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Beschreibung von Cod. Guelf. 485 Helmst.
geplant: Die mittelalterlichen Helmstedter Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil IV: Cod. Guelf. 462 bis 615 Helmst., beschrieben von Bertram Lesser.
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Programms Erschließung und Digitalisierung handschriftlicher und gedruckter Überlieferung

Antiphonale officii

Pergament — 169 Bl. — 26,5 × 20 cm — Helmstedt, Augustiner-Chorfrauenstift Marienberg — 14. Jh., 4. Viertel

Lagen: V+2 (12). 10 V (112). IV (120). 2 V (140). 3 IV (164). II+1 (169). Kustoden in Minuskeln auf dem Fußsteg der letzten Versoseite der Lagen, meist durch Beschnitt verloren, erhalten nach der ersten a) und zweiten (b) Lage. Bleistiftfoliierung modern: 1169, VS und HS mitgez. An den Seitensteg von Bl. 21v angenähter trapezförmiger Schaltzettel aus Pergament, misst ca. 6–10,5 x 15 cm. Schriftraum: 20 × 14,5 cm, einspaltig, 9 Zeilen. Haupttext (3r167v) von einer Hand in sehr regelmäßiger Textualis; Nachträge (168rv sowie und mehrfach in marg. und auf Rasuren) von mehreren gleichzeitigen und späteren Händen, meist ebenfalls in Textualis. Über jeder Textzeile ein vierliniges Notensystem, f-Linie rot, c-Linie gelb, c- und f-Schlüssel, mit gotischer Choralnotation, an vielen Stellen radiert und von späterer Hand korrigiert. Rubriziert, am Beginn der einzelnen Antiphonen, Responsorien und Versikel abwechselnd rote Lombarden (bei den Laudesantiphonen vergrößert) und sorgfältig gezeichnete rot-schwarze cadellenartige Satzmajuskeln mit filigranen Ornamenten als Konturbegleitung oder im Binnenfeld. Am Beginn des Textes (3r) qualitätvolle Fleuronnéeinitiale V in Unzialform über je zwei Text- und Notenzeilen, Buchstabenkörper von Blau und Gold im Kopfstempelschnitt geteilt, mit rotem konturbegleitendem Fleuronnée aus parallelen Fadenbündeln mit Besatz aus gereihten Perlen und Fibrillen Das Binnenfeld ist mit roten Spiralen aus mehreren parallelen Fadenranken gefüllt, die in zwei Blätter auslaufen. Vgl. zum Buchschmuck auch Cod. Guelf. 483.1 Helmst.

Spätgotischer Holzdeckelband, mit braungefärbtem Schafsleder überzogen, stark berieben. Streicheisenlinien. Einzelstempel Blatt, mehrteilig, gefiedert: EBDB s000477 . Lilie, Mittelblatt rhombisch, unterer Abschluss lilienförmig: EBDB s002236. Rosette, ein Blattkranz fünfblättrig: EBDB s007699, s007820. Stern, sechsstrahlig: EBDB s009002, s009012. Sämtlich der bislang nicht näher lokalisierten Werkstatt "Streu-Stempel Aug. 83.2" (EBDB w000372) zugeordnet. Vier Doppelbünde. Zwei Langriemenschließen bis auf Gegenbleche mit Riemenresten verloren, Dornen auf dem VD einschließlich der herzförmigen Lager entfernt.

Fragmente, 1. VS, als Bl. 1 gez.: Pergament, ein Doppelbl., 26,5 × 18 cm, längs eingeklebt. Schriftraum: 16 × 5 cm, einspaltig, 33 Zeilen. Textualis, 13. Jh., 2. Hälfte. Rubriziert. Eberhardus Bethuniensis: Graecismus. Erhalten sind cap. XIV, v. 34–66 und cap. XVI, v. 86–119. Druck: Graecismus, 145–147 und 167f. Zum Text vgl. ausführlich Cod. Guelf. 539 Helmst.; E. Henrici, Funde in Braunschweigs Bibliotheken und Archiven VII: Nonnnengelübde aus Wöltingerode, in: Braunschweigisches Magazin 14 (1908), 57 (Anm. 1 Hs. genannt). — 2. HS, als Bl. 169 gez.: Pergament, ein Bl., 26,5 × 18 cm. Schriftraum identisch, einspaltig, noch 11 Zeilen. Über jeder Textzeile ein Notensystem aus vier Linien, f-Linie rot, mit Schlüssel, Mischform aus Metzer und gotischer Choralnotation. Rubriziert, rote Satzmajuskeln in Unzialform und schwarz-rote Cadellen, ähnlich wie im Haupttext der Hs. selbst, aber schlichter und weniger sorgfältig. Textualis, um 1300. Antiphonale officii. Erhalten ist eine Reihe von Invitatorialpsalmen zur Fastenzeit: CANTUS 909030a909030d .

Herkunft: Die Hs. wurde im letzten Viertel des 14. Jh. geschrieben. Da Text und Ausstattung mit den sicher in das Augustiner-Chorfrauenstift Marienberg bei Helmstedt lokalisierten Hss. Cod. Guelf. 483.1 Helmst. und 310 Novi übereinstimmen, ist die Schriftheimat dieser Hs. sicher auch dort zu suchen. Nach der Einführung der Windesheimer Reform ab dem Jahre 1462 wurde der Codex im Gegensatz zu anderen älteren Marienberger Liturgica (vgl. etwa Cod. Guelf. 501 Helmst.) aktualisiert und korrigiert. — Der Codex wurde am 15.4.1572 mit einem Teil der Buchbestände des Stifts in die Wolfenbütteler Hofbibliothek transferiert; im 1614 angefertigten Gesamtkatalog von Liborius Otho ist er unter den nur sehr summarisch erfassten Liturgica nicht eindeutig identifizierbar. 1618 aus Wolfenbüttel nach Helmstedt überführt, 1644 im Katalog der Helmstedter Universitätsbibliothek (Cod. Guelf. 27.2 Aug. 2°, 8r) als Ein Chorall buch hebett sich an: Venite exultemus Domino [!] unter den Theologici MSSti in folio nachgewiesen; 2r die zugehörige Helmstedter Signatur T. 145. Im Handschriftenverzeichnis von 1797 (BA III, 52) unter Nr. 649 aufgeführt.

Heinemann Nr. 522. — R. Amstutz, Ludus de decem virginibus. Recovery of the sung liturgical core of the Thuringian Zehnjungfrauenspiel, Toronto 2002 (Pontifical Institute of Mediaeval Studies. Studies and Texts 140), XVII, 311, 313f., 331 sowie Fiche 32 und 33 (Sigle AHelm.485).

1r–v Fragment (s. oben), 2r–v leer.

3r168v Antiphonale officii Halberstadense (pars hiemalis).
(3r127v) Proprium de tempore. ›Antiphone super psalmos‹. Veni domine visitare nos in pace ut letemur coram te corde perfecto (CAO 5321) … — … Mulieres sedentes ad monumentum lamentabantur flentes dominum Evovae (CAO 3826). Kyrieeleison. Enthält die Invitatorien, Antiphonen, Responsorien, Versikel und die Initien der Psalmen und Hymnen (letztere nicht notiert) der Sonn- und Ferialtage und der Herrenfeste von Dominica I adventus bis zur Vigilia resurrectionis domini sowie, jeweils an der entsprechenden Stelle eingefügt, die Heiligenfeste zwischen Weihnachten und Circumcisio domini – Stephanus (26.12.), Johannes Evangelista (27.12.) und Innocentes (28.12.) – mit ihren Oktaven. Im einzelnen: (3r7v) Dominica I adventus mit Ferialtagen, (7v11r) ›Dominica II‹ mit den Antiphonen der Ferialtage, (11r20r) ›Dominica III‹ mit Ferialtagen, (20r24r) Dominica IV adventus domini mit Ferialtagen, dazu 22v23v die 7 Antiphonae maiores (O-Antiphonen, CAO 4081, 3988, 4075, 4010, 4050, 4078, 4025, auf dem Fußsteg von 22v–23r von späterer Hand mit Notation nachgetragen CAO 4080), (24r32v) In vigilia nativitatis domini nostri mit Offizium der Geburt Christi, (32v36r) In festo sancti Stephani protomartyris (32v die das Offizum einleitende Psalmenantiphon CAO 5025 nach Einführung der Windesheimer Reform ausradiert, in deren Brevier sie fehlt, vgl. GW 5243, CC IVvb), (36r40r) ›De sancto Johanne apostolo‹, (40r43r) ›De Innocentibus‹ (42rv auf dem Kopf- und Fußsteg die notierten Antiphonen CAO 3602, 4966 mit dem Vermerk quarta in secundas vesperas, 1364 in secundis vesperis gemäß dem Usus der Windesheimer Reform eingefügt, vgl. GW 5243, DD IIIva), (43r46v) Dominica infra octavam nativitatis domini, (46v48r) In vigilia circumcisionis domini, (48r50r) ›In octava sancti Stephani‹, (50r51v) ›In octava sancti Johannis‹, (51v57r) In vigilia epiphaniae domini mit den Antiphonen ›per ebdomadam‹, (57r71v) ›Dominica infra octavam [epiphaniae domini]‹ mit den Offizien für die Wochentage und den veränderlichen Antiphonen für Dominica II–V post epiphaniam domini (57rv die das Offizium einleitende Psalmenantiphon CAO 2006 nach Einführung der Windesheimer Reform ausradiert, in deren Brevier sie fehlt, vgl. GW 5243, FF Iva, 59v wurde die Magnificat-Antiphon CAO 4255 im Offizium der Dominica I post octavam epiphaniae mit Ausnahme der Satzmajuskel ausradiert und durch die den Windesheimer Gebräuchen entsprechende Antiphon CANTUS 200744 ersetzt, vgl. GW 5243, FF IIvb, 71r wurde die Antiphon CAO 2363 im Offizium der Dominica IV post octavam epiphaniae ebenfalls ausradiert. (71v75r) Dominica in LXX mit den Antiphonen per ebdomadam, (75v79r) Dominica in LX, (79r82r) Dominica in L mit den Antiphonen für feria II und III, (82rv) ›In capite ieiunii‹ mit den Antiphonen für feria V bis Sabbato, (82v87v) ›Dominica prima in quadragesima‹ mit Ferialtagen, (87v91v) ›Dominica II [quadragesimae]‹ mit Ferialtagen, (91v97r) ›Dominica III [quadragesimae]‹ mit Ferialtagen, (97r102v) ›Dominica IIII [quadragesimae]‹ mit Ferialtagen, (102v108v) ›[Dominica] in passione domini‹ mit Ferialtagen, (108v116v) ›Dominica in palmis‹ mit feria I–IV, (116v121r) ›Feria V [in coena domini]‹, (121r–124v) Feria VI in parasceve, (124v127v) ›Sabbato [sancto]‹.
(127v168v) Proprium de sanctis. Enthält die Invitatorien, Antiphonen, Responsorien und Versikel, außerdem die unnotierten Initien der Psalmen und Hymnen und die erläuternden Rubriken zu den Heiligenfesten von sancti Nicolai (6.12.) bis Annuntiationis BMV (25.3.). Im einzelnen sind enthalten: (128r132v) ›De sancto episcopo Nicolao‹. (132v133v) Officium in festo conceptionis BMV. ›In festo sancte Marie‹. (133v135r) Officium in festo sanctae Luciae virginis. (135rv) ›Thome apostoli‹. (135v139v) ›De sancto Sebastiano‹. (139v146r) Officium in festo sanctae Agnetis virginis. Mit den Antiphonen in octava. (146r) ›De sancto Epiphanio‹. (146rv) ›In conversione sancti Pauli‹. (146v151r) ›In vigilia purificationis Marie‹. (151r154v) ›De sancta Agatha‹. (155r) ›In cathedra sancti Petri apostoli‹. (155r159r) ›De sancto Mathia‹. (159r163v) ›De sancto Gregorio‹. (163v167v) ›In annunciacione sancte Marie virginis‹. (168r) Officium in festo sancti Ludgeri episcopi. Vgl. die Parallelüberlieferung in Cod. Guelf. 483.1 Helmst., 124v–125r. Hier fehlt am Schluss die Antiphon CANTUS 206677 (168v) Antiphonae suppletae. Der von einer Hand des späten 15. Jh.s hinzugefügte Nachtrag enthält die Antiphonen CAO 2526 und 3857 in nativitate domini sowie CAO 3351, 1400 und CANTUS 202891 in nativitate Innocentum gemäß dem Usus der Windesheimer Reform, vgl. GW 5243, CC IVva sowie DD IIra–b. Zur Parallelüberlieferung vgl. bei Cod. Guelf. 483.1 Helmst.

169r Fragment (s. oben).


Abgekürzt zitierte Literatur

CANTUS CANTUS: A Database for Latin Ecclesiastical Chant. Indices of chants in selected manuscripts and early printed sources of the liturgical Office (http://cantus.uwaterloo.ca//)
CAO R.-J. Hesbert, Corpus antiphonalium officii, Bd. 1–6, Rom 1963–1979 (Rerum ecclesiasticarum documenta. Series maior 7–12)
EBDB Einbanddatenbank (http://www.hist-einband.de/, besonders die Sammlung Wolfenbüttel)
Graecismus Eberhardi Bethuniensis Graecismus. Ad fidem librorum manu scriptorum recensuit lectionum uvarietatem adiecit indices locupletissimos et imaginem codicis Melicensis photolithographicam addidit J. Wrobel, Breslau 1887 (Corpus grammaticorum medii aevi 1)
GW Gesamtkatalog der Wiegendrucke, Bd. 1–, Leipzig 1925–1938, Stuttgart 1978–
Heinemann O. von Heinemann, Die Helmstedter Handschriften, Bd. 1–3, Wolfenbüttel 1884–1888, ND Frankfurt/M. 1963–1965 (Kataloge der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Die alte Reihe 1–3)

Korrekturen, Ergänzungen:
  • Manuscripta Mediaevalia Objektnummer hinzugefügt (schassan, 2019-08-20)

Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes Katalogisierung der mittelalterlichen Helmstedter Handschriften Teil III.
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