Philologische Sammelhandschrift
Eichstätt, Dom — 11. Jh., 1. Drittel
Provenienz: Die Sammelhandschrift Cod. Guelf. 335 Gud. lat. stammt aus dem Kloster St. Ulrich und Afra in Augsburg, vgl. verblasster Eintrag 2r rechter Blattrand Scti Vdalrici … (Kursive, 15./16. Jh.). Über Friedrich Lindenbrog (1573–1648) gelangte sie 1610–1620 nach Schloss Gottorf, wo sie von seinem Bruder Heinrich Lindenbrog (1570–1642; 1610–1642 als Bibliothekar in Gottorf tätig) katalogisiert wurde (vgl. Einträge auf 30v und 46v; zum Gottorfer Lindenbruch-Katalog vgl. , 132). Eine Abschrift des Katalog, welcher ursprünglich in den heute verschollenen philologischen Sammelhandschriften Hamburg, SUB, Cod. philol. 312 und Hamburg, SUB, Cod. philol. 358 vorliegt, ist über Robert Münzel (1859–1917) erhalten (vgl. ). In die Sammlung Gude gelangte die Handschrift zusammen mit den anderen "Gottorper Handschriften" zu dem Zeitpunkt als Marquard Gude (1635–1689) in der Nachfolge von Adam Olearius die Leitung der Gottorfer Bibliothek übernahm. Durch die Vermittlung von Leibniz gelangte die Sammlung, und mit ihr die Handschriften Cod. Guelf. 331 Gud. lat. und Cod. Guelf. 335 Gud. lat., 1710 in den Besitz der Herzoglichen Bibliothek in Wolfenbüttel (vgl. , XI-XVIII; , 445–516.
Pergament — 87 Bl. (gezählt, Bl. 58 und 81 fehlen). — 14 × 11,5 cm
Lagen: IV (8). II (12). IV (20). IV (28). IV (36). III (41). III (49). IV-1 (58). III (64). IV (72). IV (80). III-1 (87). Die Faszikel wurden bei der Neubindung vertauscht. Rekonstruierte Lagenreihenfolge: III (49) - Lage X. IV+1 (58) - Lage XI. III (64) - Lage XII. III-1 (87) - Lage XIII. IV (80) - Lage XIIII. IV (72) - Lage XV. IV (8) - Lage XVI. II (12) - Lage XVII. IV (20) - Lage XVIII. IV (28) - Lage XVIIII. IV (36) - Lage XX. III (41) - Lage XXI (Cod. Guelf. 331 Gud. lat. Text- und Verstitel in Capitalis Rustica, teils rot hinterlegt. Zu den Textanfängen 1–2zeilige Initialmajuskeln, einige mit rot gefüllten Binnenfeldern.
, 27). Bl. 1–40 Zählung der Lagen XVI-XXI. Bl. 65–70 Lage XV. Neuere Tintenfoliierung. Schriftraum: 8–9 × 10–11 cm, einspaltig, 17–20 Zeilen. Karolingische Minuskel von mehreren Händen. Hand A: 1r Z. 4–9, 12v–13r Z. 5 (?), 29r–v, 30v Z. 4–10, 33v Z. 5 - 38r Z. 4, 39v ab Z. 13 , 41r Z. 1–6, 50r–54r Z. 3, 69r Z. 19–20, 73r–73v Z. 4, 74v Z. 1–3, 75v Z. 1–15, 78r ab Z. 9. Hand B: 1r Z. 9-Z. 20. Hand C: 1v–12r, 13r Z. 6–28v, 30v Z. 11–33v Z. 5, 82r–86r z. 12. Hand D: 30r–30v Z. 3, 34v Z. 1 (?), 37r Z. 5–37v und 64v Z. 1–6. Hand E: 38v–39v Z. 12 (?), 41r ab Z. 7. Hand F: 40r Z. 1–7 und Z. 16–40v. Hand G: 40r Z. 8–15. Hand H: 43r–45r, 46v Z. 15–49r. Hand I: 45v–46v Z. 12, 49v (?). Hand K (=A?): 54r Z. 4–58v. Hand L (=A?): 59r–64r, 64v ab Z. 6. Hand M: 73v Z. 4–74r, 74v Z. 4 (?)-75r. Hand N: 81v ab Z. 10. Hand O: 86r Z. 12–87v Z. 13 ( , 123). Hand O = Hand A und Hand C = Hand C von Hamburg, SUB, Cod. in scrin. 31 Fragm. 11 (zur Handschrift vgl. , 121f.). Hand A =Hand A und Hand C=Hand I des Wolfenbütteler CodexFrühneuzeitlicher Ledereinband mit Streicheisenleisten entlang des Bundes.
INHALT
1r–30v De amicitia. 30v–37v : Pro rege Deiotaro. 38r leer. 38v–40v Carmina ( , 1069, 16461, 11430, 14971, 12816, 16456). 42r ›Tres habuit …‹ 42v leer. 43r–46v Sallustius in Ciceronem. 46v–54r Controversia Ciceronis in Sallustium (Edition: The invectives of Sallust and Cicero. Critical edition with introduction, translation, and commentary, bearb. von A. A. Novokhatko, Berlin 2009). 54r–56v Glossae Fulgentii episcopi ad Calcidium presbyterium ( , 111–126). 56v–57v Excerpta de commento Remigii in Marcianum Felicem Capellam (Edition: Tutti i commenti a Marziano Capella. Testo latino a fronte, Scoto Eriugena … Presentazione di Giovanni Reale, Einleitung und Übersetzung von I. Ramelli, Mailand 2006). 59r–64v : Epistolae ad sanctum Paulum (Edition: Der apokryphe Briefwechsel zwischen Seneca und Paulus. Zusammen mit dem Brief des Mordechai an Alexander und dem Brief des Annaeus Seneca über Hochmut und Götterbilder, eingeleitet, übers. und mit interpretierenden Essays von A. Fürst, Tübingen 2012). 65r–86r Epistolae nonnullae Senecae ad Lucilium (veränderte Reihenfolge: 65r–72v, 73r–80v, 82r–86r). 86r–87v Sermo de epiphania (zum Text vgl. , 280f. Anm. 20).
:AUSSTATTUNG
1 Arkadenstellung. Autonome Zeichnungen.Arkadenstellung: 42r zu Beginn des Textes auf der oberen Blatthälfte eine dreibahnige Arkadenstellung mit überfangenden Giebeln (5,5 × 8,2 cm). Die Säulenschäfte, die mittleren doppelt gesetzt, gefüllt mit den Mustern laufender Hund, Treppenmuster, Knospenranke und Marmorimitat. Die Kapitelle als einfache Rechtecke, von l.n.r. mit den Bez. D, SㅣS, SㅣD, D. Auf den Scheitelpunkten der Giebel die Bez. (v.l.n.r.) M, S, D. In den Zwickeln und an den Seiten kleine Stauden.
Zeichnungen: 41v auf einem leeren Blatt die skizzenhaft angelegte Zeichnung eines Kriegers mit ausgebreiteten Armen, bekleidet mit einer Rüstung und einem Rock. Er hält in der Rechten einen Schild, in der Linken einen Speer (Figur: 4,8 cm). Im Kopfbereich die Beschriftung demon Venego. Darüber ein Vogel (Kranich) bez. mit crus (3,5 cm). Links neben den Zeichnungen eine abgeschabte Büstendarstellung und zwei Hände.
Farben: Sämtliche Darstellungen wurden in Tintenfarbe ausgeführt und sind unkoloriert.
STIL UND EINORDNUNG
Die aus dem Augsburger Kloster St. Urich und Afra stammende Handschrift Cod. Guelf. 335 Gud. lat. gelangte, wie die zugehörige Handschrift Cod. Guelf. 331 Gud. lat. aus der Bibliothek in Gottorf in die Sammlung Gude. Ebenso wie dieser ehemals zugehörige Band, wurde sie von Hoffmann paläographisch nach Eichstätt lokalisiert (zur Einordnung vgl. Cod. Guelf. 331 Gud. lat.). Der Codex besitzt keinen Initialschmuck, jedoch eine texteinleitende Arkadenstellung auf 42r. Die skizzenhafte Zeichnung des Kriegers auf 41v nimmt entweder Bezug auf die im Sermo de epiphania (86r–87v) erwähnte Gestalt des mit Pfeilen bewaffneten Teufels oder auf die in der Sequenz Dominus caeli rex (67v) benannte Geißel des Kriege; der als Kranich bezeichnete Vogel, als Symbol für den erfolgreichen Kampf gegen das Böse ( , 280)., Nr. 4642. — , 146f. — , Bd. 3, 307. — , 24, 28, 69ff., 76, 121, 129f., 135, 168, 200, 280. — , Reichenau und St. Gallen. Ihre literarische Überlieferung zur Zeit des Klosterhumanismus in St. Ulrich und Afra zu Augsburg um 1500, Sigmaringen 1985 (Vorträge und Forschungen, Sonderband 33), 85. — , Bd. 1,1.2, 42. — , 138f. — , 123–129, 132f. — .
Abgekürzt zitierte Literatur
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).