Otto Frisingensis. Robertus Remensis. Patriarcha Hierosolymitanus
Zisterzienserkloster Sittich (Stična) in Krain — 1180-1182
Provenienz: Der Codex wurde im Zisterzienserkloster Sittich (Stična) in Krain geschrieben und illuminiert. Er gehörte später zum Handschriftenbestand des Flacius Illyricus, vgl. seinen eigenhändigen Buchtiteleintrag Chronica Ottonis Frisingensis auf Bl. 1r. Auf dem Fußsteg die Signatur No 18 der flacianischen Bibliothek. Am 20.4.1597 von Herzog Heinrich Julius für die Bibliotheca Julia erworben. 1618 in die Universitätsbibliothek Helmstedt überführt. Im Helmstedter Handschriftenkatalog von 1644 (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 29v) als Chronica Ottonis Frisingensis cum supplemento Radewini. Rudberti Monachi S. Remigii in Episcopatu Remensi Historia Ducis Godefridi et Boëmundi ac cæterorum. Omnia in membrana. Ohn Band beschrieben. Auf Ir (Rest des urspr. VS) alte Helmstedter Signatur: Misc. 19.
Pergament — 189 Bl. — 31 × 19,5 cm
Aus zwei Teilen zusammengesetzt: I 1r–129v, II 130r–189v. Lagen: III (6). 7 IV (62). III+1 (69). 7 IV (125). II (129). 7 IV (185). II (189). Lagensignaturen auf dem jeweils letzten Verso der Lage, Blattmitte unten: ii (14v)-xvii (125v) und i (137v)-vii (185r). Neuere Tintenfoliierung.
Halbledereinband mit Kiebitzpapier bezogen (Pappdeckel, Schafsleder) aus der Helmstedter Buchbinderwerkstatt von Anton Friedrich Wirck (zwischen 1763 und 1783).
STIL UND EINORDNUNG
Die Handschrift enthält im Hauptteil mit der Gesta Friderici die älteste Abschrift des von Otto Frisingensis (Otto von Freising, 1112-1158 - Abt von Marimond und Bischof von Freising) und seinem Schüler Rahewin geschriebenen Berichts über die Herrschaft des Kaisers Friedrich I. Barbarossa (1152-1190; zum Text vgl. , Nr. IV.36 ( ); , 36). Sie entstand im Zisterzienserkloster Sittich (Stična) in der Markgrafschaft Krain. Sittich wurde im Jahr 1135 gegründet und trat ein Jahr später dem Zisterzienserorden bei. Als Tochtergründung ausgehend von Morimond (Frankreich) hatte es besondere Beziehungen zu den ebenfalls von Morimond betreuten Klöstern in Ebrach, Franken (gegr. 1127) und Rein bei Graz (gegr. 1130; zur Gründung von Sittich vgl. , 14, Anm. 4 und 7 [weiterführende Lit.]). Aus dem 4. Viertel des 12. Jahrhunderts (1175-1180/82) sind mehr als 40 im Kloster Sittich enstandene Handschriften und Fragmente bekannt und erhalten, zahlreiche davon illuminiert. N. Golob gelang die Identifizierung von insgesamt acht, davon vier herausragenden Illuminatoren (Bernardus, Augustinus-Meister, dem Meister der langlappigen Blätter und dem Meister der trompetenförmigen Blätter) sowie zahlreichen weiteren ausführenden Schreiberhänden (Hände A-J; davon Hand B = Bernard und E = Engilbert); die Codices entstanden in enger Zusammenarbeit (zu den Kooperationen der Schreiber vgl. die Tabelle in , 68). Der Buchschmuck der Handschriften beschränkt sich auf kolorierte Rankeninitialen und rubrizierte Silhouetteninitialen. Nur letztere sind in der Gesta Friderici enthalten. Weitere, vollständig rubrizierte Sitticher Codices liegen mit Ljubljana, NUK, Ms. 7, Ljubljana, NUK, Ms. 8/III, Ljubljana, NUK, Ms. 8/IV, Ljubljana, NUK, Ms. 13 und Wien, ÖNB, 758 vor (diese Hss. beinhalten zum Teil auch kolorierte Rankeninitialen; Zusammenstellung vgl. , 77). Silhouetteninitialen, wie sie in der Gesta die Textanfänge schmücken, sind ebenfalls in folgenden Sitticher Handschriften enthalten: Ljubljana, NUK, Ms. 7, Ljubljana, NUK, Ms. 8/III, Ljubljana, NUK, Ms. 10, Ljubljana, NUK, Ms. 13, Ljubljana, NUK, Ms. 14, Ljubljana, NUK, Ms. 15, Ljubljana, NUK, Ms. 9/I, Wien, ÖNB, Cod. 659, Wien, ÖNB, Cod. 685, Wien, ÖNB, Cod. 758 und Wien, ÖNB, Cod. 935. Die Initialen besitzen alle dieselben sechs, von G. Golob bestimmten Besatz- und Konturbegleitmotive, jedoch in unterschiedlichen Kombinationen (vgl. Tabelle in , 93). Die Gesta Friderici zeigt als einzige Handschrift alle vorhandenen Motive. Ranken mit ähnlichem Endbesatz (stilisierte Pfeilblätter und Konturbegleitstriche mit großen gekernten Knospen, sowie die Kombination von Faden- und doppelkonturigen Ranken) besitzt ebenfalls der Codex Wien, ÖNB, Cod. 758 (Abb. vgl. , 22, 91, 94). Frühe Anknüpfungspunkte für die Silhouetteninitialen finden sich in der zisterziensischen Buchmalerei aus der ersten Hälfte des 12. Jh., insbesondere direkt aus Cîteaux (aus Morimond ist kein Bestand aus dem 12. Jh. erhalten). Hier fand um das Jahr 1135 der Übergang zu einem monochromen Stil statt, der für die Silhouetteninitiale in Sittich wegweisend wird (glatt konturierte und wimpernbesetzte, längliche Plametten). Erste Ansätze zeigt bereits die Rahmung einer frühen Maiestas-Miniatur aus Cîteaux (Dijon, BM, Ms. 132, 12. Jh., 1. Drittel; , Nr. 12, Taf. VIII); gleiche Rankenbesatzfunktion wie in den Sitticher Handschriften liegen dann Wimpernpalmetten in frühen monochromen Beispielen vor (Dijon, BM, Ms. 195, 127v, Cîteaux, 12. Jh., 2. Drittel; , Nr. 60, Taf. XXX).Beschreibung in der Handschriftendatenbank der HAB). — , Nr. IV.36 ( ).
, Nr. 239 (Heinemann Nr.). — , Die Gesta Friderici I. Imperatoris Ottos von Freising und Rahewins. Ursprüngliche Form und Überlieferung, in: Deutsches Archiv zur Erforschung des Mittelalters 19 (1963), 168–214, hier 181, 184–186. — . — , Uvod k umetnostnozgodovinski metodi datacije scrednjeveskih iluminiranih rokopisov: Gesta Friderici (Introduction to the art-historical method of dating medieval manuscripts. The case of the Gesta Friderici), in: Zgodovino, Bd. 29 (1993), 15-26, 27-39. — , 35, 41, 100, Abb. S. 42 und 100. — , 32, 36, 91ff., 191f., Abb. 18, 66, 76, 80, 83. — , 126. — , 267-269A
Schriftraum: 21,7 × 13,8 cm, einspaltig, 31 Zeilen. Carolino-Gothica von einer Hand Nach
, 73, 191f. Nr. 23 stammt der Text von der Hand des von ihr als solcher bezeichnete Schreiber I (zum Schreiber I vgl. , 67, 73). Ebenfalls anteilig von dieser Hand: Wien, ÖNB, Cod. 943 ( , Nr. 33) und Ljubljana, NUK, Ms. 35 ( , Nr. 22). Rubriziert. Die Textanfänge in Capitalis Rustica mit rot/scharz alternierenden Buchstaben. Zu Textanfängen rubrizierte (84v tintenfarbige) Initialmajuskeln mit Punktverdickungen, Konturbegleitstrichen und kurzen Fadenausläufern mit Sprossen und Knospenendungen (eine Zusammenstellung gibt , Abb. 75; vgl. 89v).INHALT
1r-128v , : Gesta Friderici I imperatoris ( 20, 347-493; , 1-351; Otto von Freising und Rahewin, Die Taten Friedrichs oder richtiger Chronica, übers. von A. Schmidt, hrsg. von , Darmstadt 21974 (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters 17); 8, 430f. Cod. B 1 der Gesta). 128v-129v Epistola de morte Friderici I imperatoris ( 20, 494-496; , 173-178; 4, 346).
AUSSTATTUNG
8 Silhouetteninitialen.Silhouetteninitialen: Zu Textanfängen auf 1r, 3v, 5r, 26r, 38r (2x), 62v und 64r rubrizierte Silhouetteninitialen. Die Initialstämme mit Punktverdickungen und gespalten mit geradlinigen Aussparungen. Entlang der Stämme Konturbegleitstriche mit Palmetten- und Rosettenverzierungen (vgl. Rosettenverzierung auf 62v) und gekernten Knospenmotiven. In den Binnenfeldern asymmetrisch (1r, 64r) und symmetrisch (5r) verlaufende Fadenranken sowie eine große, schlaufenförmige Blüte (3v). An den Rankenenden glatt konturierte oder wimpernbesetzte längliche Palmetten sowie das stilisierte Pfeilblatt (64r); die Plametten mit Wimpernbesatz. Der Rankenverlauf auf 5r beginnt fadenförmig und geht anschließend in doppelkonturig angelegte, fleischige Abläufe über. 4,5-7,7 cm.
Farben: Die Initialen sind mit roter Feder gezeichnte und unkoloriert. Lediglich Details wie Kerne (tintenfarbig - 5r) oder die stilisierten Pfeilblätter; Endungen und Kerne auf 64r (gelb) sind farblich hervorgehoben.
B
Zisterzienserkloster Sittich (Stična) in Krain — 1180-1182
Schriftraum: 20,2 × 13,5 cm, einspaltig, 31 Zeilen. Carolino-Gothica von mehreren Händen Nach Wien, ÖNB, Cod. 758 ( , Nr. 31) sowie die beiden Fragmente unter der Signatur Ljubljana, Arhivi republike Slovenije, Coll. I, fasc. 1 ( , Nr. 37 und 38). Zu Textanfängen rubrizierte Initialmajuskeln mit Punktverdickungen und Konturbegleitstrichen (vgl. Teil A; Nachträge 14./15. Jh.: Gesichter in den Binnnenfeldern, 186v). Die ersten Zeilen des Textes und Satzmajuskel mit roten Begleitstrichen. Nach N. Golob ist in 206 Helmst. der Sitticher Schreiber Bernard als Rubrikator beteiligt (von seiner Hand: 130v die erste rubrizierte Zeile und der anschließende Textbeginn bis legiunt (2. Zeile), sowie die Markierung v am Blattrand die Maleranweisung für die Initiale; Schreiber genannt in Ljubljana, NUK, Ms. Ms. 8/II, 2r - colophon; in Sittich tätig zwischen 1175 und um 1180). Bernard ist in zahlreichen Sitticher Handschiften als Schreiber und Illuminator belegt. Als Rubrikator arbeitete er auch in Ljubljana, NUK, Ms. 8/III (zu Bernard vgl. , 69f., 103-119).
, 67, 73, 191f. Nr. 23 stammt der Text größtenteils von der Hand des von ihr als solcher bezeichnete Schreiber H (zum Schreiber H, vgl. , 39f.). Ebenfalls anteilig von dieser Hand: Wien, ÖNB, Cod. 659 ( , Nr. 26), Ljubljana, NUK, Ms. 29 ( , Nr. 20), Ljubljana, NUK, Ms. 35 ( , Nr. 22) undINHALT
129v-133r Legenda de Amelio et Amico (Nachtrag des 14. Jh., ab 130r auf dem unteren Rand der Bll.; 1, 329f.; zum Text vgl. , 267-269). 130v-186v : Historia Hierosolymitana (Recueil des historiens des croisades. Hist. Occ. 3 (1866), 716–882; 155, 669-758; 10, 161-163). 186v : Epistola ad Occidentales ( 155, 469). 186v-188v : Epistola ad Robertum Flandriae Comitem (Robert II. von Flandern, 1093-1111; 155, 465-470). 189r 30759 188v-189v Federproben.
AUSSTATTUNG
2 Silhouetteninitialen.Silhouetteninitialen: Struktur und Besatz der Silhouetteninitialen entsprechen den initilaen in Teil A, besitzen jedoch keine Rankenabläufe. Hinzu kommt die schaftbegleitende, tütenförmige Knospe (130v). 3,4-3,9 cm.
Farben: Die Initialen sind mit roter Feder gezeichnet. Details, wie Kerne und Äderungen sind gelegentlich tintenfarbig abgesetzt (5r) oder gelb gefüllt (64r).
Abgekürzt zitierte Literatur
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil II (12. Jh.).