 46, Nr. 209; S. 62, Nr. 307. — Germania, hrsg. v. F. H. v. d. Hagen, 6, 1844, S. 52 ff. (Enth. Stücke aus Ludolf von Sudheim). — F. Deycks, Ueber ältere Pilgerfahrten nach Jerusalem, 1848, S. 11. — C. P. C. Schönemann, Zweites u. drittes Hundert Merkwürdigkeiten aus d. Herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel, 1852, Nr. 208. — J. Geffcken, Der Bilderkatechismus des fünfzehnten Jahrhunderts, 1, 1855, Sp. 176—77. — Ludolfs von Suchen Reisebuch ins Hl Land, hersg. v. J. G. L. Kosegarten, 1861 (Abdruck nach vorliegender Hs.). — Jahrbuch d. Ver. f. niederdeutsche Sprachforschung, 6, 1880, S. 73. (A. Lübben, Beschreibung der Hs.) — K. Schiller u. A. Lübben, Mittelniederdeutsches Wörterbuch, 5, 1880, S. XX. — K. Goedeke, Grundriß zur Gesch. d. deutschen Dichtung, 2. Aufl., Bd 1, S. 478. — A. Potthast, Wegweiser durch die Geschichtswerke d. europ. Mittelalters, 2. Aufl., Bd 1, 1896, S. 749 f. (Verzeichnis von Handschriften d. lat. u. deutschen Version des Ludolf v. Sudheim.) — Jahrbuch cl. Ver. f. niederdeutsche Sprachforschung 24, 1899, S. 29. — Publications of the Modern Language Association 14, S. 146. (Schmidt-Wartenberg; Abdr. d. ersten 25 Zeilen des Speculum humanae salvationis niederdt; nach vorliegender Hs.) — C. Borchling, Mittelniederdeutsche Handschriften in Wolfenbüttel, 5. Reisebericht, 1902, S. 116—20. (Beschreibung der Hs.) — W. Stammler, Mittelniederdeutsches Lesebuch, 1921, S. 155. (Zu Ludolf v. S.) — H. Jellinghaus, Geschichte der mittelniederdeutschen Literatur, 3. Aufl., 1925, S. 80. — Ludolfs von Sudheim Reise durch das heilige Land, hrsg. von Ivar Stapelmohr, 1937, S. 33—38. (Beschreibung u. Literatur.) — Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd 3, 1943, Sp. 86. (Ludolf v. S.) — Der Leyen Doctrinal, eine mittelniederdeutsche Übersetzung des mittelniederländischen Lehrgedichts Dietsche Doctrinale, hrsg. v. Gunilla Ljunggren, Lund u. Kopenhagen 1965, S. 8 u. 19 ff.
1 Ohne Text.
2r Federproben.
2v Titel (s. o.).
3r Speculum humanae salvationis. Spiegel der menschlichen Seligkeit, niederdeutsch. ›Dyt boek is den unghelarden luden bereyt | und het eyn speghel der mynslyken salicheyt. | Dar an mach men proven dorch wat sahen | got den mynschen wolde maken‹. Wo de mynsche verdomet wart van des duvels valsczheyt ((die letzten 5 Buchstaben über Rasur)) … — … Dar brynge uns de leve god allen samen amen. Anfang und Schluß zeigen, daß die Handschrift zu derselben Überlieferungsgruppe gehört wie die Handschriften 84a und 85 der Landesbibliothek Hannover; vgl. Die deutsche Literatur d. Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd 4, Sp. 241. Die 136 Federzeichnungen (s. u.) am Kopf jeder Seite entsprechen nach Thema und Reihenfolge im allgemeinen dem Typus des Speculum.
71r Streit der vier Töchter Gottes. Ohne Überschrift. Syk vorhuff vor godes throne | Eyn gesproke gar so schone … — … Dat uns ((darübergeschr.: dat)) mote beschen allen samen | Des help uns de vader de sone unde de hilghe geyst Amen. Vgl. G. Ehrismann, Geschichte der deutschen Literatur bis zum Ausgang des Mittelalters, Bd 6, 2, 1955, S. 574; mit Literatur.
75v—77 leer.
78r Gedicht über die Messe mit Einleitung über die zehn Gebote. Ohne Überschrift. Alle mynsshen de got leff haen | unde ere eyghene salicheyt konen vorstan … — … Alse eyn islyk meyster vorgescreven hat | Amen in godes namen Amen. Die ersten 52 Zeilen nach der Hs. abgedruckt bei Geffcken, Bilderkatechismus (s. o.), S. 176—77.
85r Spruchreihe. Ohne Überschrift. Eyn anbegyn aller salicheyt | Is de vruchte [!] godes de ewighe wyesheyt. Jeder folgende Spruch hat eine Überschrift, der erste: Solomon spricket. (85r) Vrydank ((Ps.-Freidank)) spricket: Syet recht unde bescheyt | Der doghede cronen dreehyt | Sa ne hebbe ik nicht beters ghelesen | Den woldun unde vrolik wesen. (86r) Vrydank spricket: Vele gheyaget und nycht ghevagen [!] | Vele gehört unde nycht vorstanden | Vele gheseen unde nycht ghemerket | Dat synt alle vorloren werke. Daran anschließend ein Reimprosastück. Meysterdulerst my fromde kunst … — … Hestu dyt so kanstu aller meyster kunste. Aus einer Oldenburger Hs. abgedr. bei Lübben, Mitth. aus niederdeutschen Hss., Progr. Oldenburg 1874, S. 1-5.
87r Ludolfs von Sudheim Reise ins Heilige Land. A: Guder lüde is vele de enes ghewesent hebben over mer . . . E: Dat bevele yk malkem na synem willen. Hrsg. nach der Hamburger Hs. von I. Stapelmohr (s. o.); die Ausg. enth. Beschreibungen aller anderen Hss. Ludolfs, darunter Cod. Guelf. 1246 Heimst.
109v b-1101eer. 11 lr Der Laien Doktrinal. Ü: Hye begynnet der leyen doctrinal. Auf der Grundlage der vorliegenden Hs. hrsg. von Gunilla Ljunggren, 1965 (s. o.). I.
57v -158 leer. I.
59r Lüneburger Chronik bis 1414. A: In deme namen des vaders unde des sones unde des hilgheix geistes wente me alle schichte . . . Die sog. Bromes-Chronik. Die Chroniken der deutschen Städte Bd 56, 1951, S. 45—119; nach der Hs. der K. Bibliothek in Kopenhagen, mit Lesearten der vorliegenden Hs.
188-190 leer.
Abgekürzt zitierte Literatur
C. M. Briquet, Les Filigranes. Dictionnaire historique des marques du papier, Bd. 1–4, Leipzig 21923 |
- Lizenzangaben korrigiert (schassan, 2020-04-17)
- Manuscripta Mediaevalia Objektnummer hinzugefügt (schassan, 2019-08-20)