Sammelhandschrift
Regensburg, Benediktinerkloster St. Emmeram (?) — 11. Jh., 3. Viertel
Provenienz: Eintrag: 1r Iste liber pertinet ad sanctum Erhardum in Ratispona. Dem Eintrag nach stammt die Handschrift aus dem Niedermüsnter in Regensburg. Von dort gelangte sie eventuell über Matthias Flacius, der sich 1562 in Regensburg aufhielt, in den Besitz des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel und in dessen Sammlung ( , Handschriftenschätze zu Regensburg im Dienste der Zenturiatoren (1554–1562). II. Reichenbacher Handschriften in der Flaciusbibliothek, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Bd. 34 (1917), 66–82, hier 71 Anm. 5). Der Eintrag im Bücherradkatalog auf pag. 5102 verzeichnet die Jahre 1658/59 als Ankaufsjahre ( , 97).
Pergament — 137 Bl. — 33 × 21 cm
Lagen: 11 IV (88). V (99). II (103). II-1 (106). III (112). IV+1 (121). 2 IV (137). Schriftraum: 25,2 × 14,5 cm, zweispaltig, 30 Zeilen. Karolingische Minuskel von einer Hand. Überschriften der Buchanfänge in roter Capitalis Rustica, Überschriften der Textanfänge in roter Minuskel. Zu Beginn auf 1r die erste Textzeile in Capitalis Rustica mit abwechselnd roten und schwarzen Buchstaben. Die Textanfänge eingeleitet mit roten, 2–3 zeiligen schlichten Initialbuchstaben. Diese von 1r-16v mit grünen Begleitstrichen und in den Binnenfeldern mit grünen Farbflächen.
Weißer Schweinsledereinband mit Streicheisenverzierungen; Schließen abgerissen. Auf dem Vorderdeckel ein Pergamentsreifen mit dem Titel Sententie Prosperi.
INHALT
1r–87r De promissionibus et praedictionibus Dei ( 51, 733–858 [Ps.-Prosper Aquitanus]; 60, 1–223 [Hs. u.a. auf S. XI erwähnt; der Herausgeber R. Braun erwähnt hier in Anm. 1 die Datierung ins 11. Jh. durch H. Butzmann und in die 1. Hälfte des 12. Jh. durch B. Bischoff]; 413). 87r–93r : Sententiae (Publilii Syri Mimi Sententiae, rec. W. Meyer, Leipzig 1880 [Bibliotheca Teubneriana]; Die Sprüche des Publilius Syrus, lat.-deutsch, ed. H. Beckby, München 1969; Publilius Syrus, Sentences. Introduction, traduction et notes par G. Flamerie de Lachapelle, Paris 2011; B. Munk Olsen, L’étude des auteurs classiques, 2 (1985), 469; F. Giancotti, Ricerche sulla tradizione manoscritta delle sentenze di Publilio Siro, Messina 1963 [S. 10 Hs. erwähnt]; C. Panayotakis, Towards a new critical edition of the Sententiae associated with Publilius, in: La traversée européenne des Proverbia Senecae: de Publilius Syrus à Érasme et au-delà, Nancy 2013, 15–50 [S. 24 Hs. erwähnt]). 93r–94v : Ep. 109 ad Riparum ( 55, 351–356; 1B, 894). 95r–102r : Ep. 57 ad Pammachium ( 54, 502–526; 1B, 664). 102r–103v : Ep. 38 ad Marcellam ( 54, 289–293). 103v–108v : Ep. 39 ad Paulam ( 54, 293–30; 1B, 539). 108v–116r : Adversus Vivilantium ( 79C, 5–30 [XLIIsq., CXXXVIII, CXLIII-CXLV Hs. erwähnt]; 2, 395–402; 611). 116r–124v : Ep. ad Berengarium ( , De veritate corporis et sanguinis Domini ad Berengarium epistola, Braunschweig 1770 [Textabdruck nach dieser Hs.]); 171; 1, 41). 124v–137v : Ep. 77 ad Oceanum ( 55, 37–49; 1B, 780). 130v–136v : Ep. 107 ad Laetam ( 55, 290–305; 1B, 879). 136v–137v : Ep. 108 Epitaphium s. Paulae (136v–137v - unvollständig; 55, 306–309, Z. 4 [Text bricht ab, Lagenverlust]; 1B, 887).
:AUSSTATTUNG
2 Initialen.Initialen: Auf 1r und 2r Spaltleisteninitialen mit von den Initialstämmen ausgehenden, kurzen, kräftigen Knollenblattranken. An den Rankenenden Blüten mit angedeuteten Fruchtkolben (1r) und kleinen Knorpeln. Die Initiale auf 2r mit genagelter Spange (3,4–4,1 cm).
Farben: Initialen mit roter Feder vorgezeichnet. Durchgängiger Goldauftrag auf Bolusgrund, teilweise abgerieben.
STIL UND EINORDNUNG
Die Handschrift wurde in der Forschung bisher kaum beachtet. Lediglich ihre Regensburger Provenienz (Niedermünster) fand Erwähnung ( , Bd. 1, 39). Heinemann beschränkte sich in seinem Katalogisat auf die Angabe 10. Jh., ohne Lokalisierung ( , Nr. 2210). Die Provenienz der Handschrift veranlasst zu einem Abgleich ihrer Initialornamentik mit der bereits gut erschlossenen Regensburger Buchmalerei desselben Zeitraums (zur Regenburger Buchmalerei vgl. ; ; , 23–60). Sowohl die Initialform als auch die Ranken-, Blatt- und Blütenformen entsprechen dem Regensburger Formenspektrum. Es finden sich Parallelen in Handschriften aus dem 3. Viertel des 11. Jh., deren kurze, etwas kräftigere Ranken mit triebbegleitenden Knospen und Knorpelendungen, sowie die hier bereits auftretenden Blüten mit Fruchtkolben dem Ornament der Wolfenbütteler Handschrift entsprechen (vgl. München, BSB, Clm 14018, Regensburg, 3. Viertel 11. Jh. und München, BSB, Clm 14031, Regensburg, um 1060–1080 ; , Nr. 23 und 27, Abb. 51 und 57, 58)., Nr. 2210 (Heinemann Nr.). — , Handschriftenschätze zu Regensburg im Dienste der Zenturiatoren (1554–1562). II. Reichenbacher Handschriften in der Flaciusbibliothek, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen, Bd. 34 (1917), 66–82, hier 71 Anm. 5. — , Bd. 1, 39. — , Bd. 1,1.2, 570.
Abgekürzt zitierte Literatur
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).