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Beschreibung von Cod. Guelf. 43 Helmst.
Die illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil II: 12. Jahrhundert, beschrieben von Stefanie Westphal (in Bearbeitung)

Titus Livius, Ab urbe condita

Corvey — 12. Jh., 2. Viertel

Provenienz: 1r alte Helmstedter Signatur Misc. 3. 138r Kolophon: Littera syllaba dictio clausula pagina puncta. Vite, laborata per Adulfum sint tibi grata. Die Handschrift stammt nicht aus der Bibliothek des Flacius Illyricus, wie von Heinemann und Hartmann angenommen. Zusammen mit Cod. Guelf. 49 Helmst. erhielt Herzog Julius von Braunschweig-Lüneburg die Handschrift zu einem unbekannten Zeitpunkt vor 1588; vermutlich als Geschenk von dem Corveyer Abt Reiner von Bocholtz (1555–1585). 1588 von Elias Bodenburgk unter den Pergamenthandschriften der Hofbibliothek (NLA – StA Wolfenbüttel, 1 Alt 22, 83, 22r–35v, hier 23r) als: Titus Livius uf Pergamen geschrieben und in dicke bretter eingebunden verzeichnet. 1614 im Gesamtkatalog von Liborius Otho (Cod. Guelf. A Extrav., p. 105 [101]) unter den Libri Historici als Titi Livii libri decem manuscripti in membranis mit der Signatur G 6 nachgewiesen. Seit 1618 in der Universitätsbibliothek Helmstedt, 1644 im Helmstedter Handschriftenkatalog (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 29r) als Titi Livii Decas prima. In membrana unter den Miscellanei MSSti in folio beschrieben; auf dem Kopfsteg des VS die entsprechende Helmstedter Signatur Misc. 3. Im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 255 genannt.

Pergament — 138 Bl. — 35,5 × 24,7 cm

Lagen: 9 IV (72). IV-2 (78). 4 III (102). 4 IV (134). II (138). Lagenbezeichnungen auf der letzten Versoseite der Lage: .I. (8v) - .III. (32v). Moderne Tintenfoliierung. Schriftraum: 28 × 20 cm, zweispaltig, 41 Zeilen. Carolino-Gothica von mehreren Händen mit einer Haupthand. Hoffmann unterscheidet: Hand A: Haupthand - der im Kolophon genannte Corveyer Schreiber/Mönch Adulfus; Hand B: 1vb, Z. 22-Z. 40, 3va, Z. 12-29, 16rb, Z. 1-8, 17ra, Z. 9-15; Hand C: 43rb, Z.17-21, 27-28; 43va, Z. 17-21, 59ra, Z. 7-14; Hand D: 58va, Z. 1-14, 61ra, Z. 38-61rb, Z. 8; 73vb, Z. 1-20. Gleiche Hand wie Hand A auch in Münster, StA, Mscr. I 132 (Hand P) und Cod. Guelf. 49 Helmst. (Hand A) (Hoffmann Buchkunst, 56-57). Rubrizierte Buchüberschrift in Capitalis und rubrizierte Buchanfänge im Text. Gelegentlich Notazeichen am Rand.

Halbledereinband aus der Helmstedter Buchbindewerkstatt von Anton Friedrich Wirck (zwischen 1763 und 1783; vgl auch Cod. Guelf. 49 Helmst.).

INHALT

1r-138ra Titus Livius: Ab urbe condita (Liber I-X; zum Text vgl. Wolfenbüttel Helmst. 1., 82-83., M. D. Reeve, The place of P in the Stemma of Livy, in: Medieval manuscripts of the Latin Classics, Production and Use, Proceedings of the Seminar in the History of the Book to 1500, Leiden 1993, hrsg. von C. A. Chavannes-Mazel und M. M. Smith, Los Altos Hills, Calif. 1996, 83f.).

AUSSTATTUNG

Zahlreiche Silhouetteninitialen. Eine Spaltleisteninitiale.

Silhouetteninitialen: Zum Textbeginn und zu einzelnen Textabschnitten 4-12 zeilige Initialmajuskeln in roter Federzeichnung. Initialstämme mit Punktverdickungen und Knospenendungen (vgl. 16r, 31v). Der Silhouettendekor mit keulenförmig stilisierten Blattformen (auf 1v auch als Füllmotiv). 1v mit schaftbegleitendem, frühem Palmettenfleuronnée (später, im frühen 13. Jh. hinzugefügt). Dieses mit gekernten Palmetten und an Fäden hängenden Blättchen. Auf 1r eine Spaltleisteninitiale mit üppigem, bewegten, aus dem Initialstamm unten entspringenden ein spiralförmig angelegter Rankenverlauf. An dessen Enden häufig ein dreiteiliges Motiv mit Mittelblatt (mit angedeuteter Tropfenverzierung), flankiert von einem eingerollten und einem lappigen Blatt; größere Blätter als umgeschlagene, zungenförmige Profilblätter. Die Rücken der Blätter schraffiert, Blattenden mit halbkreisförmigen Kernen. Die Verläufe mit kleinen gestauchten Triebansätzen, der Initialstamm mit Stufenband, die Initialstammenden mit umgeschlagenen Blattappliken. 10,5 cm.

Farben: Initiale und Initialmajuskeln mit roter Feder gezeichnet. Auf 1r zusätzlich Grün als Füllfarbe.

STIL UND EINORDNUNG

Der im Kolophon genannte Adulfus ist als Mönch in Corvey im Zeitraum von 1110/1115-1160 belegt und hat nachweislich bereits beginnend unter Abt Erkenbert (1107-1128) und unter Abt Adalbero (1138-1143) geschrieben (Hoffmann Buchkunst, 56-57). Während in Corvey für die ottonische Zeit ein qualitativ hochwertig arbeitendes Skriptorium nachzuweisen ist, reduziert sich die Buchproduktion im 11. Jahrhundert nachweislich. Aus der zweiten Hälfte des 11. und den ersten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts (Zeit der Äbte Markward - 1081-1107 und Erkenbert - 1107-1128) und sind ausschließlich Urkunden und keine Handschriften erhalten (Hoffmann Buchkunst, 127-129; Hoffmann Helmarshausen, 48-51 ). Codices und Urkunden, die im anschließenden Zeitraum entstanden sind, stellt Hoffman in den Zeitraum 1120-1145 mit der Bezeichnung Die Zeit vor Wibald (gemeint ist der Corveyer Abt Wibald von Stablo, amt. 1130-1158) zusammen. Zu ihnen gehören neben den beiden Wolfenbüttler Codices Cod. Guelf. 49 Helmst. und Cod. Guelf. 43 Helmst., die Münsteraner Urkunden Münster, StA, Mscr. I 132 und Münster, StA, Mscr. I 243. Die Ausstattung der beiden Wolfenbüttler Handschriften weist in der Initialgestaltung übereinstimmende Merkmale auf (insbesondere die aus dem unteren Ende des Initialstamms entspringende, aufsteigende Spiralranke, vgl. Cod. Guelf. 49 Helmst., 53r und Cod. Guelf. 43 Helmst., 1r). Der Silhouettendekor der Initialmajuskeln, mit den auffallend keulenförmigen Blättern hat seine Parallele in der Ausstattung einer vermutlich ebenfalls in Corvey um 1158 entstandenen Ciceroabschrift (Berlin, SBBPK, Ms. theol. lat. fol. 252, Corvey (?), um 1158; Fingernagel Ill. Hss. 8.–12. Jh., Kat. Nr. 5, Abb. 12-14). Für die Spaltleisteninitiale gibt ein Evangeliar, heute in Uppsala, einen guten Vergleich (Uppsala, UB, Ms. C 83, 18r; M. Andersson-Schmitt, und M. Hedlund, Mittelalterliche Handschriften der Universitätsbibliothek Uppsala. Katalog über die C-Sammlung, Bd. 2, C51-200, Stockholm 1989, 102-103; A. Boeckler, Corveyer Buchmalerei unter Einwirkung Wibalds von Stablo, in: Westfälische Studien. Beiträge zur Geschichte der Wissenschaft, Kunst und Literatur in Westfalen. Festschrift für Alois Bömer zum 60 Geburtstag, Leipzig 1928, 133-147, Abb. 7). Es zeigt eine auffallend ähnliche Initialstammgestaltung und besitzt Parallelen im Blattbesatz. Hierbei ist zu beachten, dass die Abgrenzung der Corveyer Buchmalerei des 12. Jh. zur Helmarshausener Buchmalerei derselben Zeitspanne noch Gegenstand der Diskussion ist. Während Boeckler die Handschrift aus Uppsala Corvey zuschrieb, wird diese in der neueren Literatur nach Helmarshausen gegeben und in die Zeit um 1140 datiert.

Wolfenbüttel Helmst., Nr. 48 (Heinemann Nr.). — Wolfenbüttel Helmst. 1, 82-83 (Beschreibung in der Handschriftendatenbank der HAB). — Hoffmann Helmarshausen, 53f., 56f., 87. — P. Carmassi, Mittelalterliche Skriptorien in Halberstadt? Das Zeugnis der Handschriften, In: Schriftkultur und religiöse Zentren im norddeutschen Raum, hrsg. von P. Carmassi, E. Schlotheuber und A. Breitenbach, Wiesbaden 2014 (Wolfenbütteler Mittelalter-Studien, Bd. 24), 269-325, hier 270 Anm. 3.


Abgekürzt zitierte Literatur

Fingernagel Ill. Hss. 8.–12. Jh. Die illuminierten lateinischen Handschriften deutscher Provenienz der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz Berlin: 8.–12. Jahrhundert, beschrieben von A. Fingernagel, Teil 1: Textband, Teil 2: Abbildungen, Wiesbaden 1991 (Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz. Kataloge der Handschriftenabteilung, Reihe 3: Illuminierte Handschriften 1)
Hoffmann Buchkunst H. Hoffmann, Buchkunst und Königtum im ottonischen und frühsalischen Reich, Textbd., Stuttgart 1986 (MGH Schriften 30,1)
Hoffmann Helmarshausen H. Hoffmann, Bücher und Urkunden aus Helmarshausen und Corvey, Hannover 1992 (MGH Studien und Texte 4)
Wolfenbüttel Helmst. O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3)
Wolfenbüttel Helmst. 1 Katalog der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften, Teil 1: Cod. Guelf. 1 bis 276 Helmst., beschrieben von H. Härtel, C. Heitzmann, D. Merzbacher, B. Lesser, Wiesbaden 2012

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel Teil II (12. Jh.).
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