Pontifikalien
Besançon / Weißenburg, Benediktinerkloster — 11. Jh., 2. Hälfte / 11. Jh., 3. Viertel
Provenienz: 1r Benediktinerkloster Weißenburg, Besitzeintrag: Codex monasterii sanctorum Petri et Pauli apostolorum in Wissenburg (bräunlich überstrichen; 14./15. Jh.). Teil A (Bl. 1–89) geschrieben für die Kirche von Besançon, vgl. Einträge auf 9v sanctae Crisopolitanae ecclesiae und 13r sancte sedis Vesontionensis ecclęsię (zur Zuschreibung vgl. ausführlich , 441–444). Korrekturen von einer Hand des 13. Jh. 2°56. ( , 3–18).
Pergament
Lagen: Aus zwei Handschriften zusammengesetzt: A 1r–89v und B 90r–128v. I. 12 IV (105). IV-1 (112). 2 IV (128). I. Vorsatzblatt von einer Reichenauer Hand der zweiten Hälfte des 10. Jh. (Willibald, Vita Bonifatii; , 347; , 124). Nachsatzblatt aus einem Antiphonar (14. Jh.). Lagensignaturen IIII bis VIIII auf der Mitte des unteren Blattrands, auf dem ersten und letzten Blatt der Lage. Neuere Tintenfoliierung. Zählfehler: Bl. 2 nicht gezählt.
Roter Ledereinband (Nigerziegenleder; Neubindung 1975).
STIL UND EINORDNUNG
Die Handschrift besteht aus zwei Pontifikalien, die beide paläographisch in die zweite Hälfte des 11. Jh. datieren ( , 309). Der Inhalt des ersten Teils weist auf Besançon als Bestimmungsort; für ihn konnte Hoffmann Weißenburg als Entstehungsort ausschließen, er besitzt keine Bildausstattung. Das zweite Pontifikale wurde in Weißenburg geschrieben. Nach Hoffmann zeigt es paläographisch enge Parallelen zu Schreiberhänden der Weißenburger Handschrift 45 Weiss. (identische Hand?). Beide Texte befanden sich in späterer Zeit in Weißenburg, wo sie vermutlich zusammengefügt wurden, wie der Weißenburger Besitzeintrag auf 1r nahelegt. Die Spaltleisteninitiale des Weißenburger Textes zeigt im Stil die typischen Weißenburger Merkmale aus dem 11. Jh. (Blattformen im Endbesatz und gegenständig, axialsymmetrisch angeordnete Rankenenden). Eine frühe Variante, aus dem ersten Viertel des 11. Jh. zeigt 2 Weiss., 4r, eine spätere aus dem 4. Viertel des 11. Jh. die Handschrift 45 Weiss., 145r. Insbesondere 45 Weiss. ist im Stil eng verwandt mit 15 Weiss. (gleiche Motivformen), verweist mit den bewegt verlaufenden Ranken und den plastischeren Stauchungen auf einen etwas späteren Entstehungszeitraum., Nr. 4099 (Heinemann Nr.). — , 441–444. — , 117–125. — , 347. — , 309, 312, 319.
A
Pergament — 89 Bl. — 32,5 × 23 cm — Besançon — 11. Jh., 2. Hälfte
Pergament — 89 Bl. — 32,5 × 23 cm
Schriftraum: 25 × 18 cm, einspaltig (29v–39r zweispaltig), 30 Zeilen. Karolingische Minuskel von drei Händen. Hand A: 1v–70r; Hand B: 70v–75v; Hand C: 75v Z. 17–89v ( , 309). Rubrizierte Incipits, Explicits und Textüberschriften in karolingischer Minuskel oder Capitalis Rustica. Textabschnitte werden eingeleitet durch rubrizierte, 1–2zeilige Initialmuskeln. Gelegentlich Satz- und Zeilenanfägen sowie das erste Wort von Textabschnitten mit roten Begleitstrichen.
INHALT
1v–89v Pontificale (zu den enthaltenen Texten vgl. ausführlich , 117–121).
B
Pergament — 39 Bl. — 25 × 18 cm — Weißenburg, Benediktinerkloster — 11. Jh., 3. Viertel
Pergament — 39 Bl. — 25 × 18 cm
Schriftraum: 25 × 17,5 cm, zweispaltig, 30 Zeilen. Karolingische Minuskel von drei Händen. Hand D: 90r–90va Z. 27, 91r–101ra Z. 11; Hand E: 90va Z. 28–90vb, 101ra Z. 12–128v; Hand F: Rubrizierte Rubriken. Nach Hoffmann könnte Hand E identisch mit Hand C von 45 Weiss. sein. Hand D ähnelt der Hand auf 45 Weiss., 190v Z. 10–24 ( , 309). Rubrizierte Incipits, Explicits und Textüberschriften in karolingischer Minuskel oder Capitalis Rustica. Textabschnitte werden eingeleitet durch rubrizierte, 1–2zeilige Initialmuskeln. Gelegentlich Satzmajuskeln sowie das erste Wort von Textabschnitte mit roten Begleitstrichen.
INHALT
90r–128v Pontificale (zu den enthaltenen Texten vgl. ausführlich , 121–124).
AUSSTATTUNG
Zwei Initialen.Initialen: Zum Textbeginn auf 90r eine Spaltleisteninitiale mit Rankenverzierung im Binnenfeld (4,9 cm) und eine Initiale mit ausgespartem Knickband (4 cm). Beide Initialen gezeichnet mit roter Feder und unkoloriert. Die Spaltleisteninitiale mit breiten Spangen. Vom Initialstamm ausgehend, gegenständig gesetzte, gleichmäßig spiralförmig verlaufende Rankenabläufe mit Knollen (u.a. axialsymmetrisch gegenständig gesetzt), Herzblättern und einem Trifolium im Endbesatz; die Herzblätter mit Schilden, das Trifolium mit gekernten Blättern. Die Rankengabelungen mit angedeuteten und zum Teil ausgeführten Stauchungen.
Abgekürzt zitierte Literatur
M. Andrieu, Les Ordines Romani du haut moyen âge, Bd. 1: Les manuscrits, Louvain 1931 (Spicilegium sacrum Lovaniense: Études et documents 11) | |
H. Butzmann, Die Weissenburger Handschriften, Frankfurt/M. 1964 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die Neue Reihe 10) | |
H. Hoffmann, Buchkunst und Königtum im ottonischen und frühsalischen Reich, Textbd., Stuttgart 1986 (MGH Schriften 30,1) | |
H. Hoffmann, Schreibschulen des 10. und 11. Jahrhunderts im Südwesten des Deutschen Reichs, 2 Bde., Hannover 2004 (MGH Schriften 53) | |
Liste der von H. J. Blum im Jahre 1673 der Wiener Hofbibliothek angebotenen Handschriften meist Weissenburger Herkunft, in: T. Gottlieb, Die Weissenburger Handschriften in Wolfenbüttel, Wien 1910 (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse 163,6) | |
Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 3: Die Weissenburger Handschriften, beschrieben von O. von Heinemann, in: Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 2 Teil 5, Wolfenbüttel 1903, 268–443 |
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).