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Beschreibung von Cod. Guelf. 163 Gud. lat.
Die illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil 1: 6. bis 11. Jahrhundert, beschrieben von Stefanie Westphal (in Bearbeitung)

Gaius Julius Solinus, De statu mundi

Blois, Benediktinerkloster Saint Laumer — 10. Jh., 2. Hälfte

Provenienz: Einträge: 1r oberer Blattrand: Hic liber est ecclesie sancti Launomari. 1r unterer Rand und 110v Ex bibliotheca Mazarina Gabriel Naudaeus. Laut dem Besitzeintrag aus dem 10. Jh. auf 1r (oberen Blattrand) stammt die vorliegende Handschrift aus dem Loirekloster Saint Laumer in Blois, wo sie vermutlich auch geschrieben wurde. Später gehörte sie der Bibliothek des Diplomaten und Kardinals Jules Mazarin (1602–1661) an (vgl. Einträge 1r und 110v von Gabriel Naudé, dem Bibliothekar Mazarins), aus dessen Besitz sie nach seinem Ableben in die Hände von Marquard Gude gelangte. Gude befand sich nachweislich zum Todeszeitpunkt Mazarins in Paris, um Handschriften einzusehen und zu studieren (zum Ankauf vgl. Carmassi Codex, 306, Anm. 124–126). Zusammen mit den übrigen Gudiani gelangte die Handschrift 1710 nach Wolfenbüttel (zur Erwerbung der Handschriften durch Gude vgl. Lesser Ornamentum).

Pergament — 110 Bl. — 23,5 × 16,8 cm

Lagen: 2 IV (16). IV-1 (23). 4 IV (47). IV-1 (54). 4 IV (86). III (92). IV+1 (101). IV-1 (108). I (110). Lagenbezeichnungen in römischen Ziffern zum Ende jeder Lage, unterer Blattrand. III-XV mit Wellenlinienverzierung. Neuere Tintenfoliierung. Blattverlust Bl. 108, untere Hälfte. Schriftraum: 17,0 × 11,5 cm, einspaltig, 20 Zeilen. Karolingische Minuskel von einer Hand. Verstitel in Capitalis Rustica. Zu Beginn der Textabschnitte 1–3zeilige Initialmajuskeln.

Roter Schafsledereinband (17. Jh.).

INHALT

1r108r Gaius Julius Solinus: Collectanea rerum memorabilium (Edition: Mommsen, Bd. 1, 28, 12, Sigle G; Literatur: V. von Büren, Une édition critique de Solin au IXe siècle, in: Scriptorium 50 (1996), 22–87; Paniagua Notes et matériaux, 117). 108v leer. 109r–110v Marcus Annaeus Lucanus: De bello civili , Fragment, I, 135–170, 325–362 (Prete/Badalì, 86; Munk Olsen, Bd. 4,1, 83–87).

AUSSTATTUNG

Zahlreiche Initialen und verzierte Initialmajuskeln.

Initialen: Zu den Versanfängen verzierte, unkolorierte Initialen und einfach verzierte Initialmajuskeln (Übergänge fließend; 2–4,5 cm). Die Buchstaben ausgeführt in einfacher Silhouette, gelegentlich partiell gefüllt (29v, 31r, 43v, 62v). Die Buchstabenstämme mit auffälligen Punktverdickungen (vgl. 21r). Der Endbesatz mit Knospen und anschließenden, lappigen Profilpalmetten (vgl. 17r), Pfeilen (vgl. 101r), kleinen Blütenmedaillons (27v, 29v) und einem Vogelkopf (31r). Als Stammfüllungen, hell ausgespart, ein Knospenfries (62v), Tropfenformen (29v) und randständiges Blattwerk (29v, 43v). Einige Buchstaben mit grünen Begleitfeldern, bzw. -strichen (vgl. 17r).

STIL UND EINORDNUNG

Der Buchschmuck der vorliegenden Handschrift beschränkt sich auf die Hauptschrift, den Solinus, dessen Text eng verwandt ist mit einer Pariser Handschrift (Paris, BnF, lat. 6810, Blois, Ende 10. Jh.; zur Handschrift vgl. V. von Büren, Une édition critique de Solin au IXe siècle, in: Scriptorium, Bd. 50 [1996], 22–87, hier 64–71; Die Orvaler Handschriften bis zum Jahr 1628 in den Beständen der Bibliothèque nationale de Luxembourg und des Grand Séminaire de Luxembourg. Beschrieben von T. Falmagne unter Mitwirkung von L. Deitz, Bd. 2, Beschreibungen und Register, Wiesbaden 2017, 262f.). Auch der Wolfenbütteler Solinus stammt aus dem Loirekloster Saint-Laumer in Blois, wo er vermutlich entstand (vgl. Provenienz). Seine Datierung schwankt paläographisch zwischen dem 10. Jh. (Wolfenbüttel Gud., Nr. 4467; Mommsen, Bd. 1, 28, 12, Sigle G; Paniagua Notes et matériaux, 117) und dem 11. Jh. (Prete/Badalì, 56–57, 86). Die Ausstattung der Wolfenbütteler Handschrift zeigt Parallelen zu Handschriften aus der Zeit des späten 10. Jh. und des 11. Jh., die in Klöstern Zentralfrankreichs entstanden. Direkte Vergleiche aus dem Kloster Blois liegen nicht vor. Die in Aussparungstechnik verwendete Vierpassblüte begegnet in einer Handschrift des frühen 11. Jh. aus Cluny (Bamberg, SB, Msc. Bibl. 26, 225v; Suckale-Redlefsen Ill. Hss. 1, Nr. 54, Abb. 284). Ähnlich, aber im Detail differenziertes Blattwerk zeigen Handschriften aus Limoges (vgl. Cod. Guelf. 79 Gud. lat.; vgl. Gaborit-Chopin Saint-Martial de Limoges).

Wolfenbüttel Gud., Nr. 4467. — Mommsen, Bd. 1, 28, 12. — Prete/Badalì, 56–57, 86. — Munk Olsen, Bd. 2, 519. — C. Vecce, Iacopo Sannazaro in Francia. Scoperte di codici all'inizio del XVI secolo, Padua 1988, 90, Anm. 71. — Carmassi Codex, 306, Anm. 124, 125. — Paniagua Notes et matériaux, 117.


Abgekürzt zitierte Literatur

Gaborit-Chopin Saint-Martial de Limoges D. Gaborit-Chopin, La décoration des manuscrits à Saint-Martial de Limoges et en Limousin du IXe au XIIe siècle, Paris 1969
Lesser Ornamentum B. Lesser, Longe maximum vero Bibliothecae Augustae ornamentum, in: Retter der Antike, Marquard Gude (1635-1689) auf der Suche nach den Klassikern, hrsg. von P. Carmassi, Wiesbaden 2016 (Wolfenbütteler Forschungen 147), 445-516
Mommsen C. Ivlii Solini collectanea rervm memorabilivm, Berlin 1895
Munk Olsen B. Munk Olsen, L'étude des auteurs classiques latins aux XIe et XIIe siècles, Bd. 1–4, 1982–2014
Paniagua Notes et matériaux D. Paniagua, Notes et matériaux. An Inventory of the Manuscripts of Julius Solinus, in: Skriptorium 73 (2019), 101-125
Prete/Badalì S. Prete, R. Badalì, I codici di Terenzio e quelli di Lucano nella Herzog August Bibliothek di Wolfenbüttel, Wolfenbüttel 1982 (Repertorien zur Erforschung der frühen Neuzeit 6)
Suckale-Redlefsen Ill. Hss. 1 Katalog der illuminierten Handschriften der Staatsbibliothek Bamberg, Bd. 1, Die Handschriften des 8. bis 11. Jahrhunderts der Staatsbibliothek Bamberg, 2 Bde., Wiesbaden 2004
Wolfenbüttel Gud. Die Gudischen Handschriften, beschrieben von F. Köhler und G. Milchsack, Wolfenbüttel 1913, ND 1966 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 9)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).
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