Augustinus, Enarrationes in psalmos
Goslar, Augustiner-Chorherrenstift Georgenberg — 12. Jh., Mitte
Provenienz: Die Hs. wurde 1603 mit den übrigen Georgenberger Codices in die Wolfenbütteler Hofbibliothek überführt; 1614 im Gesamtkatalog von Liborius Otho (Cod. Guelf. A Extrav., p. 211 [206]) unter den Patres als D. Augustini Explicatio Psalmorum a 51° usque ad 101 manuscr. in pergameno mit der Signatur D 23 nachgewiesen. Seit 1618 in der Universitätsbibliothek Helmstedt, 1644 im Helmstedter Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 4v) als Augustini tractatus in Psalmos Davidis, a quinquagesimo primo Psalmo ad 101. In membrana unter den Theologici MSSti in folio beschrieben; auf dem Kopfsteg des VS die entsprechende Helmstedter Signatur T. 64. Im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 215 genannt.
Pergament — 265 Bl. — 38,0 × 25,0 cm
Lagen: III+1 (7). 32 IV (262). I+1 (265). Gedoppelte Lagenzählung durch Alphabet und römische Zahlen: Alphabet 7v-190v, Zahlen 7v-255r. Im Detail: 7v I A; 15v II B; 16r C III; 31v IIII D; 32r E V; 47v F VI; 48r G VII; 62v h VIII; 63r VIIII I; 78v K X; 79r L XI; 102v N XIII; 103r O XIIII; 118v P XV; 119r Q XVI; 134v R XVII; 135r S XVIII; 150v T XVIIII; 158v U XX; 166v X XXI; 174v Y XXII; 182v Z XXIII; 190v XXIIII; 191r XXV; 20v XXVI; 207r XXVII; 222v XXVIII; 223r XXVIIII; 238v XXX; 239r XXXI; 254v XXXII; 255r XXXIII; 263r XXXIIII. Verzierungen: 191r, 207r, 222v, 239v, 239r, 255r und 263r; die Zahlen verziert mit Blatt- und Blütenformen (s.u.). Spiegel des VD und RD Fragmente einer Bibelhandschrift (13. Jh.; vgl. , 64f. (Beschreibung in der Handschriftendatenbank der HAB). Neuere Tintenfoliierung. Bll. 86, 98, 99, 200, untere Hälfte Blattverlust. Schriftraum: 18-19 × 11-12 cm, einspaltig, 25 Zeilen. Carolino-Gothica von einer Hand. Textüberschriften rubriziert. 239v Zeigehände auf dem Blattrand.
Holzdeckel bezogen mit Schweinsleder. Streicheisenlinien. Ornament, Rosette mit Blattkranz: EBDB s007222. Werkstatt: Wolfenbüttel 144 Helmst. EBDB w000969. Der Titel der Werkstatt ist provisorisch, da diese bisher nicht eindeutig identifiziert worden ist. Insgesamt zeigen fünf Codices Stempel, die dieser Werkstatt zugordnet werden können (ausser 34.2 Helmst sind dies: Cod. Guelf. 144 Helmst., Cod. Guelf. 281 Helmst., Cod. Guelf. 1161 Helmst. und Cod. Guelf. 726 Helmst.). Drei von ihnen stammen aus dem Stift Georgenberg (Cod. Guelf. 34.2 Helmst., Cod. Guelf. 144 Helmst. und Cod. Guelf. 281 Helmst.), einer aus dem Zisterzienserinnenkloster Wöltingerode (Cod. Guelf. 726 Helmst.), aus dem weitere Bucheinbände mit Georgensberger Stempeln nachgewiesen werden können. Diese Umstände führen zu der Annahme, dass insgesamt 4 Stempel der Werkstatt Wolfenbüttel 144 Helmst. aus Georgensberger Werkstätten stammen könnten (vgl. , 149ff.).
INHALT
1r-265r : Enarrationes in psalmos ( 37, 1290, Z. 30 und 1293, Z. 3-32; 29, 623-1414, Z. 19 und 1417, Z. 7-33; vgl. 4,1; 283).
AUSSTATTUNG
Zahlreiche Silhouetteninitialen. 2 Spaltleisteninitialen. Verzierte Lagenbezeichnungen.Spaltleisteninitialen: Zu den Textanfängen Spaltleisteninitialen, auf 1r mit 5fach genagelten Spangen, auf 91v mit Kreuz- bzw. Gittermuster. Die roten Spalten des Initialstammes auf 91v gefüllt mit ausgesparten Punktreihen. Von den Initialstämmen ausgehend locker spiralförmig verlaufende Ranken, die Ansätze mit üppigen Stauchungen. Im Endbesatz Blattblüten mit auffällig kreisrundem Stempel, umgeschlagenen Profilblättern mit Rückenschraffur und Perlbandverzierung sowie Knospenendungen (1r). Die Blattblüte auf 1r mit auffällig schlaufenförmigen Blättern. 4,5 und 11,5 cm. Vgl. Abb. 1r, 91v.
Silhouetteninitialen: Zu den Textanfängen 2-7zeilige Silhouetteninitialen mit Silhouettenverzierung in den Binnenfeldern sowie schaftbegleitenden Palmetten und Knospen mit Schraffur (vgl. 207r). Das Binnenornament mit stilisierten Rankenabläufen, in den Zwischenräumen zahlreiche Punkte und Knospen. In den Abläufen an Punktverdickungen ansetzende Knospenblüten (76r, 176v). Vgl. Abb. 18r.
Lagenbezeichnungen: Ab 191r die Unterlängen der Lagenbezeichnungen (römische Zahlen) mit Punktverdickungen und daran ansetzenden, zum Teil aufwendig gestalteten Knospenverzierungen im Stil der Silhouetteninitialen (vgl. 238v).
STIL UND EINORDNUNG
Die vorliegende Augustinushandschrift gehört zu den Codices, die mit den übrigen Georgenberger Handschriften 1603 nach Wolfenbüttel überführt wurden (s. Provenienz), sie besitzt jedoch keinen Georgenberger Besitzeintrag. Ihre Ausstattung, insbesondere die Silhouetteninitialen, stimmen überein mit der auf 1144 datierten, für den Georgenberg gesicherten Hieronymus-Handschrift Cod. Guelf. 195 Helmst.. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie, wie 195 Helmst. im Georgenstift entstand (zum Stift und zum Stil vgl. 195 Helmst.). Wie in 195 Helmst. sind die Silhouetteninitialen in hervorragender Qualität und ausgeführt. Da ihr Ornament auch für die Lagenbezeichnungen verwendet wurde (191r-263r), ist davon auszugehen, dass sie vom Schreiber angefertigt wurden. Im Vergleich zu 195 Helmst. sind in 34.2 Helmst. weniger Silhouetteninitialen und diese ohne größere Blattformen bzw. -motive verwendet worden. Die Spaltleisteninitialen, insbesondere die Initiale auf 91v, knüpfen mit ihren großen Blattblüten und den großen kreisrunden Stempeln an das Riechenberger Evangeliar von 1133 an (Kassel, Murhardsche Bibliothek, 2° Ms. theol. 6; , 10f.) und stehen somit in Goslarer Tradition. Der Initialstil mit der gepunkteten Spaltreihe ist später in der Region aus dem Skriptorium in Hamersleben, Augustiner-Chorherrenstift St. Pancratius bekannt (zum Hamerslebener Skriptorium, 1170-1185, vgl. Cod. Guelf. 1075 Helmst.); dies sowie die vielfältigen Blatt- und Knospenverzierungen der Ranken lassen, ungeachtet des für 1145 im Georgenberger Skriptorium belegten Brandes, auf einen etwas späteren Enstehungszeitraum schließen (Mitte 12. Jh.). Die Produktion des Skriptoriums scheint vom Brand nicht unterbrochen und ihre Kontinuität gewährleistet worden zu sein.Beschreibung in der Handschriftendatenbank der HAB).
, Nr. 38 (Heinemann Nr.). — , 102. — , 507. — , 300. — , 116. — , 64f. (Abgekürzt zitierte Literatur
Corpus Christianorum. Series Latina, Bd. 1–, Turnhout 1954– | |
Clavis patrum Latinorum, hrsg. von E. Dekkers, Steenbrugge u.a. 31995 (Corpus Christianorum. Series Latina) | |
Corpus scriptorum ecclesiasticorum Latinorum, Bd. 1–, Wien 1866– | |
H. Härtel, Lamspringe. Ein mittelalterliches Skriptorium in einem Benediktinerinnenkloster, in: Kloster und Bildung im Mittelalter, hrsg. von N. Kruppa und J. Wilke, Göttingen 2006 (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 218 = Studien zur Germania sacra 28), 115–153 | |
Die Handschriften der Gesamthochschul-Bibliothek Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek der Stadt Kassel, Bd. 1,1: Manuscripta theologica. Die Handschriften in Folio, bearbeitet von K. Wiedemann, Wiesbaden 1994 | |
S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1) | |
R. Kurz, Die handschriftliche Überlieferung der Werke des heiligen Augustinus, Bd. 5/1: Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, Werkverzeichnis, Wien 1976 (Veröffentlichungen der Kommission zur Herausgabe des Corpus der lateinischen Kirchenväter 9 = Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte 306) | |
R. Kurz, Die handschriftliche Überlieferung der Werke des heiligen Augustinus, Bd. 5/2: Bundesrepublik Deutschland und Westberlin, Verzeichnis nach Bibliotheken, Wien 1979 (Veröffentlichungen der Kommission zur Herausgabe des Corpus der lateinischen Kirchenväter 10 = Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse, Sitzungsberichte 350) | |
Patrologiae cursus completus. Series Latina, Bd. 1–221, hrsg. von J. P. Migne, Paris 1844–1865 | |
J. Schevel, Bibliothek und Buchbestände des Augustiner-Chorherrenstifts Georgenberg bei Goslar. Ein Überblick über die Entwicklung im Mittelalter bis zur Zerstörung 1527, Wiesbaden 2015 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien 27) | |
O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3) | |
Katalog der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften, Teil 1: Cod. Guelf. 1 bis 276 Helmst., beschrieben von H. Härtel, C. Heitzmann, D. Merzbacher und B. Lesser, Wiesbaden 2012 | |
Katalog der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften, Teil 1: Cod. Guelf. 1 bis 276 Helmst., beschrieben von H. Härtel, C. Heitzmann, D. Merzbacher und B. Lesser, Wiesbaden 2012 |
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil II (12. Jh.).