Das Buch der heiligen Dreifaltigkeit
Alte Signatur: 196 Blank. — Papier — 153 Bl. — 22 × 16 cm — Ostmitteldeutschland — XV. Jh. / (1471)
Lagen: Quinternionen. Reklamanten. 15 u. 74 jüngere Einschaltblätter. 28 Zeilen. Textspiegel (von Blindlinien eingefaßt) Schriftraum: 14,5 × 9 Alles von einer Hand. Gute Bastarda. Rubra. Initialen (bis 8 cm hoch) aus einfachen braunen von Rot begleiteten Federstrichen vom Schreiber eigenwillig aufgebaut, z. T. mit kurvigen Ausschmückungen in den Farben der kolorierten Federzeichnungen (s. u.). Die den Vorlagen frei folgenden und mit leichter Feder gezeichneten häufig ganzseitigen Bilder sind sämtlich koloriert; die Farben sind matt; Braun, Grau, Graugrün, Rosa und Gelb, 1v, Christus am Galgen. — 2r, Enthauptung und Räderung. — 2v, Kanne, drei Würfel, Adam von der Schlange ins Herz gestochen; Eva. — 3r, Kugel (Luna) und chemischer Ofen (Orient), darüber Wandhaken mit Tuch. — 10v, Gottvater mit segnender Hand, rechts von ihm weißer Adler auf einer Krone. — 11r, Buchrolle, Kerze, Schalen, Destillierofen. — 11v, Maria auf der Mondsichel, von Flammenzungen umgeben. — 13v, Sieben farbige Kronen. — 18v, Großer Kamin, von Öfen flankiert. — 19r, Doppeladler mit Menschenfüßen und -köpf: Forma speculi trinitatis. — 19v, Christus am Kreuz. — 22v, Wappen: Schwarzer Doppeladler auf gelbem Schild. — 25r, Zusammengehaltenes Tuch, darunter zwei Schalen. — 23v, Krönung Mariae mit Symbolen der Evangelisten und deren Wappen: Doppeladler (Johannes), weißer Löwe auf blauem Feld (Marcus), Schlüssel und Schwert gekreuzt auf grauem Feld (Lucas) und Schachbrett, grau und rosa (Matthaeus). — 84r, Destillierofen. — 84v, Christus am Kreuz unter dem Galgen, daneben Schlange mit Frauenkopf und -brüsten, den Schwamm an langer Stange haltend. — 85r, Der grüne Löwe, auf Felsen schreitend. — 85v, Ofen. — 89v, Maria in der Sonne und auf dem Mond stehend. — 90r, Doppelofen, davor fressender roter Hund. — 91v, Wappenschild: Christus im Doppeladler, von gekrönter Frau gehalten. — 95v, „Wilde Frau", ein Wappen und einen Helm haltend. — 96r, Janusköpfige Gestalt: die alchemistische Dreifaltigkeit. —100r, Wappen mit rotem Schildchen. — 100v, Christus in Mandorla. — 113r, Retorten im Ofen. — 113v, Luziferische Dreifaltigkeit, auf einem Drachen stehend, aus dem Schlangen mit Frauenköpfen hervorgehen. — 115r, Eichbaum, auf dem sich eine Schlange krümmt; von der Schlange umwunden ein Doppeladler, das Ganze umgeben von den sieben Planeten an stangenartigen Strahlen. — 120v, Wolkenbruch, Gewitter. — 143v, Kleine Zeichnung am unteren Rande: Haus mit Treppengiebel; Beischrift: Hec steynhewser. — 144r Glaskolben mit Drache, Adler, Rabe (Reinigung der Metalle).
Schlichte Broschur, Pappe mit bräunlichem Sprengpapierüberzug. Nicht beschnitten.
Herkunft: Mundart ostmitteldeutsch. Datierung in der Schlußschrift Bl. 155v: 1471. Die Angabe „1453 in Kadelsburg " (Bl. 66r u. 69v) ist der Vorlage entnommen, die auch der Schreiber der St. Galler Handschrift (Stadtbibliothek Nr. 397) benutzt zu haben scheint; hierzu vgl. Ganzenmüller (s. u.). Die Kadolzburg bei Nürnberg war der Sitz Johannes des Alchemisten, Markgraf von Brandenburg. — Der Einband gleicht den aus dem Besitz des Johann Andreas Schmidt (Caspar Sagittarius ?) stammenden Bänden; vgl. die Beschreibung von 32 Blankenburg. Exlibris Ludwig Rudolfs mit Zahl 52. 1r unten Zahl 78.
1r Das Buch der heiligen Dreifaltigkeit. Diss ist ein buch von wunderwercken, rechte warheit mag man hieinn mercken. (3r) Also zu emphahen von gote diss buch ich hart mich sere genug gewert. (8v) In der Verborgenheit gotes wird uns beweiset … — 66r Schlußschrift: … Gegeben auff donerstag in die sancti Bernhardi czwusschen achten und newnen … anno domini millesirno CCCC° XXXIII0 in Kadelsburg … Explicit Uber sancte trinitatis. (66v) Diez buch ist vil bücher und ist doch ein buch … — 69v Schlußschrift: … geschriben … ipsa die Abdon et Sennes in Kadelsburg anno ut supra XXXIII0. (69v) Saturnus, Iupiter, Mars, Sol, Venus, Mercurius, Luna. In die Iovis sublimirt sanetitas. (73r) ›Sequitur noch eyne vorleuchtung diez ganezen buchs, sed non habetur hic … Diss hie allernest geschriben gehöret in das forderst buch so diez buch anfahet: Die gotlich kunst gotes Jhesu Cristi durch sein heyliges leiden clarlich zu bekennen …‹ Smelzet II lb Jovis dar inne gieset 1 lb Lixivium (?) ((hier S-ähnliches Zeichen)). Es folgen weitere alchemistische Rezepte, auch einige in lateinischer Sprache, gelegentlich unterbrochen durch alchemistisch-theologische Betrachtungen. (151r) Geendet in die Mortis in hora Solls Düna in vicesimo tercio gradu et quarto minuto piscium, in vigilia purificacionis Marie virginis gloriosissime. (151v) Schlußschrift: Explicit liber sancte trinitatis de lapide philosophico parabolice … Anschließend. ›De aqua vita‹. Incipiunt virtutes aque vite que sunt hec. (153v) Schlußschrift: Laus deo in eternum. Decus marie in perpetuum. Finitum scriptum istud anno 1471 sabbato post lucie virginis. Zum Text und zu den Bildern siehe W. Ganzenmüller, Das Buch der heiligen Dreifaltigkeit, in: Archiv f. Kulturgeschichte 29,1939, S. 93—146, wieder abgedr. in W. Ganzenmüller, Beiträge zur Geschichte der Technologie u. d. Alchemie, Weinheim 1956, 251 ff.; hier wird neben anderen Handschriften auch Cod. Guelf. 433 Helmstedt (XV. Jh.) genannt, der einen ausführlicheren Text bietet und, was die Bilder angeht, der Handschrift des Germanischen Museums zu Nürnberg nahe steht. Die vorliegende Handschrift kannte G. noch nicht. Abbildungen nach Miniaturen der Nürnberger Handschrift und der Hs. der Bayerischen Staatsbibliothek (cgm 598) in G. F. Hartlaub, Der Stein der Weisen, München 1959, Taf. 3 u. Abb. 7-14.
- Lizenzangaben korrigiert (schassan, 2020-04-17)
- Manuscripta Mediaevalia Objektnummer hinzugefügt (schassan, 2019-08-20)