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Beschreibung von Cod. Guelf. 201 Blank.
Butzmann, Hans: Die Blankenburger Handschriften. - Frankfurt am Main: Klostermann, 1966. - (Kataloge der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel: Neue Reihe, Bd. 11) S. 196198

Pankraz Engelhart: Chronik von Eger

Alte Signatur: 119 Blank. — Papier — 181 beschriebene Bll. — 19,5 × 15 cm — Eger — XVI. Jh. / (nach 1571)

Wasserzeichen: Wappen der Stadt Eger. Am Ende viele unbeschriebene Seiten. Feine überradierte Bleistiftliniierung, 18 Zeilen. Alles von einer Hand. Kanzleischrift. Schnörkelreiche Anfangsbuchstaben. Viele ganzseitige Bilder (s. u.). Die Bildseiten der Hs. wurden vor der Bemalung foliiert. Die ganzseitigen, mit gut abgestimmten Deckfarben gemalten Bilder zeichnen sich aus durch geschickte Komposition und bedachte Ausnutzung des Bildraums: Wenige weichumrissene Figuren, oft nur symbolische Stellvertreter für mehrere, sind in die Landschaft oder auch in perspektivisch mit zureichender Klarheit aufgefaßte Innenräume gut eingefügt. Der Maler ist bemüht, den Köpfen, vor allem den Porträts, individuelle Züge zu geben. Alle Bilder, mit Ausnahme der Blätter 1v, und 2r, sind in architektonische Rahmen gefaßt: Arkadenbögen, von Säulen oder Pfeilern getragen, mit Renaissancedekor, in den Zwickeln der Bögen geflügelte Engelsköpfchen, Rosetten u. ä. Bisweilen werden Gegenstände und Figuren von dem Rahmen ganz wirkungsvoll überschnitten. Humoristische Züge sind nicht zu verkennen. Einzelheiten, 1r, Halbfigur eines graubärtigen Mannes, der in der Rechten eine Papierrolle hält, in der Linken eine Zange, wie sie auch der Bürgermeister Thomas Wernher (Bl. 164r,) als Zeichen seiner Würde oder seines Berufes in der Hand hält. Der Dargestellte ist vermutlich der zur Zeit der Beendigung der Chronik regierende Bürgermeister. Auf der Gegenseite (2r,) seine Wappen. — 7v, Die Stadt Eger, im Vordergrund Brücke und Tor mit Uhrturm. — 10v, Kaiser Friedrich Barbarossa mit Adelheid, der Tochter des Markgrafen Theobald von Vohburg, an der Hochzeitstafel; ein Diener bringt Wein; über dem Paar auf einer Stange ein Papagei (1179). — 11v, Das Nonnenkloster und das Barfüßer-kloster zu Eger brennen (1209). Im Bild zwei Haustüren, aus den Fenstern darüber züngeln Flammen. Eine Nonne stürzt mit weitausgebreiteten Armen aus ihrer Tür, während der Barfüßer mit Stab und Bettelsack gelassen abzieht. — 15v, Die große Feuersbrunst von Eger (1270). Das gleiche Bild wie 7v,; über den Dächern Flammengarben. — 15r, Das Tor des neugegründeten Dominikanerklosters (1296); vor ihm zwei Mönche im Gespräch. — 16r, Ein mächtiger Sack mit Gold in der Landschaft, über ihm Fahnen mit dem polnischen Adler und dem böhmischen Löwen. Anspielung auf die Verpfändung der Stadt an König Johann von Böhmen und Polen durch Ludwig den Bayern (1315). — 20r, Judenmord (1389). Ein Landsknecht (Bildmitte) stürmt mit erhobenem Kruzifix auf die Juden los, während zwei Männer, stellvertretend für den Pöbel, zwei Juden niederwerfen und töten. Freie Landschaft, im Hintergrund burggekrönte Berge. — 22r, König Wenzel, in einem gewölbten Saal thronend, nimmt einem vor ihm knieenden Fürsten den Lehenseid ab (1389). — 23v, Zur Verteidigung gegen einen erwarteten Angriff des Königs Ruprecht werden die Vorstädte niedergebrannt (1399). Im Vordergrund Mann mit Brandfackel, im Mittelgrund brennende kleine Häuser, im Hintergrund die Stadt mit ihren roten Dächern. — 24v, Vorn drei Kanonen, von denen eine gerade abgeschossen wird; darüber auf einem Hügel das Schloß Neuhaus (1412). — 26r, Links vorn Zelt und Kanone, rechts abziehende Landsknechte, darüber brennendes Schloß: Zerstörung von Gresslau (1412). — 28r, Vor den Mauern der Stadt ein Mann, Bäume fällend: Eger wird in Verteidigungszustand versetzt (1428). — 29v, Hussitenüberfall (1428). Reiterschar, deren Anführer von einer Kanonenkugel (die aus einer Schießscharte feuernde Kanone im Hintergrund) vom Pferd gerissen wird. — 37r, Markgraf Friedrich von Brandenburg verhandelt mit den Hussitenführern wegen des freien Geleits nach Basel (1432). Der Markgraf im Federhut präsidiert an einem rechteckigen Tisch, flankiert von zwei Begleitern. Vorn, einander gegenüber, zwei hussitische Theologen. — 54r, Kaiser Sigismund nimmt einen Lehnseid entgegen (1437). Wiederholung des Bildes 22r,. — 35r, Die Raubburg Wirschengrün wird verbrannt (1452). Kriegsknecht durchsticht mit langem Schwert einen Liegenden; Kanone, brennende Burg. — 37r, Der Straßenräuber Hisserl wird hingerichtet (1455). Anmutendes Detail der Stadtansicht: Pforte mit Holzbrücke, Doppelmauer, Mauerturm, Kirche. Vorn der knieende Deliquent und der Henker. — 38v, Hinrichtung des „Staudenreiters" Serhans mit seinen Gesellen (1457). Teil der Stadtmauer, zwischen zwei Türmen ein Balken, an welchem die Räuber baumeln. — 40r, Herzog Heinrich von Münsterberg heiratet Ursula, Tochter des Markgrafen Albrecht von Brandenburg (1467). Kircheninneres; das Brautpaar, zwischen ihnen segnender Bischof. — 41r, Eger wird von Papst Paul II. in den Bann getan (1469). Kirchenraum, rechts vorn Kanzel mit Schrifttafel: In Pann. Dominikaner auf der Kanzel streckt dem eintretenden Bürgermeister eine brennende Fackel entgegen. Links vorn sitzende Frau, sinnend aus dem Bild her ausblickend. — 43r, Einnahme von Neustadt an der Waldnaab (1477). Malerisches Stadtbild, vorn feuernde Arkebusiere und Kanone. — 45r, Schloß Liebenstein wird in Brand geschossen (1509). Brennende Burg am Fluß, zwei Männer retten sich schwimmend. Vorn feuernde Kanone und Artilleristen. — 50r, Hügelige Landschaft mit Ruinen. Illustration zu dem Kapitel: Waß für heußer die von Eger mehr hrochen haben … — 51v, Brand der Kirche von Brüx (1517). Brennende Kirche, überragt von einem Kreuz, daran Bildteppiche befestigt sind, darstellend Maria und das Wappen des Papstes Leo X. Für den Wiederaufbau der Kirche hatte der Papst einen Ablaß ausgeschrieben, der erste, welcher in Eger angeboten wurde. — 53v, Die Spielergasse in Flammen (1523). Häuser und Torturm mit mächtiger Feuerkrone, auf der Gasse Feuereimer, Hausgerät, fliehender Mann im Hemd. — 54v, Bauernkrieg. Felsenschloß brennend, Kanone, Bauern. — 57r, Sau mit acht Beinen. Wolkenbruch über Landschaft. Ereignisse im „nassen Jahr" 1530. — 59r, Berglandschaft, darüber Komet, den zwei Männer betrachten (1531). — 61r, Waldbrand, Hirsch und Fuchs fliehen ins Freie. Dürrer Sommer 1556. — 62v, Bereinigung des Grenzstreites mit Markgraf Albrecht von Brandenburg (1540). Zwei berittene Kommissionen, von links oben und von rechts unten kommend, auf einen Wasserlauf zureitend, der diagonal im Bilde verläuft; im Hintergrund der umstrittene Wald. — 65r, Taufe eines Türken in der Burg zu Eger (1540). Kirchenraum; in mächtigem Holzbottich der Türke, im Hemd knieend, ein Priester schüttet aus einer Kanne Wasser über ihm aus; Taufpaten. — 66r, Erdbeben (1540). Stadtbild; Türme bersten, Häuser fallen um. Vorn Mann und Frau, ins Freie fliehend. — 67v, Sonnenfinsternis (1541). Über Berglandschaft schiebt sich ein blaues Mondgesicht über die stirnrunzelnde Sonne. Vorn Mann und Frau in Betrachtung. — 69r, Kaiser Ferdinand I. reitet in Eger ein (1542). Der Baldachin wird vom Rahmen überschnitten, nur zwei Träger sind sichtbar. — 71v, Heuschreckenplage (1544). Riesige Heuschrecken fallen über das Getreide her. — 72v, Stadtmauer mit Pulverturm, Feuer vom Himmel, explodierendes Pulverfaß im Turm (1544). — 74r, Hussitenzug (1546). Reiterschar mit Wappenschilden und Lanzen. — 76v, Kaiser Karl V. zu Pferde, mit Gefolge. Kaiserbesuch 1547. — 78v, Bürgermeister und zwei Räte nebeneinander auf der Wandbank im Rathause. Ein Bote steigt über den Rahmen des Bildes, einen Brief in der Hand; es ist die Einladung der protestantischen Stände nach Augsburg (1552). — 81r, Das Bündnis gegen Markgraf Albrecht (1555). Die in Eger tagenden Gesandten vieler verbündeter Fürsten sind auf drei reduziert, die um einen Tisch sitzen. — 84r, Die Stadt verproviantiert das Kriegsvolk der Verbündeten (1553). Mauer und Haus mit Schießscharten, davor ein Proviantwagen. Wagen und Pferde werden vom Pvahmen überschnitten. — 85v, Baupenplage (1558). Riesige Würmer kriechen über ein Kohlfeld und den Leuten in die Fenster. In den Lüften ein wunderlicher Wurm: Rieseninsekt mit vier Flügeln, sechs Beinen und Hörnern. — 87r, Nonnen verlassen das Kloster (1559). Zwei Nonnen im Aufbruch vor dem Tor, voran eine Dienerin, die einen verhüllten Packen auf dem Rücken trägt. — 85v, Winterlandschaft mit Doppelregenbogen. Links, an die Säule des Rahmens gelehnt, ein alter Mann, der frierend seinen Mantel zusammenfaßt, rechts ein jüngerer, der lebhaft auf die Erscheinung hinweist (1560). — Es folgen Bl. 90r bis 161r, die Wappen der Geschlechter von Eger. Auf den Versoseiten jeweils familiengeschichtliche Angaben. 162r bis 180r Bildnisse der Bürgermeister mit ihren Wappen, dazu biographische Notizen.

Weißer Pergamentband auf Pappe. Von vier grünen Bändern eins abgerissen.

Herkunft: Die Handschrift wurde, wie das Wasserzeichen ausweist, zu Eger geschrieben. Sie bildet ein Gegenstück zu dem Exemplar der Chronik, das sich (nach H. Gradl, S. Vf., s. u.) noch im 19. Jh. im Stadtarchiv zu Eger befand, dann aber verschollen ist. — Exlibris Ludwig Rudolfs mit Zahl 82. Vorbl.r unten Zahl 62.

1r Titelbl. Egrische Chronica, waß sich von Anfang der Stadt Eger ungefährlichen zugetragen, hiß auffs 1560. Jahr … durch mich Vangratz Engelhart von Haselbach … Der Text beginnt 2v mit der Vorred. Die Chroniken der Stadt Eger, bearb. von Heinrich Gradl, Prag 1884 (Deutsche Chroniken aus Böhmen, Bd 5), S. 3—63. Statt der bloßen Geschlechterliste und dem Bürgermeisterverzeichnis am Schluß der Ausgabe finden sich in der Handschrift ausführlichere Angaben zu jeder Familie und biographische Einzelheiten zu jedem Bürgermeister, dazu Familienwappen und Porträts. Die Bilder fehlen in der von Gradl benutzten Hs. des Stadtarchivs Eger, sie waren aber vorgesehen, denn vor jedem Abschnitt ist dort eine Seite leer (Gradl S. IX.).


Korrekturen, Ergänzungen:
  • Lizenzangaben korrigiert (schassan, 2020-04-17)
  • Manuscripta Mediaevalia Objektnummer hinzugefügt (schassan, 2019-08-20)

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