Die illuminierten Handschriften der Herzog August Bibliothek. Teil 1: 6. bis 12. Jahrhundert, beschrieben von Stefanie Westphal (in Bearbeitung) (Vorläufige Beschreibung)
Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Cod. Guelf. 6 Weiss.
Augustinus, Enarrationes in psalmos
Weißenburg — 11. Jh., Ende
Provenienz: 1r Codex in Wizenburg ordinis sancti Benedicti nigrorum monachorum. Darunter von älterer Hand Augustinus super tercio quinquagenario psalterij. Wiener Liste 2°32.
Pergament — 232 Bl. — 35,5 × 24,5 cm
Lagen: 2 IV (16). IV-1 (23). 9 IV (95). IV+1 (104). 2 IV (120). V (130). IV (138). III (144). 6 IV (192). III (198). II (200). 2 IV (217). III+1 (224). IV (232). Bl. 1 und 2 mit Feuchtigkeitsspuren am unteren linken Blattrand. Falzstreifen aus einem Brevier des 11. Jahrhunderts (weitere Fragmente dieses Breviers in folgenden Wolfenbütteler Handschriften: 12 Weiss., 21 Weiss., 56 Weiss. und 62 Weiss.). Schriftraum: 27,5 × 18,2 cm, zweispaltig, 41 Zeilen. Karolingische Minuskel Hervorgehobene Textpassagen rubriziert und mit Markierungen auf den Blatträndern kenntlich gemacht (doppeltes S). Incipits und Textanfänge in schwarzer und roter Capitalis Rustica, farblich zeilenweise wechselnd. Anfangbuchstaben der Texte und Satzmajuskeln teils rot hinterlegt (vgl. 141r). Zu den Textanfängen der Capitel 3-6zeilige rote Initialmajuskeln mit Punktverdickungen, randständigen Augen und teils fadenförmig verlängerten Serifen (155v als Ligatur; 121v mit Knospenverzierung; 101v mit Kreuzverzierung; 92v mit Abbreviatur im Binnenfeld; 31r mit nachträglichem Punktauftrag). 39r, 41r, 43r, 50r, 51r, 54r, 55r, 61r und 61v rote, florale Federverzierung des Spaltenabschlusses (letztes Wort).
Hellbrauner Schafsledereinband (1689 - Pertz und Wiedemann/Wolfenbüttel).
INHALT
1v-232r : Enarrationes in psalmos. Ps 101 bis 150 ( , 37, 1293-1966; , 0283; , 102, Nr. 105).
AUSSTATTUNG
Vier Initialen. Ritzungen.Initialen:
Zum Textbeginn (1v,) und zu weiteren Textabschnitten (2r,, 107v, - unfertig, 108v,) Spaltleisteninitialen mit Rankenwerk (3,5-8,2 cm). Die Initiale zu Textbeginn als Rankenkletterer-Initiale. Rechts seitlich neben der Initiale, oberhalb der ersten Textzeile die Darstellung eines Mannes, der rücklings auf dem Rücken eines Löwen kniet und dessen Maul aufstemmt (Löwenbändiger - Samson und der Löwe). Die Initialen von zwei verschiedenen Händen: Hand A (1v, und 2r,) und Hand B (107v, und 108v,). Hand A: Spaltleisteninitialen mit symmetrisch angelegten, unregelmäßig verlaufenden kräftigen Ranken mit gestauchten Gabelungen. Die Ausläufer den Initialstamm umschlingend und durchstoßend, im Endstück flechtwerkartig überschnitten. Als Endmotive einfache und geschweifte Knollenblätter. Der Initialstamm mit einfachen Spangen. Die Leisten der Initiale teils miteinander verflochten und separat mit Spangen versehen. In den Zwickeln eine Kombination aus Dreier- und Pfeilblatt (7,5 cm und 3,5 cm; Samson und der Löwe: 4,5 cm). Hand B: 107v, unfertig. 108v, in Andeutung als Spaltleisteninitiale angelegt. Als Endmotive einfache Knollenbätter mit schraffierten Rückseiten, Palmetten (mit Äderungen 108v,) und Zungenblätter (197v,). Die Spangen (107v, - einfache und 108v, - mit Gitterverzierung) fassen Ranken und Initialstamm zusammen. Binnenmodelierung auf 107v nicht ausgeführt (6,5 cm und 3,5 cm). Figurenstil: Wohlproportionierte Körper, Samson mit relativ großem Kopf. Falten- und Gewandführung etwas weicher und bewegter als bei 45 Weiss..Ritzungen:
Auf dem letzten Blatt der Handschrift (232v) insgesamt drei Ritzungen. Untere Blatthälfte rechts ein Knospenblatt mit Profilpalmettenansätzen und herzförmigem Abschluss; oben Blattmitte ein Flechtknoten und in der Mitte eine schwache Wiederholung des Knospenblattes (Knospenblatt: 2,8 cm; Flechtknoten: 3,0 cm).Farben:
Initialen auf 1v, und 2r, mit roter Feder gezeichnet vor blauen Gründen. 107v, und 108v, in schwarzer Feder und unkoloriert. Die Figuren auf 1v in schwarzer Feder, Schattierungen teils mit Blau verstärkt (Samson und der Löwe).STIL UND EINORDNUNG
Die vorliegende Handschrift wird von Hoffmann paläographisch nach Weißenburg gegeben und gegen Ende des 11. Jahrhunderts datiert ( , Bd. 1, 298). Die Initialornamentik Hand A schließt mit ihren starken, natürlich bewegten Ranken, den gegabelten Knollen und dem Figurenstil grundsätzlich an die Ausstattung an die früheren Weißenburger Handschriften 2 Weiss. und 45 Weiss. an. In den Endmotiven bestehen Abweichungen. Die Initialen der Hand B wurden später, aber zeitnah, hinzugefügt., Nr. 4090 (Heinemann Nr.). — , 707. — , Bd. 1, 298, 307, 310. — , 507-536. — , 86. — , Pangite celi, reboemus odas. Ein sapphischer Hymnus, sein Verfasser und seine Bearbeitung zwischen Weißenburg, Rätien und Umbrien, in: Scriptorium. Revue internationale des études relatives aux manuscrits 45 (1991) 34, Bull. Cod. Nr. 126.
Abgekürzt zitierte Literatur