Cassiodorus, Commentarius in psalmos 1–50
Weißenburg, Benediktinerkloster — um 825
Provenienz: 1v Signaturenbuchstabe des Benediktinerklosters Weißenburg: .C. (14. Jh.). Die Handschrift gelangte über Heinrich Julius von Blum 1690 in den Besitz des Herzogs Anton Ulrich von Braunschweig ( 52; , 3–18).
Pergament — 274 Bl. — 37 × 22,5 cm
Lagen: III+1 (7). 10 IV (87). III+1 (94). 3 IV (118). II 120. IV (128). II (132). 8 IV (196). III (202). 9 IV (274). Falz der letzten Lage mit einem Pergamentstreifen befestigt. Dieser stammt aus einem Brevier des 11. Jh. (weiteres Einbandmaterial aus diesem in folgenden Wolfenbütteler Handschriften: 6 Weiss., 12 Weiss., 21 Weiss., 56 Weiss. und 62 Weiss. (vgl. hierzu , 99.). Moderne Tintenfoliierung. Schriftraum: 28 × 16 cm, einspaltig, 31 Zeilen. Karolingische Minuskel von mehreren Händen. Nach Butzmann geschrieben von einem Weißenburger Schreiber im Übergangsstil zur sogenannten Waldmann-Gruppe; zugehörige Handschriften: 62 Weiss., 63 Weiss., 10.11 Aug. 4°, 46 Weiss., 20 Weiss., 37 Weiss und 19 Weiss. (vgl. , 46–50). Randmarginalien zum Text gehörig (von zeitgleicher Hand Schaffhausen, StB, Min. 78). Hervorgehobene Textanfänge in roter Capitalis oder Capitalis Rustica. Kapitelanfängen im Text in roter Unziale. Absätze im Text hervorgehoben mit roten oder tintenfarbigen Buchstaben, wobei der erste teils farbig hinterlegt (vgl. 24r). An den Rändern Randmarginalien von zeitgleicher Hand (9. Jh., vgl. , 98). Zu den Kapitelanfängen zahlreiche kleine Initialen
Hellbrauner Schafsledereinband (1689 - Pertz und Wiedemann/Wolfenbüttel).
INHALT
Commentarius in psalmos. Ps 1–50 ( 70, 9–372; 97, 27–471). Die zugehörigen Bände unter Weiss. 14 (Teil 3: Ps 101–150) und Weiss. 24 (Teil 2: Ps 51–100).
:AUSSTATTUNG
Zahlreiche kleine Initialen.Initialen: Im Text kleine Initialen zu den Kapitelanfängen (1–4 cm). Ausgeführt in brauner Tinte oder in Rot (als Federinitialen), oder als Hohlbuchstaben, teils farbig gefüllt. Als Füllmotive Viererblüten (28v, 133v), ausgesparte Schlangen ohne Kopf (11v, 63v) und ein Zickzackband ( 63r). Im Besatz als Serifenendung eine kleine naturalistisch wiedergegebene Knospe (60v), einfarbige oder gekernte Halbpalmetten mit konturierten Lappungen (32v, 74v, 118v), an Fäden hängende Kleeblätter (13v, 132v, 133v, 141v) oder ein Herzblatt (36v). Die Serifen leicht dreiecksförmig erweitert (220v).
Farben: Eingeschränkte Farbskala mit Grün, Rostrot und Orange.
STIL UND EINORDNUNG
Die Handschrift bildet als 1. Band zusammen mit 14 Weiss. (Teil 3) und 24 Weiss. (Teil 2) die dreibändige Ausgabe des Wolfenbütteler Cassiodors. Obwohl inhaltlich der erste Band des Kommentars, dürfte die Handschrift als letzte der drei entstanden sein (Datierung nach Bischoff , 1. Viertel 9. Jh.). Nach , 98 bildet sie den Übergang zur Waldmann-Gruppe. Ihre Schrift ist jünger als die von 14 Weiss. und 24 Weiss. Der Buchschmuck unterscheidet sich grundsätzlich von 14 Weiss. und 24 Weiss. und verweist in die Zeit um 825. In den Handschriften, die Butzmann dem Schreiber Waldmann zugeordnet hat und die um 825, bzw. bereits im 2. Viertel des 9. Jahrhunderts entstanden sind (zur Gruppe vgl. 61 Weiss.), finden sich folgende Füll- und Besatzmotive: das Schlangenmotiv (4 Weiss., 11v; vgl. 19 Weiss., 3r und 49 Weiss., 11v), die Federinitiale mit Palmette (74v; vgl. 63 Weiss., 10v; 46 Weiss., 170v; 49 Weiss., 101r; 22 Weiss., 197v; 66 Weiss., 7v und 60 Weiss., 78r). Aus der Zeit kurz davor, also aus dem 1. Drittel bzw. 2. Jahrzehnt bis um 825, sind es die Handschriften 3 Weiss., 67 Weiss. und 49 Weiss., die mit angehängten Kleebättern (4 Weiss., 133v; vgl. 49 Weiss., 1v), dem Zickzackband (63r, vgl. 3 Weiss., 92v) und den erweiterten Serifen (220v, vgl. 67 Weiss., 60v) Parallelen zeigen. Insbesondere der naturalistische gemalte Vogel aus 3 Weiss. (116v) findet im Stil seine Entsprechung in der Blüte auf 60v. Die von Butzmann erfolgte Einordnung der Handschrift 4 Weiss. in die Anfangs- oder Übergangszeit zur Waldmann-Schule, deren Beginn um 825 angesetzt werden kann, lässt sich somit kunsthistorisch bestätigen., 48, Nr. 92–94. — , Nr. 4088 (Heinemann Nr.). — , 707. — , 98. — , Bd. 1,1.2, 824. — , Bd. 3, 307. — , 129. — , 90, 113, 115. — , Nr. 7367. — , 72f., Abb. 4, Farbabb. 5. — , 361, 363f., 369.
Abgekürzt zitierte Literatur
G. Becker, Catalogi bibliothecarum antiqui, Hildesheim, New York 1885, ND Hildesheim, Bonn 1973 | |
B. Bischoff, Katalog der festländischen Handschriften des neunten Jahrhunderts (mit Ausnahme der wisigotischen), Teil 3: Padua–Zwickau, aus dem Nachlass hrsg. von B. Ebersperger, Wiesbaden 2014 | |
B. Bischoff, Mittelalterliche Studien. Ausgewählte Aufsätze zur Schriftkunde und Literaturgeschichte, 3 Bde., Stuttgart 1966/1967/1981 | |
H. Butzmann, Die Weissenburger Handschriften, Frankfurt/M. 1964 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die Neue Reihe 10) | |
Corpus Christianorum. Series Latina, Bd. 1–, Turnhout 1954– | |
E. Hellgardt, Die exegetischen Quellen von Otfrids Evangelienbuch. Beiträge zu ihrer Ermittlung, Tübingen 1981 (Hermaea; N.F. 41) | |
W. Kleiber, Otfrid von Weißenburg. Untersuchungen zur handschriftlichen Überlieferung und Studien zum Aufbau des Evangelienbuches, Bern/München 1971 (Bibliotheca Germanica 14) | |
S. Krämer, Handschriftenerbe des deutschen Mittelalters, Bd. 1–3, München 1989–1990 (Mittelalterliche Bibliothekskataloge Deutschlands und der Schweiz. Ergänzungsband 1) | |
E. Lesne, Histoire de la proprieté ecclésiastique en France, Lille 1938 | |
Patrologiae cursus completus. Series Latina, Bd. 1–221, hrsg. von J. P. Migne, Paris 1844–1865 | |
M. Teeuwen, Die Ränder der Handschrift als Spiegel des mittelalterlichen Geistes. Die karolingische Zeit, in: | , 61-77|
S. Westphal, Karolingische Buchmalerei aus dem elsässischen Kloster Weißenburg, in: Die Handschriften der Hofschule Karls des Großen. Individuelle Gestalt und Europäisches Kulturerbe, Tagung Trier 2018, Trier 2019, 357–391 | |
Liste der von H. J. Blum im Jahre 1673 der Wiener Hofbibliothek angebotenen Handschriften meist Weissenburger Herkunft, in: T. Gottlieb, Die Weissenburger Handschriften in Wolfenbüttel, Wien 1910 (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse 163,6) | |
Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 3: Die Weissenburger Handschriften, beschrieben von O. von Heinemann, in: Die Handschriften der Herzoglichen Bibliothek zu Wolfenbüttel, Abt. 2 Teil 5, Wolfenbüttel 1903, 268–443 |
Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil I (6.–11. Jh.).