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Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel (Copyright Information
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Beschreibung erstellt im Rahmen des Projektes
Aus fünf Teilen zusammengesetzt: I
Der gesamte Codex wurde bei der Neubindung an den Rändern um z. T. mehrere Zentimeter beschnitten, daher vor allem im marginalen Kommentar sowie in den Rubriken und Seitentiteln, an einigen Stellen sogar im Haupttext Textverlust.
Renaissanceeinband (Mitte 16. Jh.) aus dünnen, mit Pergamentmakulatur (siehe unten) überzogenen Buchenholzdeckeln ohne Beschläge. 3 Doppelbünde, Kapitalbünde verloren, der Rückenüberzug fehlt fast völlig.
Auf Bl.
. Wann und auf welchem Wege die Teile der Hs. in seinen Besitz gelangten, ist unbekannt. Er muss sie jedoch mindestens seit 1550 besessen haben, denn nach den Inhaltsangaben auf dem Kopfsteg von 1. Physica Aristotelis (ni fallor) 2. Epistolæ Friderici II Imperatoris editæ per Petrum de Vineis
) – die von der gleichen Hand wie in Cod. Guelf. 442 Helmst., 1r, und damit von einem Mitarbeiter oder Schreiber der "Magdeburger Centurien" stammen – hatte Flacius seinen Codex den Centuriatoren zur Auswertung zur Verfügung gestellt. Inhalt und Einband lassen den Schluss zu, dass die Teile der Hs. in Norddeutschland (Magdeburg?) für Flacius in den gegenwärtigen Überlieferungsverbund gebracht wurden (vgl. auch Cod. Guelf. 488 Helmst.).
Zusammen mit der übrigen Bibliothek des Matthias Flacius am 3
der separat eingeordneten In Fasciculo colligati libri
(Briefsammlungsbände aus der Bibliotheca Flaciana) folgendermaßen verzeichnet: Physica Aristotelis. Ibidem Epistolæ Friderici secundi Imperatoris editæ per Petrum de Vineis.
— Miscellanei MSS
als ti in quartoPhysica Aristotelis, Latinè, in membrana. Epistolæ Friderici II Imperatoris in membrana
beschrieben, auf dem Fußsteg von Misc. 4
. Im Handschriftenverzeichnis von to 5560
beschrieben.
Das Einzelbl. (auf der Versoseite Lagenzählung VI
) bildete vermutlich den Teil einer ehemaligen Vorsatzkonstruktion, im 16. Jh. um die erste Lage gelegt und mitgeheftet.
Sorgfältige, stark abgekürzte Semitextualis von einer Hand.
Nach Ausweis der paläographischen Merkmale wurde der Codex, aus dem das Bl. stammt, im letzten Viertel des 13. Jh. in Frankreich geschrieben. Zur Datierung und Lokalisierung wurden die im gleichen Zeitraum entstandenen Codices Paris, BN, lat. 15349 und Paris, BN, lat. 15796 (dazu Frankreich
3, 415 mit Taf. LIX und 441 mit Taf. LX
Die beiden Einzelbl. (möglicherweise ursprünglich ein Doppelbl.?) gehörten zu einer ehemaligen Vorsatzkonstruktion (vorderes und hinteres Vorsatz), im 16. Jh. an der ersten bzw. letzten Lage befestigt.
Regelmäßige Textualis von einer Hand.
Qüber 4 Zeilen: Auf quadratischem blauem Grund, konturiert mit feinen weißen Dreipässen, mit schmalem Blattgoldrahmen liegt der rosa-bräunliche Buchstabenköper, der im Binnenfeld mit symmetrischen blauen, weiß gehöhten Ranken, die in rote bzw. weiße Profilblätter bzw. Halbpalmetten auslaufen. Als Cauda dient ein blauer, zweifüßiger Drache (Lindwurm) mit rosafarbenem Kopf und Flügeln, der sich in den Buchstabenkörper verbeißt und aus einem dunkelrosa Grund steht. Sein zum Rankenfortsatz verlängerter Schwanz endet in einem vierblättrigen Kleeblatt, dessen Teile golden, violett, grün und rosa gefärbt sind.
Schrift und Initialstil weisen auf eine Entstehung des Codex, aus dem die Fragmente stammen, im nordfranzösischen Raum (Paris bzw. Île-de-France) zwischen 1240 und 1260 hin.
In isto tractatu perscrutatur de speciebus entis de quibus intendimus perscrutari in hac scientia
quod intendit dicere de istis incepit in hoc tractatu dicere.Dieser Zusatz auch in Cod. Guelf. 1105 Helmst., 313r.
septentrio,
meridies,
subsolanusund
favonius) eingetragen. Den inneren Kreis umgeben vier zu einem Quadrat angeordnete Tangenten, die bis zum äußeren Kreis reichen; die 12 Schnittpunkte aller Geraden mit dem Außenkreis sind durch 12 Buchstaben gekennzeichnet, die jedoch nur teilweise den Bezeichnungen im Text entsprechen. In die Kreissegmente zwischen den Tangenten des Innenkreises und dem Außenkreis sind den vier Winden jeweils ihre einander entgegengesetzten Eigenschaften zugeschrieben (
septentrio frigidus siccus exsiccat terram et separat nubes,
meridies calidus et humidus multarum nubium,
subsolanus calidus et siccusund
favonius humidus frigidus habens pluvias). – 2. Kreisdiagramm rechts (⊘ 4,6 cm): Windrose. Ein äußerer Kreis ist durch vier konzentrisch einbeschriebene kleinere Kreise in fünf Kreisringe geteilt; zusätzlich gehen vom vergrößerten Mittelpunkt zwölf Kreisradien aus, welche die zwölf Winde und ihre Richtungen angeben. Die lateinischen Namen der Winde sind an der entsprechenden Stelle in den äußersten Kreisring eingeschrieben, die im Text dazu genannten Buchstaben entsprechend im dritten Kreisring (es fehlen zwei Buchstaben); die übrigen Kreisringe sind leer. Am äußeren Rand des Kreises sind den zwölf Winden jeweils die Tierkreiszeichen zugeordnet. Die Orientierung der Windrose erfolgt schließlich durch die mit Rahmen hervorgehobenen Himmelsrichtungen (
septentrio,
meridies,
occidensund
oriens) über den Tierkreiszeichen. Das erste Diagramm findet sich in abweichender Form in den griechischen Hss. der Meteorologie (
Aristotelis liber de vegetabilibus ex arabico in latinum translatus
Haupttext in kleiner, stark abgekürzter französischer Textualis von einer Hand;
Marginal- und Interlinearglosse von mehreren gleichzeitigen und wenig späteren Händen in Textualis, Semitextualis und älterer gotischer Kursive.
Schriftgestaltung und Stilistik der Fleuronnéeinitialen lassen auf Entstehung des Faszikels im Pariser Raum zwischen 1240 und 1260 schließen.
Exordia: 1.
Merita nostrorum obsequia fidelium non solum applicanda
se gaudeant exterius honoratos. Eapropter etc.(ungedruckt); 3.
Dominii nostri culmen extollitur
evidentiis semper indiciis experimur. Eapropter etc.(ungedruckt). Anschließend:
Der Rest des Bl. ist leer.sancti Augustini huiusmodi patri provinciali magistro Hermanno Dreyer eiusdem ordinis uti ipsemet pater hoc manu propria testatur mihi in carta venerabili priori lo ordin isquerenti littera Arnoldo presentata in die sancti Laurencii martiris.
Sehr regelmäßige frühe französische Buchkursive von einer Hand.
Cüber 6 Zeilen (oberer Teil durch Beschnitt verloren); der rot-blaue Buchstabenkörper ist durch eine Schaftaussparung im Kopfstempelschnitt geteilt. Reicher konturbegleitender Besatz mit mehrfachen Fadenausläufern in der Gegenfarbe, verziert mit Staubfäden, Knospen und Perlenreihen, meist mit Kernen. Im Binnenfeld axialsymmetrisch von einem Punkt ausgehendes rotes Knospenfleuronnéebüschel mit blauen Kernen, ergänzt mit gedrehten vegetabil wirkenden roten Fleuronnéeranken mit Knospenausläufern. Vergleichsbeispiele aus dem Pariser Raum (1270–1314) bei
Der Codex dürfte kurz vor 1300 im nordfranzösischen Raum geschrieben worden sein; vergleichbar ist z. B. die Hs. Troyes, BM, Ms. 1999 (Frankreich
5, 521 mit Taf. XXXV
Kleine, sorgfältige Textualis von einer Hand.
Der Codex, aus dem das vorliegende Fragment stammt, dürfte in der ersten Hälfte des 14. Jh. in Deutschland, vermutlich im nordwestdeutschen Raum, entstanden sein.