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Beschreibung von Cod. Guelf. 379 Helmst.
Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil III: Cod. Guelf. 371 bis 460 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser (in Vorbereitung).

Conradus Gritsch

Papier — I, 462 Bl. — 28,5 × 20 cm — Hessen — 1473

Wasserzeichen: Buchstabe P, gebrochen, zweikonturig, gespaltener Schaft, ohne Beizeichen: WZIS DE4500-PO-107456 (1474), DE2730-PO-107417, DE8100-PO-107578, DE8100-PO-107602 (sämtlich 1471), DE8100-PO-107579 (1473), NL0360-PO-107385 (1470), DE1995-PO-107381, DE4500-PO-107408 (beide 1472), DE8100-PO-107488 (1473). Lagen: VI+1 (12)! 23 VI (288). V (298). 7 VI (382). V (392). 5 VI (452). V (462). Reklamanten, Lagenmitte jeweils durch Pergamentfalze verstärkt. Tintenfoliierung modern: 1–462, umgehängtes Vorsatzbl. ungez. Schriftraum: 21 × 13 cm, zweispaltig (Spalten jeweils 6 cm breit), 40 Zeilen. Sehr regelmäßige, saubere Bastarda von einer Hand. Im gesamten Codex Marginalien und Nota-Vermerke, zumeist der anlegenden Hand. Rubriziert, rote Lombarden. 1ra rote Initiale C über 6 Zeilen in einfacher Unzialform mit blaugrau-schwarzem Rautenmuster im Binnenfeld und konturbegleitenden Fadenranken mit Perlen- und Fibrillenbesatz.

Spätgotischer Holzdeckelband, mit gepresstem, braungefärbtem Schafsleder überzogen, berieben, auf dem VD Schwemmränder eines Wasserschadens. Streicheisenlinien. Einzelstempel Lilie, Mittelblatt rhombisch, unterer Abschluss lilienförmig (nicht nachweisbar). Weitere Einzelstempel aufgrund des Zustandes nicht mehr zuzuordnen. Vier Doppelbünde. Kapital an Kopf und Schwanz mit wechselnd roten und grünen Fäden umstochen. Zwei Riemenschließen mit Stiftlager in gespaltener Vogelkopfform, Schließenriemen und -haken verloren, Gegenbleche mit Riemenresten vorhanden. Liber catenatus, Halteöse und drehbares Zwischenglied der Kette erhalten.

Herkunft: Der Codex wurde 1473 in Hessen, möglicherweise im Raum Frankfurt/M., geschrieben. Die sorgfältige Ausstattung lässt auf einen professionellen Schreiber schließen. — Der erste nachweisbare Besitzer, Simon Wisse, war seit 1477 Vikar am Marienaltar der Burgkapelle in Hanau, wo der Codex vermutlich auch angekettet war; vgl. zu ihm F. Heck, Das Kirchenwesen der Stadt Hanau a. M. im Mittelalter. Ein Beitrag zur Geschichte der Organisation der städtischen Pfarrkirchen und Stiftskirchen, in: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde 46 (1912), 1–87, hier 48, 86 und Falttafel 2. Vermutlich vor seinem Tode 1503 schenkte Wisse die Hs. dem Benediktinerkloster St. Blasius in Northeim, Vermerk auf dem VS: Librum presentem dominus Symon in castro Hanaw beate Marie virginis altarista legavit librarie in Northem. Oretur fideliter pro eo ad dominum deum nostrum Amen. Der Codex ist erstmals in Johann Letzners Northeimer Bücherverzeichnis von 1592 als Quadragesimale fratris Johannis verzeichnet (Herbst Bibliothek Northeim, Sp. 70 Nr. 161). — Zusammen mit den übrigen Büchern des Konvents am 3.2.1624 in die Universitätsbibliothek Helmstedt überführt (Germania Benedictina 6, 379). 1644 in deren Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 9v) als Fratris Johannis Grotsch Quadragesimale unter den Theologici [MSSti] in folio nachgewiesen, auf dem VS die zugehörige Helmstedter Signatur T. 218. Im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 219 genannt.

Heinemann Nr. 344. — Lampen, 303. — Herbst Northeim, 363, 618. — A. Murith, Jean et Conrad Grütsch de Bâle. Contribution à l'histoire de la prédication franciscaine au XVme siècle, Fribourg 1940, XI, 45–47.Krämer, 608.

1ra461vb Conradus Gritsch: Quadragesimale. ›Quadragesimale fratris Johannis Grotsch ordinis fratrum Minorum doctoris eximii per totum anni spacium deserviens cum thematum ewangeliorum et epistolarum introductionibus. Incipit feliciter‹.
(1ra400va) Textus. Cum ieiunatis [Mt 6,16]. Secundum naturales aurum naturale differt ab artificiali in hoc quod naturale secundum Platearium magnas habet virtutes … — … ut Francisco cum seraphico sempiterno fruar premio Amen. Insgesamt 50 Sermones, die Karfreitagspredigt (T26) ist dreigeteilt. Nach Schneyer/Hödl: Conradus (Johannes) Gritsch OM, sind mit Initium nachweisbar: Nr. 1–52. Identisch mit dem vergl. Druck sind neben dem Text und den Rubriken die bei Schneyer fehlenden Angaben zur Fertigstellung einzelner Sermones, zusammengestellt bei Murith (s. oben), 52f., sowie die Gliederung der Sammlung: Die Predigten sind in Abschnitte eingeteilt, die in marg. mit rubrizierten Majuskeln von A bis Z gekennzeichnet sind. Diese Gliederung beginnt nicht mit jedem Sermo neu, sondern wird textübergreifend durchgeführt. Jede Abschnittsgruppe A–Z wird zusätzlich auf dem Kopfsteg der Rectoseite jedes Bl. mit einer römischen Zahl gezählt; die Predigtreihe umfaßt insgesamt 48 derartige Gruppen.
(400va425va) Themata et introductiones evangeliorum et epistularum per circulum anni. ›Registrum de ewangeliorum ac epistularum thematibus atque introductionibus tam dominicalium quam et festorum per anni circulum et primo de dominicis secundo de festis incipit feliciter. Dominica prima adventus epistola‹. Abiciamus opera tenebrarum [Rm 13,12]. Albumasar in libro suo de motibus planetarum dicit quod si corpus opacum scilicet luna inter nos et solem … — … et hoc connotando et separando IV ante Z et Vo ABC. Insgesamt 93 Stücke. Nach Schneyer/Hödl: Conradus (Johannes) Gritsch OM sind mit Initium nachweisbar: Nr. 53–143. Identisch mit dem vergl. Druck. Die am Schluss jedes Abschnittes zitierten Verweise beziehen sich auf die oben beschriebene Gliederung der Gesamtreihe. Bei Schneyer fehlen folgende Predigten:
(414rb) T40. ›Trinitatis‹. Credite in domino [II Par 20,20]. Nota introductionem et prosecutionem sermonis de sancta trinitate VIII A
(414vb) T41/5. ›De corpore Cristi‹. Accipite et manducate [Mt 26,26]. Introductionem et prosecutionem tocius sermonis de corpore Christi habes XLIX B … Auf dem Fußsteg eine rubrizierte Zusatzbemerkung: ›Item apud seculares dominica prima legitur ewangelium Homo quidam erat dives [Lc 16,19] etc.‹ Die angekündigten themata de festis finden sich unten, 458vb461vb.
(425vb455va) Tabulae pars I. Aaron virga floruit XLV S. Abel occiditur propter invidiam XXXVI T. Abiicere debemus temporalia VII K XIV D … — … Zorobabel prefert omnibus veritatem XXVIII Q. Zorobabel prefert mulierem regi XLIV Q.
(455vb458vb) Tabulae pars II. Utrum accidia sit peccatum mortale XXIII O. Utrum adversa sustinens semper mereatur XLVII V. Utrum adulatoria laus semper sit mortalis VI R … — … Ypocrita ostendens exterius quod est interius non est videlicet simulans sanctitatem quam non habet peccet mortaliter semper III B. Aus welchem Grunde das Register im Schlussabschnitt geteilt wurde, ist nicht ersichtlich. Die am Schluss jedes Lemmas zitierten Verweise beziehen sich auf die oben beschriebene Gliederung der Predigtreihe, jedoch fehlt in der Hs. die sonst dem Register vorangestellte Erläuterung.
(458vb461vb) Themata et introductiones evangeliorum et epistularum festivitatum principalium. ›Expedito primo aggrediar nunc ad secundum videlicet ad sanctorum et festivitatum principalium themata sive introductiones iuxta materiarum exigenciam applicabiles et hoc in speciali. Et ultimo aliqua subiungam themata de communibus sanctorum et hoc in generali et primo de nativitate domini‹. Lux orta est eis [Is 9,2]. Habetur in directorio de tempore post adventum … — … Petite et accipietis [Io 16,24]. Nota totum XIII B D. Insgesamt 61 Stücke. Nach Schneyer/Hödl: Conradus (Johannes) Gritsch OM sind mit Initium nachweisbar: Nr. 201–261. Weitgehend identisch mit dem vergl. Druck. (461vb) Explicit quadragesimale tripartitum rescriptum et terminatum anno domini M CCCC LXXIII [feria] secunda ante festum sancti Martini [8.11.1473] . Gehört nach Murith (s. oben, 49) zur älteren Textgruppe B. Text, Gestaltung und Ausstattung zeigen, dass der Codex den frühen gedruckten Ausgaben, wie der editio princeps (GW 11538), sehr nahe steht. Ob er von einem Druck kopiert wurde oder, wie Murith (s. oben, 46) vermutet, seinerseits als Druckvorlage gedient hat, kann hier jedoch nicht entschieden werden. Druck: GW 11538–11561 (11539 vergl.); VD16 G 3375. Literatur: Murith (s. oben), pass., bes. 38–67 (XI, 38, 45–47, 52f. Hs. genannt); Mohan, 79; Schneyer/Hödl: Conradus (Johannes) Gritsch OM (Hs. genannt); 2VL 3, 291–294; CALMA 2, 685 Nr. 3. – 462rv leer.


Abgekürzt zitierte Literatur

CALMA C.A.L.M.A. Compendium auctorum latinorum medii aevi, hrsg. von M. Lapidge u.a., Bd. 1–, Firenze 1999–
Germania Benedictina Germania Benedictina, hrsg. von der Bayerischen Benediktiner-Akademie München in Verbindung mit dem Abt-Herwegen-Institut Maria Laach, Bd. 1–, St. Ottilien 1994–
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
Heinemann O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3)
Herbst Bibliothek Northeim H. Herbst, Zur Geschichte der Bibliothek des St. Blasiusklosters zu Northeim, in: Braunschweigisches Magazin 33 Heft 5 (1927), 66–72
Herbst Northeim H. Herbst, Handschriften aus dem Benediktinerkloster Northeim, in: Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige 50 (1932), 355–377 und 611–629
Krämer S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1)
Lampen W. Lampen, Franziskanische Reisefrüchte, in: Franziskanische Studien 36 (1954), 298–305
Mohan G. E. Mohan, Initia operum Franciscalium (XIII–XV s.), St. Bonaventure/NY. 1975–1978 (Franciscan Studies 35, 37, 38)
Schneyer/Hödl CD-ROM inventory of medieval latin sermons 1350–1500 = Repertorium der lateinischen Sermones des Mittelalters von 1350–1500, nach den Vorarbeiten von J. B. Schneyer, hrsg. von L. Hödl und W. Knoch, Münster/Westf. 2001
VD16 Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des XVI. Jahrhunderts, Online-Ressource: http://gateway-bayern.bib-bvb.de/aleph-cgi/bvb_suche?sid=VD16
2VL Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Bd. 1–12, hrsg. von K. Ruh u. a., 2., völlig neu bearbeitete Aufl., Berlin, New York 1978–2005, Ergänzungsbde.: Deutscher Humanismus 1480–1520. Verfasserlexikon, Bd. 1–3, hrsg. von F. J. Worstbrock, Berlin, New York 2005–2015
WZIS Wasserzeichen-Informationssystem. Landesarchiv Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart (http://www.wasserzeichen-online.de/wzis/index.php)

Korrekturen, Ergänzungen:
  • Manuscripta Mediaevalia Objektnummer hinzugefügt (schassan, 2019-08-20)
  • Normdaten ergänzt bzw. korrigiert. (schassan, 2015-09-04)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil II.
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